der einfluß von megaphen auf die wärmeregulation

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W. BRENDELund H. L'ALLEMAND : W/~rmeregulation. 87 wurden, wird aber yon der mangelhaften Ubertragbarkeit der Ergebnisse yon Tierart zu Tierart nicht bertihrt. Wenn also am Meerschweinehen nachgewiesen wurde, dab die hustenhemmende und die analgetische Wirkung der geprfiften Arzneimittel nicht parallel gehen, so wird dieses Ergebnis yon SCHAVMANNS Be- denken nicht betroffen, es widerlegt unseres Erachtens eindeutig die allgemeine GiiIti.qk~eit der Annahme einer ungefahren Parallelit~t beider Wirkungsqualit~ten. W. BRE~VF~ und H. L'ALLEMANV (Bad Nauheim-Gie~en) : Der Einflufl von Megaphen auf die W~irmeregulation. Von H. LABORIT, H. WEESE 11. a. ist dem Megaphen eine spezifische Wirkung auf die Temperaturregulation zugeschrieben worden. An der Auffassung dieser Autoren wurde yon physiologischer SeRe, besonders yon R. THAVER, heftige Kritik gefibt. Auch von klinischer Seite wurden Bedenken gegen eine l~bersch~tzung der Megaphenwirkung vorgebracht. In allen diesen Diskussionen offenbarte sich das Fehlen systematischer Untersuchungen an grfl~eren S~ugetieren fiber die als entscheidender Faktor angesehene sogenannte histoplegische Wirkung und fiber den Ein- fluB dieser Substanz auf die K~lte-Gegenregulation. Deshalb wurden an Hunden Untersuchungen fiber diese Wirkungen des Megaphens durch- gefiihrt. Methode: Messung des respiratorischen Stoffwechsels und der Rectal- temperatur von 5 dressierten Hunden a) in thermoindifferenter Um- gebungstemperatur (23--24 ° C), b) unter K~ltebelastung (0° C, K~lte- kammer), im unbeeinfluBten Zustand, nach Megaphen, Cocktail lytique und in Pernocton-Narkose. -- Dosierung: Megaphen 2 und 10 mg/kg in 200 cm 3 physiologischer NaC1-Lfsung intravenfs; Cocktail lytique: 2 mg/kg Megaphen, 2 mg/kg Atosil und 2 mg/kg Dolantin in 200 em 3 NaC1-Lfsung i.v. ; Pernocton: 38--52 mg/kg i.v. ; bei den K~lteversuchen Injektion 5--]0 min vor K~ltebelastung. Ergebnisse. 1. Versuche in thermoindi/terenter Umgebung (23--24 ° C) : Die an den 5 dressierten Hunden bestimmten Grundumsatzwerte (Minimalumsi~tze) stehen in guter ~bereinstimmung mit den von F. G. BENEDICT ermittel- ten Standardwerten. Verglichen mit diesen liegen die unter Megaphen ~2 und 10 mg/kg) und unter Cocktail lytique erzielbaren Minimalwerte des Sauerstoffverbrauehes etwas hfher, w~hrend die in Pernocton-Narkose zu beobachtenden Werte den Minimalwerten im unbeeinflul~ten Zustand nahezu gleich sind (W. ]~RENDEL, E. KOPPERMANN11. R. THAUER). Wenn in tier Literatur nach Megaphen Senkungen des Sauerstoffverbrauches gegenfiber den Ausgangswerten angegeben wurden, so ist dies damit zu erkl/~ren, dab diese Ausgangswerte keine wahren Grundumsatzwerte nach den Kriterien yon BENEDICT darstellen. Die unter Megaphen erzielbare

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W. BRENDEL und H. L'ALLEMAND : W/~rmeregulation. 87

wurden, wird aber yon der mangelhaften Ubertragbarkeit der Ergebnisse yon Tierart zu Tierart nicht bertihrt. Wenn also am Meerschweinehen nachgewiesen wurde, dab die hustenhemmende und die analgetische Wirkung der geprfiften Arzneimittel nicht parallel gehen, so wird dieses Ergebnis yon SCHAVMANNS Be- denken nicht betroffen, es widerlegt unseres Erachtens eindeutig die allgemeine GiiIti.qk~eit der Annahme einer ungefahren Parallelit~t beider Wirkungsqualit~ten.

W. BRE~VF~ und H. L'ALLEMANV (Bad Nauheim-Gie~en) : Der Einflufl von Megaphen auf die W~irmeregulation.

Von H. LABORIT, H. WEESE 11. a. ist dem Megaphen eine spezifische Wirkung auf die Temperaturregulation zugeschrieben worden. An der Auffassung dieser Autoren wurde yon physiologischer SeRe, besonders yon R. THAVER, heftige Krit ik gefibt. Auch von klinischer Seite wurden Bedenken gegen eine l~bersch~tzung der Megaphenwirkung vorgebracht. In allen diesen Diskussionen offenbarte sich das Fehlen systematischer Untersuchungen an grfl~eren S~ugetieren fiber die als entscheidender Faktor angesehene sogenannte histoplegische Wirkung und fiber den Ein- fluB dieser Substanz auf die K~lte-Gegenregulation. Deshalb wurden an Hunden Untersuchungen fiber diese Wirkungen des Megaphens durch- gefiihrt.

Methode: Messung des respiratorischen Stoffwechsels und der Rectal- temperatur von 5 dressierten Hunden a) in thermoindifferenter Um- gebungstemperatur (23--24 ° C), b) unter K~ltebelastung (0 ° C, K~lte- kammer), im unbeeinfluBten Zustand, nach Megaphen, Cocktail lytique und in Pernocton-Narkose. - - Dosierung: Megaphen 2 und 10 mg/kg in 200 cm 3 physiologischer NaC1-Lfsung intravenfs; Cocktail lytique: 2 mg/kg Megaphen, 2 mg/kg Atosil und 2 mg/kg Dolantin in 200 em 3 NaC1-Lfsung i.v. ; Pernocton: 38--52 mg/kg i.v. ; bei den K~lteversuchen Injektion 5 - - ]0 min vor K~ltebelastung.

Ergebnisse. 1. Versuche in thermoindi/terenter Umgebung (23--24 ° C) : Die an den

5 dressierten Hunden bestimmten Grundumsatzwerte (Minimalumsi~tze) stehen in guter ~bereinstimmung mit den von F. G. BENEDICT ermittel- ten Standardwerten. Verglichen mit diesen liegen die unter Megaphen ~2 und 10 mg/kg) und unter Cocktail lytique erzielbaren Minimalwerte des Sauerstoffverbrauehes etwas hfher, w~hrend die in Pernocton-Narkose zu beobachtenden Werte den Minimalwerten im unbeeinflul~ten Zustand nahezu gleich sind (W. ]~RENDEL, E. KOPPERMANN 11. R. THAUER). Wenn in tier Literatur nach Megaphen Senkungen des Sauerstoffverbrauches gegenfiber den Ausgangswerten angegeben wurden, so ist dies damit zu erkl/~ren, dab diese Ausgangswerte keine wahren Grundumsatzwerte nach den Kriterien yon BENEDICT darstellen. Die unter Megaphen erzielbare

88 W. BRENDEL und It. L'ALLEMAND :

Reduktion des Sauerstoffverbrauches bedeutet demnach nur die Senkung eines bereits erhShten Umsatzes, die dem Grad der durch Megaphen hervorgerufenen ,,Beruhigung" zu entsprechen scheint. Eine,,histoplegi- sche" Wirkung ist demnach nicht nachweisbar.

Selbst wenn es aber eine solche ,,histoplegische" Wirkung g~be, w~re sie fiir die Frage der Megaphenwirkung auf die Thermoregulation bedeu- tungslos, da ein homoiothermer Organismus auch bei gesenktem Minimal- umsatz eine normale Temperaturregulation besitzen kann. Es wurde des- halb in einer zweiten Versuchsreihe gepriift, ob die K~lte- Gegenregulation~ die bei einer Umgebungstemperatur von 0 ° C im Normalzustand eintritt, durch Megaphen beeinfluBt werden kann.

2. Versuche unter Kiiltebelastung (0 ° C): Unter K~ltebelastung yon 0 ° C steigt bei den pharmakologisch nicht beeinfluBten Hunden die W~rme- produktion, gemessen am Sauerstoffverbrauch, um etwa 100% an, so dab die Rectal temperatur trotz der vermehrten W~rmeabgabe konstant ge- halten werden kann. Bei den mit Megaphen und Cocktail lytique behan- delten Tieren t r i t t diese Gegenregulation mit nahezu gleicher Intensit~t wie bei den unbehandelten Tieren auf, jedoch f~llt die Recta l temperatur im Laufe der ersten 120 min um 1--2 ° C a b , um danach nur allm~thlich wieder anzusteigen. In Pernocton-Narkose finder eine vollst~ndige Unter- drfickung der Gegenregulation start : Der Sauerstoffverbrauch f~llt gegen- fiber dem Ausgangswert um etwa 25% ab, die Rectal temperatur sinkt yon 39 ° auf im Mittel 34 ° C. - - Vergleicht man die Maximalwerte des Sauerstoffverbrauches unter Megaphen mit denen im unbeeinfluBten Zu- stand, so findet man, da~ bei zwei von den fiinf Hunden die Maximal- werte iiberhaupt nicht, in 3 F~llen nur geringffigig reduziert sind. Da in allen Megaphenversuchen die Rectal temperatur um 1--2 ° C absank, muB auch in den F~llen, in denen die Maximalwerte des Sauerstoffverbrauches gleich denen der unbehandelten Tiere waren, auf eine geringe D~mpfung der Gegenregulation geschlossen werden.

Fiir die Deutung der Megaphenwirkung auf die Gegenregulation bei Abkiihlung ist die Tatsache wichtig, dal~ nach Megaphen eine charakteri- stische Umstel lung der Atmung eintritt. I m Gegensatz zu den unbeein- flul~ten Tieren, die unter K~tltebelastung eine Steigerung des Atem- volumens entsprechend dem Sauerstoffverbrauch aufweisen, bleibt unter Megaphen das Atemvolumen im wesentlichen unver~ndert, w~hrend die Atemtiefe unter Abnahme der Atemfrequenz zunimmt. Diese besondere Wirkung des Megaphens auf die Atmung wird zur Erkl~trung der in der Literatur niedergelegten Befunde an Kleintieren (M~usen, I~atten, Meer- schweinchen) herangezogen, wonach diese unter K~tebe las tung eine be- deutend st~rkere Einschr~nkung der Gegenregulation aufweisen sollen, als die eigenen Versuche an t tunden ergeben haben. Bei Kleintieren steht n~mlich die Atmung im Dienste der Wi~rmeregulation. Der auf die Atem,

Der EinfluB von Megaphen auf die W~rmeregulation. 89

ti~tigkeit entfal lende Antei l des Sauerstoffverbrauches betr~gt z. B. bei

Mgusen schon un te r Ruhebed ingungen bis zu 40% (Hund und Mensch 1- -12%). AuBerdem s te igernKlein t iere ihre Wi~rmeproduktion in kal ter U m g e b u n g durch Erh6hung der Atemfrequenz (F. GROEBBELS). Die re- duzierende Wi rkung des Megaphens auf die A t m u n g blockiert daher beim Kleint ier den wichtigsten w~rmeregulatorischen Mechanismus, w~hrend die gleiche Wi rkung an gr6~eren Warmbl f i t e rn und Menschen wgrme- regulatorisch nur von geringer Bedeutung ist.

Literatur. BENEDICT, F. (~. : Vital Energeties, Carnegie Institution Publication Nr. 503.

Washington 1938. - - BRENDEL, W., E. KOPPERMANN U. R. THAUER: Pfliigers Arch. 259, 357 (1954). - - GROEBBELS, F.: Pfliigers Arch. 208, 661 (1925). - - LA- Born'r, H.: XX. Tagung Dt. Pharmakol. Ges. 1953; Arch. exper. Path. u. Phar- makol. 222, 41 (1954). - - THAUER, R.: XX. Tagung Dt. Pharmakol. Ges. 1953; Arch. exper. Path. u. Pharmakol. 222, 80 (1954). - - WEESE, H. : XX. Tagung Dr. Pharmakol. Ges. 1953; Arch. exper. Path. u. Pharmakol. 222, 79 (1954).

Diskussion. WIRT~ {Wuppertal-Elberfeld): Die Kombination Megaphen-Ato- sil-Dolantin (bzw. Citarin) setzt am Meerschweinehen bei K~ltebelastung den Sauerstoffverbrauch her~b. Dieser Effekt wird zum Teil auf die peril)hem Wir- kungskomponente des Megaphen bezogen (bereits vorgetragen Wn~TH, Chirurgen- Tagung Miinchen 1954).

EICm~OLTZ (Heidelberg): Verweise auf Dolantin als das in der Hibernation verwendete Mittel zur Ausschaltung yon Wi~rmeregulation; beim Mensehen ver- hiitet dieses n~mlich den Schfittelfrost.

TtIAUER (Bad Nauheim): Zu WroTH: Auf der letzten Pharmakologentagung in Bonn (1953) ist ganz generell die Ansicht vertreten worden, dab Megaphen histo- plegisch wirkt und eine dem Wintersehlaf ghnliche StSrung der Thermoregulation hervorruft. Die Befunde, die BRENDEL und L'ALLEMAND in meinem lnstitut er- hoben hal~en, konnten diese Annahme - - wenigstens fiir den Hund - - nieht best~tigen. Noch bestehende Lifferenzen hinsiehtlich der experimentellen Ergeb- nisse dfirften auf das unterschiedliche Verhalten der Kleintiere zurfiekzufiihren sein (s. SehluBwort BRENDEL !).

SC~MID (T/ibingen): Megaphen stSrt die Temperaturregulation. Am Meer- schweinchen wurde im Dosierungsbereich yon 0,5--5 mg/kg nach einer Tempera- tursenkung eine Steigerung beobachtet.

BROCX (Bvaekwede): Megaphen (25 mg/kg) fiihrt in eigenen Versuchen an Ratten zu einer Senkung des Oz-Verbrauchs um etwa 30~o fiber 4 Std. Dieser Befund ist wohl im Sinne von BRENDEL und THAUER ZU verwerten, da es an Kleintieren kaum je mSglich sein wird, an niehtnarkotisierten Tieren den Ruhe- Minimalumsatz einzustellen.

FELLER (Leipzig) : Mit Megaphen kam es in Dosen yon 10 mg/kg an der Ratte, erst naehdem das Tier eine Reetal-Temperatur yon 31 ° C untersehritten hatte, zu einer Stoffwechselsenkung unter den Minimalumsatz.

Schlu~wort. BRENDEL ZU EICItItOLTZ: Cocktail lytique (mit Dolantin) hatte keinen starkeren Effekt als Megaphen allein.

90 K. FELLER:

Alle Angaben fiber Senkungen des Sauerstoffverbrauches sind nut simlvoll, wenn der Ausgangswert ausreichend definiert ist. Am besten gesehieht dies, wie wit gezeigt haben, durch systematische Untersuchungen fiber den Minimalumsatz des Versuchstieres im thermoindifferenten Bereich und durch den Vergleieh dieses Minimalumsatzes mit den Standardwerten nach BENEDICT. Wie Herr BROCK ausffihrt, ist es allerdings auBerordentlich sehwer, an nichtnarkotisierten Klein- tieren den Minimalumsatz zu bestimmen. Aus diesem Grunde liegen auch die meisten in der Literatur bekannten Ausgangswerte fiber den BENEDICT-Werten. Man mul~ daher in der Beurteilung der an Kleintieren gewonnenen Ergebnisse entsprechend vorsichtig sein. AuBerdem mfissen die Atemwirkungen berficksiehtigt werden, die in der yon uns geschilderten Weise ebenfalls im Gesamtsauerstoff- verbrauch zum Ausdruck kommen kSnnen.

K. FELLER (Leipzig) : Gasstoffweehselversuehe mit einigen Phenothiazin- k~rpern.

In der Literatur wird von verschiedenen PhenothiazinkSrpern eine Hemmung des Zellstoffwechsels besehrieben. Da jedoch diese Befunde nieht unwidersprochen blieben, untersuchten wir aus dieser Reihe den EinfluB von Phenergan, Diparcol und vor allen Dingen das Megaphen auf den Gasstoffweehsel yon 100 Ratten. Mit einer modifizierten HECHT- J u N x ~ s c h e n Apparatnr wurde der O~-Verbrauch und die CO~-Bildung bestimmt und gleichzeitig die Reetaltemperatur gemessen. Durch strenge Auswahl und lange GewShnungszeit wurde der Minimalumsatz der Tiere ermittelt. Die Ratten erhielten eine Standardkost naeh OBV, RDISSV. und wurden 24 Std vor Versuehsbegirm niichtern gehalten. Die drei Stoffe, in Dosen von 1 mg/kg subcutan verabreicht, liel~en keine KSrpertemperatur- senkung erkennen, aber beschleunigten schon den Gasstoffwechsel um 20%. In Gaben yon 10 mg/kg subcutan injiziert, blieb die KSrper- temperatur bei Diparcol unver~ndert, w~hrend sie bei Phenergan um 1 bis 2 ° sank. Es t r a t dabei eine Steigerung des Sauerstoffverbrauches yon 30 bis 40~) auf. Besonders stark war in dieser Dosierung bei Mega- phen die Temperaturerniedrigung. Der Gaswechsel stieg bis zu 50% an, um dann bei weiterhin abnehmender Temperatur zu fallen. Erst bei 32 bis 31 ° wurden die Minimalwerte erreieht. Sank die Temperatur noch tiefer, so wurde auch der 02-Verbrauch unter den Minimalumsatz erniedrigt.

Von Dinitrophenol ist bekannt, dal~ es eine Steigerung ~tes Zellstoff- weehsels bewirkt. Verabreicht man diesen Stoff bis zu 20 mg/kg i.p., so karm keine Absehwi~ehung oder Versti~rkung der Wirkung dutch Mega- phen (10 mg/kg s.c.) festgestellt werden. Aueh wenn der Sauerstoffver- braueh bei einer Temperatur yon 32 bis 31 ° den Minimalumsatz erreicht hat, steigert Dinitrophenol den Gasweehsel und liil~t die Temperatur um 4 ° ansteigen.

Weiterhin wurde die Beeinflussung der Megaphenwirkung auf die Stoffweehselsteigerung nach vorheriger Thyroxingabe von 2 mg/kg an