chemie anorganischer teil. von dr. jos. klein. (sammlung göschen nr. 37). 7., verbesserte auflage,...

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[ Zeitschdft tiir anRewandte Chemie 210 Neue BUcher - viel Zeit, sich der Laboratoriumsforschung hinzugeben und so ent- fernte sich sein Werturteil als Schriftsleller rnit den Jahren immer mehr von dem des Experimentators. Er war sich dessen bewuSt, und daher entstand in ihm bald der Entschluf3, bei der Bear beitung seines Lehrbuches Vertreter der anderen Richtung als Mitwirkende oder Berater heranzuziehen. Noch in den letzten Jahren haben in dieser Bexiehung bfter, aber leider nicht genug, Meinungsaustausrhe zwischen ihm und mir und anderen stattgefunden. Nach meinem Daflirhalten hat er nlmlich in den letzterschienenen Abteilungen seines Lehrbuches einige Kiirperklassen zu breit, andere wichtige dagegen zu kurz be- handelt. Man wird mir entgegnen, da5 eine solche unterschiedliche Behandlung Sache des Geschmacks wlre. Wie ich Jacobson kannte, war das bei Ihm aber keine Geschmackssache, er wollte vielmehr ganz objektiv das Wichtige hervorheben. Dieses Urteil soll naturlich das Gesamtwerk, das Lehrbuch der organischen Chemie Jacobsons, nicht herabsetzen. Ich bewundere es und halte es fiir das beste, was je in dieser Hinsicht auf dem Gebiete der Chemie geschaffen wurde. Hoffentlich wird eine Kraft fur seine Fertigstellung gefunden, die Ja c o b s o n einigermafien kongenial ist. Seine ktinstlerisch literarische Beanlagung kommt in seinen Nekro- logen voll zum Ausdruck. Einer der schbnsten Nachrufe, den ich ge- lesen habe, ist der auf seinen Freund Ludwig Gattermann, welrher ihm nur kurze Zeit im Tode vorangegangen ist. In diesem hat er gezeigt, wie man bei aller Anerkennung der guten Charaktereigen- Schaften und der vortrefflichsten Leistungen einer PersUnlichkeit, ohne befurchten LU mussen, sie vor der Nachwelt herabzusetzen, auch ihre Schattenseiten schildern kann. Gattermanns Schwlcheu hat er mit soviel Humor und Liebenswerdigkeit umgeben, daB jeder Leser den also Gezeichoeten leibhaftig vor sich stehen sieht. Im Laufe der Jahre war bei ihm ein gewisser imperialistischer Zug wahrzunehmen, der sich darin BuBerte, alle wichtigeren litera- rischen Unternehmungen unter einen Hut bringen und dem EinfluB- kreis der Deutschen Chemischen Gesellschaft unterstellen zu wollen. Diese Richtung geht wohl nrspruinglich nicht von ihrn am. Die Angliederung des Zentralblattes unter Abllisung des Referatenteils der Berichte an die Deutsche Chemische Gesellschaft war schon fr[iher erwogen worden. Um diese durchzuftihren, wurde ja auch nach dem Ausscbeiden Ferdinand Tiemanns der Posten des bisherigen ' Redakteurs in den eines Generalsekretlrs der Deutschen Chemischen Gesellschaft umgewandelt und Jacobson Ubertragen. Aber die splteren Unternehmungen, die Erglnzungsblnde zur 111. Auflage von Beilsteins Handbuch und das Wunderwerk der IV. Auflage gehen Kohl ganz auf setne Initiative zuriick. Unabllssig hat er fiir die nbernahme Son Liebigs Annalen der Chemie oder die Schaffung einer neuen Zeitschi ift fur die grUDeren zusammenfassenden Abhandlungen seitens der Deutscheu Chemischen Gesellschaft gekiimpft. In ubereinstimmung .mit Emil Fischer habe ich ihrn in diesen Bestrebungen nicht folgen klinnen. Wer das Gliick hatte, J a c o b s o n perslinlich niiherzutreten, wird &it mir einig sein, wenn ich die merkwiirdige Ausgeglichenheit &tines Wesens hervorhebe. Sein Wollen, Denken und Handeln war von einer kunstlerischen Harmonie ftberkrbnt. Scheinbar leidenschafts- 10s und dennoch rnit Wlrme, Wohlwollen und Energie ging er seinen weitgesteckten Zielen nach. Er war ein ,,Mensch", wie Prof. Prager in seiner schiinen Rede an der Bahre J a c o b s o n s hervorhob. Als er nach Berlin kam, war er ein stattlicher schlanker Mann mit schwarzeni Vollbart und nur leicht ergrautem Haar, doch merkte ich bald, daD es rnit seiner kbrperlichen Kraft nicht gut bestellt sein lyonnte. Ich erinnere mich, daB ich einmal, noch in den neunziger Jahren, mit ihm und seiner Frau zusammen war. Wir erbrterten die Niiglichkeiten fiir einen Ferienaufenthalt im Hochgebirge, iiber den sie sich noch nicht entschieden hatten. Ich schlug ihnen Oberstdorf im Mgau vor. Darauf etwas verlegen belustigtes Lacheln von J a c o b s o n gegeniiber seiner Frau. Erst wollten sie nicht rnit der Sprache heraus, bij Jacobson pliitzlich lachend fragte: ,,Gibt's da auch Biinke an den Spazierwegen?" Er m6ge nicht lange gehen. Fiir sportliche Stlhlung datte er keine Neigung. I An die GUttinger und Heidelberger Zeit unter Victor Meyer dachte er gern zurtick, da er dort auch andere wertvolle Freunde ge- funden hatte, unter denen er v. Auwers, Gattermann t, Jannasch t 'und Knoevenagel t besonders schlitzte. In Berlin schloB er sich Eduard Ruchner an und suchte nach dessen Tode in treuer 'Anhlnglichkeit seine Witwe jedes Jahr in Ttibingen auf, um sich um deren Kinder zu bektimmern. Seine musikalischen Neigungen pflegte 'er in eineni engen Kreise ihm nahestebender Pershlichkeiten, denen auch Wilhelm Traube angebiirte. Mit seiner Frau, einer Gbttingerin, verband ihn innige Liebe und Freundschaft. Ihr langes schweres Leiden und ihr vorzeitiger Tod hat ihn stark mitgenommen. Ich hatte damals bei ihm den Eindruck , der vollkommenen Resignation. Er lebte nur noch der Fertigstellung seines Werkes. Voller Patriotismus soll er sich im Kriege allzu pein- lich in der Ernlhruog an die offiziellen Rationen gehalten haben, rnit Besorgnis beobachtete ich seinen kbrperlichen Zustand. Er alterte vorzeitig und zusehends. In der letzten Vorstandssitzung der Deulschen Chemischen Gesellschaft, kurz vor Weihnachten, sprach er mit so leiser, fast tonloser Stimme, da6 man ihm nicht mehr folgen konnte. Ich war daher nicht iiberrascht, daB er wenige Wochen darauf, nur 63 Jahre alt, verschied. Der Tod ist ihm nicht schwer geworden. Inzwischen ist ein ausfuhrlicherer Nekrolog von Prof. P r a g e r im letzten Heft der Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft ver- bffentlicht worden. [A. 50.1 Neue Biicher. I ___________ Die Romantik der Chemie. Von Dr. Oskar Nagel. 10. Aufl. 79 Seiten, mit 26 Abbildungen und 4 Tafeln. ,,Kosmos", Franckhsche Verlags- burhhandlung. Stuttgart, 1922. Das vorliegende Heft ist ein Blndchen der bekannten Kosrnos- Sammlung, deren Aufgabe es ist, einzelne Wissensgebiete in allaemein- verstlndlicher Form zur Darstellung zu bringen. Bei dem svhier un- ermeBltchen Umfang des Gebietes der Chemie und der beschrkkten Seitenzahl eines Kosmosheftes ist eine solcbe Darstellung natiirlich nur in den leichtesten Umrissen mUglich. Und die ist dem Verfasser allerdings durchweg gut gelungen. In anregendem Plaudertone beginnt er mit der Gewinnung des Goldes und fUhrt den Leser auf abwechs- lungsreicher Bahn durch die verschiedenen Gefilde der chemischen Technik, um zuletzt auch norh einiges iiber die chemischen Elernente und die alte Frage nach Kraft und Stoff oder Eaergie und Materie zu sagen. Zu diesem allgemeinen Teil wiire vielleicht mancherlei zu be- merken. So hat der Verfasser in dem Bestreben, die Grenze zwischen Leblosem und Belebtem mUglichst zu verwischen, wohl nicht immer die Grenzlinie zwischen Popullrem und Banalem innegehalten. Was soll man sich unter der unverdstlichen ,, Wehrkraft" vorstellen, die die Entwicklung verursacht? Diese mehr philosophischen Betrachtungen wliirden ohne Schaden fehlen kfinnen. Erwiinschter wlre sttrtt dessen, z. R. beini periodischen System der Elemente die neuen Begriffe der Ordnungszahlen, Isotopen usw. zu erwlhnen und, wenn Uberhaupt solche allgemeinen Fragen angeschnitten werden, auf die in jlingster Zeit entwickelten Anschauungen iiber Stoff verlu-t durch Energieabpabe hinzuweisen. Lockemann. [BB. 141.1 Chemie. Anorganischer Teil. Von Dr. Jos. Klein. (Sammlung Giisrhen Nr. 37). 7., verbesserte Auflape, Neudruck. 170 Seiten. Berlin u. Leipzig 1922, Vereinigung wissenschafllicher Verleger. Das Buvh von K l e i n ist der Neudruck einer 7., verbesserten Auf- loge. Es muS also zahlreiche Leser geben, deren AnnprUchen es nach Inhalt und Form geniigt. Als Einfiihrung in die Chemie halte ich das Biindvhen flir nicht geeignet, da es manches Fehlerhafte und viel MtSverstlndliches enthllt. W.icbtige Ergebnisse neuerer Forschungen sind meist nur in Form von Zusatzen besprochen. ober die Darstellung des periodischen Systems, der chemischen Elemente mittels harmonischer Schwingungen. Von F e hr 1 e. H. M. Muth m. b. H. Verfasser hat sich an die Aufgabe herangemacht, das Gebeimnis der Zahlenreihe der Atomgewichte zu erforschen. Mit Hilfe von sehr wenig durrhsichtigen und unbegrUndet erscheinenden Hypothesen Uber die Verteilung der kleinsten Massenteilchen auf den Kugelschalen, die dem Atom seine Form und sein Wesen geben sollen, sowie unter Verwendung von neu eingefiihrten Regriffen als Grundbegriffe von einer Dimension, welche die physikdische Forschung sonst nicht verwendet - erst durch Rotation erhllt das kleinste Rauteilchen des Atoms die Dimension einer Masse -, gelangt er zu einer Formel fur die Atommasee, die, da Pie eine siebente Wurzel enthat, als wenig vertrauenerweckend bexeichnet werden muB. Unter Verwendung dieser Formel wird eine Zablenreihe fur die A. G. erhalten. die F e h r l e als ,,ideale Atomgewichte" bezeichnet, und natiirlich keine ganzen Zahlen, d. h. keine ganzen Vielfdchen vom Gewicht des Wasser- stoffs ergibt. Auf diese Zahlenreihe, ihrem Vergleich rnit den experimentellen Atomgewichten, der gefuodenen PeriodiziWt der Differenzen zwischen beiden baut sich das Ubrige auf, das in Zahlen- operationen von kabbalistischem Geprlge auslluft. Die moderne Naturwissenschaft ist frob, durch die grundlegenden As t o n schen Versuche iiber Mawenspektroskopie die Frage der nicht ganzzahligen Atomgewichte als weitgehend gekllrt betrachten zu kbnnen. Danach gibt es bekanntlich nur ganzxahlige Atomgewichte und die nicht ganzzahligen Verbindungsgewichte werden durch Mischung zweier oder mehrerer Isotopeo in irgendeinem Verhlltnis begriindet. Praktisch ignoriert F e h r l e diese bahnbrechenden Experi- mentalbefunde. Faktisch werden die A st on schen Versuche allerdings zitiert mit dem Urteil: ,,Irgendeinen Erfolg in bezug auf die gesetz- mlBige Erkllriing der UnregelmlSigkeiten bei den Atomgewichten hrben sie nicht pezeitigt'. DHS hei5t denn doch, die Dinge auf den Kopf stellen. Nachdem es einmal gegltickt ist, die Ursache qualitativ A. Sieverts. [BB. 139.1 Freiburg 1922.

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Page 1: Chemie Anorganischer Teil. Von Dr. Jos. Klein. (Sammlung Göschen Nr. 37). 7., verbesserte Auflage, Neudruck. 170 Seiten. Berlin u. Leipzig 1922, Vereinigung wissenschaftlicher Verleger

[ Zeitschdft tiir anRewandte Chemie

210 Neue BUcher -

viel Zeit, sich der Laboratoriumsforschung hinzugeben und so ent- fernte sich sein Werturteil als Schriftsleller rnit den Jahren immer mehr von dem des Experimentators. Er war sich dessen bewuSt, und daher entstand in ihm bald der Entschluf3, bei der Bear beitung seines Lehrbuches Vertreter der anderen Richtung als Mitwirkende oder Berater heranzuziehen. Noch in den letzten Jahren haben in dieser Bexiehung bfter, aber leider nicht genug, Meinungsaustausrhe zwischen ihm und mir und anderen stattgefunden. Nach meinem Daflirhalten hat er nlmlich in den letzterschienenen Abteilungen seines Lehrbuches einige Kiirperklassen zu breit, andere wichtige dagegen zu kurz be- handelt. Man wird mir entgegnen, da5 eine solche unterschiedliche Behandlung Sache des Geschmacks wlre. Wie ich Jacobson kannte, war das bei Ihm aber keine Geschmackssache, er wollte vielmehr ganz objektiv das Wichtige hervorheben. Dieses Urteil soll naturlich das Gesamtwerk, das Lehrbuch der organischen Chemie Jacobsons , nicht herabsetzen. Ich bewundere es und halte es fiir das beste, was je in dieser Hinsicht auf dem Gebiete der Chemie geschaffen wurde. Hoffentlich wird eine Kraft fur seine Fertigstellung gefunden, die Ja c o b s o n einigermafien kongenial ist.

Seine ktinstlerisch literarische Beanlagung kommt in seinen Nekro- logen voll zum Ausdruck. Einer der schbnsten Nachrufe, den ich ge- lesen habe, ist der auf seinen Freund Ludwig Ga t t e rmann , welrher ihm nur kurze Zeit im Tode vorangegangen ist. In diesem hat er gezeigt, wie man bei aller Anerkennung der guten Charaktereigen- Schaften und der vortrefflichsten Leistungen einer PersUnlichkeit, ohne befurchten LU mussen, sie vor der Nachwelt herabzusetzen, auch ihre Schattenseiten schildern kann. G a t t e r m a n n s Schwlcheu hat er mit soviel Humor und Liebenswerdigkeit umgeben, daB jeder Leser den also Gezeichoeten leibhaftig vor sich stehen sieht.

Im Laufe der Jahre war bei ihm ein gewisser imperialistischer Zug wahrzunehmen, der sich darin BuBerte, alle wichtigeren litera- rischen Unternehmungen unter einen Hut bringen und dem EinfluB- kreis der Deutschen Chemischen Gesellschaft unterstellen zu wollen. Diese Richtung geht wohl nrspruinglich nicht von ihrn am. Die Angliederung des Zentralblattes unter Abllisung des Referatenteils der Berichte an die Deutsche Chemische Gesellschaft war schon fr[iher erwogen worden. Um diese durchzuftihren, wurde ja auch nach dem Ausscbeiden Fe rd inand T i e m a n n s der Posten des bisherigen

' Redakteurs in den eines Generalsekretlrs der Deutschen Chemischen Gesellschaft umgewandelt und J a c o b s o n Ubertragen. Aber die splteren Unternehmungen, die Erglnzungsblnde zur 111. Auflage von Beilsteins Handbuch und das Wunderwerk der IV. Auflage gehen Kohl ganz auf setne Initiative zuriick. Unabllssig hat er fiir die nbernahme Son Liebigs Annalen der Chemie oder die Schaffung einer neuen Zeitschi ift fur die grUDeren zusammenfassenden Abhandlungen seitens der Deutscheu Chemischen Gesellschaft gekiimpft. In ubereinstimmung .mit Emil F i sche r habe ich ihrn in diesen Bestrebungen nicht folgen klinnen.

Wer das Gliick hatte, J a c o b s o n perslinlich niiherzutreten, wird &it mir einig sein, wenn ich die merkwiirdige Ausgeglichenheit &tines Wesens hervorhebe. Sein Wollen, Denken und Handeln war von einer kunstlerischen Harmonie ftberkrbnt. Scheinbar leidenschafts- 10s und dennoch rnit Wlrme, Wohlwollen und Energie ging er seinen weitgesteckten Zielen nach. Er war ein ,,Mensch", wie Prof. P rage r in seiner schiinen Rede an der Bahre J a c o b s o n s hervorhob.

Als er nach Berlin kam, war er ein stattlicher schlanker Mann mit schwarzeni Vollbart und nur leicht ergrautem Haar, doch merkte ich bald, daD es rnit seiner kbrperlichen Kraft nicht gut bestellt sein lyonnte. Ich erinnere mich, daB ich einmal, noch in den neunziger Jahren, mit ihm und seiner Frau zusammen war. Wir erbrterten die Niiglichkeiten fiir einen Ferienaufenthalt im Hochgebirge, iiber den sie sich noch nicht entschieden hatten. Ich schlug ihnen Oberstdorf im Mgau vor. Darauf etwas verlegen belustigtes Lacheln von Jacobson gegeniiber seiner Frau. Erst wollten sie nicht rnit der Sprache heraus, bij Jacobson pliitzlich lachend fragte: ,,Gibt's da auch Biinke an den Spazierwegen?" Er m6ge nicht lange gehen. Fiir sportliche Stlhlung datte er keine Neigung. I An die GUttinger und Heidelberger Zeit unter V ic to r Meyer dachte er gern zurtick, da er dort auch andere wertvolle Freunde ge- funden hatte, unter denen er v. Auwers , G a t t e r m a n n t, J a n n a s c h t 'und Knoevenagel t besonders schlitzte. In Berlin schloB er sich Eduard Ruchner an und suchte nach dessen Tode in treuer 'Anhlnglichkeit seine Witwe jedes Jahr in Ttibingen auf, um sich um deren Kinder zu bektimmern. Seine musikalischen Neigungen pflegte 'er in eineni engen Kreise ihm nahestebender Pershlichkeiten, denen auch Wilhelm Traube angebiirte.

Mit seiner Frau, einer Gbttingerin, verband ihn innige Liebe und Freundschaft. Ihr langes schweres Leiden und ihr vorzeitiger Tod hat ihn stark mitgenommen. Ich hatte damals bei ihm den Eindruck

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der vollkommenen Resignation. Er lebte nur noch der Fertigstellung seines Werkes. Voller Patriotismus soll er sich im Kriege allzu pein- lich i n der Ernlhruog an die offiziellen Rationen gehalten haben, rnit Besorgnis beobachtete ich seinen kbrperlichen Zustand. Er alterte vorzeitig und zusehends. In der letzten Vorstandssitzung der Deulschen Chemischen Gesellschaft, kurz vor Weihnachten, sprach er mit so leiser, fast tonloser Stimme, da6 man ihm nicht mehr folgen konnte. Ich war daher nicht iiberrascht, daB er wenige Wochen darauf, nur 63 Jahre alt, verschied. Der Tod ist ihm nicht schwer geworden.

Inzwischen ist ein ausfuhrlicherer Nekrolog von Prof. P rage r im letzten Heft der Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft ver- bffentlicht worden. [A. 50.1

Neue Biicher. I ___________

Die Romantik der Chemie. Von Dr. Oskar Nagel. 10. Aufl. 79 Seiten, mit 26 Abbildungen und 4 Tafeln. ,,Kosmos", Franckhsche Verlags- burhhandlung. Stuttgart, 1922.

Das vorliegende Heft ist ein Blndchen der bekannten Kosrnos- Sammlung, deren Aufgabe es ist, einzelne Wissensgebiete in allaemein- verstlndlicher Form zur Darstellung zu bringen. Bei dem svhier un- ermeBltchen Umfang des Gebietes der Chemie und der beschrkkten Seitenzahl eines Kosmosheftes ist eine solcbe Darstellung natiirlich nur in den leichtesten Umrissen mUglich. Und die ist dem Verfasser allerdings durchweg gut gelungen. In anregendem Plaudertone beginnt er mit der Gewinnung des Goldes und fUhrt den Leser auf abwechs- lungsreicher Bahn durch die verschiedenen Gefilde der chemischen Technik, um zuletzt auch norh einiges iiber die chemischen Elernente und die alte Frage nach Kraft und Stoff oder Eaergie und Materie zu sagen.

Zu diesem allgemeinen Teil wiire vielleicht mancherlei zu be- merken. So hat der Verfasser in dem Bestreben, die Grenze zwischen Leblosem und Belebtem mUglichst zu verwischen, wohl nicht immer die Grenzlinie zwischen Popullrem und Banalem innegehalten. Was soll man sich unter der unverdstlichen ,, Wehrkraft" vorstellen, die die Entwicklung verursacht? Diese mehr philosophischen Betrachtungen wliirden ohne Schaden fehlen kfinnen. Erwiinschter wlre sttrtt dessen, z. R. beini periodischen System der Elemente die neuen Begriffe der Ordnungszahlen, Isotopen usw. zu erwlhnen und, wenn Uberhaupt solche allgemeinen Fragen angeschnitten werden, auf die in jlingster Zeit entwickelten Anschauungen iiber Stoff verlu-t durch Energieabpabe hinzuweisen. Lockemann. [BB. 141.1

Chemie. Anorganischer Teil. Von Dr. Jos. Klein. (Sammlung Giisrhen Nr. 37). 7., verbesserte Auflape, Neudruck. 170 Seiten. Berlin u. Leipzig 1922, Vereinigung wissenschafllicher Verleger.

Das Buvh von Klein ist der Neudruck einer 7., verbesserten Auf- loge. Es muS also zahlreiche Leser geben, deren AnnprUchen es nach Inhalt und Form geniigt. Als Einfiihrung in die Chemie halte ich das Biindvhen flir nicht geeignet, da es manches Fehlerhafte und viel MtSverstlndliches enthllt. W.icbtige Ergebnisse neuerer Forschungen sind meist nur in Form von Zusatzen besprochen.

ober die Darstellung des periodischen Systems, der chemischen Elemente mittels harmonischer Schwingungen. Von F e hr 1 e. H. M. Muth m. b. H.

Verfasser hat sich an die Aufgabe herangemacht, das Gebeimnis der Zahlenreihe der Atomgewichte zu erforschen. Mit Hilfe von sehr wenig durrhsichtigen und unbegrUndet erscheinenden Hypothesen Uber die Verteilung der kleinsten Massenteilchen auf den Kugelschalen, die dem Atom seine Form und sein Wesen geben sollen, sowie unter Verwendung von neu eingefiihrten Regriffen als Grundbegriffe von einer Dimension, welche die physikdische Forschung sonst nicht verwendet - erst durch Rotation erhllt das kleinste Rauteilchen des Atoms die Dimension einer Masse -, gelangt er zu einer Formel fur die Atommasee, die, da Pie eine siebente Wurzel enthat, als wenig vertrauenerweckend bexeichnet werden muB. Unter Verwendung dieser Formel wird eine Zablenreihe fur die A. G. erhalten. die Fehr l e als ,,ideale Atomgewichte" bezeichnet, und natiirlich keine ganzen Zahlen, d. h. keine ganzen Vielfdchen vom Gewicht des Wasser- stoffs ergibt. Auf diese Zahlenreihe, ihrem Vergleich rnit den experimentellen Atomgewichten, der gefuodenen PeriodiziWt der Differenzen zwischen beiden baut sich das Ubrige auf, das i n Zahlen- operationen von kabbalistischem Geprlge auslluft.

Die moderne Naturwissenschaft ist frob, durch die grundlegenden A s t o n schen Versuche iiber Mawenspektroskopie die Frage der nicht ganzzahligen Atomgewichte als weitgehend gekllrt betrachten zu kbnnen. Danach gibt es bekanntlich nur ganzxahlige Atomgewichte und die nicht ganzzahligen Verbindungsgewichte werden durch Mischung zweier oder mehrerer Isotopeo in irgendeinem Verhlltnis begriindet. Praktisch ignoriert Feh r l e diese bahnbrechenden Experi- mentalbefunde. Faktisch werden die A st o n schen Versuche allerdings zitiert mit dem Urteil: ,,Irgendeinen Erfolg in bezug auf die gesetz- mlBige Erkllriing der UnregelmlSigkeiten bei den Atomgewichten hrben sie nicht pezeitigt'. DHS hei5t denn doch, die Dinge auf den Kopf stellen. Nachdem es einmal gegltickt ist, die Ursache qualitativ

A. Sieverts. [BB. 139.1

Freiburg 1922.