der einfluß einer fraktionierten röntgenbestrahlung auf den nad-gehalt solider tumoren und der...

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Zeitschrift IOa" Krebsforschung 70, 115--121 (1967) Der Einflul~ einer fraktionierten RSntgenbestrahlung auf den NAD-Gehah solider Tumoren und der Wirtsleber H. MAASS, F. I-IOLzELund H. TROBISCH* Universitgts-Frauenklinik Hamburg (Direktor: Prof. Dr. K. TItOS~SEN) Eingegangen am25. Januar 1967 Die St6rung des NAD1-Stoffwechsels geh6rt zu den charakteristischen Krite- rien der ~u cytotoxischer Noxen. So konnte eine Abnahme des NAD-Ge- haltes in Tumorzellen sowohl naeh Anwendung verschiedener eytostatiseher Sub- stanzen (WARAVDSKAR, 1956; ROITT, i956; ItOLZSR et al., 1958; SCgMIDT, 1961) als auch naeh l~6ntgenstrahlen (MAAss und RAT~G~5-, 1957; HILZ et al., 1962) naehgewiesen werden. Die Bedeutung dieses Effektes ftir die Ver/s einer Reihe bioehemiseher Parameter konnte dadureh gezeigt werden, dag einige dieser bioehemischen Ver/~nderungen, wie die tIemmung der Glykolyse, Proteinsynthese und in ebligen F/~llen auch DNS-Synthese (I-Io~zE~ et al., 1958; MAASSet al., 1957; HILZ et al., 1962), durch Zusatz yon Nicotins/tureamid wieder aufgehoben werden konnten. Die Bedeutung der NAD-Abnahme ffir die Strahlensch/~digung der Zelle ist jedoeh umstritten, weil in einer geihe von Tumoren relativ hohe Dosen zur Ausl6sung dieses Effektes benStigt werden. Es wurde daher gepriift, ob es nach einer h'aktionierten Bestrahlung mit tgglieh 400 R und einer Gesamt- dosis yon 2000 R zu einer Vergnderung des NAD-Gehaltes im soliden Ehrlieh- Careinom kommt. In einer parallelen Versuehsreihe wurde den Tieren zusgtzlieh Nieotinsgureamid verabfolgt. Daneben wurde das Waehstum des Tumors verfolgt und Transplantationsversuehe durehgeffihrt. Aul3erdem wurde die yon WARAVDE- I~AR (1956) erstmalig gemaehte Feststellung, nach der es in der Leber tumor- tragender Tiere zu einer Abnahme des NAD-Gehaltes kommt, fiberprfift. In diesem Zusammenhang interessierte vor allem, ob die Bestrahlung des Tumors die St6rung des NAD-Stoffweehsels in der Leber beeinflugt. Material nnd Methodik Die Untersuchungen wurden an subeutan transplantierten Ehrlieh-Ascites-Carcinomen der Maus durehgeffihrt. Die Bestimmung des NAD-Gehaltes erfolgte in den herauspr/~parierten Tumoren am 7.--10. Tag naeh der Transplantation. Aueh die unbestrahlten Tumoren wiesen mit fortsehreitendem Alter zahlreiche Nekrosen auf. Das weitgehend yon Nekrosen befreite Tumormaterial wurde in eiskalter Perchlorsgurel6sung (4%ig) homogenisiert. Die NAD-Be- s~immung erfolg~e in den neutralisierten Extrakten in tiblicher Weise enzymatisch. Die Strahlenbehandlung des Tumors begann am 6. Tag naeh der Transplantation mit t/igliehen Dosen yon 400 R einer 200 KV R6ntgenstrahlung his zu einer Gesamtdosis yon 2000 R. Der iibrige Teil des Tieres war dureh eine Bleikammer geschfitzt. In einer weiteren Versuchsreihe erhielten Kontrollen und strahlenbehandelte Tiere zusgtzlieh yore 6. Tag an t.gglich 2 mg Nieotins/~ureamid bis zu einer Gesamtdosis yon 10 mg. * Dem Bundesministerium ffir wissenschaftliehe Forschung wird ffir die finanzielle Unter- st/itzung der Untersuchungen gedankt. 1NAD = Nieotinamidadenindinukleotid, NSA = Nicotins/~ureamid.

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Zeitschrift IOa" Krebsforschung 70, 115--121 (1967)

Der Einflul~ einer fraktionierten RSntgenbestrahlung auf den NAD-Gehah solider Tumoren und der Wirtsleber

H. MAASS, F. I-IOLzEL und H. TROBISCH* Universitgts-Frauenklinik Hamburg (Direktor: Prof. Dr. K. TItOS~SEN)

Eingegangen am25. Januar 1967

Die St6rung des NAD1-Stoffwechsels geh6rt zu den charakteristischen Krite- rien der ~u cytotoxischer Noxen. So konnte eine Abnahme des NAD-Ge- haltes in Tumorzellen sowohl naeh Anwendung verschiedener eytostatiseher Sub- stanzen (WARAVDSKAR, 1956; ROITT, i956; ItOLZSR et al., 1958; SCgMIDT, 1961) als auch naeh l~6ntgenstrahlen (MAAss und RAT~G~5-, 1957; HILZ et al., 1962) naehgewiesen werden. Die Bedeutung dieses Effektes ftir die Ver/s einer Reihe bioehemiseher Parameter konnte dadureh gezeigt werden, dag einige dieser bioehemischen Ver/~nderungen, wie die tIemmung der Glykolyse, Proteinsynthese und in ebligen F/~llen auch DNS-Synthese (I-Io~zE~ et al., 1958; MAASS et al., 1957; HILZ et al., 1962), durch Zusatz yon Nicotins/tureamid wieder aufgehoben werden konnten. Die Bedeutung der NAD-Abnahme ffir die Strahlensch/~digung der Zelle ist jedoeh umstritten, weil in einer geihe von Tumoren relativ hohe Dosen zur Ausl6sung dieses Effektes benStigt werden. Es wurde daher gepriift, ob es nach einer h'aktionierten Bestrahlung mit tgglieh 400 R und einer Gesamt- dosis yon 2000 R zu einer Vergnderung des NAD-Gehaltes im soliden Ehrlieh- Careinom kommt. In einer parallelen Versuehsreihe wurde den Tieren zusgtzlieh Nieotinsgureamid verabfolgt. Daneben wurde das Waehstum des Tumors verfolgt und Transplantationsversuehe durehgeffihrt. Aul3erdem wurde die yon WARAVDE- I~AR (1956) erstmalig gemaehte Feststellung, nach der es in der Leber tumor- tragender Tiere zu einer Abnahme des NAD-Gehaltes kommt, fiberprfift. In diesem Zusammenhang interessierte vor allem, ob die Bestrahlung des Tumors die St6rung des NAD-Stoffweehsels in der Leber beeinflugt.

Material nnd Methodik

Die Untersuchungen wurden an subeutan transplantierten Ehrlieh-Ascites-Carcinomen der Maus durehgeffihrt. Die Bestimmung des NAD-Gehaltes erfolgte in den herauspr/~parierten Tumoren am 7.--10. Tag naeh der Transplantation. Aueh die unbestrahlten Tumoren wiesen mit fortsehreitendem Alter zahlreiche Nekrosen auf. Das weitgehend yon Nekrosen befreite Tumormaterial wurde in eiskalter Perchlorsgurel6sung (4%ig) homogenisiert. Die NAD-Be- s~immung erfolg~e in den neutralisierten Extrakten in tiblicher Weise enzymatisch. Die Strahlenbehandlung des Tumors begann am 6. Tag naeh der Transplantation mit t/igliehen Dosen yon 400 R einer 200 KV R6ntgenstrahlung his zu einer Gesamtdosis yon 2000 R. Der iibrige Teil des Tieres war dureh eine Bleikammer geschfitzt. In einer weiteren Versuchsreihe erhielten Kontrollen und strahlenbehandelte Tiere zusgtzlieh yore 6. Tag an t.gglich 2 mg Nieotins/~ureamid bis zu einer Gesamtdosis yon 10 mg.

* Dem Bundesministerium ffir wissenschaftliehe Forschung wird ffir die finanzielle Unter- st/itzung der Untersuchungen gedankt.

1 NAD = Nieotinamidadenindinukleotid, NSA = Nicotins/~ureamid.

t16 H. lV[A~SS, F, H6LZ~L und H. TROBtSOK:

Wegen der starken Nekrosen war eme exakte Gewiehtskontrolle der Tumoren nicht m6g- lich, so dab darauf verzichtet wurde.

In der weiteren Versuchsreihe wurden Transplantationsversuehe des soliden Tumors in die BauchhShle yon Spendertieren durchgefiihrt. Dazu wurde das Tumorgewebe grob mecha- nisch zerkleinert und intraperitoneal injiziert. Jeweils 7 Tage nach der Transplantation wurden die Tiere get6tet und die Aseiteszellen aus dem Abdomen herausgespii]t. Aueh der alleinige cytologische Nachweis yon Aseitestumorzellen wurde als positiv gewertet und fiir die Ermittlung der Ausgangsrate herangezogen.

In allen Fs wurde au6erdem der NAD-Gehalt in der Leber enzymatiseh bestimmt.

Ergebnisse In der ersten Abbildung sind die Ergebnisse der NAD-Bestimmungen in den

Tumoren zusammengefaBt. Die Messungen waren jeweL[s am 7.--10. Tag naeh

n Mol

g Fr Gew 220

200

180

J50

120

100

80

6i) gO

20

~ ! + N S A NS,4

iii 6 7 8 ~00 r 8 0 0 r 1200r 2 m 9 ,~ m 9 6 m 9

9 10 1500 r 2000 r

mg lO mg

rege

f~ mg N S A

Abb. 1. NAD-Gehalt (nMol/g Frischgewieht) im Ehrlich-C~rcinom der Maus nach fraktionier- ter ]~6ntgenbestr~hIung und Applikation yon Nicotins~ureamid

(Mitteiwerte :i: Standardabweichung)

der Transplantation erfolgt. Wie die Abbildung erkennen ls komrnt es aueh in den unbestrahlten Tumoren zu einer Abnahme des NAD-Geha]tes mit fort- schreitendem Alter des Tumors. Wit" m6ehten diese Ver/~nderungen auf die zu- nehmenden regressiven Erscheinungen mit reichliehen zentralen Nekrosen, die bei der Preparation nieht sicher vo]lst~ndig entfernt werden konnten, zuriick- ftihren.

Die fraktionierte Bestrahlung mit t/~glieh 400 R wurde an dem 6 Tage alten Tumor hegonnen, und im gleiehen Zeitpunk~ erhielt ehn TeL[ der unbestrahlten und bestrahlten Tiere Nicotins~ureamid in einer t~glichen Dosis yon 2 rag. Eine Wirkung der fraktionierten Bestrahlung auf den NAD-Gehalt war nieht festzu- stellen, obwohl die bestrahlten Tumoren erhebliche Regressionserscheinungen erkennen liel3en. Wie aber aus der AbbL[dung hervorgeht, war die Abnahme des NAD-Gehaltes unbestrahlter Tumoren genau so stark ausgepr~gt wie in dei~ bestrahlten Tumoren.

Nicotins~ureamid ftihrte erst naeh einer viertagigen Applikation zu einer Er- h6hung der NAD-Werte sowohl in den bestrahlten als auch in den unbestrahlten Tumoren. Es kam jedoch nicht zu einer Erh6hung iiber die an den 7 Tage alteu T~moren gemessenen Werte hinaus.

Der EinfluB einer fraktionierten RSntgenbestrahlung 11.7

Wie bereits erwghnt, lieB sich keine exskte Wachstumskontrolle der Tumoren durchffihren, weft das solide Ehrlich-Carcinom stark infiltrierend zun/~chst in die Muskulatur des beimpften Obersehenke]s wuehs und sieh sehlieBlich welter im Organismus des Tieres ausbreitete. Wegen der auffglligen Untersehiede des Tumorwachstums bei den 4 Versuchsgruppen sollen die Befunde jedoch kurz besehrieben werden.

Zu Beginn der Strsh]enbehandlung am 6. Tag nach der Transplantation land sich ein spindelf6rmiger Tumor mit einem Durehmesser yon etwa 5 mm. Bei den unbestrahlten Tumoren kam es zu einem rsseh weiterschreitenden Wachstnm, so dab am 8. Tage der gessmte OberschenkeI eingenommen wnrde und ctas tumor- befallene Bein etws den 3fachen Umfang des gesunden hatte. Am 10. Tag batte sich das Tumorwachstum auf den Unterbauch des Tieres ausgedehnt, das Bein war vS]lig ummauer t und die Pfote bis auf einen Knoehenstumpf abgestoBen. Es fanden sieh jetzt such Peritoneal- und Lebermetastasen.

Mit Beginn der Strshlenbehandlung war sofort ein Wachstumsstfllstand zu beobachten mit einer naehfolgenden Regression, so dab am 9. Tag die Tumoren lediglich erbsgroB waren und ab 10. Tag Careinomgewebe in vielen Fgllen nur noch histologiseh in Form kleiner Zellnester zwisehen narbigem Gewebe naehweis- bar war. Wie eine fiber die Versuchszeit hinausgehende Beobachtung der Tiere ergab, gingen aber offenbar yon diesen Rest~befunden die Rezidive aus, die in den meisten Fgllen um den 20. Tag auftraten.

Auffallend sind jetzt die Ergebnisse der Versuchsreihe, in der neben der Be- strahlung Nicotinsgureamid verabfolgt wurde. Wghrend sich zungehst such hier ein Wachstumsstillstand feststellen lieB, kam es veto 8.--10. Tag wieder zu einer erneuten Zunahme des Tumorwaehstums, so dab sich am 10. Tag eine gleichstarke Ausbrcitung dos Tumors land wie bei den unbestrahlten Tieren.

Wenn such das Tumorwachstum nieht quanti tat iv verfolgt werden konnte, so geht aus diesen Versuchen doeh eindeutig hervor, dab es mSglieh ist, die StrahIensehgdigung des Tumors dureh gleichzeitige Applikation yon Nicotin- sgureamid zu reduzieren, wenn nicht sogar aufzuheben. Wie die NAD-Bestim- mungen jedoeh ergeben haben, ist dieser Effekt offenbar unabhgngig vom Ver- halten des NAD.

Diese Tatsache wird bestgtigt in Versuehen, in denen Tumorgewebe intra- peritoneal transplantiert wurde (Tabelle). Von den 6--10 Tage alten soliden

Tabelle. Angangsrate 7 Tage nach intraperitonealer Transplantation des soliden Tumors

Al~er des Z Strahlen- soliden dosis (R) Tmnors Kontrol]en bestrahlte (Tage) Tumoren

Zahl der Tiere mit Asei~eszellen/Zaht der beimpften Tiere

Bestr~hlung Kontrolle -- NSA des Tumors 2 mg/T~g § BTSA 2 mg/T~g

6 400 9/10 9/10 9/10 - - 7 800 9/]0 8/10 13/13 - - 8 1200 8/18 8/10 16/20 - - 9 1600 16/20 8/16 7/10 8/10

10 2000 12/20 1/10 5/10 7/10

118 H. N_~ASS, F. H6LZEL und H. TEOBISeE:

Tumoren wurde Gewebe entnommen und M~tusen intraperitoneal transplantiert. JeweiIs 7 Tuge danach wurde die Angangsrute bestimmt. Bei den 6 Tage Mten unbestrahlten Tumoren war es in 90% der F&lle zur Entwieklung eines Aseites- tumors gekommen, bei den 10 Tuge alten nut in 60%. Dagegen betrug bei den 10 Tage ul~en bestrahlten Tumoren die Angungsrute lediglieh 10%. Auch bei diesen Versuchen ergab sich ein deutlieher Strahlenschutzelfekt des Nieotin- s~ureamids. Bei denjenigen Tieren, denen neben der Strahlenbehandlung Nicotin- s/~ureamid verabfolgt wurde, betrug die Ang~ngsrate 50%.

n i'4ot 9 Fr Gew

500

400

300

200

/r J / ~ T NAZ)-&ehcfl~

. ' " ; / ~ " - - - - t 9e~under Tiere

~ - - - ~ Bestrahlung des Tumors

. . . . . ~ Bestrohlung des Tumors +NSA

~ nus NSA

4OOr o~ 12DOt 160Or 2ODOr ~ r 2 m9 z mg 6 mg 8 m9 10 m 9 ~ mg N~kotlnsdureomid (NSA)

Abb. 2. NAD-Gehslt (nMol/g Fr&chgewieht) in der Leber yon M~usen mit einem Ehrlich- Carcinom und dessen Beeinflussung dutch Bestrahhng des Tumors

(I~Iittelwerte ~ Standardabweiehung)

Die NAD-Bestimmungen in der Leber der tumortragenden Tiere bests die frfiher yon WA~AVDE~A~ (1956) erhobenen Befunde. Wie die Abb. 2 erkennen l&13t, kommt es zu einer deutliehen Abnahme des NAD-Gehaltes in der Wirtsleber. Auffullenderweise werden jedoeh die Leber-NAD-Werte bei den Tieren, deren Tumoren bestrahlt wurden, zunehmend normalisiert, so dug sie sehlieBlieh am 10. Tag signifikant fiber den Kontrollwerten liegen. Eine Applikation yon Nieotin- s~ureamid hat keine zus~tzliche Steigerung des NAD-Gehaltes zur Folge. Auf- fallenderweise ist aueh der Leber-NAD-Gehalt bei den niehtSumortragenden Tieren dutch Nieotinamid nieht starker zu erh6hen als dureh alleinige Bestrahlung des Tumors bei den tumort.ragenden Tieren.

Diskussion

Aus den Ergebnissen geh~ eindeutig hervor, dug nueh einer fraktionierten Bestrahlung eines Tumors mit mi~Gigen Dosen, die abet zu einer eindeutigen Beeinflussung des Tumorwachstums ffihren, eine Ver&nderung des NAD-Gehaltes nieht naehweisbar ist. Das steht in (~bereinstimmung mit frfiheren und neueren Befunden unseres Arbei~skreises, naeh denen die Ver&nderungen des NAD-

Der Einflug einer fraktionierten R6ntgenbestrahlung 119

Gehaltes erst nach relativ hohen Dosen auftre~en (MA•ss u. K~]KEL, 1960), wghrend die Beeinflussung der Zeltproliferation deu~lich strahlenempfind- licher ist.

Auffallend sind die Befunde fiber die Beeinflul3barkeit des Tumorwachstmns bei denjenigen Tieren, die neben der Strah]enbehandlung Nieotins~ureamid er- hielten. Die eindeutige Strahlenschutzwirkung des Nicotins/tureamids ist dem- nach unabh/tngig davon, ob durch die Bestrahlung eine Ver/~nderung des NAD- Gehaltes auftrit t oder nieht. In diesem Zusammenhang sei an die Ergebnisse der Arbeiten yon HILZ u. Mitarb. (1962) erinnert, nach denen es dureh Verabfolgung yon Nieotins/tureamid bei Ascitestumorzellen nieht nur zu einer Zunahme des NAD-Gehaltes, sondern aueh zu einer Aufhebung der DNS-Synthesehemmung in den bestrahlten Zellen kommt. Aueh dieser Meehanismus konnte bisher nicht gekl~rt werden.

Die an der Leber der tumortragenden Tiere gefundenen Ver/tnderungen des NAD-Gehaltes best/ttigen/tltere Befunde yon WAI~AVD~I~AI~ (1956). Ahnlieh wie die bekannte Verminderung der Leberkatalase in tumortragenden Tieren wird auch die Abnahme des NAD-Gehaltes yon WAI~AVI~EKAI~ (1956) sowie yon 0~O u. Mitarb. (1959) auf eine Hemmung der NAD-Synthese der Leber in tumor- tragenden Tieren zurfiekgeffihrt. Von einer t%eihe yon Autoren (O~o et al., 1959, s. aueh BvscI~, 1962) werden diese Ver/tnderungen mit dem nieht n/ther identifi- zierten Toxohormon in Zusammenhang gebraeht. Das Toxohormon ist eine thermo- stabile Substanz, die aus Tumoren isoliert werden konnte (Oxo et al., 1957) und die naeh Injektion in Empf/t, ngertiere zu einer Abnahme des Leberkatalase- gehaltes ftihrt. Eine en/;spreehende Substanz mit gtmlieher Wirkung konnte aus Normalgeweben hie gewonnen werden. Sie kann jedoeh yon Tumorgeweben aueh in vitro gebildet werden.

Interessanterweise liel3 sieh die Ver/Lnderung des NAD-Gehaltes in der Leber dutch Bestrahlung des Tumors normalisieren. Dieser Effekt is~ bisher nieht besehrieben worden. Setzt man die Existenz des sog. Toxohormons voraus, w/tre denkbar, dab mit zunehmender Sehs des Tumors diese Substanz nieht mehr gebildet wird und damit ihre depressorisehe Wirkung auf Syntheseprozesse in der Leber in zunehmendem MaBe entf/tllt. Die Zunahme des NAD-Gehaltes der Leber 1/tuft der Regression des bestrahlten Tumors parallel. Allerdings mtiBte man dann annehmen, dab die Substanz eine kurze Halbwertzeit hat, da der Effekt bereits am ersten Tag naeh der Bestrahlung naehweisbar isC Aut3erdem ist auff~llig', dal~ am 10. Tag naeh der Bestrahlung h6here NAD-Werte in der Leber gefunden wurden als bei den Kontrollen. Dieser Befund ist mit dem Ausfall eines depressorisehen Prinzips auf die NAD-Synthese sehwer in Einklang zu bringen.

Darfiber hinaus w/tre auf Grund der Arbeiten yon ItlLZ u. Mitarb. (1963) denkbar, dal3 die Erh6hung des NAD-Gehaltes in der Leber derjenigen Tiere, deren Tumoren bestrahlt wurden, dutch das aus den Tumoren freiwerdende Nieotin- s/tureamid bedingt ist. Daftir wtirde spreehen, dab diejenigen Tiere, denen Nicotin- ss verabfolgt wurde, in gleichem Ausmaf3 eine Steigerung ihres NAD- GehMtes in der Leber aufwiesen. Allerdings w/irde die freiwerdende NSA-Menge etwa nur t - - 2 mg insgesamt betragen.

120 H. MAASS, F. HOLz~L und H. TRomsc~r:

Inwieweit Vergnderungen im Endokrinimn der Tiere, die wghrend der Strah- lenbehandlung der Tnmoren auftreten kSnnten, an der Erh6hung des Leber-NAD beteiligt sind, miigte in weiteren Untersuchungen geprfift werden.

Zusammenfassung

Nach einer fraktionierten t~Sntgenbestrahlung solider Ehrlich-Carcinome mit insgesamt 2000 1% konnte eine Ver/tnderung des NAD-Gehaltes der Tumoren nicht nachgewiesen werden. Dagegen war die Dosis ausreichend, um eine erhebhche Regression der Tumoren zu erzielen. Bei Tieren, die neben der Strahlenbehand- lung Nicotins~ureamid (10 rag) erhielten, konnte die Strahlenwirkung auf das Tumorwachstum weitgehend aufgehoben werden. Aueh die Transplantabilitgt dieser Tumoren war gegenfiber den nut bestrahlten deutlieh erh6ht.

In der Leber der tumortragenden Tiere fanden sich deutlich erniedrigte NAD- Werte. ErwartungsgemgB konnte der NAD-Gehalt der Leber dutch Applikation yon Nicotins~ureamid fiber den Weft der Kontrollen erh6ht werden. Auffallender- weise kam es jedoch zu einer gleiehstarken Erh6hnng der Leber-NAD-Werte bei den Tieren, deren Tumoren bestrahlt wurden, ohne dag sie Nicotinsgureamid erhalten hatten.

The influence of a fractionated x-irradiation on the NAD-eontent of solid tumors and the host liver

Summary

After a fractionated x-irradiation of solid Ehrlich-eareinomas with 2000 1% no changes of the tumor-NAD-content could be observed. The dose applied was sufficient for an extensive regression of the tumors. In animals treated simultane- ously during the radiation treatment with nieotinamide (10 mg) the radiation effect on the tumor growth was nearly abolished. There was also a clear cut increase of the transplantability of the tumors of the nieotinamide treated animals as compared with the group, only irradiated.

In the livers of the tumor bearing animals the NAD-contents were significantly reduced. As expected the NAD-content of the liver was elevated above the control values after nicotinamide application. An increase of the liver NAD of the same degree was observed in the animMs which tumors had been irradiated without applieation of nieotinamide.

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Der Eintlul3 einer fraktionierten g6ntgenbestrahlung 121

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Doz. Dr. H. MAASS Universitgtskrankenhaus Eppendorf 2 Hamburg 20, Martinistr. 52