cyaninfarbstoffe durch [2+2]-photocycloaddition

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Cyaninfarbstoffe durch [2+2]-Photocycloaddition substituierter 4-Dimethylamino-^-halogenstilbene Cyanine Dyes with [2+2]-Photocycloaddition of Substituted 4-Dimethylamino-a-halogenostilbenes M. Pulst*, M. Weißenfels und F. Dietz Sektion Chemie der Karl-Marx-Universität, Talstraße 35, DDR-7010 Leipzig Z. Naturforsch. 40b, 585-589 (1985); eingegangen am 30. Dezember 1984 Vilsmeier-Haack-Arnold Reaction, /?-4-Dimethylamino-desoxybenzoins, Substituted 4-Dimethylamino-a-halogenostilbenes, [2+2]-Photocycloaddition, Cyanine Dyes The results of the Vilsmeier-Haack-Arnold-reaction with /3-4-Dimethylamino-desoxybenzoins are not the expected chloro-formyl-stilbene derivatives but 4-dimethylamino-a-chloro-stilbenes. These compounds undergo a [2+2]photocycloaddition reaction in solid state or fixed on a cellu- lose matrix yielding unstable substituted dichlorotetraphenyl-cyclobutane derivatives, which spontaneously eliminate two molecules of HCl in a following thermal reaction. In this way coloured species cyanine dyes with a bridged polymethine chain are formed. Einleitung Die Photochemie der Stilbene ist durch drei ver- schiedene Typen von Reaktionen charakterisiert: a) frans-c/s-Isomerisierung [1, 2]; b) Photocyclisierung in verdünnter Lösung unter Bildung von Phenanthrenderivaten [3, 4]; c) [2+2]-Photocycloaddition in konzentrierter Lö- sung oder im Kristall unter Bildung von Cyclo- butanderivaten [5—7]. Die Cyclodimerisierung des Stilbens unter Bildung von 1,2,3,4-Tetraphenyl-cyclobutan ist eine klassi- sche Reaktion der Photochemie [8, 9], Sie wurde bis heute mit einer Vielzahl substituierter Stilbene und verwandter Verbindungen realisiert [10]. Die Reak- tion verläuft in der Mehrzahl der Fälle nach einem Synchronmechanismus und gehorcht den Wood- ward-Hoffmann-Regeln (jr2 s +jr2 s -Reaktion). Als Endprodukt der Reaktion werden stabile Cyclo- butanderivate gebildet, aus deren Struktur deutlich wird, daß nur das rrarcs-Stilben photochemisch cyclo- dimerisiert [6]. Die Reaktion gelingt in unpolaren (Benzen, Cyclohexan) und polaren Lösungsmitteln (Alkohole) sowie in fester Phase. Für die Reaktion im Kristall haben Konfiguration, Konformation und die Molekülpackung einen entscheidenden Einfluß [11, 12]. Nur bei einer optimalen gegenseitigen An- ordnung der Moleküle („face to face") und einem Abstand < etwa 400 pm zwischen den Doppelbin- * Sonderdruckanforderungen an Dr. M. Pulst. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0340—5087/85/0500—0585/$ 01.00/0 düngen benachbarter Moleküle kommt es offenbar zu einer effektiven Wechselwirkung, die zu einer Produktbildung führt. Während die in den Phenyl - resten substituierten Stilbene sehr ausführlich unter- sucht sind, gibt es bisher nur sehr wenig Beispiele für die Photocyclodimerisierung a-substituierter Stil- bene. a-Cyano-stilben (2,3-Diphenyl-acrylnitril) bil- det bei Bestrahlung in ethanolischer Lösung neben Photodimeren (Kopf-Kopf-Addukt oder Kopf- Schwanz-Addukt bzw. beide Produkte) dimere 9-Cy- ano-phenanthrene, Folgeprodukte der Photocyclisie- rung des a-Cyano-stilben. In der vorliegenden Arbeit wird über die photo- chemische Cyclodimerisierung von 4-Dimethyl- amino-a-halogenstilbensalzen zu instabilen Cyclo- butanderivaten berichtet, die in einer thermischen Folgereaktion unter HX-Abspaltung tieffarbige Polymethinfarbstoffe (Cyanine) bilden [13]. Photocyclodimerisierung substituierter a-Halogenstilbene Im Rahmen unserer systematischen Untersuchung zur Vilsmeier-Reaktion [14] wurden das Desoxy- benzoin (1) und substituierte a- und /?-4-Dimethyl- amino-desoxybenzoine (2) und (3) dieser Reaktion unterworfen. Im Unterschied zum unsubstituierten Desoxybenzoin (1) und dem a-4-Dimethylamino- desoxybenzoin (2) erhält man ausgehend von ß-A- Dimethylamino-desoxybenzoin (3) nicht das erwar- tete „chlorformylierte" Produkt, sondern 4-Dime- thylamino-a-chlorstilben (4):

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Cyaninfarbstoffe durch [2+2]-Photocycloaddition substituierter 4-Dimethylamino-^-halogenstilbene

Cyanine Dyes with [2+2]-Photocycloaddition of Substituted 4-Dimethylamino-a-halogenostilbenes

M. Pulst*, M. Weißenfels und F. Dietz Sektion Chemie der Karl-Marx-Universität, Talstraße 35, DDR-7010 Leipzig

Z. Naturforsch. 40b, 585-589 (1985); eingegangen am 30. Dezember 1984

Vilsmeier-Haack-Arnold Reaction, /?-4-Dimethylamino-desoxybenzoins, Substituted 4-Dimethylamino-a-halogenostilbenes, [2+2]-Photocycloaddition, Cyanine Dyes

The results of the Vilsmeier-Haack-Arnold-reaction with /3-4-Dimethylamino-desoxybenzoins are not the expected chloro-formyl-stilbene derivatives but 4-dimethylamino-a-chloro-stilbenes. These compounds undergo a [2+2]photocycloaddition reaction in solid state or fixed on a cellu-lose matrix yielding unstable substituted dichlorotetraphenyl-cyclobutane derivatives, which spontaneously eliminate two molecules of HCl in a following thermal reaction. In this way coloured species — cyanine dyes with a bridged polymethine chain — are formed.

Einleitung

Die Photochemie der Stilbene ist durch drei ver-schiedene Typen von Reaktionen charakterisiert: a) frans-c/s-Isomerisierung [1, 2]; b) Photocyclisierung in verdünnter Lösung unter

Bildung von Phenanthrenderivaten [3, 4]; c) [2+2]-Photocycloaddition in konzentrierter Lö-

sung oder im Kristall unter Bildung von Cyclo-butanderivaten [5—7].

Die Cyclodimerisierung des Stilbens unter Bildung von 1,2,3,4-Tetraphenyl-cyclobutan ist eine klassi-sche Reaktion der Photochemie [8, 9], Sie wurde bis heute mit einer Vielzahl substituierter Stilbene und verwandter Verbindungen realisiert [10]. Die Reak-tion verläuft in der Mehrzahl der Fälle nach einem Synchronmechanismus und gehorcht den Wood-ward-Hoffmann-Regeln (jr2s+jr2s-Reaktion). Als Endprodukt der Reaktion werden stabile Cyclo-butanderivate gebildet, aus deren Struktur deutlich wird, daß nur das rrarcs-Stilben photochemisch cyclo-dimerisiert [6]. Die Reaktion gelingt in unpolaren (Benzen, Cyclohexan) und polaren Lösungsmitteln (Alkohole) sowie in fester Phase. Für die Reaktion im Kristall haben Konfiguration, Konformation und die Molekülpackung einen entscheidenden Einfluß [11, 12]. Nur bei einer optimalen gegenseitigen An-ordnung der Moleküle („face to face") und einem Abstand < etwa 400 pm zwischen den Doppelbin-

* Sonderdruckanforderungen an Dr. M. Pulst. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen 0340—5087/85/0500—0585/$ 01.00/0

düngen benachbarter Moleküle kommt es offenbar zu einer effektiven Wechselwirkung, die zu einer Produktbildung führt. Während die in den Phenyl -resten substituierten Stilbene sehr ausführlich unter-sucht sind, gibt es bisher nur sehr wenig Beispiele für die Photocyclodimerisierung a-substituierter Stil-bene. a-Cyano-stilben (2,3-Diphenyl-acrylnitril) bil-det bei Bestrahlung in ethanolischer Lösung neben Photodimeren (Kopf-Kopf-Addukt oder Kopf-Schwanz-Addukt bzw. beide Produkte) dimere 9-Cy-ano-phenanthrene, Folgeprodukte der Photocyclisie-rung des a-Cyano-stilben.

In der vorliegenden Arbeit wird über die photo-chemische Cyclodimerisierung von 4-Dimethyl-amino-a-halogenstilbensalzen zu instabilen Cyclo-butanderivaten berichtet, die in einer thermischen Folgereaktion unter HX-Abspaltung tieffarbige Polymethinfarbstoffe (Cyanine) bilden [13].

Photocyclodimerisierung substituierter a-Halogenstilbene

Im Rahmen unserer systematischen Untersuchung zur Vilsmeier-Reaktion [14] wurden das Desoxy-benzoin (1) und substituierte a- und /?-4-Dimethyl-amino-desoxybenzoine (2) und (3) dieser Reaktion unterworfen. Im Unterschied zum unsubstituierten Desoxybenzoin (1) und dem a-4-Dimethylamino-desoxybenzoin (2) erhält man ausgehend von ß-A-Dimethylamino-desoxybenzoin (3) nicht das erwar-tete „chlorformylierte" Produkt, sondern 4-Dime-thylamino-a-chlorstilben (4):

586 M. Pulst et al. • Cyaninfarbstoffe

(CH J , N

DMF, POCL

DMF, POCl,

Cl CHO

4

•(CH3)2N

CHO Cl

(CH,),N DMF, POX 3

:X = Cl. Br)

Die Umsetzung von 3 zu 6 bleibt in Anwesen-heit von DMF aus. Analog dem /3-4-Dimethylamino-desoxybenzoin (3) (3a: R = H) reagieren auch 4'-sub-stituierte /?-4-Dimethylamino-desoxybenzoine (3 b: R = Cl, 3c: R = OCH3).

Die Vilsmeier-Reaktion von /3-4-Dimethylamino-desoxybenzoin (3 a) mit DMF/POBr3 ergibt das 4-Di-methylamino-a-bromstilben (6d) [15] (Tab. I).

Von den basischen Verbindungen lassen sich sehr leicht gut kristallisierende Salze, z.B. Perchlorate, Bromide oder p-Toluolsulfonate, herstellen [16] (Tab. II). Diese Salze erwiesen sich bereits gegen-über Tageslicht als instabil, es kommt zu einer ober-flächlichen Blaufärbung. Durch Umkristallisieren aus Alkohol können die farblosen Salze in reiner Form erhalten werden. Die beobachtete Farbstoff-

Ver- R X Fp. (°C) Ausbeute Summenformel ^max (lg £) bindung (%) Elementaranalyse (nm)

6a H Cl 96 -98 61 C16H16C1N (257,8) 340 (4,35) CL 13,76/14,25

6b Cl CL 146 61 C16H15C12N (292,2) 348 (3,63) CL 24,26/23,10

6c CH3O CL 97 -99 19 C17H18ClNO (287,8) 336 (3,80) Cl 12,32/11,88

6d H Br 86 -88 39 C16H16BrN (302,2) 335 (4,47) Br 26,44/26,09

Tab. I. Substituierte 4-Dime-thylamino-a-halogen-stilbene.

Ver-bindung

R X Fp. (°C) Ausbeute (%)

Summenformel Amax (lg e) Halogengehalt (nm)

7a H CL 162 -166 65 C16H17C12N04 (358,3) 300 (4,98) 19,79/19,58

7b CL CL 170 -173 52 C16H16C13N04 (392,7) 305 (3,32) 27,09/28,00

7c CH3O Cl 168 -171 45 C17H19Cl2NO, (388,3) 322 (2,29) 18,26/18,96

7d H Br 142--145 42 C1 6H1 7BrClN04 (402,7) 301 (4,47) 28,61/28,12

Tab. II. Perchlorate der sub-stituierten 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbene.

587 M. Pulst et al. • Cyaninfarbstoffe

bildung legt die Vermutung nahe, daß die Salze der 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbene (7) im Kristall-verband eine photochemische Reaktion eingehen. Von den eingangs angeführten drei möglichen photochemischen Reaktionstypen der Stilbene kommt dafür nur die [2+2]-Photocycloaddition un-ter Bildung von Cyclobutanderivaten in Frage. Da-für müssen allerdings die Erfordernisse gegeben sein, die hinsichtlich der Molekülpackung im Kristall erfüllt sein müssen (s. oben). Diese Anforderungen sind beim unsubstituierten rrans-Stilben offenbar nicht erfüllt, es dimerisiert im kristallinen Zustand nicht [6], nur in konzentrierter Lösung. Die Kristall-struktur der 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbene

(6) bzw. deren Salze 7 ist bisher noch nicht bekannt, offenbar sind aber alle Bedingungen gegeben, die für die Photocyclodimerisierung hinsichtlich gegenseiti-ger Anordnung und Abstand der olefinischen Dop-pelbindungen benachbarter Moleküle gestellt sind.

Die Photocycloaddition unter Bildung gesättigter Cyclobutanderivate (8) erklärt allerdings nicht das Auftreten gefärbter Spezies. Diese werden offenbar erst in einer thermischen Folgereaktion aus den Di-halogencyclobutanderivaten durch Halogenwasser-stoff eliminierung gebildet, die entstehenden Struktu-ren gehören zur Klasse der Polymethinfarbstoffe, der Cyanine 10 [16]:

Verbindungen des Typs 10 mit unsubstituierten Phenylresten bzw. Tetraalkylcyclobutenyl-Kationen wurden in der Literatur bereits mehrfach beschrie-ben. Sie wurden durch eine thermische Reaktion aus 1,2-disubstituierten Alkinen, z. B. Tolan, mit starken Lewis-Säuren, z.B. NbCl5, als farbige Verbindungen erhalten [17, 18]. Die NMR-Spektren der Farbsalze wurden interpretiert und die Homoaromatizität der Cyclobutenyl-Kationen diskutiert [18]. Vom 1,2,3,4-Tetraphenyl-l-chlor-cyclobutenyl-Kation gibt es eine Röntgenstrukturanalyse [17]. Kürzlich [19] wurde eine Photocyclodimerisierung der Mono-Salze von

Azastilbenen bei Bestrahlung der Kristalle gefun-den. Im Falle asymmetrischer Azastilbensalze ent-steht ein Kopf-Schwanz-Addukt, aus dem durch die Base F~ zwei Wasserstoffatome als Protonen abge-spalten werden. Aus dem Intermediat wird unter Dehydrierung ein Cyaninfarbstoff-Kation gebildet: Durch einen Anionaustausch wurde das Farbstoff-perchlorat 11 erhalten, das eine längstwellige Ab-sorption bei Amax = 632 nm (lg £ = 5.08) hat.

Während die photochemische Cyclodimerisierung von 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbensalzen in Lö-sung nicht beobachtet werden kann, hat sie sich als

588 M. Pulst et al. • Cyaninfarbstoffe

v i

% C I O ?

11 besonders effektiv erwiesen, wenn diese Verbindun-gen als Lösungen in Methylenchlorid auf cellulose-haltiges Material, z.B. Filterpapier, aufgebracht werden und nach Verdampfen des Lösungsmittels bestrahlt werden. Bei dieser Versuchsdurchführung werden die Reaktivitätsunterschiede besonders deut-lich. Während ein mit 4-Dimethylamino-a-chlor-stil-benperchlorat (7 a) getränktes Filterpapier bereits nach 10 s eine intensive Blaufärbung zeigt, die sich bei längerandauernder Bestrahlung nicht wesentlich vertieft, erfordern das 4-Dimethylamino-4'-chlor-a-chlor-stilben-perchlorat (7 b), das 4-Dimethylamino-a-brom-stilbenperchlorat (7d) und insbesondere das 4-Dimethylamino-4'-methoxy-a-chlor-stilbenper-chlorat (7c) längere Bestrahlungszeiten. Nach länge-ren Bestrahlungszeiten, etwa nach 3 min, machen sich allerdings Zersetzungserscheinungen der Cyaninfarbstoffe bemerkbar. Die 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbenperchlorate werden offenbar an den Cellulosefasern des Filterpapiers in einer für die photochemische Dimerisierung optimalen Anord-nung adsorbiert. +M-Substituenten erschweren of-fensichtlich die Reaktion, während der a-Bromsub-stituent möglicherweise wegen des größeren van-der-Waals-Radius die Reaktion uneffektiver macht.

Untersuchungen zur Struktur der Photodimeren

Die ungewöhnliche thermische Folgereaktion, die sich an die photochemische Cyclodimerisierung der 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbensalze anschließt, wird durch die Struktur des Reaktionsproduktes wahrscheinlich gemacht. Durch die Besonderheiten der Darstellungsmethode bedingte Nebenreaktionen und Zersetzungen sowie die Filterwirkung des Kri-stalls und damit verbunden das Ausbleiben der photochemischen Reaktion im Kristallinnern bedin-gen einen unvollständigen Umsatz. Der Cyaninfarb-stoff konnte weder durch Umkristallisation noch durch präparative Dünnschichtchromatographie

vollständig rein erhalten werden. Die Aufarbeitung des Reaktionsproduktes erfolgte durch Extraktion mit Aceton oder Methylenchlorid und anschließende präparative Dünnschichtchromatographie an einer Celluloseschicht mit einem Aceton/n-Hexan-Ge-misch (3:2) als Laufmittel. Wegen des geringen Trenneffektes war der Farbstoff jedoch nicht analy-senrein zu erhalten.

Zur Aufklärung der Struktur des Reaktionspro-duktes dienten verschiedene Indizien.

Der Chlorgehalt wurde in Abhängigkeit von der Bestrahlungszeit mikroanalytisch verfolgt. 4-Dime-thylamino-a-chlor-stilbenperchlorat enthält 19,79% Chlor. Mit fortdauernder Bestrahlung sinkt der Chlorgehalt bei der Reaktion nach dem vorgeschla-genen Mechanismus bis zu einem Wert von 6,45% Chlor entsprechend dem berechneten Wert für das Cyaninfarbstoffperchlorat. Die mehrstündige Be-strahlung von mit 4-Dimethylamino-a-chlor-stilben-perchlorat präpariertem Fließpapier, das wiederholt extrahiert und wieder mit der Extraktionslösung prä-pariert wurde, um einen möglichst vollständigen Umsatz zu erreichen, ergab ein Reaktionsprodukt mit einem Chlorgehalt von 6,14%, der dem berech-neten (6,45%) nahe kommt.

Im Massenspektrum tritt ein Molekülpeak bei der Massenzahl 442/444 auf, der dem M+-Peak des Farb-stoff-Kations (444) entspricht. Im Spektrum sind außerdem Fragmentierungen zu beobachten, die nicht zugeordnet werden konnten.

Das Elektronenspektrum ist durch eine langwel-lige Absorption bei Amax = 640 nm (lg £ = 3,61) cha-rakterisiert. Der relativ niedrige Wert für den mola-ren Extinktionskoeffizienten deutet darauf hin, daß der Farbstoff verunreinigt ist. Die Absorption ist durch die Überbrückung gegenüber der Absorp-tionswellenlänge des nichtüberbrückten Farbstoffs hypsochrom verschoben. Das Cn-Cyanin absorbiert bei 705 nm, die substituierte Methylenbrücke wirkt als Donor und verursacht die hypsochrome Verschie-bung [20] auf einen Wert von 640 nm.

X j R 2 N=<^)==CH '̂CH NR2

— CH _

Mit dem PPP-Verfahren (Pariser, Parr, Pople) wurde unter Verwendung von Cyaninstickstoff-Stan-dardparametern [21] und idealisierten Geometrien

589 M. Pulst et al. • Cyaninfarbstoffe

die längstwellige Absorption bei Amax = 648 nm mit einer Oszillatorstärke f = 2,18 berechnet. Dieses Er-gebnis ist in sehr guter Übereinstimmung mit der experimentell beobachteten Absorptionswellenlänge (̂ •exp = 640 nm) und spricht für die vorgeschlagene Struktur des Farbstoffs.

Die hier beschriebene photochemische Cyclodi-merisierung von 4-Dimethylamino-a-halogen-stil-bensalzen zu Cyclobutanderivaten und die thermi-sche Folgereaktion unter Bildung überbrückter Cyaninfarbstoffe kann wegen verschiedener günsti-ger Parameter (leicht zugängliche Ausgangsstoffe, einfache Handhabung und Verarbeitung, kurze Be-lichtungszeiten, problemlose Fixierung des „Bildes" durch Hydrolyse des unbelichteten 4-Dimethyl-amino-a-halogenstilbensalzes und Extraktion des 4-Dimethylamino-a-halogenstilbens beim Behan-deln des belichteten Papiers mit wasserhaltigem Ether) als eine Prinziplösung für ein silberfreies Auf-zeichnungsverfahren angesehen werden [15, 16].

Experimenteller Teil Die angegebenen Schmelzpunkte wurden auf dem

Mikroheiztisch nach Boetius bestimmt und sind kor-rigiert.

Die Elektronenspektren alkoholischer Lösungen der Verbindungen wurden mit einem Spektralphoto-meter „Specord" des VEB Carl Zeiss Jena aufge-nommen. Zur Aufnahme der Massenspektren diente ein Massenspektrometer CH 6 (Varian MAT), die Verdampfung wurde bei einer Ionenquelle-Tem-

[1] H. Meier, in Houben-Weyl, Methoden der Organi-schen Chemie, Photochemie I, Verlag Georg Thieme, Stuttgart 1976, S. 189.

[2] G. Orlandi und W. Siebrand, Chem. Phys. Lett. 30, 353 (1975).

[3] M. Scholz, F. Dietz und M. Mühlstädt, Z. Chem. 7, 329 (1969).

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[5] W. Baker, J. W. Hilpern und Y. F. W. McOmi, J. Chem. Soc. (London) 1961, 479.

[6] H. Stegemeyer, Chimia 19, 536 (1965). [7] H. M. Rosenberg, R. Rondeau und P. Serve, J. Org.

Chem. 34, 471 (1969). [8] G. Ciamician und P. Silber, Ber. Dtsch. Chem. Ges.

35, 4128 (1902). [9] H. Strobbe, Chem. Ber. 47, 2701 (1914).

[10] G. Kaupp, in Houben-Weyl, Methoden der Organi-schen Chemie, Photochemie I, Verlag Georg Thieme, Stuttgart 1976, S. 326.

peratur von 200 °C vorgenommen, die Anregung er-folgte mit 70 eV.

Allgemeine Arbeitsvorschrift zur Darstellung von substituierten 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbenen

250 mmol Phosphoroxidchlorid (bzw. Phos-phoroxidbromid im Falle des 4-Dimethylamino-a-brom-stilben) werden unter Rühren langsam in die Lösung von 330 mmol Dimethylformamid und 90 ml Chloroform getropft, wobei die Temperatur zwi-schen 5 und 10 °C gehalten wird. Nach beendeter Zugabe wird das Gemisch 1 h bei Raumtemperatur nachgerührt. Dann tropft man unter Rühren die Lö-sung von 100 mmol des substituierten /?-4-Dimethyl-amino-desoxybenzoins in 100 ml Chloroform in das Formylierungsreagenz ein und erwärmt das Reak-tionsgemisch 3 h auf 70 bis 75 °C. Nach Abkühlen wird das Reaktionsgemisch unter Kühlung mit 270 mmol Natriumacetat in 120 ml Wasser hydroly-siert und das Reaktionsprodukt mit Chloroform ex-trahiert. Die Chloroformlösung wird wie üblich auf-gearbeitet und das Produkt aus Ethanol umkristalli-siert (s. Tab. I).

Allgemeine Vorschrift zur Darstellung der Salze von substituierten 4-Dimethylamino-a-halogen-stilbenen

0,5 g des substituierten 4-Dimethylamino-a-halo-gen-stilbens werden in 5 bis 10 ml Ether gelöst und einige Tropfen Perchlorsäure zugegeben. Nach kur-zer Zeit fällt das Perchlorat als weißer kristalliner Niederschlag aus, der aus Eisessig oder Methanol umkristallisiert wird.

Analog verfährt man bei der Darstellung des Bro-mides bzw. p-Toluolsulfonates (s. Tab. II).

[11] M. D. Cohen und B. S. Green, Chem. Brit. 9, 489 (1973).

[12] G. M. J. Schmidt, Solid State Chemistry, D. Ginsburg (ed.): Verlag Chemie, Weinheim, New York 1976.

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