der schmu mit der bio-zigarette

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Gesundheit Donnerstag, 03.04.2014 – 11:27 Uhr "Frei von Zus tzen": Der Schmu mit der Bio-Zigarette ä von Jens Lubbadeh Zigaretten "ohne Zusätze" treffen den Zeitgeist und locken gesundheitsbewusste Menschen. In Wahrheit sind sie ein zynischer Witz. Mark ist 29 und cool. Er wohnt im Hamburger Schanzenviertel, kauft nur Bioprodukte, ist Greenpeace-Mitglied, isst wenig Fleisch, trinkt Lemon-Aid, war auf der Waldorfschule und raucht Natural American Spirit. Selbstgedrehte natürlich. Warum? "Weil die weniger Chemie haben als normale Ziggis", sagt Mark. Wenn schon rauchen, dann bitte bewusst. So wie der Indianer, der auf der Natural-American-Spirit-Packung an seiner Friedenspfeife zieht. In Deutschland rauchen erfreulicherweise immer weniger Menschen Aber Natural American Spirit und einige andere kleine Zigarettenhersteller haben im insgesamt rückläufigen Markt Wachstum geschafft. "Zigaretten ohne Zusätze" treffen den Zeitgeist der gesundheitsbewussten Konsumenten. Die wissen natürlich, dass auch diese Zigaretten gesundheitsschädlich sind, denn sie sind intelligent, interessiert und informiert. Trotzdem zählt für sie auch die Zigarette zum bewussten Konsum. Sie wollen nicht rauchen, was von den Großkonzernen für die Masse gemacht ist - diese gerollten "Bild"-Zeitungen für die Lunge. Als Links-Alternativer abhängig zu sein von Großkonzernen, hat noch nie so recht ins Bild gepasst. Bisher war das für Raucher ein Problem, denn es fehlte das passende politisch korrekte Produkt. Diese Lücke schließen nun die "Biozigaretten". Mit den Produkten wolle man "ganz gezielt gesundheitsbewusste Raucher ansprechen, die mit ihrem Produkt ernsthaft hadern, aber noch nicht geschafft haben aufzuhören", sagt Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Tatsächlich hat Natural American Spirit vor einigen Jahren versucht, seinen Tabak mit dem Begriff "bio" zu bewerben - was dem Konzern gerichtlich untersagt wurde. Das änderte aber nichts an der wachsenden Beliebtheit seiner Produkte: Der "Trend zu additivfreien Zigaretten und Feinschnitten

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  • GesundheitDonnerstag, 03.04.2014 11:27 Uhr

    "Frei von Zus tzen": Der Schmu mit der Bio-Zigarettevon Jens Lubbadeh

    Zigaretten "ohne Zustze" treffen den Zeitgeist und locken gesundheitsbewusste Menschen. In Wahrheit sind sie ein zynischer Witz.

    Mark ist 29 und cool. Er wohnt im Hamburger Schanzenviertel, kauft nur Bioprodukte, ist Greenpeace-Mitglied, isst wenig Fleisch, trinkt Lemon-Aid, war auf der Waldorfschule und raucht Natural American Spirit. Selbstgedrehte natrlich.

    Warum? "Weil die weniger Chemie haben als normale Ziggis", sagt Mark. Wenn schon rauchen, dann bitte bewusst. So wie der Indianer, der auf der Natural-American-Spirit-Packung an seiner Friedenspfeife zieht.

    In Deutschland rauchen erfreulicherweise immer weniger Menschen Aber Natural American Spirit und einige andere kleine Zigarettenhersteller haben im insgesamt rcklufigen Markt Wachstum geschafft. "Zigaretten ohne Zustze" treffen den Zeitgeist der gesundheitsbewussten Konsumenten. Die wissen natrlich, dass auch diese Zigaretten gesundheitsschdlich sind, denn sie sind intelligent, interessiert und informiert. Trotzdem zhlt fr sie auch die Zigarette zum bewussten Konsum. Sie wollen nicht rauchen, was von den Grokonzernen fr die Masse gemacht ist - diese gerollten "Bild"-Zeitungen fr die Lunge.

    Als Links-Alternativer abhngig zu sein von Grokonzernen, hat noch nie so recht ins Bild gepasst. Bisher war das fr Raucher ein Problem, denn es fehlte das passende politisch korrekte Produkt. Diese Lcke schlieen nun die "Biozigaretten". Mit den Produkten wolle man "ganz gezielt gesundheitsbewusste Raucher ansprechen, die mit ihrem Produkt ernsthaft hadern, aber noch nicht geschafft haben aufzuhren", sagt Martina Ptschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

    Tatschlich hat Natural American Spirit vor einigen Jahren versucht, seinen Tabak mit dem Begriff "bio" zu bewerben - was dem Konzern gerichtlich untersagt wurde. Das nderte aber nichts an der wachsenden Beliebtheit seiner Produkte: Der "Trend zu additivfreien Zigaretten und Feinschnitten

  • hlt an", schrieb die Deutsche Tabakzeitung 2013. Noch ist deren Marktanteil mit 3,6 Prozent klein, aber er wchst stetig.

    Der Erfolg ist wahrscheinlich auf ein interessantes psychologisches Phnomen zurckzufhren: den sogenannten Licensing-Effect.

    Haben wir etwas Gutes getan, gnnen wir uns danach gerne mal etwas Schlechtes. Wir fliegen guten Gewissens nach Australien, weil wir kein eigenes Auto haben. Oder wir fahren mit dem SUV zum Flaschensammelcontainer und haben auch kein Problem damit, 28,5 Millionen Euro dem Fiskus zu hinterziehen, denn dafr haben wir ja auch Millionen fr wohlttige Zwecke gespendet. Wer auf etwas verzichtet, der hat es verdient, sich auch mal etwas zu gnnen.

    Manchmal kombinieren Produkte Verzicht und Belohnung. Das kann fatal werden. Ja, der Light-Joghurt mit nur 0,3 Prozent Fettgehalt hat weniger Kalorien als der mit 3,5 Prozent. Aber ist es deswegen okay, fnf davon zu essen? hnlich luft es mit den Zigaretten ohne Zustze. Die sind schlielich weniger schlecht als normale, nicht wahr?

    Das Spiel luft so gut, dass die groen Hersteller auf den Bio-Zug aufspringen. An deutschen Kiosken findet sich mittlerweile von jeder greren Marke die Variante "ohne Zustze". Auch Natural American Spirit wurde lngst vom Tabakriesen Reynolds bernommen.

    Dabei machen sich die Konzerne noch einen weiteren psychologischen Mechanismus zunutze: den Halo-Effekt, ein Wahrnehmungs-Phnomen.

    Eine einzelne Eigenschaft einer Person oder einer Sache kann demnach all ihre restlichen Eigenschaften wie ein Heiligenschein berstrahlen, daher auch der Name (halos, griechisch: Lichtring). Der Halo-Effekt drfte dafr verantwortlich sein, dass attraktive Menschen erfolgreicher sind.

    Die Strke des Effekts haben auch Lucky Strike und Co. begriffen. Mit den im packpapierbraunen Bio-Look daherkommenden Zigaretten ohne Zustze haben sie ihr Image aufpoliert. Weil sie, wie die Tabakzeitung schreibt, "die additivfreien Varianten in den Mittelpunkt ihrer Markenfamilienwerbung stellten und damit im Falle der Lucky sogar die komplette Markenfamilie auf Wachstumskurs brachten." Dabei ist die "Zigarette ohne Zustze" eigentlich ein zynischer und schlechter Witz. Jahrelang haben die Tabakkonzerne die Gefhrlichkeit von Zusatzstoffen heruntergespielt. Sie haben ihre Zigaretten mit ihnen aufgemotzt, um diese leichter rauchbar und ihre Kufer schneller schtig zu machen. Nur um jetzt mit einer Natrlichkeit zu werben, die sie selbst verhindert haben und zu der sie durch neue EU-Richtlinien ohnehin immer mehr gezwungen werden wie jetzt wieder durch das Verbot von Menthol und anderen Aromastoffen.

    Und sie ist eine Werbelge, selbst wenn es stimmen sollte, dass im Tabak tatschlich keine Zustze mehr sind. Papier und Filter seien durchtrnkt mir Zusatzstoffen, sagt Ptschke-Langer im Interview. Die Zigarette ohne Zustze, sie sollte besser Zigarette ohne Scham heien.

    . jajamedicus22 heute, 11:38 Uhrauch der linke Gutmensch ist eben nicht frei von Fehlern. Wenigstens versucht der eine oder andere sich Gedanken beim Konsum zu machen. Das alleine ist schon lblich. Und wenn es nur darum geht, am Ende weniger zu konsumieren. Ich dse jetzt mal schnell mit meinem SUV (jaja habe die Fahrrder aufs Dach geschnallt, frs Gewissen) zum BIO Fleischer, denn da gibts heute frisch eingeflogenes Fleisch vom anderen Ende der Welt. Danach rase ich fix ins Elbsandsteingebirge um ne Stunde zu klettern, bevor ich wieder in die Stadt rase...

    "Frei von Zustzen": Der Schmu mit der Bio-Zigarette