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UTB M (Medium-Format) 3769 Das Regierungssystem der USA Eine Einführung Bearbeitet von Winand Gellner, Martin Kleiber überarbeitete und aktualisierte Auflage 2012. Taschenbuch. 304 S. Paperback ISBN 978 3 8252 3769 1 Format (B x L): 15 x 21,5 cm Weitere Fachgebiete > Medien, Kommunikation, Politik > Politische Systeme > Staats- und Regierungsformen, Staatslehre Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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  • UTB M (Medium-Format) 3769

    Das Regierungssystem der USA

    Eine Einführung

    Bearbeitet vonWinand Gellner, Martin Kleiber

    überarbeitete und aktualisierte Auflage 2012. Taschenbuch. 304 S. PaperbackISBN 978 3 8252 3769 1

    Format (B x L): 15 x 21,5 cm

    Weitere Fachgebiete > Medien, Kommunikation, Politik > Politische Systeme > Staats-und Regierungsformen, Staatslehre

    Zu Inhaltsverzeichnis

    schnell und portofrei erhältlich bei

    Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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    UTB (M) Impressum_12.indd 1 02.02.12 16:15

    3769

    BUT_Gellner_3769-1_UTB.indd 1 10.09.12 09:19

  • Winand Gellner | Martin Kleiber

    Das Regierungssystem der USA

    Eine Einführung

    2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

    Nomos

    BUT_Gellner_3769-1_UTB.indd 3 10.09.12 09:19

  • 2. Auflage 2012© Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2012. Printed in Germany. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    ISBN 978-3-8252-3769-1 (UTB)

    BUT_Gellner_3769-1_UTB.indd 4 10.09.12 09:19

  • Für meine Lieben –

    Renate, Alina und Moritz Julius

  • Vorwort

    Wenn man nach einigen wenigen Stunden Flug den Boden der USA betritt, stellt sichein merkwürdiges, gleichzeitiges Gefühl der Vertrautheit und Fremdheit ein. Zum ei-nen drängt sich die Verwandtschaft zu den westeuropäischen Staaten auf, die sich inkulturellen, wirtschaftlichen und politischen Dingen mit Händen greifen lässt. Zumanderen bleibt ein Gefühl von Fremdheit und Unsicherheit darüber, wie sich die eu-ropäischen Traditionen im Kontext eines so verschiedenen Kontinents spiegeln. Schonfür Alexis de Tocqueville (1805-1895) war die Reise nach Amerika so aufschlussreich,dass er uns bis heute nicht nur einen Klassiker der Reiseliteratur, sondern auch dieerste empirische politische Analyse eines außereuropäischen politischen Systems hin-terlassen hat.

    Es wäre verwegen, den Anspruch zu erheben, hier etwas auch nur entfernt Vergleich-bares vorzulegen. Wir haben uns aber in der Tat darum bemüht, das amerikanischepolitische Regierungssystem zu verstehen, wie es sich die Verfassungsväter gedachthatten, und es darauf hin zu befragen, wie diese Ordnung im 21. Jahrhundert aussieht,zu einer Zeit also, in der trotz allen anderen aufstrebenden Mächten die Weltpolitikdurch die amerikanische Hegemonialstellung dominiert wird. Dabei ist es unmöglich,allen nötigen Aspekten nachzugehen und jede Dimension der politischen Gesamtkon-stellation zu erfassen. Dennoch glauben wir, dass sich ein gemeinsamer Nenner for-mulieren lässt, der so bislang in der durchweg verdienstvollen deutschen Amerika-Literatur noch nicht genügend herausgearbeitet wurde. Es handelt sich dabei um dasPhänomen des gridlock, des sogenannten Politikstaus, den wir für die amerikanischePolitik als prägend ansehen. Obwohl sich dies der Natur der Sache entsprechend eherim innenpolitischen Prozess nachweisen lässt, haben wir auch außenpolitische Aspektemitberücksichtigt. Nach den schrecklichen Ereignissen des 11. September 2001 undder von George W. Bush in der Folge bei der Exekutive akkumulierten Macht konnteder Eindruck entstehen, dass amerikanische Politik keineswegs langsam oder schlep-pend, sondern viel eher zu schnell und unüberlegt gehandelt habe. Wir halten dies aberfür keinen grundsätzlichen Widerspruch zu unserer gridlock-These. Denn jeder Präsi-dent ist trotz der damaligen Exekutivdominanz an die innenpolitische Konstellationzurückgebunden und muss zusehen, wie er und seine Partei mittel- und langfristig mitdem innenpolitischen Meinungs- und Willensbildungsprozess zurechtkommen. Diezweite Amtsperiode von George W. Bush stand dann auch wieder ganz im Zeichenvon gridlock, und die erste Amtszeit Barak Obamas darf spätestens nach den für ihnund seine Partei verheerenden Kongresswahlen 2010 als Phase extremen gridlocks be-zeichnet werden. Entscheidend ist für uns insoweit, dass wir trotz aller gegenläufigenMomentaufnahmen in der amerikanischen Innen- und Außenpolitik kein wirklichdauerhaftes Ungleichgewicht und daher auch keinen wirklichen Fortschritt zu mehrgleichförmiger und zielgerichteter Politik zu erkennen vermögen. Es handelt sich beiden USA vielmehr um ein politisches Gemeinwesen, das zwischen Markt und Staat,

    7

  • Privatheit und Öffentlichkeit sowie in der Außenpolitik zwischen Interventionismusund Isolationismus schwankt und dabei keine dauerhafte Richtungsentscheidung ge-fällt hat. Genauso wenig wie es einen typischen US-Amerikaner gibt, gibt es typischUS-amerikanische Politik, es sei denn, man einigte sich auf unseren Vorschlag, dassdas Idealziel amerikanischer Politik darin besteht, dass sich auf Dauer keine der Kräfteim Machtparallelogramm der Vereinigten Staaten durchzusetzen vermag. Insoweitkann man gridlock durchaus als prozedurale Voraussetzung und gleichzeitig als Be-schreibung des Pluralismus‘ ansehen, der wohl in keiner anderen politischen Nationso stark ausgeprägt ist. Gleichwohl lässt sich auch der Pluralismus übertreiben. Dieideologische Polarisierung der Nation, die bereits seit der Amtszeit Bill Clintons er-kennbar ist, die sich unter George W. Bush – abgesehen von einer kurzen Phase na-tionaler Einheit in der Folge des 11. September – vertiefte und spätestens im Sommer2011 zu einer vollständigen Lähmung und Blockade des politischen Lebens führte, istAnlass genug, neu über gridlock nachzudenken. Könnte es sein, dass wir gegenwärtigZeugen eines Verschwindens des nicht-kontroversen Sektors (Fraenkel 1991) in deramerikanischen Politik sind, geprägt durch Hass und Verachtung des politischen Geg-ners? Nicht zuletzt daher haben wir uns entschlossen, eine völlig überarbeitete Fassungunseres Buches zu erstellen. Neben vielen Aktualisierungen und Korrekturen findensich mehrere neue Kapitel zur Präsidentschaft Obamas und seiner Innen- und Außen-politik, zu filibuster und super-majority im Senat, zur Gesundheitsreform, zu den neu-en SuperPACs, zur Tea-Party und zu Veränderungen im Bereich der Medien.

    Ein einführendes Lehrbuch, das sich neben der interessierten Öffentlichkeit im Beson-deren an Studierende der Politikwissenschaft und der Amerikanistik wendet, stellt im-mer einen Kompromiss zwischen Wissenschaftlichkeit und Verständlichkeit dar. Wirhaben versucht, beiden Anforderungen nach Möglichkeit gerecht zu werden. Im Zwei-felsfall haben wir uns für eine größere Aktualität und bessere Lesbarkeit entschieden.Die Auswahl der Einzelthemen entspricht im Wesentlichen den gängigen Einführungs-werken und daneben unseren eigenen Forschungsschwerpunkten. Im Zweifelsfall ha-ben wir den Mut zur Lücke gehabt, im Ganzen aber denken wir, das Regierungssystemder USA durchaus adäquat erfasst zu haben.

    Wir danken Thomas Eibl und Lukas Zech für die redaktionelle Mitarbeit und für ihrekreative Mithilfe bei der Erstellung der Abbildungen. Christian Dölle hat dankens-werterweise den Text Korrektur gelesen. Sybille Maier hat mit großer Zuverlässigkeiteinen Teil der Texte geschrieben. Für alle verbleibenden Fehler sind selbstverständlichallein die Autoren verantwortlich.

    Passau, Washington D.C. 2012 Prof. Dr. Winand Gellner

    Martin Kleiber, M.A.

    Vorwort

    8

  • Inhaltsverzeichnis

    Abbildungsverzeichnis 13

    Einleitung ......................................................................................... 15

    Staatswerdung und -konsolidierung ..................................................1. 17

    Grundlagen der Verfassungsorgane ...................................................2. 25

    Entstehungsgeschichte der Verfassung ..............................................2.1 25Limited Government und unveräußerliche Naturrechte ........................2.2 32Horizontale Gewaltenteilung ..........................................................2.3 34Vertikale Gewaltenteilung .............................................................2.4 36

    Der Kongress im politischen System der USA ......................................3. 37

    Organisation ..............................................................................3.1 37Das Repräsentantenhaus .......................................................3.1.1 37Der Senat ..........................................................................3.1.2 39

    Aufgaben ...................................................................................3.2 40Politische Führung und Arbeitsweise ................................................3.3 42

    Führungsämter ...................................................................3.3.1 42Die Ausschüsse im Kongress ..................................................3.3.2 44

    Der Gesetzgebungsprozess .............................................................3.4 49Grundlagen .......................................................................3.4.1 49Der Gesetzgebungsprozess im Einzelnen ...................................3.4.2 50

    Die Haushaltsverhandlungen ..........................................................3.5 56Haushalt und Außenpolitik ............................................................3.6 60Kontrolle der Exekutive ................................................................3.7 61Der Kongress in der Außenpolitik ...................................................3.8 63

    Die Präsidentschaft ........................................................................4. 69

    Die Präsidentschaft seit 1945 .........................................................4.1 69Formale Machtmittel ....................................................................4.2 76

    Institutionelle Machtmittel ....................................................4.2.1 77Informelle Machtmittel ........................................................4.2.2 83

    Entscheiden im präsidentiellen System der USA ..................................4.3 86Organisationsstile der politischen Entscheidungsgewalten .............4.3.1 88Präsidentielle Politikstile in Außen- und Innenpolitik ...................4.3.2 89

    Präsidialverwaltung .....................................................................4.4 92Der Präsident in der Außenpolitik ...................................................4.5 94

    Oberbefehlshaber der Streitkräfte ...........................................4.5.1 96Internationale Verträge ........................................................4.5.2 97

    9

  • Der Präsident und die weitere Exekutive in der Außenpolitik . . . . . . . .4.5.3 99Das Außenministerium .........................................................4.5.4 99Das Verteidigungsministerium ...............................................4.5.5 101Die Intelligence Community .................................................4.5.6 102Die Außenpolitik Präsident Obamas ........................................4.5.7 104

    Die Judikative ..............................................................................5. 109

    Organisation des Gerichtswesens ....................................................5.1 109Das oberste Bundesgericht der USA – der Supreme Court .....................5.2 112Richterliche Kontrolle ..................................................................5.3 115Politisierung der Judikative ............................................................5.4 118

    Judicial activism und judicial restraint .....................................5.4.1 118Nominierung von Richtern ....................................................5.4.2 122

    Vertikale Gewaltenteilung – Föderalismus in den USA ...........................6. 127

    Kulturelle und staatsrechtliche Grundlagen ........................................6.1 127Entwicklung des Föderalismus in den USA ........................................6.2 131Policy-making und Föderalimus – Die Krankenversicherungsreform von2009/2010 .................................................................................

    6.3133

    Kommunalregierungen .................................................................6.4 135Sonderfall amerikanische Ureinwohner .............................................6.5 137Föderalismus im politischen Diskurs ................................................6.6 138

    Politische Parteien .........................................................................7. 141

    Parteien und Gewaltenteilung .........................................................7.1 141Geschichte der amerikanischen Parteien ............................................7.2 143

    Die Anfangszeit der Vereinigten Staaten ...................................7.2.1 144Parteien während der Jacksonian Democracy ...........................7.2.2 145Bürgerkrieg .......................................................................7.2.3 146Die Ära der machines ..........................................................7.2.4 147Moderne nach 1945 ............................................................7.2.5 150Amerikanische Parteien in der Gegenwart .................................7.2.6 153Aufstieg (und Fall?) des Tea Party-Movements ..........................7.2.7 155

    Parteienorganisation ....................................................................7.3 158Party-in-government ...........................................................7.3.1 158Party-as-organization ..........................................................7.3.2 163Party-in-the-electorate .........................................................7.3.3 169

    Bewertung .................................................................................7.4 171

    Wahlen .......................................................................................8. 173

    Kongresswahlen ..........................................................................8.1 174

    Inhaltsverzeichnis

    10

  • Präsidentschaftswahlen .................................................................8.2 179Von der Idee auf den Wahlzettel – die Vorwahlen in den USA .... . . .8.2.1 179Die Wahlkampfphase nach den Vorwahlen ...............................8.2.2 182National convention ...........................................................8.2.3 183Bundesweite Wahlen ............................................................8.2.4 184

    Wahlen und Wahlergebnisse seit 2000 ..............................................8.3 185Die Wahlen 2008 und 2010 ...........................................................8.4 187Wahlverhalten ............................................................................8.5 197

    Ethnizität ..........................................................................8.5.1 199Einkommen und Bildung ......................................................8.5.2 199Religion ............................................................................8.5.3 200Alter und Geschlecht ...........................................................8.5.4 200Regionalspezifische Konflikte ................................................8.5.5 201

    Wahlbeteiligung ..........................................................................8.6 203Wahlkampffinanzierung ................................................................8.7 204

    Öffentliche Wahlkampffinanzierung ........................................8.7.1 207Wahlkampffinanzierung aus privaten Mitteln ............................8.7.2 208Kritik ...............................................................................8.7.3 210

    Interessengruppen im politischen Prozess ............................................9. 211

    Ein-Themen-Interessengruppen und Verbände ....................................9.1 213Stiftungs- und Spendenwesen .........................................................9.2 216Interessengruppen in der Außenpolitik .............................................9.3 217

    Medien in den USA .......................................................................10. 223

    Strukturen der Medienlandschaft ....................................................10.1 223Medien und Demoskopie im Meinungs- und Willensbildungsprozess .......10.2 225Medien und die Außenpolitik .........................................................10.3 233

    Politikberatung in den USA: Think Tanks als Ideenagenturen .................11. 237

    Dominanz der Universitäten ohne Studenten ......................................11.1 240Eine neue Generation: interessenorientierte Think Tanks .....................11.2 243Ein neuer Trend: interessenabhängige Think Tanks ............................11.3 245Ideenagenturen heute ...................................................................11.4 246Ideenagenturen als Vorbild und Notwendigkeit ..................................11.5 251

    Bürgerrechte und Zivilgesellschaft ....................................................12. 255

    Individuelle Freiheitsrechte ............................................................12.1 255Bürgerrechte ...............................................................................12.2 256Staat und Religion .......................................................................12.3 259Einschränkung der Bürgerrechte – Das Beispiel USA Patriot Act ............12.4 262

    Inhaltsverzeichnis

    11

  • Zivilgesellschaft in den USA ...........................................................12.5 264

    Nachwort ......................................................................................... 267

    Anhang ............................................................................................ 269

    Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ...........................1. 269Die Federalist Papers Nr. 10 und Nr. 51 ...........................................2. 281

    Bibliographie ..................................................................................... 291

    Stichwortverzeichnis ............................................................................ 303

    Inhaltsverzeichnis

    12

  • Abbildungsverzeichnis

    Abb. 2.1: Vom ersten Kontinentalkongress zur Annahme der Verfassung 25

    Abb. 2.2: Die Bill of Rights – die ersten 10 Verfassungszusätze 31

    Abb. 2.3: Präsidentielle Vetos, 1969-2012 35

    Abb. 3.1: Ausschüsse im 112. Kongress 47

    Abb. 3.2: Das Supercommittee 48

    Abb. 3.3: Filibustering, 1969-2012 53

    Abb. 3.4: Die regular appropriation bills bzw. subcommittees 58

    Abb. 3.5: Discretionary spending im Haushaltsjahr 2011 (in Mrd USD) 58

    Abb. 4.1: Die bisherigen Präsidenten der USA 74

    Abb. 4.2: Organigramm des Executive Office of the President (EOP) 79

    Abb. 4.3: Die Bundesministerien der USA 80

    Abb. 4.4: Amerikanische Präsidenten des 20. Jahrhunderts und ihr Kar-rierehintergrund 81

    Abb. 4.5: Historische Bewertung der Präsidenten der USA 84

    Abb. 4.6: Bundesbehörden und behördenähnliche, öffentliche Körper-schaften 93

    Abb. 5.1: Die Organisation des Gerichtswesens in den USA 110

    Abb. 5.2: Öffentliche Zustimmung für den Supreme Court 122

    Abb. 5.3: Abstimmungsverhalten und Parteizugehörigkeit von Richternam Supreme Court 2000 und 2001 124

    Abb. 6.1: Föderale Verwaltungsstruktur in den USA 136

    Abb. 7.1: Stammbaum der Demokratischen und Republikanischen Partei 143

    Abb. 7.2: Zunahme von divided government nach 1945 151

    Abb. 7.3: Spendeneinnahmen der Parteien in den Wahljahren 2000-2012 169

    Abb. 7.4: Parteienidentifikation in den USA 171

    Abb. 8.1: The Gerry-Mander 175

    Abb. 8.2: Die incumbancy rate von 1964 bis 2010 177

    Abb. 8.3: Regionale Verteilung der Mandate im Repräsentantenhaus,1910 und 2010 178

    Abb. 8.4: Meistbesuchte Staaten im Präsidentschaftswahlkampf 2008 183

    Abb. 8.5: Die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahlen 2008 189

    Abb. 8.6: Wahlsoziologische Analyse der Präsidentschaftswahlergebnisse2008 192

    Abb. 8.7: Parteienidentifikation sozialer Gruppen in den USA, 2008 202

    Abb. 8.8: Wahlbeteiligung bei Präsidentschaftswahlen, 1924-2008 204

    13

  • Abb. 8.9: Zentrale Begriffe der Wahlkampffinanzierung 206

    Abb. 8.10: Wahlkampfspenden bei Präsidentschaftswahlen (in Mio USD) 209

    Abb. 9.1: Die einflussreichsten Interessengruppen in den USA 213

    Abb. 9.2: Interessengruppen nach Themenorientierung, 2011 215

    Abb. 9.3: Interessengruppen mit den größten Geldspenden bei Wahlkämp-fen, 2011 217

    Abb. 9.4: Das Fallbeispiel AIPAC 219

    Abb. 10.1: Amerikanische Tageszeitungen mit der größten Verbreitung,2011 223

    Abb. 10.2: Herkunft von politischen Informationen nach Medien 227

    Abb. 10.3: Das Verhältnis zwischen good news und bad news in der Medi-enberichterstattung (nach Wahljahr, in Prozent) 228

    Abb. 10.4: Öffentliche Wahrnehmung der Medien 229

    Abb. 10.5: Bildung und öffentliche Meinung 232

    Abb. 10.6: Sollte die gleichgeschlichtliche Ehe legalisiert werden? 233

    Abb. 11.1: Think Tanks und intermediäre Akteure im politischen Prozess 239

    Abb. 11.2: Think Tanks nach Ausgaben 248

    Abb. 11.3: Verweise auf Think Tanks in den Medien 250

    Abb. 12.1: Policy-making im Politikfeld Bürgerrechte – das Beispiel affir-mative action 259

    Abb. 12.2: Zugehörigkeit zu Glaubensgemeinschaften in den USA 2008und 1990 in Mio. (über 18-jährige Bevölkerung) 260

    Abbildungsverzeichnis

    14

  • Einleitung

    Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nach einem Klassiker der politikwissen-schaftlichen Literatur die erste neue Nation (Lipset 1979). Auch Alexis de Tocquevillesprach von den USA als der ersten modernen Massendemokratie. Insoweit ist es nichtlange zu rechtfertigen, warum man sich mit den USA beschäftigen muss, umso mehr,weil die Rolle der heute und bis auf weiteres einzigen Supermacht in der Weltpolitiknach wie vor umstritten und unklar ist. Genauso, wie die USA der erste moderne Staatund damit ein Modernisierungspionier waren, sind sie spätestens nach dem Ende desKalten Krieges auch die letzte politische Macht der Moderne. Francis Fukuyamasprach seinerzeit vom Ende der Geschichte und hatte damit den endgültigen Triumphdes Liberalismus’ amerikanischer Prägung vor Augen (Fukuyama 2006). Wenngleichdiese Einschätzung sicherlich genau so voreilig und falsch wie diejenige von FriedrichHegel war, der im preußischen Staat den Gipfel und die Vollendung staatlicher Herr-schaft sah, bleibt doch zu fragen, ob die mit den USA begonnene moderne Staatlichkeitauch mit den USA zu ihrem Ende gekommen ist? Denn alles das, was unter den Stich-wörtern Individualisierung und Globalisierung diskutiert wird, und in der Konsequenznichts anderes darstellt als eine faktische Amerikanisierung, prägt das Weltgeschehenauf eine fast imperiale Weise, deren Ende trotz entsprechender Vorhersagen nicht ab-sehbar ist. Ungeachtet allen vermeintlichen Wissens über diese erste und letzte moderneNation herrscht immer noch vergleichsweise wenig Verständnis für diesen Staat undseine politisch-kulturellen Grundlagen. Die angebliche ökonomische, kulturelle undauch ideologische Nähe zu anderen Staaten der westlichen Welt erweist sich bei ge-nauerem Hinschauen nämlich als trügerisch. Die USA sind mehr als nur eine moderneAusgabe westlicher Demokratien, sie sind tatsächlich ein Land, das sowohl von Eu-ropa, als auch von Asien gleich weit entfernt ist. Nicht zuletzt ist dieser american ex-ceptionalism in der Selbstwahrnehmung der Amerikaner stets präsent.

    Amerikanische Vorstellungen von der Gewaltenteilung und -verschränkung, der Rolleder Medien, Parteien und Interessengruppen im politischen Meinungs- und Willens-bildungsprozess sind im Vergleich zum europäischen parlamentarischen Politikver-ständnis so unterschiedlich, dass Missverständnisse im transatlantischen und transpa-zifischen Diskurs oft die zwangsläufige Folge sind. Dabei ist die Frage danach, wie diekomplizierte Binnenkonstellation des gewaltenteilenden Systems der USA mit den po-litisch-kulturellen Befindlichkeiten zusammenhängt, entscheidend für das Verständnisder weltpolitischen Rolle der sogenannten hyperpuissance (Hubert Védrine). Die USAstellen das Laboratorium der politischen Moderne dar und sind insoweit gezwungen,den Herausforderungen der modernen Massendemokratie gerecht zu werden, die üb-licherweise in den anderen Staaten erst mit Verzögerungen rezipiert werden. Auchwenn sich der für kulturelle Phänomene festgestellte Verzögerungseffekt von etwa zehnJahren verkürzt haben mag und auf eine fast schon ungefähre Gleichzeitigkeit ge-schrumpft ist, hat die politische Amerikanisierung in den restlichen Demokratien erst

    15

  • ansatzweise ihren Niederschlag gefunden. Von der Regierungstätigkeit über den par-lamentarischen Entscheidungsprozess, von den Problemen der vertikalen Gewalten-teilung bis hin zur Rolle von Interessengruppen, Parteien und Medien haben die USAInstitutionen entwickelt, die für moderne politische Prozesse prägend, wenn nicht vor-bildhaft sind. Dies mag man aus demokratietheoretisch normativer Perspektive be-dauern. Gleichwohl ist gut beraten, wer sich in die USA begibt, um zu studieren, wiepolitische Prozesse im modernen Staat ablaufen. Man muss und kann nicht alles über-nehmen, und man wird vieles durch den Schleier der eigenen nationalen, politisch-kulturellen und traditionalen Gepflogenheiten wahrnehmen. Wer die politische Zu-kunft der westlichen Welt verstehen will, muss sich dennoch zwingend mit der Gestaltamerikanischer politischer Institutionen auseinandersetzen.

    Einleitung

    16

  • Staatswerdung und -konsolidierung

    Jedes Volk und jede Nation sind durch grundlegende Ideen geprägt. Sie erst ermögli-chen eine nationale Identität. Die USA sind in dieser Hinsicht aber ein Sonderfall.Üblicherweise sind Nationen und Staaten als Folge und Ergebnis von historischenEntwicklungen entstanden. Die USA sind dagegen nicht so sehr wie die europäischenStaaten das Ergebnis eines solchen Prozesses, sondern vielmehr eine auf Ideen basie-rende Nation, die so in dieser Form bewusst geschaffen wurde. Ernst Fraenkel hat diesmit den bekannten letzten Sätzen seines Buches „Das amerikanische Regierungssys-tem“ folgendermaßen illustriert:

    „Wenn bei dem Studium des amerikanischen Regierungssystems der Eindruck entstandensein mag, dass es allzu künstlich, wenn nicht gar gekünstelt sei, sollte darüber nicht verkanntwerden, dass ihm eine geniale künstlerische Vision zu Grunde liegt. Das großartigste Kunst-werk, das die westliche Hemisphäre hervorgebracht hat, sind die Vereinigten Staaten vonAmerika“ (Fraenkel 1981: 346-347).

    Gerade weil die Verfassungsväter nach dem Unabhängigkeitskrieg historisch gesehenüber Nacht einen neuen Staat aus der Taufe hoben, ist die kulturelle Identität derRevolutionszeit in der Verfassung eingefangen worden und wirkt bis heute so starkwie in wohl keinem anderen Land nach. Man vergleiche nur die europäischen Mon-archien jener Zeit mit den ihnen nachgefolgten politischen Systemen am Beginn des21. Jahrhunderts. Die Bürger Nordamerikas waren nach der Unabhängigkeitserklä-rung und dem Sieg über die britische Krone zur institutionellen Sicherung ihrer politi-schen Freiheiten ermutigt. Das neue, gute Staatswesen hatte sich durchgesetzt. DieseErkenntnis, gepaart mit der Tatsache, dass in den mehr als zwei Jahrhunderten US-amerikanischer Geschichte der Bestand ihrer Verfassung nur einmal – während desamerikanischen Bürgerkrieges – ernsthaft gefährdet war, ist die Voraussetzung dafür,dass die Politische Kultur und die Verfassung als Quelle für die nationale Identität einenormes Beharrungsvermögen entwickelt haben. Die USA können unter den westlichgeprägten Ländern die größte politische Kontinuität vorweisen. Aus der Sicht dermeisten Amerikaner haben die quasi sakrosankten Verfassungsväter die Nation in derTat zu einer langen und andauernden Erfolgsgeschichte gemacht.

    Hinter dem Amerika der Revolutionszeit verbirgt sich eine heterogene Gemeinschaft,die gerade die Loslösung von der britischen Krone, das Schutzbedürfnis religiöserFrömmigkeit, die aufklärerische Überhöhung des Individuums und den Vorabend derindustriellen Revolution durchlebte. Insoweit war es unvermeidlich, dass politischeWertvorstellungen den sich abzeichnenden Veränderungen Rechnung tragen und da-bei vor allem den Fortbestand des jungen Staatswesens garantieren sollten. In der ty-pischen, idealisierten Form handelt es sich um die Werte der Freiheit, der Gleichheit,der Volkssouveränität, des Individualismus und der Verschiedenheit, aber auch derEinheit.

    1.

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  • Freiheit bedeutet zunächst, dass die Staatsbürger als Individuen freie Wesen sind. DieseFreiheit stößt aber dort an ihre Grenzen, wo sie die Freiheit der anderen beeinträchtigt.Die Freiheitsrechte der amerikanischen Verfassung waren und sind zunächst Schutz-rechte gegen staatliche Gewalt. Von Anfang an waren die Amerikaner der Meinung,dass der Staat primär die Freiheiten des Einzelnen schützen müsse. Ein solches Staats-verständnis beruht auf einem fiktiven Gesellschaftsvertrag und damit einer von vorn-herein begrenzten staatlichen Macht. Die Bürger vertrauen dem Staat einen Teil ihrerFreiheiten an, im Gegenzug erhält dieser einen begrenzten Regierungsauftrag und musssich an der Verpflichtung messen lassen, die Freiheiten jedes Einzelnen zu schützen.Kommt der Staat dieser Aufgabe nicht genügend nach, verliert er seine Existenzbe-rechtigung. Dieses an John Lockes Vorstellungen orientierte Verständnis von Mittelund Zweck staatlicher Gewalt hätte im ausgehenden 18. Jahrhundert kaum entferntervon der europäischen Realität der Ständegesellschaften oder dem von idealistisch-rousseauistischen Vorstellungen geprägten revolutionären Frankreich sein können.

    Es ist kaum möglich, die Bedeutung der Idee(n) von Freiheit für alle Bereiche der ame-rikanischen Politischen Kultur zu überschätzen. Damit ist zunächst politische Freiheitgemeint. Mit der politischen Freiheit geht in den USA indes auch immer die wirt-schaftliche Freiheit einher. Die Bewahrung dieser beiden individuellen Freiheiten istdas Ziel politischen Handeln in den USA.

    Voraussetzung für den Genuss der Freiheit ist die Gleichheit, die im Sinne einer ganzbestimmten Gerechtigkeit zu verstehen ist. Wie unter anderem in moderner Fassungvon John Rawls ausgeführt, lässt sich diese Gleichheit als Fairness des Prozesses ver-stehen, der zwischen Individuen vertragsmäßig abgesichert ist und über dessen tat-sächlichen Rahmenbedingungen ein zumindest in der Theorie überzeugender, soge-nannter Schleier der Unwissenheit liegt (Rawls 1971). Diese Gleichheit ist nicht alseine des Ergebnisses, sondern der Chancen, also der als gleich gedachten Startbedin-gungen zu sehen. Vor dem Hintergrund dieser Chancengleichheit kann sich Individu-alismus als treibende Kraft eines kapitalistischen Produktionssystems entwickeln, dasauf der Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen beruht. Diese amerikanische Neigung zueiner Beschränkung der Gleichheit auf gerechte Startbedingungen wird zu Recht alseiner der Gründe gegen die Einführung eines Wohlfahrtsstaates europäischer Prägungangeführt. Dass Marktprozesse, die für Ökonomie und Politik gelten, auf dem selbst-süchtigen Handeln Einzelner beruhen, das im pluralistischen Kräfteparallelogrammzur Realisierung eines als unbekannt vorausgesetzten und erst ex post feststellbarenGemeinwohls führt, ist eine wesentliche Voraussetzung für die ethische und moralischeQualität dieses Systems. Klar erkennbar sind hier die Ideen der schottischen Moral-philosophen und von John Locke, die im politischen Denken der Verfassungsväter stetspräsent waren. Von vielen der Verfassungsgeber ist bekannt, dass sie mit der Staats-lehre der Antike und der Aufklärung vertraut waren und sie respektierten. In fast kei-

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  • nem Lehrbuch über die Verfassung der USA fehlt der Hinweis darauf, dass Hamiltonbei seinem Verfassungsentwurf z.T. wortwörtlich von John Locke abgeschrieben habe.

    Mit der politischen Freiheit und mit den Ideen der Vertragstheoretiker aus der Zeit derAufklärung ist das Prinzip der Volkssouveränität (popular consent) verbunden, einesder Kernstücke des modernen Demokratieverständnisses. Nach Locke ergibt sich dieSouveränität eines Herrschers aus der Zustimmung der zu regierenden Bürger. DieseIdee von Volkssouveränität bildet immer noch das Fundament des amerikanischenRegierungssystems. Die puritanische Lehre des unmittelbaren Kontakts zu Gottschwächte in den ersten Gemeinden der sogenannten Neuen Welt zusätzlich die Glaub-würdigkeit des in Europa noch vorherrschenden Gottesgnadentums. In der NeuenWelt wurde die aufklärerische Idee, dass die Bürger eines Gemeinwesens ihr eigenesSchicksal bestimmen konnten und sollten, erstmals politisch institutionell umgesetzt.In der heutigen Zeit äußert sich dieses spezifisch amerikanische Verständnis von einerindividuell gedachten Volkssouveränität, die einer „politischen Klasse“ grundsätzlichskeptisch gegenübersteht, in den zahlreichen Wahlen und in den weitreichenden Ge-setzen zur Offenlegung und Rechenschaftspflicht staatlichen Handelns.

    Das Konzept eines letztlich allein und für sich selbst zuständigen Volkes entstand his-torisch aus der Ablehnung des britischen Kolonialregimes. In diesem hatte die Souve-ränität des Staates bei der Monarchie gelegen, die Revolutionäre in den USA setzteneine andere Auffassung dagegen: „a government of our own is our national right“(Thomas Paine). In systematischer Formulierung lautet diese Maxime: Staat bzw. Re-gierung beruhen auf der Zustimmung des Volkes und sind ihm verantwortlich. Dieemphatische und klassische Formulierung findet sich in der Präambel der Verfassung,die in der jüngeren deutschen Vergangenheit ihren Niederschlag in der schlagwortartigverdichteten Parole der ostdeutschen Revolutionäre fand: „Wir sind das Volk“. In denUSA lautete sie: „We the people [...] do ordain and establish this constitution for theUnited States of America“.

    Der so hoch geschätzte Individualismus speist sich aus einer Synthese mehrerer Ele-mente, die in der amerikanischen Identität stets positiv besetzt waren und sind. Dazuzählen das auf sich selbst gestellte Leben in einer mitunter feindlichen Lebensumge-bung, der calvinistische Glaube, die politischen Ideale der britischen Vertragstheore-tiker und die ökonomische Freiheit, die im Bewusstsein bisher jeder amerikanischenGeneration die Nation groß gemacht haben, aber auch das später zu behandelnde eigen-nützige Kalkül, das auf einem durchaus skeptischen Menschenbild beruht und das diegesamte Verfassung durchzieht.

    Insoweit ist auch die Verschiedenheit, verstanden als diversity, nicht nur unvermeid-lich, sondern sogar die Grundlage eines Prozesses, der durch unterschiedliche Interes-sen geprägt ist. Diese Eigeninteressen sind notwendigerweise so heterogen, dass siejedem Einzelnen Freiheit zur Verwirklichung seines eigenen Lebensentwurfes lassen.

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  • Gleichzeitig sind sie jedoch in ein einheitliches Gemeinwesen eingebunden, repräsen-tiert durch die aus dem Staatswappen bekannte Losung: e pluribus unum.

    Die Amerikaner verstehen sich insoweit trotz aller Unterschiedlichkeit als ein einigesVolk, das sich seine Regierung selbst wählt. Einmal gewählt und dem Prinzip derMehrheitsregierung, der majority rule, unterworfen, besteht an der grundsätzlichenLegitimität staatlichen Handelns kein Zweifel mehr. Der Glaube, dass nur das Volksich selbst Legitimität verschaffen kann, spiegelt sich in den repräsentativen und auchin den plebiszitären Realisierungen amerikanischer Institutionen wider. Jede Regie-rung muss nach amerikanischem Verständnis als Ziel das Wohlergehen des Gemein-wesens haben. Mehrheitsregierung und Minderheitenschutz gehören deshalb untrenn-bar zusammen.

    Dieses amerikanische politische Selbstverständnis, auch als the american creed be-zeichnet, ist selbstverständlich ein politisches Ideal. Dass es sich hierbei um eine durch-aus ideologische Überhöhung der politischen Traditionen einer ehedem Sklaven hal-tenden bürgerlichen Oberschicht handelt, ist genau so wenig zu leugnen, wie die Tat-sache, dass dieser amerikanische Traum der Gleichheit und der Gleichwertigkeit spä-testens dann ausgeträumt ist, wenn man sich in den Elendsquartieren des Landes um-schaut, in deren heruntergekommenen Appartments oder Wohnwagen zwar schrei-endes Elend herrscht, dieser Traum aber vehement und notfalls sogar mit Waffenge-walt verteidigt wird. Die wichtigste Funktion der genannten Ideale liegt insoweit vorallem in ihrer Symbolkraft. Sie dienen der Rechtfertigung und Verteidigung des ame-rican way of live und sind typisch für eine nach wie vor hervorragend funktionierendeDeutungskultur, die mit der tatsächlichen Soziokultur oftmals nur ganz eingeschränktin Übereinstimmung gebracht werden kann (Rohe 1994). Das Bild wird noch kom-plizierter und komplexer, wenn man sich das Spannungsverhältnis im Selbstverständ-nis Amerikas anschaut, wenn man sich also die Frage danach stellt, welche Vorstellungvon Amerika besteht, was Amerika ist und was es sein soll.

    Die Antwort auf diese Frage besteht in einem dialektischen Zwiespalt, wie er prägendernicht sein könnte. Amerika als Experiment ist etwas anderes und gleichzeitig untrenn-bar von Amerika als Schicksal und Verheißung (Schlesinger Jr. 1986). Beide dieseKonzepte beruhen auf der protestantischen Ethik (Weber 2005), die nach Max Weberso entscheidend für das amerikanische Selbstverständnis ist. Durch säkulare Infusio-nen erneuert und stabilisiert, konkurrieren sie nach wie vor.

    Ausgangspunkt dieser durch den Calvinismus geprägten Überlegungen ist die Nackt-heit der menschlichen Existenz. Das Schicksal des Menschen liegt in Gottes Hand, unddie Vergänglichkeit ist allgegenwärtig. Dieser moderne Existenzialismus gipfelt in derVorstellung, dass Gott tatsächlich tot, und dass die menschliche Existenz eher als einUnglück zu verstehen ist. Es gibt keinen garantierten Zugang zum Himmel, es sei denn,das Individuum verdiente ihn sich. Die Konsequenz für das Leben im Diesseits besteht

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  • demnach darin, dass nur im Rahmen einer dauerhaften Prüfung im ständigen Kampfum das Gute das Heil gewonnen werden kann. Da die Menschen für sich genommeneher zum Eigennutz neigen und als böse angesehen werden, bleiben sie auch immerunvollkommen. Das Leben und auch der politische Prozess sind dieser vereinfachtenDarstellung zufolge ein Experiment.

    Diese Komponente des amerikanischen politischen Traditionsgefüges findet sich alsrealistische Perspektive in der Verfassung wieder. Die damit einhergehende Begren-zung des Regierens (limited government) und die strikte Trennung und Kontrolle derGewalten (checks and balances) sind Ausfluss eines in der politischen Philosophie auchals Machiavellian Moment bekannten Motivs (Pocok 1975). Demnach ist die Republikauf der Tugend, der politisch verstandenen virtú, gebaut, um die immer gekämpftwerden muss. Da Menschen und selbstverständlich auch die Herrscher korrupt, ei-gennützig und damit anfällig für die Missachtung der virtú sind, befinden sich Staatenimmer in der Gefahr, zugrunde zu gehen. Diese Überlegung eines immer drohendenVerfalls menschlicher Ordnung, die bei Machiavelli zur Annahme eines zyklischenGeschichtsprozesses geführt hat, spiegelt sich im Modell der Gewaltenteilung, wie esvon John Locke und Charles de Montesquieu formuliert und von den amerikanischenVerfassungsvätern übernommen wurde. Im Unterschied zu diesen Vorbildern schim-mert aber die realistische und damit skeptische, wenn nicht pessimistische, Kompo-nente Machiavellis durch. Bekanntlich hatten zumindest einige der Verfassungsväterdie Schriften des Florentiners studiert und in den Beratungsprozess über die Verfassungeingebracht. Die europäischen Reaktionen auf diese vorbildlosen Institutionen warenso erwartbar wie dauerhaft. Das Experiment des gewaltenteilenden amerikanischendemokratischen Systems wurde als Degeneration, als fehlerhafte Entwicklung ange-sehen, die es unbedingt zu meiden galt. Erst mit der wirkungsmächtigen politikwis-senschaftlichen Analyse Alexis de Tocquevilles wurde deutlich, dass das amerikanischeDemokratiemodell ein gelungenes politisches Vorbild für eine massendemokratischeOrdnung sein konnte. Insoweit sind die calvinistische Ethik und das MachiavellianMoment unter dem an die Vorsicht appellierenden Experimentalcharakter eine frucht-bare Symbiose eingegangen. Denn nur durch ein dauerhaftes politisches Experimentkann man dem Verfall, dem programmierten Niedergang, entgehen.

    Damit allein aber ist Amerika erst teilweise erklärt. Denn gegen diese Tradition desExperiments entwickelte sich von Beginn an eine Gegentradition, ein VerständnisAmerikas als destiny, als Schicksal und Verheißung. Auch dieses Konzept basierte aufeinem traditionellen religiösen und calvinistischen Ethos. Dies war die Überzeugung,dass man das von Gott auserwählte Volk sei. Die Calvinisten schienen berufen, das„neue Jerusalem“, das „neue England“ zu schaffen. Allein die Tatsache, dass Gott bisnach der Reformation gewartet, und erst dann sein neues Volk in das neue GelobteLand geschickt hatte, war schließlich der Beweis für diese Trost spendende Perspektive.

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  • Die Unabhängigkeit der früheren Kolonien verstärkte diese Überzeugung noch, diegeradezu mystische Idee eines Amerikas als Schicksal schob sich zunehmend in denVordergrund des politisch-kulturellen Selbstverständnisses und wurde damit zur Kon-kurrenz für das Konzept Amerikas als Experiment. Das auserwählte Volk der Bibelwar schließlich ebenfalls den schlimmsten Prüfungen ausgesetzt gewesen, wurde amEnde aber bekanntlich belohnt. Dieses Verständnis eines Sonderweges und einerAvantgarde der Weltvölker setzte sich in der Politischen Kultur fest und wurde durchdie geografische kontinentale Position und die entsprechende Sicherheit sowie denReichtum des Landes nur begünstigt. Die Größe des Kontinents und der Prozess seinerErschließung haben geholfen, die amerikanische Machbarkeitsphilosophie sowie diedamit zusammenhängende Ausschließung des Fremden und seine Verlagerung hinterdie Grenze, in die frontier, als vereinheitlichendes und legitimierendes Rahmenkonzeptzu begründen. In keinem anderen vergleichbar entwickelten Staat hat die Logik kapi-talistischen Handelns die Politische Kultur so durchdrungen, wie in den USA. Einepolitisch mobilisierbare Arbeiterklasse hatte in diesem Zusammenhang nie eine ernst-hafte Chance.

    Der letztlich stabile Charakter dieses politischen Modells führte innen- wie außenpo-litisch zur Herausbildung einer Mission und damit der Überzeugung, dass Amerika dieWelt erlösen müsse, wenn nicht durch konkrete politische Aktion, so doch in jedemFalle durch die Überlegenheit seines politisch-kulturellen und auch ökonomischenModells. Gegentradition und Tradition, Verheißung und Experiment, wurden so ge-meinsam zur Essenz Amerikas. Wichtig ist dabei die Dialektik zwischen beiden poli-tisch-kulturellen Grundkonstanten, wonach das Experiment den eher pessimistischen,die schicksalhafte Verheißung den eher optimistischen Teil der Gesamtkonstellationeinnimmt. Es mag hier durchaus zu wechselnden Aktualisierungen und Phasen kom-men, die eher durch die jeweils eine oder andere Dimension geprägt sind. Entscheidendist, dass der ständige Widerstreit erklärt, warum das politische Handeln Amerikas soschwer kalkulierbar ist. Die einzige klar vorhersehbare Konstante ist das Wechselspielzwischen diesen beiden Tiefendimensionen des amerikanischen politischen Lebens.Über und unter allem schlummert jedoch ein ungebrochener Stolz auf das Erreichte,der in dieser Grundsätzlichkeit in keiner anderen der entwickelten Demokratien desWestens und wohl schon gar nicht in den jüngeren Schwellen- und Entwicklungslän-dern in vergleichbarem Ausmaß auffindbar ist.

    Zur weiteren Lektüre empfohlen

    Filzmaier, Peter; Plasser, Fritz (1999): Die amerikanische Demokratie. Regierungssystem undpolitischer Wettbewerb in den USA. Bern.

    Fraenkel, Ernst (1981): Das amerikanische Regierungssystem. Eine politologische Analyse.4. Aufl. Opladen.

    Greene, Jack P. (1988): Pursuits of Happiness. The Social Development of Early Modern BritishColonies and American Culture. Chapel Hill.

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  • Hartz, Louis (1955): The Liberal Tradition in America. New York.

    Heideking, Jürgen; Mauch, Christof (2008): Geschichte der USA. 6. Aufl. Stuttgart.

    Hübner, Emil (2007): Das politische System der USA. Eine Einführung. 6. Aufl. München.

    Jäger, Wolfgang; Haas, Christoph M.; Welz, Wolfgang (2007): Regierungssystem der USA. Lehr-und Handbuch. 3. Aufl. München.

    Lipset, Seymour M. (1979): The First New Nation. The United States in Historical and Compa-rative Perspective. New York.

    Lösche, Peter; Loeffelholz, Hans Dietrich von (2004): Länderbericht USA. Geschichte, Politik,Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. 4. Aufl. Frankfurt am Main.

    Sautter, Udo (2006): Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. 7. Aufl. Stuttgart.

    Schlesinger Jr., Arthur M. (1998): The Disuniting of America. Reflections on Multicultural So-ciety. New York.

    Tocqueville, Alexis de (1976): Über die Demokratie in Amerika. Stuttgart [1835/40].

    Turner, Frederick J. (1996): The Frontier in American History. New York [1893].

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