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Computational Fluid Dynamics- Simulation der Ein- und Zweiphasen- strömung in einer Rotating Disc Contactor-Extraktionskolonne Christian Drumm und Hans-Jörg Bart* Die Ein- und Zweiphasenströmung in einer Rotating Disc Contactor-Extraktionskolonne wird mit dem kommerziellen Computational Fluid Dynamics-Code Fluent simuliert. Im einphasigen Fall werden mehrere Turbulenzmodelle und Gittergeometrien getestet, um eine Grundlage für die zweiphasige Simulation zu schaffen, in der ein Euler-Euler-Modell eingesetzt wird. Die CFD-Simulationen werden mit experimentellen Particle Image Velo- cimetry-Daten validiert, wobei im zweiphasigen Betrieb ein isooptisches Stoffsystem ver- wendet wird. Es zeigt sich, dass die durchgeführten CFD-Simulationen die Strömung der Phasen in einer Extraktionskolonne detailgenau in hoher Auflösung wiedergeben. 1 Einleitung Aktuelle Arbeiten zur besseren Vorhersage und Auslegung von im Gegenstrom betriebenen, ge- rührten Extraktionskolonnen konzentrieren sich auf die Simulation mit Hilfe der Tropfenpo- pulationsbilanzmodellierung (DPBM), die Koa- leszenz und Zerfall der Tropfen berücksichtigt [1]. Die Nichtidealitäten der Strömung werden dabei jedoch durch einfache Modelle wie dem Dispersionsmodell beschrieben, und es wer- den homogene Bedingungen in einem Extrak- tionskompartment vorausgesetzt. Mit Hilfe von Computational Fluid Dynamics (CFD) können turbulente Strömungen lokal aufgelöst werden, wodurch eine Verknüpfung von CFD und DPBM die genannten Vereinfachungen beseitigen und zu einer verbesserten Aus- legung und Vorhersage von Extraktionskolon- nen führen kann. Um eine Grundlage für eine erfolgreiche Verknüpfung von CFD und DPBM zu schaffen, muss die Leistungsfähig- keit von CFD-Methoden für die Simulation von Gegenstromextraktionskolonnen unter- sucht werden. Simulationen in gerührten Extraktionsko- lonnen wurden bereits von Modes [2], Fei et al. [3], Rieger et al. [4], Haderer et al. [5] für RDC (rotating disc contactor)-Extraktionskolonnen und von Kolb [6] für eine Kühni-Kolonne durchgeführt. Bis auf die Arbeit von Kolb, der die Simulationen mit Particle Image Velocime- try (PIV)-Messungen validierte, wurden die Si- mulationen für den RDC nur mit LDA- und LDV-Messungen validiert, wobei der Vergleich der Geschwindigkeiten an diskreten Mess- stellen, jedoch nicht die Sichtbarmachung und der Vergleich der gesamten Strömung möglich waren. Zweiphasige Simulationen in gerührten Ex- traktionskolonnen wurden von Rieger et al. [4], Haderer et al. [5], Vikhansky [7] für eine RDC- Kolonne und von You [8] für eine Kühni- Geometrie durchgeführt. Bei Rieger et al. [4] kam es hierbei zu Konvergenzproblemen, während Haderer sich auf Vergleiche von Hold-up-Profilen beschränkte und keine zwei- phasigen Strömungsprofile zeigte. Vikhansky verknüpfte erfolgreich CFD mit DPBM, liefer- te jedoch keinen Vergleich zwischen simu- lierten und gemessenen Geschwindigkeiten im zweiphasigen Betrieb. Die CFD-Simulation der Ein- und Zweiphasenströmung in einer gerührten Extraktionskolonne wurde noch nicht ausreichend untersucht und bewertet, weshalb dieser Beitrag einige Lücken schlie- ßen soll. Dazu wurde die Strömung in einer gerühr- ten RDC-Extraktionskolonne für den ein- und zweiphasigen Betrieb simuliert und jeweils mit experimentellen PIV-Messungen validiert. Das Strömungsprofil in der Extraktions- kolonne wurde mit dem kommerziellen CFD- Code Fluent berechnet. Ausgehend von einer einphasigen Betriebsweise wurden Turbulenz- modelle und Randbedingungen getestet, um eine Grundlage für die zweiphasigen Simula- tionen zu erhalten, die mit dem Euler-Euler- Modell durchgeführt wurden. Für die einpha- sigen Simulationen und Experimente wurde eine Wasserphase eingesetzt, bei der zweipha- sigen Betriebsweise ein isooptisches Glycerin/ Wasser/Heptan-System, was die Verwendung von PIV ermöglicht. Mit Hilfe von Computational Fluid Dynamics können turbulente Strömungen lokal aufgelöst werden. 68 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2 Kurzmitteilungen www.cit-journal.de © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim DOI: 10.1002/cite.200600084

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Page 1: Computational Fluid Dynamics- Simulation der Ein- und Zweiphasenströmung in einer Rotating Disc Contactor-Extraktionskolonne

Computational Fluid Dynamics-Simulation der Ein- und Zweiphasen-strömung in einer Rotating DiscContactor-ExtraktionskolonneChristian Drumm und Hans-Jörg Bart*

Die Ein- und Zweiphasenströmung in einer Rotating Disc Contactor-Extraktionskolonne

wird mit dem kommerziellen Computational Fluid Dynamics-Code Fluent simuliert. Im

einphasigen Fall werden mehrere Turbulenzmodelle und Gittergeometrien getestet, um

eine Grundlage für die zweiphasige Simulation zu schaffen, in der ein Euler-Euler-Modell

eingesetzt wird. Die CFD-Simulationen werden mit experimentellen Particle Image Velo-

cimetry-Daten validiert, wobei im zweiphasigen Betrieb ein isooptisches Stoffsystem ver-

wendet wird. Es zeigt sich, dass die durchgeführten CFD-Simulationen die Strömung der

Phasen in einer Extraktionskolonne detailgenau in hoher Auflösung wiedergeben.

1 Einleitung

Aktuelle Arbeiten zur besseren Vorhersage undAuslegung von im Gegenstrom betriebenen, ge-rührten Extraktionskolonnen konzentrierensich auf die Simulation mit Hilfe der Tropfenpo-pulationsbilanzmodellierung (DPBM), die Koa-leszenz und Zerfall der Tropfen berücksichtigt[1]. Die Nichtidealitäten der Strömung werdendabei jedoch durch einfache Modelle wie demDispersionsmodell beschrieben, und es wer-den homogene Bedingungen in einem Extrak-tionskompartment vorausgesetzt. Mit Hilfevon Computational Fluid Dynamics (CFD)können turbulente Strömungen lokal aufgelöstwerden, wodurch eine Verknüpfung von CFDund DPBM die genannten Vereinfachungenbeseitigen und zu einer verbesserten Aus-legung und Vorhersage von Extraktionskolon-nen führen kann. Um eine Grundlage für eineerfolgreiche Verknüpfung von CFD undDPBM zu schaffen, muss die Leistungsfähig-keit von CFD-Methoden für die Simulationvon Gegenstromextraktionskolonnen unter-sucht werden.

Simulationen in gerührten Extraktionsko-lonnen wurden bereits von Modes [2], Fei et al.[3], Rieger et al. [4], Haderer et al. [5] für RDC(rotating disc contactor)-Extraktionskolonnenund von Kolb [6] für eine Kühni-Kolonnedurchgeführt. Bis auf die Arbeit von Kolb, derdie Simulationen mit Particle Image Velocime-try (PIV)-Messungen validierte, wurden die Si-mulationen für den RDC nur mit LDA- undLDV-Messungen validiert, wobei der Vergleichder Geschwindigkeiten an diskreten Mess-stellen, jedoch nicht die Sichtbarmachung und

der Vergleich der gesamten Strömung möglichwaren.

Zweiphasige Simulationen in gerührten Ex-traktionskolonnen wurden von Rieger et al. [4],Haderer et al. [5], Vikhansky [7] für eine RDC-Kolonne und von You [8] für eine Kühni-Geometrie durchgeführt. Bei Rieger et al. [4]kam es hierbei zu Konvergenzproblemen,während Haderer sich auf Vergleiche vonHold-up-Profilen beschränkte und keine zwei-phasigen Strömungsprofile zeigte. Vikhanskyverknüpfte erfolgreich CFD mit DPBM, liefer-te jedoch keinen Vergleich zwischen simu-lierten und gemessenen Geschwindigkeitenim zweiphasigen Betrieb. Die CFD-Simulationder Ein- und Zweiphasenströmung in einergerührten Extraktionskolonne wurde nochnicht ausreichend untersucht und bewertet,weshalb dieser Beitrag einige Lücken schlie-ßen soll.

Dazu wurde die Strömung in einer gerühr-ten RDC-Extraktionskolonne für den ein- undzweiphasigen Betrieb simuliert und jeweilsmit experimentellen PIV-Messungen validiert.Das Strömungsprofil in der Extraktions-kolonne wurde mit dem kommerziellen CFD-Code Fluent berechnet. Ausgehend von einereinphasigen Betriebsweise wurden Turbulenz-modelle und Randbedingungen getestet, umeine Grundlage für die zweiphasigen Simula-tionen zu erhalten, die mit dem Euler-Euler-Modell durchgeführt wurden. Für die einpha-sigen Simulationen und Experimente wurdeeine Wasserphase eingesetzt, bei der zweipha-sigen Betriebsweise ein isooptisches Glycerin/Wasser/Heptan-System, was die Verwendungvon PIV ermöglicht.

Mit Hilfe vonComputationalFluid Dynamicskönnen turbulenteStrömungen lokalaufgelöst werden.

68 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 1-2Kurzmitteilungen

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DOI: 10.1002/cite.200600084

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2 PIV-Experimente

Ein PIV-System der Fa. ILA (Intelligent LaserApplications GmbH) wurde zur Durchführungder Messungen verwendet. Die Messungenwurden in einer 1-m-Sektion einer Kolonnemit 150 mm Durchmesser und 3 RDC-Kom-partments als Einbauten durchgeführt. Die Ko-lonne kann ein- und zweiphasig betrieben wer-den, wobei die wässrige Phase am Kopf unddie organische Phase als Tropfen am Bodenzugeführt wird (mittlerer Tropfendurchmes-ser: d32 = 2,5 mm). Der experimentelle Aufbauund die verwendete Kompartmentgeometriesind in Abb. 1 zu sehen. Die RDC Kolonnewurde bei verschiedenen Belastungen für diewässrige (100 – 200 L/h) und organische Phase(50 – 100 L/h) betrieben. Die Rührerum-drehung wurde zwischen 150 und 250 Umdre-hungen pro Minute variiert. Im einphasigenFall diente Wasser als Medium. Für die zwei-phasige Betriebsweise wurde ein System be-stehend aus einer Wasser/Glycerin-Mischung(44 Ma.-% Wasser) für die wässrige Phase undHeptan als organische Phase verwendet [9].

Das System ist bei einer Temperatur von25 °C isooptisch und ermöglicht PIV-Messun-gen. Bei den einphasigen Messungen dienten50-lm-Polyamid-Partikel mit einer Dichte von1060 kg/m3 als Tracer. Für die zweiphasigenPIV-Messungen wurde die wässrige Phase mit10-lm-Hohlglaskugeln (Dichte 1160 kg/m3)als Tracer-Partikel und mit dem FarbstoffRhodamin 6G versetzt. Weder die Hohlglas-kugeln noch der Farbstoff lösen sich in der or-ganischen Heptanphase. Damit ist sowohl eineGeschwindigkeitsmessung in der wässrigenPhase als auch eine Phasendiskriminierungzwischen wässriger und organischer Phasemöglich, da das fluoreszierende Rhodamin die

wässrige Phase auf dem Kamerabild leicht er-hellt (s. Abb. 1).

Der Messbereich in der Achsensymmetrie-ebene der RDC-Kolonne wurde mit einer Auf-lösung von 970 × 600 Pixeln dargestellt, wobeiein Pixel 0,5 mm im realen Maßstab ent-spricht. Die Auswertung der Bildpaare erfolgtemit Hilfe der Kreuzkorrelation und Auswerte-fenstern (interrogation areas) von 32 × 32 Pi-xeln mit 50 % Überlappung, wobei lokale Ge-schwindigkeitsfilter Ausreißer ausfilterten, diedurch Interpolation der Nachbarn ersetzt wur-den. Ein stationäres Strömungsbild konntedurch die zeitliche Mittelung von 200 Bild-paaren dargestellt werden.

3 CFD-Modellierung

3.1 Einphasige Simulation

Aufgrund der Achsensymmetrie einer RDC-Kolonne wurde ein zweidimensionales Gitterder Geometrie in Gambit, dem Preprozessorvon Fluent, erstellt. Für die einphasige Simu-lation wurde nur ein Kompartment der Ko-lonne modelliert, und es wurden periodischeRandbedingungen am Ein- und Auslass derwässrigen Phasen verwendet. Abb. 2 zeigt dasGitter mit einem Knotenabstand von 0,5 mmund die verwendeten Randbedingungen. DerKnotenabstand in den Gittern wurde bis 0,05mm verringert. Die Verwendung der axialenund rotationssymmetrischen Periodizität wur-de zudem durch Vergleiche mit Hilfe eines3D-Gitters der Kolonne und einem 2D-Gittermit sechs Kompartments und Geschwindig-keitsein- und Druckauslass-Randbedingungenuntersucht.

Abbildung 1.ExperimentellerAufbau.

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Um das Problem beschreiben zu können,müssen die Erhaltungsgleichungen für Masseund Impuls numerisch gelöst werden. Ver-schiedene Turbulenzmodelle wurden getestet,um die Reynolds-Spannungen zu beschreiben,die die turbulenten Eigenschaften der Strö-mung wiedergeben. So wurden das Standard-,RNG- und Realizable k-e-Lodell sowie dasReynolds-Spannungsmodell eingesetzt. Fürden einphasigen Fall wurden die Gleichungenstationär gelöst.

3.2 Zweiphasige Simulation

Die Zweiphasenströmung wurde mit einemEuler-Euler-Ansatz simuliert, bei dem beidePhasen als sich durchdringende Kontinua be-schrieben werden. In den zu lösenden Glei-chungen muss der Volumenanteil der Phasena mitberücksichtigt werden sowie die Wechsel-wirkungskraft zwischen der kontinuierlichenund dispersen Phase Fk,i, was zu der Kontinui-täts- und Impulserhaltungsgleichung für diePhase k führt:

∂ akqk� �∂t

� ∂ akqkuk�i� �

∂xi� 0 (1)

∂ akqkuk�i� �

∂t� ∂ akqkuk�juk�i

� �

∂xj�

�ak∂p∂xi

� akqkgi �∂ aksk�ij� �

∂xj� Fk�i (2)

Fc�i � �Fd�i

� 3qcacadCD u�d� u�

c

�� �� ud�i � uc�i� �

4dd

(3)

Der Widerstandsbeiwert CD zur Beschrei-bung der Trägheitsfunktion im Wechsel-wirkungsterm wurde mit dem Schiller- undNaumann-Ansatz wiedergegeben [10]. WeitereKräfte wie die hydrodynamische Auftriebskraft

(lift force) und die virtuelle Massenkraft kön-nen für ein Flüssig/Flüssig-Problem vernach-lässigt werden, da die Einflüsse der Wider-standskraft dominieren [11].

Bei den zweiphasigen Simulationen wurdeeine Kolonne mit sechs Kompartments berech-net. Aufgrund der Phasentrennung am Kopfund Boden einer Extraktionskolonne und derNichtberücksichtigung von Stofftransport tre-ten beide Phasen rein im Gegenstrom in dieKolonne ein. Damit kennt man die genauenVolumenströme am Ein- und Austritt undkann die Geschwindigkeiten an den Rändernbestimmen, so dass für alle Ein- und Austritteder Phasen die Geschwindigkeit am jeweiligenRand vorgegeben wurde (velocity-inlet-Rand-bedingungen). Die herkömmliche Vorgehens-weise mit Geschwindigkeitsein- und Druck-auslass ist nur mit Hilfe einer Annahme derPhasenanteile an den Rändern möglich. Fürdie Beschreibung der Turbulenz wurde imzweiphasigen Fall das Realizable k-e- und dasReynolds-Spannungsmodell angewendet. DieBeschreibung der Tropfen erfolgte mit einermonodispersen Tropfengröße von 2,5 mm.Die Gleichungen wurden instationär gelöst,wobei die Zeitschritte zum schnelleren Errei-chen der Konvergenz zwischen 0,1 und 0,001 svariiert wurden.

4 Ergebnisse der CFD-Simulationen und Vergleichmit PIV-Messungen

4.1 Einphasiger Betrieb

In Abb. 3 sind die Konturen und Vektoren dermit dem Reynolds-Spannungsmodell simulier-ten und mit PIV gemessenen Geschwindig-keiten für einen Wasservolumenstrom von200 L/h dargestellt. Da die 2D-PIV-Messungennur die Geschwindigkeitsvektoren in der Mess-ebene liefern, wurde der Anteil der Wirbel-geschwindigkeit aus der Simulation entfernt,und nur die Axial- und Radialgeschwindig-keiten wurden berücksichtigt.

Im einphasigen Betrieb bilden sich im Kom-partment zwei große Zirkulationsströmungenaus. Ein Wirbel bildet sich zwischen den Stato-ren aus, während der zweite Wirbel zwischenden Rührern zweier Kompartments gebildetwird. Da die Strömungsrichtung der Wirbeloberhalb des Rührer entgegen der Rühreraus-strömung gerichtet ist, entsteht oberhalb desRührers ein dritter kleinerer Wirbel (s. Abb. 3).Die Simulation mit dem Reynolds-Spannungs-modell kann alle mit PIV gemessenen Wirbelwiedergeben und auflösen.

Abbildung 2. Rechengitter für die einphasige Simulation.

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Sowohl die Lage der Wirbel und Totzonenals auch die Geschwindigkeiten werden gutvorhergesagt. Ein Vergleich der gemessenenund mit dem Reynolds-Spannungsmodellsimulierten Geschwindigkeiten entlang desRührers bis zur Kolonnenwand ergab einemaximale Abweichung von 15 % in der Näheder Kolonnenwand. Die k-e-Modelle liefern umbis zu 20 % zu niedrige Maximalgeschwindig-keiten in der Rührerausströmung und könnendie Wirbel zwischen den Rührern nicht richtigwiedergeben, wobei das Realizable k-e-Modelldie Wirbelumkehr oberhalb des Rührers vonallen drei k-e-Modellen am besten wiedergibt.

Neben der Empfehlung des Reynolds-Span-nungsmodells als Turbulenzmodell zeigt sichzudem, dass die Verwendung von periodi-schen Randbedingungen zur Einsparung vonRechenleistung problemlos möglich ist. Eben-so ist die Verwendung eines Gitters mit0,5 mm Knotenabstand ausreichend, da eineweitere Verfeinerung keinen Einfluss auf dieberechneten Geschwindigkeiten hat. 3D-Simu-lationen, in denen ein 90°-Ausschnitt derKolonne simuliert wurde, lieferten mit den2D achsensymmetrischen Simulationen iden-tische Ergebnisse, so dass aufgrund des we-sentlich geringeren Rechenaufwands für eineRDC-Kolonne 2D-Simulationen vorzuziehensind.

4.2 Zweiphasiger Betrieb

Wie im einphasigen Fall sind auch für denzweiphasigen Betrieb Beispiele von CFD- undPIV-Ergebnissen in Abb. 4 dargestellt. DieAbbildungen zeigen Ergebnisse der Geschwin-digkeitsvektoren und -konturen der kontinuier-lichen Phase für einen Glycerin/Wasser-Volumenstrom von 200 L/h und einen Heptan-strom von 100 L/h. Im Gegensatz zum ein-phasigen Fall erwies sich im zweiphasigen Falldas Realizable k-e-Modell als geeigneteresTurbulenzmodell als das Reynolds-Spannungs-modell, weshalb Abb. 4 mit dem Realizablek-e-Modell durchgeführte Simulationen zeigt.Mit dem Reynolds-Spannungsmodell konntedie Strömung zwischen den Kompartments

Abbildung 3. Einphasige Geschwindigkeitskontu-ren und überlagerte Geschwindigkeitsvektoren inder Messebene für CFD (oben) und PIV (unten),RSM, Vaq = 200 L/h, nRührer = 150 min–1.

Abbildung 4. Zweiphasige Geschwindigkeitskon-turen und überlagerte Geschwindigkeitsvektorenin der Messebene für CFD (oben) und PIV (unten),Realizable k-e-Modell, Vaq = 200 L/h, Vorg=100 L/h,nRührer=150 min–1.

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nicht richtig wiedergegeben werden, und esbildete sich eine zweite Totzone anstelle einesgroßen Wirbels um eine Totzone in der Mittezwischen Rührer und Kolonnenwand.

Wie Abb. 4 zeigt, verschieben sich dieWirbel im zweiphasigen Betrieb durch dieDispersphasenbelastung. Durch die nach obenfließende disperse Phase wird der Wirbel zwi-schen den Statoren an die Position oberhalbdes Rotors verschoben. An den jeweiligenOrtspositionen haben damit die Wirbel ihreDrehrichtung geändert. Die CFD-Simulationkann die Geschwindigkeiten der PIV-Messun-gen gut wiedergeben, wie die Abbildungen derKonturen und Vektoren zeigen. Der kleineredritte Wirbel, der sich nun aufgrund der geän-derten Strömungssituation unterhalb desRührers befindet, kann ebenfalls vorhergesagtwerden. Die mögliche Phasendiskriminierungaus den PIV-Messungen ergibt, dass sich dieorganische Phase bei diesen Betriebsbedin-gungen größtenteils unter den Rührern undStatoren sammelt. Der qualitative Vergleichdes Phasenanteils verdeutlicht, dass auch hierdie CFD-Simulationen den Weg der organi-schen Phase durch das Kompartment gut wie-dergeben.

5 Zusammenfassung

Es wurden ein- und zweiphasige Simulationeneiner RDC-Extraktionskolonne durchgeführtund mit PIV-Experimenten verglichen, wobeisich eine gute Übereinstimmung zwischenden Simulationen und den Messungen heraus-stellte. Eine 2D achsensymmetrische Simu-lation einer RDC-Extraktionskolonne liefertezuverlässige Ergebnisse bei geringem numeri-schem Aufwand. Der zweiphasige Gegen-strombetrieb der Kolonne konnte mit dem Eu-ler-Euler-Modell unter Verwendung geeigneterRandbedingungen beschrieben werden.

Für die einphasige Simulation kann das Rey-nolds-Spannungsmodell empfohlen werden,während sich im zweiphasigen Betrieb dasRealizable k-e-Modell als wesentlich bessereAlternative herausstellte. Die erfolgreicheSimulation der Zweiphasenströmung in dergerührten Extraktionskolonne lässt vermuten,dass eine Verknüpfung von Tropfenpopula-tionsbilanzen mit CFD zu einer weiteren Ver-besserung der Vorhersage und Auslegung vonExtraktionsprozessen führen wird.

Eingegangen am 5. Juli 2006

Vortrag anlässlich der Sitzung des Dechema/GVC-Fachausschusses „Extraktion“, 22. – 24.Mai 2006 in Würzburg.

Formelzeichen

CD [–] Widerstandsbeiwertd [m] TropfendurchmesserF [N] Wechselwirkungskraftn [min–1] Rührerumdrehungp [N m–2] Drucku [m s–1] Geschwindigkeitt [s] ZeitV [L/h] Volumenstromx [m] Ortskoordinate

griechische Buchstabena [–] Volumenanteild [–] Kronecker Deltaq [kg m–3] Dichtes [N m–2] Schubspannung

Indicesaq wässrigc,d kontinuierliche und disperse Phasei,j Richtungenk Phaseorg organisch

AbkürzungenCFD Computational Fluid DynamicsDPBM Droplet Population Balance ModelsLDA Laser-Doppler AnenometryLDV Laser-Doppler VelocimetryPIV Particle Image VelocimetryRDC Rotating Disc ContactorRNG Re-normalized GroupRSM Reynolds Stress Model

Dipl.-Ing. C. Drumm,Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. H.-J. Bart([email protected]),Lehrstuhl für Thermische Verfahrenstechnik, Tech-nische Universität Kaiserslautern, Postfach 3049,D-67653 Kaiserslautern, Germany.

Literatur

[1] T. Steinmetz, S. Schmidt, H.-J. Bart, Chem. Ing.Tech. 2005, 77 (6), 723.DOI: 10.1002/cite.200500014

[2] G. Modes, H.-J. Bart, Chem. Ing. Tech. 2001, 73(4), 332.

[3] W. Fei, Y. Wang, Y. Wan, Chem. Eng. J. 2000, 78,131.

[4] R. Rieger, C. Weiss, G. Weigley, H.-J. Bart,R. Marr, Comput. Chem. Eng. 1996, 12, 1467.

[5] T. Haderer, Dissertation, TU Graz 2004.[6] P. Kolb, Dissertation, TU Kaiserslautern 2004.[7] A. Vikhansky, M. Kraft, Chem. Eng. Sci. 2004,

59, 2597.[8] X. You, X. Xiao, Chem. Biochem. Eng. 2005, 19, 1.[9] F. Augier, O. Masbernat, P. Guiraud, AIChE J.

2003, 49, 230.[10] L. Schiller, Z. Naumann, Z. Ver. Dtsch. Ing.

1935, 77, 318.[11] F. Wang, Z.-S. Mao, Ind. Eng. Chem. Res. 2005,

44, 5776.

Die erfolgreicheSimulation derZweiphasenströ-mung in der ge-rührten Extraktions-kolonne lässt ver-muten, dass eineVerknüpfung vonTropfenpopulations-bilanzen mit CFDzu einer weiterenVerbesserung derVorhersage undAuslegung von Ex-traktionsprozessenführen wird.

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