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Der Sokratische Dialog Der Sokratische Dialog Seminar: Theorie und Technik verschiedener Seminar: Theorie und Technik verschiedener psychotherapeutischer Ansätze psychotherapeutischer Ansätze Seminarleiterin: Dr. C. Eichenberg Seminarleiterin: Dr. C. Eichenberg Referentinnen: Eda Referentinnen: Eda Ç etin, Maren Neumann etin, Maren Neumann

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Der Sokratische DialogDer Sokratische Dialog

Seminar: Theorie und Technik verschiedener psychotherapeutischer Seminar: Theorie und Technik verschiedener psychotherapeutischer Ansätze Ansätze

Seminarleiterin: Dr. C. EichenbergSeminarleiterin: Dr. C. EichenbergReferentinnen: Eda Referentinnen: Eda ÇÇetin, Maren Neumannetin, Maren Neumann

GliederungGliederung Sokrates- Seine ZeitSokrates- Seine Zeit Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und

BeratungBeratung- Explikative DiskurseExplikative Diskurse- Normative DiskurseNormative Diskurse Struktur Sokratischer GesprächsführungStruktur Sokratischer Gesprächsführung Sokratische Dialog vs. DisputationSokratische Dialog vs. Disputation Einsatz in Psychotherapie, Beratung und SeelsorgeEinsatz in Psychotherapie, Beratung und Seelsorge Indikation und KontraindikationIndikation und Kontraindikation Anforderungen an TherapeutenAnforderungen an Therapeuten Vor- und NachteileVor- und Nachteile Kognitive UmstrukturierungKognitive Umstrukturierung Praktische HinweisePraktische Hinweise

Sokrates- Seine ZeitSokrates- Seine Zeit

Sokrates (469- 399 v. Chr.) Sokrates (469- 399 v. Chr.) Alltag: über ethische Ansichten und Alltag: über ethische Ansichten und

moralische Fragen philosophierenmoralische Fragen philosophieren Ruf: Jugendverderbender Ruf: Jugendverderbender

Götterfrevler Götterfrevler Todesurteil Todesurteil

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre Beschäftigte sich mit den Problemen Beschäftigte sich mit den Problemen

des menschlichen Lebens, was es des menschlichen Lebens, was es bedeutet, „Mensch zu sein“ und wie bedeutet, „Mensch zu sein“ und wie die „richtige“ Lebensweise die „richtige“ Lebensweise auszusehen hatauszusehen hat

Frage nach der Arete (der Tugend Frage nach der Arete (der Tugend oder dem guten, richtigen und oder dem guten, richtigen und gerechten Leben)gerechten Leben)

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre

Ausgangspunkt und Grundannahmen:Ausgangspunkt und Grundannahmen: Menschen handeln aus Unwissenheit Menschen handeln aus Unwissenheit

heraus schlecht und ungerechtheraus schlecht und ungerecht Tiefere Einsichten und besseres Wissen Tiefere Einsichten und besseres Wissen

nötig, um zur Arete zu gelangennötig, um zur Arete zu gelangen Unwissende Haltung im Gespräch dient Unwissende Haltung im Gespräch dient

dazu, den Dialogpartner nicht durch die dazu, den Dialogpartner nicht durch die eigenen Dogmen zu beeinflusseneigenen Dogmen zu beeinflussen

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre„„Zustand der inneren Verwirrung“:Zustand der inneren Verwirrung“: Sokrates prüft als naiver Frager seine Sokrates prüft als naiver Frager seine

Gesprächspartner solange in ihrem Gesprächspartner solange in ihrem behaupteten Wissen um moralische Normen behaupteten Wissen um moralische Normen und Begriffe und verwickelt sie in und Begriffe und verwickelt sie in Widersprüche, um sie in den „Zustand der Widersprüche, um sie in den „Zustand der inneren Verwirrung“ zu verleiteninneren Verwirrung“ zu verleiten

Dieser Zustand führt zu einer massiven Dieser Zustand führt zu einer massiven Verunsicherung, so dass Verunsicherung, so dass Veränderungsprozesse ermöglicht werdenVeränderungsprozesse ermöglicht werden geistige Neuorientierung und ein geistige Neuorientierung und ein selbstbestimmtes Leben. selbstbestimmtes Leben.

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre

Regressive Abstraktion:Regressive Abstraktion: Der Rückschluss vom Einzelnen zum Der Rückschluss vom Einzelnen zum

Allgemeinen, von den Folgen zu den Allgemeinen, von den Folgen zu den GründenGründen

Sokrates geht bei seinen Ableitungen Sokrates geht bei seinen Ableitungen vom Alltagserleben seiner vom Alltagserleben seiner Gesprächspartner ausGesprächspartner aus

Sokrates- Seine Lehre Sokrates- Seine Lehre

Hebammenkunst- Mäeutik:Hebammenkunst- Mäeutik: Keine Wissensvermittlung, sondern Keine Wissensvermittlung, sondern

Wiedergewinnung des bereits Wiedergewinnung des bereits Gewussten, des verschütteten Gewussten, des verschütteten Wissens, um dann zu tieferen Wissens, um dann zu tieferen Einsichten darüber vorzudringenEinsichten darüber vorzudringen

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine LehreKunst der Hinführung:Kunst der Hinführung: Besteht aus Besteht aus ProtreptikProtreptik (Heranführung, (Heranführung,

Ermunterung oder Aufforderung zur Ermunterung oder Aufforderung zur philosophischen Betrachtung eines philosophischen Betrachtung eines Themas) und Themas) und MäeutikMäeutik

Allgemeine Aussagen werden von Allgemeine Aussagen werden von konkreten Erfahrungen heraus formuliert, konkreten Erfahrungen heraus formuliert, dann vom Unwesentlichen befreit, so dass dann vom Unwesentlichen befreit, so dass er zur Erkenntnis/ „Wahrheit“ gelangter zur Erkenntnis/ „Wahrheit“ gelangt

Diese „Wahrheit“ ist nicht allgemeingültig, Diese „Wahrheit“ ist nicht allgemeingültig, sondern eine vorübergehende individuelle sondern eine vorübergehende individuelle ÜberzeugungÜberzeugung

Sokrates- Seine LehreSokrates- Seine Lehre

Didaktische Hilfsmittel und Strategien:Didaktische Hilfsmittel und Strategien:1)1) Prüfung der logischen KonsistenzPrüfung der logischen Konsistenz2)2) Bezugnahme auf Alltagserfahrungen Bezugnahme auf Alltagserfahrungen

und darauf ausgerichtete und darauf ausgerichtete TatsachenprüfungTatsachenprüfung

3)3) Einsatz induktiver und deduktiver Einsatz induktiver und deduktiver SchlussfolgerungenSchlussfolgerungen

4)4) Verwendung praktischer Analogien und Verwendung praktischer Analogien und SyllogismenSyllogismen

Sokratische Gesprächsführung Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und in Psychotherapie und

BeratungBeratung

Sokratische Gesprächsführung in Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und BeratungPsychotherapie und Beratung

Modifikation für die therapeutische Modifikation für die therapeutische AnwendungAnwendung: Regressive Abstraktion ist : Regressive Abstraktion ist abhängig von Thematik und Zielsetzungabhängig von Thematik und Zielsetzung

Definition von Vernunft, Erkenntnis Definition von Vernunft, Erkenntnis und Wahrheitund Wahrheit: :

VernunftVernunft: Wird dem Individuum : Wird dem Individuum intersubjektiv, durch soziale intersubjektiv, durch soziale Interaktionsprozesse vermittelt und ist Interaktionsprozesse vermittelt und ist empirisch- sprachlich fassbar.empirisch- sprachlich fassbar. keine keine objektive objektive ErkenntnisErkenntnis objektive objektive „Wahrheit“ „Wahrheit“ nicht formulierbarnicht formulierbar

Sokratische Gesprächsführung in Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und BeratungPsychotherapie und Beratung

Was im Rahmen einer Was im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung psychotherapeutischen Behandlung als „vernünftig“ und „wahr“ gilt, hat als „vernünftig“ und „wahr“ gilt, hat sich stets am sich stets am SozialisationshintergrundSozialisationshintergrund, an den , an den ethisch- moralischen Normenethisch- moralischen Normen und an und an den den (Lebens-) Zielen(Lebens-) Zielen des Patienten des Patienten zu orientierenzu orientieren

Wesen und Zielsetzung Sokratischer Wesen und Zielsetzung Sokratischer DialogeDialoge

KennzeichenKennzeichen: Konkrete Fragen, gezielte : Konkrete Fragen, gezielte Betrachtung und Reflexion der Betrachtung und Reflexion der AnnahmenAnnahmen Neue Einsichten erarbeiten Neue Einsichten erarbeiten

Begriffe, Maßstäbe und Zielsetzungen in Begriffe, Maßstäbe und Zielsetzungen in Übereinstimmungen mit persönlichen Übereinstimmungen mit persönlichen Zielen, Werten, Normen und Zielen, Werten, Normen und Moralvorstellungen definieren um danach Moralvorstellungen definieren um danach leben zu könnenleben zu können

Widerspruchsfreies, selbstbestimmtes, Widerspruchsfreies, selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben führeneigenverantwortliches Leben führen

Sokratische Gesprächsführung in Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und BeratungPsychotherapie und Beratung

Explikative Diskurse:Explikative Diskurse: Das Ziel besteht darin, dem Das Ziel besteht darin, dem

Patienten bestimmte Wertbegriffe Patienten bestimmte Wertbegriffe definieren zu lassen oder darin, definieren zu lassen oder darin, Begriffsdefinitionen für abgegrenzte Begriffsdefinitionen für abgegrenzte Gruppen mit einheitlichem Gruppen mit einheitlichem Sozialisationshintergrund zu Sozialisationshintergrund zu erarbeitenerarbeiten

Sokratische Gesprächsführung in Sokratische Gesprächsführung in Psychotherapie und BeratungPsychotherapie und Beratung

Normative Diskurse: Normative Diskurse: Hedonistische Aspekte stehen im Hedonistische Aspekte stehen im

Vordergrund, wobei geprüft werden Vordergrund, wobei geprüft werden soll, ob eine Entscheidung oder soll, ob eine Entscheidung oder Handlung des Patienten vor dem Handlung des Patienten vor dem Hintergrund seines individuellen Hintergrund seines individuellen Werte- und Normensystems und Werte- und Normensystems und seiner (Lebens-) Zielsetzung seiner (Lebens-) Zielsetzung zielführend ist oder nicht.zielführend ist oder nicht.

Struktur SokratischerStruktur SokratischerGesprächsführungGesprächsführung

Explikative Diskurse zur Klärung von Begriffen:Explikative Diskurse zur Klärung von Begriffen:

1.) Auswahl des Themas oder eines dysfunktionalen 1.) Auswahl des Themas oder eines dysfunktionalen Denkmusters.Denkmusters.

Bsp.: „Ich bin eine schlechte Mutter“Bsp.: „Ich bin eine schlechte Mutter“2.) „Was ist das?“ Erster Definitionsversuch des Patienten2.) „Was ist das?“ Erster Definitionsversuch des Patienten Bsp.: „Was ist das, eine Bsp.: „Was ist das, eine schlechteschlechte Mutter Mutter ?“?“3.) Konkretisierung der Fragestellung und Herstellung des 3.) Konkretisierung der Fragestellung und Herstellung des

AlltagsbezugesAlltagsbezuges Bsp.: „Wie kommen Sie darauf, dass sie eine schlechte Mutter Bsp.: „Wie kommen Sie darauf, dass sie eine schlechte Mutter

sind?“sind?“4.) Ggf. weitere Konkretisierung oder Umformulierungen des 4.) Ggf. weitere Konkretisierung oder Umformulierungen des

Themas/ dysfunktionalen DenkmustersThemas/ dysfunktionalen Denkmusters Bsp.: „Mütter von stehlenden Kindern sind schlechte Mütter!“Bsp.: „Mütter von stehlenden Kindern sind schlechte Mütter!“

Struktur SokratischerStruktur SokratischerGesprächsführungGesprächsführung

5.) Widerlegung: funktionale und inhaltlich- logische 5.) Widerlegung: funktionale und inhaltlich- logische Disputation der aufgestellten Behauptung/ Disputation der aufgestellten Behauptung/ dysfunktionalen Denkmusters. dysfunktionalen Denkmusters. Zustand der inneren Zustand der inneren VerwirrungVerwirrung

Bsp.: „Sie meinen, ihr Kind konnte gar nicht anders? Es Bsp.: „Sie meinen, ihr Kind konnte gar nicht anders? Es musste einfach klauen, weil musste einfach klauen, weil SieSie so sind, wie sie sind? Falls ja, so sind, wie sie sind? Falls ja, wer ist schuld daran, dass Sie so sind, wie sie sind?“ wer ist schuld daran, dass Sie so sind, wie sie sind?“

6.) Hinführung: gemeinsame Suche nach Alternativen, 6.) Hinführung: gemeinsame Suche nach Alternativen, zielführenden Denkmustern und einem adäquaten, zielführenden Denkmustern und einem adäquaten, widerspruchsfreien Modellwiderspruchsfreien Modell

Bsp.: Objektiv „gute“ und „schlechte“ Mütter gibt es nicht Bsp.: Objektiv „gute“ und „schlechte“ Mütter gibt es nicht Pauschales Urteil ist unsinnig (Patient soll diese Aussage Pauschales Urteil ist unsinnig (Patient soll diese Aussage

herausfinden)herausfinden)7.) Ergebnis des Dialogs7.) Ergebnis des Dialogs Bsp.: „Jeder kann nur verantwortlich sein für das, was in Bsp.: „Jeder kann nur verantwortlich sein für das, was in

seiner Macht steht. Was mein Kind entscheidet zu tun, steht seiner Macht steht. Was mein Kind entscheidet zu tun, steht nicht in meiner Macht (…)“nicht in meiner Macht (…)“

Struktur SokratischerStruktur SokratischerGesprächsführungGesprächsführung

Normative Diskurse bei Moral- und Normative Diskurse bei Moral- und ZielkonfliktenZielkonflikten

1.) Auswahl des Themas, der Entscheidung oder 1.) Auswahl des Themas, der Entscheidung oder HandlungHandlung

Bsp.: „ Darf man sich von seiner schwer erkrankten Bsp.: „ Darf man sich von seiner schwer erkrankten Partnerin scheiden lassen?“Partnerin scheiden lassen?“

2.) Ggf. Konkretisierung der Fragestellung und 2.) Ggf. Konkretisierung der Fragestellung und Herstellung des AlltagsbezugesHerstellung des Alltagsbezuges

Bsp.: „Wie kommen Sie darauf?“Bsp.: „Wie kommen Sie darauf?“3.) Sammeln der Gründe oder der positiven und 3.) Sammeln der Gründe oder der positiven und

negativen Aspekte einer Entscheidung oder negativen Aspekte einer Entscheidung oder HandlungHandlung

Bsp.: „Welche konkreten Konsequenzen brächte eine Bsp.: „Welche konkreten Konsequenzen brächte eine Scheidung mit sich, welche ein weiteres Zusammenleben?“Scheidung mit sich, welche ein weiteres Zusammenleben?“

Struktur SokratischerStruktur SokratischerGesprächsführungGesprächsführung

4.) Zusammenfassen der positiven und 4.) Zusammenfassen der positiven und negativen Aspektenegativen Aspekte

5.) Suche nach eventuellen weiteren Aspekten 5.) Suche nach eventuellen weiteren Aspekten oder Gründenoder Gründen

6.) Suche nach den moralisch- ethischen Werten, 6.) Suche nach den moralisch- ethischen Werten, Normen oder (Lebens-) Zielen, die durch diese Normen oder (Lebens-) Zielen, die durch diese Entscheidung oder Handlung tangiert werdenEntscheidung oder Handlung tangiert werden

Bsp.: „Welche Ihrer Normen, Moralvorstellungen und Bsp.: „Welche Ihrer Normen, Moralvorstellungen und Lebensziele sprechen für oder gegen eine Lebensziele sprechen für oder gegen eine Scheidung?“Scheidung?“

7.) Zusammenfassen und Gewichten der 7.) Zusammenfassen und Gewichten der tangierten moralisch- ethischen Werte, tangierten moralisch- ethischen Werte, Normen oder (Lebens-) Ziele Normen oder (Lebens-) Ziele

Struktur SokratischerStruktur SokratischerGesprächsführungGesprächsführung

8.) Abwägen der zusammengefassten Gründe 8.) Abwägen der zusammengefassten Gründe oder positiven und negativen Aspekte vor oder positiven und negativen Aspekte vor dem Hintergrund der individuellen dem Hintergrund der individuellen moralisch- ethischen Grundeinstellungen, moralisch- ethischen Grundeinstellungen, Normen und Normen und

(Lebens-)Ziele(Lebens-)Ziele Bsp.: „Welcher Gesichtspunkt ist Ihnen wichtiger: Bsp.: „Welcher Gesichtspunkt ist Ihnen wichtiger:

…oder…?“…oder…?“9.) Entscheidung9.) Entscheidung Bsp.: Der Patient entscheidet sich für das weitere Bsp.: Der Patient entscheidet sich für das weitere

Zusammenleben und lernt, auf die Vorteile der Zusammenleben und lernt, auf die Vorteile der abgewählten Alternativen zu verzichtenabgewählten Alternativen zu verzichten

Sokratischer Dialog vs. DisputationSokratischer Dialog vs. Disputation

Therapeuten setzen im Therapeuten setzen im psychotherapeutischen psychotherapeutischen „Sokratischen Dialog“ best. „Sokratischen Dialog“ best. Techniken ein, um die Techniken ein, um die Behauptungen/ Schlussfolgerungen Behauptungen/ Schlussfolgerungen und Vermutungen des Patienten zu und Vermutungen des Patienten zu widerlegenwiderlegen

Sokratischer Dialog vs. DisputationSokratischer Dialog vs. Disputation

Arten des Disputierens:Arten des Disputierens:1.) Empirisches Disputieren1.) Empirisches Disputieren2.) Logisches Disputieren2.) Logisches Disputieren3.) Hedonistisches oder funktionales 3.) Hedonistisches oder funktionales DisputierenDisputieren4.) Normatives Disputieren4.) Normatives Disputieren

Sokratischer Dialog vs. DisputationSokratischer Dialog vs. Disputation

Zur Reflexion und Widerlegung des Zur Reflexion und Widerlegung des Behaupteten und zum Aufbau alternativer, Behaupteten und zum Aufbau alternativer, funktionaler Sichtweisen arbeiten funktionaler Sichtweisen arbeiten Therapeuten auch mit Alltagsbeispielen, Therapeuten auch mit Alltagsbeispielen, Analogien, Metaphern, Humor, Ironie, Analogien, Metaphern, Humor, Ironie, Rollentausch, Modellen und Rollentausch, Modellen und VerhaltensübungenVerhaltensübungen

Diese Methoden zeichnen jedoch den Diese Methoden zeichnen jedoch den „Sokratischen Dialog“ nicht an sich aus, denn „Sokratischen Dialog“ nicht an sich aus, denn dieser verläuft dieser verläuft strukturiert und prozessmäßigstrukturiert und prozessmäßig

Einsatz in Psychotherapie, Beratung Einsatz in Psychotherapie, Beratung und Seelsorgeund Seelsorge

Der Sokratische Dialog ist geeignet, um Der Sokratische Dialog ist geeignet, um dysfunktionale kognitive Schemata, Weltbilder dysfunktionale kognitive Schemata, Weltbilder und moralische Dogmen der Klienten und moralische Dogmen der Klienten herauszuarbeiten, zu hinterfragen und, wenn herauszuarbeiten, zu hinterfragen und, wenn notwendig, zu modifizierennotwendig, zu modifizieren

Ziel: Übernahme von Eigenverantwortung, Mut Ziel: Übernahme von Eigenverantwortung, Mut zur Selbstbestimmung, Festlegung eigener zur Selbstbestimmung, Festlegung eigener LebenszieleLebensziele

Indikation und KontraindikationIndikation und Kontraindikation Indiziert ist der sokratische Dialog überall Indiziert ist der sokratische Dialog überall

dort, wo es um Begriffsklärung geht, oder dort, wo es um Begriffsklärung geht, oder wenn das Denken des Patienten auf Moral wenn das Denken des Patienten auf Moral oder Zieladäquatheit hin untersucht werden oder Zieladäquatheit hin untersucht werden sollsoll

EinzeltherapieEinzeltherapie: Normen, Einstellungen : Normen, Einstellungen oder Zielsetzungen des Patienten werden oder Zielsetzungen des Patienten werden auf Realitätsbezug, Logik und auf Realitätsbezug, Logik und Zielgerichtetheit geprüft. Zielgerichtetheit geprüft.

GruppentherapieGruppentherapie: Durch den erarbeiteten : Durch den erarbeiteten Konsens in der Gruppe/ Familie/ Beziehung Konsens in der Gruppe/ Familie/ Beziehung wird die gemeinsame wird die gemeinsame Kommunikationsgrundlage verbessertKommunikationsgrundlage verbessert

Indikation und KontraindikationIndikation und Kontraindikation Minimalanforderung für sokratische Minimalanforderung für sokratische

Gesprächsführung ist, dass die Patienten in Gesprächsführung ist, dass die Patienten in der Lage sind, ihr eigenes Denken zu der Lage sind, ihr eigenes Denken zu erfassen, zu beschreiben und zu erfassen, zu beschreiben und zu reflektieren.reflektieren.

Die Methode ist ungeeignet:Die Methode ist ungeeignet:- Solange der Therapeut sich noch nicht Solange der Therapeut sich noch nicht

über die der Störung zugrunde liegende über die der Störung zugrunde liegende Problematik im Klaren istProblematik im Klaren ist

- Wenn noch keine tragfähige Therapeut- Wenn noch keine tragfähige Therapeut- Klienten- Beziehung bestehtKlienten- Beziehung besteht

- Wenn nicht genügend Zeit vorhanden istWenn nicht genügend Zeit vorhanden ist

Indikation und KontraindikationIndikation und Kontraindikation

- Wenn der Patient nicht zur Mitarbeit bereit Wenn der Patient nicht zur Mitarbeit bereit istist

- Wenn der Patient seine Denkweisen, Wenn der Patient seine Denkweisen, Normen und Ziele nicht offenbaren will Normen und Ziele nicht offenbaren will oder keine Veränderung wünschtoder keine Veränderung wünscht

- Wenn der Therapeut best. Anforderungen Wenn der Therapeut best. Anforderungen nicht erfülltnicht erfüllt

Anforderungen an den Anforderungen an den TherapeutenTherapeuten

Der Therapeut muss mit dem Wesen dieser Der Therapeut muss mit dem Wesen dieser Dialogform vertraut seinDialogform vertraut sein

Er muss in der Lage sein, andere „Wahrheiten“ zu Er muss in der Lage sein, andere „Wahrheiten“ zu akzeptierenakzeptieren

Er muss bereit sein, die Sozialisationshintergründe Er muss bereit sein, die Sozialisationshintergründe und die ethisch- moralischen Grundhaltungen und die ethisch- moralischen Grundhaltungen seiner Patienten zu erfassen und als seiner Patienten zu erfassen und als Entscheidungsgrundlage anzuerkennenEntscheidungsgrundlage anzuerkennen

Der Therapeut muss selbstbewusst genug sein, Der Therapeut muss selbstbewusst genug sein, um als „naiver“ Frager zu erscheinen und dem um als „naiver“ Frager zu erscheinen und dem Patient den Erfolg seiner therapeutischen Arbeit Patient den Erfolg seiner therapeutischen Arbeit zu überlassenzu überlassen

Vorteile der MethodeVorteile der Methode Mithilfe des Sokratischen Dialogs können Mithilfe des Sokratischen Dialogs können

besonders nachhaltige besonders nachhaltige Meinungsänderungen erzielt werdenMeinungsänderungen erzielt werden

Die Haltung des Therapeuten senkt die Die Haltung des Therapeuten senkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient mit Wahrscheinlichkeit, dass der Patient mit Widerstand reagiertWiderstand reagiert

Positive Auswirkungen auf das Positive Auswirkungen auf das Selbstvertrauen des Patienten, der die Selbstvertrauen des Patienten, der die neuen „Erkenntnisse“ als eigene Leistung neuen „Erkenntnisse“ als eigene Leistung ansiehtansieht

Stärkung der Eigenverantwortlichkeit, Stärkung der Eigenverantwortlichkeit, Förderung des selbstständigen DenkensFörderung des selbstständigen Denkens

Nachteile der MethodeNachteile der Methode Probleme ergeben sich, wenn sich die Probleme ergeben sich, wenn sich die

erarbeiteten Ergebnisse im nachhinein als erarbeiteten Ergebnisse im nachhinein als „falsch“ bzw. „zielinadäquat“ erweisen„falsch“ bzw. „zielinadäquat“ erweisen

Problematisch ist die Anwendung, wenn Problematisch ist die Anwendung, wenn der Therapeut nicht in der Lage ist, den der Therapeut nicht in der Lage ist, den Dialog zu Ende zu führenDialog zu Ende zu führen

Nachteilig ist die Methode, wenn der Nachteilig ist die Methode, wenn der Therapeut die „Therapieziele“ für seine Therapeut die „Therapieziele“ für seine Patienten selber festlegtPatienten selber festlegt

Kognitive UmstrukturierungKognitive UmstrukturierungDer Prozess der kognitiven Umstrukturierung im Der Prozess der kognitiven Umstrukturierung im

Rahmen einer KognitivenRahmen einer KognitivenVerhaltenstherapie lässt sich in 5 Phasen unterteilen:Verhaltenstherapie lässt sich in 5 Phasen unterteilen:1)1) ModellvermittlungModellvermittlung: Was sind/ wie entstehen : Was sind/ wie entstehen

Gefühle? Was kann man tun, um unangemessene Gefühle? Was kann man tun, um unangemessene Emotionen zu verändern?Emotionen zu verändern?

2)2) Identifikation dysfunktionaler KognitionenIdentifikation dysfunktionaler Kognitionen: : bspw. mit Hilfe des ABC- Modells oder SAEbspw. mit Hilfe des ABC- Modells oder SAE

3)3) Diskussion oder Disputation identifizierter Diskussion oder Disputation identifizierter dysfunktionaler Kognitionendysfunktionaler Kognitionen: Überprüfung der : Überprüfung der Realitätsbezogenheit und Zielgerichtetheit, Realitätsbezogenheit und Zielgerichtetheit, Wahrscheinlichkeitsprüfung und Prüfung auf Wahrscheinlichkeitsprüfung und Prüfung auf logische Konsistenz, Betrachtung alternativer logische Konsistenz, Betrachtung alternativer Möglichkeiten, Einsatz von Sokratischen DialogenMöglichkeiten, Einsatz von Sokratischen Dialogen

Kognitive UmstrukturierungKognitive Umstrukturierung1)1) Erstellung der neuen, zielführenden Erstellung der neuen, zielführenden

DenkweisenDenkweisen2)2) Training der neuen Denkweise auf drei Training der neuen Denkweise auf drei

EbenenEbenen::a.a. Training auf der inhaltlich- logischen Ebene Training auf der inhaltlich- logischen Ebene

mit Hilfe von ABC- oder SAE- Modellenmit Hilfe von ABC- oder SAE- Modellenb.b. Training auf der Vorstellungsebene, bspw. Training auf der Vorstellungsebene, bspw.

Vorstellungsübungen, rational- emotive Vorstellungsübungen, rational- emotive Imagination und TraumreisenImagination und Traumreisen

c.c. Training auf der Verhaltensebene, bspw.: Training auf der Verhaltensebene, bspw.: rationale Verhaltensübungen, rationale Verhaltensübungen, systematische in-vivo- Übungen etc. systematische in-vivo- Übungen etc.

Themen Sokratischer Dialoge in der Themen Sokratischer Dialoge in der Kognitiven (Verhaltens-) TherapieKognitiven (Verhaltens-) Therapie

Der Sokratische Dialog ist vor allem bei Der Sokratische Dialog ist vor allem bei Selbstwertproblemen das Mittel der WahlSelbstwertproblemen das Mittel der Wahl

Bei depressiven Patienten wird die Frage Bei depressiven Patienten wird die Frage nach dem Sinn des Lebens bzw. den nach dem Sinn des Lebens bzw. den Lebenszielen erarbeitetLebenszielen erarbeitet

Bei Patienten mit Ärger- und Bei Patienten mit Ärger- und Wutproblemen können rigide Normen- und Wutproblemen können rigide Normen- und Moralvorstellungen aufgeweicht werdenMoralvorstellungen aufgeweicht werden

Sokratische Dialog ist sinnvoll, wenn die Sokratische Dialog ist sinnvoll, wenn die Patienten Schlüsselbegriffe verwenden Patienten Schlüsselbegriffe verwenden oder Forderungen aufstellen, wie: oder Forderungen aufstellen, wie: Sicherheit, Gerechtigkeit, etc.Sicherheit, Gerechtigkeit, etc.

Praktische Hinweise zur Durchführung Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialogeeigener Sokratischer Dialoge

Praktische Hinweise zur Durchführung Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialogeeigener Sokratischer Dialoge

(1)(1) Prüfe, ob die Prüfe, ob die VoraussetzungVoraussetzung für eine sokratische für eine sokratische Gesprächsführung gegeben istGesprächsführung gegeben ist

(2)(2) Prüfe, ob der Patient zur sokratischen Prüfe, ob der Patient zur sokratischen Gesprächsführung Gesprächsführung fähigfähig ist ist

(3)(3) Prüfe, ob genügend Prüfe, ob genügend ZeitZeit für einen Sokratischen für einen Sokratischen Dialog zur Verfügung stehtDialog zur Verfügung steht

(4)(4) Prüfe, ob die Prüfe, ob die Therapeut- Patient- BeziehungTherapeut- Patient- Beziehung stimmt stimmt(5)(5) Prüfe die Prüfe die VeränderungsmotivationVeränderungsmotivation des Patienten des Patienten(6)(6) Sei mit der Sei mit der DialogformDialogform, ihrem Wesen, ihrer , ihrem Wesen, ihrer

Methodik und ihrem Ablauf vertrautMethodik und ihrem Ablauf vertraut(7)(7) Entscheide, ob ein Entscheide, ob ein explikativer oder normativerexplikativer oder normativer

Diskurs angezeigt istDiskurs angezeigt ist(8)(8) Halte dich an die Halte dich an die StrukturStruktur des gewählten des gewählten

Diskurstyps Diskurstyps

Praktische Hinweise zur Durchführung Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialogeeigener Sokratischer Dialoge

(9)(9) Bleibe beim Bleibe beim ThemaThema(10)(10) Vermeide abstrakte Themen ohne Vermeide abstrakte Themen ohne Alltags- oder Alltags- oder

RealitätsbezugRealitätsbezug für den Patienten für den Patienten(11)(11) Stelle Stelle kurze, präzise Fragenkurze, präzise Fragen(12)(12) Bewahre eine Bewahre eine naive, fragende Haltungnaive, fragende Haltung(13)(13) Sei offen und Sei offen und verstehe das Modellverstehe das Modell des Patienten des Patienten(14)(14) Vermeide belehrende AussagenVermeide belehrende Aussagen(15)(15) Sei Sei geduldiggeduldig(16)(16) Vermeide jegliches SendungsbewusstseinVermeide jegliches Sendungsbewusstsein

Praktische Hinweise zur Durchführung Praktische Hinweise zur Durchführung eigener Sokratischer Dialogeeigener Sokratischer Dialoge

(17) (17) VermeideVermeide den Eindruck des den Eindruck des allwissenden allwissenden FachmannsFachmanns(18) Agiere (18) Agiere nichtnicht als als PunktrichterPunktrichter (19) (19) Fahre die Ernte einFahre die Ernte ein: Wiederhole und präzisiere : Wiederhole und präzisiere

die die herausgearbeiteten Erkenntnisse des herausgearbeiteten Erkenntnisse des

Patienten und Patienten und lasse sie durch ihn bestätigen, um es dann als lasse sie durch ihn bestätigen, um es dann als

dessendessen Ergebnis festzuhaltenErgebnis festzuhalten(20) Die (20) Die ErfolgeErfolge des Dialogs gehören dem des Dialogs gehören dem PatientenPatienten

Vielen Dank für Vielen Dank für Eure Eure

AufmerksamkeitAufmerksamkeit