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D 10 I. Datierung: Mai 1932 Umschlag Husserls: Zur Konstitution der physischen Natur. Zuerst Leib-Aussending; dann Rückführend auf Hyle und Kinästhese. [S. 1] In primordialer Abstraktion (vor der Mitgeltung anderer). Wie kommt eine Apperzeption bei der wesentlich verschiedenen Gegebenheitsweise des eigenen Leib-Körpers und der außendinglichen Körper zustande, in der dieser Leibkörper erfahren sein soll als ein Körper wie jeder andere? Von vornherein ist für uns, die wir in der ständigen Welterfahrung leben, der eigene Leib erfahren als ein raumkörperliches Ding unter anderen, und jedes andere Ding ebenso. Ding-ApperzeptionWeltraum als universaler Horizont, in dem das jeweilige Ding ist unter anderen, unendlich anderen nach Erfahrungswirklichkeit und Möglichkeit. So finde ich in der Einheit einer Gesamtapperzeption einer Wahrnehmungsgegenwart von der Welt immerzu Beides, Leib und Außendinge; dabei mein Leib immer da, andere Dinge dagegen wechselnd im Auftreten. Sonderapperzeptionen. Außendinge und meines Leibes. [S. 2] Betrachtung von meiner selbst Leib-Wahrnehmung und meiner Wahrnehmung von einem anderen Ding, Überlegung über den systematischen Gang der Erfahrungskontinuität, in der im einen und im anderen Fall der Wahrnehmungssinn „Leibkörper“ und „Außending“ zu fortschreitender erfüllender Selbstgegebenheit kommt, so muss ich konstatieren, dass beiderseits bedenkliche Unterschiede obwalten, die es schwer verständlich machen, wie hier beides in gleichem regionalen Sinn gelten, beides in gleichem Sinne als Raumobjekt gelten kann. Für alle Außenobjekte, die nicht Leiber sind, ist die Mannigfaltigkeit der Erfahrungen und ihre Vereinheitlichung zur Selbstgebung eines und desselben daseienden Objektes völlig gleich; aber eine ganz isolierte und andersartige für die selbstleibwahrnehmung. Ich halte mich an das, was wirkliche und mögliche Erfahrung in der Einheit einer universalen Wahrnehmungskontinuität bietet und bieten kann, oder ich überschaue die totale Mannigfaltigkeit wirklicher und möglicher Wahrnehmungen, die alle miteinander und 1

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Husserl

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I.

Datierung: Mai 1932Umschlag Husserls: Zur Konstitution der physischen Natur. Zuerst Leib-Aussending; dann Rückführend auf Hyle und Kinästhese. [S. 1] In primordialer Abstraktion (vor der Mitgeltung anderer). Wie kommt eine Apperzeption bei der wesentlich verschiedenen Gegebenheitsweise des eigenen Leib-Körpers und der außendinglichen Körper zustande, in der dieser Leibkörper erfahren sein soll als ein Körper wie jeder andere?

Von vornherein ist für uns, die wir in der ständigen Welterfahrung leben, der eigene Leib erfahren als ein raumkörperliches Ding unter anderen, und jedes andere Ding ebenso.Ding-ApperzeptionWeltraum als universaler Horizont, in dem das jeweilige Ding ist unter anderen, unendlich anderen nach Erfahrungswirklichkeit und Möglichkeit. So finde ich in der Einheit einer Gesamtapperzeption einer Wahrnehmungsgegenwart von der Welt immerzu Beides, Leib und Außendinge; dabei mein Leib immer da, andere Dinge dagegen wechselnd im Auftreten.

Sonderapperzeptionen. Außendinge und meines Leibes. [S. 2] Betrachtung von meiner selbst Leib-Wahrnehmung und meiner Wahrnehmung von einem anderen Ding, Überlegung über den systematischen Gang der Erfahrungskontinuität, in der im einen und im anderen Fall der Wahrnehmungssinn „Leibkörper“ und „Außending“ zu fortschreitender erfüllender Selbstgegebenheit kommt, so muss ich konstatieren, dass beiderseits bedenkliche Unterschiede obwalten, die es schwer verständlich machen, wie hier beides in gleichem regionalen Sinn gelten, beides in gleichem Sinne als Raumobjekt gelten kann.

Für alle Außenobjekte, die nicht Leiber sind, ist die Mannigfaltigkeit der Erfahrungen und ihre Vereinheitlichung zur Selbstgebung eines und desselben daseienden Objektes völlig gleich; aber eine ganz isolierte und andersartige für die selbstleibwahrnehmung.Ich halte mich an das, was wirkliche und mögliche Erfahrung in der Einheit einer universalen Wahrnehmungskontinuität bietet und bieten kann, oder ich überschaue die totale Mannigfaltigkeit wirklicher und möglicher Wahrnehmungen, die alle miteinander und einzeln schon als Erfahrungen vom Selben verknüpft und verknüpfbar sind.

Zunächst Außendinge (vor aller Veränderung fürs Erste, ruhend, qualitativ unverändert, weder deformiert noch in ihren extendierten Qualitäten sich verändernd; da fällt also auch die Veränderung durch Teilung und Zusammenstückung aus.)Ich gewinne dann in der Frage, was von den apperzipierten realen Dingen zur wirklichen Selbstgegebenheit kommt, die [S. 3] „Oberflächlichen-Phantome“, die Oberflächlichen-Darstellungen als verständliche Einheiten von „Seiten“, von den jeweiligen Darstellungen dabei verwiesen auf die Einheitsgeltung in diesem Gang der Seitengeltungen, die motiviert ist durch das Fungieren der Leiblichkeit als Wahrnehmungsleiblichkeit, in der das Ich fungierend tätig ist.

Weitere Rückfrage der Dingapperzeption: Frage nach den möglichen Wahrnehmungen, in denen, was sonst dem Ding zu eigen ist als solchem zur Selbstgegebenheit käme; gewisse ontologische Unterscheidungen sind dabei Leitfaden, und ihre Ordnung ist durch die Fundierung der Wahrnehmbarkeiten und Wahrnehmungssysteme bestimmt – als Systemen, in denen in vorgezeichneter Ordnung, die selbst eine Vorzeichnung von Geltungen durch Geltungen impliziert, Ausweisung allein statthaben kann und verlaufen kann, aber so, dass im hinzugewinnenden Gesamtsystem Fundierungsverhältnisse obwalten: das System der Phantome fundiert dabei des der

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Bewegung, der Deformation, der Teilung usw. Gesucht ist das geltungsmäßig an sich Frühere und an sich spätere.Das Erste ist der Rückgang vom ästhetisch Ontischen zu den selbstdarstellenden Erscheinungen desselben. Dann Betrachtung der Eigenart der ästhetsich-ontischen Leiblichkeit in ihrer Erscheinungsweise. Wir kommen sofort auf ein „ich dabei“: mein Wahrnehmen, mein Fungieren im Leibe, in den Wahrnehmungsorganen. Wende ich mich dieser Richtung zu, so ist nun selbst der Leib sogar ständig als erfahrenes Ding, aber auch als mehr denn ein Ding gegeben; und sein Fungieren als das motivierende vorausgesetzt [S. 4], damit andere Dinge in Erscheinungsweisen mir erscheinen, darin als seiend gelten können mit dem und dem sich darstellenden ontischen Gehalt, bietet sich als ein ontisches weltliches Vorkommnis – und doch nicht als ein bloßes Naturvorkommnis. Studiere ich, wie dieses ontische Miteinandersein von Leib und Wahrnehmungsobjekten um ihn zur Selbstgebung kommt, wie dessen Wahrnehmungssystem und Erscheinungsweise aussieht und die zu ihm gehörigen Geltungsfundierungen und Geltungsmotivationen, so komme ich ontisch auf die Gliederung des Leibes in bewegliche und zwar kinästhetsich bewegliche Organe, die in dieser Bewegung als Bewegungsorganen fungieren; und diese Organe haben, wie ich schon immer sie auffasse die besonderen ontischen Strukturen als Augen, als Tastorgane usw. Aber hier ist die Frage, was die Wahrnehmung wirklich zur Gegebenheit bringt, was ich im Gang der außendinglichen Wahrnehmung auf der Leibesseite im wahrnehmenden Bewusstsein von ihm gegeben habe, als die Seinsgeltung, die den Dingerscheinungen einwohnt, motivierende, fundierende.Wahrnehmung von allem Realen und in Reduktion auf das eigentlich Perzipierte ist zurückbezogen auf Wahrnehmung meines Leibes; auch die reduzierte Naturerfahrung weist zurück auf meinen Leib, der selbst wahrnehmungsmäßig gegeben ist als „Ding“ – aber auch als noch mehr.Aber ist nicht der Leib, indem er als wahrgenommenes Ding gilt, nicht selbst in derselben Weise wahrgenommen wie andere Dinge, nämlich durch Sehen, Tasten etc.?Ich komme also auf das Für-sich-selbst-Fungieren des Leibes als Wahrnehmungsorgan, [S. 5] oder auf die Weisen, wie er aus mannigfaltigen Organen gebaut ist und in ihnen fungierend jedes Organ bald als Wahrnehmungsorgan für andere Organe, für den übrigen Leib benutzen kann, bald als das Wahrnehmungsobjekt, indem dabei andere Organe auf es wahrnehmend bezogen fungieren.Schwierigkeit: die Oberfläche des äußeren Dinges ist sowohl optisch als haptisch konstituiert; die Oberfläche des Leibes kann ich zwar allseitig abtasten, aber nicht voll sehen und doch habe ich eine vollseitige optische Vorstellen meines oberflächlichen Aussehens für mich. Wie ist die Ergänzung des Nichtgesehenen denkbar, als „mögliche Wahrnehmung“, die doch für mich niemals möglich sein kann?Ferner finde ich, dass mein Leib in der Schichte der Oberflächlichkeit – in reiner Erfahrung, die „Ästhetik“ des Leibes führt über das sinnlich Ästhetische jedes anderen Dinges hinaus – eine doppelschichtige Erfahrungsweise hat, die kein anderes Raumobjekt hat. Seine Oberflache ist eine kontinuierlich „empfindsame“, und in ihm bin ich in meinem wahrnehmenden, aber auch ursprünglich tätigen Sein fungierend; in diesem Fungieren bewegt er sich – doppelseitig im räumlichen Bewegen und auch kinästhteisch ichlich; und dieses „innerliche Ich-bewege“ hat in sich nichts von Bewegung im Raumsinne. Aber darin liegt auch beschlossen, dass ein Außending im allseitigen Erfahren in der Schichte der Oberflächen-Erfahrung als unbewegt, überhaupt unverändert erfahrbar ist und dann in der konkreten Erfahrung den Sinn hat des daseienden unverändert verharrenden Dinges (das nicht bloß Oberfläche ist).[S. 6]Explizites Leib-Erfahren aber zeigt notwendig den Leib und zwar hinsichtlich seiner „Aussenseite“ in Bewegungsvorgängen und mitverflochtenen Deformationen.Weiter, jedes Außen-Ding hat sein zu seiner totalen Gegebenheit gehöriges Totalsystem von orientierten Darstellungen, von ontischen Perspektiven. Anderseits, nur einzelne Organglieder meines Leibes habe eine, aber unvollständige Perspektivierung. Mein Gesamtleib kann sich nicht perspektivieren, kann keine Gegebenheitsweisen des „Näher“ – „Ferner“ haben. Damit ist in Zusammenhang: außendingliche Bewegung in ursprünglicher Erfahrung, die den Anhalt gibt für

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alle mittelbare Erfahrung (für alle Mittelbarkeiten des Sinn von Raumbewegung zu verstehen und eine mögliche nicht direkt erfahrene Bewegung indirekt als seiend zu supponieren) außendingliche Bewegungswahrnehmung hat kein Analogon in der Selbstbewegung als Lokation des ganzen Leibkörpers.Wie kommt die innerlich erfahrene Kinästhese zu ihrem „objektiven“ Seinssinn als Ortverändeung im Raume, in demselben wie alle andere Dinge? Wie komme ich dazu, das, was ich selbst aus meiner Leibwahrnehmungskontinuität als meine Raumgestalt, die Oberflächengestalt zunächst, erfahre, als Stück eines universalen Raumes zu apperzipieren?

Jedes Außending ist gegeben in der Möglichkeit seines Platzwechsels mit dem jedes anderen. Kann ich in gleicher Weise diesen Platzwechsel sehen, wahrnehmen, der zwischen einem anderen Ding und meinem Leib statthat, wenn ich „mich bewege“? Freilich, wenn ein Ding ruht, kann kein anderes seine Stelle besetzten; [S. 7] im Hinbewegen kommt es zum Stoss, das ruhende wiedersteht, und solange es nicht fortgestoßen ist oder sonst wie in Bewegung kommt, hält es seinen Platz. Solange ich meine Stelle halte, kinästhetisch Ruhe halte, kann ein Außending an meinen Leib bis zur Berührung heran, und bleibe ich in Ruhe, „Widerstehe ich“, „spanne ich eventuell meine Kraft an“, so ist die Bewegung des Dinges zu Ende. „Weiche ich aus“, so findet das Ding einen leeren Platz, den es in Bewegung weiter durchlaufen kann. Aber das Stillhalten, der Widerstand, die Kräfte, von denen da die Rede war, als die ich einsetze und anspanne, sind Innerlichkeiten und nicht Gegebenheiten meiner leibkörperlichen Erfahrung als Außenerfahrung.Muss man nicht sagen, der zu den Außendingen aus wirklicher (und möglicher) Wahrnehmung gehörige Raum, der Raum primordialer Wahrnehmung, konstituiert sich als Einheit in der Art, dass ich in jedem Moment und ständig das Nullzentrum des Stellenssystems der Orientierungen bin, in dem sich die Raumstellen darstellen, die jeweils als solche erfahren sind. Das im Modus der Orientierungsstelle Erscheinende seinem Gehalt nach ist die Apparenz (die qualifizierte Oberfläche), deren unterscheidbare Teile selbst wieder orientiert gegeben sind, untereinander relativ orientiert. Der körperliche Leib ist in seiner Gegebenheitsweise als Null-Körper, im Ganzen genommen, einer Stellenänderung, einer Orientierungsbewegung nicht zugänglich, im orientierten Raume weder in Ruhe noch in Bewegung, ungleich allen anderen Objekten. Er hat aber seine Apparenz, seine Extension und in ihr in besonderen Weise innere Unterschiede der Orientierung.[S. 8] Indem aber mein Leib in seiner gehenden Kinästhese immer wieder orientierten Raum freigibt, und so die Konstitution einer identischen, sich als unmittelbar perzeptiv darstellenden Räumlichkeit möglich wird, ist wohl verständlich, dass ein universaler Raum ist und eine Raumwelt, in welcher alle orientiert gegebenen Dinge im Wechsel ihrer Orientierungen identische Raumstellen haben, die sie in Ruhe bald innehalten, bald in Bewegung wechseln. Das betriff aber nur alle außer-leiblichen Dinge, eben als die in möglichem Orientierungswandel stehenden (als ein Wandel, der zur Darstellung von Identischem dadurch wird, dass ich es bin, der in seinem vermöglich beherrschten kinästhetischen System diesen Orientierungswandel erzeugen, jeden von selbst selbst eintretenden umwandeln und ideell auch aufheben kann.Dagegen ist noch nicht verständlich, dass mein Leib selbst im Raume existiert, erfahren und erfahrbar sein soll als ein Raumding, das seine Stelle hat, dass er darin physisch bewegtes, und so überhaupt reales Objekt ist, als res extensa in seiner Äußerlichkeit konstituiert.Ich apperzipiere mich als mich innerlich kinästhetisch bewegend und apperzipiere das als ein von Innen Inscenieren einer mechanische Bewegung, einer Bewegung im objektiven Raume [...] So ist mein Leib Naturobjekt.[S. 9] Es fragt sich aber wie weit die Seinskonstitution der Primordialität reicht, die ich abstrakt herausstsellen muss, obschon ich natürlich wohl merke und mich bei Besinnung reichlich davon überzeugen kann, dass der Seinssinn der extensiven Natur sich nicht rein primoridal aufbaut und Andere sozusagen beständig mir mithelfen –sowie sie als Andere für mich erfahrbar und erfahren sind.

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Will ich aber verstehen, wie die Seinsgeltung des Sinnes Anderer in ihren Fundierungen beschaffen ist und wieweit primoridaler Geltung und Geltungseinheit fundierend ist für die Ermöglichung der Wahrnehmung von Anderen, muss ich zunächst eigensinnig die Reichweite der primordialen Konstitution verfolgen als Geltungsfundierung, aus der systematischen Struktur der erfüllenden Identifizierung im System möglicher in einstimmiger Synthesis der Selbstbewährung verlaufend gedachter Erfahrung. Ich muss dadurch diejenige doppelseitige „psychophysische“ Einheit der Primordialität herausbekommen, die als in sich geschlossenen Seinssinn eine „Außenseite“, eine Sondergeltungseinheit körperlicher Leib in sich trägt, die in dem ihr zugehörigen typischen Gehaben mit einem ähnlichen, ähnliches Gehaben zeigenden Außenkörper „Fremder Leib“ sich assoziativ paarend zur appräsentierenden Übertragung der „psychischen“ Seite führt.Es muss aber dabei verständlich werden, gerade aus der Eigentümlichkeit der originalen Konstitution der leiblichen Körperlichkeit und zugleich aus ihrer Überschicht in Appräsentationen, die schon die Eigenheit hat nicht zur eigentlichen [S. 10] Präsentation werden zu können, warum das in der Einfühlung appräsentierte Seelische nicht in originale Präsentation für mich überführbar ist.In der Sichte Apparenz des Realen, primordial: erfahren ist immer innerhalb der Wahrnehmung reale Gegenwart als Modus der realen Zeitapparenz und das Reale an seinem Ort, die Gestalt in der räumliche Gegenwart, im Hier und Dort. Diese Darstellung in Orientierung. Aber wie immer Orientierung wechselt und wie immer das Erfahrene als ruhend oder bewegt erfahren sein mag, es hat seine körperliche Extension, und in der Erfahrung ist in jedem Moment als eigentlich Erfahrenes seine Oberfläche erfüllt, seine Apparenz, und in jedem Augenblick diese nun von einer Seite. Die Apparenz am eigentlich perzeptiv Gegebenen schon zweischichtig dargestellt, unmittelbar, visuell – taktuell.Wie kommt es nun, da jeder Versuch zum Misslingen führt, dass ich doch im Betasten des Rückens die entsprechenden visuellen Eigenheiten als Parallele zuweise anstatt sie zu durchstreichen? Lautet hier nicht die richtige Antwort: konstituiert ist Seiendes nicht für sich visuell oder taktuell, als ob zwei Seiendes für sich konstituiert wären, sondern ein Seiendes; und die Vermöglichkeit, die ihm zugehrt, ist die möglicher erfahrender Ausweiseung, die neben sich hat Mglichkeiten des Scheins. Dazu gehört aber, dass die Durchstreichung, das „Nichtig“ als Schein, nur seine Ausweisung haben kann in Widerstreit mit standhaltendem Sein. In unserem Falle: der appräsentierte visuelle Rücken ist Rücken, ist derselbe, der taktuell erfahrbar ist in der Einheit der Rücken-Erfahrung. [S. 11] Wo ich faktisch nicht „hinkann“ im Sehen, ergibt keine Durchstreichung als Schein; denn ich kann ja hin, ich schreite im Sinn der größeren Erfüllung einer schon bestehenden Erfahrung vor, wenn ich nun mit dem Hand hinfasse. Habe ich den Übergang in die visuelle Appräsentation gemacht und darin aus gegebenen Motiven künftige visuelle Darstellungen antizipiert, so sind sie nichts Fiktives, sie haben Geltung, sie weisen sich beständig aus durch tastendes Tun oder erweisen sich als unrichtig. [...]Wie nun hinsichtlich der Bewegungen? Gehend apperzipiere ich mich als bewegte Körper im Raume; ursprünglich erfahren aber bin ich nur hinsichtlich des kinästhetischen „ich gehe“. Von meiner räumlichen Bewegung aber? Ursprünglich Erfahrung von räumlicher Bewegung habe ich nur an anderen Dingen als orientierten; auch hier kann ich mir ganz gut vorstellen, wie mein gehen wohl aussehen würde, wie es sich mit geschlossenen Augen am Tastobjekt darstellen würde. (Leib als Außending betrachtet) [..] [S. 12] Aber wie soll diese Vorstellungsweise einen Sinn, einen Geltungssinn haben, den sie doch für mich hat, da es widersinnig ist, das als eine mögliche Erfahrung gelten zu lassen in der Art, wie die Vorstellungsweise der mögliuchen Bewegung eines Außendinges die Geltung hat als mögliche Erfahrung, die in möglicher Wahrnehmung zu verwirklichen ist. Wie kann eine anschauliche Vorstellung als mögliche Erfahrung nichtig sein und doch eine Geltung in sich tragen, und zwar eine Erfahrungsgeltung?. Dann wäre es wohl, wenn überhaupt, mittelbar möglich, indem diese Vorstellung im Zusammenhang des möglichen Wahrnehmungssystems von demselben Geltungsfunktion annimmt, sofern sie mögliche

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Erfahrungen indiziert, obschon nicht diejenige, die hier wie eine unmittelbare zu der Tastwahrnehmung gehörige Parallele sich gibt.Beispiel des Kleides zeigt die Möglichkeit solcher mittelbarer Verweisungen. Das visuelle parallele Bild des getasteten Rockrückens, den ich gerade trage, hat keine unmittelbare Geltung, als unmittelbare Appräsentation, als unmittelbar in möglicher Präsentation zu verwirklichendes; das ist im bloßen Hinsehen. Aber die in diesem Geltungssinn entwertete Anschauung verweist mich nicht nur auf die mitgeltende Figuralität einerseits, sondern anderseits in der visuellen Sphäre selbst auf die Mannigfaltigkeit von visuell herstellbaren Wahrnehmungen dieses Rockes und, was darin visuell zu entdecken ist, die ich vermöglich herstellen kann durch Ausziehen des Rockes etc.

[S 13] Das synthetisch verbundene bzw. verbindbare Gesamtsystem möglicher Erfahrungen, möglicher Selbstdarstellungen, in denen ein und dasselbe Ding in seinem originalen Selbstdasein erfahrbar ist und im synthetischen Durchlaufen in jeder Hinsicht ausweisbar in zwei wesentlich verschiedenen Gruppen zerfällt, die miteinander in einem Motivationszusammenhang stehen, der mit den Seinssinn bestimmend ist.

1. Das Erscheinungssystem, in dem das (nicht mein Leib seiende) Außending in dem Sinne außer dem Leibe sich darstellt, dass es im Orientierungssystem nach den Dimensionen rechts, links, oben, unten, vorn, hinten erscheint und in allen diesen Dimensionen mit den Gradualitäten von Nah und Fern. [...] In allem aber liegt die Beziehung auf den Leib, „außer“ ihm ist alles, soweit die Dinge, die Außending erfahren werden. Er selbst ist, aber als ganz genommen, das Null aller Orientierungen; in diesem Sinn ist er das absolute Hier für alles Dort, alles außer-ihm.

[2. S 14] Fürs Zweite haben wir ein korrelatives System von Selbstdarstellungen derselben Außendinge als Dingen, die nicht mein Leib sind; es sind diejenige Erscheinungen, die die jeweils selben Körper dadurch annehmen, dass sie mit meinem Leib „verbunden“ werden oder die sie in der schon Tatsache seienden „Verbundenheit“ haben und allein haben können.Was ist das für eine Verbundenheit? Gemeint ist natürlich die eigenartige Weise der Einigung, die z.B. eintritt, wenn ich ein „frei für sich stehendes“, eventuell sich bewegendes Ding in die Hand nehme, ja auch meine Hand auflegend halte, eventuell mitlaufend; oder die mein Leib mit dem Wagen einigt, solange ich auf diesem bin (fahre), während er bald fährt, bald stillhalt usw. [...] Verbundenheit Nun nicht mehr mein bloßer Leib allein ist das Null-Objekt, das in der Null Orientierung ist, sondern nun mein Leib in eins mit dem mit ihm „Verbundenen“, dem verbundenen Objekt oder Objektganzen. Jedes Objekt, das nicht mein Leib ist, kann durch ein gewisses Verhalten des Leiben in die Null-Orientierung rücken, aber nur dadurch, dass es in diesem Verhalten an seiner ursprünglichen und ihm eigenen Erscheinungsweise Anteil nimmt und gewinnt. [S 15] Der Leib hat sich das Objekt, das vordem dort war und im rechts – links, im nah – fern usw. erfahren war, so acquirirert, dass es sein „dort“ verliert, dass es die Orientierungsmodi einbüsst und in die Nullerfahrungsweite eintritt, die für den ganzen Leib in eins mit dem Acquirierten eine einheitliche ist.Mit beschlossen in dem Gesagten ist das „Mitlaufen“, Mitgehen mit einem bewegten Ding, das nicht nur wie jedes Gehen die Orientierungsweisen der Dinge ändert, sondern als ständiges bei dem Ding Dabeisein die Erscheinungsweisen des Leibes und die des anderen Dinges verbindet [z. B. das in die Handnehmen eines vordem ruhenden Objektes ist nun, wenn ich gehe, statt vermöge meines Gehens es in Orientierungswandel erscheinen lassen es ständig vielmehr als Null erscheinen lassen, und dadurch wird es mit mir bewegt erfahren. Ist es bewegt gewesen, so bringt mein Mitlaufen keine Änderung in seine Bewegung, aber eine solche seiner Orientierung in Null.Das Wesensmäßige der Verbundenheit von leib und Acquiriertem ist: es ist zwischen meinem erfahrend-fungierenden Leib und der Totalität jeweiliger Erfahrungen mit Beziehung auf das ihr wesensmäßig zugehörige System der Orientierungen (in der festen bleibenden Form) der Zusammenhang, dass ich durch gewisse Kinästhesen in Freiheit die wie immer faktisch

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verläufenden Orientierungen beliebig wandeln kann. Ich habe Vermöglichkeit, Herrschaft über den Orientierungswandel, nur dass ich an die Form und an die Gesetzmäßigkeit der Kontinuität des Wandels gebunden bin;[S 16] und darin liegt, dass ich schließlich auch für jedes Ding seine Orientierung in Null verwandeln und fortdauernd in der Null-Gestalt erhalten kann.Dies nun betrifft gewisse Kinästhesen, Inszenierungen im kinästhetischen System, sie sind die leiblichen Funktionskorrelate dessen, was als Orientierung erfahren ist. Zu jeder passiven Orientierung gehört eine kinästhetische Situation im Stillhalten; jede Orientierung in meinem Stillhalten steht unter der Möglichkeit und zwar der schon vertrauten Möglichkeit der Wandlungen.

Objekten rein aus wirklicher und möglicher Wahrnehmung, körperliche wahrnehmbare Objekten. Ausgeschlossen ist dabei der Bodenkörper, auf dem sich all unser Gehen, all unser natürliches ursprüngliches Wahrnehmungsleben abspielt: die Erde als Bodenkörper, wie gesagt. Denn im Luftschiff fahrend können wir die Luft, die wir sonst zur Erde rechnen, nicht in einem „Gehen“ durchfliegen; wären wir Vögel, so wäre es anders; ihr Fliegen ist ein kinästhetsiches Bewegen, und sowie sie sich auf ein Luftfahrzeug setzten, vollzieht sich für sie – wie für uns auf unserem Boden – die Umkehr ihrer aller Erscheinungsweisen.[S 17] Die Beschränkung auf die für uns mögliche und wirkliche Erfahrbarkeit schließt unseren Bodenkörper darum aus, weil dieser in seiner Endlosigkeit für uns nicht erfahrbar ist in dem Gesamtsystem seiner Erfahrungsweisen. Natürlich weist das auf Erweiterung der primoridalen Apperzeptionen hin durch indirekte Sinngebungen als Sinnerweiterungen, die hier nicht in Frage kommen können.Es erwächst natürlich die Aufgabe, die intentionale Aufeinanderbezogenheit der beiderseitigen Apperzeptionen des Totalsystems und die darin statthabende Geltungsfundierung auszulegen, die es macht, dass zum Seinssinn jeder einzelnen Erfahrung eines Raumkörpers, seinem ontischen Sinn korrelativ gehört, dass seine jeweilige Erscheinungsweise, wenn sie eine orientierte ist, auch auf die Gegenerscheinungen verweist, die als Null-Erscheinungsweisen ihr zugehören. Da alle Erscheinungsweisen im System als in einander überzuführende bewusst und nur so seinssinnleistende sind, so besagt das Verweisen, dass ich selbstverständlich von mir her, dass ich in meiner kinästhetisch freien Tätigkeit die betreffenden Umwandlungen vollziehen kann.So werden auch Täuschungen aufgeklärt. Denke ich z. B. nicht daran, dass ich in den Wagen oder das schiff eingestiegen bin, dessen orientierte Bewegung ich vordem sah, so erfahre ich jetzt Ruhe erfahre hinsichtlich der auf dem Schiffe seienden Objekte Bewegungen, die andere sind als die wahren Bewegungen.Unterscheidung: Einigung mit einem Leibesglied und dadurch Erweitung des [S 18] Leibesgliedes, wodurch es mittelbar als erweitertes zum Wahrnehmungsorgan, Stossorgan etc. wird – Handwerkzeug und dgl.

(Beilage-Notiz) Orientierung und Orientiertes1) Orientierung im okularen Feld, Kinästhesen der Orientierung, das Orientierte eine Einheit

mannigfaltiger Darstellungen, einig durch die Kinästhese des sich „allseitig Ansehens“ – in diesem kinästhetischen Wandel haben wir abschattende Darstellungen vom totalen okularen Ding und seinen Explikaten. Aber Ding ist es nur als orientiertes, und dabei hat es seine Intentionalität auf ein Optimum „es selbst“, auf eine absolute okulare Nähe.

2) Orientierung im ästhetischen Raumfeld. Kinästhese der Orientierung, das Orientierte – die Apperzeption, Einheit in der Mannigfaltigkeit von Darstellungen, einig durch die Kinästhese Einseitigkeit und Allseitigkeit. In diesem kinästhetischen Wandel „abschattende Darstellungen“, ihre Synthesis der Oberflächendinge als Entfernungsdinge. Zunächst sich ansehen die Seite – das okulare Ding in der optischen Schicht. Es wird in der Kinästhese der Allseitigkeit des Raumdinges degradiert zur Abschattung der Kinästhese, , die bei der Verbindung der visuellen und taktuellen Schichte dieses Dinges fungiert.

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Das allseitige Sichansehen eines Dinges (ohne es umzudrehen, was ja eine Bewegung desselben wäre) ist zugleich auch ein Orientierungswandel der anderen Dinge.Die Apperzeption erwächst immer in der Ausbildung der [S 19] Vermöglichkeit und – was dazu gehört – eines antizipierten Horizontes als einer konstituierten praktischen Möglichkeit bzw. eines verbundenen systematischen Horizontes praktischer Möglichkeiten, systematisch in ihrer kontinuierlichen Vermittlung des Sichdarstellens und Sichdarstellens als gekonnt, also systematische Fundierung übereinander gebauter praktischer Antizipationen als immer wieder erzielbarer, Erwerbe einer bleibenden immer wieder herzustellenden Erzielbarkeit, als das Identisches, immer wieder Verfügbares für andere praktische Möglichkeiten, ein für alle Mal seiend, vermögliches „Immer wieder“.Für die ästhetische Sphäre: das Allseitige, die Aperzeption des relativ Seienden, aber dieses selbst Erscheinung im System der Erscheinungen und Beziehungen von Ferne und Nähe. Die Einheit der Optima, die Nähe das Optimum. Aber die Mannigfaltigkeiten der orientierten Apperzeptionen haben identisches in relativem Sinne Seiendes nicht nur als jeweilige Apperzeption aus ihrer systematischen Vermöglichkeit, sondern auch Seiendes aus der systematischen Vermöglichkeit, das Orientierungssystem frei zu wandeln und in diesem Wandel Identität als ein immer wieder Verfügbares zu erhalten. Was da im Wandel Identisches darstellt, ist das in Relativität Seiende, das Seiende als Apperzeptionseinheit; es ist Identisches in Ruhe und Bewegung, ist Identisches in deinem Orientierungswandel, sofern dieser seinerseits von mir her zu beherrschen ist. (Ende Beilage Notiz)

[ S 20] Leib und außerleibliche Dinge: die letzten sind keine kinästhetishcen Glieder, die haben keine eigene Kinästhese, aber gewinnen einen gewissen Anteil an den Kinästhesen, wenn sie sich mit einem „Leibesglied“ „verbinden“ und einem Mitbestande dieses gehören.So kann nun die Frage beantwortet werden, wie nun der Leib selbst apperzeptiv gleichgestellt werden kann den nicht-leiblichen Dingen – als ob er auch eines der Null-Objekte wäre, die ja erst durch sein leiblich-ichliches Walten die Null-Gegebenheitsweise annehmen können neben ihren orientierten Aussen-Gegebenheitsweisen.

Kinästhese und Hyle: Regelmäßiges Miteinander der ichlichen Kinästhese und der mitverlaufenden Hyle; ähnliche oder gleiche Kinästhese und ähnliche oder gleiche Hyle. Beherrschung des Systems; jede elementare Kinästhese von Null bis 1, jede an jeder Stelle stillzuhalten; jedes „ich bewege“ ergibt einen Übergang, ein Übergangsphänomen von Hyle zu Hyle; jedes im Stehen bleiben ein ruhendes Datum; jedes Übergangsphänomen erhält die Apperzeption Bewegung als eine Kontinuität von impliziten Ruhen. Komplex miteinander verschmolzener Kinästhesen.Sind die Kinästhesen selbst nur ein Sonderart einer allgemeinsten Gattung Hyle? Und das spezifisch Ichliche der Affektivität und Aktivität? Märchen des Anfangs: verworrene Einheit der gesamten Hyle, in sich ungeschieden, eine verworrene [S 21] Totalaffektion; ständige Zuwendung in der Wachheit, ständiger Wandel im Wandel der Abhebungen, Deckungen, Einheits- und Mehrheitsbildungen, auftretend, schwindend; Eintreten der Scheidung: die Gruppe der Hyle im engeren Sinne in ihren Einheiten ziehen das Interesse an, berühren das Gefühl in ausgezeichneter Weise, erregen verschwindend das Begehren, das instinktive Streben, ausgelöst ein instinktives Tun, in dem Kinästhesen verlaufen in eins mit der Hyle, in ihrem Wandel, in einem immer wieder Kommen und Verschwinden. In diesem Gang nun: bei Wiederkehr derselben Einheiten dieselben Kinästhesen zweiteilig, das immer wieder für neue Hyle und mitlaufende Kinästhesen; die Intention auf die jeweiligen Hyle-Einheiten nimmt die Form der Intention auf die Kinästhese, um das Miteintreten der Hyle zu erzielen, bzw. um die hyletische Wandlungen, die zu den Einheiten „selbst“ führen, zu ihrem Ende zu bringen. In den hyletischen Wandlungen der Einheiten haben wir die Ausbildung von Optima, auf die also die kinästhetische Mittel-Inteniton abgestellt ist. Die kinästhetischen Wandlungen sind als unmittelbar ichliche zu dirigieren, alle anderen vermittelt durch sie als ihre Folge.

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Kinästhetische Wandlungen im tuenden Modus, z. B. das Stillhalten, das tätig ichlich die Wandlung Erzeugen, das „ich wandele“, das die Wandlung Ändern mit neuem Stillhalten usw,; erwachsen der „Ich kann“ der von der kinästhetischen Situation aus gegebenen „Ver-Möglichkeit“, der Apperzeption des Horizontes von Vermögligchkeiten, von denen nach der jeweiligen Motivation vom antizipierten Ziel aus, d. i. dem als bestimmte Vermöglichkeit antizipieren, die eine Verwirklichung im erfüllenden Tun findet. [S 22] Eben die eines Zieles, bzw. die Ziel Hyle als Folge ergebend. Jede Einheit weck die ihr zugehörigen kinästhetischen Vermöglichkeiten, und ist, wenn sie nicht optimal gegeben ist oder schon versunken ist, apperzipiert als zugänglich, als noch beliebig zu verwirklichende, als gekonnte. Alle Akte setzten voraus ein unmittelbar zu Verwirklichendes, alle Apperzeptionen sind Modi von Akten, Modi von Vermöglichkeiten, und ist, wenn sie nicht optimal gegeben ist oder schon versunken ist, apperzipiert als zugänglich, als noch beliebig zu verwirklichende, als gekonnte. Alle Akte setzten voraus ein unmittelbar zu Verwirklichendes, alle Apperzeptionen sind Modi von Akten, Modi von Vermöglichkeiten, die in ihrem Aufbau von oft ausserordentlicher Mittelbarkeit implizieren unmittelbare Vermöglichkeiten und vermittelte. Unmittelbare sind unmittelbar in Tätigkiten zu verwirklichende Gekonntheiten von unmittelbaren „fiat“ aus.

(11 a) Konstitution des Systems der Kinästhesen als totales Abwandlungssystem der in jedem Moment der wachen Gegenwart unweigerlich in irgendeiner komplexen Konstellation und ständig so oder so sich abwandelnden vertrauten Kinästhese. Das System ist System der in allen Übergängen von relativ verharrenden dauernden Kinästhesen zu neuen rellativ verharrenden apperzeptiv aufgefassten kinästhetischen Daten; die dauernden als vermöglich dauernde, als dauern vermöge der Stillhaltung, im voraus apperzipiert und apperzipierbar als künftige Vermöglichkeiten des stillhaltenden Habens und das wieder als Vermöglichkeiten, die von der jetztigen Kinästhese in vermöglichen Übergängen erreichbar sind und von beliebig schon erreicht gedachten anderen Daten erreicht werden könnten auf vertrauten Wegen.Das System der Kinästhesen ist aber nicht im voraus konstituiert[ S 23], sondern seine Konstitution erfolgt in eins mit der Konstitution hyletischer Objekte, auf die es jeweils hinauswill und für welche die kinästhetischen Situationen als Einheiten aus Vermöglichekiten die „Mittel“ sind, die „Vordersätze“ für sie als „Folgesätze“. Durch die unmittelbare Verfügbarkeit der Kinästhesen in ihren jeweiligen Komplexen bzw. in den beliebigen Herstellung der Komplexe und der Komplexwandlungen (die sich als unmittelbare Verfügbarkeit konstituiert haben) wird mittelbare Verfügbarkeit von hyletischen Gegenständen möglich. Sie werden aber zu Gegenständen eben selbst durch ihre, also mittelbare Verfügbarkeit, oder ihre Apperzeption ist in der kinästhetischen Apperzeption fundiert. Diese hat aber vermöge ihrer ursprünglichen Genesis kein eigentliches Telos in sich. In alle reale Apperzeptionen, in die der Weltlichkeit, geht sie ein als vermittelnd, als die jeweilige Apperzeption der kinästhetischen Situation in ihrem Horizont vermöglicher Wandlungen, in welcher hyletisch konstituiertes Seiendes allzeit sein eigenes Sein hat und es nur habe kann, das Sein im Modus „infolge“ mit motivierten „Nachsatzes“ der auf dem vertrauten Weise, wie sich abhebendes Hyletisches mit den vermöglich verlaufenden Kinästhesen mitwandelt und seine optimale Gestalt immer wieder zeigt bei der vermöglich wiederhergestellten selben Situation identifizierbarer „Nachsetzte“. In dieser Beziehung gewinnt es den Sinn des bleibend verfügbaren Telos, des Seienden, das mittels seiner bereiten Zugangswege als nach Belieben zu durchlkaufender immer wieder verwirklicht [S 24] werden kann als dasselbe, im Modus des „selbst“, der Wahrnehmung. Aber das Zugangssystem hat nicht Sinn als Zugang zu dem, was auch ohne möglichen Zugang denkbar wäre; denn der Sinn des Seienden, des schlechthin Seienden im Sinne des Telos ist nur dieses „Nachsatz“-Seiende. Dabei wird selbst diese Rede von Nachsatz nicht so ganz ernst verstanden werden dürfen, als ob der „Vordersatz“ auch schon Satz für sich, teils für sich wäre. Denn darin besteht die „ursprünglich instinktive Richtung“ auf Seiendes schlechthin oder als Telos, dass erwachendes Leben und so in der höheren Stufe in der Weise natürlichen menschlichen Daseins, also als Wetleben, konsequent die hyletische Richtung einschlägt, dass von vornherein die

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Hyle und was immer aus ihr konstitutiv geschaffen ist, das Interesse ist, Ziel des darauf Gerichtetseins und darin Terminierens. Demgegenüber, dass die Kinästhese von Anfang an und immerfort nur Durchgangssinn, Mittelsinn, Funktionssinn annimmt und keinen andere annehmen kann. Das schlechthin seiende hat als das nur Sinn aus der Vermöglichkeit der Erzielung seiner als es selbst; es hat nur Sinn als intentionale Einheit in einer zugehörigen Mannigfaltigkeit von unvollkommenen und vollkommenen Darstellungen, von näheren und ferneren, die abzielen auf den Modus des Optimum, des die vorbereitenden und in ihrer „Unvollkommenheit“ vordeutenden Darstellungen Erfüllenden. Und dies ist nur die Mannigfaltigkeit der „Erscheinungen“, der relativen, fernen und nahen Selbstgebungen bis hin zur vollkomen selbstgebenden; sind sie versunken, aus der Gegenwart entschwunden, [S 25] so ist doch das Seiende fortgeltend. Aber auch das Erscheinungsmäßig-Auftreten und sich Darstellen – alles hat nur Sinn als Vermöglichkeit des immer wieder Herstellen und wieder auf das Optimum Hinführen, in ihm Terminierenkönnen. Das aber ist notwendig konstitutiv ein Vermitteltes, da aller Wandel der Hyle, allesvermögliche auf das Entschwundene wieder Zurückgehen ein kinästhetisch vermöglicher Wandel bzw. ein vom Ich her tätiges Gehen ist. Die Kinästhesen sind eben das einzige Gebiet unmittelbar zu konstituierender Vermöglichkeit. [...] Die Kontitution von Seiendem vollzieht mittels der kinästhetischen Vermöglickeit als Abhängiges in einer schwindelnd verwickelten Mittelbarkeit von Stufen – bis zur Stufe des weltlich-Seienden, das einmal konstituiert, das einzig Seiend schlechthin ist, während die immer schon kinästhetisch motivierten Seienden der anderen Stufen in ihren Nachsatzvermöglichkeiten zu bloßen Durchgängen werden und vermöge ihrer Einordnung in den höchsten apperzeptiven Horizont den Sinn annehmen von „subjektiven Erscheinungsweisen“.In jeder Stufe ist für die Konstitution von Seiendem das eine und selbe kinästhetische Totalsystem bereit, und in jeder Momentangegenwart ist es bestimmtes, sozusagen als die universale kinästhetische Situatin. Jede Stelle des Systems ist ein individuell Bestimmtes – in der Primoridalität natürlich. In jedem Moment haben wir anderseits eine individuelle [S 26] hyletische Gesamtkonstellation; für jede abgehobene und für sich betrachtete Hyle dieser Konstellation haben wir innerhalb der Gesamtsituation eine entsprechende Weise, sie innerhalb der der verharrenden Systemform frei abzuwandelnd derart dass die betreffende Hyle apperzipierbar wird oder schon ist als seiende, sich in seinen mannigfaltigen Erscheinungsweisen zeigend und auf sein Optimum (oder die Synthesis seiner reativen Optima) hinzuleiten und so es immer wieder als es selbst, wie es wirklich ist, zu verwirklichen; ebenso, wenn es unsichtigwird, es immer wieder zur Darstellund und zur vollkommenen Darstellung zu bringen, in der Annäherung an das „wahre Sein“. Für jedes zum selben Moment gehörige Hyletische anderer Art gilt dasselbe, aber für jedes ist sein Verwirklichungssystem, das seiner „vermöglichen Erfahrungen“, ein individuell verschiedenes. Wird das eine zur systematischen Erfahrung gebracht, so wandeln sich zwar die miterfahrenen anderen Seienden (bzw. die Apperzeptionen de simultan auftretenden Hyle als seiender) hinsichtlich ihrer Weise der Darstellung und eventuell des Außer-dem-Gesichtskreis-Kommens, aber im allgemeinen so, dass sie nicht zugleich systematisch als zu verwirklichende Erfahrungen in Richtung auf die Optima verlaufen können.

(14 a) Weltausschließlich in der Wahrnehmung (ästhetische) Welt. Reduktion auf die Wahrgenommene Welt, in der Primordialität und in der ursorünglich endlichen Welt. [S 27]Konstruktion des Totalsystems möglicher Wahrnehmungen und möglicher Erfahrungen. Beschreibung der Welt selbst rein als solcher in sich einstimmig erfahrbarer; die ästhetische ontologische Struktur der Welt, einer möglichen Welt überhaupt. Korrelativ: Beschreibung der möglichen Welt der Erfahrung, des Systems möglicher Einstimmigkeit der Erfahrung, konstituierende Subjektivität.Die ästhetisch-ontologische Struktur hat einen Fundierungsaufbau. Unterste Schichte: Physis. Problem der Selbstdarstellung der Physis; die Natur im Wie der Erscheinungsweisen. Das

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phanseologisch-Ästhetische von der Welt. Die Welt, universal einheitlich erscheint und ist eine Einheit einer Erscheinung, in der mannigfaltige Sondererscheinungen beschlossen sind. Selbstgegebenheitsweise der Welt, Selbstgegebenheitsweise von einzelnem Weltlichen als Seitengegebenheit für die Welt [S 28] das Wahrnehmungsfeld als „Seite“ der Welt. Apparenz der Welt. Synthesis der mannigfaltigen Seiten im Verlauf, dem Zusammenhang meiner Erfahrung; Reduktion auf mein Subjektives und die für mich erscheinende Welt; die synthetische Verläufe von Seitengegebenheiten haben synthetische Einheit im Selben, sich wieder anders Darstellenden, 1. als dasselbe Objekt in denselben Seitenbestimmungen, aber orientiert eine Orientierungsgegebenheit, 2. dasselbe Objekt in derselben Orientierung allseitig, Auszeichnung der Oberfläche und der Oberflächeseiten.In der ästhetische Analyse steckt schon das Ausgezeichnete der oberflächlichen Gestalt; jedes Objekt schon auf die Physis reduziert hat schon seine körperliche Gestalt; jede solche abstrakte Körperlichkeit hat ihre Oberfläche. Das „geometrisch körperlich Innere“ verweist auf Teilung und ihre neuen Oberflächen. Ästhetisch ist immer nur Oberfläche gegeben.Das Erste ist also die Phansiologe der Körperlichkeit als Oberflächlichkeit in ihrer ästhetischen konkretion; die „res extensa“ als ästhetisch reduzierte hat Schichten, die ineinander fundiert sind. Das Totalsystem der res extensa ist fundiert im Totalsystem der eigentlich ästhetischen Apparenz, der ästhetischen Oberflächendinge. Die Oberflachding ist nur konkretes Ding, sofern es in der Potentialität der Teilung steht. Sekundäres Thema: Erfahrung und Erfahrbarkeit von Teilung und vom Ungeteilten. [S 29] Abstraktion von dem, was den Seinsinn Körper im vollem Sinne ausmacht; Reduktion auf ein Oberflachding und das, was es im Wandel der Erfahrung ästhetisch identisch erhält.Veränderung ist auch ein ästhetisch Ontisches. Reduktion reine Perzpetion.Ort und Ortveränderung. Ort als Raumstelle und Veränderung des Dinges hinsichtlich seiner Stelle häng wesentlich an der orientierten Gegebenheitsweise, an ihrem Wandel oder nicht-Wandel. Aber das ist nicht Sache des Dinges selbst, das ich erfahre; eine Orientierungswandlung wird als Bewegung, aber auch als Ruhe erfahren, je nach dem ich meinen Leib fortbewege oder an der Stelle bleibe, und je nach den Weisen meines Michbewegens erscheint die Ortsveränderung, die Bewegung des Dinges Anders.Reduktion auf das wirklich Gesehene des OberflächendingesOberfläche in Orientierungstellung und Orientierungswandlung. Was dazu kommt, dass ich den Wandel der so wahrgenommenen Orientierungsstellen nicht als Wandel der Raumstelle des Dinge „auffasse“, das ist eventuell von der [S 30] Erfahrung der Ruhe des Objektes im Raume her aufzuklären und ist Sache einer zweiten Frage und vielleicht komme ich auf eine höhere Stufe der Konstitution des Einheitssinnes, der Erfahrenden Identifizierung, die mir immer noch nicht den letztgemeinten und als aus Erfahrung ausweisebaren Seinsinn der Raum stellen und Bewegung des Dinges selbst ergibt - wie wir, um das vorzudeuten, die objektive räumlichen Bewegungen, die wir im gewöhnlichen Leben erfahren, hinterher und doch in Mittelbarkeit der Erfahrung folgend umwerten, wenn wir sagen, dies Bewegungen seien relativ auf die bewegte Erde; oder einfacher, wenn wir die Ortsveränderungen, die wir als solche im Eisenbahnwagen erfahren, als relativ auf seine Eigenbewegung relativieren.Das Oberflächending, das ich sehe, hat – auf das rein Visuelle beschränkt – seine gesehene Gestalt an der gesehene Stelle. Annäherung Entfernung und ihre Grenzen. Undurchdringlichkeit widerstehenden Dinge und Horizontpunkt. Grenze: absolute Ferne (Horizont) und absolute Nähe [S 31]Erfahre ich tastend und mit geschlossenen Augen, so ist es anders. In der reduzierten reinen Tasterfahrung mich haltend habe ich ein Ding aktuell erfahren, indem ich es allseitig betaste; es ist im Tasten zunächst wieder reines Oberflächending in Seitengegebenheiten und fordert eine Synthesis von Seitengegebenheiten, die nun identifiziert erfahren werden. Zurückkommen auf das früher Betastete. Hier habe ich in der jeweiligen Wahrnehmungsgegenwart nur die dürftige Existenz des Wenigen, des zusammen berührungsmäßig Erfahrenen, wobei nicht alles gleichgültig ist, sofern das mit Füssen, mit Ellbogen Berührte, verweist auf eine mögliche Handberührung und das

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optimale Betasten mit den Fingern. Optimalunterschiede und Gradualität, vollkommene und unvollkommene Gegebenheit (analog zur optischen Sphäre). Aber beiderseits ist das Stellenmäßige, das erfahren wird, nicht durch die Vollkommenheitsunterschiede allein bezeichnet. Dasselbe in gleicher Fülle kann verschieden orientiert sein. Mehrere Dinge meiner tastbaren verharrenden Dingumgebung können auch, als was sie sich im Finger-Tasten vollkommen zeigen, für mich gleich da sein, und haben dann eine verschiedene Stelle; oder ein und dasselbe ändert seine Stelle, ich muss nun, um bei ihm zu bleiben, mit der Hand oder gar mit dem ganzen Körper mitgehen.

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Ende Mai 1932. Keine eigene Aufschrift.

[S. 1]Visuelles Empfindungsfeld: jedes Fleck kann da in Veränderungsreihen übergehen. Feld eine Konfiguration von Flecken – in der Koexistenz. „Lokalität“ im Empfindungsfeld und Änderung überhaupt. Gleichheit und Ungleichheit der Konfiguration (totale und partielle). Bei völliger Gleichheit doch Unterschiede des „Ortes“, der Quasi-Lokalität. Gestaltsveränderung, Qualitätsveränderung, Ortsveränderung. Die Lokalität hier eine innere Bestimung, und Ortsveränderung besagt hier keineswegs Bewegung als Veränderung eines identischen Objektes in einem Raume. Im visuellen Feld ist nicht diese Veränderungsweise, und sind überhaupt die Veränderungsweisen nicht ohne Schranken. Gleichheit, Konfiguration, die bloß lokale Veränderung des Fleckens ist, - das gibt es für jeden Flecken, aber nicht so, dass dabei jede Lokalität erreicht werden kann. Zunächst bloß „Ortsveränderung“. Totaler oder partielle „Deckung“ von Flecken in dem Übergang und im Ändern als Unveränderung. [S. 2] Akkomodation des Auges. Wenn wir ein Objekt, das am unklaren Rand des Fledes „erscheint“ fixieren, führen wir das unklare Fleckendatum, worin sich das Objekt „abschattet“ in der Weise der Veränderung seiner Lokalität, über in das zentrale Lokalitätensfeld unter Akoomodation. Wir verwandeln also das „Unklare“ nicht einfach in ein Klares (akkomodierend), sondern wir vollziehen die Veränderungsweisen der Lokalität, mit der Hand in Hand geht eine Veränderungsweise der übrigen Momente des Fleckens, die eben eine Überführung in bloße Lokalveränderung dadurch ausschließt, dass eine Akkomodation, die das ganze Feld klar ergibt, unmöglich ist. Aber das alles ist eigentlich falsch, wenn wir nicht beifügen: jeder Flecken hat seinen geraden Übergang in die Zentralsphäre, die er erreicht, wenn die Veränderung des Momentes der Lokalität, das zunächst als ein Charakter des totalen Fleckens gemeint war, dahin führt, dass ein „Punkt“ des Fleckens im Endzustand die zentrale Lokalität hat. Aber von diesem Punkt an geht die Kontinuität der Außenpunkte, und kontinuierlich wandelt sich das, was in ihnen in der Veränderungsweise der Quasi-Bewegung berührt wird, in seiner Qualifizierung. Auch innerhalb der Mitte des visuellen Feldes ist Wandlung nach Klarheit und Unklarheit, eine Weise der Wandlung, die ein Optimum ergibt. [S. 3] Also eigentliche Gleichheit gibt es überhaupt nicht. [...]Konstitution des okularen Dinges, als verharrend in Bewegung und Ruhe, in Gestaltveränderung, in Qualitätsveränderung. Jede Augenbewegung, die die Lokalität des visuellen Datum direkt ändernd überführt in das Zentrum (das deutlichsten Sehens), hat den Charakter der annähernden, - die umgekehrten den Charakter der Entfernung. Dazu Mischungen. [S 4] Aber jeder Flecken hinsichtlich seiner Teile und Punke hat sein „näher“ und „ferner“, und entsprechende Augenbewegungen lassen jeden Punkt in das Zentrum rücken, und so wird das Ganze in eine Wandlung einbezogen, in welcher, wenn das Interesse in den vollkommensten sein Telos hat, jede totale Phase zur Ershceinung wird: jeder „Punkt£ verweist auf sein Telos; in der Wandlung wird das Telos erzielt und weiterhin erhalten; im Wandel scheit es durch, ist es vor dem Telos dessen Erscheinung. Jeder Teil ist Erscheinung desselben in Kontinuität des Übergangs zu immer besserem, und ist schon das Zentrum berührt, so verweist die erste Totalerscheinung auf den Zusammenhang relativer Annäherung, und das Ende ist da die totale ursprüngliche Kenntnisnahme,

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die alles einzeln Unterscheidbare zur Vollendung gebracht hat, im Nacheinander und im ständigen Behalten und im Bewusstsein der Vermöglichkeit, jedes Moment wieder originär erwerben zu können.Aus dem visuellen Feld und einer Kontinutiät von Wandlungen wird durch die kinästhetische Motivation ein okulomotorischer Raum, ein Raumfeld von seienden Objekten – unter der Fiktion, dass es nur diese Kinästhese gäbe und dass schon mögliche Wiedererkennen desselben in verschiedenen Darstellungen weiter so ausgestalten werden könnte dass wirklich beliebige „Veränderungen“, die da feldmäßig auftreten mögen, apperzipierbar bliebe als Objekte, auf die immer wieder zurückgegangen werden kann, die das kinästhetisch „gehende“ Ich immer wieder finden, immer von neuem wiedererkennen, wieder identifizieren kann. Zunächst aber ist konstituiert ein relativ Identisches, ein Wiedererkennbares in Zeitweiligkeit.[S 5] Näher besehen, liegt darin: die Genesis der Apperzeption „Ding“ kann nur anfange und in Gang kommen dadurch, dass für das Natur, Welt erst erwerbende Kind eine normalerweise vorwiegend ruhende und in den Bewegungen und Veränderungen beschränkte und überschaubare Umwelt da ist (das „Kinderzimmer“), in einer zunächst endlichen, sehr engen lebendigen Zeitlichkeit.In der Rückfrage, die nicht Frage nach einer Genesis ist, kommen wir auf eine unterste Sphäre in der Geltungsfundierung und lernen in der Enthüllung der Urvoraussetzungen in der Subjektivität, in der Aufweisung der visuellen Feldstruktur und der Weise, wie auf sie ein kinästhetsiches System bezogen ist, verstehen, wie in einer ersten Stufe der Seinsinn des Dinges und der Dingwelt als Natur zustande kommt; - oder verstehen, dass das Seiende bzw. das, was in der untersten Schichte zur relativen Geltung als seiend kommt, Identitätskorrelat einer habituellen Vermöglichkeit ist und ihre Seinsgewissheit eben in der Gewissheit des immer wieder Restituierenkönnens des „es selbst“ ist als Telos. Das aber freilich sofort verweist auf ein ursprüngliches Erwerben dieser Vermögenseinheiten, auf eine Genesis, in der aufgrund der immanenten Lebensstruktur in ihrem regelmäßigen Wandlungsstil das Vermögen erworben ist.Schon in der unterste Schichte der Konstitution haben wir Objetke in einer Raumzeitlichkeit, Objekte in einer Form der Koexistenz im Raume und wesensmäßig bezogen den Raum auf orientierte Gegebenheitsweise, bzw. jede Objektivierung als Erfahrung ist in einer Orientierung und jede einzelne Erfahrung in der Koexistenz der weltlichen Erfahrungen des betreffenden Momentes; [S 6] das momentane Wahrnehmungsfeld, als in eins wahrgenommen Objektfeld, in einer totalen Gegebenheitsweise der Orientierung. Die orientierte Totalgegebenheit in der festen Form, die Null ist.Das jeweils fixierte Objekt – hier fehlt noch die Leibbeziehung, und der Leib ist nicht im visuellen Feld als Leib erfahrbar aufgrund dessen, was wie in Rechnung gezogen haben.Jede Erscheinung ist nur Erscheinung, jede erfahrende Objektapperzeption nur Apperzeption aus der Aktivität des Ich, die in die Passivität der kinästhetischen Verläufe eingreift und anderseits der spezifischen Hyle und ihren Steigerung folgend auf das optimal Gesteigerte sich richtet, in dem Wandel des wieder Verschwindens auf dessen Wiederkehr, auf Annäherung und Erhöhung der Steigerungsreihe und sein Optimum hinstrebt und dabei bewusst wird des Einflusses auf die Kinästhese und durch sie vermittelt auf das Optimum; dass es nun auf dem Wege der Übung Herrschaft gewinnt und als Erwerb die freie Verfügbarkeit über das Erworbene, immer wieder Identifizierbare auf dem Wege-System der Kinästhetsen. Das Seiende wird zum bleibenden Erwerb und ist es auch, wenn die Erfahrung dahin ist, ob nun Nah- oder Fernerfahrung. Es sind andere Erfahrung da, andere Objekte bieten sich, aber auch die Wege sind noch vertraut, auf denen von den alten zu den neuen Objekten geführt wurde; die Kinästhesen in ihrer Wiederholung und Verkettung überschreiten die aktuelle Erfahrungssphäre von Objekten usw.Wir haben bislang die niederste Stufe der Objektkonstitution [S 7] in der visuellen Sphäre ausgelegt: eine abstrakte Einseitigkeit; die naturale Erfahrung ist vielfach sinnliche Erfahrung. Die verschiedene „Sinnlichkeiten“ sind aber nicht gleichgeordnet, als ob durch bloßes Hören oder Riechen, durch bloße Temperaturempfindung nämlich abstraktiv je eine solche Sinnlichkeit

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isolierend eine Raum-Welt hätten, so wie wir es in der Tat in der visuellen und in der taktuellen Sphäre haben. Es ist jedenfalls unerlässlich, mindestens zuerst auch diese letztere Erfahrungsseite der Welt zu studieren und somit hier ähnliche Frage nach dem letztlich Fundierenden zu stellen unter abstrakter Beschränkung auf dem „Tastsinn“.Hier haben wir nicht einfach eine Wiederholung des Schemas der ersten Objektkonstitution (als okularer), nur in der Übertragung auf das Tastfeld unter Hinzunahme einer geschlossenen Kinästhese (die wir uns vereinfacht haben dadurch, dass wir von vornherein das Doppelauge und sein einheitliches visuelles Feld nehmen, als ob es ein Auge wäre und eine Kinästhese, als ob wir nichts von Doppelbildern und dergleichen wüssten). Eine Unvollkommenheit im okulomotorischen Objektfeld, eine Unvollkommenheit der sich konstituierenden Seinsgewissheit liegt darin, dass ich Ruhe, Unveränderung apperzipierend mich wiederholt überzeugen kann und das meine Ruhe-Apperzeption sich bestätigt, wenn ich wieder Ruhe wahrnehmungsmäßig finde.ebenso wenn ich eine Bewegung apperzipiere. Aber im Übergang kann statt Ruhe Bewegung und statt Bewegung andere Bewegung und schließlich Ruhe erfahren werden. An sich ist das frühere Sein das unveränderte Verharren. Das „anders“ der Ver-änderug [S 8] weist schon auf die Durchstreichung dieses Seins, auf das nicht-Sein hin; aber Änderung wird nun selbst zu einem Seinsmodus, und Identität konstituiert sich als eine, die durch Unveränderung und Veränderung hindurchgeht.In der Wahrnehmungsgegenwart habe ich das Identifizierbare, was sie als gegenständliches Feld bietet, in orientierter Weise so, dass notwendig in jedem Augenblick nur Einzelnes vollkommen wahrgenommen ist, das kommt nur dann bei allem Seienden zur eigentlichen Selbstgegebenheit, wenn ich Zeit genug habe, alles, ehe es verschwindet, ehe es sich verändert, zur Vollkommenheit der Gegebenheit zu bringen, es in das Zentrum des Sehens bringend und dabei durchlaufend.ber wie weiss ich, wenn ich diese Zeit nicht hatte, zumal wenn mein Interesse am Einzelnen hängen blieb, wie das früher Wahrgenommene „eigentlich“ beschaffen war? Und wenn ich für meine Fernerscheinungen die entsprechenden Naherscheinungen antizipiere (wobei ich viele Möglichkeiten habe, das Unbestimmte näher zu bestimmen,) wie kann ich mich bewährend überzeugen, eventuell überzeugen, welche von den Möglichkeiten die zutreffende sei?Offenbar ist die Verweisung der Erscheinungen auf ein Optimum als seine Wirklichkeit in einer Schwebe, die keinen Weg der ausweisenden Erfahrung und als einer endgiltigen Seinsbewährung im voll Bestimmten vorzeichnet, als praktisch zu verwirklichenden.

Ab D 10 III: Exakte Reproduktion. Die ersten zwei Teilen zu vervollkommnen

D 10III

Das stenographische Originalmanuskript besteht aus 24 Blättern, trägt aber keine besondere Aufschrift nur am Rande die Notiz:

Konstitution als Perspektivierung in ihren Stufen, dann Konstitution seiender Dinge, also der Zeiträumlichkeit als Seinsform durch den eingreifenden Leib. Es folgt also das Problem des Leibes als fungierenden Organs und die Klärung des Gegensatzes von bzw. des Zusammenspiels von Perspektivierung und Organisierung.

[1] Die niederste Erzielung von Identischem vermöge einer Zugangskinästhese, die am okularen „Ding“ klargemacht ist, dient als Unterlage, als Geltungsfundierung für höhere Stufen, in denen visuell weiter verfolgt das okulare Ding in gewissen Sinn durch eine neue kinästhetisch motivierte Veränderungen zu einem Erscheinungssystem wird für eine höhere Identitätseinheit als Telos. Das kinästhetische System Ok (des Auges) ist ein geschlossenes, das ich beliebig in seines verschiedenen Richtungen durchlaufen kann. Vom bevorzugten Mittelpunkt, der Ruhelage aus, aber

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auch von jeder Stelle zu jeder anderen. Jede bedeutet in ihrer Realisierung als Vordersatz in der Apperzeption, welche eine entsprechende Hyle als Objekt auffasst, identische Raumstelle. Das okulomotorische System in möglicher Vordersatzfunktion und durchlaufen gedacht mit einem beliebigen hyletischen Korrelat, letzteres in freier Variation gedacht, ergibt leeren okulomotorischen Raum als Ortsystem für mögliche Dinge dieser Sehding-Welt.Abwandlung dieser Welt durch neue kinästhetische Systeme, aber alle Systeme sind Teile des einen Universalsystems; innerhalb derselben sind Erscheinungen möglich, durch Stillbleiben, Stillhalten von kinästhetischen Wandlungen bezw. Wandlungsrichtungen.Hier ist nun folgendes zu überlegen: in der okularen Welt (überhaupt in einer „Welt“ dieser Typus) haben wir 1) Ortveränderungen der Objekte, 2) andere Veränderungen. Ortsveränderungen allein sind auf die Kinästhesen bezogen derart, [2] dass ich ihnen kinästhetisch nachgehen kann und so stetig ihren Ort selbst und, was am Orte ist, zur Selbstgegebenheit bringen und bei ihm selbst sein kann. Der Ort ist verwirklicht durch die Kinästhese, in der das Was des Ortes optimal erfahren ist. Diese Kinästhese in der Funktion der vollendeten Erzielung, der erzielenden Apperzeption ist Selbstdarstellung des Ortes, so wie die dabei auftretende Hyle vollendete Selbstdarstellung ist des Was dieses Ortes, des Dinges selbst an ihm. So eigentlich punktweise, und für das ausgedehnte Objekt haben wir Ort der Ausdehnung als synthetische Einheit der das ausgedehnte Was im entsprechend vollständigen, alle Teile Punkt für Punkt verwirklichende Durchlaufen, verwirklichend die Apperzeption, die die Hyle auf verwirklichende Kinästhese bezieht.In dieser „Welt“ gibt es für mich nur eine Art verwirklichender Aktivität, auf sie tätig bezogen: nämlich die der wahrnehmenden Verwirklichung, des auf schon Erfahrenes Hingehens und zwar solange, bis ich bei ihm selbst bin.Was aber die Veränderung anbelangt, so kann ich zwar während des Verlaufes sozusagen nachlaufen; wir können auch induktive Voraussagen machen, erwarten, was kommen wird. Die Konstitution einer Objektivität als einer unter Kausalität stehenden, mit kausalen Bestimmungen können wir schon sehr beschränkt als geleistet annehmen, nämlich nur soweit, dass sich sich als regelmäßige, als zu erwartende Folge die Änderung der und der anderen Objekte und dergleichen.[3] Aber es fehlt noch Wesentliches an die dieser Welt: mein bei allem Dabeisein und selbst tätig sein ist nicht ein Dabeisein meiner als selbst in dieser Welt seienden; in dieser Welt habe ich nicht Existenz, ich bin nicht selbst in diesem Raume, in ihr bin ich nicht leibhaft da, mit einem Leib, der selbst res extensa an einer Raumstelle ist. Ich bin auch nicht fähig zu handeln in dem natürlichen Sinn, von mir aus diese seiende Welt bzw. in ihr irgend etwas zu verändern. Bewegt sich ein Ding, so kann ich das erfahren; aber ich kann es nicht bewegen, nicht seine Ortveränderung verändern, nicht beschleunigen, nicht zur Ruhe bringen, nicht Ruhe in Veränderung wandeln etc., und so hinsichtlich aller sonstigen Veränderungen der Deformationen, der Qualitäten; daher kann ich auch nicht, wenn ich Regelmäßigkeiten der Veränderung unter gleichen wiederkehrenden Umständen erfahre, „experimentierend“ eingreifen, und durch Gewinnung einer neustufigen kinästhetischen Vermöglichkeit „immer wieder“ gleiche Umstände herstellend bezw. Die schon gegebenen in ihrer Typik abwandelnd immer wieder die gleichen Folgen erwirkend herstellen, ihre Veränderungen des Folgens im Verändern der Umstände wiederum verfolgen und als notwendige Folgen herausstellen – kurzum es kann sich für mich nicht konstituieren und konstituiert haben ein Objektives fundierter Stufe, das Objekt als Kausalobjekt, als seiendes, nicht nur in dem Sinne des Verharrenden in den Veränderungen und vor allem in Bewegung und Ruhe, sondern in allen seinen Veränderungen unter objektiver Regelung stehend objektive „Kräfte“ übend und von Kräften bestimmt, Substrat [4] von Kräften, von kausalen und unveränderlichen Eigenschaften, unterjeweiligen Umständen der Veränderung bezw. Unveränderung notwendig seine Veränderungszuständlichkeit so und so verändern oder erhalten zu müssen. Was vor der Konstitution der objektiven Kausalität, des Seins als eines Substrat des Wirkens und Wirkung-Erfahrens (Kraftzentrum) schon „Objekt“ war, verwandelt sich in objektive Zuständlichkeit des im Wandel dieser Zuständlichkeit, dieser kausalen Zuständlichkeiten im höheren Sinne verharrenden Dinges.

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Das alles hängt an der Konstitution meiner Vermöglichkeit des „eingreifenden Handelns“, des den Gang der objektiven Veränderungen aktiv registrierens. Ziehen wir nun weitere Teile des kinästhetischen Gesamtssystems heran. Der okulomotorische Raum musste begrenzt sein. Jede Kinästhese, die aus der okulomotorischen Ruhelage herausführt, hat im Wandel ihr Äußerstes der Anspannung; jede steht in einem Richtungssystem und in jeder Richtung ist ein Ende in der äußersten Anspannung. Somit ist die jeweilige Welt eine endliche Vielheit und Konfiguration von Objekten, die als Totalität verharrenden unveränderlichen Objekte in dem Falle, wenn im beliebigen Durchlaufen der totalen okulomotorischen Kinästhese eben immer wieder dieselben Objekte wiedererkannt, wieder vorgefunden werden können. Es können zwar dabei auch zeitweilig aus einem totalen Wahrnehmungsfeld einzelne Objekte im Wandel der Kinästhesen verschwinden, aber sie können wiederkehren, als dieselben als noch zugängliche wieder identifiziert, als dieselben, die vordem wahrgenommen waren und [5] voraussichtlich sein werden, wenn sie wieder verschwinden. Verschwinden ist nur ein solches aus der aktuellen Wahrnehmung; ihr gegenüber sind sie in ihrer Weise schon „an sich“ jedoch wenn nichts weiter konstititiv fungieren würde als die okulomotorische Kinästhese in ihrer Endlichkeit zu konstituierenden Raume, so gäbe es kein wirkliches Verschwinden. Ein solches Objekt könnte zwar auftauchen, aber es wäre nur ein gleiches dessen, das der Erinnerung gemäß vordem wahrgenommen und aus Wahrnehmung wirklich war. Demnach könnte diese Welt nur eine Zeitweiligkeit haben; selbst wenn ich schon eine okulare Welt erfahrend in einer erfahrende Kontinuität bliebe, nämlich immer wieder Dinge in einem dinglichen Raume, in einer dinglichen Umgebung, in einem jeweiligen Totalfeld erfahre, in meiner kontinuierlichen Wachheit ganz kontinuierlich, könnte ich nicht immerfort von der einen und selben Welt sprechen, von einem An-sich der früher erfahren gewesenen Dinge als einem solchen, das jederzeit für mich wieder identifizierbar, wieder zugänglich werden könnte. Dergleichen hätte keinen Sinn, nichts, was ihm hätte Sinn verschaffen können.Ich in meiner immanenten Zeitlichkeit, der meines kinästhetischen Tuns, meiner apperzipierenden Erlebnisse, meiner Wahrnehmungen, meiner Wiedererinnerungen hätte zwar in jedem Moment dieser Zeit koexistierende Dinge, in der Koexistenzform des räumlichen Lagenssystems, und diese hätten im Einzelnen und im räumlichen Zusammen ihr Verharren in raumbezogener Veränderung und Unveränderung. Aber dieses Verharren wäre ein [6] zeitweiliges, und es hätte keinen Sinn von einem universalen und durch die Zeit hindurch identischen Raume als Form „der“ einen identischen Welt zu sprechen. Mit anderen Worten, in meiner Zeitlichkeit, der immanenten, wäre keine objektive Zeitlichkeit, eben als ein räumliches Sein, das in seiner Raumstelle allzeitlich, immer wieder identifiziert, wiedergefunden werden könnte als dasselbe desselben Raumes.Jedes in meiner zeitweiligen Gegenwart wahrnehmungsmäßig Gegebene ist Veränderlich. Während die Veränderung (die Unveränderung eingeschlossen) verläuft und das identische Objekt für mich dauernd da ist, kann ich auf sein Früher-so-Gewesensein, sein Sosein in der früheren Ruhe usw. zurückgehen und seine Vergangenheit identifizieren. Bedenklich wird es schon, wenn es zeitweise aus meinem Feld der aktuellen Wahrnehmung verschwindet, obschon ich darauf zurückgehen und meine okulomotorische Kinästhese spielen lassend in vermöglicher Weise immer wieder auf es zurückgehen, es noch als dasselbe wiedererkennen kann. Es kann sich ja, wenn es ruhend war, verändert haben und inzwischen wieder ruhend geworden sein, es kann seinen Veränderungsmodus geändert haben usw. – aber hier liegt im konstitutiven Wesen der Apperzeptionen dass ich in Wiederkehr Identischs erfahrend schon Einheit einer Erfahrung mit dem Sinn der Erfahrung von Verharrendem vollziehe, und das sagt hier Einheit einer nur „partiell unsichtlich gewordenen“ Veränderung apperzeptiv supponiere. Diese apperzeptive Supposition hat ihre Weise eventueller Bewährung oder des Nichtstimmens, in welchem Fall das erfahrene Objekt zu einem [7] „anderen“ wird. Ist hier schon fraglich geworden, ob Seiendes in Seinsgewissheit als dasselbe und nicht dasselbe immer wieder als dasselbe ausweisbar sein kann (jedes als bleibend wiedererkennbares) so hört alle Identifizierbarkeit überhaupt und Ausweisbarkeit der Identität und Nichtidentität auf.

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Sowie etwa das Totalfeld von seinem „Rand“ aus von Objekten neu betreten wird, die dann nachher wieder aus seiner endlichen Umrandung austreten.Wenn alle Objekte, die schon einheitlich als Fülle des Raumes, als Koexistenz in einem zeitweiligen Verharren erfahren waren, aus diesem umrandeten Raume verschwunden sind, so haben wir Erinnerung an diese Verschwundene frühere Koexistenz in ihrer früheren Zeitweiligkeit, aber nicht Erinnerung zurückreichend in die Vergangenheit der einen Welt, in der einen Zeit, in der Ständigkeit des Seins in dem einen Raume. Zwar die Raumform bliebe als Form invariant in der kontinuierlichen Erfahrung; aber sie ist dann bloß gleichbleibende Form für immer wieder andere Zeitweiligkeiten, für andere Welten, deren Sein nur Sein aus der jeweilig gewesen Vermöglichkeit wirklicher Erfahrung ist und einer ihr begrenzt zugehörigen Möglichkeit der Identifizierung. Wir haben ein subjektives Nacheinander von „Welten“, jede wiederholend die gleiche Form der Räumlichkeit und Zeitlichkeit; wie die Räumlichkeit so ist die Zeitlichkeit ein Endliches, und die in der subjektive einheitlichen Zeitlichkeit im Nacheinander erfahrenen Welten haben keine sie selbst einheitlich umspannende Raumzeitlichkeit, sondern jede ihre Raumzeitlichkeit, weil sie eben nur ihre [8] Ding-Invarianten, ihre Ding-Totalität zustandebringt, und eine jede eine andere.Eine Erweiterung des objektiven Feldes, des Objekt-Feldes zunächst als konstituiert in dem an sich früheren Sinngehalt der Unveränderung, wird sofort möglich durch eine Erweiterung der Kinästhese, wobei die erweitere ebenso fungiert, mit eben solchem Funktionssinn der Vermöglichkeit durch frei aktive Wiederholung der Kinästhese immer wieder dasselbe Optimum erzielen zu können. Dann entspricht wieder jeder bestimmten die leistende Kinästhese, und als das ist sie stets verstanden, wenn überhaupt apperzipiert wird, dasselbe Örtliche, dasselbe im Raume seiende Objekt.Z. B. kann die Erweiterung darin bestehen, dass ich den Kopf bewege, während ich zugleich die Augenbewegung durchführe, wieder dass ich den Oberkörper verschiedenlich bewege, oder mehrere Weisen der Kinästhesen miteinander und mit der Augenkinästhese kombiniert denke. Jede für sich kann ähnlich konstituierend fungieren und hätte für sich, wenn die anderen nicht wären, ein beschränktes Objektfeld schaffen können; und jede mit den anderen kombiniert gedacht erweitert, macht Verschwundenes wieder identifizierbar, nämlich wiedererkennbar.Aber näher besehen geht hier Hand in Hand Erweiterung der Objektivierung durch Erweiterung der Perspektivierung, d. i. der Ausbildung von Erscheinungen, in denen apperzeptiv, horizonthaft, entsprechende Optima als kinästhetisch immer wieder erzielbare antizipiert werden: die jeweils erscheinenden Objekte selbst, wie sie wirklich seien.[9] Die apperzeptive Intentionalität wird fortgebildet und zwar so, dass dank den neuen Kinästhesen (wenn wir fingieren, dass sie vordem nicht existiert hätten und nun mit einem Mal, wie von Himmel gefallen, in Funktion träten), was in der okularen Welt veränderung des Objektes selbst war, durch keine okulomotorischen Kinästhese beeinflussbar, nun in den neuen Kinästhesen den Charakter einer von ihnen erwirkten und immer wieder zu erwirkenden annimmt. Aber eben damit erwerbe ich einen neuen Objektsinn, das identische Objekt, das im freien Spiel der Gesamtkinästhese (der aus der okulomotorischen und den neuen zusammen kombinierten) immer wieder dasselbe ist und unverändert ist, aber je nach der aktuellen kinästhetischen Konstellation einmal so, dass andere Mal anders erscheint – wenn es überhaupt erscheint. Der kinästhetische Wandel, den die Kopf-Kinästhese hereinbringt, beding eine „Änderung“ in der Allheit der okularen Objekte hinsichltich ihres okulares „Orts“, denn alle erscheinen als bewegt. Aber ist die Kombination der beiden Kinästhesen eingeübt, so haben wir ein System der Mitfolge und zwar schon okularer Einheiten in ihren Örtlichkeit und Räumlichkeit; und in dem neuen schon erweiterten Raume hat Bewegung schon einen neuen Sinn, in dem, was als in der tieferen Stufe als Bewegung gilt, jetzt als bloße Erscheinung gilt, als Erscheinung einer wirklichen Bewegung, [10] eventuell einer Ruhe, die sich bewegt darstellt, aber eben nur so als Ruhe wahrgenommen wird. Nun rechnet die Kopf-Kinästhese immerzu mit, auch wenn ich von nun an den Kopf stillhalte; es ist jetzt bewusstseinsmäßig Stillhalten eines Teiles der Gesamtkinästhese, von der die jetzige Objektapperzeption unter allen Umständen und total bestimmt ist. Die Apperzeption des Objekts, die Objektwahrnehmung,

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apperzipiert während des Stillhaltens mit dem Horizont der stillgehaltenen Beweglichkeit des Kopfes und die von da horizonthaft mitgeltenden möglichen Erscheinungsweisen als solche desselben.So sieht also – scheinbar – bloße Erweiterung aus. Sie schafft neuartige höherstufige Apperzeptionen, obschon offenbar in eins mit einer Erweiterung der Zugänglichkeitssphäre oder der identifizierbaren Objektssphäre (mit der Erweiterung zugleich im Seinsinn umgestalten).Indessen, über eine solche Erweiterung hinaus reicht das Eingreifen einer Kinästhese von der Art der zum totalen Oberkörper gehörigen, jetzt wie alle Betrachtung ausschließlich in Frage gestellt hinsichtlich ihrer Leistung für die visuelle Apperzeption, natürlich abstraktiv in der Hinsicht, dass wir sie ins Spiel gesetzt denken rein als Kinästhese und so, als ob sie vordem nicht da, nun erst eingriffe. Umgekehrt entspricht dem, worauf es in der Rückfrage allein ankommt eine eigenartig Abstraktion, die durch die fiktive genetische Betrachtungsweise nur erleichtert wird, nämlich einer Abstraktion, die alles in der Wahrnehmung als Seinssinn Aufweisbare und Antizipierte, alles, was wahrnehmende Apperzeption im Fortgang [11] kinästhetisch enthüllen kann als das implizit Mitgemeinte vom Gegenstande selbst – das alles, was davon Sinngehalt hat aus der wegzuabstrahierende Kinästhese, soll eben außer Betracht bleiben. Anderseits machen wir uns eben so abstraktiv blind für die Erfahrung unserer Leiblichkeit, unseres Kopfes, unserer Augen usw., rein sie auf die Kinästhesen und die Aktivität bezw. Vermöglichkeit ihrer Abwandlung in bezug auf die Hyle reduzierend. Die Reden können es nicht vermeiden, die Bewegungen als leibliche auszusprechen, die Abstraktion aber müssen wir dabei aber immer im angezeigten Sinne üben.Die Kopfkinästhese ist eine bloß „drehende“ und ist so in der gesamten Oberkörperkinästhese beschlossen; auch wenn sie stillsteht, bezw. Für sich wegabstrahiert würde, könnte die Oberkörperkinästhese ihre gesamte konstitutive Leistung vollziehen; denn auch in dieser Abstraktion birgt sie eine „drehende“ Kinästhese in sich; z. B. bei festgehaltener Kopfstellung Drehung des Oberkörpers. Beides kombiniert sich nun zur Einheit einer Kinästhese und kinästhetischen Leistung, und dadurch kommt, wie leicht zu erkennen, eine neuartige Konstitution zusande, die der Kopf nicht zustandebringen könnte, so wenig wie das bloße Drehen des Oberkörpers für sich allein.Wir können im Kontrast das Neue so bezeichnen, das okulomotorische und erweitert das kephalomotorische Objektfeld ist zweidimensional. Könnte die Drehung vollständige Umdrehung sein, so hieße das, auf die bloße Kinästhese bezogen, es wäre, was es nicht ist, eine zyklisch geschlossene Kinästhese, und das zweidimensionale Objektfeld, genauer gesprochen [12] das damit konstituierte Raumfeld, das der wirklichen und möglichen Raumstellen, wäre ein zweidimensional geschlossene. Die nicht mehr bloß „drehende“ Kinästhese schafft für das ihr zugehörige erweiterte Raumfeld eine dritte Dimension. Was in der Funktionalzierung der früheren Kinästhesen Objektwelt in ihrer Räumlichkeit war, das wird nun zur Erscheinung, und das Neue, das konstitutiv auftritt, ist dass eine gewisse in der unteren Stufe mögliche und auftretende kontinuierliche Veränderungsart den Sinn kontinuierlicher Annäherung und Entfernung an dasselbe Objekt im neuen Sinne erhält, und zwar so, dass Annäherung und Entfernung den Sinn von bloßen Orientierungsmodis erhalten, in denen sich dasselbe unveränderte Objekt als nach seiner Örtlichkeit zeigt, also je nach dem als ruhend oder als sich bewegend. Die Änderungsart im kephalomotorischen Objektfeld ist die einer bloßen Vergrößerung oder Verkleinerung unter ständiger inhaltlicher Bereicherung oder Annäherung. Der Typus der Raumgestalt, der Figur bleibt erhalten, obschon der Typus sich zugleich vervielfältigt: in den Sinne etwa, in dem wir sagen, was ich zunächst als Kreis sehe ist nachher angesehen als eine im Rohen kreisähnliche Figur mit kleinen Ausbeulungen, Kerben, usw.; allmählich treten diese Beulen, Ecken hervor; ein neuer Typus der doch eine Gesamtähnlichkeit übrig lässt, und so in der Kontinuität der Annäherung, eben in der Kontinuität der Veränderung des „Bildes“ liegt diese Eigentümlichkeit Einheit des Typus durchlaufend durch eine Mannigfaltigkeit von unterschiedlichen Typen, die allmählich auseinander hervorgehen. So sagen wir, die wir eben wirklich [13] schon Annäherung und Entfernung konstituiert haben, und so sehen wir auf den Kino-

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Leinwand nicht eine Vergrößerung oder Verkleinerung eines bloß kephalomotorisch konstituierten Dinges, sondern wir sehen ein unverändertes, aber sei es bewegtes oder ruhendes Ding.In gewisser Weise haben wir Nähe und Ferne aus Annäherung und Entfernung in jeder, auch der untersten okulomotorischen Stufe als das, was wesensmäßig Erscheinung zur Erscheinung macht, Erscheinungswandlung zur Erscheinungswandlung von demselben, was es macht, dass die jeweilige Erscheinung vom Objekt es perspektiviert, den Ort desselben in Orientierung darstellt. Das alles wird möglich durch die kinästhetische Vermöglichkeit und die Vermöglichkeit „dadurch“ als konstituierte Mitfolge entsprechend zugehörige Daten immer wieder zu gewinnen und vermöglich im Durchlaufen von kinästhetischen Linien des System die Daten abwandelnd in ein entsprechendes Optimum überzuführen. In jedem Datum als in der kinästhetischer Situation auftretend und auftretend als Mitfolge scheint das Optimum durch, und das Optimum ist als Obkjekt konstituiert, worauf all das kinästhetische Tun und Schaffen von Mitfolgen abzielt, als Telos, sofern ein die Konstitution leitendes Interesse sich in die Richtung auf Sättigung und optimale Steigerung auslebt und als bleibend habituell wirksam bleibt. Überall ist Erscheinung angehörig einem Erscheinungssystem (entsprechend dem kinästhetischen Zugangssystem) und ist Fern-Erscheinung oder Nah-Erscheinung; die absolute Nähe ist das Optimum, aber in diesem Zusammenhang apperzipiert als [14] Telos. Tätig von einer Erscheinung Hinlaufen zu dem „es selbst, wie es selbst ist“ ist für das Ich Sichannähern bis zu dem „bei ihm selbst sein“, und ist in umgekehrter Richtung ein Sichentfernen. Von selbst eintretende Wandlungen der Erscheinungsweise haben dann doch die Bedeutung des Sichentfernend des Objektes oder Sichannäherns. Das alles ohne Rücksicht auf Leiblichkeit und auf dreidimensionale Räumlichkeit, sondern schon in der Unterschicht, in der ein System der Identifizierung in sich motiviert ist.Mit dem Eingreifen der neuartigen Kinästhese nun erhält Annäherung und Entfernung über diesen selbstverständlichen Sinn orientierter, perspektivierender Darstellung noch einen besonderen Sinn: das Objektfeld, das durch die untere Kinästhese und durch die Eigenart des zweidimensionalen visuellen Empfindungsfeldes (das kein Raumfeld ist) ein zweidimensionales ist, erhält Tiefenunterschiede und ihnen zugehörige Nähen und Fernen. Eben damit aber ist eine Sinngebung vollzogen, die der Rede von Entfernung schon ein Hauptstück des normalen Sinnes verschafft, über den wir als in die voll-konstituierte Räumlichkeit und Raumwelt hineinlebend immer schon verfügen.An der Wesensart der Konstitution der dreidimensionalen Räumlichkeit liegt es, dass sie in jedem Moment der Erfahrung nur erfahrbar ist in der Art, dass eine primäre erscheinungsmäßige Zweidimensionalität Darstellung ist für eine im kinästhetischen Wandel dieser zwei Dimensionen erscheinende dritte Dimension. [15] Die oben bevorzugte Oberleeib-Kinästhese ergibt eine sehr unzureichende dritte Dimension; sie ist aber Teil einer weiteren Kinästhese, schließlich der totalen für die Konstitution der visuellen Räumlichkeit fungierende Kinästhese. Erst wenn wir das Gehen d. h. die lokomotive Kinästhese, welche alle visuell fungierenden Kinästhesen als Teile befasst, in Betracht ziehen und zwar wenn wir dabei das Neuartige in Betracht ziehen, das periodischen Absetzen und Wiedereinsetzen, unter dem Eingreifen von Kinästhesen, die wie das Heben des Spielbeins, das visuelle Bild nicht beeinflussen, also in sich nicht lokalisierend fungieren. Ermöglicht wird aber dadurch eine kontinuierliche Erweiterung des Raumfeldes unter sich steigender Vertiefung, der neuen Weise der Entfernung, damit wird der dreidimensionale visuelle Raum zu einem endlos offenen.Zu berücksichtigen wäre aauch noch das Eben-dahingehen, das Aufsteigen und Absteigen unter sich drehen und wenden, wobei diese Drehungen von verschiedenen Kinästhesen besorgt sein können, die hinsichtlich des „Bilder“- Wandels dasselbe leisten und auch miteinander austauschbar fungieren. Ferner die Komplikationen, die dadurch erwachsen, dass wir ein Gehen mit den bloßen Füssen haben, das für uns normales Gehen geworden ist, dann auch ein kriechendes mit Händen und Füssen statthabendes Gehen, viele Weise der Lokomotion herstellenden kombinierten Kinästhesen, in ihren identifizierenden lokalisierenden Leistungen sich verbindend oder für einander als Ersatz eintretend. (Darin auch das Emporsteigen, des Herabsteigen, das Niedersitzen

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und Wiederaufstehen, sich dabei zugleich Drehen , [16] Vorbeugen etc – das alles bedürfte genauer Auslegung.)In den verschiedenen Ausgestaltungen der Raumwelt bzw. in den verschiedenen Abstraktionsschichtungen, die wir in der vorgegebenen ästhetisch reduzierten Raumwelt als bloßer Natur vorfinden, bleibt es dabei, dass die komplizierte Funktion der kinästhetischen Tätigkeit zurückbezogen ist auf das hyletische visuelle Empfindungsfeld, dass alle abstrakten oder konkreten Objektapperzeptionen die Struktur haben 1.) ich der Wahrnehmende gerichtet auf, 2.) ich bin in einer Aktivität, in ihr auf ein Telos gerichtet; das ist „letztlich“ das Seiende, aber mein Tun ist kinästhetisches Tun, ich habe als aus Tun entsprungen und als dessen erworbene Geltung mein kinästhetische System, und darin verwirklicht ist eine besondere Kinästhese; ich bin in kinästhetischer Bewegung oder Stillhaltung – als Mittel, das, „wodurch“ ich auf das Telos gerichtet bin; 3.) in jeder Phase habe ich eine „Erscheinung“, eine präsentierende Darstellung von dem Telos. Darin liegt die Gewissheit des Vermögens zum Telos als dem Woraufhin selbst zu kommen, indem ich den mehr oder minder komplizierten kinästhetsichen Weg frei verwirkliche, in dem durch die entsprechend erfolgende Mannigfaltigkeit von Darstellungen sich immer vollkommener eine Annäherung ausbildet, bis schließlich in einer vollendeten Kinästhese die absolute Nähe erreicht ist und sich in einer allseitigen Nah-Kinästhese das Objekt selbst nach allen Momenten in seinem Optimum zeigt; 4.) das mundane Objekt, abstraktiv reduziert auf das visuelle Objekt, in der mundanen Räumlichkeit und Raumzeitlichkeit wird nun in einer [17] Apperzeption wahrgenommen, die eine wesensmäßige Schichtung in der wahrnehmenden Apperzeption hat, deren Fundierung bis zum mundanen Objekt aufsteigen, aber selbst noch keinen mundanen Seinssinn haben. Und dem Entsprechendes gilt für den Wahrnehmungsraum der Welt (das ist für das „ästhetisch“ reduzierte jeweilige Weltbewusstsein mit seiner Seinsgewissenheit) und weiter für das auf die gesehene Welt also solcher reduziert.Jede visuelle Dingwahrnehmung hat als ihren Kern die okulomotorische bezw. Kephalomotorische reduzierte Wahrnehmung, Ihr „Objekt“ ist aber nunmehr ein bloßes „Mittel“, bloßer Durchgang, ist vollkommen verwirklicht bloß Erscheinung des mundanen Objekts; es steht im Horizont einer Vermöglichkeit, die stillgehaltene Kinästhese in Funktion zu setzen und so das, was ständige optimale verwirklichung der fungierenden unteren Kinästhesen ggeben wird zugleich Annäherung und Entfernung im Sinne der fungierenden neuen Kinästhese bedeutet. Jede Apperzeption apperzipiert im Bewusstsein ihrer Vermöglichkeit nicht in schlichter ungegliederter Weise als Telos als das vorhergesehene, im weiteren kinästhetsichen Gang immer wieder und in einem ausgezeichneten Gang ganz nah zugehend, sondern es sind in der Apperzeption, in ihrer Antizipation beschlossen Unterschiede zwischen dem eigentlichen Telos, auf das die wahrnehmende Totalintention hinauswill, und den relativen Tele, durch die wahrnehmende Totalintention hinauswill, und ebenso für die Wahrnehmung als konkret ganzer.In jedem Moment meiner immanenten Zeit habe ich wahrnehmend das Erlebnis Wahrnehmung, d. i. das Erlebnis der [18] kinästhetischen Funktionen in ihren Jeweiligkeit und in Motivationseinheit damit der Erlebnisse der betreffenden Erscheinungen-von. Die Total-Erscheinung der Welt in eins mit der motivierenden Bewusstheit der Totalkinästhese in ihrer jeweiligen TotalFunktion, hier der visuell darstellend fungierenden; in dieser Totalität beschlossen das spezielle Fungieren mit dem jeweils besonders Betrachteten, während die Welt immerzu in einem Wahrnehmungsfeld erscheint, mit Sonderobjekten, die nicht thematisch sind, deren Sonderkinästhesen nicht so verlaufen wie bei einem aktuellen Objekt des thematischen Daraufhingehens.In jedem Moment sind die Erscheinungen zweidimensional vermittelt in einem zweidimensionalen Erscheinungsfeld. Jede Erscheinung hat ihre hyletischen Kerne, ein solcher Kern bleibt und ist schließlich Kern für alle Sinnschichten der Darstellungen. Das zweidimensionale hyletische Feld, immerfort ausgefüllt, ist also der Kern, der alle Darstellungen zweidimensional koexistieren macht. Die Dreidimensionalität baut sich auf aus intentionalen Abwandlungen der Zweidimensionalität.

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Reduzieren wir die wahrgenommene Welt auf Wahrnehmungen von ihr, gehen wir von der Wahrnehmung ins Subjektive, zurück auf die Wahrnehmung von dem, was uns weltwahrnehmend eigentlich zur Gegebenheit kommt, so kommen wir auf eine Relativität der Eigentlichkeiten, des jeweils wirklich Gesehenen von der Welt, eigentlicher diese Seite etwa und was sie an objektiven Bestimmungen enthält als erscheinenden, also noch eigentlicher die Erscheinungen von ihr und sie nur darin „gemeinte“, als erscheinende. Aber Erscheinung von sagt, [19] das Ding in seinem subjektiven Erscheinen als Fern und im Wechsel der Fernen, und zugleich das Ding rechts oder links etc.; eigentlich wahrgenommen dabei das Erlebnis in seiner erlebten kinästhetischen Motivation und in seiner apperzeptiv geschichteten Intentionalität; die Unvollkommenheit einer visuell konstituierten Welt, ihre Einheitlichkeit nur solange ich die Augen offen halte und in Wachheit sehe, nur solange ist sie endlos offen, in Iteration zu erweitern bezw. Vermöge des konstituierten „Immer wieder“ im voraus „unendlich“. Aber die Vergangenheit hat keine Unendlichkeit. Es fehlt nicht die Möglichkeit immer weiterer Ausbildung von induktiven Zusammenhängen; der ganze Aufbau der konstitutiven Zusammenhänge, der Ausbildung von Seinseinheiten ist „induktiv“. Das Sein der Objekte ist verharrendes Sein in Unveränderung und Veränderung. Wie weit aber trägt die Erfahrungskenntnis, wie weit diejenige aus Apperzeptionen, die nicht zur vollkommen Selbstgebung gebracht worden sind; und diejenigen, die es sind, schaffen eine zeitweilige Erkenntnis; aber wie konstituiert sich ein Verharren von der erinnerten Vergangenheit bis zur jeweiligen Gegenwart? Ist das wirklich, und wenn doch, in welchem Maße konstituiert? Wenn eine unerfahrene Vergangenheit supponiert wird, etwa in der neuen Wahrnehmung abermals Ruhe und Unveränderung überhaupt, wie es die erinnerte Erfahrung zeigte, und ist das Objekt als dasselbe noch dauernde apperzipiert, - wie ich ausweisen, dass ich wirklich, wenn ich auf ein Wiedererfahren eingegangen wäre, hätte immer wieder für jede Phase Ruhe finden können und müssen?[20] Ist jedes Objekt notwendig auf objektive Umstände bezogen? Ist überhaupt jedes Objekt notwendig einzelnes einer Mehrheit und gar einer endlichen Mehrheit? Ist denkbar ein einziges Objekt im leeren Raum und wäre dann denkbar, dass Wahrnehmung kontinuierlich bliebe, während die endliche Mehrheit (oder auch das nur einzige Objekt) nicht kontinuierlich wahrgenommen würde, sei es auch nur unvollständig und dann im vervollständigenden Hinzuerkennen. Kann ein leerer Raum „wahrgenommen“ werden anders denn als Raum für schon erfahrene und erfahrbare Objekte, schon im voraus seiend, und ist nicht Raum und Objekt in eins untrennbar konstituiert?Wann immer mehrere Objekte immerzu konstituiert sind, kann es nicht sein, dass ihre Konstitution nicht in allem gleich ist, dass gewisse konstitutive Kinästhesen bei einzelnen oder einem Objekte in anderer Weise oder gar nicht fungieren können? Damit ist angespielt auf den immer visuell erscheinenden Leib – den wir wegabstrahiert haben, der aber in der Tat unweigerlich da ist unter Voraussetzung der mundanen Welt, von der unsere Rückfrage geleitet ist.Für eine endliche Mehrheit als Wahrnehmbare, in einer Einheit beliebig zu wiederholender Wahrnehmungen als identisch dieselbe, obschon veränderliche erkennbar, mag sich zeigen, dass Änderung eines Objektes in den übrigen oder einigen der übrigen Mitänderung anzeigt; und in der Wiederholung ausweisender Erfahrung des einen und seiner Veränderung antizipiere ich assoziativ die kommende Veränderung des anderen und überzeuge mich von ihr durch Erfahrung. Es mag sein, dass [21] gewisse Formen der Veränderung die Gesamtmehrheit umgreifen und als periodisch wiederkehrend und immer wiederkehrend in unserer ganzen bisherigen Erfahrung nun eine Voraussicht und Bestimmung gestatten. Aber dann wären die Objekte nicht als überhaupt veränderliche konstituiert und zunächst nicht überhaupt als beweglich im endlosen Raume.Was besagt das, es kann ein Objekt jeden beliebigen Ort annehmen, es kann sich bewegen? Nur in der Bewegung erweist sich die Identität des Objekts, das ein Mal hier, das andere Mal dort ist.Was besagt das, es kann sich sonst wie verändern, einmal die, das andere Mal jene Gestalt, als die desselben Objekte, als dieselbe gestalt in zwei Seinsmodis, kann es nur haben durch Gestaltungsänderung. Was sagt Veränderlichkeit der Gestalt als Veränderlichkeit des beliebig unverändert zu Denkenden, aber als „reale“ Möglichkeit, in der das Objekt ist? So für jede sonstige

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Veränderung. Auch für die Zerstückung? Verweist das nicht auf eine Unendlichkeit von Objekten und auf eine allumspannende kausale Abhängigkeit, die allen Denkmöglichkeiten den Sinn von realen Möglichkeiten gibt?Wie gestaltet sich also die Rückfrage auf die Kausalität? Wie scheidet sie sich die Rückfrage von der Seinsgestaltung der mundanen Objekte auf ihre fundierenden und in ihr implizierten Seinsgeltungen, derart dass zunächst Kausalität, bleibender kausaler Seinssinn des Objekts ausgeschieden bleiben kann, um dann erst in Rechnung gezogen und in ihrer Fundierung verstanden zu werden?[22] Setzt nicht Erfahrung und Kausalität – Erfahrung, dass eine Veränderung hier infolge einer Veränderung dort ist und dass Unveränderung hier verbleibt, solange nicht Veräderungen dort eintreten und dergleichen- zunächst voraus, dass Veränderung und Unveränderung erfahren wird? Setzt Veränderungserfahrung nicht voraus, dass Ruhe erfahren wird, nämlich sofern Veränderung Abwandlung von Ruhe ist? Und setzt nicht jede sonstige Kausalität Bewegungs- und Ruhekausalität voraus? Etc.Stehen wir in der Rückfrage nicht unter einer im Seinssinn und im Bau der Apperzeptionen liegenden natürliche Leitung, die wir selbst erst herausarbeiten müssen. Gehört nicht von vornherein zur Aufklärung der raumbildenden Objektivation das „Wenn-So“ von Kinästhesen und Erscheinungen, bezw. Optima, und setzt das nicht implicite voraus, dass, was sich als Objektfeld, ohne die ihr Sein keinen Sinn hat, schon eine gewisse Regelmäßigkeit des Miteinanderauftretens, Aufeinanderabgestimmtseins in Veränderung und Unveränderung und eine gewisse induktive Relativität, eine Relativität der jeweils kommenden und wieder kommenden Situationen, in denen, was das da kommt, was sich verändert, voraussehbar ist, im nächsten vorausgesehen ist: ein gewohnheitsstil, der sich apperzeptiv dann überträgt auf das, was vage vorstellig wird, als Voraussisicht des Erfahrungsstiles für die Welt? Sie muss den Stil einer „Alltagswelt“ haben mit ihrer ungefähren Alltags-Kausalität – [23] wie dann auch Ziel einer irrelativen Wahrheit erwachsen kann und welchen rechtmäßigen Sinn es haben kann als Ziel einer Wissenschaft, das gehört in eine höhere Problemschicht.Natürlich, was hier angedeutet ist, ist ein Überschlag, der erst ausgelegt und durch diese Auslegung gemacht werden muss in seinen Wesensnotwendigkeiten.Warum kann die visuelle Welt nicht ernstlich eine Welt Sein? Und wie steht es mit der Konstitution der „haptischen Welt“ und der einheitlichen Konstitution einer Welt, welche in ihren Objekten bald optisch, bald haptisch erscheint und bald in der einen, bald in der anderen zur vollkommenen Selbstgegebenheit kommt? Und dann die Leistung der übrigen „Sinne“? Inwiefern erscheint die Welt wahrnehmungsmäßig auch akustisch, auch in der Weise strahlender Wärme, auch in der Weise der Geruchstrahlung usw.? Inwiefern setzen diese Gegebenheitsweisen von Objekten schon mehr oder minder Voraus, und was ist dieses „Voraussetzen“?Dann, wie wird diese Welt zu einer praktischen Welt, in der ich praktisch wirke, zu einer Welt, die sich nicht „von sich aus“ ändert, sondern die ich verändere, in ihre Veränderungen, in ihre Gewohnheiten der wechselseitigen Kausalität eingreifend? Hier ist die Frage: wie kann überhaupt mein Ich ein Objekt unmittelbar bewegen und sonst wie verändern? Darauf gibt schon die Konstitutionsanalyse einige Antwort. Jede erfahrbare Veränderung beschließt hinsichtlich meiner Subjektivität als der erfahrenden eine aktive Veränderung der [24] visuellen Urhyle; eine solche ist nur möglich durch Kinästhese, also muss jede Veränderung mittelbar insofern sein, als sie durch kinästhetische Aktivität erfolgt. Es muss also außer der für die Konstitution der sich „von selbst“ verändernden und unverändernden, darin verharrenden Objektivität noch eine Kinästhese geben, in deren Folge die Hyle sich ändert, - aber so verändert, dass vermöge der übrigen Kinästhesen dasselbe Objekt in Veränderung erfahren wird. So ist z. B. beim Stossen. Stoße ich den Stuhl an, so fällt er; auf das Visuelle reduziert, verändert sich der gesehene Stuhl, er bewegt sich usw.; ich kann auch sagen, immer wieder, wenn ich den visuellen Stuhl erfahre als stehend und ich ihn stoße, so geschieht diese visuelle Veränderung, unter diesen Umständen kann ich immer wieder durch stoßende Kinästhese die Veränderung erwirken.

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Aber so einfach liegt doch wohl nicht. Zu meinem Gesichtsfeld gehört auch mein visueller Leib, einzigartig, dass er nicht konstituiert ist als Objekt, das verharrendes ist in Bewegung und Ruhe in demselben Sinne, wie jedes andere visuelle Objekt. Alle „Außen“-Objekte haben Sein im Außen-Raum – das Sein des visuellen Leibes hat aus seiner Konstitution als identischer Gegenstand eigentlich kein Sein in dem konstituierten außendinglichen Raume. Das ist ein eigenes Thema.Diese einzigartig kinästhetisch-hyletisch konstituierte Gegenstand ist der einzige, der unmittelbar kinästhetisch beweglich ist, und alle anderen kinästhetisch-hyletisch konstituierten Gegenstände, die eigentlich Raum-Gegenstände [25] ihrer ursprünglichen Konstitution nach, sind nur mittelbar beweglich durch Stoßen, durch „Stoßen“ des stoßend bewegten Leibes oder Leibesteiles – rein visuell abstraktiv betrachtet. Und zwar haben wir unmittelbares Stoßen als Stoßen des Leibes „von innen“ unter „Berührung“ des gestoßen Objekts, unter visueller Berührung.Was ist das aber visuell „Berührung“? Das müsste auch sorgsam im obigen Zusammenhang ausgeführt werden und fehlt. Gibt es so etwas wie visuellen Widerstand? Für okulare „Objekte“ gilt doch, dass eines über die anderen hinweggehen kann, eines die anderen „verdecken“ kann (Problem visueller Durchdringlichkeit und Uundurchdringlichkeit). Also haben wir wieder eine Lücke. Wie ist da Einheit und Zweiheit und Mehrheit bestimmt? Und warum dann nicht ebenso die Frage: kann nicht ein Raumkörper den anderen verdecken, kann nicht ein Raumkörper ein „Schatten“ sein, der durch den anderen hindurschgeht und dann seine einheitliche Bewegung fortsetzt? Kann nicht einer den anderen in der durchscheinenden Überdeckung auch qualitativ verändert darstellen, aber so, dass nach dem Durchgang „die wahre Farbe“ wieder hervortritt? Ist für die Engelkörper nicht jede Mauer durchdringlich und ist das nicht eine optisch mögliche Vorstellung?Ich überlege: vorweg die visuell reduzierte Welt befragend werde ich nicht darauf kommen, den visuellen Leib von den anderen visuellen Körpern zu unterscheiden , werde aber unwillkürlich Außen-Körper bevorzugen; ich vollziehe eine ausdrückliche Abstraktion vom eigenen Leib. Gehe ich dann über zur [26] Frage der Möglichkeit handelnden Eingreifens in die visuelle Welt, so werde ich fragen: ich erfahre solche ichlich eingreifende Aktivität, konkret als „schiebende“, „stoßende“ und zwar als die unmittelbarste, als diejenige, bei der ich allein von direkter Wahrnehmung sprechen kann; unmittelbarst handelnd bin ich des Handelns als mein Zielt darin Verwirklichens bewusst, und die Unmittelbarkeit des Verwirklichens besteht darin, dass ich mein Ziel in der Unmittelbarkeit der Wahrnehmung dabei als es selbst gegeben habe im Charakter des aus meiner Aktivität gewordenen Seins und nun unmittelbaren Selbstdaseins.Wenn ich nun Beispiele der Erfahrung von Schieben und Stoßen zur Anschauung bringe, und sie auf reine Visualität reduziere, so finde ich dabei faktisch und, wie es scheint, sogar in unweigerlich Notwendigkeit meinen Leib mit dabei; er ist faktisch bevorzugt; er ist doch, werde ich mir sagen, „ein Körper wie andere“, und überall, wo ein Schieben und Stoßen hat, heißt es stoßend, der Außenkörper der Gestoßene. Es scheint als merkwürdiger Weise ein Körper darin bevorzugt, dass er allein von mir unmittelbar handelnd bewegt werden kann, alle andere mittelbar bewegt durch ihn.Ich stelle nun folgende Überlegung an: zunächst wiederholend; jede Änderung setzt voraus Änderung in der Kinästhese; sie ist nur durch sie möglich; kinästhetische „Daten“ sind allein der Ichaktivität unmittelbar unterworfen. Soll nun speziell eine Bewegung, eine Ortveränderung im Raume als Aktivität statthaben, so muss, da das Objekt nur Objekt ist als in Bewegung (und Ruhe als Grenzfall) und jedes ichliches Eingreifen also im [27] weitesten Sinn aktive Veränderung einer Bewegung ist, das ganze apperzpeptive System der Kinästhesen, die für diese Bewegung, wie sie inaktiv soeben verlief, von dem Ich her eine Abwandlung erfahren, d. i. vom Ich her muss die jeweils wirklich verlaufende Kinästhese eine willkürliche Änderung erfahren und damit der weitere in Geltung bleibende Stil der kinästhetischen Vermöglichkeit; er bleibt in Geltunf, da ja weiterhin dasselbe Objekt und als das Objekt in Bewegung wahrgenommen sein muss.In dieser Hinsicht nun ist es klar, dass eine den Bewegungszustand ändernde kinästhetsiche Aktivität nicht die einer neuen Kinästhese haben kann, die sich mit den übrigen verbindend in der selben Weise die Objekte verändert. Es kann sich also nur um eine ichliche eine aktive

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Modifikation handeln, welche die Kinästhesen annehmen können, ohne in ihrer Raumobjekte konstituierenden Funktion dadurch Einbuße zu erleiden. Da alle kinästhetischen Daten allen andeen kinsthetsichen Daten darin völlig glich sind, dass sie unmittelbar der ichlichen Aktivität unterstehen (gegenüber den hyletischen Daten im besonderen Sinne) und ihre inhaltliche Gleichartigkeit keinen Vorzug übrig lässt für besondere ihnen zugehörige Weisen der Aktivität, so muss es sich um einen Modus [28] der Aktivität als solcher handeln, so dass kinästhetisch fungierende Aktivität sie jederzeit vom Ich her erfahren kann.In der Tat hat nun jede Aktivität wesensmäßig die Eigenschaft, Unterschiede der Energie, der Kraftspannung von einem Null der Anspannung aus zuzulassen und aktiv von einem Spannungsgrad aus, in dem sie verläuft, sei es kontinuierlich oder plötzlich in einer höheren oder niederen Spannungsgrad versetzt zu werden. Es ist damit zugleich eine auf Aktivität bezogene höhere Stufe bezeichnet: „ich spanne meine Kraft an“, „ich legemich ins Zeig“ oder „ich lasse meine Kraft sinken“, ich stelle plötzlich meine Aktivität der Anspannung ein oder ich lasse sie allmählich (in einem selbst der Willkür unterstehenden Tempo) sinken. Das gehört offenbar als wesentliches Stück zu dem, was wir das Phänomen des Stoßens und Schiebens bezeichnet haben.Aber schieben und stoßen – das bezieht sich auf ein Objekt und darauf, dass eine Energiewandlung, die hier nur kinästhetisch sein kann, das kinästhetsiche System der Bewegung dieses Objektes verändert. Und diese aktive Veränderung soll es in seinem Bewegungszustand, also in seinem normalen Selbstdasein wahrnehmen. Da geht hervor, dass offenbar eine bloße Energieänderung der Kinästhese, die für das Objekt in seiner Räumlichkeit, also in seinem Bewegungsverhalten, konstitutiv in nichts nützen könnte. Bloße Energiesteigerung, etwa das Emporschnellenlassen des Auges oder ein energisches Emporrichten des Objektkörpers udgl. Mag Einfluss auf das Tempo meines Wahrnehmungsverlaufes haben, aber an dem Sein der [29] Objekte, an ihrer räumlichen Bewegung, an ihrer Welt mit ihrer Raumzeitlichkeit ändern diese „subjektiven“ Prozesse nichts.Achten wir nun auf die faktisch konkrete Situation, in der eine Kinästhese zur stoßend wird, so können wir von der Konkretion zur visuellen Reduktion übergehend unmöglich bei der Abstraktion vom Leibe bleiben. Denn in der konkreten Erfahrung jeder ursprünglichen Erfahrung jeder ursprünglichen Praxis, in der ich aktiv ruhende Objekte i Bewegung, bewegte in geänderte Bewegung versetze, die Objektbewegung original erfahrend, also das Objekt selbst in seinen neuen Raumstellen selbst erfahrend, ist mein Leib beteiligt und diese Beteiligung ist eben damit bezeichnet, dass ich mit der Hand, mit dem Leibe mich anstellend und dergleichen schiebe oder einen plötzlichen „Stoß“ vollziehe. Ich kann nun wohl sagen, und es hat auch seine Wahrheit, dass mein Leibkörper bei allem meinem Stoßen usw. fungiert und somit, in offenbarer Notwendigkeit, das einzige Raumobjekt ist, das direkt handelnd von mir her beweglich ist.Frage ich mich aber, warum das so ist, und ob diese Notwendigkeit eine bloß empirisch faktisch „Einrichtung“ meiner Natur ist, ob es überhaupt denkbar ist, dass irgendein anderes Objekt dieses Vorzugs teilhaftig werden könnte, frage ich mich, wie aktive Bewegung bei meinem und diesem Leibkörper überhaupt eine verständliche Möglichkeit finde, nach dem, was oben hinsichtlich der kinästhetsichen Funktionen geworden ist, so muss ich dessen innewerden, dass der Leib in Wahrheit nicht schon von vornherein mit dem konstitutiven Sinne Körper ist, der jedem anderen, jedem außer-leiblichen Körper aus [30] seiner apperzpetiven Struktur her eigen ist; dass aber, wenn wir der apperzeptiven Erscheinungsstruktur, der perspektivierenden nachgehen, ohne die Wahrnehmung und fortschreitend sich vervollkommnende Wahrnehmung eines Objektes unmöglich ist (korrelativ: ohne die, was als Raumobjekt für mich seiend und soseiend ist, nicht gedacht werden kann), da ja dieses Sein und dieses Was sich in der Wahrnehmung und nur in ihr selbst zeigen kann.Reduzieren wir den Leib auf rein Visuelles. Was bleibt da von ihm übrig? Verfolgen wir seine Wahrnehmung als Apperzeption in ihren apperzeptiven Schichten, und zwar abstraktiv in denjenigen, die in der Visualität schon für sich zu dieser Konstitution eines verharrenden Seienden führen, so finden wir wieder die okulomotorische Einheit, die das visuelle Residuum des Leibes als verharrender Einheit ausmacht. Dieses Residuum umfasst das, was wir von dem aus konkreter

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Leibapperzeption – die ihren Sinn natürlich nicht nur aus dem Visuellen schöpfte, also in der Leibwahrnehmung . übrig blieb, wenn wir nach dem fragen, was rein im Sehen als solchem vorliegt, was da im Wandel des sehenden Wahrnehmend zu eigentlicher, aber rein visueller Selbstgebung kommt. Da fehlt natürlich mein Kopf, meine Augen usw.; während doch, was wir Augenbewegungen nennen, die natürlich als solche visuell nicht gegeben sein können, in ihren kinästhetischen Aktivität fungieren. Schon da tritt ein Unterschied gegenüber anderen okulare Objekten hervor: ist das visuelle Objektfeld in Ruhe, so unterscheidet sich der visuelle Leib nicht von anderen visuellen Dingen; also die erste Stufe die[31] Konstitution von identischen Einheiten, deren Verharren bloß darin besteht, dass im vermöglichen Wandel der okulomotorischen Kinästhesen immer wieder zu denselben hyletischen Daten und denselben Optima kommen müssen. Im Ausgangsfall des Aufbaues der konstitutiven Sinnbildung, dem des ruhenden und unverändert bleibenden Objektes, für dessen Möglichkeit von Bewegung und Veränderung noch keine Rechenschaft gewonnen ist, besteht also kein Unterschied; aber eigentlich räumliche Objektivität konstituiert sich erst als die des Verharrenden in Bewegung und in einer Ruhe, die schon als Grenzfall von Bewegung apperzipiert ist; aber nun kommt der Unterschied: der okulomotorische „Leib“ lässt sich nicht fortbewegen; hier kann sich Bewegung nie konstituieren, nur „Ausserobjekte“ sind als beweglich konstituiert.Aber finden wir in der visuellen Reduktion, also in der rein visuellen Sphäre Motivationsgründe für eine apodiktische Notwendigkeit, dass mein „visueller Leib“ nicht ebenso gut das Phänomen der Bewegung darbieten könnte wie ein „Außending“.Ist nicht im rein Visuellen eine Bewegung desselben sehr wohl vorstellbar? Offenbar, und wie eine Bewegung so jewede Änderungsart, die ein sonstiges Objekt zeigt? Ist für andere Objekte Bewegung konstituiert, so macht das Faktum, als unüberwindlich vorausgesetzt, dass der visuelle Leib als in ständiger Ruhe erscheint, anderen Objekten gleich, aber an die Ruhe gebunden. Freilich die sichtbaren Leibesglieder sind in relativer Bewegung oder Beweglichkeit, aber das Ganze ruht, in [32] demselben Sinn wie eine visuell reduzierte Windmühle unbewegt im Raumort im Sehen behält, während an ihr die Flügle sich bewegen. Nicht nur ist keine okulomotorische Beweglichkeit konstituiert, so kann für den visuellen Leib auch keine Bewegung durch Perpektivierung konstituiert sein und somit keine kinästhetische Situation eines räumlichen Seins, das in seinen Bewegungen identisch verharrt bei Insspielsetzten der höherstufigen, das okulomotorische Objektfeld perspektivierenden Kinästhesen; es gibt für den Leib keine Annäherung und Entfernung von sich aus, keine Unterschiede, die er als Nähe und Ferne annehmen könnte. Jedem Objekt kann ich mich im Zugehen annähern und im Fortgehen mich von ihm entfernen; ruht es, kann ich von ihm fortlaufen, bis es aus meinem Gesichtsfeld schwindet oder, falls es darin bleibt, sich im Perspektivieren in den Horizontkreis rückt und so zum Punkt wird und im Hintergrunde schließlich verschwimmt. Meinem Leibe kann ich nicht entlaufen und nachher wieder auf ihm zugehen usw., umgekehrt kann er mir nicht entlaufen etc.; nur ein relatives Nähern und Entfernen gibt es da hinsichtlich der „Leibesteile“, das aber doch nie den Sinn eines „sich von sich selbst“ Näherns und Entfernend des Leibes hat, das als Bewegung erfahrbar wäre. (Wie aber, wenn mein Leib durch einen von außen kommenden Stoß bewegt wird? So können doch wohl relative Gliedererbewegungen, drehende Bewegungen etc. „von selbst“ eintreten, obschon ich den Sinn „Anstoß“ nicht in der reinen Visualität erfahren kann.)Die Geh-Kinästhese, die für jedes andere Objekt sein Sein in einer unendlich [33] offenen Welt als seinem Felde möglicher Bewegungen und Ruhen konstituiert, fungiert für den Leib nur dahin, dass sie eine beschränkte Perspektivierung herstellt, und selbst darin eine wesentlich anders apperzipierte, aus ganz anderen konstitutiven Leistungen Sinn erhaltend, sofern je nur eine Perspektivierung zustande kommt von mir her und nicht eine Perspektivierung von selbst, die jenachdem von meinem eigenen entsprechenden Tun wettgemacht werden kann oder in ihrem Stil frei abgewandelt werden kann. Kann danach eine homogene Welt mit dem Leib als Ding darin zur Erfahrung kommen? Wie kann „Leib“, der in seiner Weise auch freilich apperzeptiv konstituiert ist als kinästhetisch-hyletisch verharrende Einheit, als Raumkörper gelten?

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In der Primordialität: die ständige Welt rein visuell reduzierter Erfahrung. Inwiefern könnte da schon ein unendliches Raumfeld konstituiert sein? Während dabei kontinuierlich ein endliches Wahrnehmungsfeld von Dingen verwirklicht ist.Raumkonstitution – Konstitution von verharrenden Dingen in Bewegungszuständen, in jeder Zeitphase seiend in einem Zustande der Bewegung und Ruhe und in jedem beweglich. Was macht die Identität des Ortes?Die Konstitution von Orten ist vor der Konstitution von Bewegung, nach welcher die vordem unveränderten Objekte und als solche verharrenden Objekt zu vordem ruhenden werden und nun ihre Raumstellen zu solchen, welche in der Veränderungsart der Bewegung durchschritten werden. Zugrundeliegt bei der Konstitution des Ortssystems, zunächst das identisch dieselben Objekt-[34] Mannigfaltigkeiten wahrnehmungsmäßig enthaltenden Wahrnehmungsfeldes, das Quasi-Ortssystem des visuellen Empfindungsfeldes; Raumstelle ist dann etwas Relatives, insofern als sie identifizierbar ist und dann etwas Relatives, insofern als sie identifizierbar ist und bliebt nur im Zusammenhang der Einheit fortgehender Wahrnehmung und in der Vermöglichkeit solcher kinästhetischer Gänge, in denen dieselben Objekte wieder erkannt, identifiziert werden können, entweder in der Weise der Wiederholung oder sozusagen der Überholung. „Beruhigt“ sich die Bewegung, so ist eine neue Einheit der Wiederholung, aber jede Sondereinheit ist im Felde, das als Feld im Wandel bleibt oder zu einem beruhigten, zu einem neuen Felde der Ruhe wird; die Wiedererinnerung an eine Ruhe und damit an ihren Ort oder an ein durch eine Ruhekonfiguration fixiertes, erinnerungsmäßig identifiziertes Feld mit sonstigen Veränderungen, ist vorausgesetzt, damit überhaupt, Objekte, Ortwechsel wiedererkannt werden können.Der beständig mitkonstituierte Leib steht beständig visuell in der Korrelation zu den konstituierten Außendingen und ihrem Raumfelde der Beweglichkeit, in welcher sie verharrende Einheiten unter Ortwechsel sind. Dass der Leib immer in dem Wandel der Veränderung ist, die als seine subjektiven Gliedbewegungen, Drehungen, seine Deformationen apperzipiert werden, gehört mit dazu; und nur wenn alle Kinästhesen bezw. Die Gesamtkinästhese in Stillhaltung ist, erfährt er keine Änderung.Es ist schwer, muss aber zur vollen Klarheit gebracht werden, was die visuell reduzierte Wahrnehmung des Leibes in konstitutiver Analyse als rein visuell konstituierten Leib hergibt [35]. Für die Konstitution eines Außendinges ist es wesentlich dass es sozusagen in einem konstitutiven Urstand völlig „unveränderlich“ sein kann, d. h. bevor Veränderung konstituiert ist (oder wenn der Veränderungssinn abstraktiv ausgeschieden ist), so haben wir ein Identisches, konkret voller Deckung, in nichts sich wandelnd; nur die Kinästesen sind in ihrem vermöglichen Wandel oder Stillhaltung. Das gilt für eine außendingliche Veränderung, vor allem Bewegung sowohl als Ganzes genommen, als nach Teilen, den insbesodere relativ beweglichen Teilen des Dinges.Was aber den visuellen Leib anlangt, so geht die konstitutive Kinästhese – mit Ausnahme der kephalomotorischen – gleichlaufend mit den erscheinenden Veränderungen, den ontischen, des visuellen Leibes selbst.Den Kopf, die Augen sehen wir nicht; sie verschwinden also in der „Reduktion des Leibes auf das bloß Visuelle“, Was von ihm in dieser Reduktion übrig bleibt, ist doch in der ganzen Art seiner Konstitution gegenüber den Außenobjekten grundwesentlich verschieden und unterschieden: eben als visueller Leib. Er ist ebenfalls durch kinästhetische Vermöglichkeiten in bezug auf ihm ausschließlich entsprechende hyletische visueller Art und Datenwandlungen des visuellen Gesamtfeldes konstituiert; mit anderen Worten, er ist Identitätseinheit, wiedererkennbar im Immer-wieder als Einheit, die sich im geregelten Wandel von Perspektiven darstellt. Aber nicht in bloßer Perspektivierung konstituiert er sich und nicht in einer solchen, die den Leib als Ganzes einheitlich perspektivieren würde; [36] andererseits mit den Leistungen der Perspektivierungen als immerzu teilhaft fungierenden verflicht sich eine ganz andersartige ontifizierende Leistung, und zwar so, dass sich der Leib in einer spezifisch ihm eigentümlichen Zweiseitigkeit konstituiert als eine Einheit von Leibesglieder, Leibesorganen, deren jedes ein perspektivisch Einheitliches ist und zugleich ein vom Ich her bewegliches und veränderliches.

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In beiden Hinsichten werden wir darauf verwiesen. Dass sich der Leib nicht als ein, sei es genetisch oder an sich, Früheres ontisch konstituiert gegenüber den beweglichen veränderlichen Leibesteile und dem praktischen Beherrschen des Verlaufs der Veränderungen der Teile vom Ich her.Hier geht die Konstitution der Leibesglieder (der Apperzeption gewisser veränderlich-einheitlicher hyletischer Teilbestände des totalen visuellen Feldes als leiblicher) der Konstitution der Einheit des Leibes als enheit in der Mannigfaltigkeit von solchen leiblich seienden vorher; diese sich für sich konstituierenden Leiblichkeiten werden alsbald und im Miteinander sich Konstituieren vereinheitlicht und werden zu „Organen“ des einen und selben Leibes.Die bei der Konstitution der visuell reduzierten Welt fungierenden Kinästhesen zerfallen in zwei Teile, die natürlich als Schichten in der Einheit der Totalkinästhese liegen. Die einen Kinästhesen fungieren für die Perspektivierung, die anderen als perspektivische Einheiten, „Körper“ praktisch verändernd. Alles in der visuellen Welt als Ontisches und als für sich als ein Seiendes Konstituierte (was gleichgilt: [36] Wahrnehmbare) ist perspektivisch konstituiert, eine universale, aber mannigfach gegliederte Perspektivierung erstreckt sich auf das in seinem Wandel einheitliche Visuelle Empfindungsfeld. Zu ihr gehört die perspektivierende Kinästhese.(Wir können auch sagen, es ist die in ihr verkörpernde, körperlich Seiendes konstituierende, verräumlichende, raumzeitliche Onta schaffende – doch darf das vorweg nicht sagen, dass alles so Konstituierte in gleicher Weise konstituiert sei, in dem gewöhnlichen gleichen Seinssinn, und das hieße sofort seiend in dem einen homogenen Raume der einen homogenen körperlichen „Natur“.)Mit der Perspektivierung verbindet sich beim Leibe die „Organisierung“, die vermögliche Beweglichkeit des Leibes bezw. seines Leibesglieder, „Organe“. Hierbei teilen sich innerhalb der Gesamtheit der Kinästhesen die Kinästhesen in ihren Funktionen. Jedes Organ ist als Körper in körperlicher Bewegung durch die es perspektivierenden Kinästhesen; aber als Organ wird es von mir praktisch bewegt, und das durch eine dabei nicht perspektivierende Kinästhese, deren Hauptkert jedenfalls (in unserer Beschränkung auf das Visuelle) die okulomotorische Kinästhese ist, und die der Hand als Organ eigentümliche, die selbst vielfältig gegliedert ist, und die der Hand als Organ eigentümliche, die selbst vielfältig gegliedert ist. Die beiden Funktionen spielen gewöhnlich zusammen; es kann aber die die Hand ichlich bewegende Kinästhese im Stillstand sein, während die andere, die perspektivierende im lebendigen Gang ist. [38] Doch die perspektivierende Apperzeption ist – einmal ausgebildet – immer vollzogen; die Ruhe ist dann erfahren mit dem Horizont möglicher Bewegung, ist selbst Grenzfall der Bewegung. So ist auch die von mir nicht bewegten Hand von mir ruhig gehalten. Doch kann auch die Hand körperlich wahrgenommen sein, während ich untätig bin, weder in Bewegung, noch in einer Ruhehaltung. In jedem Fall der Körperbewegung aber laufen die kinästhetischen Daten ab, deren aktives Ablaufenlassen das „Ich bewege“ ausmacht.Auch die perspektivierend fungierenden Kinästhesen können untätig ablaufen, wie wenn – objektiv gesprochen – in der Ermüdung der tätigen Anspannung, Augen, Kopf und sonstige fungierende Organe bei der Perspektivierung in die Entspannungslage übergehen, was für die perspektivierenden Kinästhesen Übergang in die Untätigkeit besagt. Die Apperzeption der Objektbewegung im entsprechend zugehörigen Mitverlaufen der hyletischen Wandlungen setzt aber nicht aus, im Bewusstsein der Vermöglichkeit, die Kinästhesen jederzeit aktiv verlaufen zu lassen. Das, was sonst passives müdes Herabsinken der Augen war, erhält so den Charakter eines aktiven Herabsinkens „Sinken-lassens“. Ebenso im Falle der Ruhe, in dem keinerlei kinästhetische Tätigkeit wäre; die Kinästhese fungiert doch apperzeptiv und hat im Horizont die ganzen perspektivierenden Kinästhesen, welche für die bisherige Bewegung, in der diese Ruhe entsprungen ist, und die künftig in Aussicht stehenden Bewegungen und den Spielraum der in Aussicht stehenden in Betracht kommt als Horizont der vermöglichen Kinästhesen, darüber [39] hinaus natürlich den Horizont der Gesamtkinästhese in der Totalität der Vermöglichkeiten in sehr mittelbarer Weise.Wir haben also beider Wahrnehmung der Hand als Organ und so bei jeder Organapperzeption als solcher – innerhalb der visuellen Reduktion – eine Verflechtung von zwei Apperzeptionen,

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einerseits als fungierend die perspektivierende Apperzeption, die alle abgehobenen Daten des hyletischen visuellen Feldes unterliegt in der Ständigkeit des Zusammenlaufs ihrer eigenen Wandlungen oder Nichtwandlungen mit solchen von solchen von Kinästhesen, sowie die Ausbildung volleingeübter kinästhetischer Vermöglichkeiten und Vermöglichkeitshorizonte als „Vordersätze“ für entsprechende Datenverlaufe, in denen sich Beziehungen auf Optima ausgebildet haben, bezw. perzpektivische Apperzeptionen, Verläufe als Verläufe von Erscheinungen, in denen jeweils das Optimum antizipiert ist, und nun als „Nachsätze“, als Telos der durch die Kinästhesen geleiteten Tätigkeit. Darin fundiert ist nun in unmittelbarer Weise für die in ihrer eigenen Weise apperzipierten Leibesglieder sie perspektivierende (organisierende) Apperzeption. Zunächst muss gesagt sein: jede aktive Wandlung oder Stillhaltung einer perspektivierenden Kinästhese bringt körperliche Bewegung oder Ruhe zur Wahrnehmung und zwar zur erzielenden Wahrnehmung (dem Gegenstand selbst nachgehend, es konsequent verwirklichend, ihm als Ziel der Tätigkeit sich stetig annähernd. Jede passiv in eins mit den zugehörigen hyletischen Verläufen ablaufende perspektivierende Kinästhese ergibt Wahrnehmung des Körpers in seiner Bewegung oder Ruhe in einem Sekundären Sinn, [40] nämlich des ständig geweckten Bewusstseins des Vermögens, diesen passiven Verlauf nicht nur überhaupt aktivieren, sondern so dirigieren, als perspektivierenden Verlauf so abwandeln zu können, dass er zum erzielenden Wahrnehmen wird.Was nun aber die Kinästhese des „ich bewege die Hand“ anlangt, so ist sie dadurch ganz unterschieden von den perspektivierenden, durch die die Hand für mich visuell Wahrnehmungsobjekt ist, dass Wandlung oder Nichtwandlung ihrer kinästhetischen Daten eben nicht zu dem apperzeptiven Zusammenhang gehört, durch den die Hand als Körper perspektiviert zur Erscheinung kommt. Der Verlauf dieser Daten ist nicht ebenso wie der der okulomotorischen und sonstigen perspektivierenden Daten in Verschmelzung mit dem Verlauf zugehöriger hyletischer Daten. Jede Bewegung oder Nichtbewegung des Körpers „Hand“ als des wahrnehmungsmäßigen bedingt zwar Mitwandlungen oder Nichtwandlungen der Kinästhesen, mittelst deren mein ichliches Bewegen erfolgt, aber eben des wahrnehmungsmäßigen Körpers, also des als Identitätseinheit der von anderen Kinästhesen geleisteten Perspektivierung Erfahrenen als solchen.Die Passivität des Verlaufs dieser Kinästhesen bedeutet nicht wie die Passivität der perspektivierenden ohne weiteres körperliche Ruhe. Ferner Aktivität der perspektivierenden kinästhetischen Verläufe, ein aktives sie in Wandlungen abrollen lassen, bedeutet nicht ohne weiteres körperliche Bewegung, sondern auch in einer gewissen Systematik Ruhe. Dagegen bedeutet jedes aktive Abrollenlassen der Kinästhese des „Ich bewege“ natürlich Bewegung: obschon sie in sich selbst gar nicht Bewegung [41] perspektivierend ist. Die apperzipierte und zwar wahrnehmungsmäßig apperzipierte Körperbewegung der Hand ist ständig begleitet und fest assoziiert mit jener nicht perspektivierenden Kinästhese bezw. ihrem zugehörigen Verlauf. Dieser Verlauf gehört einem eigenen kinästhetischen System an, das kinästhetisches aktiv dirigiert werden kann aufgrund einer eigenen Übung und Herrschaft. In dieser Weise freier Aktivität zum Ablauf gebracht, bringt sie als Mitfolge die Körperbewegung der Hand zum Ablauf. In dem Wandel der Körperlagen der Hand, in ihrer verscheidenen Bewegungen und Ruhelagen kann nun mein „Interesse“ beteiligt sein, so, dass mir an einer Lage mehr liegt als an der anderen, da sich in ihr irgendein Gefühls-, Gemütsinteresse befriedigen würde; so erwächst nun ein Hinstreben mit (ursprünglich instinktiven) kinästhetischem Tunsablauf. Hier aber sind unter den verlaufenden Kinästhesen natürlich die perspektivierenden gleichgültig, sie bringen die ferngerückten Hände nicht wunschgemäß nah. So geht mit Rücksicht auf die Interessen an der körperlichen Lage alle praktische Intention auf die Herrschaft über die mit der Körperlage der Hand assoziiert verlaufenden Kinästhesen. Diese Assoziationen explizit auszubilden und ihrem System entsprechend ein System der Herrschaft, der Vermöglichkeit. Demnach erwächst eine Apperzeption höherer Stufe. Die Hand wird erfahren als Körper gemäß der ausgebildeten Vermöglichkeit (und der stets lebendig bewusstseinsmäßigen) der perspektivierenden Kinästhesen in ihrer Systematik und diese in ihrer [42] Assoziation mit der Systematik der Erscheinungen. Die Hand wird erfahren zugleich als Organ gemäß der ausgebildeten Vermöglichkeit, die Kinästhesen der neue Sphäre und

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in ihrem eigenen System gemäß seiner Assoziation mit dem System der vermöglichen körperlichen Bewegungen der Hand frei zu dirigieren und das in diesen möglichen körperlicen Bewegungen allzeit als Vermöglichkeit bewusst zu haben, sie bewusst zu haben als allzeit in ihren Gestalten der Ortveränderung frei zu behandeln.Die Hand ist also nicht nur seiender Körper, sondern auch seiend als praktischer Körper, als da uns dort seiend, dahin und dorthin sich dirigierend aus meiner Willkür in einem nicht nur praktisch wahrnehmenden, sondern auch körperlich verändernden „hand“-elnden Tun. (Die Körperveräderung betrifft hier den Ort, in eins die miterfolgende Deformation und eventuell sonstige miterfolgende kinästhetische Veränderungen, bestimmt durch den Bau der Hand aus Fingern usw.)Aber als Organ, als praktisches Objekt ist die Hand selbst in höherer Stufe wahrgenommen, wahrnehmungsmäßig apperzpiert und erzielend apperzipiert, wofern ich darauf gerichtet bin, mein handelndes Können und so die Hand als gekonnt bewegte und bewegliche zu erweisen.Im weiteren Sinne praktisch ist das Ich immerzu – sofern es überhaupt aus einer Aktivität Seiendes in weiteren und engeren Bedeutung hat. Immer ist Seiendes aus Vermöglichkeit, und Vermöglichkeit ist ein Modus der Aktivität. Aber praktisch schon Seiendes, als Seiendes Apperzipiertes verändernd, für es also als seiend Vorgegebenes behandelnd [43] ist das Ich natürlich in einer Aktivität und zwar in einer fundierten Aktivität.Hier hatten wir die Fundierung aufgeklärt, die auf dem Untergrunde der bloß körperlich Seiendes schaffenden, der perspektivierenden Aktivität als fundierte die „handelnde“ in einem dem gewöhnlichen schon sehr nahen Sinne ausmacht. Und zwar sind Leibesglieder, was sie als Organe sind, die ursprünglichsten praktischen Objekte, der Leib also das Reich der Urpraxis, von der alle raumweltliche Praxis sich ableitet.Wenn der Leib danach doppelseitig ist, eine pure „körperliche Seite“ und eine „ichliche Seite“ hat, so versteht sich nun, dass diese Zweiseitigkeit selbst zwei Stufen subjektiver Leistungen bezeichnet in der angegebenen Fundierung.Der ursprünglichen Konstitution nach ist die visuelle Welt zwiespältig konstituiert, nämlich gespalten in Leibliches, Außenwelt. Und doch jede wieder auf der einen und anderen Seite „körperlich“, „räumlich“, oder gleichwertig perspektiviert. Die leiblich getrennten Körper, zwar als perspektivierte Einheiten verwandt mit den außerleiblichen, haben gemäß ihrer eigenen Weise der Perspektivierung nicht dieselbe Seinsart als die Außenkörper, und somit auch ihre körperlichen Bestimmungen innerhalb der allgemeinen Verbundenheit, ihre „Unveränderungen“ und „Veränderungen“, ihren „Ruhen“ und Bewegungen; die Gemeinsamkeit der perspektivierenden Körperkonstitution reicht sehr weit, wenn wir und abstraktiv ausschließlich berschränken auf den notwendig mitfungierenden Kern der kephalo-, okulomotorischen Kinästhesen. Wir haben dann eine Körperwelt als konkrete Gegenwart. In jedem Moment unseres strömend ungebrochenen Wahrnehmens haben wir ein momentanes Wahrnehmungsfeld, das der momentan aktuellen bezw. aktualisierten körperlichen Gegenwart, alle Körper umspannend, die wirklich in ihren Perspektiven wahrnehmungsmäßig da sind. Darüber hinaus haben wir in jedem Moment mit apperzipiert einen Bereich von Gegenständen, die in diesem Moment nach Belieben wahrnehmbar sind. Was darüber hinausreicht ist eine Vergangenheit, aber nicht als ob wir die früher wahrgenommen gewesenen Körper ohne weiteres als jetzt noch seiend ansprechen, nämlich als jetzt noch wahrnehmbare in unserem Felde nehmen könnten. Angezeichnet ist nun das als leiblich Konstituierte bezw. die Einheitlichkeit des Leibes dadurch, dass alles dem Leib Zugehörige unverlierbar zum kontinuierlichen und wie immer sich wandelnden körperlichen Gegenwartsfeld gehört, das als wahrnehmbares konstituiert ist. Meine Hand, mein Fuß und sonstige Leibesteile können zwar aus meinem aktuellen Wahrnehmungsfeld verschwinden, aber sie sind ständig im Bereich der Wahrnehmbarkeit; sie gehören, in welchen Veränderungsweisen immer, mit zu meiner jeweiligen Körperwelt. Der Fortgang der Wahrnehmung und die Erfahrungsbildung mag weitergehen, sodass ich schließlich alle Außenkörper unerreichbar verliere, aber alle diese verschiedenen Welten sind

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darin zumindest einig, dass als identischer Kern mein Leib verharrt, als Kern des wechselnden „Um ihn herum“.Tun wir so, als ob Undurchdringlichkeit (bzw. Widerstand) in der rein visuellen Sphäre konstituiert wäre, so ist die Möglichkeit ausgeschlossen, dass wahrgenommene Körper, zwei oder mehrere, durch Bewegung in andere übergehen und so, dass nun dieser wahrgenommenen Körper die anderen nicht als Stücke enthält, sondern in einer Weise aufgesogen hat, dass diese nun dauernd nicht da sind, während anderseits doch eine Möglichkeit offen bleibt, dass eine neue Bewegung sie aus dem sie verschluckenden Körper wieder hervorgehen lasse. Überhaupt könnte ein Körper „durch“ andere hindurchgehen es könnten aus jedem Körper andere Körper hervorgehen, ohne dass sie sich ablösende Stücke wären; die Veränderungsart wäre nicht Teilung (als Zerstückung), sondern eine eigene Veränderungsart, in der zwar eine Gestalt von der anderen körperlichen Gestalt sich abteilte und, was sonst Stück wäre, aus sich entließe, aber zugleich der in diese Änderung eingehende Teil am ursprünglichen Körper darin bliebe in seiner ganzen Fülle. Keine Raumstelle, kein Raumstück kann mehrfach erfüllt sein und in dieser „Mehrfaltigkeit“ Objektivität ergeben. Ineinander von Objekten ist nur möglich in der Weise, dass darin Seiende ein Stück ist in einem extensiven Außereinander von verbundenen Stücken.AInwiefern ist durch die visuelle Perspektivierung Ort und jeder Ort von jedem anderen unterschieden, schließlich einheitlicher Raum als Ortsystem konstituiert?Ort in seiner Einmaligkeit, in seiner Unterschiedenheit von jedem anderen, als „Punkt“ in einem Ortkontinuum – ist das schon Ort als principium individuationis von realen Körpern, und ist Raum als Ortskontinuum schon Raum als Form einmaliger Realitäten?Machen wir die Voraussetzung, dass visuelle Undurchdringlichkeit in dem Sinne als Tatsache besteht, dass das immer mögliche Sichdurchdringen nie vorkommt. In der okularen Sphäre fangen wir mit der Ruhe an; und wenn dann Bewegung in Fragen gezogen wird, schließen wir schon alle Verdeckungen aus; nachher ziehen wir sie heran. Wie steht es mit der Eindeutigkeit des okulomtorischen Ortssystems? In der Bewegung mag es nun geschehen, im Rahmen der kontinuierlichen Wahrnehmung, dass ein Objekt als Schatten (aber darum nicht, wie das Wort nahe legt, als „Schein“) über und durch das andere Objekt hindurchgeht oder dass ein Objekt in dem körperlichen Bereich des anderen verschwindet. Was aber ergibt sich da anders, als das jedes im einseitigen und wechselseitigen Durchgang identifizierte Objekt seine körperliche Gestalt hat, aber dass sich punkt- und stückweise die Gestalt des einen und des anderen in demselben Orte in derselben Breitenstelle (als Stück des festbleibenden Ortssystems) decken. Allerdings fragt es sich, wie sich diese Auffassung konstitutiv begründet. Was motiviert die Identifizierung des verschatteten Objekts vor der Verschattung und nach der Verschattung? Und sein fortdauerndes Sein während desselben?Eine Bewegung erfahre ich als Bewegung, apperzeptiv verstehe ich sie als ein Kontinuum vermöglicher Wahrnehmung von Ruhen, aber unter stetiger Änderung der ortbestimmenden Kinästhese. Wenn ich diese Vermöglichkeit verwirkliche, so habe ich damit ursprüngliche Bewegungswahrnehmung, aber eigentliche nur in der Verwirklichung und nicht hinsichtlich des Teiles der Bewegung, die schon als das aufgefasst war, aber nicht mehr in Wahrnehmung zu verwirklichen ist. Das ist eine ursprüngliche Weise der Selbstbestätigung im Zugreifen; ebenso wird Bewegung uns Ruhe auch durch eine Verdeckung hindurch apperzipiert, und anderseits als einheitliche Bewegung des verschattenden Objektes in normaler Weise erfahren. Das fixierende Mitgehen gibt erfahrungsmäßige Wandlung der Ortbestimmenden Kinästhese, im ständig fixierten Bewusstwerden als „wahrgenommene“ Ortsänderung. Das andere nicht-fixierte Objekt ist kontinuierlich apperzipiert als ruhend oder sich bewegend und insofern wahrgenommen, aber nicht in fixierender, also Ortsveränderung verwirklichender Weise. Trotz des Zeitweiligen Verschwindens bleibe ich dabei, es in Geltung zu halten und die kontinuierliche Identifizierung weiter zu führen. Aber es ist dabei zu bedenken, dass zur Wahrnehmung in allen Schichten auch Protention, Antizipation des Künftigen gehört und dass der ursprünglich antizipierte Verlauf sich durch Lücken hindurch bestätigt. Solche Möglichkeiten der Überbrückung finden wir auch in der

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Verknüpfung von Prozessen, die aus dem momentanen Wahrnehmungsfeld verschwinden und in einer wiedererfassenden Kinästhese an ihre Fortsetzung wiedererkannt werden durch die Lücke des Sehens hindurch Vergangene Bewegung des vergangenen Wahrnehmungsfeldes und eine neue gesehene Bewegung werden gemäß der Art, wie einheitliche Bewegung innerhalb der ursprünglichsten Konstitution als Einheit einer kontinuierlich wahrgenommenen apperzpiert wird als eine Bewegung, von der ersten Stück bereits wahrgenommen war, ein Zwischenstück unwahrgenommen verlief und das andere Stück oder Fortsetzungsstück jetzt verläuft.Hiermit aber ergibt sich, dass in dem Stück der Verdeckung die Orte sich decken, als dieselben Orte, welche in der zugehörigen Zeitstrecke von verschiedenen Objekten besetzt werden. Denn die apperzeptive Vorgeltung und Fortgeltung des Objektes in der Verdeckung nun betrifft wie seinen apperzipierten Inhalt, darin seine Gestalt, so auch die jeweiligen Orte bezw. die Gesamtstelle der Gestalt und so des Objekts. Das besagt aber, die betreffende Kinästhesen, die da ortbestimmende sind und verwirklicht fungieren für das verdeckende Objekt gelten mit, soweit die Gestalten sich verdecken, hinsichtlich des verdeckten.Ziehen wir nun in Betracht die höherstufigen, die dritte Dimension konstituierenden Kinästhesen, so gewinnen „normaler“ Weise die sich verdeckenden Objekte den Sinn von dreidimensionalen Körpern, die sich in der „Wirklichkeit“ nicht verdecken, obschon sie zeitweise für uns, in der Gebundenheit des Sehens an die zweidimensionale, von der Okulomotion gerstammende Erscheinungsweise, unsichtlich werden. Das Durchhalten der Apperzeptionen durch das Gesehene ist ja beständig in Funktion und begründet die Möglichkeit einer Konstitition der Tiefendimension, also der Körperlichkeit im natürlichen Sinn.Indessen, ich sagte „normalerweise“; darin steckt wieder die Voraussetzung der Undurchdringlichkeit; nämlich auch Körper könnten ohne das Neue, das Undurchdringlichkeit bedeutet, wie Schatten durcheinandergehen. Nur wenn eine neue Stufe von Kinästhesen vorhanden wäre, während faktisch mit der drehenden und gehenden Kinästhese, die die dritte Dimension schaffen, alle kinästhetischen Vermöglichkeiten unserer Totalkinästhese erschöpft sind, nur dann könnte sich abermals die Verdeckung als Unsichtwerden höherer Stufe ausweisen, - aber auch dann bliebe für die neue, die vierte Dimension ohne Undurchdringlichkeit die körperliche Verschattung möglich. Anderseits, ein festes Ortssystem wäre konstituiert für die ganze Zeit, durch die Einheit einer Konstitution hindurchreicht; und wir sehen, dass in der Tat unsere obige Frage nicht gegenstandlos: Ortsystem und Raum ist nicht ohne weiteres eins, Ortsystem ist nicht ohne weiteres Raum als principium individuationis für Reales.Wie aber nun, wenn wir das Miteinander von Leib und Außenkörperlichkeit in der ursprünglich universalen Perspektivierung aufgrund des einen visuellen Empfindungsfeldes und der einen totalen Kinästhese in Betracht ziehen? Wie steht es da mit der Einheit des Ortssystems für Leib und Außenwelt in eins?(Und wieder, wenn wir die zweite Seite der Leiblichkeit, die praktischem die sie zur Organleiblichkeit macht, danach befragen, ob nicht durch die Konstitution als Organ zwei Organe hinsichtlich ihrer bloßen Körperlichkeit sich unmöglich verschatten können? Dass das in der Tat der Fall ist, ist sofort einzusehen. Eine solche Unmöglichkeit ist nicht vorgezeichnet; denn bewege ich ein Organ z. B. meine Hand, so ist mein „ich bewege“, meine die Hand als Organ beseelende Kinästhese, kontinuierlich in Deckung mit der körperlichen Bewegung der Hand als Ortsveränderung. Die Verschattung der einen Hand durch die andere würde besagen, dass beide Körper in ihrer Bewegung dieselben Orte annehmen könnten, also wenn das „ich bewege“ erfolgte, dass derselbe doppelt belegte Ort auch doppelt belegte Kinästhesen hätte. Warum soll das aber sich stören. Gehört doch jede Kinästhese zu jeder.Es bedarf also zunächst einer genaueren Auslegung der Art, wie mein Laib perspektivisch objektiviert ist und welchen Sinn seine Örtlichkeit hat, wie dann dieser Sinn von Örtlichkeit zu dem der Außenkörper steht.Bl. 50-53 in Hua XV (vgl.)

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Psychophysische Apperzeption; wie kommt der Leib dazu, erfahren zu werden wie ein anderes Ding – als bewegt und ruhend wie andere, also im Raume?1.) In der Primordialität ist in der Weise Apperzeption bezw. der Konstitution ein wesentlicher Unterschied zwischen meinem körperlichen Leib und den anderen Körpern. Reduzieren wir beiderseits auf reine Erfahrung, also auf die pure körperliche Apparenz, als Einheit in der Mannigfaltigkeit der Erscheinungsweisen, der Seitengegebenheiten und der zu dem jeweils eigentlich Perzeptiven, zu den Momenten der Seiten gehörigen manigfaltigen Perspektiven; dann ist zunächst, was ursprünglich als mein Körper zur anschaulichen Ausweisung kommt, wesentlich verschieden von dem aller anderen Körper – der Außenkörper, die alle in gleicher Weise konstituiert sind. Zu ihnen gehört ontisch als mitkonstituiert, als ursprünglich erfahrene und erfahrbare Bewegung und diese sich darstellend in der Weise von Nah- und Fernding, von wechselnden Gegebenheitsweisen der „Orientierung“; korrelativ dazu ist, dass ich selbstständig eingreifend in den Wandel dieser Gegebenheitsweisen sie so abwandeln kann, dass im Grenzfall, was ohne mein Eingreifen als Ruhe erfahrbar war, nun genau so, genau so in solchen Gegebenheitsweisen ablaufen muss und sich darstellt, wie vordem die Bewegung und umgekehrt. Dieses Eingreifen ist charakterisiert als wahrnegmendes leibliches Tun, als mit dem Auge sehen etc. und zwar als dabei sehend und sonst wie wahrnehmend mein Leibesorgan von mir her bewegend, oder ich bewege bald, bald halte ich still usw. Betrachte ich nun meinen Leib so wie er als Körper sich in der Wahrnehmung und zwar rein wahrnehmungsmäßig gibt bzw.. allseitig ausweist, so finde ich zwar, dass meine Hand, dass einzelne Leibesglieder, die als Wahrnehmungsorgane mitfungieren, wenn auch in sehr beschränkte Weise, in ihrer körperlichen Bewegung und Ruhe [50b] (z. B. die Hand auf dem Tisch bewegt etc.) erfahren werden als Außendinge; und das sagt, dass sich Bewegung, Ortsveränderung bei ihnen wirklich wahrnehmungsmäßig zeigt, nicht aber der ganze Leib in irgendeiner seiner Bewegungen bezw. Ruhen.Trotzdem wird mein Leib apperzipiert als Körper wie andere. Die apperzeptive Stiftung meines in der Stufe der rein sinnlichen Erfahrung konstituierten Körpers, der noch keine Gattungsgemeinsamkeit haben kann mit dem, was in der sinnlichen Außenerfahrung als Außenkörper sich sinnlich erscheinungsmäßig darstellt, zum Körper wie alle anderen Körper schafft erst die allgemeine Körperlichkeit im Raume, im allgemeinen Raume der der Formen aller körperlichen Koexistenz in Bewegung und Ruhe, in Veränderung und Unveränderung der Gestalt, der unter allen Umständen in dem universalen Raum ein Raumstück ausmacht und in ihrer Qualifizieung es zur realen Stellenmäßig jeweiligen Gestalt macht. Damit vollzieht sich zugleich die Stiftung des Leibkörpers, des schon als res extensa in der allgemeinen Räumlichkeit erfahren als des Körpers der Natur, in dem ich ständig walte und bei dem ich damit ständig und unmittelbar bin. Mit anderen Worten, es vollzieht sich damit und von da aus sie Stiftung meines psychophysischen Seins. Bei der räumlich bald ruhenden, bald bewegten, sich damit so und so deformieenden und sonst wie veränderlichen leiblichen Körperlichkeit bin ich ständig, und so ständig im Raume, in der Raumzeitlichkeit lokalisiert, also erfahrbar und erfahren als Einheit von Leib und Seele, als beseelter Körper. In weiterer Folge ist damit die Stiftung der Region Mensch ermöglicht auf dem Wege der apperzeptiven Übertragung des Seinssinnes psychophysischen Seins auf Außenkörper, sofern sie den Bedingung dieser Übertragbarkeit entsprechen, also diejenige Ähnlichkeit mit meinem leiblichen Körper und seinem Dasein haben, die zu dieser Übertragung führen kann.Näher besehen lieg aber vor der eigentlichen psychophysischen Apperzeption, als in welcher ich beseelter Körper in der Allnatur, also als in der Raumzeitlichkeit seiender erfahren bin, eine sie fundierende leib-seelische Apperzeption, durch welche erst die Apperzeption „mein Leibkörper, Körper wie jeder andere Körper“ und damit Raumapperzeption überhaupt ermöglicht wird. Dazu ist einmal erfordert, dass die gemeinsame Ähnlichkeit meines im Selbstbesehen, Selbstbetasten sinnlich Erfahrenen Körpers mit den sinnlich erfahrenen andern Körpern zur indirekten apperzeptiven Übertragung der an dieses Außenkörpern erfahrenen Bewegung und Beweglichkeit auf meinen Leib dadurch führen kann und führt und zwar auf folgende Weise. Die Bewegung

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meiner Leibesglieder, die ich in der Tat als Bewegung sehe, nämlich so wie die Bewegung der Außenobjekte (obschon Bewegung beiderseits ein ontisches Vorkommnis ist, das noch nicht den vollen Sinn Bewegung haben kann), hat ihre kontinuierliche und unweigerliche Parallele in dem innerlichen, waltenden „ich bewege“ der Kinästhese. Man sieht schon, dass das seine Rolle spielen muss, wenn an einem fremden, einem Außenkörper ei Glied, das meiner Hand glicht und in typisch ähnlicher weise in Bewegung sich darstellt, wie meine Hand, aufgefasst wird als Handbewegung d. i. als eine räumliche Bewegung, die eine parallele Innenbewegung, ein ichlich waltendes mitgehendes Bewegen induziert. Aber das setzt noch anderes voraus. Es muss erst durch die Analyse der sinnlichen Selbsterfahrung meines Leibes gezeigt sein, wie diese Erfahrung den Leib als einheitliche Körperlichkeit zunächst sinnlich erscheinungsmäßig analog zur Erfahrung bring wie die sich außen darstellenden Körper und zwar gegliederte Körper und in den Gliedern analog mit den entsprechenden Gliedern meines Leibes. [51 b] Jedoch wie Körper, die diejenige sinnliche Änderungsweisen nicht zur Erfahrung bringen, die da in einem ersten ursprünglicheren Sinne ihr Dahin und Dorthin sich Bewegen, ihr sich nähern und entfernen, ihr sich nach rechts und links bewegen usw, ausmachen. Dieser Analogie entsprechend wird er als „unbewegter Körper“ aufgefasst, an dem sich nur seine Glieder bewegen. Nun ist aber jede sinnlich erfahrene Bewegung meiner Leibesglieder eine konsequent begleitete, also assoziativ einige mit einem parallelen „ich bewege“, einer ichlichen Kinästhese. Sie wird also stets in einer „psycho-physischen“ Weise doppelseitig erfahren. Anderseits ist diese erfahrene Gliederbewegung in ständiger Funktion bei jeder Außenerfahrung, jedenfalls nämlich bei allen Verläufen es Wahrnehmens der Außenkörper; und zwar gehört als grundwesentliches Moment zu diesem Fungieren die innere „Bewegung“ der Kinästhese, die aber ständig ihre Außenseite mit sich führt. Dieses Fungieren kann ein doppeltes zur Folge haben; es kann sein, dass als kontinuierlich zugehöriges Korrelat der Kinästhese die Erscheinungsverläufe als Mitverläufe der Kinästhese bedingt, in denen „Ruhe“ als erfahrenes sich konstituiert; im innerlichen, von Ich her inszenierten Durchlaufen der Kinästhesen ist es so, dass so oft ich innerlich zu derselben Kinästhese zurückkehre, ich immer wieder dieselbe Erscheinungsweise gewinne, und so im beliebigen Dürchlaufen Mitdurchlaufen eine Mannigfaltigkeit von immer wieder gleichen entsprechenden Erscheinungsweisen, in denen ein und dasselbe Ruhende sich konstituiert. Freilich scheidet sich dabei eben dieses identisch verbleibende bezw. unveränderte Korrelatsystem von dem, was in den Erscheinungsweisen oder in den konkreten Erscheinungsweisen nicht von mir her, nicht als reine folge des ichlich kinästhetischen Bewegens sich wandelt, das ist, was am Gegenstand seine qualitative Veränderung und Unveränderung ausmacht, die ohne mein Zutun erfolgt.[52 a] Wenn wirklich im Wandel der Kinästhesen die Erscheinungsweisen in der Weise der Mitfolge wiederkehren, ganz und gar diengleichen, wird völlige Unveränderung erfahren, die sich dann im Konkurs mit anderen Fällen erst scheidet in kinästhetisch motivierte und kinästhetisch nicht-motivierte Veränderungen. Doch darauf gehen wir nicht ein.Dementsprechend wird Bewegung erfahren, wenn die Erscheinungsweisen in einer geregelten Weise so verlaufen, dass sie nicht ohne weiteres und bei allen kinästhetischen Verläufen eine und dieselbe Mannigfaltigkeit zusammengehöriger und ihnen entsprechender zugehöriger Erscheinung bilden, sondern es nur bilden, wenn das leiblich waltende Ich in einem entsprechenden kinästhetischen „Mitgehen“ eine besondere Funktion übt und dabei in doppelter Weise kinästhetisch fungiert, nämlich so, dass durch ein gehendes Eingreifen gewisser Art, von einer gewissen Schelligkeit, von einem gewissen Tempo, die Erscheinungsweisen wieder wie in der Ruhe verlaufen und die sonst freien Kinästhesen in beliebige Funktion gesetzt Erscheinungsweisen als Mitfolgen haben, ganz wie in der Ruhe.Demnach haben wir das Merkwürdige, dass in der Kinästhesen eine funktionelle Teilung statthat: Leibesbewegung als waltende des Ich und in eins äußerlich erscheinende als „gehend“ in einem weiteren Sinne (lokomotiv fungierend) und Leibesbewegungen als fungierende, aber hier ausschließlich wahrnehmungsmäßig, und ihre lokomotive Funktion. Dadurch kann Bewegung erfahren werden und zwar mit einem Sinn, der sie als ein Kontinuum möglicher Ruhen auffasst, wie

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anderseits als ein kontinuierliches in Scheinruhen zu verwandelndes Änderungsphänomen, dadurch dass in jedem Moment das Mitgehen, das Mitlaufen einsetzen kann, das Änderungsphänomen in ein Phänomen der Ruhe verwandeln kann.Wendet sich nun der erfahrende Blick und das tätige Erfahren auf den Leib, so unterscheidet er sich von allen Außendingen sehr wesentlich hinsichtlich Bewegungs- und Ruheerfahrung. Alle Außendinge bedürfen zu ihrer sinnlich erfahrenden Apperzpetion von Bewegung (bezw. Übergang von ruhe in Bewegung und umgekehrt als der ständigen Möglichkeit, die der Ruhe den als Null-Fall der Bewegung gibt) der als motivierend ständig mitfungierenden Leiblichkeit und zwar der gehend fungierenden. Was sonst an den Außenobjekten zu sehen, sinnlich zu erfahren ist, das besorgen die mitfungierenden sonstigen Kinästhesen (z. B. Augenbewegungen Tastbewegungen, während ich michzugleich dahin oder dorthin gehend mich bewege, eventuell stillhalte wiedergehe etc.): anderseits mein Leib in dieser letzteren Hinsicht wie ein Außending erfahren, wird durch die gehende, die lokomotive Kinästhese keineswegs als bewegt oder ruhend erfahren. Für ihn hat ursprünglich Bewegung und Ruhe keinen Sinn, nämlich keinen Sinn derart, wie bei Außendingen als Bewegung und Ruhe in ihrem Raumfeld (das allerdings zunächst noch nicht wirklicher Raum ist); die gehende Kinästhese hat also nur inneren Funktionssinn, aber keinen Sinn einer wirklichen Ortsveränderung des Leibes im Raume; und so ist eben noch keinen Raum konstituiert, in dem das leiblich waltende und zugleich den Leib erfahrende Ich dank dieser Selbsterfahrung rein als sinnlicher Erfahrung dieser Leib Raumgestalt und Lage im Raum hätte und somit eine für den Erfahrenden und vermöge rein des Sinnes dieser Erfahrung eine räumliche Existenz hätte. Damit korrelativ ist auch der Raum der Außendinge noch kein wirklicher Raum, die entsprechende Außenwelt keine wirkliche Welt, als welche alles Existierende, den Leib und das psychophysische Ich eingeschlossen umspannte als dessen Existenzform.Wie kommt nun doch die höherstufige, in der sinnlichen Erfahrung fundierte Apperzeption des Leibes als Körper wie alle Körper zustande und wie wird damit also Raum und Welt erfahrbar?[53 a] Dafür gibt es eine nicht schwer verständliche Antwort. Haben wir schon Außendinge und Leib als Naturobjekte, haben wir uns schon als psychophysisch Reales, als Menschen usw. erfahren, so ist es eine allverständliche Tatsache, dass wir außerleibliche Objekte mit dem Leibe verbinden, dass wir die alltäglichen Gebrauchsobjekte in die Hand nehmen, heben, tragen können, dass wir auf einen Wagen steigen, auf einen fahrenden Wagen aufspringen können und so gefahren werden können und dergleichen; achten wir auf die Erscheinungsweisen, so verwandelt sich für jedes Objekt das System seiner möglichen sinnlichen Erfahrung, so wie es aus einem vom Leibe getrennten zu einem mit ihm einigen, verbundenen Objekt wird.Das in die Hand genommene Objekt verliert sofort die Fähigkeit, als ruhend oder bewegt so zu erscheinen wie ein Außending; es wird sozusagen Leibesglied, nur dass ihm sie besonderen Kinästhesen fehlen. Es wird durch mein Gehen nie den Wandel der Erscheinungsweisen der Nähe und Ferne ergeben können usw. Eben diese Umkehrung fundiert offenbar die Möglichkeit der Apperzeption des Leibes als Körper. Nehme ich ein Ding zur Hand und gehe, so bewegt es sich – dann wenn ich es fahren lasse, ist es an einer anderen Stelle des schon konstituierten „Außenraumes“, als ob es ohne mein Gehen sich hinbewegt hätte. Im Auf- und Abspringen (im Beispiel der Wagens) kann ich nach Belieben Bewegung sehen und Bewegung-verschwindenlassen als Phänomen, in Umkehrung in ein Leib-stückphänomen, Eins und das andere wird als gleichwertig apperzipiert, indiziert die jederzeit bereite Möglichkeit der Umwendung, und das überträgt sich auf jeden Teil des Leibes, auf jedes Leibesglied und auf den totalen Leib; er wird bewegt in Raume als Teil des fahrenden Wagens, er bekommt selbst einen äquivalenten Sinn von Bewegung, den einer Ding-Bewegung.

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Juni 1932.

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Umschlag Husserls: Schwierigkeiten der Kinästhese[55a] Visuelle Reduktion, - Schichten der Perspektivierung. Fiktion: bloß ein Auge überhaupt als sehend, also nicht das Doppelauge, das bald fixiert, bald nicht fixiert, jedes sein Sinnesfeld und beide in wechselnden Erscheinungsweisen der Verschmelzung und das bezogen auf das kinästhetische System der Accomodation.„Stufen“ der Perspektivierung hätte ich in der fiktiven Annahme einer Genesis, die nacheinander die okulomotorische Kinästhese k0 und dann k1 ins Spiel brächte.Okulomotorische Konstitution in eins, das zweidimensionale, tiefenlose Ortsfeld. Die so konstituierten Körper können „durch einander hindurchgehen“; die Einmaligkeit einer Raumstelleschließt nicht die Vielheit der Körper als jeweils zugleich an dieser Stelle seiender aus.Ferner die erweitenden, zirkulären Kinästhesen; schon die okulomotorische Kinästhese wäre denkbar als total drehende, als zirkulär in sich zurückführende; es kann aber auch eine andere Kinästhese die nichtzirkuläre okulomotorische Kinästhese in eine zirkulär erweiterte Konstitution überführen und so ein geschlossenes Feld konstituieren. Dadurch haben wir im Feld noch keinen Sinn von „Krümmung“, weder der von eigener, noch von krummer Fläche bezw. zweidimensionaler Mannigfaltigkeit. Wie kommt durch eine neue Kinästhese die dritte Dimension zustande?Wichtige ergänzende Ausführung (in den früheren Darstellungen fehlend): Denke ich mir die okulomotorische Konstitution allein, die K1-Konstitution (die der Kopf-Kinästhese) wegabstrahiert (rein okulare Reduktion), so gewinne ich das okulomotorische Ortssystem und okulare Dinge in Wahrnehmung ihres Sosein und ihres wechselnden und haltenden Daseins d. i. in wahrnehmungsmäßiger bewegung und Ruhe. Wahrnehmungsmäßig ist dabei auch der jeweilige Ort, in seiner Weise „Moment“ des Wahrgenommenen, nur eben nicht als Moment des Was, des Inhaltes.Geben wir nun die rein okulare Reduktion auf, indem wir die Drehungen des Kopfes oder eine sonstige perspektivierende Kinästhese einführen (K1), so ist das Erste: jeder Stelle dieser K1

entspricht, wenn wir von der neuen Leistung dieser eingeführten K1 abstrahieren, ein neues okulares Feld und Ortswahrnehmung bezw. Wahrnehmung von objekten in ihrem Da. Aber in der neuen kinästhetischen Wandlung erhält der jeweilige Ort bezw. das Objekt in seinem Da-sein eine ebensolche Wandlung, wie wenn das Objekt sich bewegte; halte ich das Objekt fixiert, während es sich bewegt, so folge ich mit dem Auge; ich ändere die okulomotorische Kinästhese in bestimmter Weise; ruht das Objekt, so bleibt sie still, ich greife nicht ein, ich habe nicht mitzugehen. Sowie ich den Kopf bewege und dabei fixiertend auf das okulare Objekt gerichtet bin und bleibe, muss ich, um bleiben zu können, die okulare Kinästhese entsprechend wandeln, ganz so, wie wenn es sich (vor dem Mitnehmen der neuen Kinästhese) bewegte. Für jede kinästhetische Situation des neuen Gebietes K1 habe ich Bewegung und Ruhe wie früher konstituiert. Aber die Objektkonstitution als identifizierende Wiedererkennen der neuen Stufe kommt dadurch zustande, dass ich mit der neuen Kinästhese das Mitgehen im okularen Feld begleitend, nicht Bewegung, sondern Ruhe, nicht geänderte Bewegung sondern ungeänderte Bewegung erfahre.Wie kommt es zu dieser Umkehrung? Sind beide Kinästhesen zu einer einheitlich vermöglich beherrschten Kinästhese geworden, so erfahre ich Ruhe; dasselbe Objekt ist dentsich da, wenn ich kinästhetisch durchlaufend und die zugehörigen Erscheinungsweisen in Mitfolge bei Wiederholung des gleichen kinästhetischen Verlaufes immer wieder das Gleiche erfahre, das ich als dasselbe identifiziere.Erfahre ich in einer Kinästhese zweiter Stufe, in ihrer kinästhetischen Stillhaktng ein Objekt, so bewegt sich dasselbe scheinbar, wenn ich diese Kinästhese ändere; wenn ich aber immer wieder in die alte Lage zurückkehre und das Objekt an seiner alten Stelle im okularen Feld finde, so ist es dasselbe an demselben „Ort“. Im neuen Sinn, der okularen Ort ist jetzt dank der weiteren Vermöglichkeit mit einem zweiten Ortindexausgestattet, oder das identische Objekt hat sein Da aus der doppelten Vermöglichkeit der Kinästhesen, von denen die eine für die andere fundierend ist.

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Oder, halte ich wahrnehmend K1 still, do habe ich freilich die vermöglichkeiten bezw. das Vermögen, abwandeln von okulomotion; es laufen dann die Perspektiven der Objekte des Wahrnehmungsfeldes so ab, dass ich „eigentlich“ nur ein okulares Wahrnehmungsfeld in“ wirklicher“ Wahrnehmung habe, und somit eigentlich sehend ein okulares Objektfeld in einem okularem Raum habe. Aber alles gesehene Einzelne und als ganzes Objektfeld hat einen apperzeptiven Index vermöglicher Abwandlung, und er betrifft alles hinsichtlich des Ortes, des Raumes. Aber in welcher Weise? Wie greift die Variation der Kinästhese, die Identifizierung jedes Objekts erhaltend und fortführend ein, und wie in der Art, dass dabei der Ort betroffen wird?Eine neue K1, deren Variation die durch okulomotion verlaufenden Perspektivierungen und Identifizierungen bloß begleitet, ohne an ihnen etwas zu ändern, wäre zu den Objekten, zum ganzen wahrgenommenen Objektfeld (als visuell reduziertem) so beziehungslos, wie etwa eine Bewegung meiner Füße unter dem Tisch jetzt für mein visuelles Wahrnehmungsfeld.Indem aber die neue K1 in ihrer Variationen (oder Stillhaltung der Variation) auf das ganze okulomotorische Wahrnehmungsfeld Einfluss hat. – die bei beliebigem Tempo und Stillhalten der perspektivierenden und identifiierenden Leistung des okularen Feldes nur wieder herstellen bezw. Änderungen darstellen, die sich als neue Dimension der fortgehenden okularen Leistung darstellen -, kann dies in nichts anderes bestehen als darin, dass in diesem Veränderungen eintreten, die an und für sich betrachtet eben Veränderung der Objekte ergeben, Veränderungen, in denen also Identifizierung der Objekte fortgesetzt statthat und haben muss, im entsprechenden Wandel der Perspektivierungen so verlaufend, dass kontinuiuerlich das perspektivierte als Identisches erfahren bleibt.Alle Möglichkeiten für perspektivische Abwandlungen, welche Identität des Objekts durchhalten, sind im okularen Feld selbst vorgezeichnet und zwar so, dass sie alle gebunden sind an die Form des okularen Feldes als okularen Ortsfeldes. In der Form Ruhe und Bewegung muss alle sonstige Veränderung verlaufen. Was immer durch eine neue Kinästhese zu leisten ist, wenn ihr Eingreifen Identität der Objekte, des wahrnehmungsmäßigen Objektsfeldes ermöglichen soll, so muss dieses Eingreifen sich zeigen als eine Veränderung der Bewegungszutande der identischen Objekte; was vordem als Ruhe erfahren war, muss nun als Bewegung; was als gewisse Bewegung erfahren war, muss nun als eine geänderte Bewegung erfahren sein.Aber keineswegs darf das gelten für jedes Objekt unbekümmert um das andere. Denn die neue Kinästhese sich kombinierend mit der alten soll durch Abwandlungen, die es in der gesamten sich einheitlich perspektivierenden Objektwelt der Okulomotion beding sein, und es soll nicht eine wirklich geänderte Welt durch die kombinierte Kinästhese konstituiert sein, sondern es soll etwas in beliebiger Wiederzurückkehrung in die alte kinästhetische Gesamtsituation, darin die alte K1-Situation im Teilsystem K0 (der Okulomotion) als fortdauernde Ruhe und Unveränderung erfahren ist, in K0 eben vermöge der Vermöglichkeit im Gesamtsystem diese Unveränderung wiederherzustellen als Ruhe überhaupt gelten. So auch für jede Äderung entsprechend. Was seine Identität im okularen Feld als Bewegung erhält, gilt nicht mehr als Bewegung, wenn es durch das Eingreifen von K1 erzeugte Bewegung ist, die nach Belieben immer wieder verschwindet, wenn de K1 zum Stillstand gebracht wird, und zudem je nach der Weise dieses Eingreifens (z. B. schnelleres oder langsameres Ablauflassen) vertraute Weisen verschiedener vermöglicher Veränderungen ergibt (schneller, langsamer), die beliebig erzeugbar in vertrautem Stile alle durch Stillhalten wieder zurückführen in fortdauernde Ruhe im nun allein frei beweglichen Verlauf der Okulomotiontn.Nun haben wir so getan, als ob hier eine genetische Aufeinanderfolge vorläge, als ob zuerst ein rein okulomotorisches Objekt- und Raumfeld konstituiert wäre und dann durch eine nachfolgende, wie vom Himmel gefallene zweite Kinästhese eine abgewandelte Objektivierung, durch die in höherer Stufe eine einzige Welt, ein einziger Raum konstituiert würde, während anderseits aus dem okulomotorischen Raum eine bloße Erscheinungsform des wirklichen geworden ist, aus den okulomotorischen Dingen, Objekten, Bewegungen, Veränderungen oder okulomotorischen Welt Erscheinungswesen, bezogen auf die neue Kinästhese in deren vermöglichen Abläufen sie intentionale Einheit konstituieren.

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In Wahrheit haben wir in der konkreten Erfahrung, und so auch in jeder visuellen Reduktion derselben, eine Wahrnehmungsobjektivität, das jeweilige visuelle Objektfeld in der Einheit der visuellen Erfahrung, und diese bezogen auf eine universale, einheitliche Kinästhese, die aber sich gliedert in geschlossene Partalkinästhesen, die okulomotorische usw. -, aber es gilt da vorischtig zu sein.Was ich da „okulomotorisches Feld“ nannte und ausschliesslich auf Augenbewegungen bezogen dachte, ist doch ein Objektfeld mit einem „zwidimensionalen Raum“, das ebenso gut durch Stillhalten des Auges (die Zweiaugigkeit mit Konvergenz, Relief ist ja ausgeschlossen) und durch Kopfbewegungen und bei Steifhalten des Kopfes durch Oberkörpersbewegung usw. konstituiert sein könnte. Was ich doch auch schon in früheren Zeiten überlegt hatte. Objektiv gesprochen, bewegt sich räumlich mein Auge in allen diesen kinästhetischen Bewegungsweisen und leistet in allen dasselbe, d.h. es kommt allein auf das Empfindungsfeld an, und was dazugehört, insbesondere das „Durchscheinen“, Antizipation von Optima, und auf eine, wie immer aus der Totalkinästhese herauszuabstrahieerende Kinästhese, die die zweidimensionale Perspektivierung zustande bringt: die das ist was ich als „okulomotorischen Raum“ und ebensolches Objektfeld beschrieb. Aber nun ist die Frage, wie man die Verständigung der Raumkonstitution aus ihren Geltungsstrukturen systematisch durchführen soll.Ich sprach immer von Totalkinästhese und Sonderkinästese. Inwiefern sind die Kinästhesen eine Totalität? Bilden die Kinästhesen Daten, in verwandter Art seiend wie die hyletischen Daten, ein eigenes kinästhetisches Feld und so in der immanenten Zeitlichkeit kontinuierlich dauernd eine verschmolzene Koexistenz?Wir unterschieden die Kinästhesen des Auges, des Kopfes, der Hand usw. Sie sind in der Tat in sich artmäßig unterschieden, Allerdings die Kinästhese des einen und des andere Auges sind doch in der funktionellen Verschmelzung auch inhaltlich so verschmolzen, dass wir sie kaum auseinanderhalten können – obschon doch auch können.Was freilich Sache der „kinästhetischen Daten“ wäre und dabei unabtrennbar wäre von der „Funktion“, vom „Ichlichen“, was anderseits Sache ist der sich mitwandelnden Taktualität, die wie wir von außen her wissen, zwei aufeinander liegende empfindliche Flächen“ angeht, während wir normaler Weise im kinästhetischen verlauf hierin keine Doppelheit abgehoben haben. Das muss erst zur Abhebung gebracht werden. Das ist jederzeit möglich. Wir unterscheiden diese Begleitung und die Kinästhesen, Die Begleitung der beiden Augen sind gleich und doch unterschieden, die paaren sich, aber sie bilden nicht ein Feld und sind nicht Abgehobenheiten innerhalb eines Feldes (so wie Paare von gleichen visuellen Daten in visuellem Feld)Was ist nun die Eigenheit der Kinästhese? Jede besondere Kinästhese, z. B. die Augenkinästhese ist – immanent zeitlich betrachtet – ein Punktuelles, aber stetig prozesshaft sich verändernd oder unverändert fortdauernd, Zwei aufeinanderfolgende kinästhetische Situationen als Differenzen der kinästhetischen „Empfindung“ können nicht verschmolzen sein, sie sind simultan undenkbar. Simultan können nur die hyletischen Begleitungen sein; was in einem hyletischen Prozess nacheinander auftritt, kann auch simultan sein.Man wird wohl sagen dürfen, die Grundlage für die Leibkonstitution ist 1.) die feste assoziative Parallelität jedes kinästhetischen Verlaufsystems mit einem zugehörigen taktuellen Feld; 2.) alle taktile Felder unterstehen der vereinheitlichenden Verschmelzungsassoziation. „Feld“ im prägnanten Sinne ist durchlaufbare, „kontinuierliche“ Einheit, also der fungierenden Kinästhese verdankt. Das Ganze der Taktualität ist eine verbundene Mehrheit der Verschmelzung; dabei wie es scheint, die Struktur: 1.) die durchlaufbare und im leiblichen Vermögen vierfältigen Durchlaufens schon als das konstituierte Einheit der taktuellen Kinästhese, welche für die Konstitution der Leibesoberfläche grundlegend ist; 2.) die kinästhtetischen bezw. die taktuellen Gebiete der „Innerlichkeit“, die mit Teilsphären der oberflächlichen Taktualität so assoziiert sind, nämlich vermöge von kinästhetischen Wandlungen speziell dieser Teile, mit welchen dann mitgehen Änderungen der „inneren“ Empfindungen.

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So ist ferner zu bemerken, dass wir von einer bevorzugten Lage aus in jeder Kinästhese verschiedene Richtungen der kinästhetischen Abwandlungen haben; geordnet, durch Übung beherrscht ist ein cyclisches Richtungssystem, und in jeder Richtung liegen dann geordnet, linear, die Kinästhese derselben Richtung.Was sind nun diese Kinästhese in sich selbst, und wie verhalten sie sich zu den dirigierenden Akten des Ich, das sich in ihrem Verlauf durch sie hindurch richtet? Ist diese Rede von Akten, die sie Kinästhesen dirigieren nicht schon vorweg irreführend? Akte sind doch etwas für sich und machen sich mit den Kinästhesen zu schaffen. Es mögen noch so komplexe hyletische Datenverläufe mitverlaufen, was mitverläuft, ist nicht der kinästhetische Verlauf in sich, und selbst ist nicht ein Gehalt von Daten, die nach Art hyletischer Daten sozusagen völlig ich-frei wären, verlaufen und hinterher auch vom Ich in Bewegung gesetzt in der Bewegung modifiziert werden. Jedes solche In-Bewegung-Setzten wäre selbst ein kinästhetischer Verlauf, der solche Daten nur dadurch etwas angehen könnte, dass dieser Mitläufer ist, wie bei den visuellen Daten oder den taktuellen oder anderen. Jede Tätigkeit ist im Urmodus eben ein urmodales „ich bin gerichtet“ auf Einheit der Veränderung oder Unveränderung, und dieses Gerichtsein ist selbst Einheit des Ichverlaufs.Aber wie bei Mitlaufendem, auf das ich nicht gerichtet bin, wie bei dem Auge und dem zur Augenewegung Selbstgehörigen und dem visuellen Feldes? Was macht die besondere Einheit aus gegenüber der allgemeinen Koexistenz der Zeitigung Bilden sich erst besondere Assoziationen gewohnheitsmäßiger Zusammengehörigkeit? Im Mitgehen das Mitgehende ein Stetiges, im Wandel in Verschmelzung. Was das visuelle hyletische Feld anbelangt, so ist auch die Einheit der Verschmelzung, aber in den wechselnden besonderen Weisen, Unterbrechen der Kontinuität in Schichten der Qualität etc. eine Geschiedenheit, die späterhin in der Entwicklung der Apperzeption verstanden werden als Veränderungen, in jeder Phase ein Momentanfeld mit inneren Unterscheidungen – Beziehung auf ein Ruhe-Feld, und das ist ja seinerseits eine Verschmelzung in der Simultanität, die gebrochen ist in der oder jener „Schichte“ auf dem Untergrunde eines allgemeinen, durch das das Feld immer noch eine Verschmelzungseinheit, eben nur in der Unterschichte bleibt. Ebenso noch einmal in der Succession.Bei der Augenbewegung bei normalem Stand der inneren Berührungen fehlt es an inneren Brüchen der Verschmelzung; es fehlt in jeder Ruhelage an inneren Abhebungen; treten solche anomaler Weise an, so affizieren sie alsbald in ihrer Sonderheit, und das vordem unbeachtete Feld wird zu einem Feld. Worin sich im tastenden Tun Gegenständlichkeit konstituiert; das Auge fungiert nicht sehend, sondern tastend.Abhebung affiziert, und indem sie es tut, ist das Ich in gewisser Weise auf das ganze Feld bezogen; das Kontrastierende kontrastiert ja gegenüber seinem Hintergrund.

Kinästhese. Wo liegen die Hauptschwierigkeiten? Kinästesen verlaufen und ich bin nicht darin aufmerkend durch sie hindurch beschäftigt mit irgendetwas. Ja gewiss. Kinästhesen scheinen also passiv zu verlaufen, ganz so wie hyletischen Daten des visuellen oder sonstigen Empfindngsfeldes ablaufen. Für gewisse Fälle ist die Frage, ob nicht ein solcher Verlauf nur in sekundärer Passivität modifizierter Verlauf ist. Unwillkürlich bewege ich die Beinkinästhese, ich bewegen den Fuß; die Lage, die ich habe, ermüdet mich, oder ein Reiz, ein Insektenstich bestimmt mich, die Bewegung zu vollziehen, eventuell eine ganze Gruppe von Gliedern einheitlich zu bewegen usw. Aber ist die Rede von „ich bewege“, ich weiche dem Stich in der Bewegung aus etc., nicht ganz anders zu verstehen wie hinsichtlich einer beweglichen Empfindungswandlung, etwa bei einer über meinen nackten Fuß laufenden Fliege, die Rede: ich empfinde. Ist die Kinästhese nicht auch ichlich? Aber was sagt dann diese Ichlichkeit? In ursprünglicher Aktivität bin ich urmodal als waches Ich gerichtet und tätig in einer Tätigkeitsrichtung auf Abwehr etc.; ist das „unwach“ tätigsein, Abwehr üben ein Nachmodus und wirklich ein Modus des ichlichen Verhaltens?

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Ein Reiz löst im Hintergrund ein Hintergrund-fiat aus und einen tuenden Prozess? Das mag in Klassen von Fällen angehen. Als entwickelte Ich kann ich ohne eine primär aufmerkende zu unterbrechen altgewohnte Nebentätigkeit vollziehen, meine Pfeife rauchen, de ausgegangene hinlegen, fortdenkend das niederschreiben und schreibend denken, unterbrochen und dann wieder in das Schreiben einmünden.Aber wie steht es mit der Reflex-Bewegung in ihrer Unwillkürlichkeit? Spielen solche eine beständige Rolle, sogar kontinuierlich, wie die Atembewegungen? In den letzteren haben wir kinästhetische Verläufe, die offenbar ohne eine besondere Einübung der Willkür gehorchen; und das führt mich wieder zurück auf meine versuchte „Erweiterung“ der Kinästhesen, der „kinästhetischen Erlebnissen“, den ganzen Umkreis der Erlebnisveränderung, die unmittelbar aktivierbar sind, wie die relativ dunklen Anschauungen, die von selbstklar werden können aber auch die Gestalt aktiver Klärungsprozesse annehmen können, während allerdings vom Herabsinken in die Unklarheit nicht dasselbe gesagt werden kann. So kann ich auch, wenn eine Wahrnehmung aufgehört hat, den Prozess des Versinkens und in die Retention nicht aufhalten. „Aktivierbare Bewegungen“, Verläufe können aktiv oder von selbst eintreten. Reflexionsbewegungsverläufe, als kinästhetische, treten bei den entsprechenden Reize von selbst auf, oder- ohne diese Reize – von mir insceniert.Die Kinästhesen haben ihre eigenen Gradualitäten, z. B. das Heben des ganzen Armes aufwärts, den Charakter des „Überwindend der Schwere“, des Bewegens unter Widerstand in einer wechselnden Gradualität; damit in eins die Übergänge der verschiedenen Richtungen, die Lagenunterschiede, die Unterschiede des Tempo, Langsamkeit, Schnelligkeit.Damit können nun vergemenschaftet sein Empfindungen der aufliegenden Glieder; damit die gleichbleibenden und in der Zuwendung zu den Kinästhesen selbst unbeachtet bleibenden, jedenfalls aber unterschieden bleibenden, eventuell sich mehr oder minder abhebenden, aber nicht als „Reize“ für die Bewegungsverläufe fungierenden Empfindungen.Was ist nun die besondere Affinität dieser kinästhetischen Prozesse zu dem Ich in seiner Aktivität? Eine Frage, die sich verallgemeinert. Im strömenden Gang des immanenten Lebens mit seinen sich abhebenden „Erlebnissen“, in der immanenten Zeit als Unveränderung oder Veränderung auftretend scheidet sich das aktiv verlaufende und das passiv verlaufende, d. i. Inaktive. Aber auf der letzteren Seite das unmittelbar Aktivierbare und das dadurch Aktivierbare, in eins also das aktivierbare Geschehen von dem nichtaktivierbaren. Aktivität setzt immer schon Passivität, und schließlich eine letzte Passivität als Boden, als Geltung voraus. Aber ist „Ich“ etwas neben seinen konkreten Akten in der Konkretion des Lebens, und ist konkreter Akt anders denkbar denn als ein Verlauf, in dem etwas tätig abläuft, was untätig auch von selbst ablaufen könnte, und letztlich ein Kern, der unmittelbar tätig zum Ablauf kommt, der eben unmittelbar aktivierbar ist. Aber dies ist eine Uneigenheit: es kann nicht etwas einmal unmittelbar aktivierbar sein und das andere Mal nicht. Sowie das Ich wach ist, also aktiv ist, ist es immer schon in Aktivierungen, ist aktiv und in erster Linie in unmittelbar aktiven Verläufen. Das wird nicht ausgeschlossen, das simultan aucg Reflexbewegungen verlaufen. Aber sind nicht auch sie ichlich? „Inaktiv“ wohl, aber doch anders als andere Verläufe derart wie die visuellen Daten, die mitverlaufen oder einbrechen und dann mitverlaufen.

[63 a] Kinästhesen sollen den Ichhlichkeit zurechnen? Heißt das nicht, die kinästhetischen Prozesse ohne weiteres paralleisieren mit Prozessen des Klärens von wiedererinnerungen, Prozessen der Intentionalität, die identifizierend auf ein Telos des „es selbst“ hinleiten?Kinästhetisch verlaufende Wahrnehmungen allerdings, die z. B. von einem Aspekt durch Aspektwandlung hindurch auf die Sache selbst in ihrer optimalen Erscheinungsweise hinleiten. Aber können wir die Kinästhesen für sich nehmen, eben als einen Prozess für sich?Und kann ich ein hyletisches Datum wie ein Farbendatum auch für sich nehmen, das auch ohne Kinästhese vorkommt und verlaufen könnte und nur zufällig mit ihr zusammenhängt? Das scheint im Tongebietes noch ohne weiteres möglich zu sein. Mich auf ein Farbendatum hinwenden –

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alsbald es fixieren, also accomodierend und es in sich als optimale Erscheinungsweise erfahrend, wie vordem als Fernerscheinung. Aber ein Ton an und für sich gibt sich zwar auch perspektiviert, aber doch in sehr roher Weise, dass ich in dem normalen Nahgebiet nicht die Tonmannigfaltigkeit in einer Einheit der Perspektivierung immerzu gegeben habe und derart, dass ich mich auf die einzelnen Töne als bald accomodieren muss. Aber immerhin praktisch abwandeln und in Perspektivierungen eigener Sphäre bringen kann ich ihn durch entsprechende Kinästhesen. Alle hyletische Praxis ist notwendig kinästhetisch erfolgende, erst durch sie habe ich Intentionalität, habe ich Wahrnehmung von Gegenständen, hyletischen Gegenständen, sofern sie Gebilde kinästhetischer Wandlungen und Identifizierungen unter Erscheinungsbildung sind. Aber freilich, die kinästhetische Wandlung bei den perspektivierten Tönen führt nicht kontinuierlich immerzu mit sich Ton-erscheinungswandlung, die totale Wandlung der Hyle ist eine grobe gegenüber der so viel feineren der Kinästhese, welche bewusstseinmäßig fein differenziert sind. Weckt dann aber tonale Veränderung, wecken tonale abgehobene Daten auftretend und in ihrer Weise fortdauernd und miteinander wie immer verlaufend in sich alsbald Kinästhesen, abgestimmt auf ihren Wandel? In ihm sind sie doch schon Einheiten und sind identifizierber, auch wo eine Modifikation der Nähe und Ferne nicht merklich wird; also nicht affizierend speziell zugehörige Kinästhesen. Wecken sie dann überhaupt Kinästhesen? Soll man sagen, das wache Ich ist praktisch, und zu seinem konkreten Leben gehört eben als Strukturform, dass es praktisches Leben ist, dass es ständig eine Struktur des Strömens mit darin passiv sich konstituierenden Wandlungen, die wesensmäßig affektiv sind, d.h. das sich darin Wandelnde affiziert; und Affektion setzt sich um immerfort in Ichmodis des Tuns, worin aber das willentliche, im besonderen Sinne aktive Gerichtetsein auf ein besonderes ein besonderer, und sich in immer neuen Stufen entwickelnder Modus ist. Wir hätten also die intentionale Struktur des Bewusstseinslebens und diese immerfort zurückbezogen auf eine kinästhetisch verlaufende Grundstruktur, die als Raumgegenständluchkeit gebende Wahrnehmung sich ausbildet, und eine Struktur der Weckung und vermöglichen Wiederholung als Wiedererinnerung und anderseits die Ausbildung von Miterinnerungen und Vorerinnerungen – in eins mit der Vermöglichkeit, durch kinästhetische Energieabwandlung als Stoss, als Zug etc. handelnd einzugreifen in die „seiende Welt“; sekundäres Eingreifen der Handlung, neue Stufe des Handelns, das Handeln des überlegenden Denkens, Entwurf der entfernten Möglichkeiten; das Handeln in die Ferne hin, unmittelbar in die Gegenwart, aber auf die oder jene entworfenen Horizonte des Seienden oder des praktisch Möglich abzielend; höheren Stufen, sich über sein eigenes handelndes Leben stellen mit allen seinen Akten, seinen Seinsvorstellungen, seinen Akten der Praxis jeder Art, seinen praktischen Zielvorstellungen etc.; sein künftigen Handeln von der Gegenwart her regeln, nicht nur, wie es bei Fernzielen oft der Fall ist, das künftige Wege noch unbestimmt bleiben, als bestimmte Spielräume von Möglichkeiten, in der Gewissheit, eine dem Endziel entsprechende Wahl treffen zu können, -sondern das gesamte Leben überschauen und sich fragen, wie es eine Formstruktur seiner gesamten Praxis erfahren soll, eine vorzeichnende Form für alle Ziele, gemäß einem Ziel, das Form ist für alle Ziele, diese seine Besonderungen, seine Etappen, - sich selbst als Subjekt, als Zentrum von Aktivitäten zum praktischen Thema machen: Subjekt als „Gegenstand“.[64 b] Handeln im Mitsein von Andern; Andere als Objekte des Handelns; Andere aber auch als Subjekte, die Mitsubjekte des Handelns sind. Intentionaler Aufbau der Welt. Konstitution der subjektivierten Natur; die Konstitution der Personen, mitseiend und mitaktive, mitkonstituierend, Mitsubjekt für alles als Welt Seiende, aber auch Mitsubjekte für allen Handeln.Die letzten transzendentalen Strukturen, die also in aller Genesis vorausgesetzt sind, sind also nicht selbst einer Genesis unterlegen. Die immanente Stromzeitigung: die Zeitigung originaler Erlebnisse, präsenter, nicht reproduzierender, Nichtpräsentes in Modifikation bewusst machend; also Ausschluss von Erinnerungen und damit Ausschluss aller Apperzeptionen. Also was vor der Genesis von bleibendem Sein liegt und Seinhorizonten; die hyletischen Felder, die hyletische Affektion; die zum Feld der Urpräsenz gehörige Ichlichkeit; Affektion und Kinästhese; das „Instinktive“ in der Kinästhese; jedes Sinnesfeld als Feld von Abhebungen, affiziernd löst aus seine

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Kinästhesen; diese zunächst unbeherrscht; aber doch so, dass sie alle „Bilder“ auf das Zentrum zurückleitet und dadurch immer vollkommenere Erscheinungsstruktur konstituiert und zwar als durch Kinästhesen erreichbar, erreichbar in der Herrschaft: von jeder Erscheinung aus geradehin erreichbar, ohne weiteres in gerader Steigerung. Das ist Sache der Herrschaft. Dagegen ist Kinästhese von vornherein ein ichlicher Modus, ein fließendes Bewegen des Ich der hyletischen Daten, ein sich in Änderungsreihen bringen.[65 a] Aber wie ist es mit dem rein Ichlichen? Mit dem identischen Ich der Affektion, der Akte, der Gefühle? Das Bewusstseinsleben, das unreflektierte, das aber schon die Potentialität der Reflexion in sich trägt; universale Aktivität und potentielle Aktivität; die konkrete Subjektivität: die aus der strömenden Gegenwart in der ständigen passiven Zeitigung (in Ständigkeit der Weckung der Versunkenheiten, der Assoziationen) und in der Ständigkeit der Affektivität und Aktivität (des spezifisch strebenden, tätigen, von Motivation geleiteten) sich konstituierende universale Subjektivität; mein universales Ego und in seiner Konkretion das mir eigene (primoridale) ontische. Dieses konkrete Ego als identisches in seiner strömenden Zeitlichkeit (in seinen Zeitmodalitäten); dieselbe Welt für mich – dasselbe Ich. Was ist das letztere für eine Identität? Ist Konstitution nicht vieldeutig? Ist dieses Ich konkret seiend und seiend als Ich seiner primordialen Welt? Ist das schon „Ich“? Ist es nicht so, dass erst durch das Transcendieren dieser Subjektivität in den nicht-erinernden Vergegenwärtigungen, denen der Einfühlung, das „Ich mit den Anderen“ zustande kommt, Ich und andere als seiend?

Kinästhese (Schwierigkeiten, steckengeblieben, Juni 1932)Jede Wiedererinnerung, die ich zur Klarheit bringe, versinke, ich kann das Zur-Klarheit-Bringen wiederholen; ich kann das Interesse auf den Prozess richten. Als Prozess ihn wieder erzeugen wollen; anstatt auf das Ergebnis kommt auf den Prozess an; eine Kinästhese, durch die ich auf ein hyletisches Geschehen hinauswill, kann ich wiederholen als Prozess; ich kann den Prozess einer Bewegung wiederholen, den Prozess meines Bewegens, ich kann dabei auf die Kinästhese allein achten und das kinästhetische Geschehen verwirklichen wollen.Was ist das für eine Umlagerung des Interesses. Das Wiederholen in derselben Richtung und das wiederholend auf den Prozess selbst sein Interesse gerichtet haben und dann im Fall des kinästhetischen Tuns auf die pure Kinästhese?Kann eine Kinästhese überhaupt für sich sein, verlaufen ohne „Begleitung“? Ist diese etwas Zufälliges? Ist es nicht so: wir haben die mannigfaltigen Hylen in ihren Verschmelzungseinheiten die Felder heißen, darin die eventuellen Abhebungen, affektiv auf den identischen Ichpol bezogen; das Ich als aktives derart, dass sie (die Felderabgehobenheiten) die Aktivität wecken, welche eben zu je diesem Feld gehört, zu je diesen Daten. Aber nicht jedes Datum ist für sich affektif; Daten sind mehrheitlich einig und eigentlich affiziert das Feld als ganzes, sofern die mehrheitlich verbundenen Daten das Feld aufteilen. Aber die Bewegung ist doch nicht ziellos. Und sind die hyletische Daten am ende die Ziele, die hyletische Wandlungen die Zielen?Ich gebrauche alle Kinästhesen und kann Stillhaltungen verschiedener Sonderkinästhesen vollziehen. Die Sonderkinästhesen sind Teilsysteme, die in sich geschlossen sind; in Sonderheit eingeübt, was wohl darauf zurückweist, dass hier ursprünglich Gründe vorliegen, die es machen, dass bestimmte kinästhetische Gruppen genetisch zunächst außer Spiel bleiben. Z.B. dass das leigende Wickelkind bei Lichtreizen zuerst Augenbewegungen vollzieht, dass also kinästhetische Gruppen bevorzugt sind, darin dass in ihnen Kinästhetsen ablaufen (Warum gerade so und nicht anders, immer kontinuierlich, aber nicht beherrscht? Kann man sagen, es besteht eine ursprüngliche „Assoziation“ zwischen diesen Kinästhesen und den Lichtreizen, so verstanden, dass die Lichtreize die Kinästhesen erregen? Oder: das Ich ist ursprünglich praktisch; in der Wachheit sind immer ursprünglich zusammen hyletische Daten und kinästhetische „Daren“?)Kinästhetisches Feld? Begriff eines kinästhetischen Feldes; das kinästhetische System ist das der kinästhetischen Änderungsmöglichkeiten. Aber Kinästhese des Auges, des Kopfes etc. sind aber

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von einander verschieden, verschieden so, dass nicht eine in die andere übergehen kann; die Augenkinästhese kann sich innerhalb ihrer Artung verändern und bildet ein Änderungssystem; und so jede Art von Kinästhese für sich.Das Auge als Tastorgan? Die innere Augenhöhle, gleichmäßig glatte Schleimhaut, das kann keine räumliche Erscheinung geben, nicht etwa ursprünglich eine gleichmäßig glatte Fläche. Es ist kontinuierlich zweiseitig, in sich völlig ungeschiedene Kontinuität, verläuft bis an eine Grenze, dann Umkehr, ursprünglich tendenziös verlaufend, jeder Verlauf verschieden sich abspielend; Wiederholung wird zur Antizipation des schon Bekannten in seiner Unterschiedenheit; es wird ja nach den sonstigen Umständen immer neue Bewegung bevorzugt, usw. Jede Kinästhese hat ihre zweite hyletische Schicht; jede ihre Extreme. Qualitativ nach beiden Seiten, oder in der ungeschiedenen Doppelseitigkeit. Getrennt von jeder anderen.Wie kommen die Kinästhesen dazu, leiblich lokalisiert zu werden? Können die visuell fungierenden Kinästhesen genau so wie die Kinästhesen der Hand objektiviert werden? Ist schon konstituiert die Hand als Perspektiviertes, als Raumobjekt, so ist die praktische Kinästhese, durch die ich die Hand bewege, immerzu mit der Hand assoziiert, also psychophysisch lokalisiert. So kommt indirekt durch apperzeptive Übertragung und durch tastende Apperzeption des Auge die okulomotorische Kinästhese dazu, körperlich im „Auge“ lokalisiert zu werden.Nachher ist sie lokalisiert in den Augenkapseln und in deren Kontraktion etc.

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