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Catch the Flow Strömungsvisualisierung im menschlichen Körper Marion Deichmann Modul 3010 – Konventionen in der Wissenschaftlichen Illustration ZHdK Januar 2013

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Catchthe

FlowStrömungsvisualisierung

im menschlichen Körper

Marion DeichmannModul 3010

– Konventionen in der Wissenschaftlichen Illustration

ZHdKJanuar 2013

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InhaltI. Einleitung

II. Strömungsvisualisierung

III. Kontextualisierung

IV. Fazit

V. Quellenverzeichnis

MotivationVorgehenGliederung

Einführung StrömungenGrafikExperimentSimulation2D, 3D, 4D

Medizin und KörperdarstellungenKombination

ZusammenfassungKonklusionAusblick

BildquellenLiteraturverzeichnis

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I. EinleitungMotivation

Was für mich das Spannende an der Wissenschaftlichen Illustration ist, sind die zwei total verschiedenen Sichten, die Wissenschaftler und Illustrator auf denselben Sachverhalt haben – und dementsprechend auch ganz verschiedene Ansprüche an eine Darstellung. Da ich jeweils nur die Sicht des Gestalters kenne, ist es mir hier ein Anliegen, auch einen Einblick in die mir weniger bekannte Sichtweise zu bekommen.

Eine solche Chance wurde mir zugetragen durch den Vortrag von Professor Vartan Kurt-cuoglu von der Interface Group der Universität Zürich, über die Strömungsvisualisierung im menschlichen Körper. Professor Kurtcuoglus Arbeit hat zum Ziel, eine neue Darstel-lungsform zur Kommunikation mit Wissenschaftlern, Ärzten und Patienten zu generieren. Das Thema, die interdisziplinäre Arbeitsweise und die klare Forderung nach gestalterischer Innovation interessieren mich, und haben mich dazu veranlasst, mich in dieser kurzen schriftlichen Arbeit ebenfalls mit dem Thema Strömungsvisualisierungen zu befassen.

Da dieses Thema für mich in jeder Hinsicht neu ist, besteht meine Arbeit mehr aus einem Annäherungsversuch als einer Abhandlung, ein Überfliegen der mir relevant scheinenden Bereiche, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ich versuche die Herkunft von Darstellungen aus einigen experimentellen und optischen Verfahren aufzuzeigen, sowie auch die numeri-sche Fluiddynamik (computational fluid dynamics, CFD) zu streifen. Ausserdem spreche ich über die grafischen Mittel der Strömungsdarstellung, sowie die Darstellung in 2D, 3D, 4D (Film).

Des weiteren geht es um die Kontextualisierung von solchen Datenvisualisierungen in der Medizinischen Darstellung, die Problematik der verschiedenen Abstraktionsebenen und der unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Betrachter.

Aus diesen Analysen will ich versuchen Problematiken aufzuzeigen, einen Standort zu er-mitteln und mögliche Entwicklungsrichtungen anzudenken.

Unsichtbare Flüsse – wie lassen sich Strömungen im menschlichen Körper verständlich, ästhetisch und wissen-schaftlich präzise darstellen?Eine Suche nach Bild- und Filmspra-chen.

3010

Interface Group

Relevanz

Fragestellung

Diese Arbeit entsteht im Rahmen des Moduls „Konventionen in der Wissen-schaftlichen Illustration“ im 3. Semester des Bachelor in Design, Scientific Visua-lization. Es ist eine individuelle schrift-liche Arbeit zu einer persönlichen Fra-gestellung, die von einer Bilderrecherche ausgeht.

Die Forschungsgruppe an der Univers-sität Zürich unter der Leitung von Prof. Kurtcuoglu untersucht medizinische Forschungsprobleme mit interdiszipli-nären Methoden aus Ingenieurwissen-schaften, Biologie und Medizin.

Das Thema Strömungsvisualisierung ist für die Wissenschaftliche Illustra-tion sehr interessant, da sie in einem breiten Feld von Fachgebieten zur An-wendung kommt und der Erkenntnis-gewinn oft über die Visualisierung statt-findet. Ausserdem befindet sie sich mit der Entwicklung neuer Technologien in ständigem Wandel, was immer neue Forderungen an die Darstellung mit sich bringt.

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Vorgehen

Gliederung

Um dem Thema der Strömungsvisualisierung näherzukommen, benutze ich verschiedene Ansätze. Zum einen eine recht breite Bildrecherche, sowohl zu den Strömungsvisualisierun-gen als auch zu Medizinischen Darstellungen, in Bildern, Videos und Animationen, die ich zu analysieren versuche. Dabei nehme ich bereits vorhandene Literatur in Form von Schul-arbeiten, Papers und Informationsseiten aus dem Internet zu Hilfe. Einerseits geschieht dies auf einer gestalterischen Ebene, andererseits habe ich mich auch in die technischen Hinter-gründe eingearbeitet, um die Entstehung der Bilder nachvollziehen zu können.

Zuerst werde ich die Strömungsvisualisierung im allgemeinen betrachten. Ich beginne mit einer kurzen Einführung, dann gehe ich auf die grafischen Mittel zur Darstellung ein. Von den Ursprüngen der Strömungsvisualisierung über einen kurzen Einblick in die physikali-schen Grundlagen der Simulation gehe ich über zu modernen Darstellungsmethoden, und schliesse den Kreis mit dem Vorstellen von zweidimensionalen Bildern, 3D Modellen und Animationen.Zur Kontextualisierung der Strömungsdarstellungen spreche ich über die Bildtraditionen in der Medizinischen Darstellung. Dann gehe ich auf die Problematik ein, die entsteht, wenn die zwei Bildwelten – die Strömungsdarstellung zum einen, die anatomischen Darstellungen zum anderen – kombiniert werden sollen.Daraus ergibt sich das Fazit aus meiner persönlichen Recherche, und mögliche Ausblicke zur Weiterarbeit.

Die Gestaltung meiner Arbeit ist auf die Doppelseite ausgelegt. Zum Haupttext auf der lin-ken Seite finden sich auf der rechten jeweils vertiefte und hervorgehobene Informationen, sowie Bildmaterial und -Kommentar.

Schmocker, Anna; Das Bild der MeeresströmungenTheoretische Bachelorthesis, CH 2011

Michael Neike, Alexander Kuhn; Ausarbeitung Strömungsvisualisierung –Seminar Illustrative Visualisierung Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, DE 2008

Computer Graphics forumTony McLoughlin, Robert S. Laramee, Ronald Peikert, Frits H. Post, Min Chen;Over Two Decades of Integration-Based, Geometric Flow VisualizationSwansea University, GB 2010

Wei-Hsien Hsu, Jianqiang Mei1, Carlos D. Correa, and Kwan-Liu Ma;Depicting Time Evolving Flow with Illustrative Visualization TechniquesUniversity of California, Davis, USA 2010

arXiv:1206.1148v2 [cs.GR] 7 Aug 2012C.P. Botha, B. Preim, A. Kaufman, S. Takahashi, A. YnnermanFrom individual to population: Challenges in Medical VisualizationSchloss Dagstuhl, DE 2012

http://en.wikipedia.org/wiki/Computational_fluid_dynamicshttp://de.wikipedia.org/wiki/Strömungsmechanikhttp://en.wikipedia.org/wiki/Flow_visualizationhttp://en.wikipedia.org/wiki/Navier–Stokes_equationshttp://de.wikipedia.org/wiki/Bildgebendes_Verfahrenhttp://de.wikipedia.org/wiki/AnatomieStand: 30.01.2013

Layout

Quellen, LiteraturSchmocker:

Neike/Kuhn:

CGforum

Wei

Botha

wiki

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II. Strömungs-visualisierung

Einführung

„Der Begriff Strömung beschreibt die gerichtete Bewegung von Teilchen oder kontinuierli-chen Medien im Raum.“ (Neike/Kuhn, S.4)

Wind, Meeresströmungen, Flüsse, Menschenmengen, Blut, Kühlflüssigkeit, Ventilations-luft, Zigarettenrauch, Fahrtwind – Unabhängig davon ob es sich um eine Flüssigkeit oder ein gasförmiges Medium handelt sind Strömungen vorhanden. Diese sind aber nur in Einzelfällen direkt wahrnehmbar – beispielsweise als Wellen an der Wasseroberfläche, als Rauchschwaden in der Luft, oder als spürbarer Luftzug. Dort wo Strömungen sichtbar sind, üben sie jedoch häufig eine grosse Faszination aus. Licht- und Farbenspiel, Muster und Spuren entstehen, zeichnen sich durch hohe Komplexität und Äs-thetik aus, sind jedoch nie ganz fassbar.

Nun gibt es einige Zweige der Wissenschaft und der Technik, die häufig darauf angewie-sen sind, Strömungen genau zu verstehen: Ingenieurwissenschaften – beispielsweise bei der Konstruktion von Flugzeugen, Meteorologie – Entstehung von Wetterphänomenen, Medizin – Blut- und andere Strömungen. Die Eigenschaften von Strömungen, die dabei untersucht werden sind jedoch immer etwa die selben: Richtung, Geschwindigkeit, Druck, Dichte, Viskosität (Zähigkeit des Strömungsmediums), Verhalten entlang Oberflächen, to-pologinsche Struktur etc.

Bei den notwendigen Analysen spielen Visualisierungen eine zentrale Rolle. Das Erfassen und Auswerten der Eigenschaften von Strömungen in den verschiedenen Medien ist kom-pliziert und aufwändig, die Unmengen der erhaltenen Daten auszuwerten und daraus die relevanten Schlüsse zu ziehen ebenso. Deshalb erstaunt es nicht, dass ein ganzer Wissen-schaftsbereich sich seit langer Zeit damit befasst – man könnte sogar bis zu Leonardo Da Vincis Zeichnungen von Wellen und Strömungen im Wasser zurückgehen. Strömungen in verschiedenen Medien

Fotografische Annährung an Strömungsdarstellungen als Koope-rationsprojekt von Physik- und Kunststudenten

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Grafik Da Vinci selbst verglich in seiner Darstellung Strömung mit Haaren (Abb.6). Seine Zeichnung funktioniert über die Linie, oder genauer, über Bündel von gleichmässigen Linien, die die Bewegungsverlauf des Wasser anzeigen. Die Zeichnung sagt jedoch nichts über die Stärke oder andere Eigenschaften der Strömung aus – die Verdichtungen und Hell-/Dunkelkontraste beschreiben Volumen und Lichteinfall auf die Wasseroberfläche.

Über die Linie lassen sich aber leicht weitere Aussagen über die Strömung machen, insbe-sondere in Kombination mit anderen grafischen Elementen. Die Darstellungsweise folgt bestimmten Konventionen, die sowohl bei Bildern aus wissenschaftlichen Fachkreisen als auch in der Populärwissenschaft zur Anwendung kommen (vgl. Schmocker)

(Abb. 9) Die Strömungsstärke wird gezeigt über die Dicke der Linie, die Dichte von Linien-bündeln oder die Farbe.

(Abb.7, 8) Sehr häufig eingesetzt werden Pfeile, abgeleitet vom physikalischen Vektor, der eine Richtung und einen Betrag hat. Dabei wird die Richtung eindeutig bestimmt, und die Stromstärke durch die Länge gezeigt. Pfeile können aber auch gekrümmt dargestellt wer-den, die Stärke kann über die Pfeildicke, die Grösse der Spitze oder durch mehrere Pfeilspit-zen (Fiederung) angezeigt werden.

(Abb. 7, 9, 10, 11) Die Farbe wird meist genutzt um den Druck, oder die Temperatur des Mediums darzustellen oder mehrere Medien zu unterscheiden, aber auch um eine Räumlich-keit zu suggerieren. Über einen Farb- oder Transparenzverlauf kann auch die Strömungs-richtung angezeigt werden. Dabei wird der visuelle Eindruck einer Bewegungsunschärfe genutzt.

(Abb. 7) Die Gestaltgesetze und die Perspektive werden eingesetzt um Strömungen im Raum darzustellen. Flächen und Muster können Räumlichkeit und Richtung hervorheben.

(Abb. 10) Phasenbilder ermöglichen die zeitliche Veränderung einer Strömung oder die Be-wegung von Partikeln mit einer Strömung zu zeigen, sei es mit einer Bildfolge, oder mit der Wiederholung von Bildelementen.

Grafische Strömungsdarstellungen

Linie

Pfeile

Farbe

Wiederholungen

Räumlichkeit

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Experiment Moderne Strömungsvisualisierungen basieren stark auf den Ergebnissen praktischer, expe-rimenteller Visualisierungsverfahren. Obwohl nicht alle dieser Verfahren heute noch zum Einsatz kommen, sind die Prinzipien dieselben, und die Bildsprache wird bis zu einem gewissen Grade auch bei computerbasierten Visualisierungen wieder aufgenommen. Im folgenden sind einige Experimentelle Techniken beschrieben.

Den Verlauf einer Luftströmung entlang einer Oberfläche kann relativ einfach angezeigt werden.Fäden (Abb. 13): die leichten Fäden folgen dem Strömungsverlauf und zeigen durch unre-gelmässige Bewegung TurbulenzenÖl oder Farbe (Abb. 12): bildet Muster in der Strömung.

Strömungen in transparenten Medien zeigen sich anhand Veränderungen der Dichte und damit des Brechungsindexes für Licht. Um diesen sichtbar zu machen gibt es verschiedene Techniken:Schattengraph (shadowgraph): parallele Lichstrahlen werden durch die veränderte Dichte des strömenden Mediums abgelenkt und auf einer Projektionsfläche als Schattenbild wahr-genommen.Schlierenfotografie (Abb. 14): funktioniert ähnlich wie der Schattengraph, allerdings wer-den zusätzlich die Lichtstrahlen durch eine Linse fokussiert und über eine Blende teilweise abgedeckt, wodurch über die Helligkeitswerte des Schattenbildes direkt auf die optische Dichte des Mediums geschlossen werden kann.

(Abb. 11) Eine der gebräuchlichsten Formen der Strömungsvisualisierung. Einer Strömung werden Partikel hinzugefügt, zum Beispiel Rauch in der Luft oder Farbe in einer Flüssig-keit. Die Partikel müssen leicht sein und eine ähnliche Dichte wie das umgebende Material haben. Um bestimmte Bereiche der Strömung hervorzuheben, wird Laserlicht eingesetzt, das eine einzelne Schicht der Strömung sichtbar macht. Die Bewegung der Partikel kann wiederum über Technische Verfahren wie Particle Tracking Velocimetry gemessen und erfasst werden, und als Daten weiterverwendet werden (Abb. 15).

Oberflächige Strömungsvisualisierung:

Optische Verfahren:

Partikelzugabe:

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Simulation Wo die experimentelle Strömungsvisualisierung an Grenzen stösst, zu aufwändig, zu unge-nau oder nicht durchführbar ist, setzt die Numerische Strömungsmechanik (Computational Fluid Dynamics, CFD) an. Dabei geht es darum, Strömungsfelder mathematisch zu be-schreiben, Strömungen zu simulieren und sie zu visualisieren.

Mithilfe des mathematischen Modells der Navier-Stokes Gleichungen wird das Verhalten von Newtonschen Flüssigkeiten beschrieben. Aus der Lösung ergibt sich ein Vektorfeld, das für alle möglichen Punkte in einem Strömungsfeld eine Strömungsgeschwindigkeit definiert.Die wichtigsten der beschriebenen Eigenschaften sind Geschwindigkeit, Dichte, Druck, Spannung und Temperatur. Wichtig ist dabei auch die Zähigkeit (Viskosität) des Mediums, das heisst, ihre Widerstandsfähigkeit gegen Verformung oder innere Reibung. Während Wasser zum Beispiel zu den Newtonschen Flüssigkeiten gehört, deren Viskosität immer gleich bleibt, ist Blut keine Newtonsche Flüssigkeit, das heisst, mit der Krafteinwirkung verändert sich auch die Zähigkeit, was wiederum Einfluss hat auf das Strömungsverhalten.

Interessant und problematisch für die Strömungsvisualisierung ist, dass sich die Navier-Sto-kes-Gleichungen nur in Spezialfällen exakt lösen lassen, zum Beispiel für ein quadratisches Feld. Für zufällige Geometrien, wie es auch Blutgefässe sind, kann nur eine Annäherung ge-macht werden, indem man die Fläche in möglichst viele Quadrate unterteilt. Auch für nicht newtonsche Flüssigkeiten wie Blut gibt es noch kein allgemein gültiges Modell. Ausserdem ist der Rechenaufwand für diese Modelle so hoch, dass die Berechnung praktisch nur mit Supercomputern durchgeführt werden kann.

Um nun ein solches zwei- oder dreidimensionales Strömungsfeld sichtbar zu machen, die Strömung eigentlich zu visualisieren, gibt es wiederum verschiedene Möglichkeiten. Diese hängen davon ab, welche Eigenschaften der Strömung gezeigt werden sollen. Solche Strö-mungsvisualisierungen werden mittels Algorithmen berechnet und generiert, bedienen sich aber in der Umsetzung häufig bei grafischen und illustrativen Darstellungsformen. (vgl. Neike/Kuhn, wiki, CGforum)

Strömungsfeld:

Stromlinien:

Streichlinien:

Bahnlinien:

Zeitlinien:

(vgl. wiki)Strömung, die weder Richtung noch Geschwindigkeit ändert.

Strömung, die mit der Zeit Richtung und Geschwindigkeit än-dert.

Strömung ohne Turbulenzen; die Schichten des Mediums ver-mischen sich nicht. Meist bei stationären Strömungen.

Strömung mit Verwirbelungen; scheinbar zufällige kreisförmige Bewegungen.

Strömungen in Gefässen mit einem Pegel (Wasserspiegel)Strömungen in geschlossenen, vollgefüllten GeometrienStrömung durch ein poröses Medium

Mathematisches Modell

Strömungsarten und AspekteStationäre Strömung:

Instationäre Strömung:

Laminare Strömung:

Turbulente Strömung:

In flüssigen MedienStrömung in offenen Gerinnen:

Strömung in Rohrleitungen:Sickerströmung:

zwei- oder dreidimensionales Vektorfeld, das mit charakteristi-schen Linien definiert werden kann:

Linie, die tangential zu den Geschwindigkeitsvektoren verläuft – Richtung, die ein Partikel zu jeder Zeit einschlägt (Abb.17: gestrichelte Linien)Linie, die bei kontinuierlicher Zugabe von Partikeln an einem Punkt entsteht. (Abb. 17: blaue Linie)Linie, die dem Weg eines einzelnen Partikels folgt (Abb. 17: rote Linie)Verbindungslinie von Partikeln, die gleichzeitig der Strömung zugegeben wurden

Stromlinien, Streichlinie und Bahnlinie in einem instationären

Strömungsfeld

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Topologische Strukturen in einem zwei-dimensionalen Vektorfeld

(Neike/Kuhn)

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Das Vektorfeld kann direkt, also ohne die Daten zu bearbeiten, visualisiert werden als ein zwei- oder dreidimensionales Gitter aus Pfeilen – Richtung und Geschwindigkeit sind ables-bar. Mittels Farbkodierung werden einzelne Parameter als Gradienten dargestellt – Druck, Temperatur, Geschwindigkeit (Abb. 21) etc. Direkte Visualisierungen lassen sich schnell erfassen, sind aber beschränkt im Informationsgehalt. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Re-chenaufwand gering bleibt.

Häufig anzutreffen sind texturbasierte Visualisierungen. Beispiele dafür sind die LIC (Line Integral Convolution) (Abb. 22a) und Texture Advection (Abb. 22b). In beiden Fällen wird eine gegebene Textur, zufällig oder geometrisch, entlang den Stromlinien des Vektorfel-des verzerrt. Diese Methoden kommen vor allem auf Oberflächen von Objekten, oder in Kombination mit geometrischen Visualisierungen zum Zuge, da dreidimensionale Texturen schnell rechenaufwändig und unübersichtlich werden (vgl. Neike/Kuhn).

Merkmalbasierte Visualisierungen konzentrieren sich auf die Darstellung von kritischen Punkten innerhalb einer Strömung. Dazu gehören Quelle und Senken, Wirbel (Kreisför-mige Strömungen) und Sattelpunkte. Diese topologischen Strukturen werden getrackt, dh. verfolgt und hervorgehoben, um die Darstellung auf die interessanten Teile zu reduzieren (Abb. 23, 24) (vgl. Neike/Kuhn).Merkmale wie die Dichte, Druck oder Temperatur können auch mit Isoflächen dargestellt werden. Dies sind Flächen im Raum, die Punkte mit gleichem Wert (Temperatur, Dichte etc.) verbinden und dadurch als dreidimensionales Objekt sichtbar machen.

Bei der geometrischen Visualisierung werden geometrische Objekte aus den Strömungsda-ten generiert. Diese Art der Darstellung eignet sich sowohl für 2D, 3D als auch animierte Darstellungen, da sie sowohl übersichtlich als auch intuitiv zu verstehen ist.Die Schwierigkeit bei der geometrischen Visualisierung liegt darin, wo die Punkte oder Par-tikel im Strömungsfeld platziert werden – das Seeding. Dieser Vorgang ist analog zur Zuga-be von Partikeln in der experimentellen Visualisierung. Mit der Platzierung und Verteilung dieser Partikel muss eine Gleichgewicht gefunden werden zwischen Übersichtlichkeit – zu viele Linien und das Bild ist nicht mehr lesbar, und Detailliertheit – alle kritischen Merkmale müssen sichtbar sein (vgl CGforum).

Texturbasierte Visualisierung

Merkmalbasierte Visualisierung

Geometrische Visualisierung

Visualisierung von Stromlinien (Abb. 18, mit Kegel-Glyphen)zwei Stromlinien werden zu einer Fläche verbunden (Abb. 19)ein Kreis wird entlang den Stromlinien verschoben(Abb. 20)Verbindung von Strömungslinien, die von benachbar-ten Punten auf einer Kurve ausgehen (Abb. 26)

Direkte Visualisierung

Streamlines

Streamribbons

Streamtubes

Streamsurfaces

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(23)

(26)

(24) (25)

(18)

(19)

(20)

(22b)(22a)

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2D, 3D, 4D Die Schwierigkeit bei der Visualisierung von Strömungen liegt in der Vielschichtigkeit der Informationen, den verschiedenen Informationsebenen, und der Mehrdimensionalität. Strömungen sind Prozesse, sie bewegen sich im Raum und verändern sich mit der Zeit. Die-se Informationen sind zunächst einmal als Zahlenwerte der Eigenschaften von Strömungen vorhanden. Diese müssen dann mit den oben beschriebenen Verfahren sichtbar gemacht, und mit grafischen Elementen codiert werden.

In 2D, also in einem flachen Bild, sei es in einem gedruckten Medium oder auf einem Screen, muss die Strömung möglichst auf einen Blick zu erfassen sein. Die Gestaltungsmöglichkei-ten sind jedoch beschränkt. Wenn einige Eigenschaften hervorgehoben werden, werden andere verdeckt. Beispielsweise lässt sich mit der Farbe entweder Temperatur, oder Dichte, oder Geschwindigkeit codieren, aber nicht mehrere Informationen gleichzeitig. Dies gilt sowohl bei 2D Strömungen (Abb. 28, 29), als auch 3D Visualisierungen (Abb. 30–32), die als Bild ausgegeben werden.

Um räumliche und zeitliche Verhältnisse aufzuzeigen kann mit mehreren Bildern, oder der Wiederholung von Bildelementen, gearbeitet werden. In einer Bildserie können zum Bei-spiel mehrere Ansichten des gleichen Zustands gezeigt werden (Abb, 30), oder bei gleicher Ansicht eine Abfolge durch die Zeit (Abb. 32). Zusätzliche Information wird so auch durch die Anordnung von Bildern in Serien gegeben.

Illustrative Techniken können eingesetzt werden, um Aspekte zu verdeutlichen, hervorzu-heben, und ein attraktives Bild zu generieren (vgl. Wei, Abb. 31, 32). Transparenz, Tonwert und Konturen werden in Anlehnung an künstlerische Darstellungsweisen eingesetzt um den Blick zu lenken und eine bestimmte Aussage zu machen. Diese Nachbearbeitung geschieht rechnerisch, und wird je länger je mehr automatisiert.

In 3D ist die räumliche Struktur gegeben (Abb. 27). Allerdings, um Räumlichkeit tatsächlich wahrnehmen zu können bedarf es mehr als die Darstellung in einer 3D Software. Räumli-che Wahrnehmung kann simuliert werden mittels Stereoskopie – zwei leicht verschobene Ansichten eines Objektes suggerieren eine Tiefenwirkung. Diese Technik kommt auch bei 3D Brillen zum Einsatz. Tatsächlich dreidimensionale Darstellungen funktionieren jedoch

Bild

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(31)

(29)

(32)

Raum

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nur über ein Volumendisplay, der wirklich Bildpunkte im Raum projiziert, die der Betrachter von allen Seiten anschauen kann. Verbreitet sind solche Geräte aber noch nicht.Weit häufiger wird jedoch Dreidimensionalität über Animation oder Interaktion gezeigt. Auf dem Screen wird eine Kamerafahrt nachgeahmt, um die Räumlichkeit zu veranschau-lichen.

Dies führt zur Darstellung in 4D – im bewegten Bild. Einzelne Parameter einer Strömung können animiert werden, und so deren Veränderung mit der Zeit dargestellt werden. Dadurch werden Richtung, Geschwindigkeit und Verände-rungen im Strömungsfeld sichtbar, was bei der Darstellung von instationären Strömungsfel-dern besonders wichtig ist. Dafür lassen sich zeitlich versetzte Phänomene nicht auf einmal erfassen, was wiederum das Verständnis und die Übersicht erschwert. Dies gilt sowohl für zweidimensionale Strömungsfelder (Abb. 35, 36) als auch für dreidimensionale Darstel-lungen (Abb. 33). Dreidimensionale, animierte Visualisierungen von Partikel-Simulationen werden technisch je länger je einfacher machbar. Mit der Verlagerung des Renderings vom CPU (Central Processing Unit) auf die leistungsfähigeren Graphics Processing Units, was die Renderzeit sehr stark verkürzt (Abb. 34). Solche Effekte sind beeindruckend und visuell ansprechend. Je nach Darstellung ist es aber schwer zu verfolgen, wie die Bewegung im Raum erfolgt, und somit nicht unbedingt zur genauen Analyse geeignet (vgl. CGforum).

Ein Interaktive Darstellung ermöglicht dem Betrachter, die Parameter der Strömung, sowie die Bewegung in Raum und Zeit selber zu bestimmen. Für das Verständis sehr hilfreich, aber enorm aufwändig an Infrastruktur und Rechenleistung. Ausserdem muss ein gewisses Vorwissen im Umgang mit interaktiven Darstellungen vorhanden sein, um davon gewinn-bringend Gebrauch machen zu können (Abb. 37).

Bewegung

3D Strömungsvisua-lisierung mit Partikel-simulationssystemen,

wie sie in der Film- und Gameindustrie eingesetzt werden.

(Abb. 33, 34)

Interaktives Partikel-Tracing in einer Strömungssimulation in instationären, dreidimensionalen Strömungsfeldern, unter

Verwendung einer 3D- Brille(Abb. 37)

2D Animation von instationären Strömungen(Abb. 35, 36)

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(37)

(35)

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III. Kontextuali-sierung

Medizin und Körperdarstellungen

Anatomische Darstellung

Strömungsvisualisierungen im menschlichen Körper bedeutet, die Strömung in einem ganz anderen Kontext zu betrachten. Die Medizinische Darstellung hat wieder eigene Bildtradi-tionen und Konventionen. Im Folgenden sollen diese näher betrachtet werden, mit Fokus auf das Herz und die Blutgefässe. Um den Bogen zu schliessen, kann auch hier bei Leonar-do Da Vinci begonnen werden (Abb. 39). Seine anatomischen Zeichnungen fertigte er nach Beobachtung an – wobei er seinen Zeit-genossen in Sachen Genauigkeit voraus war. Dies gilt auch für Vesalius, der mit seinem Werk De humani corporis fabrica als Gründer der modernen Anatomie gilt (vgl wiki). Mit der Renaissance begann das eigentliche Studium der menschlichen Anatomie anhand von Dissektion, und die Ablösung von den überlieferten Schriften aus der Antike.

Bis heute sind die meisten anatomischen Atlanten von Hand gezeichnet, da diese Zeichnun-gen eine unübertroffene Genauigkeit und Lesbarkeit aufweisen. Die Konventionen in der Darstellung haben sich nicht stark verändert, und sind zum Teil zu universellen Sehgewohn-heiten geworden. Die Farbigkeit zum Beispiel orientiert sich nur teilweise an der Realität (Hautfarbe, Rot der Muskeln, Weiss der Knochen), und ist zum Teil in in eindeutigen Codes festgehalten (Rot für arterielles, Blau für venöses Blut etc.) Auch bei Darstellungen, die als 3D Modelle entstehen, werden diese Konventionen grösstenteils beibehalten (Abb. 40).

Was zu beachten ist, ist die Tatsache, dass die traditionellen Abbildungen sich immer auf die Beobachtungen von aufgeschnittenen, meinst toten Körpern stützen. Sie zeigen deshalb auch häufig die bei der Sezierung verwendeten Instrumente, die Schnitte und Eingriffe in den Körper, und auch die Gesichter und individuellen Merkmale des sezierten Menschen (Abb. 38) Bei modernen 3D Bildern und Animationen wird abgesehen von Schnittbildern vor allem Transparenz genutzt, um das Innere sichtbar zu machen (Abb. 40/41). Es ist aber natürlich nicht möglich, solche Beobachtungen in der Realität zu machen. Die Bilder nutzen illusionistische Gestaltungsmittel – Licht, Materialität, Tiefenschärfe etc. – um den Sachverhalt verständlich zu machen und glaubhaft wirken zu lassen (Abb. 41-44). Solche Darstellungen sind jedoch mehr oder minder fiktiv, insbesondere wenn eigentlich abstrakte Modelle, Metaphern oder Annäherungen mit naturalistischen Stilmitteln abgebildet werden (Abb. 42, 43).

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Eine grosse Veränderung brachte die Entwicklung der Bildgebenden Verfahren mit sich. Dazu gehören unter anderem (vgl wiki): Mikroskopie, Röntgenaufnahmen und Computer-tomographie, Ultraschall, Magnetresonanztomografie (MRT/MRI), Infrarot, Endoskopie, Positronen-Emissions-Tomografie. Anwendung finden die Bildgebenden Verfahren vor al-lem in der Diagnostik und der Forschung. Je nach Technik und der nachträglichen Bearbei-tung liefern diese Verfahren Bilder mit ganz bestimmten Bildsprachen, die zum Teil nur mit grossem Vorwissen lesbar sind.

Mit MRI (Abb. 46) lassen sich sehr detaillierte Abbildung generieren. Die verschiedenen Gewebearten im Körper reagieren unterschiedlich auf das starke Magnetfeld – diese un-terschiede werden je nach Einstellung des Geräts in Grauwerten codiert als Schnittbild wiedergegeben.

Aus den Daten von CT und MRI Schnittbildern, die in kleinen, regelmässigen Abständen erzeugt werden, kann ein dreidimensionales Datenset gewonnen werden – aus den zweidi-mensionalen Pixel werden dreidimensionale Voxel (Abb. 47). Diese Daten können wiede-rum über Volumenrendering(vgl wiki) zu einer Darstellung als 3D Objekt auf dem Bild-schirm verarbeitet werden, wobei jedem Voxel eine Farbe und eine Transparenz zugeteilt wird. Dies geschieht rechnerisch auf verschiedene Arten, zum Beispiel über die Darstellung von Isoflächen.

Solche 3D Darstellungen sind ein sehr genaues Abbild des Körpers, oder Körperteils, der untersucht wird. Je nach Rechenleistung können sogar Beobachtungen in Echtzeit, in Bewe-gung gemacht werden. Die Entwicklung der notwendigen Hard- und Software ermöglicht auch die weitere Bearbeitung der Darstellungen bis hin zum Hyperrealismus (Abb. 45).

Die Illustration (3D Rendering miteingeschlossen) und die auf Bildgebende Verfahren ge-stützte Visualisierung beeinflussen sich gegenseitig. Die Illustration bedient sich der Dar-stellungsweisen von Bildgebenden Verfahren und wendet sie auf Zeichnungen an, zum Teil auch nur Aspekte davon, wie die Farbgebung (Abb. 49). Zugleich geschieht das umgekehrte mit non-photorealistic rendering: illustrative Mittel wie Konturen oder Verläufe werden auf Visualisierungen von echten Daten angewendet (Abb. 48).

Bildgebende Verfahren (46)

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(47)

(48)(49)

Volumenrendering

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KombinationBildanalyse

Abb. 50: Roy van Pelt, 2012

Abb: 51: Partho P. Sengupta et. al., 2012

Abb. 52: Partho P. Sengupta et. al., 2012

Abb. 53: NURadiology, 2011

Sowohl in der Strömungsvisualisierung als auch in der Darstellung von Anatomie gibt es Konventionen, Traditionen und Gewohnheiten, die sich zum Teil ähnlich sind, zum Teil weit auseinandergehen – insbesondere sind Strömungsdarstellungen nochmals abstrakter als Bilder des menschlichen Körpers.Die folgenden kurzen Bildanalysen untersuchen kombinierte Darstellungen von Blutströ-mungen in Adern des menschlichen Körpers.

Statische 2D-Visualisierung von 4D-Strömungsdaten von Blut als Bahn-Pfeile, die Ge-schwindigkeit ist farbcodiert. Zusätzlich ist das Herz und die umliegenden Blutgefässe als illustrative Darstellung beigefügt. Die Darstellungsweise kommt grafisch daher (Farben, Konturen), sie ist übersichtlich und schnell erfassbar, und auch für Laien verständlich. Die Räumlichkeit wird durch Überschneidungen erzielt, das Bild wirkt jedoch sehr flach auch besonders durch den hellen Hintergrund.

Statisches Abbild einer 3D-Visualisierung von Bahnlinien, generiert aus CMR (cardiac ma-gnetic resonance) Daten. Die Geschwindigkeit ist wiederum farbcodiert, zusätzlich wird zwischen dem linken und rechten Ventrikel differenziert. Die Bahnlinien sind sehr dicht, die Darstellung dadurch nicht transparent (grosse Teile des Strömungsfeldes sind verdeckt), je-doch sehr räumlich. Das Herz ist als 2D MRI Bild daruntergelegt, was den Kontext schwe-rer lesbar macht. Dafür erreicht es durch Farbgebung und Raumwirkung eine hohe Ästhe-tik, und gibt ein intuitives Gefühl für den Strömungsverlauf.

Animation eines flachen Feldes von CMR Strömungslinien und einer Partikel-Zeitlinie. Die Räumlichkeit wird erst verständlich durch die zusätzliche Schnittansicht von oben. Ohne ein bestimmtes Vorwissen ist die Animation schwer nachvollziehbar, da sie mehrere Darstel-lungsformen (Stromlinien, Farbkodierung, Partikel, Zeitlinie) zusammenfasst.

Animierte 3D Visualisierung aus MRI-Daten. Verbindung mehrerer Abstraktionsebenen in 3 parallelen Bildern, Visualisierung von quantitativen Daten als Kurvendiagramm. MRI Bilder des Herzens sind als Flächen in den Raum gelegt, was jedoch die Räumliche Wirkung eher verschlechtert. Die Darstellung zeigt eine grosse Fülle von Daten, ist aber schwer zu erfassen, vor allem für Laien.

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Welche Eigenschaften der Strömung sind visualisiert und was ist vom Kon-text des Körpers zu sehen?

Welche Art der Darstellung wurde ge-wählt, was für illusionistische, illustrative und grafische Gestaltungselemente wur-den verwendet?

Wie intuitiv verständlich ist die Darstel-lung, in Sachen Räumlichkeit, Zeitdi-mension, Abstraktionsebenen? Welche zusätzlichen Informationselemente wie Text oder Zahlen sind vorhanden? Gibt es Interaktionsmöglichkeiten?

Information

Gestaltungsmittel

Publikum

Die Analyse erfolgt anhand der Frage: Welche Informationen wer-den mit welchen Mitteln an welches Publikum vermittelt?

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Diese 3D Animation fokussiert auf das dekontextualisierte Modell des schlagenden Her-zens. Licht, Schatten und Materialität werden eingesetzt um eine hyperrealistische Darstel-lung zu erreichen. Über eine leichte Transparenz wird die Blutströmung in Form eines feinen roten Partikelnebels sichtbar, der mit dem Herzschlag ein- und ausströmt. Davon abgesehen werden keine Informationen über die Strömung visualisiert. Die Darstellung ist intuitiv verständlich. Wesentlich ist bei dieser und auch der nächsten Abbildung, der Unter-schied, dass es sich um eine Visualisierung zur Patienteninformation handelt, und nicht zur Erkenntnisgewinnung.

Hier ist eine interaktive Weiterentwicklung des Modells zu sehen, bei dem der Betrachter selbst den Grad der Transparenz bestimmen kann, und so einen Einblick ins Innere des Herzen erhält. Die Wand wird dabei „gläsern“ – diese Darstellungsform entfernt sich schon wieder vom Hyperrealismus zu einer anderen Form der Abstraktion. Durch die Interaktivi-tät wird es nachvollziehbar.

Diese Darstellung zeigt eine Interaktive Visualisierungsmethode, die dreidimensionale Standbilder produziert. Die Strömung in einem Aneurismus wird mit Stromlinien darge-stellt, die Geschwindigkeit farbcodiert. Innerhalb der roten Ellipse ist der Druck anhand von ebenfalls farbcodierten Isoflächen dargestellt. Dadurch, dass der Betrachter diese Linse selber platziert und ausrichtet, kann er sich die nötige Übersicht schaffen. Er kann ausser-dem frei wählen zwischen verschiedenen Parametern der Strömung, die visualisert wer-den. Die Darstellung ist illustrativ, grafisch. Die Lesbarkeit wird verstärkt durch Konturen, Licht/Schatten und Transparenz, ohne eine realistische Lichtsituation anzustreben. Auf-grund des hohen Abstraktionsgrades und des fehlenden Kontextes, ist die Darstellung ohne Vorkenntnisse nicht intuitiv, bietet aber viele Möglichkeiten.

Interaktive, Echtzeit Strömungsvisualisierung via Partikel-Seeding. Die Partikel sind farbco-diert, die Anatomie des Herzens ist als Volumenrendering dahinter sichtbar. Sämtliche Pa-rameter sind verstellbar, per Maus wird bestimmt, wo das das Seeding stattfindet. Dadurch, dass die Daten in Echtzeit visualisiert werden, sind die Möglichkeiten zur Bearbeitung be-schränkt. Diese Form der interaktiven Visualisierung ist auf Ärzte in erster Linie ausgelegt. Ohne das entsprechende Wissen kann ein Benutzer nicht viel damit anfangen.

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Abb. 54: ASK Visual Science, 2010

Abb. 55a,b: hybrid medical animation, 2008

Abb. 56: Rocco Gasteiger, Flowlens, 2011

Abb. 57: NVIDIA, Dr. Robert Herfkens, 2010

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IV. FazitZusammenfassung

Konklusion

Anhand von 57 Bildern aus der Strömungsvisualisierung und der Anatomie habe ich ver-sucht, eine Heranführung zum Thema der Strömungsvisualisieung im menschlichen Körper zu erstellen. Dazu habe ich zuerst die Strömungsvisualisierung im Allgemeinen separat an-geschaut, die grafischen Gestaltungsmittel, die mathematische Beschreibung und verschie-dene analoge und digitale Visualisierungsstrategien. Im zweiten Teil habe ich einen kurzen Überblick über anatomische Darstellungen von historischen Zeichnungen bis zu den mo-dernen Bildgebenden Verfahren gegeben, und danach eine eigene Analyse von 8 kombinier-ten Darstellungen von Blutströmung in menschlichen Adern drchgeführt.

Die bestehenden Konventionen in der Strömungsvisualisierung gehen von verschiedenen Konventionen der experimentellen und traditionellen Strömungsvisualisierung aus. in Kom-bination mit anatomischen Darstellungen kommt es häufig zu einer grossen Vermischung von Abstraktionsebenen.

Die Bilder können grob kategorisiert werden in: statisch 2D, statisch 3D, animiert 2D, animiert 3D (4D), interaktiv 2D und interaktiv 3D. Für jede Art der Darstellung müssen verschiedene Problematiken beachtet werden damit die Verständlichkeit und Übersicht ge-währt bleibt. Grundsätzlich gilt es, auf den Betrachter und dessen Vorwissen einzugehen, sei es Wissenschaftler, Arzt oder Patient. Während Visualisierungsformen wie Stromlinien bekannt und intuitiv gut verständlich sind, ist es beispielsweise schwieriger, Isoflächen intu-itiv nachzuvollziehen.

Im Wesentlichen gibt es zwei Tendenzen: zum einen die Tendenz zum Hyperrealismus, insbesondere in der medizinischen Darstellung, zum anderen die Tendenz zu illustrativen Darstellungsweisen, gerade in der Strömungsvisualisierung. Es wird grossen Wert auf Echt-zeit Datenvisualisierung gelegt, da dies für behandelnde Ärzte ein wertvolles Hilfsmittel darstellt.

Nicht zu unterschätzen ist die Ästhetik eines Bildes. Gibt eine Darstellung unmittelbar ein Gefühl für den dargestellten Inhalt, ist der Betrachter auch eher bereit, sich länger damit zu beschätigen und die verschiedenen Informationseben zu entschlüsseln.

Ausblick Die sich verbessernden technischen Möglichkeiten werden sicher dazu bei-tragen, dass Darstellungsformen, die bisher einen grösseren Aufwand an Nachbearbeitung verlangten, auch in Echtzeit generiert werden können.

Auch im Zusammenhang mit der Technik stehen 3D Visualisierungsfor-men. Stereoskopie oder sogar Volumendisplays könnten bei grösserer Ver-breitung eine Hilfe sein um dichte, komplexe Formen trotzdem übersichtlich darzustellen.

Die Interaktivität einer Visualisierungform wird sicher eine grosse Rol-le spielen. Dabei können je länger je mehr werden auch mobile Endgeräte wie Telefone und Tablets miteinbezogen werden, was ein breiteres Anwen-dungsgebiet ermöglicht.

In eine andere Richtung, im Zusammenhang mit der Tendenz zur illustra-tiven Darstellung würde eine Ausenandersetzung mit Datenvisualisierungs-strategien aus dem Bereich der Infografik gehen. Komplexe, quantitative Da-tenmengen können auch in eine visuelle Sprache umgesetzt werden, die sich nicht unbedingt an real sichtbaren Sachverhalten, oder traditionellen Techni-ken orientiert. gerade weil dieser Zweig der Visuellen Kommunikation mo-mentan stark am wachsen ist, werden Betrachter in Zukunft wahrscheinlich eher mit solche abstrakten Darstellungen vertraut sein als bis anhin.

Auch wenig bis gar nicht miteinbezogen wurden bis anhin die Informations-vermittlung über andere Sinne als die Visualität, Interaktionsdesign in wei-terem Sinne. Man müsste untersuchen, inwiefern auditive oder sogar taktile Signale zur Informationsvermittlung eingesetzt werden könnten.

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V. Quellenver-zeichnis

Bildquellen

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