der offizier (märz 2015)

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Offizier DER Ausgabe 1/2015 Zeitschrift der Österreichischen Offiziersgesellschaft P.B.B. ABS. ÖSTERREICHISCHE OFFIZIERSGESELLSCHAFT, SCHWARZENBERGPLATZ 1, 1010 WIEN 14Z040084 M Geldspritze der Regierung für das ÖBH ist nur ein Trostpflaster 2. Wehrpflichttag Raubbau am Kaderpersonal Vigipirate

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Magazin der österreichischen Offiziersgesellschaft

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Page 1: Der Offizier (März 2015)

OffizierDER

Ausgabe 1/2015 Zeitschrift der Österreichischen Offi ziersgesellschaft

P.B.B.ABS. ÖSTERREICHISCHE OFFIZIERSGESELLSCHAFT, SCHWARZENBERGPLATZ 1, 1010 WIEN14Z040084 M

Geldspritze der Regierung für das ÖBH ist nur ein Trostpflaster

2. Wehrpflichttag

Raubbau am Kaderpersonal

Vigipirate

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02 Ausgabe 1/2015OffizierDER

U nser Land hat ein Problem, das vordergründig nur In-sidern erkennbar scheint.

Aber wenn es um seriöse Entschei-dungen geht, wird es off ensichtlich. Wir haben nämlich überwiegend keine realen Vorstellungen von mög-lichen Gefahren und deren vorbeu-gender und vorbereiteter Abwehr. Die Masse unserer Bürger lebt vom altbe-kannten „panem et circenses“-Gehabe der Politik, d.h. wenn genug „Brot und Spiele“ gegeben werden, dann ist alles paletti, meint man. Modern ausgedrückt versucht man, „das Volk mit Wahlgeschenken und eindrucks-voll inszenierten Großereignissen von wirtschaftlichen oder politischen Pro-blemen abzulenken“. Wie sonst kann es geschehen, dass ein Staat, der nicht eine „Bananen-Republik“ sein will, sein staatspolitisch entscheidendes Wehrinstrument zu Tode spart und an die Wand fährt? / Dem Bundesheer ergeht es heute so. Wenn allerdings mit verantwor-tungsvollen Wehrpolitikern diskutiert wird, dann erklären sie unisono mit Bedauern, dass man eben so etwas wie „geistige Landesverteidigung“ der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr kenne. Heute haben wir zwar den angepassten Begriff „Sicherheitsvor-sorge“ und man verlangt in der „Teil-strategie Verteidigungspolitik 2014“ u.a. „Die Gewährleistung eines jeweils aktuellen Sicherheitsbewusstseins für verteidigungspolitische Erfordernisse

in der Bevölkerung und bei wesentli-chen Meinungsträgern ....“ Die Forde-rung ist schön und gut, aber wie soll man denn „verteidigungspolitische Erfordernisse“ erkennbar machen, wenn das Denken daran von großen Teilen der Politik und der Bevölkerung negiert wird? Weil man sich doch im Traumbett unserer Neutralität sicher fühlt? / Wir müssen eingestehen, dass wir uns im geistigen Bereich unserer Exis-tenzsicherung auf einem Tiefstand befi nden. Dass das Bundesheer seinen Beitrag dazu geleistet hat, darf nicht unerwähnt bleiben. Mit anscheinen-der Ahnungslosigkeit hat man im Heer jene wesentlichen Stellen eingespart oder vernachlässigt, die früher in der Armee die Basisarbeit für wehrpoliti-sche Bildung unserer Gesellschaft ge-leistet haben. Maßgebliche Ergebnis-se dieser Grundlagenarbeit sind auch nicht ausreichend an die militärische und zivile Öff entlichkeit gebracht worden. Wo ist heute die militärische Öff entlichkeitsarbeit geblieben? Die medienmäßige Betreuung des Politi-kers, der seine Person mit dem Bun-desheer gleichsetzt, mag notwendig sein, ist aber eindeutig zu wenig für das Bundesheer, das über den politi-schen Parteien steht. Aussendungen mit den Glückwünschen für siegrei-che Heeressportler sind leider für die notwendige Arbeit in diesem Bereich eindeutig zu wenig. Versagt hier nicht bereits das System organisatorisch? Mit Wehmut mag hier so mancher an

die eff ektive Arbeit des damaligen G5-Bereiches des alten Armeekomman-dos denken. Aber das ist Geschichte. / Doch aus der Vergangenheit könn-te man kluge Ableitungen treff en. Ein angesehener General meinte einmal nicht zu unrecht: „Wenn das Bun-desheer verteidigungspolitisch nicht geistig vorangeht, dann macht das in diesem Land niemand.“ Und recht hat er, wenn man an die nicht erkennbare „GLV“-Arbeit des Bildungsressorts, an die unterlassenen Staatspreise in die-sem Bereich, an die oft wehrpolitisch ahnungslosen Politiker aller Ebenen, an die diesbezüglichen Mängel der meisten Journalisten, an die vielen Zi-vildiener usw. denkt. / Es könnte sein, dass das beab-sichtigte „Zentrum für menschen-orientierte Führung und Wehrpolitik“ diese Arbeit übernimmt. Dort müss-te die Basis für die „geistige Sicher-heitsvorsorge“ unseres Landes gelegt werden und mit der entsprechenden Öff entlichkeitsarbeit unter das Volk gebracht werden. Denn sonst sind auch die der „Landesverteidigung“ wohlgesinntesten Politiker ohnmäch-tig. Man muss sich deshalb bewusst sein, dass der Erfolg dieser Kernauf-gabe des Bundesheers über die Zu-kunft der Wehr- und Verteidigungsbe-reitschaft unserer Bürger und damit auch über den Willen der Politik, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, entscheiden wird.

Observer

BSERVERDie Kernaufgabe: Wehr- und Verteidigungswillen scha� en

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03Ausgabe 1/2015 OffizierDER

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser!

Nach über 58 Jahren wurde die allseits beliebte Zeit-schrift „Der Soldat“ eingestellt. Grund war die ein-sparungsbedingte Abbestellung aller Abonnements durch das Verteidigungsressort, wodurch die Zeitung gezwungen wurde, das Handtuch zu werfen. Der poin-tiert seine kritische Meinung vertretende OBSERVER wird jedoch ab dieser Ausgabe in der ÖOG-Zeitschrift „Der Offizier“ erscheinen. Im Sinne der Meinungsfrei-heit handelt es sich bei den Ausführungen des OBSER-VER um seine persönliche Meinung, die sich nicht mit den Ansichten der ÖOG decken muss. Ein herzliches Willkommen an den OBSERVER!

Unsere diesmalige Berichterstattung erfasst vor allem den 2. Wehrpflichttag der „Plattform Wehrpflicht“ so-wie eine Information über die bevorstehende Wehr-pflicht für Frauen in Norwegen, eine Idee, die jetzt auch von der Schweizerischen Offiziersgesellschaft für die Schweiz aufgegriffen wurde. Das Selbstverständnis eines Offiziers zu seinem Beruf soll eine Serie eröff-nen, zu der jeder Offizier, ob aktiv oder Miliz, eingela-den ist, auch seine/ihre Ansichten kundzutun.

Dass es immer schwieriger wird, für den Soldatenbe-ruf zu werben, zeigen die Ausführungen zum Umgang des Staates mit seiner Personalressource. Österreich beherbergt einige internationale Organisationen, dar-unter neben der in Ausgabe 2/14 bereits vorgestellten Antikorruptionsakademie auch das Generalsekretariat der Alpenkonvention mit Relevanz für ein Gebirgsland mit Gebirgstruppe. Eine Information zum Antiterror-konzept Frankreichs unter Beteiligung der Armee soll uns bewusst machen, dass die aktuellen Zeiten keinen Anlass für dauerhafte Friedenserwartungen geben können, weswegen die Ausdünnung der Streitkräf-te in Österreich eine von der ÖOG zu kritisierende Entwicklung darstellt. Die Regierungsentscheidungen zum Strukturpaket ÖBH 2018 mit den Reaktionen der ÖOG zeigen eine Problematik auf, die – wohl zu ganz anderen Zeiten – von Bertolt Brecht wie folgt formu-liert wurde: „Die Bürger werden eines Tages nicht nur die Worte und Taten der Politiker zu bereuen haben, sondern auch das furchtbare Schweigen der Mehrheit“

Ihr ChefredakteurHerbert Bauer

DER OFFIZIERMedieninhaber und Herausgeber: Österreichische Offi ziersgesellschaft, Schwarzenbergplatz 1, A-1010 Wien ZVR-Zahl: 795014511 Ι Chefredakteur:

GenMjr Mag. Herbert Bauer Ι Erscheinungsort: Wien Ι MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Bgdr i. R. Ambros Eigentler, MSD; Obst i. R. Oskar Heel (Tirolbeilage);

G. Haff er-Hochrainer; M. Musner; M. Sala Ι Marketing: Dr. Franz Palla ([email protected]) Ι Hersteller: TARGET GROUP Publishing GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck Ι

Druck: Ing. F. Feilhauer A-2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 1 Ι Fotos: Titelbild: Entwurf GRAFIK-BILD-DESIGN, Eva-Sophie Bauer, Fotos: Fotolia © Andre Bonn u. Markus Marb;

U4: ÖBH/Beganovic Amir; andere gem. Einzelnachweis

Namentlich gezeichnete Beiträge müssen sich nicht mit der Meinung des Herausgebers decken. Unaufgefordert eingesandte Beiträge

bedeuten keine automatische Veröff entlichung.

Internet: www.oeog.at, deroffi [email protected]

Offenlegung gemäß § 24 und § 25 Mediengesetz:Die Zeitschrift „Der Offi zier“ befi ndet sich zu 100 % im Eigentum der

Österreichischen Offi ziersgesellschaft, A-1010 Wien, Schwarzenbergplatz 1. Die Richtung der überparteilichen Zeitschrift ist durch die Statuten der ÖOG bestimmt und bezweckt Information in Wort und Bild zu Themen

der österreichischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Inhalt

31 Schweiz

Brief des Präsidenten4

Vigipirate5

Wehrpflicht für Frauen7

2. Wehrpfl ichttag9

Regierung: ÖBH 201816

ÖOG zu ÖBH 201817

Warum Trostpfl aster18

Raubbau am Kaderpersonal20

Bild des Offi ziers24

Die Alpenkonvention27

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04 Ausgabe 1/2015OffizierDER

Brief des PräsidentenMangelwirtschaft führt zu militärisch unsinnigen Entscheidungen

Die Ökonomisierung der LandesverteidigungDie Schaff ung von Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung sind staatliche Kernaufgaben. Demgemäß orientieren sich Sicherheitsstrategien an den mög-lichen Bedrohungen für Staat und Be-völkerung und treff en dafür geeignete Vorsorgen. Verfolgt man die täglichen Medienberichte, dann braucht man keine besondere Vorbildung, um Öster-reichs Bedrohungen zu erkennen: Weni-ge hundert Kilometer entfernt herrscht in der Ukraine ein Krieg, bei dem die alte Ost-West-Konfrontation wieder aufl ebt; die Anschläge von Paris und Kopenhagen zeigen die Verwundbarkeit Europas durch islamistischen Terror; die zunehmend instabile Lage in Afrika führt zu Flüchtlingsströmen nach Euro-pa; technische Defekte können jederzeit zu einem Strom-Blackout oder einem Reaktorunfall in unserer Nachbarschaft führen.

Budget als BedrohungsfaktorIn der Teilstrategie Verteidigungspo-litik ist unter „Grundprinzipien der Streitkräfteentwicklung“ zu lesen: „Für die Erbringung der Leistungen des ÖBH ist neben der militärischen Sicherheits- und Risikolage die bud-getäre Situation entscheidend.“ Durch die ressourcenorientierte Planung

wird aber die Budgetsituation selbst zu einer Bedrohung. Die Mangelwirt-schaft führt zu Entscheidungen, die wirtschaftlich günstig, aber militärisch unsinnig sind. Wenn geländegängige Pinzgauer durch bloß straßentaugli-che Pick-ups ersetzt werden, sinkt die Einsatzfähigkeit. Wenn Werkstätten zentralisiert werden, dann verschwin-det die Autarkie der Truppe. Wenn bei der Miliz statt Übungspfl ichtigen nur befristet Beorderte geplant werden, sinkt der Bereitschaftsgrad signifi kant. Wenn Grundwehrdiener in Ausbildung auf den Soll-Personalstand von 55.000 Soldaten angerechnet werden, dann hat das Einfl uss auf die Kampfkraft.

Alleinstellungsmerkmal Landesverteidigung?Das Österreichische Bundesheer soll als bewaff nete Macht der Republik die mi-litärische Sicherheit Österreichs garan-tieren und die strategische Handlungs-reserve des Landes sein. Das bedeutet, das Militär muss auch einsatzfähig sein, wenn die zivilen Strukturen bereits nicht mehr funktionsfähig sind. Ob die-se Fähigkeit heute noch gegeben ist, darf bezweifelt werden! / Doch statt die bestehenden Män-gel zu beseitigen, wird das Militär im Inland zu einem Technischen Hilfswerk uminterpretiert: „Viele haben sich in

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letzter Zeit gefragt, wie ist es um unser Bundesheer bestellt. Wir können heute nach sehr off enen und konstruktiven Verhandlungen in der Regierung deut-lich sagen, dass das Bundesheer seine Aufgaben beim Katastrophenschutz oder bei Auslandseinsätzen gemäß unseren Erwartungen erfüllen kann“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann bei der Präsentation des Bundesheer-pakets am 23. 12. 2014. Dass er dabei die Hauptaufgabe des Bundesheers unerwähnt ließ, war wohl mehr als ein Flüchtigkeitsfehler. / Dafür erklärte er wenige Wochen später bei der Ankündigung von zu-sätzlichen 260 bis 290 Millionen für die Polizei: „Die Sicherheitskräfte kön-nen sich auf uns verlassen: Wir unter-stützen sie materiell und politisch. Wir haben in dieser Frage schnell und ein-heitlich gehandelt, denn die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, ist eine Kernaufgabe der Regierung.“ / Der Bundeskanzler unterstützt die paramilitärische Aufrüstung der Polizei, während er die militärische Landesver-teidigung zu Tode spart. Kann man in der Sicherheitspolitik eigentlich noch zynischer sein? Womit haben sich das Bundesheer und seine Soldaten diese Kindesweglegung durch den Bundes-kanzler eigentlich verdient, fragt sich Erich Cibulka.

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Vigipirate Eine erfolgreiche Operation im Inneren

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M it den Anschlägen Anfang 2015 auf die Redaktion der Zeitschrift „Char-lie Hebdo“ und einen Supermarkt

für koschere Produkte in Paris wurde auch der mit Frankreich weniger vertrauten Öff entlich-keit der Plan „Vigipirate“ (eine Zusammenset-zung aus den Worten „vigilance“ für Wach-samkeit und „pirate“ für Pirat) bekannt. Das ist insofern etwas verwunderlich, als der Plan nicht neu ist und bereits auf das Jahr 1978 zurückgeht. Mehrmals adaptiert, hat sich am Grundprinzip nichts geändert. / Frankreich hatte sich zum Erstellungszeit-punkt, initiiert durch den damals amtierenden Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing, entschlos-sen, den Bedrohungen des Staatswesens durch einen gesamtstaatlichen Ansatz zu begegnen. Der Erfolg, besonders in den letzten Wochen, gibt den Erstellern Recht. / Die für den Erfolg primordialen Voraus-setzungen sind eine klare Beurteilung und das Erkennen der bestehenden Gefahren und eine eindeutige Festlegung der zu erreichenden Zie-le, ergänzt durch eine klare Führungsstruktur. Verantwortlich dafür ist in Frankreich per Ge-setz der Premierminister.

Als Ziele für Vigipirate wurden defi niert:• Permanente Sicherstellung eines adäquaten

Schutzes der Bürger, des französischen Terri-toriums und der Interessen Frankreichs vor terroristischer Bedrohung

• Entwickeln einer Kultur der Wachsamkeit der Gesamtheit der staatlichen Akteure, um der ter-roristischen Bedrohung bestmöglich vorzubeu-gen bzw. sie so früh wie möglich zu erkennen

• Sicherstellung einer raschen und koordinier-ten Reaktion, um den Schutz zu verstärken, das Eingreifen zu erleichtern, die Aufrechter-haltung der lebenswichtigen Aktivitäten und damit die Auswirkungen der Bedrohung mög-lichst gering zu halten.

Der Plan betriff t nicht nur die Streitkräfte und das nationale Niveau, sondern erfasst alle re-levanten Institutionen und Einrichtungen, die Ebene der Regionen, der Départements und der Gemeinden, bis hin zum Bürger. / Als Beispiel für die funktionierende Koope-ration kann der Einsatz der Sicherheitskräfte am 7. Jänner 2015 dienen. Innerhalb sehr kurzer Zeit wurden zwei räumlich weit getrennte Operatio-nen erfolgreich durchgeführt. ›

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Die Einsatzkräfte waren durch häufi ge Übungen zwischen den Sondereinsatzkräften von Polizei und Gendarmerie sowie den Streitkräften gut vorbereitet und eingespielt. Bei beiden Zugriff en wurden die sowohl in den Land- als auch in den Luftstreitkräften vorhandenen schweren Hub-schrauber planmäßig zur Verfügung gestellt, wie es auch im Plan „Vigipirate“ vorgesehen ist. Also durchaus auch als beispielhaft für Österreich zu sehen. / Damit auch der Bürger einfach in die Um-setzung des Plans eingebunden werden kann, wurden erst 2014 die vier Bedrohungsstufen Gelb, Orange, Rot und Scharlachrot auf die zwei Stufen „Vigilance“ (Wachsamkeit) und „Alerte Attentat“ (Attentatsalarm) reduziert. / Seit den Anschlägen in London 2005 wird der Plan praktisch permanent auf Stufe Rot in die Praxis umgesetzt. Jedem Paris-Urlauber der letz-ten Jahre sind die auf öff entlichen Plätzen und bei

den touristischen Schwerpunkten patrouillieren-den Soldaten ein vertrauter Anblick geworden. Meist werden sie von einem Gendarmen oder Polizisten begleitet. Oft werden die Drei-Mann-Patrouillen aber auch allein gesehen. / Diese Soldaten, die auf den Straßen, den Bahnhöfen oder den Flughäfen ihren Dienst versehen, stammen aus allen Teilstreitkräften. Sie werden etwa im Vierwochenrhythmus ab-gewechselt. Die Anforderungen sind hoch, denn die Soldaten legen am Tag bis zu 40 Kilometer zu Fuß zurück. Eine nicht unerhebliche Belastung, wenn man berücksichtigt, dass es während des Einsatzes keine „Zeiten ohne dienstliche Inan-spruchnahme“ gibt. Ein auch nicht ungefährli-cher Auftrag, wie Angriff e auf Patrouillen in den letzten Monaten beweisen. / Geplant wird dieser Einsatz seitens des Mi-litärs im „Centre de Planifi cation et de Conduite des Opérations“ (CPCO) in Paris. Dieses steht mit dem interministeriellen Lagezentrum in dauern-der Verbindung. Nur durch diese straff e Führung und die vorbereiteten Alarmmaßnahmen konnte die Erhöhung der Zahl von etwa 1.000 Soldaten im Normbetrieb auf 10.500 Mann ab dem 12. Jän-ner 2015 in nur zwei Tagen erreicht werden. / Könnte dieser Einsatz eine Parallele in Öster-reich erfahren? Mit Sicherheit. Die Bedrohungen sind die gleichen, wenn auch vielleicht nicht in der gleichen Intensität. Der Rahmen der zur Verfügung stehenden Kräfte ist, dem Sparzwang zufolge, al-lerdings inzwischen begrenzt. Der gesetzliche Rah-men ist gem. Verfassung und dem Wehrgesetz (§2 Abs. 1 lt. b) mit dem Instrument der „Assistenz“ ge-geben. Im Rahmen der gesamtstaatlichen Koope-ration aller relevanten Kräfte zur Gewährung der Sicherheit für unsere Staatsbürger durchaus ein überlegenswerter Aspekt. (Red.)

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Stärken des Sicherheitsgefühls durch eine gemischte Patrouille – Polizei und Militär – im Stadtbild.

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D ie Wehrpfl icht hat eine lan-ge Tradition in Norwegen. Schon in den Wikingerzeiten

gab es die Wehrpfl icht. Damals muss-ten die Bauern Soldaten und Wikin-gerschiff e für die Verteidigung stellen. Am Ende der napoleonischen Kriege wurde die Wehrpfl icht im Jahr 1814 in das Grundgesetz aufgenommen. Im Artikel 109 steht zu lesen: „Jeder Bürger des Staates ist im Allgemeinen im gleichen Maße verpfl ichtet, wäh-rend eines gewissen Zeitraums der Verteidigung seines Vaterlandes zu dienen, ohne Rücksicht auf Herkunft oder Vermögen.“ Die Anwendung die-ses Grundsatzes und die notwendi-gen Einschränkungen werden durch Gesetz bestimmt. Das norwegische Grundgesetz aus dem Jahre 1814 ist eines der ältesten Grundgesetze der

Wehrpfl icht in Norwegen –in der Zukunft auch für FrauenKAPITÄN ZUR SEE FRODE VINCENT FAERAVAAG

Welt. Die Regelung für die Wehrpfl icht gilt bis heute. / Norwegen (und die nordischen Länder allgemein) gelten manchmal als Vorreiter in Angelegenheiten der Gleichberechtigung. Ab diesem Jahr (2015) soll daher auch ein einjähriger verpfl ichtender Militärdienst für bei-de Geschlechter gelten. Die entspre-chende Gesetzesänderung hat das Storting (das norwegische Parlament) am 14. Juni 2013 in der damaligen Rot-Grün-Regierung passiert. Jetzt steht sie kurz vor der Finalisierung. Es ist ge-plant, dass die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll. Die Wehrpfl icht soll dann für Frauen, die am 1. Januar 1997 und später geboren sind, gelten. Die Einberufung soll ab dem 18. Lebensjahr stattfi nden. Es wird erwartet, dass die ersten Frauen unter

dem neuen System ab August 2016 ih-ren Dienst beginnen. Bis dahin müssen einige Kasernen für Frauen umgebaut werden, unter anderem mit separaten Duschanlagen etc. Die politische Idee dabei ist es, dass beide Geschlechter die gleichen Rechte und die gleichen Pfl ichten haben sollen. / Heute absolvieren jedes Jahr unge-fähr 750 Frauen den Grundwehrdienst – dies aber als freiwillig Dienstleistende. Deshalb gibt es heute schon viele Gar-nisonen mit Soldatenkasernen, die für Frauen geeignet sind. Allerdings wer-den nicht alle Frauen Wehrdienst leisten müssen. Von insgesamt 60.000 jungen Frauen und Männern im Alter von 18 Jah-ren brauchen die norwegischen Streit-kräfte nur 10.000. Dies bedeutet, dass vieles von der Motivation und Willigkeit der einzelnen Personen abhängt. ›

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Eine Soldatin der norwegischen Armee bei einer Feldübung.

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Es bedeutet aber auch, dass die Streit-kräfte die besten Kandidaten selek-tieren können. Die Personen, die kör-perlich oder seelisch untauglich sind, werden schon in der Phase 1 der Mus-terung abgewiesen. Phase 2 der Muste-rung beinhaltet erst ein Gespräch. Wer nicht motiviert ist, kommt im Auswahl-prozess nicht weiter. Am Ende werden nur die Soldaten, die tauglich und mo-tiviert sind, für die Zweimonatige Rek-rutenschule ausgewählt. Nach der Re-

krutenschule führen die Mannschaften weitere zehn Monate Dienst aus. Der gesamte Grundwehrdienst beträgt da-mit zwölf Monate. / Warum zwölf Monate? Norwegen hat vier sehr unterschiedliche Jahres-zeiten mit fordernden klimatischen Verhältnissen und eine herausfordern-de Topografi e. Diese müssen die Solda-ten in allen geografi schen Teilen Nor-wegens beherrschen. / Bei den Teilstreitkräften Heer und Marine laufen Pilotprojekte mit 18 Monaten Wehrdienst. Es geht hier um Mannschaften, die kompliziertes Gerä-te bedienen sollen. / Wehrpfl ichtige werden nicht außer-halb Norwegens dienen. Um zum Bei-spiel bei ISAF in Afghanistan zu dienen, haben die Soldaten nach dem zwölf-monatigen Grundwehrdienst zusätzlich eine sechsmonatige missionsspezifi -sche Ausbildung bekommen. / Norwegen wird mit dieser Neure-gelung der Wehrpfl icht das erste euro-päische Land und das erste NATO-Land sein, das in Friedenszeiten Frauen zur Ar-mee einzieht. Bisher dienten sie nur auf freiwilliger Basis. Ziel ist es, dass schon im Jahr 2020 bereits 20 Prozent der Ar-meeangehörigen Frauen sein sollen. / Die gesamte Wehrdienstzeit be-trägt in Norwegen laut Gesetz bis zu 19 Monate. Nach dem Grundwehrdienst (zwölf Monate) werden die Soldaten

der „Hjemmevernet“ („Landesverteidi-gung/National Guard“) zugeteilt. Diese hat eine Personal-Stärke von 45.000 bei Mobilmachung. Jedes Jahr trainieren diese Soldaten bis zu neun Übungstage, bis sie ein Alter von 44 Jahren erreichen (Offi ziere bis 54 Jahre). / Die 10.000 Mannschaften im Grundwehrdienst sind eine sehr wich-tige Quelle für den Nachwuchs in den norwegischen Streitkräften. Nach dem zwölfmonatigen Grundwehrdienst wählen viele eine Karriere als Offi zier oder Spezialoffi zier (Unteroffi zier oder Soldat auf Zeit). Für jede Stelle bewer-ben sich normalerweise fünf bis acht Mannschaften. Damit können auch hier die Besten ausgewählt werden. / In den letzten Jahren haben die norwegischen Streitkräfte ihren Ruf verbessert. Dies gilt auch für den Wehrdienst. Es ist deshalb auch po-pulärer geworden, Grundwehrdienst zu leisten. Der Zivildienst, als Alterna-tivdienst für den Militärdienst an der Waff e, wurde in Norwegen im Jahr 2010 abgeschaff t – fast niemand woll-te diesen Dienst. / Mit dem zukünftigen geschlechts-neutralen Wehrdienst werden die Streitkräfte eine vielfältigere Personal-quelle für den Nachwuchs haben. Es wird deshalb in der Zukunft ein besse-rer Mix aus Frauen und Männern in den Truppen und in den Stäben erwartet.

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ZUR PERSON

Kapitän zur See Frode Vincent Faervaag,

Königliche Nor-wegische Marine, ist Verteidigungs-

attaché Norwegens für Deutschland,

Österreich und die Schweiz mit

Sitz in Berlin

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Bericht zum Tag der Wehrpfl icht 2015 Das Bundesheer zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Ein voller Saal beim 2. Wehrpfl ichttag im Raiffeisen-Forum in Wien

Am 20. Jänner 2015 begrüß-te der Präsident der ÖOG, Oberst Mag. Erich Cibulka,

im Namen der Plattform der wehrpoli-tischen Verbände fast 400 Gäste zum 2. Tag der Wehrpfl icht im Raiff eisen-Forum in Wien. Zahlreiche Mitglieder und hochrangige Vertreter der Ver-anstaltervereine sowie befreundeter Organisationen waren der Einladung zur Diskussion mit den Wehrspre-chern der politischen Parteien gefolgt. Das aktuelle Thema lockte auch den Chef des Generalstabs, General Mag. Othmar Commenda, an der Spitze seiner Sektionschefs an. Mit General Edmund Entacher, General Horst Plei-ner und General Karl Majcen wohnten auch drei Amtsvorgänger der Diskussi-on bei. ›©

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Grußworte des Präsidenten des „Kuratoriums Sicher Österreich“ Als Gastgeber begrüßte Brigadier Mag. Erwin Hameseder das Auditorium und stellte gleich zu Beginn klar: „Sicher-heit ist eine der ganz wesentlichen Voraussetzungen für das gemeinsa-me, friedliche Zusammenleben sowie den Wohlstand einer Nation. Und aus gutem Grund hat die österreichische Bevölkerung sich für den Staatsbürger in Uniform und damit für die allgemei-ne Wehrpfl icht entschieden. Für die Wirtschaft ist es ganz wichtig, dass das Thema Sicherheit hochgehalten wird. Denn der Schutz des Staatsgebiets, der Infrastruktur, der Investitionen, der

Produktionsstätten gehört für die Wirt-schaft zu den ureigensten Interessen. Ein sicheres Österreich ist eben auch eine unabdingbare Voraussetzung für wirtschaftliche Prosperität und den Wohlstand der Bevölkerung. Die Wehr-pfl icht mit dem Milizsystem ist aus meiner Sicht Garant für diese fl ächen-deckende Sicherheit in Österreich. So kommen auch sehr positive Wechsel-wirkungen zwischen Wehrpfl icht und heimischer Wirtschaft zum Tragen, z.B. bringen junge Menschen ihre Fertigkei-ten und Kenntnisse in das Österreichi-sche Bundesheer ein und umgekehrt nehmen die, die den Grundwehrdienst

geleistet haben, zusätzliche Qualifi ka-tionen in ihren Zivilberuf mit zurück. Es gilt daher, die Reform des Grund-wehrdiensts konsequent fortzusetzen. Die Schlussfolgerung aus meiner Sicht ist, dass die glaubwürdige Attraktivie-rung des Grundwehrdiensts nicht am Geldmangel scheitern darf. Bei den Jugendlichen muss seitens des Öster-reichischen Bundesheers Überzeu-gungsarbeit für den Grundwehrdienst geleistet werden. / Unsere Bevölkerung muss wissen, dass es in letzter Konsequenz auch um das Verteidigen unserer Werte und unseres Staatsgebiets geht. Und daher benötigt unsere Armee die entspre-chenden Strukturen, einen starken politischen Rückhalt, aber auch aus-reichende fi nanzielle Mittel. Bei allem Verständnis für die anhaltenden Bud-getnöte oder für die schwierige budge-täre Lage unserer Republik muss doch die Sicherheit unseres Landes und sei-ner Bürger oberste Priorität haben.“

Panel 1: Erwartungen und Forderungen an die PolitikBereits am 1. Tag der Wehrpfl icht wur-den konkrete Erwartungen an die Politik für den zukünftigen Reformprozess for-muliert (siehe auch Der Offi zier 1/2014): 1. Ausreichende Finanzierung für

alle Aufgaben des Bundesheeres;2. Fortführung der Reform des

Grundwehrdienstes;3. Stärkung der Miliz gemäß

Artikel 79 B-VG;• Gliederung der 55.000 Soldaten

muss nachvollziehbar sein und „über-wiegend aus Milizsoldaten“ bestehen

• „Heimatschutz“ als Grundauftrag für die Miliz

• Territoriales Prinzip für Miliz mit Ausbildungs- und Servicezentren

• Priorität der Personalgewinnung für die Miliz – vor allem Mann-schaften und Unteroffi ziere

• Materielle Ausstattung für den Gleichzeitigkeitsbedarf

• Volltruppenübungen der Miliz• Bestellung eines Miliz-Beauftragten4. Förderung des Wehrwillens

und Öff entlichkeitsarbeit für das Bundesheer.

Brigadier Mag. Erwin Hameseder

Diese Forderungen/Erwartungen wur-den heuer wiederholt und konkretisiert. Dabei lautete der gemeinsame Tenor: „Das SOLL muss zum IST werden.“

F ür Oberst Dr. Volker Zimmermann, Bundespressereferent des ÖKB,

bedeutet die Forderung, dass das SOLL zum IST werden muss, „die Ausrich-tung des Bundesheers auf eine Armee nach dem Milizprinzip und die Absage an Bestrebungen durch die Hintertür ein Berufsheer einzuführen. Ausreden, dass Sicherheit nur durch ein europä-isches Sicherheitssystem gewonnen werden kann, verkennen, dass es die-ses System außerhalb der NATO in Europa nicht gibt. Jedes Land ist ver-pfl ichtet, seine sicherheitspolitischen Hausaufgaben selbst zu machen. Eine fortdauernde Missachtung von Verfas-sung und darauf basierenden Gesetzen ist eine immense Gefährdung des de-mokratischen Zusammenlebens.“

B rigadier Dr. Peter Fender konsta-tierte als Vertreter der Vereinigung

Österreichischer Peacekeeper (VÖP): „Fragen der Struktur und Ausrüstung sind Fragen der Verteidigungsfähigkeit. Dem gegenüber muss auch die Frage des Wehrwillens stehen. Ohne den Wil-

Oberst Dr. Volker Zimmermann

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11Ausgabe 1/2015 OffizierDER

Brigadier Dr. Peter Fender

Vizeleutnant Paul Kellermayr

len, die Republik Österreich, ihre Grund-werte und vor allem die Bevölkerung zu schützen, sind alle Verteidigungskon-zepte wertlos. Wir sehen hier ein Versa-gen der Geistigen Landesverteidigung in der Bevölkerung. Information und Akzeptanz ist jedoch Voraussetzung für die Bereitschaft der Bevölkerung, ein entsprechendes Budget, Übungen im freien Gelände und die Leistung des Wehrdiensts zu akzeptieren.“ Weiters skizzierte er die Schritte der personellen und materiellen Reduktion des Bundes-heers seit dem Ende des Kalten Kriegs und kam zu dem Schluss, dass „die Un-tergrenze der Bewaff nung längst unter-schritten ist.“

D er Präsident der Österreichischen Unteroffi ziersgesellschaft, Vize-

leutnant Paul Kellermayr, hielt ein fl am-mendes Plädoyer für das Bundesheer und brachte die Enttäuschung über die politischen Entscheidungen im Jahr 2014 klar zum Ausdruck: „Der Zustand der Landesverteidigung wurde nicht ver-bessert, sondern unter dem Sparzwang gefährlich verschlechtert. Das Ergebnis der Volksbefragung und die darauf wie-der einmal folgenden Beteuerungen über die Verbesserungen der Zustände beim Heer haben sich in Luft aufgelöst. Aufgrund der bisherigen Berichterstat-tung über die Sparmaßnahmen bei der Landesverteidigung ist das Vertrauen der Bevölkerung ständig gesunken. Die Po-litik verhält sich zurzeit gegenüber dem

Bundesheer teilnahmslos. Es scheint, als ob den Politikern der jetzige Zustand egal wäre. Wegen des Umgangs der po-litischen Führung mit dem Bundesheer haben wir Unteroffi ziere den Glauben in die politische Führung verloren. Wäh-rend in Europa tatsächlich Krieg herrscht, die Terrorgefahr wächst und z.B. Finnland die Verteidigungsanstrengungen erhöht, rüstet Österreich zur Zeit derart massiv ab, dass man sagen kann, das Ende der militärischen Landesverteidigung wurde eingeleitet. / Wir Soldaten erfüllen nach wie vor unsere Pfl icht, auch unter den derzeiti-gen widrigen Umständen, und sind loy-al gegenüber dem Staat. Wir vermissen aber die Loyalität des Staats gegenüber uns. Wir fordern die Bundesregierung auf, seinem Heer die Mittel zur Ver-fügung zu stellen, welche benötigt werden, um die Sicherheit des Staats gemäß der Bundesverfassung zu ge-währleisten. Wir fühlen uns als Staats-bürger und Unteroffi ziere getäuscht.“

D er Obmann der Interessensge-meinschaft der Berufsoffi ziere

(IGBO), Oberst Dr. Siegfried Albel, ver-trat den Standpunkt, dass die Sicherheit Österreichs kein Spielball der Tagespoli-tik sein dürfte. / „Die Richtigkeit dieser Haltung hat sich aus unserer Sicht in den letzten

Jahren durch die geopolitischen Ent-wicklungen immer wieder bestätigt. Die politische Realität aber ist, dass sich die politischen Parteien in Ös-terreich immer weiter von einem po-litischen Konsens in der Frage der Si-cherheitspolitik zu entfernen scheinen. Nur dann ist eine gewisse Einigkeit er-kennbar, wenn es um die Minderfi nan-zierung des Bundesheeres oder dessen Bestand überhaupt geht.“ Er forderte daher, „dass das Parlament die Umset-zung der Beschlüsse durch die Bundes-regierung begleitet und kontrolliert“. Diese Kontrolle muss sich vor allem auf die vorgegebene Truppenstärke, ihre Organisationspläne sowie das Budget für den „Normbetrieb“ und erforderli-che Neubeschaff ungen beziehen.

O berst Mag. Erich Cibulka, Präsi-dent der Österreichischen Of-

fi ziersgesellschaft, forderte von den Abgeordneten die Umsetzung der Sicherheitsstrategie: „Sie haben ge-meinsam die Sicherheitsstrategie be-schlossen und verabschiedet. Wir er-warten von Ihnen, dass Sie dafür auch die Strukturen unterstützen und auch die fi nanziellen Zuwendungen gewäh-ren, damit diese Sollzustände erreicht werden können. In diesem Zusam-menhang erlauben Sie mir auch den Hinweis, dass in den strategischen Pa-pieren formuliert ist, dass das Österrei-chische Bundesheer für die aktuellen Bedrohungslagen einen mobil ›

Oberst Dr. Siegfried Albel

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gemachten Personalstand von 55.000 Soldaten benötigt. Alle Analysen zei-gen eindeutig, dass das derzeit unter Gleichzeitigkeitsgesichtspunkten voll-kommen illusorisch ist.“ / Im Zusammenhang mit der gestiege-nen Terrorgefahr in Europa stellte er klar: „Es ist die Terrorgefahr kein Anlass, staatliche Balancen zu verschieben oder gar einem gemeinsamen Sicher-heitsministerium das Wort zu reden. Ich hoff e, das ist nicht das Ziel. Ich sage aber in aller Deutlichkeit: Wir als wehr-politische Plattform bestehen darauf, dass die Verteilung der Aufgaben zwi-schen Innen- und Verteidigungsressort beibehalten wird.“

Panel 2 – die Statements der Wehrsprecher

Unter der Moderation von Dr. Karin Kneissl wurden die Abgeordneten er-sucht, den Widerspruch zwischen Auf-trag und Mitteln aufzulösen.

O tto Pendl (SPÖ) führte dazu aus: „Ich glaube, wir brauchen in der

Gesellschaft nicht nur für das Bundes-heer einen Stellenwert, sondern vor allem für das Thema Sicherheit. (...) Wir brauchen sowohl das österreichische Bundesheer genau für die in der Ver-fassung vorgesehenen Aufgaben und daneben brauchen wir die Sicherheits-behörden ebenfalls für die genau nach unserem demokratischen System ver-

Oberst Mag. Erich Cibulka

Otto Pendl(SPÖ)

fassungsrechtlich vorgesehenen Auf-gaben. Wir können es uns in einer öko-nomisch schwierigen Zeit nicht leisten, Parallelstrukturen aufzubauen. Wenn eine Organisation wie das Bundesheer über gewisse Ausrüstungen verfügt, dann benutzt man diese eben gemein-sam. Wir dürfen nämlich nicht nur den Ankauf von Ausrüstung rechnen, wir müssen ja auch rechnen, was uns das betriebsmäßig und wartungsmäßig auf längere Sicht kostet. (...) / Ich glaube, dass das Österreichi-sche Bundesheer durch keine Organi-sation in unserer Republik ersetzbar ist. Punkt. Ist so. Und vielleicht gelingt es uns, dieses Heer oder, wenn Sie so wollen, den Sicherheitsbereich aus der

Tagespolitik herauszubringen. Dieje-nigen, die mich kennen, wissen, dass ich die Frage der Sicherheit und auch des Bundesheers immer staatspolitisch diskutiert habe. Ob in meiner eigenen Partei immer alle Hurra gesagt haben, lassen wir dahingestellt.“ / Zur Budgetfrage: „Jetzt könnten wir alle, wie wir da sitzen, sagen, was wir uns vorstellen. Welchen Prozentsatz des BIP usw. Die Frage ist, ob es gelingt, außer dem Regelbetrieb für alles, was notwendig ist, eine Finanzierung paral-lel aufzustellen. Und ob man dann die zwei Positionen Regelbetrieb und Son-derfi nanzierung zusammenrechnet und sagt, ein Prozent oder 0,8 Prozent oder

0,9 Prozent ist nicht das Thema. Ich glaube, wenn wir wirklich gemeinsam versuchen, die hier notwendige Arbeit im aufklärerischen Sinne zu leisten, dann werden wir leichter die Akzeptanz bekommen.“ / „Der größte Garant, wo wir auch in der Bevölkerung neben den aufkläreri-schen Arbeiten punkten können, ist, dass in keinem Bereich das Alleinstellungs-merkmal des ÖBH aufgegeben werden darf. Wenn man heute einen Verband in einen Einsatz schickt, dann muss der doch autark arbeiten können, oder? Wenn ich ein autarkes Bataillon oder einen Kampfverband haben will, dann ist der Kraftfahrer für mich eine militäri-sche Aufgabe. Dann ist der Mechaniker für mich eine militärische Aufgabe. Und wenn ich ihn nicht verpfl ege, bricht mir der ganze Verband zusammen.“ / Zur Miliz: „Ich bin ein glühender Anhänger davon, dass wir die Miliz wieder aufbauen. Es ist relativ ein-fach, wenn wir unsere Beschlüsse des Hohen Hauses wirklich mit Leben er-füllen. Das sind ja kommunizierende Gefäße – die Berufskomponente, die GWD und die Miliz. Und wenn man hin- und herschiebt, muss man immer schauen, dass man jedenfalls zu die-ser Zahl (Anm: von 55.000 Soldaten) kommt. Und die Miliz ist eine wichtige Komponente der Zukunft.“

M ag. Bernd Schönegger (ÖVP) er-läuterte die Ergebnisse der Re-

gierungsverhandlungen zum Struktur-paket: „Ich darf Ihnen klar, deutlich und aus Überzeugung sagen, uns ist es dar-um gegangen, dass wir Sonderfi nanzie-rungsmittel abseits des beschlossenen Budgets in die Landesverteidigung hi-neinbringen. Und das ist uns am Ende des Tages gelungen. Ich bin heute kein besonders glücklicher Mensch über dieses Ergebnis, aber ich bin um eini-ges glücklicher als am 3. Oktober 2014, wo ein Strukturpaket vorgelegen ist, das trotzdem anders ausgesehen hat und wo vor allem keine Sonderfi nan-zierung da war. Die Miliz wird deutlich gestärkt – vor allem auch fi nanziell. Das war uns wichtig. 350 Millionen

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13Ausgabe 1/2015 OffizierDER

Mag. BerndSchönegger (ÖVP)

sind jetzt einmal bis 2019 festgeschrie-ben. Das ist ein Zeitrahmen, für den ich mich auch als Abgeordneter sehr klar und deutlich verbürgen kann. Der Rest sind Finanzierungszusagen über diese Jahre hinaus, und ich bin da guter Din-ge, dass das halten wird. Und ich ma-che keinen Hehl daraus, dass 0,55 Pro-zent des BIP für mich als Wehrsprecher der ÖVP deutlich zu wenig sind, um die Aufgaben, die das Bundesheer hat, erfüllen zu können. Das sage ich deut-lich. Ob das in Zukunft über Sonderfi -nanzierungen, so wie jetzt, oder über einen Automatismus abzugelten ist oder wie wir die wünschenswerte Zahl erreichen, da sind wir jetzt, glaube ich, nicht wirklich befugt und befähigt. Also wünschen tun wir es uns alle gemein-sam, das eint uns. Ich glaube, wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg dort-hin, dass wir uns nicht gegenseitig aufs Schienbein treten, sondern gemeinsam an der Landesverteidigung und an der Stärkung und nicht Schwächung dieser Landesverteidigung arbeiten. (...) / Ich möchte auch zur Detaillierung auf die Teilstrategie Verteidigungspo-litik eingehen. Das ist ein gutes Doku-ment, das sehr klar und deutlich noch einmal festschreibt, was wir eigentlich vom ÖBH wirklich erwarten. Entschei-dend, und das ist die Kernaufgabe mit Priorität 1, ist die militärische Landes-verteidigung. Danach folgen Schutz

kritischer Infrastruktur, sicherheits-polizeiliche Assistenzleistungen, Bei-stand und Solidarität im Rahmen der Europäischen Union und als Priorität 3 folgt der internationale Krisenmana-gementbeitrag. Das ist da sehr deut-lich festgeschrieben, daher war dieses Dokument zum Beginn der Struktur-verhandlungen ganz wesentlich, weil die Struktur der Strategie folgt und niemals umgekehrt. Das haben wir mit der Teilstrategie Verteidigungspolitik festgeschrieben.“ / Zur Miliz: „Weitere Voraussetzung für die Landesverteidigung ist die funktionierende Miliz. Da haben wir jetzt ein Paket verabschiedet, das mir zumindest Hoff nung macht, dass da in den nächsten Jahren ein Aufwuchs stattfi ndet. Wir haben eine sogenannte ‚Sign-up-Prämie‘ festgeschrieben, das heißt, jene Grundwehrdiener, die sich für die Miliz verpfl ichten, bekommen ein erhöhtes Taggeld. Ob diese Maß-nahme greift oder nicht, werden wir in den kommenden Jahren sehen. Das Le-galitätsprinzip darf ich an dieser Stel-le auch einfordern. Man könnte, man sollte, man müsste nach dem Legali-tätsprinzip zwölf Prozent der Grund-wehrdiener, wenn die nicht freiwillig kommen, auch zur Miliz einberufen. Auch das würde die Miliz in Zukunft stärken und den Aufwuchs sicherstel-len, das darf man an dieser Stelle auch ganz deutlich ansprechen. (...) / Ein Sicherheitsministerium spielt in der ÖVP und in den Überlegungen der Sicherheitsarchitektur dieses Landes keine Rolle. Ich kann das wirklich mit ganz gutem Gewissen in Off enheit und Ehrlichkeit völlig in Abrede stellen.“

M ario Kunasek (FPÖ) nahm auch Stellung zur Rolle des Parla-

ments: „Ich weiß nicht, wie es Ihnen so ergeht, wenn man jetzt die bisherigen Wortmeldungen gehört hat. Irgendwie hat man das Gefühl, wir reden eigent-lich seit Jahrzehnten schon immer vom Gleichen – nämlich von einem chroni-schen Geldmangel, dem das Bundes-heer gegenübersteht. Aber wir sagen immer, wie wichtig doch die Landesver-

teidigung ist. Wie wichtig das Bundes-heer ist. Wie wichtig insgesamt Sicher-heit ist. Es ist auch heute ganz deutlich hervorgegangen, dass wir nicht auf der Insel der Seligen leben. Dass wir in Österreich nicht davon ausgehen können, dass wir als neutrales Land vor jeglicher Bedrohung geschützt sind. Das heißt für mich, es wäre jetzt end-lich an der Zeit, einen Schulterschluss zu leben. Aber nicht nur hier auf dem Podium oder diversen Bühnen und bei diversen Sonntagsreden, sondern wirk-lich, auch politisch. Als Vorsitzender des Verteidigungsausschusses würde ich mir genau dieses starke Parlament wünschen, wenn es darum geht, den Auftrag beispielsweise mittels der Si-cherheitsstrategie festzulegen, die wir gemeinsam im Jahr 2013 beschlossen haben, aber dann darauf aufbauend auch entsprechende budgetäre Mittel festlegen. Und jetzt kann ich meinen Vorredner Bernd Schönegger, den ich sonst sehr schätze, nicht ganz verste-hen, wenn er sagt, er ist heute nicht befugt, über das Budget zu sprechen. Naja, das ist die Beantwortung der Frage. Wir haben leider in vielen Berei-chen kein starkes Parlament, sondern wir haben ein Parlament, das in vielen Entscheidungsprozessen leider nicht ordentlich eingebunden ist.“ / Zum Strukturpaket: „Es ist kein Strukturpaket im Sinne einer ange-passten Lagebeurteilung, sondern es ist ein Sparpaket. Und da muss man das Kind auch beim Namen nennen:

Mario Kunasek(FPÖ)

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bis hin zu einem europäischen Heer. Zweitens wollen wir eine sehr aktive Mitgestaltung Österreichs an dieser GSVP und die Leistung eines militäri-schen Beitrags. Der dritte Punkt ist: Wir plädieren für eine signifi kante Aufsto-ckung des Verteidigungsbudgets und damit einhergehend für eine Moder-nisierung des Heers. Das vor allem in zwei Punkten: Der erste Punkt wäre ein modernes, zeitgemäßes Dienst- und Besoldungsrecht. Das ist aber eine Bau-stelle seit Jahrzehnten. Da ist es jetzt endlich Zeit, dass etwas geschieht. Und zweitens auch eine Ausrüstung, die dem Auftrag angepasst ist. Das ist der-zeit nicht der Fall. Und zuletzt: Das ist der fünfte Punkt und ich hoff e, das wird nicht als Provokation hier empfunden, wir stehen langfristig für eine Transfor-mation von der Wehrpfl icht zu einem Freiwilligenheer.“ / Zur Rolle des Parlaments: „Ich bin neu im Parlament. Ich muss ganz ehr-lich sagen, ich bin in einigen Sachen enttäuscht worden – insbesondere von der Rolle des Parlaments. Also ich darf es nur bestätigen: In Österreich ist das Parlament ein Vollzugsorgan der Re-gierung. So ist das. Das ist die Realität.“ / Zum Budget: „Wenn Sie bedauern, dass das Geld nicht da ist, darf ich nur eine Grafi k zeigen. Das ist das Vertei-digungsbudget des Bundesheers der letzten 30 Jahre als Prozentsatz des BIP. Eine einzige Linie, die nach unten zeigt. Und ich glaube nicht, dass sich in unmittelbarer Zukunft etwas daran

ändern wird. Unser Standpunkt ist, das Bundesheer ist enorm unterdotiert. Die sogenannte Sonderfi nanzierung, die jetzt angeblich vereinbart wurde, naja, die ist erstens ungenügend und zwei-tens befürchten wir sehr stark, dass es wieder Versprechungen sind, die dann wieder nicht eingehalten werden. Wir NEOS haben im Rahmen unseres Steu-erpakets als Benchmarking ein bisschen die Ausgaben und auch die Einnahmen verschiedener Länder angeschaut. Wo ist bei den Ausgaben die allergrößte Lü-cke? Die ist bei der Landesverteidigung. Wir haben kalkuliert, wenn Österreich so viel ausgeben würde wie die Schweiz, und zwar im Verhältnis zum BIP, also nicht absolut gesehen, dann müsste Österreich jährlich 900 Millionen mehr ausgeben. Und wenn Österreich so viel ausgeben möchte wie Deutschland, dann wären das 1,3 Milliarden zusätzlich pro Jahr. Und wenn Österreich so viel ausgeben möchte. Wie die Eurozone, zu

Nein, wir sehen hier die verfassungs-mäßigen Aufgaben als nicht mehr erfüllbar und ich würde mir wirklich wünschen, dass gerade wir als Ge-setzgeber darauf achten, dass die Ver-fassung auch in diesem Bereich ganz klar eingehalten wird. Die Frage der Miliz möchte ich auch ansprechen, weil ich glaube, dass auch die Miliz-vertreter, die heute hier sind, richtig angemerkt haben, dass wir auch in der Verfassung ein Bundesheer fest-gelegt haben, das als Milizarmee auf-zubauen ist. Das heißt, wenn wir das wirklich wollen, dann müssen wir es auch tun. Aber wir wissen heute alle, dass die Miliz nach dem sechsmona-tigen Grundwehrdienst mit diesen Rahmenbedingungen auch ausgehun-gert wird und notwendiges junges, fri-sches Personal eben nicht vorhanden ist. Wenn wir jetzt so weitertun wie bisher, schaff en wir das Umgekehrte, nämlich eine Wehrungerechtigkeit. Wenn wir heute schon tausende von jungen Männern zur Wehrpfl icht nicht mehr einberufen, dann ist das ein Weg in die Wehrungerechtigkeit, und davor warne ich ganz besonders. (...) / Wir brauchen ein Heer vom Volk fürs Volk, das ist durch die allgemeine Wehrpfl icht garantiert. Wir alle wollen auch mit Stolz unsere Uniform tragen. Wir alle wollen auch in der Gesellschaft akzeptiert werden, und wir alle wollen so ziemlich das Gleiche. Wir müssen es nur endlich umsetzen und müssen endlich auch den politischen Willen an den Tag legen. Ich fordere alle auf, ich sage es jetzt vorsichtig, die noch immer den Geist des Berufsheers irgendwo im Kopf haben, sich endlich davon zu verabschieden. Und jetzt endlich auch daranzugehen, eine attraktive Wehr-pfl icht sicherzustellen. Dann könnten wir uns vielleicht in Zukunft solche Diskussionen ersparen.“

M ag. Christoph Vavrik erläuterte die fünf Eckpunkte des Sicher-

heitskonzepts der NEOS: „Wir glauben an die Notwendigkeit einer gemeinsa-men Sicherheits- und Verteidigungspo-litik auf europäischer Ebene, langfristig

Mag. ChristophVavrik (NEOS)

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der wir schließlich gehören, dann müss-ten wir 1,9 Milliarden pro Jahr mehr aus-geben. Und wenn wir den EU-Schnitt erreichen möchten, dann müssten wir 2,5 Milliarden Euro pro Jahr mehr für Verteidigung ausgeben. (...) / Sie haben schon recht, wir müssen hier versuchen, gemeinsam eine Linie zu fi nden, quer durch alle Parteien. Für mich wäre der erste Schritt ein Abge-hen von diesem Unbegriff , So viel Geld, so viel Bundesheer. Das ist, glaube ich, die Wurzel des Übels. Das machen wir in keinem anderen Bereich. Wir sagen ja auch nicht, so viel Geld, so viel Bil-dung oder so viel Geld, so viel Justiz. Wir stellen die Aufgaben fest, und dann schauen wir, wie viel Geld ist dafür not-wendig. Und wenn es mit zwei Milliar-den ausgeht, dann ist es schön, wenn es aber drei Milliarden braucht, dann wird es halt 3 Milliarden brauchen. Eine geistige Umstellung ist notwendig, und das wäre der erste große Schritt.“

/ Zur Geistigen Landesverteidigung: „Das Problem ist der Stellenwert des Bundesheers in der Gesellschaft. Der leitet sich auch von den Vorbildern ab, die wir haben, und da sind unsere Politiker leider kein Vorbild. Wenn ir-gendwelche Landeshäuptlinge nach Vorlage des Berichts des Generalstabs zur Einsparung aufjaulen und meinen, aus regionalpolitischen Gründen müs-se diese und jene Kaserne bleiben. Das ist eine Verhöhnung. Das ist nicht Stel-lenwert des Bundesheers.“

G eorg Vetter vom Team Stronach musste seine Teilnahme krank-

heitsbedingt kurzfristig absagen. Peter Pilz von den Grünen ließ die Einladung zur Podiumsdiskussion unbeantwortet. / Zum Abschluss bedankte sich ÖOG-Präsident Cibulka namens der Plattform bei den Angeordneten für die Teilnahme an der Diskussion und

formulierte einen Denkanstoß für die Volksvertreter: „In Österreich geht die Macht vom Volk aus. Wir Bürger leihen ihnen die Macht. Sie sollten unseren Willen ausdrücken. Es war spannend, heute zu hören, dass sie sich selber teil-weise für machtlos erklärt haben. Dann sollten wir als Souverän vielleicht dann und wann noch klarere Worte spre-chen. Ich möchte nochmals in Erinne-rung rufen, dass wir mit der Plattform etwa 300.000 Mitglieder vertreten. Mit ein paar Familienangehörigen und Freuden sind wir zusammengerechnet eine Million. Das sind nicht wenige Mandate, wenn es darum geht, dem Volkswillen Ausdruck zu verleihen. Ich denke, die geistige Landesverteidigung sollte auch bei denen beginnen, die um Wählerstimmen buhlen, und ich glaube nicht, dass das Ignorieren der Wehrwilligen und der Wehrfähigen wirklich der Überzeugung des Volks entspricht.“ (Red.)

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Bundesregierung einigt sich auf Bundesheer-Paket

W ien, 23. Dezember 2014. Die Bundesregierung hat sich am Dienstag

auf das Bundesheer-Paket geeinigt. Das Heer setzt den Großteil der ge-planten Strukturanpassung um und er-hält zusätzlich 616 Millionen Euro, um seinen dringenden Investitionsbedarf abzudecken. Davon sind 350 Millionen als Sonderfi nanzierung bis 2019 und der Rest der Summe als Finanzierungs-zusage ab 2020 festgelegt.

Mit diesen Mitteln werden dringend notwendige Investitionen in folgen-den Bereichen getätigt werden:• Umsetzung der Wehrdienstreform,• Stärkung der Miliz (bessere Ausrüs-

tung und personeller Aufwuchs),• Verbesserung der Mobilität und des

Schutzes der Truppe,• Luftstreitkräfte (Update für die

S-70 „Black Hawks“ und „Hercules“-Transportmaschinen; Investitionen in die Hubschrauberflotte und Lea-

sing von einem Nachfolgemodell für die Saab 105Ö).

Die Bundesregierung hat auch das von Verteidigungsminister Gerald Klug am 3. Oktober präsentierte Strukturpaket mit folgenden An-passungen beschlossen:• Die Kasernen in Horn und Tamsweg

bleiben vorerst bestehen. • Die Militärmusiken werden zu einer

Österreichischen Militärmusik zu-sammengefasst, die Außenstellen in allen Bundesländern haben wird. Das Personal der derzeitigen Militärmu-siken wird Zusatzaufgaben erhalten und um 50 Prozent reduziert.

• Die Reduktion bei den schweren Waf-fen wird mit einer Ausnahme umge-setzt: Bei den Kampfpanzern bleiben 40 statt wie geplant 34 Stück erhalten.

Die Details zur Verwendung der fi nanziel-len Mittel werden durch den Generalstab in den nächsten Wochen ausgeplant.

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ÖSTERREICHISCHE SICHERHEITSSTRATEGIE

Im Sinne dieser Sicherheitsstrate-gie ist die eigenständige militä-rische Landesverteidigung eine unabdingbare Voraussetzung für den Schutz der Souveränität und Integrität. Das bedeutet insbe-sondere die Gewährleistung bzw. Wiederherstellung der Funk-tions- und Überlebensfähigkeit bei Angriffen auf Staat, Gesellschaft und Lebensgrundlagen. (...) Das Gesamtkräfteerfordernis beträgt aus heutiger Sicht 55.000 Solda-tinnen und Soldaten mit unter-schiedlichen Bereitschaftsstufen, auch für kurzfristig abrufbare Assistenzeinsätze. Luftraumsouve-ränität und Luftraumüberwachung sowie Luftunterstützung müssen gewährleistet werden.

REGIERUNGSPROGRAMM 2013 BIS 2018

Militärisches Modernisierungs-paket: Das Bundesheer hat in Teilbereichen nicht die zukünf-tig notwendige militärische Leis-tungsfähigkeit.

Ziel: Das Bundesheer ist für die neuen Herausforderungen modern gerüstet.

Maßnahmen:• Ausrichtung aller Beschaf-

fungsvorhaben auf die neuen Aufgaben;

• Sicherstellung eines best-möglichen Schutzes für die SoldatInnen und Investitionen insbesondere in den Bereichen Führungs- und Aufklärungsfä-higkeit, aktive Luftraumüberwa-chung und Modernisierung der Hubschrauber;

• bedarfsorientierte Modernisie-rung der Kaserneninfrastruktur und Zuführung von Verwer-tungserlösen an das BMLVS. v.l.: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Vizekanzler Reinhold Mitterlehner,

Bundeskanzler Werner Faymann und Verteidigungsminister Gerald Klug

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17Ausgabe 1/2015 OffizierDER

Bundesheer: „Geldspritze ist ein Trostpfl aster“

EINE KLEINE RECHNUNG

Schaut man sich diesen, der bisherigen Budgetentwicklung geschuldeten, Rückstau der Investitionen an und versucht die zur Bereinigung erforderlichen Beträge zu schätzen, erkennt man den Bedarf von in etwa einem Jahresbudget des Bundesheers, also ca. zwei Milliarden Euro. Das ist der Betrag, den man dem Bundesheer in den letzten zehn Jahren vorenthalten hat, womit das Verspre-chen der Sonderfi nanzierung des Eurofi ghters nicht eingehalten wurde. (Offz 4/14)

In den 90er Jahren kostete die Ausrüstung für einen Jägerzug (30 Soldaten) 840.000 Euro inklusive ungepanzerter Fahrzeuge. Durch die Modernisierung und Elektronisierung der Ausrüstung hat sich dieser Preis auf 2,6 Millionen Euro ohne Fahrzeuge (8,9 Millionen Euro mit geschützten Fahrzeugen) erhöht.Bei aktuell 171 Jägerzügen (inklusive bereits vorhandener Miliz) und 36 neu aufzustellenden Miliz-Zügen, die jetzt neu vorwiegend für den Schutz kritischer Infrastruktur benötigt werden, ergibt das – noch ohne gepanzerte Fahrzeuge – einen Finanzbedarf von zumindest 538 Millionen Euro (1,8 Milliarden Euro mit gepanzerten Fahrzeugen).

Wird diese Summe – hier berechnet ohne Luftstreitkräfte, ohne sonstige Fahr-zeuge, ohne Bauinfrastruktur, ohne Führungs-, Kampf- und Einsatzunterstüt-zungsstrukturen, ohne Garde, ohne Jagdkommando, ohne Kompanie- und Ba-taillonsstrukturen – nicht bereitgestellt, nimmt die Regierung billigend in Kauf, dass entweder die in der Sicherheitsstrategie geforderten 55.000 Soldaten nicht zeitgleich eingesetzt werden können oder dass die Soldaten bei ihren Einsätzen nicht zeitgemäß ausgestattet sind, was unverantwortlich wäre. (Red.)

ÖOG fordert nachhaltige Sanierung des BundesheersDie Österreichische Offi ziersgesell-schaft (ÖOG) nimmt zur Kenntnis, dass sich die Bundesregierung nach fast dreimonatigen Verhandlungen über die Zukunft des Bundesheers nunmehr auf eine gemeinsame Linie verständigt hat. / „Heute wurde scheinbar ein wich-tiger Zwischenschritt geschaff t. Wir sind aber noch meilenweit von einem Bundesheer entfernt, das wirklich fi t für seine verfassungskonformen und aktuellen Aufgaben ist“, kommentiert Erich Cibulka, Präsident der ÖOG, die Regierungseinigung.

Bundesheer erfüllt nur Teile seiner AufgabenWenn Bundeskanzler Faymann erklärt, dass „das Bundesheer seine Aufgaben beim Katastrophenschutz oder bei Auslandseinsätzen gemäß unseren Erwartungen erfüllen kann”, so bleibt off en, ob dies auch für die Aufgabe der militärischen Landesverteidigung oder den Schutz kritischer Infrastruktur zu-treff end ist. / Vorgaben aus der Österreichi-schen Sicherheitsstrategie können nämlich nicht erfüllt werden. So ist es aktuell nicht möglich, die vorgese-henen 55.000 Soldaten gleichzeitig einzusetzen, da es an entsprechenden Strukturen und vor allem moderner Ausrüstung fehlt. Das Aushungern des Milizsystems in den letzten zehn Jah-ren trägt daran wesentliche Mitschuld.

Sonderfi nanzierung ist ZukunftsmusikIn den letzten Jahren wurde das Bun-desheer-Budget insgesamt um fast zwei

Milliarden gekürzt. Die ab 2016 zuge-sagten 616 Millionen kompensieren also nicht einmal ein Drittel dieser vergan-genen Kürzungen. Zugleich stehen sie beabsichtigten Einsparungen von 200 Millionen Euro pro Jahr gegenüber. / Außerdem beziehen sich diese Zu-sagen zum Großteil auf die nächste Legislaturperiode. Es ist daher auch fraglich, ob sich zukünftige Verantwor-tungsträger überhaupt daran gebun-den fühlen werden. / „Wir haben in der Vergangenheit schon viele Versprechungen erhal-ten. Ich denke etwa an die zugesagte Sonderfi nanzierung der Eurofi ghter. Warum sollen wir das also jetzt glau-ben?“, zeigt sich Cibulka skeptisch und

kündigt an, die Umsetzung genau be-obachten zu wollen.

Fehlende Maßnahmen bei KasernenDie ÖOG vermisst auch notwendige Er-haltungs- und Renovierungsmaßnahmen bei der Bauinfrastruktur. „Wenn Kasernen für Flüchtlinge und Asylwerber wegen ihres Zustands unzumutbar sind, warum sollen sie dann für Soldaten gut genug sein? Das fördert wohl auch nicht die angestrebte Attraktivierung des Grund-wehrdiensts“, kritisiert Cibulka. / Baumaßnahmen würden nicht nur den Soldaten zugutekommen, sondern wären auch ein Beitrag zur Konjunktur-belebung.

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Warum Trostpfl aster?

W arum kritisiert die ÖOG schon wieder und noch immer die Entscheidun-

gen der Bundesregierung hinsichtlich des Bundesheers und fordert noch im-mer Geld, wo doch jetzt ein Sonder-in-vestitionspaket geschnürt wurde? Die Kurzantwort lautet: Weil das zugesagte Geld im Zusammenhang mit den er-warteten Einsatzleistungen dem durch bisherige Versäumnisse entstandenen Investitionsrückstau noch immer viel zu wenig ist und die nun erwarteten Einsatzleistungen nur bedingt den ge-setzlichen Auftrag abdecken. Das ist so und da hilft das ganze Schönreden nichts.

Warum ist das Geld zu wenig? Es ist schön und gut, wenn die bereit-gestellten Mitteln unsere Luftstreit-kräfte für deren unverzichtbaren Auf-gaben in der Luft halten. Es ist schön und gut, wenn man in die Mobilität und die Mannesausrüstung und in den Schutz investieren wird, sogar an die Verbesserung der Infrastruktur und an eine Aufstockung der Miliz gedacht wird. Aber die Frage bleibt, für welchen Prozentsatz der Truppe, egal ob aktiv oder Miliz, kann die erforderliche Aus-

rüstung beschaff t werden, für wie vie-le Rekruten und Soldaten können die Quartiere zeitgemäß saniert werden und in welchem Zeitraum wird das al-les erfolgen? / Haben wir wirklich die Zeit, In-vestitionen für jetzt sofort dringend benötigtes Gerät über einen jahre-langen Zeitraum und auch noch über 2020 hinaus anzudenken? Brauchen

wir sie nicht jetzt – jetzt für alle? Was wäre, wenn wir sie jetzt für einen Ein-satz brauchen würden? Wäre es nicht höchst an der Zeit, die Versäumnis-

Die Beitragsleistungen des ÖBH zum Objektschutz, zum Schutz kritischer Infrastruktu ren, im Bereich Cyber Sicherheit, für mögliche Herausforderungen im Bereich Grenzüberwachung sowie zur Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der öffentli-chen Ordnung und Sicherheit im Inneren im Sinne des Art. 79 B-VG sind unter Berücksichtigung des möglichen Gleichzeitigkeitsbedarfs zu verbessern.

(zitiert nach „Österreichische Sicherheitsstra-

tegie“, Wien 2013)

se der vergangenen Jahre rasch und nachhaltig zu reparieren? Das kommt mir vor, wie wenn die Feuerwehr einer Stadt sagen würde, wir reparieren das Rüsthaus und kaufen die Löschfahr-zeuge und die Drehleiter erst in fünf Jahren, bis dahin wird es schon nicht brennen. / Die Ausrichtung des Heers und da-mit auch der geplanten Investitionen auf die wahrscheinlichsten Einsatzfälle ist ökonomisch richtig. Kann das aber angesichts der Lage auch im politi-schen und im militärischen Sinne rich-tig sein? Die Zeit und die Geschichte werden zeigen, ob die Entscheidungen akzeptabel oder durch grobe Unver-antwortlichkeit gekennzeichnet waren. / Die richtige Entscheidung, mehr Miliz aufzustellen, wird in der Durch-führung durch die Bremse der geringen Investitionsmöglichkeiten erschwert. Ein schnell hingeworfener zweistelli-ger Millionenbetrag mag vielleicht den Laien beeindrucken, ist aber angesichts des Bedarfs (siehe auch „Der Offi zier“ 4/14 „Österreichs Infanterie braucht eine Milliarde“) und des Kostenniveaus moderner Ausrüstung eben nur ein „Trostpfl aster“. Diese Feststellung er-gibt sich vor allem aus dem Umstand,

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Gebirgsmobilität wird von Österreich international erwartet Geschützte Mobilität für alle!

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dass schon bisher eine gleichzeitige Aufbietung von ausgestatteten Ver-bänden off ensichtlich nicht möglich ist, womit der wünschenswerte wei-tere Ausbau der Milizkomponenten das Problem trotz bedingter Finanzie-rungsabsichten nicht entschärfen wird. / Wenn man aber nicht die Absicht hat, alle bestehenden Verbände ent-sprechend auszustatten, bleibt auch die Zahl der Einsatzstärke von 55.000 Mann eine relative. Hier wird die Re-lativität von politischen Forderungen (z.B. Österreichische Sicherheitsstrate-gie) unangenehm durchsichtig. 55.000 Mann sind ja wohl das Ergebnis einer Bedarfsbeurteilung, um z.B. fl ächende-ckend oder über einen längeren Zeit-raum den Schutz der Bevölkerung und/oder kritischer Infrastruktur sicherstel-len zu können. Kann man sie nicht aus-statten, werden die politischen Absich-ten zur Makulatur. / Dass die zugesagten Mittel in ge-wissem Sinne schon wieder aus dem eigenen Bereich aufgebracht werden müssen, wird klar, wenn man berück-sichtigt, dass ja durch dramatische Strukturreduzierungen der Aufwand vermindert werden muss. Aber das sind jene Strukturen und der Aufwand, die man bisher als notwendig erach-tet hat, die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Durch die Aufl ösung von Kompanien oder einem Bataillon und durch die Schließung von Kasernen und Stützpunkten werden ja auch bis-her dringend benötigte Basen der Aus-bildung und Einsatzvorbereitung, aber auch des Einsatzes reduziert. / Ja, es kommen jetzt erforderliche fi nanzielle Mittel, aber sie sind noch immer zu wenig. (hb)

Das Gesamtkräfteerfordernis beträgt aus heutiger Sicht 55.000 Soldatinnen und Soldaten mit un-terschiedlichen Bereitschaftsstu-fen, auch für kurzfristig abrufbare Assistenzeinsätze. (Zitiert nach „Österreichische Sicherheitsstrate-gie“, Wien 2013)

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D er Staat (Bund), die Republik Österreich, ist ein ähnlich mächtiger Arbeitgeber wie

ein weltumspannend tätiger Groß-konzern, beispielsweise IBM, General Motors oder Microsoft. In Bezug auf die rechtliche, soziale und wirtschaft-liche Behandlung seiner Arbeitnehmer gibt es aber gravierende Unterschiede zwischen dem Staat und der Privat-wirtschaft, insbesondere was die Be-handlung der leitenden Angestellten betriff t. Der folgende Aufsatz geht der Frage nach, ob der Arbeitgeber Repu-blik Österreich seiner sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung ge-genüber seinen Kadersoldaten bislang gerecht wurde. Der Begriff „Soldat“ wird im Artikel für Soldaten beiderlei Geschlechts verwendet. Er gilt für Sol-datinnen und Soldaten gleichermaßen.

Bemerkungen zum Soldaten-beruf an sichWie jeder andere Beruf auch, hat der Soldatenberuf einen „Wert“ für den Staat im Allgemeinen und für die Ge-sellschaft im Besonderen, der in Öster-

Raubbau am Kaderpersonal Anmerkungen zum Umgang des Arbeitgebers Republik Österreich

mit seinen Arbeitnehmern „Kadersoldat“BRIGADIER DR. HARALD PÖCHER

reich bislang weder von offi ziellen Stel-len noch von wissenschaftlicher Seite umfassend untersucht wurde. Der Be-ruf des Soldaten steht in seinem vollen Leistungsspektrum in der Arbeitswelt einzigartig dar und kann nicht mit dem Beruf eines Polizisten, Zollwachebeam-ten oder eines Lehrers oder eines Ver-waltungsbeamten verglichen werden, da ein Soldat, wie kein anderer Berufs-stand, jederzeit in den Einsatz geschickt und dabei auch getötet werden kann. / Ein Kadersoldat durchläuft während seiner Dienstzeit mehrere Phasen der Berufsausübung. Junge Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade sind dabei im Vergleich zu anderen Berufsgruppen besonders den Witterungsunbilden aus-gesetzt. Unteroffi ziere triff t dies unver-hältnismäßig oft und dies – vor allem in Österreich – auch noch im fortgeschrit-tenen Alter. Die langjährige Tätigkeit im Ausbildungsdienst stellt nach eigener Erfahrung des Autors eine besondere Art von Schwerstarbeit dar. Eine jahrzehn-telange beziehungsweise mehrere Jahr-zehnte lange Berufsausübung im Freien bei jeder Witterung stellt trotz immer

besser werdender Bekleidung für den menschlichen Körper eine hohe Belas-tung dar, welche sich erst mit zunehmen-dem Alter zu einer ernsthaften gesund-heitlichen Schädigung entwickeln kann. Die Entlohnung, vor allem junger Kader-soldaten, welche die größten derartigen Belastungen zu tragen haben, nimmt darauf keine Rücksicht. Vielmehr könnte man sagen, dass der Arbeitgeber „Bund“, im Wissen, dass die jungen Kadersolda-ten über Folgeschäden zu wenig wissen und in jungen Jahren noch mit Enthusias-mus bei der Sache sind, einen gezielten Raubbau an der Gesundheit seiner „Un-tertanen“ betreibt. / Die Arbeit von Soldaten ist aber oft nicht nur handwerkliche Schwerst-arbeit, sondern verlangt auch arbeits-platzspezifi sch betrachtet eine hohe geistige Wendigkeit und viel pädago-gisches und psychologisches Einfüh-lungsvermögen. Kader müssen daher in den militärischen Bildungseinrich-tungen nicht nur mit jenem hohen fachlichen Können ausgestattet wer-den, das sie befähigt, technisch an-spruchsvolle Waff ensysteme bedienen

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zu können, sondern sie müssen auch psychologisch, methodisch, didaktisch, pädagogisch und im Management ge-schult werden, um vorbildhafte Trup-penführer und Erzieher ihrer Unterge-benen im Frieden und im Einsatz zu sein, was sich auch in der jahrelangen Basisausbildung des Kaderpersonals niederschlägt. Der österreichische Ka-dersoldat gilt damit als weltweit best-ausgebildet. Dies wird auch immer wieder von ausländischen Beobachtern bestätigt.

Nachwirkungen von histori-schen BelastungenAus der Geschichte wissen wir, dass Österreich während seines langen Bestehens nur allzu oft im Kampf das Nachsehen hatte. Die Gründe dafür waren vielfältig, aber einer der Haupt-gründe lag sicherlich darin, dass Öster-reich im Laufe seines langen Bestands ein geringeres Verteidigungsbudget hatte als seine Gegner. Ebenso war den Verantwortlichen der Wert eines Soldaten nicht bewusst, da die Kader-soldaten bis zum Ende der Monarchie

„ Bundesheer von Anfang an fi nanziell krass unterdotiert“

in den Rängen ab Oberst abwärts weit weniger bezahlt bekamen als ihre im Rang vergleichbaren Kameraden in Frankreich und dem Deutschen Reich (nachzulesen beispielsweise bei István Deák: Der k.(u.)k. Offi zier 1848–1918, Böhlau 1991, Seite 155). Lediglich die Generalität wurde dem internatio-nalen Niveau entsprechend bezahlt. Nach dem Ersten Weltkrieg trat in der Ersten Republik, was die Bezahlung der Kadersoldaten betraf, keine Ände-rung ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste ein in Militärangelegenhei-ten traumatisiertes, wiedererstande-nes souveränes Österreich, um dem Staatsvertrag beziehungsweise dem Neutralitätsgesetz Genüge zu tun, wieder Streitkräfte aufstellen. Man wählte damals den Weg des gerings-ten Widerstands und stellte ein Bun-desheer auf, welches von Anfang an im Vergleich zu anderen kleineren Staa-ten in Europa krass fi nanziell unterdo-tiert, in Bezug auf seine Bewaff nung insgesamt gesehen nicht auf dem letz-ten technischen Stand möglicher Geg-ner war und in dem das Kaderpersonal

einen im Vergleich zu anderen Staaten Westeuropas geringeren Lohn erhielt. Man kann durchaus einem Slogan ei-nes großen österreichischen Unter-nehmens –„großer Wert, kleiner Preis (Lohn)“ – auf den Soldatenberuf an-wenden. Welchen konkreten Wert die Arbeit eines Kadersoldaten eigentlich für die Sicherheit Österreichs hatte, analysierte man damals nicht, sondern sah den Kadersoldaten als eine beson-dere Art eines Verwaltungsbeamten an und brachte ihn damit leicht im Lohnschema des öff entlichen Diensts neben dem Polizisten, Gendarmen, Justizwachebeamten, Zöllner, Richter und Lehrer unter. Die Einbettung des Kadersoldaten in das Dienstrecht des öff entlichen Dienstes war von Grund auf eine richtige Entscheidung, da es einem Soldaten die notwendige Si-cherheit im Beruf gab, jedoch hätte man ein eigenes Gehaltsgesetz für Kadersoldaten in Kraft setzen müssen, um im Falle einer besseren Bezahlung als der Rest der öff entlichen Bediens-teten keine Neidgedanken aufkom-men zu lassen. ›

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Die Entwicklung des Lohnes von Kadersoldaten in der Zweiten RepublikSpricht man mit älteren Kameraden und Zeitzeugen aus der Gründerzeit des Österreichischen Bundesheers der Zweiten Republik und liest aufmerk-sam die Bücher des Generals in Ruhe Professor Siegbert Kreuter (Schriften zur Geschichte des Österreichischen Bundesheeres, Erlebtes Bundesheer, Teil 1 bis Teil 4, Gra&Wi 2006/2007 und 2011) so kann man Folgendes festhalten: Das Bundesheer der Zweiten Republik wurde mit einem großen Engagement von Kaderpersonal der ehemaligen B-Gendarmerie aus der Taufe gehoben. Es zeigte sich aber bereits damals, als Mitte der 1950er Jahre die Nachkriegs-wirtschaft wieder in Gang kam, dass die damalige Bezahlung des Kaderper-sonals, welche obendrein im Vergleich

zur Privatwirtschaft nicht üppig war, viele ausgezeichnete Soldaten bewog, in die Privatwirtschaft zu wechseln. Be-sonders nachteilig wirkte sich damals aus, dass die geleisteten Überstunden nicht in Geld ausbezahlt wurden und die Kadersoldaten – was die dienstli-che Inanspruchnahme betraf – oft wie Leibeigene ihrer Kommandanten ge-halten wurden, da die Kommandanten nicht auf verfügbare Geldmittel für die Bezahlung von Überstunden achten mussten. Eine fi nanzielle Besserstellung des Kaderpersonals trat erst mit der Ge-haltsgesetznovelle von 1972 ein, als ge-leistete Überstunden auch ausbezahlt werden mussten. Trotzdem blieb der Lohn bescheiden, sodass das Bundes-heer auch in Zeiten steigender Arbeits-losigkeit mehr und mehr gut ausgebil-detes und engagiertes Kaderpersonal an die Privatwirtschaft verlor. Die off en-

sichtlich hervorragende Ausbildung bei der Truppe und an den Akademien und Schulen des Bundesheers bildete das Rüstzeug für die ehemaligen Kaderan-gehörigen, da sie zu Spitzenleistungen in der Privatwirtschaft fähig waren und dies auch noch sind. / Das über die gesamte Dauer des Bestehens des Bundesheers gering dotierte Verteidigungsbudget führte im Laufe der Jahre in Verbindung mit der allerdings unbedingt notwendi-gen Anzahl an Kadersoldaten zu einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Personalausgaben am gesamten Ver-teidigungsbudget. Für eine bessere Grundbesoldung des Kaderpersonals war daher nie genug Geld vorhanden – oft wurde nicht einmal die Infl ationsrate ausgeglichen. Das Kaderpersonal hatte aber die Möglichkeit, mit Überstunden, Journaldiensten, Auslandseinsätzen und Assistenzeinsätzen etwas Geld – für entsprechende Leistung – dazuverdie-nen zu können. Die letzten Jahre ha-ben den Spielraum im Budget für eine bessere Bezahlung des Kaderpersonals allerdings weiter verschlimmert. Die ak-tuellen Zahlen geben ein in Zahlen ge-gossenes trauriges Bild der Wirklichkeit wieder. Bedingt durch Personalausga-ben von rund 70 Prozent am gesamten Verteidigungsbudget muss nun auch bei der Abgeltung von Überstunden und Journaldiensten in Geld gespart werden. Diese Situation gefährdet den Lebens-standard vor allem von Kadersoldaten in niedrigen Rängen, welche ohnehin kein üppiges Grundgehalt haben. Niedrige Ränge, welche eine Familie zu ernähren haben, befi nden sich damit bereits in der Armutsfalle und sind oft gezwun-gen, durch Nebenjobs ihre Familie über Wasser zu halten. Durch diese geringe Bezahlung wird der an sich attraktive Soldatenberuf in Österreich immer un-attraktiver und es wird dadurch immer schwieriger, den notwendigen Kader-nachwuchs in der geforderten Qualität und Quantität am Arbeitsmarkt zu rek-rutieren. / Der Arbeitgeber Bund hat aber nicht nur einmal Raubbau an seinen Arbeitnehmern betrieben, sondern hat sich bei den Gehaltsverhandlun-gen als wenig fürsorglich erwiesen und den Kadersoldaten nur zu oft eine ge-ringere Lohnerhöhung zugebilligt, als

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ZUR PERSON

Brigadier Dr. habil. Harald Pöcher ist Mitglied der OGB und Leiter der Revisi-onsabteilung B im BMLVS.

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etwa Schwerarbeiter in der Industrie erhalten haben. Den aber wohl größ-ten Raubbau hat sich der Bund mit der Pensionsreform erlaubt, indem er in die wohlerworbenen Rechte der Kadersol-daten kraft seiner Macht eingegriff en und ohne großzügige Übergangsrege-lungen die geltenden Pensionsrege-lungen (80 Prozent des Letztbezugs) durch ein neues System, welches auf einer Durchrechnung beruht, geän-dert hat. Die Folge davon sind, je nach Besoldungsgruppe, einschneidende Verluste im Pensionsbezug. Der Bund sollte sich schämen und sich ein Bei-spiel an der Privatwirtschaft nehmen. In der Privatwirtschaft ist es gang und gäbe, dass der Arbeitgeber verdien-te Mitarbeiter mit Bonuszahlungen bis zu einem fünfstelligen Eurobetrag und anlässlich der Pensionierung mit großzügigen Einmalzahlungen in bis zu einem sechsstelligen Eurobetrag ein ganz spezielles Dankeschön für die Ar-beitsleistung sagt. / Spricht man mit höchsten Reprä-sentanten des öff entlichen Lebens und schlägt vor, ähnliche Bonitätszahlungen im Staatsdienst zu ermöglichen, so kann man immer wieder hören, dass die Pri-vatwirtschaft es viel leichter hat, da sie derartige Bonuszahlungen nicht über Steuergelder fi nanzieren muss. Dieses Argument kann so nicht widerspruchslos hingenommen, denn es greift zu kurz, weil ohne die Spitzenleistungen der Bun-desbediensteten, das Kaderpersonal des Bundesheers mit eingeschlossen, Ös-terreich nicht das sichere Land für eine

friktionslose Wirtschaftstätigkeit für die Privatwirtschaft wäre, wie es immer ge-rade von der Privatwirtschaft gepriesen wird. Und diese Sicherheit ist auch die Basis, welche den Privatunternehmen die schönen Gewinne zu erwirtschaften ermöglicht, die sie benötigt, um die gut dotierten Gehälter an ihre Mitarbeiter bezahlen zu können. Daher könnten durchaus Steuergelder, welche die Privat-unternehmen an den Staat abführen, für die Bonitätszahlungen als Anerkennung für Spitzenleistungen von Staatsdienern verwendet werden, vor allem, wenn man damit die notwendige Altersstruktur (un-ten jung – oben älter) einer Armee posi-tiv gestalten kann. / Den vorläufi g letzten Höhepunkt setzte der Arbeitgeber mit der Durch-setzung einer Regierungsvorlage, wel-che in einer Novellierung mehrerer Gesetze, insbesondere dem Beamten-dienstrechtsgesetz und dem Gehalts-gesetz, mündete und erst nach den Per-sonalvertretungswahlen lanciert wurde. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen sind undurchsichtig und führen nicht zu einer erhoff ten Lohnerhöhung.

Wege aus der MisereVerfolgt man die Diskussion in der Tagespresse und auch die zahlrei-chen Aufsätze in einschlägigen Fach-publikationen, so scheint die seriöse Auseinandersetzung mit der Sicher-heitspolitik im Allgemeinen und der Verteidigungspolitik im Besondern in Österreich kein vorherrschendes The-ma zu sein.

/ Die einzige hilfreiche Vorgehens-weise, um die Bedeutung der Sicher-heitspolitik für den gesicherten Fortbe-stand unseres Staats mehr Bedeutung zu geben, ist eine von allen politischen Parteien und wichtigen sonstigen mei-nungsbildenden Institutionen wirklich gewollte Grundsatzdiskussion über den Stellenwert der „Sicherheit der Republik Österreich und den dazu er-forderlichen Beitrag der Streitkräfte“. Im Endergebnis könnte man damit den Streitkräften den Wert einräumen, den sie bereits seit Jahrzehnten in anderen Staaten, beispielsweise in Finnland oder der Schweiz, genießen. Die Folge einer Aufwertung der Sicherheitspoli-tik unter allen Politikfeldern wäre auch eine Aufwertung des Soldatenberufs, welche auch in einer Besserstellung des Soldatenberufs münden müsste. Dadurch könnte auch dem Raubbau am Kaderpersonal ein Ende gesetzt werden.

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I n meinem Beitrag „Das Berufsbild des Of-fi ziers“ möchte ich einige Gedanken zur Stellung meines Berufsstands für jene

Menschen vorbringen, die über die Bedeutung, Berufsoffi zier zu sein, nicht richtig oder nicht ausreichend informiert sind. Den Offi zier möch-te ich für die alten soldatischen Tugenden und deren Erweiterung, erzwungen durch die neu-en Herausforderungen, sensibilisieren. Gerade auch der Einsatz von Kampfdrohnen hat einen Ethik-Diskurs neuerlich aufgebrochen. / Ich wollte Offi zier werden in einer Zeit der Spannungen zwischen Ost und West, in einem militärisch neutralen Kleinstaat, der zwischen zwei großen Bündnissen eingeklemmt war und wo Landesverteidigung per se einen Wert ver-körperte. / Meine Berufswahl war – neben meiner Vor-liebe für Technik, Sport und dem Wunsch, einen betont männlichen Beruf zu ergreifen – geprägt von starker Vaterlandsliebe, nicht zu verwech-seln mit Hurra-Patriotismus, sondern Patriot aus Vernunft im Einklang mit meinem Herzen. / Dazu wirft sich heute die Frage auf, ob der populäre Begriff „Vaterlandsliebe“ seine eigent-liche Bedeutung und als Element des Werte-fundaments des Offi ziers, im Kontext mit den sicherheitspolitischen Zielen eines vereinten Eu-ropa und der Mitwirkung an einer Europäischen Armee, seine Tragfähigkeit verliert. Die Gefahr ist, dass „Vaterland“ ohne wirklichen Inhalt zu einer Worthülse degeneriert. / Wenn die Sicherheit eines mitteleuropäi-schen Staates auch „am Hindukusch verteidigt wird“ (Vert.-Min. Peter Struck: Zitat „Die Sicher-

Das Berufsbild des Offi ziers aus meiner SichtBRIGADIER IN RUHE AMBROS EIGENTLER, MSD

heit der BR Deutschland wird auch am Hindu-kusch verteidigt“, Februar 2002), wie soll dann der (die) SoldatIn für die militärische ( Vater -) Landesverteidigung motiviert werden? / Wenn ich die Aufmerksamkeit vorrangig auf die soldatischen Tugenden als ethisch-christliche Werte und auf positive charakterliche Merkmale lege, so deshalb, weil aus meiner Sicht diese die Basis des Offi ziersberufs bilden. / Mut, Pfl ichtbewusstsein, Gehorsam und Ka-meradschaft werden seit der Zeit „der Offi ziere der ersten Stunde“ durch Anfechtungen von außen und dadurch hervorgerufene Unsicher-heit „ent-wertet“. Was bleibt dann von den alten Werten der Loyalität und Treue als Markenzei-chen der soldatischen Tugenden in einer Zeit unbegrenzter individueller Selbstentfaltung? / Nicht von ungefähr hat der verstorbene Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher, in ei-ner seiner berühmten Predigten uns Offi ziere aufgerufen, die bedrohten Werte, die nicht nur soldatische Tugenden darstellen, sondern, im Gegenteil, in alle Bereiche der Gesellschaft hin-einspielen, vorbildhaft zu leben und die Offi ziere zu Wächtern der Werte geadelt. / Wir brauchen Offi ziere, die heute schon innovativ vordenken – für ihren Beruf und das Heer, in Zeiten der rasanten technischen Ent-wicklungen, neuer Bedrohungen und geopoliti-scher Veränderungen. / Doch die alten Werte, die unter neuer Sicht-weise zu interpretieren sind, bleiben die Bausteine des ethisch-moralischen Unterbaus des soldati-schen Berufsprofi ls. Treue ist so eine Tugend, die die Komplexität ihrer Handhabung mit Blick auf deren Gefolgschaftsgrenze zeigt und die Verständ-nis für hohen moralischen Wert benötigt. / Im Frieden steht bei der unteren Führungs-ebene der pädagogische didaktische Aspekt – Ausbildung und Erziehung der Grundwehrdiener – im Vordergrund. Entscheidend sind Vorbildwir-kung und Verantwortungsgefühl für jeden ein-zelnen Untergebenen, um damit jenes Vertrau-en zu erzeugen, welches für die Effi zienz eines Heers entscheidend ist. Auch im Leadership Report 2015 von Franz Kühmayer wird Authenti-zität als eine der fünf Schlüsselkompetenzen für Führung aufgeführt. Genau das ist es, was ich

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von Offi zieren erwarte. Sich nicht auf Floskeln zurückzuziehen, sondern die gestellten Forde-rungen vorzuleben. / Der Offi zier bewegt sich mit seinen Ent-scheidungen und Forderungen auf einem schmalen Grad zwischen Gefährdung der kör-perlichen Sicherheit und einsatznaher Ausbil-dung, zumutbarer Leistung und Überforderung sowie zwischen Befehl von oben und der Pfl icht der Durchsetzung der Befehlsausführung. Als junger Offi zier, gedrillt auf Gehorsam, hatte ich bei einer sechstägigen Truppenübung den Haar-schnitterlass – damals waren lange Haare die Norm – zu vollziehen. Die Mehrheit der Einbe-rufenen lehnte, trotz Strafandrohung und Anzei-ge bei der Staatsanwaltschaft, den Haarschnitt ab. Ich scheiterte an einem vernunftlosen und für die Teilnehmer nicht einsichtigen Befehl. / Mit dem Aufstieg in mittlere und obere Po-sitionen wird bis auf wenige „Kämpfer“ der „Mi-litary Manager“, der innerhalb einer Stabs- oder Verwaltungsorganisation in den Bereichen der Betriebswirtschaft, der Verwaltung, der Planung – um nur einige zu nennen – Aufgaben erledigt und damit im Dunkeln, ohne seine Bedeutung zu schmälern, verschwindet. Die geistige „Tuch-fühlung“ mit der Truppe und dem Grundsatz,

dass „die Stäbe der Truppe zu dienen haben und nicht umgekehrt“ sollte er allerdings nicht ver-gessen. / Doch auch er ist gefordert, in der Öff entlich-keit die Anliegen der Landesverteidigung vertrau-ensbildend zu vertreten und durch sein gebilde-tes, kompetentes und gentlemanlikes Auftreten der Gesellschaft das Bild des Offi ziers zu vermit-teln. Konfl iktfähigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber Kritik unterstützen ihn dabei. / Verantwortungsbewusste und konsequent vorgehende Leadership ist die Kernkompetenz des Offi ziers im Einsatz. Beherrschen des fach-lichen Handwerks sowie physische und psy-chische Stärke sind die ergänzenden Faktoren. Gerade die mentale Stabilität ist im Einsatz von enormer Wichtigkeit, um bis an die Grenzen der Belastbarkeit als wesentlicher Einfl ussfaktor auf Erfolg oder Misserfolg zu gehen. / Die verstärkte Teilnahme an friedensunter-stützenden internationalen Operationen mit multinational und multikulturell zusammenge-setzten Kräften fordert, je nach Charakter des Einsatzes, humanitäres Denken, soziale Hilfsbe-reitschaft und interkulturelle Kompetenz. Kom-munikations- und Dialogfähigkeit, Empathie für das Gegenüber, eigenverantwortliche ›

Salzburg Airport: Naxos, Griechenland und Meer

Mit Springer Reisen nach NaxosNeu: Fluggäste gelangen ab Salzburg mit Springer Reisen auf die malerische Insel Naxos. Die Charterflugverbindung auf die griechische Kykladeninsel startet ab 6. Juni und steht Passagie-ren bis Ende September zur Verfügung. Niki ergänzt das griechische Portfolio mit Flügen nach Heraklion, Korfu und Rhodos. Abgerundet wird das Griechenland-Programm mit Zakynthos, das von der Austrian Group angeflogen wird.Neu geht’s in diesem Sommer mit Scandinavien Airlines nach Oslo und Kopenhagen.Weitere Sonnendestinationen wie etwa Antalya, Arrecife (Lanzarote), Calvi, Fuerteventura, Heraklion, Ibiza, Istanbul, Las Palmas, Olbia, Palma de Mallorca, und Teneriffa sind ab Salzburg NONSTOP buchbar. Die Welt erkundenÜber die internationalen Drehscheiben Istanbul, Wien, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Zürich, Palma de Mallorca und London erreichen Sie ab Salzburg Destinationen auf der ganzen Welt. Tur-kish Airlines hat ihr Angebot ab Salzburg nach Istanbul auf zehn wöchentliche Flüge erhöht. NIKI und airberlin bieten von Salzburg aus verstärkt Ziele auf dem spanischen und portugiesischen Markt an. Die zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands, airberlin, verbindet Salzburg mit Berlin, Hamburg und Düsseldorf. Köln ist mit der Lufthansatochter Germanwings bestens an Salzburg angebunden. Natürlich ist Salzburg auch mit Großbritannien bestens verbunden: und zwar mit London Stansted und Gatwick.Der nächste Sommer kommt bestimmt, warten Sie nicht länger und buchen Sie schon heute Ihren Urlaub! Mitarbeiter des S.A.S. Ticket Centers sind Ihnen gerne vor Ort behilflich ([email protected]).

Die Vorschau auf den Sommerflugplan lädt ein, Pläne für den nächsten Urlaub zu schmieden. Unter www.salzburg-airport.com informieren wir Sie laufend über Neigkeiten. Der Salzburger Flughafen bietet eine Vielzahl an Urlaubsdestinationen: ob erlebnisreiche Städtetrips, Ziele in weiter Ferne oder ein erholsamer Badeurlaub, die passende Reise wartet bereits auf Sie!

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Entscheidungen und Einsatzbereitschaft unter persönlicher Lebensgefahr diktieren das neue Anforderungsprofi l des Friedenssicherungs-soldaten. Der transrationale Typus löscht den Soldaten alten Stils aus (siehe auch Prof. DDr. Wolfgang Dietrich: „Die transrationale Wende internationaler Friedensoperationen“, „Der Offi -zier“ Ausgabe 1/2014 und ff .). / Leider hat der parteipolitische Zugriff auch vor dem Bundesheer nicht haltgemacht und ideo-logische Scheuklappen spalten die Solidarität des Offi zierskorps. Die fehlende Einheit und Karriere-denken schwächen die Position gegenüber den Politikern, die das wiederum für die Durchsetzung parteipolitischer Ziele weidlich ausnützen, und untergraben zusätzlich das Vertrauen der Öff ent-lichkeit in die Qualifi kation des Offi zierskorps. / Das Heer kämpft mangels fi nanzieller Mittel seit Jahren gegen das Ertrinken. Wo bleibt der Aufschrei der Offi ziere? Es ist erstaunlich, wie distanziert und gelassen diese Entwicklung des „An-die-Wand-Fahrens“ des Heers betrachtet wird. Ich erinnere mich an den „Brief der 1.700“, den ich mitgetragen habe, der anfangs der 70er Jahre an Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky gerich-tet war – als Protest vom Offi zierskorps gegen die Verkürzung der Wehrdienstzeit. General Mag. Edmund Entacher hat vorbildhaft unter Inkaufnahme dienstrechtlicher Nachteile coura-giert seine oppositionelle Meinung gegenüber dem politischen Entscheidungsträger zum Aus-druck gebracht, während in der Vergangenheit Bundesheer-Granden erst im Ruhestand kriti-sche militärische Bedenken an politischen Ent-scheidungen öff entlich artikuliert haben. / Eine eingehende Betrachtung der den Of-fiziersberuf betreffenden Wissensgebiete, ab-

geleitet von den Anforderungen und Zielen in Frieden und Einsatz, abgedeckt durch den FH-Studiengang „Militärische Führung“, werden erweitert durch periodische Aktualisierung des Wissens, Training der soldatischen Kern-aufgaben sowie fachspezifische Ausbildung. Ich klammere auch die Probleme der Über-alterung, des Beamtendienstrechts und der fehlenden akademischen Einstufung, Themen, die in verschiedenen Ausgaben des „Offiziers“ bereits ausführlich behandelt wurden, aus. International ausgerichtete Denkungsweise, gewachsenes Selbstwertgefühl und Stolz auf die Qualität der Ausbildung sollten das Offi-zierskorps im Lichte der Öffentlichkeit reprä-sentieren. / Die angeführten Wertvorstellungen und Anforderungen an Berufsoffi ziere, die selbstver-ständlich auch paradigmatisch für das militäri-sche Berufsbild von Miliz-Offi zieren gelten, sind darüber hinaus mit deren Zivilleben in Einklang zu bringen. / Bei den Jahrgangstreff en wird am Denkmal der Gefallenen im Akademiepark der Theresia-nischen Militärakademie ein Kranz niedergelegt. Dieser feierliche Akt erinnert mich an das bei meiner Ausmusterung abgelegte Gelöbnis: „Treu bis in den Tod.“ Ich habe versprochen, meine Pfl icht gegenüber dem Vaterland zu erfüllen, die im Bedarfsfall auch das Risiko des Todes birgt. / Das Gelöbnis ist nicht nur der Unterschied gegenüber dem Gelöbnis der Beamten, es ist auch die geistige Verbindung aller „Neustädter“ der vorangegangenen Jahrgänge und der heuti-gen. Nun überlasse ich es Ihnen zu beurteilen, ob der Beruf des Offi ziers „ein Job ist wie jeder andere auch“.

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ZUR PERSON

Brigadier in Ruhe Amb-ros Eigentler, MSD, war

langjähriger Regiments-kommandant in Lienz,

zuletzt stellvertretender Militärkommandant von Tirol, Präsident der Lan-

desoffi ziersgesellschaft Tirol und Mitglied des Ordensrates der ÖOG.

Parade zu Ehren der Leutnante Führen in schwierigen Lagen

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1. AusgangslageEs gibt unzählige Möglichkeiten, sich dem Phänomen Alpen zu nähern: physisch, psychologisch, soziologisch, geografi sch, ökologisch, wirtschaftlich, sportlich etc. Dabei bleibt, dass es sich bei den Alpen um einen ungeheuer diversen und faszinierenden Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Kulturraum handelt, der sich von allen Berggebie-ten Europas wesentlich unterscheidet.

Zwei Jahrzehnte im Dienste der Entwicklung der Alpen-region: Die AlpenkonventionMAG. MARKUS REITERER

Dabei geht es weniger um die relativ kleinräumige Struktur, sondern vor al-lem darum, dass die Alpen tatsächlich im Herzen Europas liegen, im wahrsten Sinne des Wortes an einem Knoten-punkt unseres Kontinents. Gleichzeitig sind die Alpen ein reicher Raum, einer der reichsten Europas: ein funktionie-rendes Wirtschaftsgebiet; ein Gebiet mit ausgeprägter akademischer Tradi-tion und Leistungskraft; ein Gebiet mit

der zweithöchsten Artenvielfalt Euro-pas; ein Gebiet mit funktionierender Berglandwirtschaft, auch wenn diese sich einer ganzen Reihe neuer Heraus-forderungen stellen muss; ein Gebiet auch mit starken Traditionen.

2. Die AlpenkonventionNoch ein Punkt stellt ein alpines Spezifi -kum dar: die lange Tradition der interna-tionalen (Bsp. Alpenkonvention), ›

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interregionalen (Bsp. ArgeAlp) und inter-munizipalen (Bsp. Gemeindenetz-werk Allianz in den Alpen bzw. Alpen-stadt des Jahres) Zusammenarbeit. / Mit der Alpenkonvention (siehe auch www.alpconv.org) wurde 1991 der erste völkerrechtliche Vertrag zum Schutz und zur nachhaltigen Entwick-lung einer gesamten Gebirgsregion geschaff en. Ein Schritt, der bis heute beispielgebend ist (siehe Karpathenkon-vention). Mit der Alpenkonvention und den in weiterer Folge abgeschlossenen Protokollen, die ihrerseits völkerrecht-lich verbindliche Verträge sind, werden Zielvorgaben und konkrete Vorschriften für den alpinen Raum in den zentralen Bereichen gesetzt. Zu diesen Bereichen zählen etwa Verkehr (mit den Zielen der Kostenwahrheit, der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und des für den Alpentransit so zentralen Ver-

zichts auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Ver-kehr), der Bereich Raumplanung (mit dem Ziel einer nachhaltigen Nutzung des verfügbaren Raums), der Bereich Energie (mit Verpfl ichtungen in den zen-tralen Bereichen der Energiegewinnung, des Transports und der Einsparung), im Bereich des Naturschutzes (dabei auch des völkerrechtlich verankerten Schut-zes bestehender Schutzgebiete im Sin-ne ihres Schutzzwecks), dem Bereich Tourismus (mit dem Ziel der Stärkung des nachhaltigen Tourismus und der An-erkennung der durch den Tourismus ge-leisteten Wertschöpfung – s. a. den sog. 4. Alpenzustandsbericht zum Thema nachhaltiger Tourismus) und im Bereich Berglandwirtschaft (bei dem es neben der Inwertsetzung auch um die tatsäch-liche Wertschätzung der Landwirtschaft unter den erschwerten Bedingungen

des alpinen Raums geht). Dies, um nur einige Beispiele zu nennen. / Die Regeln der Alpenkonvention fi nden auf einen genau umschrie-benen Perimeter Anwendung (siehe dazu die Karte). Von den österreichi-schen Bundesländern liegt nur Wien gänzlich außerhalb des Perimeters der Alpenkonvention. Dennoch ist auch die Stadt Wien unmittelbar von den Alpen abhängig und steht in en-ger Beziehung mit ihnen Stichwort: Trinkwasserversorgung. Alle anderen Bundesländer liegen zumindest in Tei-len ihres Gebiets (z.B. NÖ, OÖ) oder zur Gänze (z.B. Tirol, Vorarlberg) im Anwendungsgebiet der Konvention. Das Gesamtgebiet erstreckt sich auf die acht Alpenstaaten (Ö, SLO, D, I, FL, CH, F und Monaco). Auch die EU ist Vertragspartei der Konvention und hat einige ihrer Protokolle ratifi ziert (z.B. Verkehr, Energie, Berglandwirt-schaft). Österreich hat alle Protokolle der Alpenkonvention ohne einen sog. Erfüllungsvorbehalt ratifi ziert d.h. dass der österreichische Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass für die Umset-zung der Protokolle die Erlassung von Umsetzungsgesetzen nicht erforder-lich ist. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ist daher davon auszugehen, dass die Protokollbestimmungen in Österreich grundsätzlich unmittelbar anwendbar sind.

3. Dauer-Brenner: VerkehrDas Verkehrsthema hat die Alpenkon-vention seit ihrer Entstehung nicht nur begleitet, sondern maßgeblich geprägt. Hier stehen – wie bei kaum einem an-deren Themenbereich – die Interessen der ansässigen Bevölkerung der be-troff enen Verkehrsachsen jenen des freien Personen- und Warenverkehrs gegenüber. Gerade Italien, das als ein-ziges Alpenland zur Gänze südlich des Alpenhauptkamms liegt, hat ein be-sonderes Interesse an der vollen Funk-tionsfähigkeit der Verkehrsachsen. Das Interesse der ansässigen Bevölkerung ist naturgemäß völlig anders gelagert. Vor diesem Hintergrund haben die Ver-handlungen am Verkehrsprotokoll ent-sprechend lange gedauert. Diese wur-den bereits im Jahr 1990 begonnen der Text des Protokolls konnte aber erst im

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Jahr 2000 verabschiedet werden. Ös-terreich hat 2002 ratifi ziert. Die Rati-fi kation Italiens erfolgte dann elf Jahre später im Februar 2013. Diese Ratifi ka-tion gab schließlich auch den Weg für die Ratifi kation durch die EU im Sep-tember 2013 frei. Damit ist nun auch das Verkehrsprotokoll zum Bestandteil des europäischen Rechts geworden. / Eine der Kernbestimmungen des Verkehrsprotokolls legt fest, dass die Vertragsparteien auf den Bau neuer hochrangiger Straßen für den alpen-querenden Verkehr, das ist der Verkehr mit Ziel und Quelle außerhalb des Al-penperimeters, verzichten. Aufgrund der EU-Ratifi kation dürften z.B. solche Straßen auch nicht mit EU-Mitteln fi -nanziert werden.

4. Ansiedlung: Innsbruck und die Außenstelle in BozenSchon die Alpenkonvention selbst schaff te die Möglichkeit, mit der Ein-richtung eines Ständigen Sekretariates, der Alpenkonvention einen instituti-onellen Anker zu geben. Mit einstim-migem Beschluss der Alpenkonferenz von Meran im Jahr 2002 wurde dieses Ständige Sekretariat schließlich ge-schaff en. Von Beginn an war klar, dass

eine solche Einrichtung in der alpinen Region ansässig sein müsse und nicht etwa in einer der Hauptstädte der Al-penstaaten. Mit Lugano, Bozen, Mari-bor, Grenoble und Innsbruck hatte sich eine illustre Runde bedeutender Alpen-städte als Kandidaten positioniert. Das Rennen machte schließlich ein Dop-pelpack: das Sekretariat wurde in Inns-bruck angesiedelt, gleichzeitig wurde eine Außenstelle des Sekretariats an der EURAK in Bozen eingerichtet. Mit dem Goldenen Dachl hatte Innsbruck natürlich das wohl symbolträchtigste Gebäude der Stadt ausgewählt. Das Ständige Sekretariat der Alpenkonven-tion ist somit die einzige inter-gouver-nementale Einrichtung mit Sitz in einer österreichischen Landeshauptstadt!

5. Neue HerausforderungenDer alpine Raum steht heute vor gro-ßen (neuen) Herausforderungen. Nen-nen wir hier nur zwei Beispiele: den demografi schen Wandel und den Kli-mawandel. / Mit durchschnittlich ca. 80 Ein-wohnern pro Quadratkilometer sind die Alpen eines der am dichtesten besiedelten Berggebiete der Welt. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl

der Einwohner in den Alpen leicht ge-stiegen, jedoch konzentrieren sich die Einwohner mehr und mehr in den grö-ßeren Ballungszentren und den leicht erreichbaren Tälern. Ein Phänomen, das sich in Innsbruck ebenso beobach-ten lässt wie um Bozen oder Grenoble. Gleichzeitig kommt es in schlechter erreichbaren Gebieten zu einer Aus-dünnung der Bevölkerung. Die Aus-dünnung der Bevölkerung bewirkt aber natürlich auch den Niedergang des dortigen Kultur- und Wirtschafts-lebens, die Aufgabe landwirtschaftli-cher Betriebe und den Verlust der „ge-wohnten“ alpinen Kulturlandschaft. / Seit dem Jahr 1880, also etwa dem Einsetzen der Industriellen Revolution, ist die weltweite Durchschnittstempe-ratur um ein Grad Celsius gestiegen. In Österreich aber kam es im selben Zeit-raum zu einer fast doppelt so hohen Er-wärmung, also rund zwei Grad Celsius. Mehr als die Hälfte dieser Erwärmung ist seit 1980 eingetreten (Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014, S. 28) Mit anderen Worten: Die Erwär-mung hat sich sehr stark beschleunigt. Während die Erwärmung um den ersten Grad rund 100 Jahre in Anspruch nahm, dauerte die Temperaturzunahme zum ›

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ZUR PERSON

Mag. Markus Reiterer ist Generalsekretär der

Alpenkonvention. Die in diesem Artikel gemach-

ten Aussagen spiegeln die persönliche Ansicht

des Autors wider und müssen sich nicht

notwendigerweise mit jenen der Institution de-cken, die dieser vertritt.

zweiten Grad nur mehr rund 30 Jahre. Das Austrian Panel on Climate Change etwa rechnet in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts – also in den nächsten 35 Jahren – mit einer weiteren Zunahme von rund 1,4 Grad. Es gilt, die Auswir-kungen dieser Entwicklungen nüchtern zu analysieren, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und danach möglichst fehlerfrei zu handeln. Im Bereich der

Raumplanung werden etwa verstärkt Maßnahmen nötig, um die Auswirkun-gen extremer Wetterereignisse und de-ren Folgen zu minimieren (siehe dazu Kasten PLANALP). Der „Wintertouris-mus wird durch den stetigen Tempe-raturanstieg weiter unter Druck kom-men“, wobei Anpassungsmöglichkeiten etwa durch künstliche Beschneiung begrenzt sind (Österreichischer Sach-standsbericht Klimawandel 2014, S. 40) und Fehlanpassungen wahrscheinlich. Andererseits könnte durch steigende Temperaturen im Mittelmeerraum der Sommertourismus profi tieren. Sehr wahrscheinlich erscheint es aber, dass die Wertschöpfung im Tourismusbe-reich in Zukunft geringer ausfallen wird.Die Alpenkonvention setzt sich seit ge-raumer Zeit vertieft mit diesen Frage-stellungen auseinander. So verabschie-dete die Alpenkonferenz 2009 einen Aktionsplan Klimawandel. Auch bei der Alpenkonferenz 2014 in Turin stand die Frage des Klimawandels im Zentrum der Beratungen. Insbesondere ging es dabei um die Anpassung an den Klimawandel, die – man muss es leider sagen – im-mer größere Bedeutung v. a. im alpinen Raum erlangt. Dem demografi schen Wandel ist der 5. Alpenzustandsbericht

gewidmet, der im Winter 2014/15 er-scheinen wird. / Ein neues Themenfeld ergibt sich auch durch eine stärkere Thematisie-rung der funktionalen Verknüpfungen zwischen alpinem Raum (Alpenkon-ventionsperimeter) einerseits und den umliegenden Metropolregionen wie Mailand, München, Wien etc. Diese funktionalen Beziehungen stehen im Mittelpunkt der derzeit in Ausarbeitung befi ndlichen EU-Strategie für den Al-penraum, die bis Juni 2015 fertig vorlie-gen soll. Die Alpenkonvention und das Alpenraumprogramm sind neben den alpinen Regionen und den Mitglieds-staaten an der Ausarbeitung dieser Strategie beteiligt. Hier wird es insbe-sondere darum gehen, unter Schaff ung einer transparenten und partizipativen Governance-Struktur konkrete Aktivi-täten zu entwickeln, die sowohl dem alpinen Raum und den umliegenden Gebieten Vorteile bringen als auch die wirtschaftliche Entwicklung mit den Notwendigkeiten des Umweltschutzes entsprechend ausbalancieren. / Fazit: Die Alpenkonvention ist ein breites Feld, das viel für die nachhalti-ge Entwicklung unseres Lebensraums zu bieten hat.

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Was geschieht, wenn das Budget der Armee weiter reduziert wird? Wird das Budget der Armee weiter reduziert, gehen die aus dem Betrieb entstehenden Kosten zu Lasten der Rüstungsprogramme. Dies führt dazu, dass jährlich weniger Investitionen ge-tätigt werden können.

Was bedeutet die „investive Bugwelle“? Die Kosten aus Verpfl ichtungen der Rüstungsprogramme werden laufend umgelagert (nach hinten) und steigern sich dadurch wie eine Bugwelle bei ei-nem Schiff . Zugleich werden die Bud-gets jährlich gekürzt. Das führt zu einer massiven Unterfi nanzierung der Armee.

Gibt es konkrete Beispiele die aufzeigen, dass der Armee Geld fehlt?Von 20 Infanteriebataillonen können heute nur gerade mal drei vollständig ausgerüstet werden, wenn gleichzei-tig die Ausbildung (Rekrutenschulen) alimentiert wird. Würde auf die Aus-bildung verzichtet werden, könnten zusätzlich vier Infanteriebataillone ausgerüstet werden.

Finanzielle Situation der Armee Bürgerinnen und Bürger zeigen verstärktes Interesse an der fi nanziellen

Situation der Armee. Hier werden die häufi gsten Fragen beantwortet.AUSZUG VON DER HOMEPAGE DER SCHWEIZER ARMEE (WWW.VTG.ADMIN.CH/INTERNET/VTG/DE/HOME/AKTUELL/ FINANZEN.HTML)

/ Die Armee hat zunehmend weniger Material zur Verfügung bei gleichblei-bender Anzahl Diensttage. Das heißt, das Material wird intensiver benutzt und muss somit früher ersetzt werden. / Früher galt: 2% der Investitionskosten müssen für den Unterhalt des Material auf-gewendet werden. Bei der Komplexität der heutigen Systeme liegt dieser Wert bei 4%.

Welche Investitionen müssten bei den Infanteriebataillonen vorgenommen werden? Damit die Infanteriebataillone ihren militärischen Auftrag ganzheitlich er-füllen können, benötigen sie unter anderem weitere Radschützenpanzer, geschützte Mannschaftstransporter und Sanitätspanzer.

Welcher Frankenbetrag fehlt der Armee? Ausgemusterte Systeme werden nicht mehr oder nur teilweise ersetzt. Die Betriebs- und Unterhaltkosten veral-teter Gerätschaften sind unverhältnis-mäßig hoch. Zusätzliche CHF 500 bis 700 Millionen (wiederkehrend) sind notwendig, um eine glaubwürdige Aus-rüstung und Erneuerung sowie Ausbil-dung sicherzustellen.

EIN KLEINER VERGLEICH:

• Das Eidgenössische Parlament fordert schon seit zwei Jahren vom Bundesrat, das Budget der Schweizer Armee auf fünf Milli-arden Franken zu erhöhen.

• Das neue Armeebudget der Schweiz beträgt nun fünf Milliarden Franken pro Jahr.

• Das bedeutet ab 2016 ein Bud-getzuwachs in der Höhe von 600 Millionen Franken jährlich. Das sind nach dem derzeitigen Umrechnungskurs ca. 4,7 Milli-arden bzw. 562 Millionen Euro jährlich.

• Im Vergleich dazu fordert das österreichische Parlament nichts und beabsichtigt die ös-terreichische Bundesregierung 2015 ca. 1,9 Milliarden Euro (inkl. Sport) und von 2016 bis 2019 insgesamt 350 Millionen – also über vier Jahre verteilt – mehr auszugeben. (Red.)

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