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Highlights der Physik Woran Saarbrücker Quantenphysiker forschen. Seite 2 Studienwahl Die Berater der Saar-Uni helfen durch den Fächerdschungel. Seite 3 CAMPUS EXTRA Zeitung der Universität des Saarlandes Ausgabe II/2014 Donnerstag, 25. September 2014 Quantenphysik ist eines der bedeu- tendsten Felder moderner Naturwis- senschaften. Das Verständnis der Welt der Quanten, die ihre ganz ei- genen Naturgesetze hat, wird künf- tig fundamental sein für die großen technologischen Sprünge zum Bei- spiel in der Informationsverarbei- tung. An unserer Universität haben wir in den vergangenen Jahren ei- nen Schwerpunkt rund ums Thema Quantenoptik und Quanteninforma- tion aufgebaut. Ich freue mich daher sehr, dass diesem Thema nun ab Samstag eine ganze Woche bei den „Highlights der Physik“ in Saarbrü- cken gewidmet ist. Woran Saarbrü- cker Quantenphysiker derzeit for- schen, können Sie gebündelt auf Seite 2 lesen. Die Wissenschaftler erklären ihre Forschungen auch bei den „Highlights der Physik“. Wer sich mit dem Gedanken trägt, an unserer Universität zu studieren, sollte sich die Messe „Abi – was dann?“ im Kalender markieren. Am 7. und 8. Oktober informieren Wis- senschaftler und Studenten in Vor- trägen, Mitmachangeboten und an Ständen die Schülerinnen und Schü- ler der Region. Die Forscher erklä- ren, worum es in den verschiedenen Fächern geht und welche Voraus- setzungen man mitbringen sollte, um ein Fach studieren zu können. Über 20 Vorträge geben den Studi- eninteressierten einen profunden Überblick über das Angebot an der Saar-Uni. Einen Schritt weiter als die Schüle- rinnen und Schüler, die sich bei der Abi-Messe informieren können, sind die Studentinnen und Studenten im ersten Semester, die in ein paar Wo- chen in einen neuen Lebensab- schnitt starten. Am 20. Oktober be- ginnt der Vorlesungsbetrieb, dem die meisten Studienanfänger mit ei- ner Mischung aus Vorfreude und Nervosität entgegenfiebern werden. Die Uni-Mitarbeiter werden sie will- kommen heißen und ihnen Hilfestel- lung bieten. Ich drücke allen „Neulin- gen“ die Daumen, dass ihnen der Start gut gelingt und sie viel Spaß und Erfolg im Studium haben. Ihr Universitätspräsident Volker Linneweber EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, International: Studentinnen in Georgiens Hauptstadt Seite 4 Doppelbelastung: Studentin und Asta-Vorsitzende Seite 5 Mahlzeit: Wissenschaftler er- forschen Ernährung Seite 6 Märchen: Computer kann Froschkönig lesen Seite 7 Ehrenwert: Studenten schlüp- fen in Richterroben Seite 8 INHALT Die Freude übers Abizeugnis ist oft groß. Aber diese Freude mündet häufig in Ernüchterung: Von den Möglichkeiten erschlagen, stehen viele Abiturientinnen und Abiturien- ten ratlos vor der Wahl: Welcher Be- ruf interessiert mich überhaupt? Soll ich eine Lehre machen? Oder be- ginne ich direkt ein Studium? „Wer studieren möchte, findet auf der Abimesse ein großes Angebot der Saar-Uni“, erklärt Dagmar We- ber. Sie organisiert das Uni-Pro- gramm für die Messe mit, die vom Rotary-Club alle zwei Jahre in Saar- brücken veranstaltet wird. „Unsere Wis- senschaftler und Stu- denten bringen hand- feste Beweise dafür, wohin Wissenschaft führen kann“, sagt Weber. So laden beispiels- weise die Informati- ker der Saar-Uni zu einer ganz besonde- ren Achterbahnfahrt ein. Bei ihnen können die Besucher der Abi- messe die Videobrille Oculus Rift auspro- bieren und so am ei- genen Leib erfahren, wo überall Informatik drinsteckt. Die Brille kann mithilfe von spe- ziellen Sensoren die Kopfbewegungen des Nutzers re- gistrieren und ihm so eine rasante Achterbahnfahrt vorgaukeln, ob- wohl er eigentlich ganz ruhig sitzt. Wer noch keine genauen Vorstel- lungen hat, für wel- ches Fach er sich ent- scheiden möchte, kann sich bei der Stu- dienberatung allge- mein über das Ange- bot der Uni des Saar- landes von A wie Al- tertumswissenschaf- ten bis Z wie Zahnme- dizin informieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Studi- enberatung wissen auch Bescheid über das „Drumherum“ im Studium: „Hier kön- nen die Schüler zum Beispiel erfahren, welche Fristen sie be- achten müssen oder wie sie ihr Studium fi- nanzieren können“, erklärt Organisatorin Dagmar We- ber, die an der Universität des Saar- landes für die Schulkontakte zu- ständig ist. Professoren und Dozenten infor- mieren darüber hinaus in über 20 Vorträgen über ihr Fach. „Im An- schluss ist es immer möglich, mit den Wissenschaftlern zu spre- chen“, erklärt Dagmar Weber das Angebot. Manche Schülerinnen und Schüler haben vielleicht eine Scheu davor, einen leibhaftigen Professor anzusprechen. „Die Wis- senschaftler freuen sich aber über das Interesse“, versichert Dagmar Weber. Daher gibt sie den zurück- haltenden Schülern einen Rat: „Un- sere Studenten und Forscher sind ja extra in der Congresshalle, um Fra- gen zu beantworten. Und eines soll- ten zögerliche Schüler nicht verges- sen: Auch der ehrwürdigste Profes- sor war mal ein Schüler und wusste wenig von seinem Fach!“ Abi – was dann?, Dienstag/Mitt- woch, 7./8. Oktober, Congress- halle Saarbrücken, Eintritt frei. Web: www.abi-was-dann.info. Besucher der Messe „Abi – was dann?“ können die Videobrille Oculus Rift ausprobieren und erfahren, wie viel Informatik-Know-how darin steckt. Foto: dpa 7./8. OKTOBER: ABI – WAS DANN? Viele Infos bei Abimesse Mitmachen, Fragen stellen, Vorträge anhören: Besucher erhalten einen Überblick übers Angebot der Saar-Uni Jahr für Jahr strömen Tausende frischgebackene Abiturienten von den Schulen. Wie das nächste Ka- pitel in ihrem Leben aussieht, wis- sen viele noch nicht. Soll ich stu- dieren? Und wie finanziere ich ein Studium? Und was macht eigent- lich ein Professor den ganzen Tag? Wer solche Fragen hat, kann sich auf der Messe „Abi – was dann?“ bei der Saar-Uni informieren. Stu- denten und Wissenschaftler er- zählen hier aus ihrem Alltag. VON THORSTEN MOHR „Wer studieren möchte, findet auf der Abimesse ein großes Angebot der Saar-Uni“ Dagmar Weber, Mit-Organisatorin der Abimesse Vom 27. September bis zum 2. Ok- tober präsentieren Physiker auf dem Wissenschaftsfestival „High- lights der Physik“ aktuelle For- schung für alle Interessierten, ins- besondere für Kinder und Jugend- liche. So gibt es eine Mitmach-Aus- stellung, einen Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse, Experimente für Kinder im Vor- und Grundschulalter, Bühnen- shows sowie öffentliche Vorträge in der Congresshalle. Der Eintritt ist frei. Der Wissenschaftsjournalist und Moderator Ranga Yogeshwar präsentiert außerdem am 28. Sep- tember die große „Highlights- Show“ in der Saarlandhalle. Das Festival „Highlights der Phy- sik“ wechselt von Jahr zu Jahr Ver- anstaltungsort und Thema. In Saar- brücken steht es unter dem Motto „Quantenwelten“. Veranstalter sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die Deut- sche Physikalische Gesellschaft (DPG) und die Universität des Saar- landes. Herzstück ist eine Mitmach- Ausstellung auf dem Tbilisser Platz. Forscher aus Saarbrücken und der gesamten Bundesrepublik sowie aus Frankreich und Luxemburg er- klären zum Beispiel, wie ein Quan- tencomputer funktioniert und was es mit modernen Verschlüsse- lungsmethoden und „makroskopi- schen Quanteneffekten“ auf sich hat. Außerdem gibt es Live-Experi- mente und jede Menge Wissen- schaft zum Anfassen und Auspro- bieren. Zahlreiche Wissenschafts- shows auf Open-Air-Bühnen, Vor- träge von Spitzenforschern, ein Schülerwettbewerb für Tüftler und Erfinder, ein „Juniorlabor“ für Kinder ab drei Jahren, ein Science Slam sowie die große Highlights-Show bieten einen umfassenden Einblick in das Thema Quantenphysik. Wo- ran Saarbrücker Quantenphysiker forschen, erfahren Sie auf Seite 2 von Campus extra. red www.physik-highlights.de „Highlights der Physik“ in Saarbrücken Dass Physik keine trockene Angelegen- heit ist, lernen die Besucher bei den Highlights der Physik. Foto: Veranstalter „Nach dem Abitur war mir klar, dass ich Physik studieren wollte“, sagt Judith Hoth. „Da ich ein deutsch- französisches Gymnasium besucht habe, fand ich einen deutsch-fran- zösischen Studiengang reizvoll.“ Über die Webseiten der Deutsch- Französischen Hochschule ist sie auf den Saar-Lor-Lux-Studiengang Physik aufmerksam geworden und hat sich beworben. Für das erste Semester ging es di- rekt zu den französischen Nach- barn nach Nancy. Mit der Sprache hatte die Studentin von Anfang an kei- ne Probleme, auch wenn die Fachbe- griffe auf Franzö- sisch neu für sie waren. Nach den ersten beiden Se- mestern zog der gesamte Jahrgang weiter nach Lu- xemburg. „Das Studium ist gut auf- einander abgestimmt und die Stu- denten sind nicht auf sich allein ge- stellt“, sagt Hoth. „Dies ist grundle- gend anders als bei einem selbstor- ganisierten Auslandsaufenthalt.“ Als es für das letzte Bachelorstu- dienjahr nach Saarbrücken ging, hat Judith Hoth sich entschlossen, für das Masterstudium an der Saar- Uni zu bleiben. „Hier erhalten Stu- denten noch Einblick in unter- schiedliche Bereiche“, erklärt sie ih- re Entscheidung. „Ich musste mich nicht gleich schon spezialisieren und festlegen.“ Außerdem hat die Physikerin es geschätzt, weiterhin in kleineren Gruppen mit ihren Kom- militonen zusammenzuarbeiten. Bereits während ihres Bachelor- studiums hat Hoth am Leibniz-Insti- tut für Neue Materialien bei Profes- sor Roland Bennewitz als studenti- sche Hilfskraft gearbeitet. „Mir ha- ben die freundliche Atmosphäre und die Forschungsthemen gut ge- fallen“, sagt sie. Hoth hat sich daher auch entschlossen, ihre Masterar- beit bei Bennewitz zu schreiben. Darin hat die 25-Jährige ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sie Reibung innerhalb eines neuartigen Schmiermittels, den ionischen Flüs- sigkeiten, messen konnte. Bislang haben Forscher immer nur die Rei- bung zwischen einer Oberfläche und dem Schmiermittel messen können. Ihre Ergebnisse könnte die Industrie nutzen, um Reibungsef- fekte besser zu steuern. Mittlerweile forscht die Physikerin für ihre Doktorarbeit an der Univer- sität im niederländischen Twente. Hier beschäftigt sie sich weiterhin mit ionischen Flüssigkeiten. Rückblickend ist Judith Hoth froh, dass sie sich für das Studium ent- schieden hat: „Von Anfang an sind alle Länder in den Studienplan ein- gebunden, was beim Bachelorstu- diengang mit drei Jahren in drei Ländern sehr schön passt. In ande- ren Studiengängen wäre Frank- reich oft erst im Masterstudium ein- bezogen worden, hier ist aber wirk- lich das ganze Studium trinational.“ TRINATIONALES STUDIUM Physik ohne Grenzen Im Saar-Lor-Lux-Studiengang lernen junge Naturwissenschaftler ihr Handwerkszeug in Frankreich, Luxemburg und Deutschland Studenten der Saar-Uni können in mehreren Fächern einen deutsch- französischen Abschluss machen. In Physik können sie sogar in drei Ländern lernen und forschen. Ju- dith Hoth ist dafür aus Heidelberg in die Großregion gekommen. VON MELANIE LÖW HINTERGRUND: Die Saar-Uni bietet zusammen mit ihren Partnerhochschulen in Lu- xemburg und Lothringen einen Bachelor- und Masterstudiengang Physik an. Im Bachelorstudium verbringen die Studenten das erste Jahr in Nancy, das zweite in Luxemburg und das dritte in Saarbrü- cken. Beim Masterstudium können Studenten selber entscheiden, an welcher von zwei der drei Partneruniversitäten sie studieren wol- len. So können sie eigene Forschungsschwerpunkte setzen. In Saarbrücken stehen zum Beispiel die Physik biologischer Systeme und die Quantenphysik im Fokus. löw Judith Hoth Foto: Jörg Pütz

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Page 1: Campus

Highlights der Physik Woran SaarbrückerQuantenphysiker forschen. Seite 2

Studienwahl Die Berater der Saar-Uni helfendurch den Fächerdschungel. Seite 3

CAMPUS EXTRAZeitung derUniversität des SaarlandesAusgabe II/2014Donnerstag, 25. September 2014

Quantenphysik ist eines der bedeu-tendsten Felder moderner Naturwis-senschaften. Das Verständnis derWelt der Quanten, die ihre ganz ei-genen Naturgesetze hat, wird künf-tig fundamental sein für die großentechnologischen Sprünge zum Bei-spiel in der Informationsverarbei-tung. An unserer Universität habenwir in den vergangenen Jahren ei-nen Schwerpunkt rund ums ThemaQuantenoptik und Quanteninforma-tion aufgebaut. Ich freue mich dahersehr, dass diesem Thema nun abSamstag eine ganze Woche bei den„Highlights der Physik“ in Saarbrü-cken gewidmet ist. Woran Saarbrü-cker Quantenphysiker derzeit for-schen, können Sie gebündelt aufSeite 2 lesen. Die Wissenschaftlererklären ihre Forschungen auch beiden „Highlights der Physik“.

Wer sich mit dem Gedanken trägt,an unserer Universität zu studieren,sollte sich die Messe „Abi – wasdann?“ im Kalender markieren. Am7. und 8. Oktober informieren Wis-senschaftler und Studenten in Vor-trägen, Mitmachangeboten und anStänden die Schülerinnen und Schü-ler der Region. Die Forscher erklä-ren, worum es in den verschiedenenFächern geht und welche Voraus-setzungen man mitbringen sollte,um ein Fach studieren zu können.Über 20 Vorträge geben den Studi-eninteressierten einen profundenÜberblick über das Angebot an derSaar-Uni.

Einen Schritt weiter als die Schüle-rinnen und Schüler, die sich bei derAbi-Messe informieren können, sinddie Studentinnen und Studenten imersten Semester, die in ein paar Wo-chen in einen neuen Lebensab-schnitt starten. Am 20. Oktober be-ginnt der Vorlesungsbetrieb, demdie meisten Studienanfänger mit ei-ner Mischung aus Vorfreude undNervosität entgegenfiebern werden.Die Uni-Mitarbeiter werden sie will-kommen heißen und ihnen Hilfestel-lung bieten. Ich drücke allen „Neulin-gen“ die Daumen, dass ihnen derStart gut gelingt und sie viel Spaßund Erfolg im Studium haben.

Ihr Universitätspräsident

Volker Linneweber

EDITORIAL

Liebe Leserinnen,liebe Leser,

International: Studentinnen inGeorgiens Hauptstadt Seite 4

Doppelbelastung: Studentinund Asta-Vorsitzende Seite 5

Mahlzeit: Wissenschaftler er-forschen Ernährung Seite 6

Märchen: Computer kannFroschkönig lesen Seite 7

Ehrenwert: Studenten schlüp-fen in Richterroben Seite 8

INHALT

Die Freude übers Abizeugnis ist oftgroß. Aber diese Freude mündethäufig in Ernüchterung: Von denMöglichkeiten erschlagen, stehenviele Abiturientinnen und Abiturien-ten ratlos vor der Wahl: Welcher Be-ruf interessiert mich überhaupt? Sollich eine Lehre machen? Oder be-ginne ich direkt ein Studium?

„Wer studieren möchte, findet aufder Abimesse ein großes Angebotder Saar-Uni“, erklärt Dagmar We-

ber. Sie organisiert das Uni-Pro-gramm für die Messe mit, die vomRotary-Club alle zwei Jahre in Saar-brücken veranstaltetwird. „Unsere Wis-senschaftler und Stu-denten bringen hand-feste Beweise dafür,wohin Wissenschaftführen kann“, sagtWeber.

So laden beispiels-weise die Informati-ker der Saar-Uni zueiner ganz besonde-ren Achterbahnfahrtein. Bei ihnen könnendie Besucher der Abi-messe die VideobrilleOculus Rift auspro-bieren und so am ei-genen Leib erfahren,wo überall Informatikdrinsteckt. Die Brillekann mithilfe von spe-ziellen Sensoren dieKopfbewegungen des Nutzers re-gistrieren und ihm so eine rasante

Achterbahnfahrt vorgaukeln, ob-wohl er eigentlich ganz ruhig sitzt.

Wer noch keine genauen Vorstel-lungen hat, für wel-ches Fach er sich ent-scheiden möchte,kann sich bei der Stu-dienberatung allge-mein über das Ange-bot der Uni des Saar-landes von A wie Al-tertumswissenschaf-ten bis Z wie Zahnme-dizin informieren. DieMitarbeiterinnen undMitarbeiter der Studi-enberatung wissenauch Bescheid überdas „Drumherum“ imStudium: „Hier kön-nen die Schüler zumBeispiel erfahren,welche Fristen sie be-achten müssen oderwie sie ihr Studium fi-nanzieren können“,

erklärt Organisatorin Dagmar We-ber, die an der Universität des Saar-

landes für die Schulkontakte zu-ständig ist.

Professoren und Dozenten infor-mieren darüber hinaus in über 20Vorträgen über ihr Fach. „Im An-schluss ist es immer möglich, mitden Wissenschaftlern zu spre-chen“, erklärt Dagmar Weber dasAngebot. Manche Schülerinnenund Schüler haben vielleicht eineScheu davor, einen leibhaftigenProfessor anzusprechen. „Die Wis-senschaftler freuen sich aber überdas Interesse“, versichert DagmarWeber. Daher gibt sie den zurück-haltenden Schülern einen Rat: „Un-sere Studenten und Forscher sind jaextra in der Congresshalle, um Fra-gen zu beantworten. Und eines soll-ten zögerliche Schüler nicht verges-sen: Auch der ehrwürdigste Profes-sor war mal ein Schüler und wusstewenig von seinem Fach!“

Abi – was dann?, Dienstag/Mitt-woch, 7./8. Oktober, Congress-halle Saarbrücken, Eintritt frei.Web: www.abi-was-dann.info.

Besucher der Messe „Abi – was dann?“ können die Videobrille Oculus Rift ausprobieren und erfahren, wie viel Informatik-Know-how darin steckt. Foto: dpa

7./8. OKTOBER: ABI – WAS DANN?

Viele Infos bei Abimesse Mitmachen, Fragen stellen, Vorträge anhören: Besucher erhalten einen Überblick übers Angebot der Saar-Uni

Jahr für Jahr strömen Tausendefrischgebackene Abiturienten vonden Schulen. Wie das nächste Ka-pitel in ihrem Leben aussieht, wis-sen viele noch nicht. Soll ich stu-dieren? Und wie finanziere ich einStudium? Und was macht eigent-lich ein Professor den ganzen Tag?Wer solche Fragen hat, kann sichauf der Messe „Abi – was dann?“bei der Saar-Uni informieren. Stu-denten und Wissenschaftler er-zählen hier aus ihrem Alltag.

VON THORSTEN MOHR„Wer studierenmöchte, findetauf der Abimesseein großesAngebot derSaar-Uni“ Dagmar Weber,Mit-Organisatorin derAbimesse

Vom 27. September bis zum 2. Ok-tober präsentieren Physiker aufdem Wissenschaftsfestival „High-lights der Physik“ aktuelle For-schung für alle Interessierten, ins-besondere für Kinder und Jugend-liche. So gibt es eine Mitmach-Aus-stellung, einen Wettbewerb fürSchülerinnen und Schüler ab der 5.Klasse, Experimente für Kinder imVor- und Grundschulalter, Bühnen-shows sowie öffentliche Vorträge inder Congresshalle. Der Eintritt istfrei. Der Wissenschaftsjournalistund Moderator Ranga Yogeshwarpräsentiert außerdem am 28. Sep-tember die große „Highlights-Show“ in der Saarlandhalle.

Das Festival „Highlights der Phy-sik“ wechselt von Jahr zu Jahr Ver-anstaltungsort und Thema. In Saar-brücken steht es unter dem Motto„Quantenwelten“. Veranstalter sinddas Bundesministerium für Bildungund Forschung (BMBF), die Deut-sche Physikalische Gesellschaft(DPG) und die Universität des Saar-landes. Herzstück ist eine Mitmach-Ausstellung auf dem Tbilisser Platz.Forscher aus Saarbrücken und dergesamten Bundesrepublik sowieaus Frankreich und Luxemburg er-klären zum Beispiel, wie ein Quan-tencomputer funktioniert und wases mit modernen Verschlüsse-lungsmethoden und „makroskopi-schen Quanteneffekten“ auf sichhat. Außerdem gibt es Live-Experi-mente und jede Menge Wissen-schaft zum Anfassen und Auspro-bieren. Zahlreiche Wissenschafts-shows auf Open-Air-Bühnen, Vor-träge von Spitzenforschern, einSchülerwettbewerb für Tüftler undErfinder, ein „Juniorlabor“ für Kinderab drei Jahren, ein Science Slamsowie die große Highlights-Showbieten einen umfassenden Einblickin das Thema Quantenphysik. Wo-ran Saarbrücker Quantenphysikerforschen, erfahren Sie auf Seite 2von Campus extra. red

www.physik-highlights.de

„Highlights derPhysik“ inSaarbrücken

Dass Physik keine trockene Angelegen-heit ist, lernen die Besucher bei denHighlights der Physik. Foto: Veranstalter

„Nach dem Abitur war mir klar, dassich Physik studieren wollte“, sagtJudith Hoth. „Da ich ein deutsch-französisches Gymnasium besuchthabe, fand ich einen deutsch-fran-zösischen Studiengang reizvoll.“Über die Webseiten der Deutsch-Französischen Hochschule ist sieauf den Saar-Lor-Lux-StudiengangPhysik aufmerksam geworden undhat sich beworben.

Für das erste Semester ging es di-rekt zu den französischen Nach-

barn nach Nancy.Mit der Sprachehatte die Studentinvon Anfang an kei-ne Probleme, auchwenn die Fachbe-griffe auf Franzö-sisch neu für siewaren. Nach denersten beiden Se-mestern zog der

gesamte Jahrgang weiter nach Lu-xemburg. „Das Studium ist gut auf-einander abgestimmt und die Stu-denten sind nicht auf sich allein ge-stellt“, sagt Hoth. „Dies ist grundle-gend anders als bei einem selbstor-ganisierten Auslandsaufenthalt.“

Als es für das letzte Bachelorstu-dienjahr nach Saarbrücken ging,hat Judith Hoth sich entschlossen,für das Masterstudium an der Saar-Uni zu bleiben. „Hier erhalten Stu-

denten noch Einblick in unter-schiedliche Bereiche“, erklärt sie ih-re Entscheidung. „Ich musste michnicht gleich schon spezialisierenund festlegen.“ Außerdem hat diePhysikerin es geschätzt, weiterhinin kleineren Gruppen mit ihren Kom-militonen zusammenzuarbeiten.

Bereits während ihres Bachelor-studiums hat Hoth am Leibniz-Insti-tut für Neue Materialien bei Profes-

sor Roland Bennewitz als studenti-sche Hilfskraft gearbeitet. „Mir ha-ben die freundliche Atmosphäreund die Forschungsthemen gut ge-fallen“, sagt sie. Hoth hat sich daherauch entschlossen, ihre Masterar-beit bei Bennewitz zu schreiben.Darin hat die 25-Jährige ein neuesVerfahren entwickelt, mit dem sieReibung innerhalb eines neuartigenSchmiermittels, den ionischen Flüs-

sigkeiten, messen konnte. Bislanghaben Forscher immer nur die Rei-bung zwischen einer Oberflächeund dem Schmiermittel messenkönnen. Ihre Ergebnisse könnte dieIndustrie nutzen, um Reibungsef-fekte besser zu steuern.

Mittlerweile forscht die Physikerinfür ihre Doktorarbeit an der Univer-sität im niederländischen Twente.Hier beschäftigt sie sich weiterhinmit ionischen Flüssigkeiten.

Rückblickend ist Judith Hoth froh,dass sie sich für das Studium ent-schieden hat: „Von Anfang an sindalle Länder in den Studienplan ein-gebunden, was beim Bachelorstu-diengang mit drei Jahren in dreiLändern sehr schön passt. In ande-ren Studiengängen wäre Frank-reich oft erst im Masterstudium ein-bezogen worden, hier ist aber wirk-lich das ganze Studium trinational.“

TRINATIONALES STUDIUM

Physik ohne GrenzenIm Saar-Lor-Lux-Studiengang lernen junge Naturwissenschaftler ihr Handwerkszeug in Frankreich, Luxemburg und Deutschland

Studenten der Saar-Uni können inmehreren Fächern einen deutsch-französischen Abschluss machen.In Physik können sie sogar in dreiLändern lernen und forschen. Ju-dith Hoth ist dafür aus Heidelbergin die Großregion gekommen.

VON MELANIE LÖW

HINTERGRUND:

Die Saar-Uni bietet zusammen mit ihren Partnerhochschulen in Lu-xemburg und Lothringen einen Bachelor- und MasterstudiengangPhysik an. Im Bachelorstudium verbringen die Studenten das ersteJahr in Nancy, das zweite in Luxemburg und das dritte in Saarbrü-cken. Beim Masterstudium können Studenten selber entscheiden,an welcher von zwei der drei Partneruniversitäten sie studieren wol-len. So können sie eigene Forschungsschwerpunkte setzen. InSaarbrücken stehen zum Beispiel die Physik biologischer Systemeund die Quantenphysik im Fokus. löw

Judith HothFoto: Jörg Pütz

Page 2: Campus

QUANTENPHYSIK AN DER SAAR-UNI Campus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 2Donnerstag, 25. September 2014

retisch die Gefahr eines Quanten-computers liegt: „Für einen Quan-tencomputer existiert – auf dem Pa-pier – ein Algorithmus, der diesePrimfaktorzerlegung effizienter und

Seit Jahren geistert er durch die Me-dien: der Quantencomputer. Mal ister der Hoffnungsträger für eine bes-sere Zukunft, mal das Orwell’scheSchreckgespenst in den Händendes totalitären Staates. Im Momentüberwiegt die negative Sichtweiseauf die Wunder-Rechenmaschine.Jüngst erregten Medienberichteüber ein Programm der NSA vielAufmerksamkeit, wonach der US-Geheimdienst an der Entwicklungeines solchen Computers arbeite.Damit könnten die Geheimagentenalle Verschlüsselungsmechanis-men der Welt knacken, und kein Ge-heimnis wäre mehr vor ihnen sicher.

Experten indes mahnen in dieserDebatte zur Sachlichkeit, da von ei-ner Serienreife eines solchen Su-percomputers, der jeden Code derWelt knacken kann, noch langenicht die Rede sein kann. „Das heu-te gängigste Verschlüsselungsver-fahren, die RSA-Kryptografie, ba-siert auf der Multiplikation zweierPrimzahlen. Das ist eine Rechen-aufgabe, die sehr leicht durchzu-führen ist, aber sehr schwer umzu-kehren ist“, erklärt Frank Wilhelm-Mauch, Professor für Quanten- undFestkörpertheorie an der Saar-Uni.„Wenn man zum Verschlüsseln bei-spielsweise eine 100-stellige Zahlals Produkt zweier Primzahlen er-hält und ein Codeknacker eineStunde mit einem herkömmlichenSupercomputer braucht, um dieZahl in ihre beiden Primfaktoren zuzerlegen, so braucht er bei einer101-stelligen Zahl bereits 1.000Stunden und bei einer 102-stelligenZahl bereits eine Million Stunden.Das bedeutet also: Der Codierergewinnt das Wettrüsten.“

Sein Kollege Christoph Becher,Professor für Quantenoptik, erklärt,worin vor diesem Hintergrund theo-

damit in kürzerer Zeit als ein her-kömmlicher Computer erledigenkann.“ Auch wenn man die Zahl umein paar Stellen länger machte,dauerte es nur wenig länger, bis ein

serienreifer Quantencomputer dieVerschlüsselung geknackt hätte. Esgibt allerdings zwei Gründe, wes-halb die Saarbrücker Experten sol-che Erwartungen an einen Quan-ten-Supercomputer für übertriebenhalten: „Der größte Quantencompu-ter, den es bisher gibt, umfasst ge-rade einmal 14 Quanten-Bits, unddie größte Primzahlfaktorisierung,die man bislang mit einem Quanten-computer berechnen konnte, ist 15= 3 mal 5. Anders gesagt: Mit Papierund Bleistift könnte man Codes der-zeit noch deutlich besser brechenals mit der Quantentechnologie“,sagt Frank Wilhelm-Mauch.

Heute gängige Verschlüsse-lungsverfahren verwenden Zahlenmit mehr als 100 Stellen. „Um sol-che Zahlen effizient in ihre Primfak-toren zu zerlegen, bräuchte manComputer mit Tausenden Q-Bits,die alle perfekt funktionieren“, soder Experte. Und davon ist die tech-nische Entwicklung noch weit ent-fernt: „Verglichen mit der Entwick-lung der herkömmlichen Computer-technologie sind wir auf dem Gebietder Quantencomputer irgendwobei den Elektronenröhren der 50erJahre“, erklärt Christoph Becher.

Der zweite Grund, weshalb dieSaarbrücker Experten einen Quan-tencomputer nicht als allzu großeGefahr einstufen, ist, dass die Ver-schlüsselung von Informationenmittels Quantentechnologie derzeitdeutlich weiter ist als die Bemühun-gen, mit Quantentechnologie Ver-schlüsselungen zu knacken. „Ver-schlüsselung und Codebrecherlaufen auf völlig unterschiedlicherHardware und funktionieren nachanderen Prinzipien“, erklärt JürgenEschner. „Eine Verschlüsselung istsehr viel einfacher, da dies ein se-rieller Prozess ist. Der muss einfachnur sehr häufig hintereinander ge-macht werden. Ein Quantencompu-ter hingegen, der Verschlüsselun-gen knacken soll, muss sehr vielmehr leisten. Hier laufen die Prozes-se parallel ab, das macht die Sacheungemein kompliziert.“

Gelingt es, mittels der Quanten-technologie ein zuverlässiges Ver-schlüsselungsverfahren zu entwi-ckeln, wäre die Angst vor einemQuantencomputer, der in sämtlicheKommunikation der Welt einbre-chen kann, ohnehin ad acta gelegt.

„Wenn ein Codeknacker Sie abhört,dann merken Sie das und hören aufzu kommunizieren. Das hängt damitzusammen, dass schon die Beob-achtung eines Quantensystems imAllgemeinen dieses Quantensys-tem verändert – ein tausendfach be-stätigtes Naturgesetz“, so FrankWilhelm-Mauch. Könnte man alsomit quantentechnischen Mitteln dieKommunikation verschlüsseln,könnte man „einen Schlüssel, ein sogenanntes One Time Pad, entwi-ckeln, den man einmal anwendet –und wenn man merkt, dass man ab-gehört wird, würde man den ent-sprechenden Teil des Schlüsselsverwerfen“. Auch ein Quantencom-puter, der die Kommunikation kna-cken möchte, wäre dann nutzlos.

Neben Sicherheitsfragen widmensich die Saarbrücker Wissenschaft-lerinnen und Wissenschaftler auchnoch einer Reihe weiterer Anwen-dungen von Quantentechnologien,wie hochpräzises Messen, effizien-te Simulation neuer Materialien undchemischer Prozesse und schnelleDatenbanksuche.

QUANTENCOMPUTER

Was ist tatsächlich dran?Saarbrücker Quantenphysiker erklären den Stand der Technik: Angst vor allmächtiger Maschine nicht berechtigt

Christoph Becher ist einer von fünf Physik-Professoren, die im Schwerpunkt Quan-tenoptik und -information die Welt kleinster Teilchen erforschen. Foto: Oliver Dietze

VON THORSTEN MOHR

Saarbrücker Physiker sehen fürÄngste vor einem allmächtigenQuantencomputer derzeit keineGrundlage. Fünf Experten an derSaar-Uni kümmern sich imSchwerpunkt Quantenoptik und-information um die Welt derkleinsten Teilchen. Damit ist Saar-brücken einer der wenigen Ortebundesweit, die sich so intensivdem Thema widmen.

HINTERGRUND:

Zugrundeliegendes Prinzipder Quantentechnologie ist,dass ein Teilchen (z.B. ein Atom,Elektron, Lichtteilchen) zwei Zu-stände gleichzeitig einnehmenkann. Diese Zustände nenntman auch Überlagerungszu-stände. Auf die Computertech-nologie übertragen bedeutetdas, dass die Bits, aus denen ei-ne Information auf einem norma-len Computer besteht, die Zu-stände 1 oder 0 haben können,auf einem Quantencomputerhingegen die Zustände 1 und 0gleichzeitig, in jeder beliebigenKombination. Solche Quanten-bits oder Qubits sind die Grund-lage eines Quantencomputers.Eine Rechenoperation kann nunauf beiden Anteilen des Überla-gerungszustandes (1 und 0)gleichzeitig oder parallel statt-finden. Ein Quantencomputerkann in der Zeit, in der ein her-kömmlicher 32-Bit-Rechner ei-nen seiner 232 möglichen Zu-stände verarbeitet, parallel alleZustände verarbeiten. moh

Startknopf drücken, Monitor an-schalten, Kaffee holen, los geht’s:Übliche Computer sind in Windes-eile hochgefahren und betriebsbe-reit. Bei einem Quantencomputersieht das ganz anders aus. Um ei-nen Chip mit fünf Quantenbits, demquantenphysikalischen Äquivalentder Bits in normalen Rechnern, soeinzustellen, dass man damit arbei-ten und experimentieren kann,musste bisher ein Wissenschaftlerstundenlang Dutzende Einstellun-gen aufs Feinste kalibrieren. Lag ernur wenig daneben, lief der Chipnicht. Denn das Problem ist, dassQuantencomputer, ähnlich wie einMusikinstrument, auf kleinste Unter-schiede in der Umgebung reagie-ren. Ist es beispielsweise nur einwenig wärmer oder kälter, ist derLuftdruck höher oder niedriger alsam Vortag, funktioniert das komple-xe Geflecht der Quantenbits nichtmehr, der Quantencomputer ist so-zusagen „verstimmt“ und muss neueingestellt werden.

„Bisher haben sich Quantenphy-siker also jeden Tag aufs Neue hin-gesetzt und geschaut, was andersist als am Vortag. Sie haben jedenParameter gemessen und den Chipimmer wieder mühsam neu kalib-riert“, erklärt Frank Wilhelm-Mauch,Professor für Quanten- und Festkör-pertheorie an der Universität desSaarlandes. Die Fehlerquote beimMessen der Umgebungsbedingun-gen darf nur sehr gering sein, etwaim Bereich unter 0,1 Prozent. „Dasbedeutet, dass nur bei einer von1.000 Messungen ein Fehler pas-sieren darf. Sind nur zwei von 1.000Messungen fehlerhaft, kann dieSoftware das nicht mehr korrigie-ren“, erklärt Frank Wilhelm-Mauchdie Empfindlichkeit. Bedenkt man,dass rund 50 verschiedene Para-meter in die Kalibrierung mit einflie-ßen, erhält man eine Vorstellung vondem Aufwand, mit dem sie betrie-ben werden muss.

Gemeinsam mit seinem Dokto-randen Daniel Egger hat er über-legt, was man grundsätzlich andersmachen kann. „Wir haben uns ge-fragt, warum man jeden Tag aufsNeue verstehen muss, was andersist als am Vortag? Also haben wiruns irgendwann gesagt: Das müs-sen wir gar nicht. Entscheidend ist,dass die Einstellung am Ende funk-tioniert.“ Mit diesem pragmatischenAnsatz gingen Wilhelm-Mauch undEgger an die Arbeit. „Wir haben fürdie Kalibrierung einen Algorithmusaus der Ingenieurmathematik, ge-nauer gesagt, aus dem Bauinge-nieurwesen, verwendet. Denn auchdort sind Versuche teuer“, sagt Phy-

siker Wilhelm-Mauch. Mithilfe die-ses Kniffs gelang es den Theoreti-kern, die Fehlerquote beim Kalibrie-ren auf unter die benötigten 0,1 Pro-zent zu drücken und gleichzeitig dieGeschwindigkeit des Einstellver-fahrens von sechs Stunden auf fünfMinuten zu reduzieren.

Das haben Experimentalphysikerder University of California in SantaBarbara gezeigt, die die Saarbrü-cker Methode, welche von den Phy-sikern auf den Namen „Ad-HOC”(Adaptive Hybride Optimale Kon-

trolle) getauft wurde, erstmals aufHerz und Nieren testeten. Das Ex-periment ist in derselben Ausgabedes Fachmagazins „Physical Re-view Letters“ veröffentlicht wie derSaarbrücker Aufsatz.

Für weitere Experimente mitQuantencomputern ist dieser Fort-schritt ungemein wichtig. Nun müs-sen in den Laboren der Physikernicht mehr jeden Tag stundenlangeVorarbeiten gemacht werden, umeine kurze Zeit lang zu experimen-tieren. „Denn während der langenKalibrierungsphase haben sich vie-le Parameter wie Temperatur, Lichtund Luftdruck ja bereits wiederleicht verändert, so dass die Zeit-spanne, in der der Chip fehlerfreiläuft und man damit experimentie-ren kann, immer kürzer wird“, sagtWilhelm-Mauch, der hinzufügt,dass das Verfahren skalierbar sei-en. Sind bisher also aus rein tech-nischen Gründen Experimente miteinem Chip möglich, auf dem fünfQuantenbits die Rechenoperatio-nen durchführen, sind in Zukunftder Größe des Chips mit dieser Me-thode kaum Grenzen gesetzt, er istbeliebig vergrößerbar.

Zudem gibt es einen Clou, aufden Frank Wilhelm-Mauch mit einerPortion Humor hinweist: „UnsereMethode ist im Gegensatz zu derbisherigen Kalibrierung von Handvollautomatisch. Der Wissenschaft-ler drückt also tatsächlich nur einenKnopf wie bei einem herkömmli-chen Computer und geht Kaffee ho-len, bis der Quantencomputer ein-satzbereit ist.“ Im Alltag ein nicht zuvernachlässigender Gewinn.

QUANTENSPRUNG

Quantencomputer startet 72 Mal schneller als bisherSaarbrücker Physiker entwickeln theoretisches Modell, mit dem Kalibrierung enorm verschnellert wird

VON THORSTEN MOHR

Physiker der Saar-Uni haben eineMethode entwickelt, mit der einQuantencomputer in fünf Minu-ten eingestellt und stabil ist. Bis-her dauerte das im Experimentsechs Stunden. Blieb bislang nureine kurze Zeit, um mit einemQuantenprozessor zu experimen-tieren, bevor die empfindlichenEinstellungen wieder nachjustiertwerden mussten, können Forscherkünftig schneller und länger expe-rimentieren.

Das Bild zeigt einen integrierten Schalt-kreis für einen Quantencomputer mit 5Quantenbits (Kreuze). An solchen Chipswurde die neue Kalibrierungsmethodeexperimentell demonstriert. Foto: ErikLucero/UCSB

Bei dem klassischen Modell derKommunikation wird eine Informati-on von einem Sender auf einenEmpfänger übertragen. DiesesPrinzip lässt sich auch auf die Weltder kleinsten Teilchen übertragen,wenn ein Photon (Lichtquant) voneinem Atom auf ein anderes über-tragen wird. Die Entstehung desPhotons ist dabei immer gleich: Ato-me werden angeregt, die Elekt-ronen in der Hülle hüpfen auf ein hö-heres Energieniveau, und beim He-runterfallen wird die zugeführteEnergie als einzelnes Lichtquantabgestrahlt. Genau diesen Entste-hungsprozess möchten Forscherkontrolliert durchführen, um ihn fürdie künftige Quanteninformations-technologie nutzbar zu machenund die Informationsübertragungzwischen einzelnen Atomen zu er-zielen. Physiker um Professor Jür-gen Eschner von der Universitätdes Saarlandes haben nun erstmalsbeobachtet, wie diese Art der Infor-mationsübertragung im atomarenMikrokosmos abläuft. Genauer ge-sagt: Sie konnten verfolgen, wie ein

Atom ein Photonabsorbiert, das zu-vor von einem an-deren Atom ausge-sendet worden ist.Hierfür haben dieSaarbrücker For-scher ein Atom zu-nächst mittels La-serpulssequenzenangeregt. Darauf-

hin sendet das Teilchen ein Photonaus, das wiederum durch ein Licht-faserkabel zu einem ein Meter wei-ter entfernten Atom wandert, dasdas Photon absorbiert. Mit einerspeziellen Nachweismethode kön-nen die Physiker dabei registrieren,ob das Lichtquant auf das Teilchentrifft. „Sobald das Atom das Photonabsorbiert hat, können wir diesdurch ein helles Lichtsignal sehen,welches dasselbe Atom aussen-det“, erklärt Eschner. „Das Prinzipkann man mit dem Einschalten einerGlühbirne vergleichen: Das Photonist hierbei der Finger, der die Glüh-birne, in diesem Fall das Atom, miteinem Schalter anknipst.“

In ihrer Studie haben die Saarbrü-cker Physiker das einzelne Sender-Atom zirka 100.000-mal pro Sekun-de angeregt und damit bis zu 3.000Photonen pro Sekunde durch dieLichtfaser geschickt. Im Vergleichdazu scheint die Ausbeute gering:Gerade einmal ein Lichtteilchen trifftin der Sekunde auf das Atom am an-deren Ende des Kabels. Aber einTreffer pro Sekunde reicht den Phy-sikern bereits, um dieses Phäno-men beobachten und auswerten zukönnen. löw

LICHTQUANTEN

Physiker beobachtenKommunikation zwischen Atomen

Jürgen Eschner Foto: Iris Maurer

Auf Licht als Medium setzen dieMenschen seit Langem: So sen-den Leuchttürme schon seit derAntike Lichtsignale aus, und inheutigen Breitbandinternetver-bindungen werden Lichtpulseüber Glasfaserkabel verschickt.Einen Schritt weiter soll die Quan-tenkommunikation künftig gehen:Hier werden dann nicht mehr vieleLichtteilchen auf den Weg ge-bracht, sondern nur noch einzelneTeilchen, die Photonen.

In der Zukunft werden Daten mit ho-her Wahrscheinlichkeit in einzelnenTeilchen – Atomen, Elektronen – ge-speichert und mit einzelnen Licht-teilchen – Photonen – übertragen.Physikern der Arbeitsgruppe Quan-ten-Photonik um Jürgen Eschner,Professor für Experimentalphysik,ist es nun gelungen herauszufin-den, wie das Abspeichern von Infor-mationen mit einem einzelnen Atomund einem einzelnen Photon mög-lichst gut gelingen kann.

Michael Schug, Christoph Kurzund Pascal Eich sowie weitere Ex-perimentalphysiker der Saar-Unihaben ein einzelnes Kalziumatommit Licht angeregt, so dass es zweienergetisch höhere Zuständegleichzeitig einnimmt. Das Elektrongelangt also in einen quantenme-chanischen Überlagerungszu-stand, in welchem Information ge-speichert ist. Im weiteren Verlaufdes Experiments zerfallen die Zu-stände und geben ein Lichtteilchenals Welle wieder ab. Weil aber diebeiden Wellen aus dem Überlage-rungszustand in minimal unter-schiedlichen Frequenzen schwin-gen, erzeugen sie eine Schwebung,die die Physiker Quantenschwe-bung nennen. „Diese Differenz zwi-schen den einzelnen Frequenzenmessen wir“, erklärt Michael Schug.„Vergleichbar ist das mit einerStimmgabel: Tippe ich zwei Stimm-gabeln gleichzeitig an, schwingt dieeine vielleicht mit 400 Hertz, die an-dere mit 405 Hertz. Da hören wir inden einzelnen Tönen keinen Unter-schied. Die Differenz beträgt je-doch nur fünf Hertz, so dass sichbeide Frequenzen fünfmal pro Se-kunde überlagern. Diese Überlage-rung heißt nichts anderes, als dassder Ton fünfmal in der Sekunde lau-ter und wieder leiser zu hören ist.Genau diese langsame Differenzmessen wir nun beim Zerfall der Zu-stände, die mit Licht angeregt wur-den“, erklärt Christoph Kurz.

Die Physiker konnten nachwei-sen, dass es zwei unterschiedlicheMechanismen für Quantenschwe-bungen gibt, die entweder durchdie Lichtanregung oder durch denZerfall zustande kommen können.Es ist ihnen gelungen, diese Me-chanismen zu identifizieren und zukontrollieren. Diese Kontrolle ist Vo-raussetzung dafür, die Informationzuverlässig wieder zurückzugewin-nen und weiter zu übertragen. moh

Informationen inAtomen speichern

Page 3: Campus

STUDIUMCampus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 3Donnerstag, 25. September 2014

Campus extra: Die ZentraleStudienberatung auf dem Uni-Campus ist die erste Anlauf-stelle für Studieninteressierte.Warum?

Susanne Steinmann: Wir sindAnsprechpartner für alle Fragenrund um das Studium. Dabei infor-

mieren wir über ein-zelne Studienfä-cher, wie man siekombinieren kannund welche Ab-schlüsse es gibt.Wir erklären auch,wie die Studiengän-ge aufgebaut sind,welche Inhalte ge-lehrt werden undwelche Interessen

man mitbringen sollte. Außerdemgeben wir Tipps, wie man sich ambesten auf das Studium vorbereitet.

Ab welcher Klasse solltenSchüler Kontakt mit der Studi-enberatung aufnehmen?

Das ist in der gymnasialen Ober-stufe sinnvoll, etwa ab der elftenKlasse. Dann sollte man sich überdie Studienfächer informieren undnachfragen, welche Anforderungengestellt werden. Auch wer einen Teildes Studiums im Ausland verbrin-gen möchte, sollte sich frühzeitig in-formieren und eventuell auch bina-tionale Studiengänge ins Auge fas-sen.

Welche Infoveranstaltungenempfehlen Sie Oberstufen-schülern?

Zum einen die „Abi-was-dann“-Messe in Saarbrücken, die jetzt vorder Tür steht und alle zwei Jahrestattfindet. Für Schüler ab Klasse elfsind die Hochschulinformationsbe-suche gedacht, die wir jedes Jahr imFebruar und März organisieren. Da-bei werden an mehreren Tagen alleStudienfächer der Saar-Uni vorge-stellt. Wer möchte, kann dies durch

das Schnupperstudium ergänzen.Dazu gibt es eine Broschüre (auchim Internet), in der reguläre Vorle-sungen aufgeführt sind. Dort dürfenOberstufenschüler „hineinschnup-pern“, um zu sehen, was in den Stu-dienfächern gelehrt wird. Wer seinAbitur schon in der Tasche hat, abersich noch orientieren möchte, kanndas kostenlose Starterstudium nut-zen. Hier besucht man Lehrveran-staltungen in mehreren Fächernund schreibt eventuell schon Prü-fungen mit.

Welche Studienfächer bietetdie Universität des Saarlandesan?

Als einzige Landesuniversität mitden beiden Standorten in Saarbrü-cken und Homburg decken wir einbreites Fächerangebot ab. EtlicheStudiengänge beziehen sich auf die

drei Forschungsschwerpunkte, indenen die Saar-Uni besonders starkist und internationale Anerkennungfindet. Dazu zählen die Informatik,der NanoBioMed-Schwerpunkt, derdie Materialforschung, Biowissen-schaften und Medizin umfasst, so-wie die Europastudien, die vonSprachen, Literatur und Kultur bishin zur Rechtswissenschaft reichen.Außerdem bilden wir Ingenieure,Betriebswirte und Lehrer für alleSchulformen aus. Als Campus-Uni-versität bieten wir den Studenten einüberschaubares Umfeld mit kurzenWegen, intensiver Betreuung undeiner Nähe zu Wissenschaftlern,wie man es an einer Großstadt-Unikaum finden wird.

Wie kann man herausfinden,ob man für ein bestimmtesFach geeignet ist?

Ein erster Schritt kann der „Study-finder“-Test auf unseren Webseitensein. Dieser Selbsttest hilft dabei,sich der eigenen Stärken und Inte-ressen bewusst zu werden. Dane-ben findet man „Erwartungs-checks“, die vermitteln, ob man einerealistische Vorstellung von einembestimmten Studienfach hat. Au-ßerdem bietet sich immer ein indivi-duelles Beratungsgespräch an, beidem wir gemeinsam analysieren,wo die Interessen liegen, was mangut kann und gerne macht. DieseEinzelgespräche sind selbstver-ständlich vertraulich, da brauchtman keine Scheu zu haben. Wir bie-ten außerdem regelmäßig ganztägi-ge Orientierungsworkshops an, umdas passende Fach aufzuspüren.

Was raten Sie Interessierten,die noch zwischen Theorie

und Praxis schwanken?Wer ein Universitätsstudium auf-

nimmt, muss sich im Klaren darübersein, dass in den ersten Semesternverstärkt Grundlagen gelehrt wer-den. Erst in höheren Semestern unddann im Masterstudium kann manSchwerpunkte bilden und eher denpersönlichen Interessen folgen. Esstimmt aber nicht, dass ein Uni-Stu-dium nur theoretisches Wissen ver-mittelt. Viele Lehrveranstaltungenbehandeln sehr lebensnah die aktu-ellen Herausforderungen in Indust-rie, Wirtschaft und Gesellschaft. Au-ßerdem schreiben viele Studien-gänge Praktika vor. Wer von Beginnan einen engen Praxisbezug sucht,sollte vielleicht über ein Studium aneiner Fachhochschule oder über ei-ne duale Ausbildung nachdenken.

Warum ist es wichtig, dassman sich frühzeitig infor-miert?

Man sollte unbedingt die eigenenStärken und seine Motivation klärenund genau wissen, was im Studiumauf einen zukommt. Je besser maninformiert ist, umso eher trifft mandie richtige Wahl und kann sein Stu-dium mit Begeisterung und Erfolgbestehen. Und wenn man im erstenSemester merkt, dass es doch nichtdas Richtige war, ist das kein Dra-ma. Auch hier steht das Team derStudienberatung als Ansprechpart-ner zur Verfügung. Gemeinsamkönnen wir die Situation analysierenund genauer erforschen, was manselbst wirklich möchte. Manchmalkommt man eben nur über Umwegezum Ziel.

STUDIENBERATUNG

„Man sollte seine Motivation klären“Bei der Studienwahl werden Abiturienten an der Saar-Uni vielfältig unterstützt, zum Beispiel von der Zentralen Studienberatung

Keinen Plan, welches Studium das richtige ist? Macht nichts, sagen die Studienberater: Zum einen können sie bei der Studien-wahl helfen. Zum anderen beraten sie auch über Alternativen, wenn man mit seinem Fach doch nicht zufrieden ist. Foto: Fotolia

Susanne Stein-mann. Foto: Uni

Welches Studienfach passt zu mir,wie sind die Berufsaussichten undwas muss ich tun, um einen Studi-enplatz zu bekommen? Um einepassende Antwort zu bekommen,hilft nur eins: sich gründlich infor-mieren – und zwar rechtzeitig,sagt Susanne Steinmann. Mit derLeiterin der Zentralen Studienbe-ratung der Saar-Uni sprach „Cam-pus extra“.

AUF EINEN BLICK:

Zentrale Studienberatung,Campus Saarbrücken, Gebäu-de A4 4, Tel. (06 81) 3 02 35 13,E-Mail: [email protected].Öffnungszeiten: Mo.-Mi. undFr. 9 bis 12 Uhr und 13 bis 16Uhr, Do. von 11 bis 12 Uhr und13 bis 18 Uhr.Persönliche Beratung mög-lichst nach Terminvereinbarungoder (ohne Termin) in der offe-nen Sprechstunde täglich von11 bis 12 Uhr. mey

www.uni-saarland.de/studi-enberatung

Die Uni des Saarlandes und die Stu-dentenvertretung, der AllgemeineStudierendenausschuss (Asta),vergeben am 20. Oktober den mit1.000 Euro dotierten Beste-Preis anbesonders engagierte Studentin-nen und Studenten. Das sind dieBewerber:

Alexey Gulyaev engagiert sichbesonders in der EvangelischenStudierendengemeinde (ESG).Dort ist er Gemeindeleiter undHeimleiter im Wohnheim. Darüberhinaus gibt er Tutorien bei den Som-mersprachkursen, wo er anderenausländischen Studenten, die neuin Deutschland sind, hilft, Fuß zufassen. Außerdem hat er Konzertein seiner Heimat Russland organi-siert, um den Kulturaustausch zwi-schen beiden Ländern zu fördern.

Ebenfalls nominiert ist MarcGroßjean, der bereits seit Langemin verschiendenen Gremien aufdem Campus aktiv ist. Er war unteranderem Asta-Referent für politi-sche Bildung und knapp zwei Jahrelang selbst Asta-Vorsitzender. Alsstudentisches Mitglied im Universi-tätsrat kontrolliert er außerdem be-reits seit fünf Jahren die Geschäfteder Universität.

Wie Marc Großjean ist auch Pas-cal Straub ein alter „Gremienhase“.Der Student engagiert sich seit2010 beispielsweise im Studien-ausschuss, im Asta und im Mento-renprogramm. Außerdem war erjahrelang in der Fachschaft für dieIngenieurwissenschaften aktiv.

Die beiden Sportwissenschafts-Studenten Sarah Gawlik und Dus-tin Morbe stehen wegen ihres Ein-satzes beim ersten Karrieretag fürSportwissenschaftler in der Final-runde um den Beste-Preis. Die bei-den stemmten die Veranstaltungvom ersten Brainstorming über dieAkquise von Referenten bis hin zurVerteilung von Wegweisern am Ver-anstaltungstag, damit die angehen-den Sportwissenschaftler auchwussten, wo die Experten stehen.

Last but not least ist das „Musik-management-Netzwerk der Uni-versität des Saarlandes“ nomi-niert. Die 14 Studentinnen und Stu-denten möchten mit ihrem Engage-ment Kulturschaffende, insbeson-dere aus dem Musikmanagement,vernetzen, Ansprechpartner für dieMusik- und Kulturbranche inner-halb und außerhalb des Saarlandessein sowie kulturpolitische Debat-ten anstoßen. moh

Uni und Asta zeichnenStudenten aus

Die 24-jährige Studentin SolangeLandau startet im Oktober ins vierteSemester des Masterstudiengangs„Religiöse Traditionen in Europa“,den sie im Nebenfach belegt hat. ImHauptfach studiert sie Komparatis-tik, also Allgemeine und Verglei-chende Literaturwissenschaft. Da-mit setzt die junge Pfälzerin ihr kul-turwissenschaftliches Studium ander Saar-Uni fort, nachdem sie hierbereits den Bachelor im Fach Histo-risch orientierte Kulturwissenschaf-ten (HoK) absolviert hat.

Mit dieser Fächerwahl ist siehochzufrieden: Der Studiengang„Religiöse Traditionen in Europa“ergänze sich wunderbar mit derKomparatistik: „Damit kann ich anBibeltexte sowohl literarisch alsauch religionswissenschaftlich-theologisch herangehen“, freut sichdie Studentin. Das deutschlandweiteinzigartige Masterprogramm „Re-ligiöse Traditionen“ wird von denbeiden Fachrichtungen Evangeli-

sche und Katholische Theologiegemeinsam angeboten. Das seisehr sinnvoll: „Beide Theologiensetzen unterschiedliche Akzente.Die Dozenten bevorzugen bei-spielsweise jeweils eigene Metho-den für die Interpretati-on von Texten“, sagtSolange Landau.

Das viersemestrigeMasterstudium vermit-telt den Studenten dieBedeutung und Funkti-on von Religionen inden modernen Gesell-schaften Europas. Da-her lernen sie unter an-derem die großen eu-ropäischen Religionen– Christentum, Juden-tum und Islam – ken-nen. „Eine Lehrveran-staltung hat die erstenvier Jahrhunderte desChristentums behan-delt, also das, woraufunsere Gesellschaftfußt – ein ganz relevan-tes Thema“, ist die jun-ge Kulturwissenschaftlerin über-zeugt. Zum Pflichtprogramm gehö-ren zwei Übungen, die in das Ju-dentum und den Islam einführen.„Dabei geht es um das Glaubens-verständnis anderer europäischerReligionen. Erst wenn man versteht,was hinter den Religionen steckt,kann man in Dialog treten.“ Darüberhinaus habe sie beispielsweise dieVorlesung „Jenseitsvorstellung inWeltreligionen“ belegt, sagt Solan-

ge Landau. Jetzt im Septembernimmt sie an dem Blockseminar„Die Rolle der Frauen in Weltreligio-nen“ teil. Bei den Lehrveranstaltun-gen habe man große Wahlfreiheitund könne damit persönliche

Schwerpunkte setzen. „Auch die Betreuung

im Fach ist hervorra-gend“, freut sich dieStudentin. „Das habeich auch im HoK-Studi-um so kennengelernt,und in der Komparatis-tik ist es ähnlich.“ Beieiner Veranstaltungzur Einführung in denStudiengang habe siezunächst als einzigeStudentin, später ge-meinsam mit drei Kom-militonen, mit Profes-sorin Anne Conrad ge-arbeitet – „diese per-sönlichen Gesprächesind purer Luxus“.

Wie es nach demMasterabschluss fürsie weitergehen soll,

steht für Solange Landau bereitsfest: Sie möchte gerne promovie-ren, da sie es liebt, wissenschaftlichzu arbeiten. Für Absolventen, diekeine wissenschaftliche Laufbahnanstreben, bieten sich beruflichePerspektiven unter anderem im Kul-tur- und Bildungsbereich, in spezia-lisierten Bereichen der Tourismus-branche, bei Medien und in derKommunikation oder in politischenOrganisationen.

RELIGIÖSE TRADITIONEN IN EUROPA

Verständnis für GlaubensrichtungenEinzigartig: An der Saar-Uni können Studenten Religionen miteinander vergleichen

VON GERHILD SIEBER

Studentin Solange Landau ist inden Studiengängen Religiöse Tra-ditionen in Europa sowie Allge-meine und Vergleichende Litera-turwissenschaft eingeschrieben.Beide Fächer ergänzten sich her-vorragend, sagt sie. Sie könne sodie Texte literaturwissenschaft-lich und theologisch zugleich aus-werten. Später möchte die 24-Jährige in die geisteswissen-schaftliche Forschung einsteigen.

„Erst wenn manversteht, washinter denReligionensteckt, kann manin Dialog treten.“ Studentin Solange Landau

Genau 100 Studentinnen und Stu-denten der Saar-Uni erhalten abdem kommenden Wintersemesterein Deutschlandstipendium. Damithat die Saar-Uni aktuell 180.000 Eu-ro eingeworben. Dabei geben dieprivaten Geldgeber eine Hälfte. DerBund legt die andere Hälfte des Sti-pendiums drauf, also weitere180.000 Euro, so dass jeder Stipen-diat mit 300 Euro im Monat gefördertwerden kann.

Das Deutschlandstipendium istein Förderinstrument, um beson-ders leistungsstarke, aber auch so-zial engagierte Studentinnen undStudenten zu unterstützen sowiesolche, die besonders schwierigeLebensumstände zu meistern ha-ben.

„Diese 100 Stipendien einzuwer-ben, ist ein großartiger Erfolg. Es istfantastisch, dass wir es geschaffthaben, so viele Unternehmen undprivate Spender vom Sinn undZweck der Stipendien an unsererUniversität zu überzeugen und da-mit junge Menschen maßgeblichfördern zu können“, sagt ManfredSchmitt, der sich als Vizepräsidentfür Studium und Lehre über die be-achtliche Zahl von Stipendiatenfreut. Man müsse sich vor Augenhalten, dass die Akquise der För-dermittel an der Saar-Uni quasi „ne-benbei“ im Zuge der allgemeinenUnternehmenskooperationen ge-managt werde. moh

www.uni-saarland.de/deutsch-landstipendium

Aktuell 100Deutschland-stipendien an Uni

„Die englische Sprache hat michschon in der Oberstufe fasziniert.Nach dem Abitur habe ich nach ei-nem Studiengang gesucht, der mei-nen Interessen entspricht. Im Ba-chelorstudium an der Saar-Unikonnte ich in alle Teilaspekte desEnglischen reinschnuppern“, er-zählt Masterstudentin Sanja Bentz.

Nach ihrem Bachelor-Abschlussmusste sie sich für das Masterstudi-um auf einen der drei SchwerpunkteLiteratur, Sprachwissenschaft oderKultur spezialisieren. „Ich beschäf-tige mich jetzt vier Semester langmit Britischer Literatur- und Kultur-wissenschaft. In meiner Masterar-beit möchte ich die Anfänge des‚Starkults’ im viktorianischen Zeital-ter untersuchen und sie anschlie-ßend mit heutigen Theorien undPhänomenen des Starkults verglei-chen“, erzählt Sanja Bentz, die amLehrstuhl für Britische Literatur undKultur von Professor Joachim Frenkforscht. Seit Beginn des Jahres ar-beitet sie für ihn als wissenschaftli-che Hilfskraft. „Ich betreue Semina-re, erledige Recherchearbeiten. Fürdie Studienkoordination der Fach-richtung berate ich auch Studenten,die von anderen Unis kommen, undgebe ihnen Tipps, welche CreditPoints auf ihr Studienkonto ange-rechnet werden können.“

Ihren Auslandsaufenthalt im Ba-chelorstudium absolvierte die jungeFrau sechs Monate lang in der Gal-way Public Library an der Westküs-

te Irlands. „Dort habe ich unter an-derem eine Vorlesungsreihe gehal-ten. Jede Woche habe ich interes-sierten Leuten Werke der Weltlitera-tur vorgestellt. Die Aktion sollte dieLust an Klassikern neu anregen.“Für ihren Auslandsaufenthalt imMasterstudium möchte Sanja Bentzsich bei Rundfunkanstalten in Groß-britannien wie dem Nachrichten-sender BBC bewerben.

Statt eines Praktikums entschei-den sich viele Bachelorstudentenfür einen Studienaufenthalt an einerPartnerhochschule. So arbeitet dieUniversität des Saarlandes unter

anderem mit derUniversity of Lon-don oder der Car-diff University inWales zusammen.Auch innerhalb derFachrichtung kom-men viele der Do-zenten aus demenglischsprachi-gen Ausland.

Zwei Jahre langengagierte sich Bentz im Fach-schaftsrat. „Die Fachschaft beant-wortet Fragen, die zum Beispiel Stu-dienanfänger haben, den Dozentenaber ungern stellen wollen. Wir hel-fen ihnen mit unseren Erfahrungen“,erklärt sie.

Den Absolventen des Bachelor-Studiengangs stehen später unter-schiedliche berufliche Perspekti-ven offen: So arbeiten sie beispiels-weise in Verlagshäusern, Kulturein-richtungen oder Beratungsfirmen.

ANGLISTIK

Studentin geht der WeltspracheEnglisch auf den Grund

Sanja BentzFoto: privat

VON JANA BURNIKEL

Page 4: Campus

STUDIUM Campus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 4Donnerstag, 25. September 2014

Nach dem Abitur an einem Saarbrü-cker Gymnasium wollte Maita Ro-berts eigentlich Chemie studieren.Dann traf sie einen Bekannten, dervon der Materialwissenschaft undWerkstofftechnik an der Universitätdes Saarlandes erzählte. Sie wurdeneugierig und recherchierte im In-ternet. „Dort stieß ich auf die Aussa-ge eines Professors: Wer sich zwi-schen Chemie und Physik nicht ent-scheiden kann, der sollte Material-wissenschaft und Werkstofftechnikstudieren. Das hat mich direkt an-gesprochen und ich habe michgleich für das Studienfach entschie-den“, sagt Maita Roberts. Ihr gefielauch, dass es sich um ein wenigerbekanntes Fachgebiet handelt, das

aber hohes Zukunftspotenial hat.„Neue oder verbesserte Werkstoffebraucht man heute in jeder Bran-che, etwa der Automobilindustrie,dem Energiesektor oder der Medi-zintechnik. Ich denke, dass es dortin den Entwicklungsabteilungenviele spannende Aufgaben für Ma-terialwissenschaftler gibt“, meintdie 22-Jährige.

In den ersten Semestern des Ba-chelorstudiums lernte sie dafür dieGrundlagen kennen, sowohl in derMathematik, Physik und Chemie alsauch in den ingenieurwissenschaft-lichen Fächern wie der Mechanikund Werkstoffkunde. „Der Studien-gang hat die Besonderheit, dassman in viele Materialien Einblick er-hält. Wir lernen hier sowohl Metalleals auch Keramiken kennen und be-schäftigen uns mit Gläsern undKunststoffen. Man kann dadurchschon früh entdecken, welche Ma-terialien am meisten Spaß machen“,erläutert Maita Roberts.

Sie faszinieren vor allem die Me-talle, da diese vielfältig eingesetztwerden können. „In der Werkstoff-

physik erfährt man, was in den Ma-terialien auf atomarer Ebene ab-läuft. Mit diesem Wissen lassen sich

neue Werkstoffeentwickeln, diedann die ge-wünschten Eigen-schaften für ein be-stimmtes Bauteilaufweisen“, erklärtdie Studentin.

In der Ausbil-dungswerkstattdes Automobilzu-lieferers ZF absol-

vierte Maita Roberts das Pflicht-praktikum in der Stahlverarbeitungund lernte, Metallstücke zu drehen,fräsen und durchbohren. Jetzt sam-melt sie weitere Erfahrungen in denForschungslaboren der Saar-Uniund der umliegenden Institute. „DieWissenschaftler vom Fraunhofer-In-stitut für Zerstörungsfreie Prüfver-fahren und dem Leibniz-Institut fürNeue Materialien lehren in unseremStudiengang, so dass man auch ih-re aktuellen Forschungsprojektekennenlernt“, erläutert Maita Ro-

berts. Sie arbeitet außerdem als stu-dentische Hilfskraft bei ProfessorFrank Mücklich am Steinbeis-For-schungszentrum für Werkstofftech-nik, wo auch das hochmoderne La-bor für Atomsondentomographieder Saar-Uni betrieben wird. „Nachder vielen Theorie in den Vorlesun-gen ist es schön, in den Laboren et-was Praktisches zu machen und ne-benbei mitzubekommen, welcheProbleme von Industrieunterneh-men an Saarbrücker Materialfor-scher herangetragen werden“, sagtdie Bachelorstudentin. Sie will die-ses Umfeld und die gute Laboraus-stattung auch für ihr Masterstudiumnutzen. Einen Abstecher ins Aus-land hat sie aber auch schon einge-plant, ob als Praktikum oder Studi-enaufenthalt hat sie noch nicht ent-schieden. Für beides kann sie aufdie Kontakte der EuropäischenSchule für Materialforschung zu-rückgreifen, die an der Saar-Unimehrere internationale Studiengän-ge und Promotionen betreut unddafür auch ein Netzwerk mit Indust-riepartnern aufgebaut hat.

Im Fachbereich Materialwissenschaftund Werkstofftechnik können die Stu-denten Forschung hautnah erleben, sowie hier die Doktorandin IsabellaSchramm, die mithilfe einer Atomsondetief ins Innere von Materialien schauenkann. Foto: Oliver Dietze

MATERIALWISSENSCHAFT

Einblicke ins Innere von Metallen und GläsernWer sich zwischen Physik und Chemie nicht entscheiden kann, sollte Materialwissenschaft studieren – so wie Maita Roberts

VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDORF

In der Materialwissenschaft undWerkstofftechnik lernen Studen-ten die ganze Bandbreite der For-schung kennen. Später können siewählen, welcher Werkstoff ihnenam meisten Spaß macht.

Maita RobertsFoto: privat

HINTERGRUND:

In der Materialwissenschaftund Werkstofftechnik der Saar-Uni forschen und lehren derzeitzwölf Professoren. Nur wenigeUniversitäten in Deutschlandweisen einen solchen Schwer-punkt auf. Im bundesweitenCHE-Ranking konnte sich Saar-brücken unter den „Top five“ derdeutschen Standorte für Materi-alwissenschaft und Werkstoff-technik positionieren. Sowohl bei der Studiensituati-on insgesamt als auch der Be-treuung landete sie in der Spit-zengruppe. Studenten könnenin Saarbrücken zwischen demnationalen Bachelor- und Mas-terprogramm, dem internationa-len Bachelorprogramm Atlantis,an dem auch die USA beteiligtsind, und den beiden europäi-schen Programmen Amase undEEIGM wählen. mey

www.materialwissen-schaft.uni-saarland.de

Wie dünne Salami-Würste hängensie von der Decke der Verkaufs-stände in den Straßen von Tblilissi:Die georgische Spezialität mit demNamen Tschurtschchela besteht je-doch nicht aus Fleisch, sondern ausWalnüssen. Diese werden auf eineSchnur aufgereiht und immer wie-der durch Traubensaft gezogen –so lange, bis eine feste, süße Kuver-türe die Nüsse bedeckt. Doch nichtnur die Tschurtschchela überrasch-te die Studentinnen Julia Alles undInga Witt – überhaupt erlebten sieTbilissi als „andere Welt“: „Nach nurdrei Stunden Flug waren wir in einervöllig fremden Kultur; das warkrass“, sagt Inga Witt, die aus demRuhrgebiet stammt und in Saarbrü-cken Interkulturelle Kommunikationund BWL studiert.

Insgesamt sie-ben Tage ver-brachten die bei-den Studentinnenim Juni dieses Jah-res in der Haupt-stadt Georgiens,gemeinsam mit 27anderen Studentenaus den drei Part-nerstädten Saar-

brücken, Nantes und Tbilissi. „DieZukunft unserer Städte“ hieß dasThema der trinationalen Sommer-universität, bei dem die Studentengemeinsam mit Wissenschaftlernund Spezialisten aus der Praxis un-terschiedliche Strategien der Stadt-entwicklung unter die Lupe nah-men. Mit dabei waren unter ande-rem Architekten und Urbanisten,Historiker, Politikwissenschaftlerund Betriebswirtschaftler. Auf dieseWeise konnten die Studenten unter-

schiedliche Wis-sensgebiete ver-knüpfen. „Das wareine ganz andereLernerfahrung alsan der Uni“, meintInga Witt, die sichbesonders fürStadtentwicklungund Nachhaltigkeitinteressiert.

„Tbilissi ist eine Stadt der Kon-traste: Typisch sind die wunder-schönen holzverzierten Balkone.Doch vieles ist verfallen, anderespräsentiert sich neu renoviert“, er-zählt Julia Alles. Die Saarländerin,die BWL im Masterstudiengang stu-diert, hat alle drei Städte besucht.Ihr Interesse gilt den Faktoren, dieeine Stadt attraktiv für Bewohner,Touristen und letztlich auch für Un-ternehmen machen. „Tbilissi hat eingroßes Potenzial, aber vielerorts

fehlt das Geld“, sagt sie. Auffallend sei gewesen, dass es

fast keine Parks gibt und das Sitzenauf Grünflächen absolut unüblichist. „Wir sind komisch angeschautworden, als wir uns auf den Rasenvor der Uni gesetzt haben“, erzähltInga Witt. Ganz anders gehe es inNantes zu, wirft Julia Alles ein: „DieFranzosen nutzen die vielen Grün-flächen in der Mittagspause zumPicknick. Darüber hinaus geht es inNantes darum, Kunst und Kultur imöffentlichen Raum zu beleben.“

Das ist in der Hauptstadt Geor-giens völlig anders: „Hier entwickeltsich gerade erst ein solches Ver-ständnis für den öffentlichen Raum,bisher lebte man mehr in seinen ei-genen vier Wänden“, hat Inga Wittbeobachtet. Auch gebe es in Tbilis-si kaum Fahrradfahrer und oft keineBürgersteige. „Und der Straßenver-kehr ist sehr chaotisch.“ Doch so-bald man nur zehn Minuten aus derStadt hinausfahre, sei man mitten inder Natur. „Und die ist unfassbarschön“, schwärmt die junge Frau.

Besonders beeindruckt sind bei-de Studentinnen von der Offenheitund Gastfreundschaft der Geor-gier: „Wir konnten in Tbilissi lernen,dass dort andere Werte gelten; manfühlt sich aufgehoben“, sagt Inga

Witt. Und ihre Kommilitonin erzählt:„Obwohl viele Menschen arm sindund in baufälligen Häusern leben,sind alle nett und freundlich. Es giltder Grundsatz ‚Der Gast ist ein Ge-schenk des Himmels‘.“ So hättensie gemeinsam mit anderen Stu-denten einen Künstler besuchenwollen. Er sei nicht zu Hause gewe-sen, aber die Nachbarfamilie habesie kurzerhand eingeladen und manhabe dort fünf Stunden gegessenund geredet.

Überhaupt ist gemeinsames Es-

sen für Georgier enorm wichtig:„Man isst viel – und oft“, bestätigendie Studentinnen lachend. Typischseien Weizenfladen mit Käse oderBohnenmus, und es werde viel mitKoriander gewürzt. „Im Restaurantbestellt man jede Menge verschie-dene Gerichte. Dann probiert jedervon allem, das hat etwas sehr Ge-selliges“, erinnert sich Inga Witt. „Eskommt immer mehr auf den Tisch –und am Ende bleibt so viel übrig,dass jeder etwas mit nach Hausenimmt.“

INTERNATIONALE SOMMERUNIVERSITÄT

Bohnenmus und Koriander: Studenten genießen Gastfreundschaft in Georgien„Nach drei Stunden waren wir in einer völlig anderen Kultur“: Zwei Studentinnen besuchen im Rahmen der trinationalen Sommeruni die georgische Hauptstadt Tbilissi

VON GERHILD SIEBER

Drei Partnerstädte – drei verschie-dene Welten. So haben Teilneh-mer der trinationalen Sommeruni-versität die Städte Tbilissi, Nantesund Saarbrücken erlebt. Mit dabeiwaren auch die Saarbrücker Stu-dentinnen Inga Witt und Julia Al-les. Besonders beeindruckt warendie beiden von der Freundlichkeitder Georgier.

AUF EINEN BLICK:

Die interdisziplinäre Sommeruniversität wurde erstmals 2002 vomFrankreichzentrum der Saar-Uni und vom Centre Culturel Franco-Allemand in Nantes veranstaltet. Sie findet alle zwei Jahre statt –2013 zum ersten Mal als trinationales Projekt. Teilnehmen könnenjeweils zehn Studenten und Nachwuchswissenschaftler aus Frank-reich, Deutschland und Georgien. gs

Inga Witt Julia Alles Fotos: privat

Der Aufenthalt in der georgischen Hauptstadt Tbilissi war für Julia Alles und IngaWitt eine tolle Erfahrung. Foto: alfotokunst/fotolia

Wie stelle ich meinen Stundenplanzusammen, welche Einführungs-veranstaltungen gibt es für meinFach, und was hat es mit der Studie-rendenkennung auf sich? Das sindnur einige der zahlreichen Fragen,die auf Studienanfänger zukom-men. Unterstützung bietet die Zent-rale Studienberatung: Tipps für dasErstellen des Stundenplans erhal-ten die künftigen Erstsemester beiInfoveranstaltungen an der Uni. An-ders als in der Schule müssen sichStudienanfänger selbst um ihrenStundenplan kümmern. Auf welcherGrundlage sie ihre Lehrveranstal-tungen auswählen sollten und wiesie sich im Online-Vorlesungsver-zeichnis zurechtfinden und für Lehr-veranstaltungen anmelden können,erläutern die Mitarbeiter der Zentra-len Studienberatung noch bis zum16. Oktober bei Informationsveran-staltungen.

Die Kurse beziehen sich jeweilsauf einen bestimmten Studiengangoder eine Fächergruppe. Die erstenKurse haben bereits Mitte Septem-ber stattgefunden. Bis Mitte Okto-ber folgen allerdings noch einige.Im Internet ist außerdem eine um-fangreiche Checkliste zum Studien-beginn abrufbar. red

www.uni-saarland.de/studienbe-ginn

So stellt man den Stundenplanzusammen

Am Montag, 20. Oktober, startet dieSaar-Uni ins Akademische Jahr2014/15. Um 9.30 Uhr wird es in derAula auf dem Saarbrücker Uni-Campus einen ökumenischen Got-tesdienst geben. Um 10.30 Uhr folgtdann die Eröffnungsfeier im Audi-max (Geb. B4 1). Nach der Begrü-ßung durch UniversitätspräsidentVolker Linneweber vergeben dieStudentenvertreter des Asta ge-meinsam mit Vertretern der Uni denBeste-Preis (s. S. 3). Auch die Küh-borth-Stiftung zeichnet Studentin-nen und Studenten aus, und zwarsolche, die besonders schnell underfolgreich studiert haben.

Im Mittelpunkt der Veranstaltungsteht die kurze Vorstellung der ein-zelnen Fakultäten durch die Deka-ne sowie jeweils eines Studentender Fakultät. Die Uni-Bigband lo-ckert das zirka anderthalbstündigeProgramm musikalisch auf. Paralleldazu können sich Studienanfängerab 10 Uhr beim Info-Basar im Erd-geschoss des Audimax-Gebäudesüber Einrichtungen und Angeboteder Uni informieren. moh

Eröffnung desStudienjahres

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STUDIUMCampus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 5Donnerstag, 25. September 2014

Aufzuhören fällt niemals leicht.Auch Charlotte Dahlem nicht, dieseit Sommer 2013 als Vorsitzendedes Allgemeinen Studierendenaus-schusses sozusagen die „Studen-ten-Chefin“ ist. Eigentlich hätte sienach ihrer ersten Amtszeit im Som-mer 2014 gerne den Vorsitz an ei-nen Nachfolger oder eine Nachfol-gerin übergeben. Aber die Themenwaren einfach zu kompliziert, um ei-nen gänzlich Unerfahrenen ins kalteWasser zu stoßen: Das Gutachtendes Wissenschaftsrates Anfang2014 und die anschließende, zumTeil hitzige öffentliche Debatte umdie Sparmaßnahmen an der Unisind vermintes Terrain, das auchvon einer Asta-Vorsitzenden vielFingerspitzengefühl und Sach-kenntnis verlangt. „Es ist schwierig,Leute zu finden, die sich in der Si-tuation auf Anhieb zurechtfinden“,sagt die 22-Jährige, die sich vor ih-rer Zeit als Vorsitzende bereits alsReferentin für Studienqualität für ih-re rund 18.000 Kommilitonen einge-setzt hat und die Hochschulpolitikim Saarland gut kennt.

Also hat die Pharmaziestudentinbeschlossen, noch bis Ende deskommenden Wintersemesters wei-terzumachen, um sich dann wiederauf ihr Studium zu konzentrieren.Zwei Semester habe sie wegen ih-res Asta-Engagements bisher dran-hängen müssen, sagt die gebürtigeSaarländerin. Verschenkt sei dieZeit jedoch keinesfalls. Sie hat sichfür ihre Kommilitonen in allen Fä-chern eingesetzt und selbst viel ausder mitunter harten Zeit gelernt. Die-se Erfahrungen haben sie sehr ge-prägt. „Gerade in einer so intensi-ven Zeit wie in der aktuellen Sparde-batte ist es schon grenzwertig. Eine

40-Stunden-Woche für den Asta-Vorsitz war da keine Seltenheit“,sagt sie. Solche Belastungen sindjedoch die Ausnahme. In ruhigenZeiten steht auch nicht unbedingtdie Hochschulpolitik im Mittelpunkt.Da kümmert sie sich mit ihren „As-tanten“ darum, dass das Semester-ticket möglichst günstig bleibt, in-formiert die Studentinnen und Stu-denten in der Zeitschrift „Champus“über die Neuigkeiten an der Saar-Uni oder setzt sich im Senat der Unidafür ein, dass das Studium gut or-ganisiert wird.

Bei alldem hilft ihr natürlich derinsgesamt 23-köpfige Asta sowieGovinda Sicheneder, der sich mitihr den Asta-Vorsitz teilt. Ansonsten

wäre ihr Studium kaum zu bewälti-gen. „Das Pharmaziestudium ist an-fangs schon sehr schwierig“, sagtsie. Im Grundstudium stehen dienaturwissenschaftlichen Grundla-gen aus Physik, Chemie und Biolo-gie auf dem Lehrplan. „Das ist rechttrocken, aber wenn ich später in dieForschung gehen möchte, muss ichdas natürlich können“, sagt die St.Ingberterin über ihre Zukunftsplä-ne. „Es lohnt sich aber, sich durchdas Grundstudium zu kämpfen“,sagt sie, denn: „Im Hauptstudiummacht man in viel höherem Maßdas, weshalb man Pharmazie stu-diert: Pharmakologie und Toxikolo-gie beispielsweise.“

Dass Saarbrücken dabei die rich-

tige Wahl war, wurde ihr erst im Lau-fe des Studiums bewusst. Zuerststudierte sie kurz an der Uni Würz-burg Biochemie. „Ich habe dannaber schnell gemerkt, dass ich lie-ber etwas mit medizinischem Be-zug machen möchte, daher habeich mich zum Wechsel ins Pharma-ziestudium entschieden.“ Ganzpragmatisch hat sie sich an der Unides Saarlandes beworben, weil sieals Saarländerin die Stadt schonkannte und sie in Saarbrücken auchzum Sommersemester mit dem Stu-dium beginnen konnte. „Ich wolltedaher erstmal schauen, wie es mirhier gefällt und das Grundstudiummachen. Jetzt, im Hauptstudium,weiß ich: Die Entscheidung war einGlücksgriff.“ Das SaarbrückerPharmaziestudium überzeugt vorallem durch seine fachliche Qualität– in der bundesweit einheitlichenPrüfung belegen Saarbrücker Ab-solventen regelmäßig Platz eins –und auch zwischenmenschlich:„Die Professoren sind immer an-sprechbar und helfen einem sofort,auch wenn man sich die Forschunggenauer anschauen möchte.“ Sogelangte Charlotte Dahlem wegendes guten Drahtes zu den Professo-ren für die Dauer der Semesterferi-en an eine Stelle als Hilfswissen-schaftlerin, so dass sie bereits vordem Abschluss die Forschung imLabor kennenlernen kann.

Ab nächstem Jahr konzentriertsie sich dann voll auf die Abschluss-phase im Studium. Denn das stand,bei allem Engagement weit überdas Normalmaß hinaus, immer imMittelpunkt. „Ich studiere schließ-lich nicht fünf Jahre Pharmazie, umspäter Politik zu machen“, sagt dieAsta-Chefin mit Überzeugung. Wo-bei es immer schwieriger werde,durch kürzere Studienzeiten undaufreibende Themen wie die Uni-Spardebatte noch Leute zu finden,die sich für ihre Kommilitonen ein-setzen, gibt sie zu. Vielleicht bleibtsie der Politik ja doch noch ein we-nig erhalten. „Ich kann mir vorstel-len, weiter beratend politisch unter-wegs zu sein“, sagt sie denn auch.Wie gesagt: Aufzuhören fällt ebennie ganz leicht.

www.asta.uni-saarland.de

STUDIUM UND ASTA-ARBEIT

„Die Entscheidung war ein Glücksgriff“„Studenten-Chefin“ Charlotte Dahlem über ihre Doppelbelastung als Asta-Vorsitzende und Pharmaziestudentin

Nach ihrem Abschluss möchte Charlotte Dahlem gerne pharmazeutisch forschen.Hochschulpolitik will sie nebenbei trotzdem noch machen. Foto: Dahlem

VON THORSTEN MOHR

Sie hat in Ausnahmefällen auchmal eine 40-Stunden-Woche –und zwar nur für ihr Amt als Asta-Vorsitzende. Außerdem bestrei-tet Charlotte Dahlem noch ein an-spruchsvolles Pharmaziestudium.Dass sie wegen ihrer Asta-Arbeitdafür zwei Semester längerbraucht, macht ihr aber nichtsaus. Schließlich lernt sie vieles,was sie sonst nicht lernen würde.

Am 1. Oktober übernehmen dieneuen Vizepräsidenten ihre Ämter.

Neue Vizepräsi-dentin für Europaund Internationaleswird Astrid Fellner,Professorin fürNordamerikani-sche Literatur undKultur. Sie über-nimmt das Amt vonPhysik-ProfessorUwe Hartmann, derdas Amt knapp

zwei Jahre lang innehatte und demneuen Präsidium im Ressort Pla-

nung und Strategieerhalten bleibt, daszuvor viereinhalbJahre lang von Ale-xander Baumeistergeführt wurde.Thorsten Herfet,Professor für Nach-richtentechnik,übernimmt vonMatthias Hannig,Professor für Zahn-

medizin, das Vizepräsidentenamtfür Forschung und Technologie-transfer, der das Amt fünf Jahrelang innehatte. Den Bereich Lehreund Studium schließlich übernimmtdie Virologie-Professorin SigrunSmola von Manfred Schmitt, Profes-sor für Mikrobiologie, der sein Res-sort ebenfalls fünf Jahre lang leitete.

Universitätspräsident Volker Lin-neweber würdigte die Arbeit derbisherigen Vizepräsidenten als prä-gend für die Universität: „Dieses

Präsidium hatte keine leichte, abereine außerordentlich erfolgreiche

Amtszeit. Die Um-stellung des Studi-enbetriebes aufBachelor- undMasterstudiengän-ge, die Bewälti-gung der doppel-ten Abiturjahrgän-ge und die Behaup-tung der For-schungsschwer-punkte wie Nano-

BioMed und Informatik im zuneh-mend harten internationalen Wett-

bewerb warengenauso Teil desAufgabenprofilswie die aktuelleSpardebatte unddie sich damit stel-lenden großen He-rausforderungen,die wir in der Uni-versität meisternmüssen. Alle vierVizepräsidenten

haben maßgeblich dazu beigetra-gen, dass die Universität diese He-rausforderungen außerordentlicherfolgreich bewältigt hat. Meine Kol-legen im Präsidium haben mit ihrerArbeit und ihrem enormen Engage-ment die Universität des Saarlan-des geprägt – und das ehrenamt-lich, wohlgemerkt. Dass sie ihreÄmter so lange fortgeführt haben,ist für mich eine Bestätigung dafür,dass das Präsidium ein echtesTeam war.“ moh

HOCHSCHULLEITUNG

Neue Vizepräsidenten treten imWintersemester ihr Amt an

Thorsten HerfetFoto: M. Meyer

Uwe HartmannFoto: I. Maurer

Sigrun SmolaFoto: Uni

Astrid FellnerFoto: Jörg Pütz

Was lernt man im Mechatronikstudi-um an der Saar-Uni? Welche Vo-raussetzungen muss man für ein In-formatikstudium oder die Romanis-tik mitbringen? Das können Schüle-rinnen und Schüler der Oberstufeim „Schnupperstudium“ erfahren.Eine Anmeldung zu den Lehrveran-staltungen, die sie besuchen möch-ten, ist nicht erforderlich. mey

www.uni-saarland.de/schnup-perstudium

Ins Studiumschnuppern

An der Saar-Uni können Schüler invielen Fächern selbst zu Forschernwerden. In professionell ausgestat-teten Schülerlaboren erhalten sieEinblick in moderne Forschungs-techniken, etwa in der Materialwis-senschaft, Mechatronik oder Bio-chemie. Im Klassenverband mit ih-ren Lehrern oder individuell in Klein-gruppen können Schüler dort selbstexperimentieren. mey

www.saarlab.de

Im Schülerlaborexperimentieren

„Ich habe den Masterstudiengang‚Deutsch-Französische Studien‘gewählt, weil ich dabei meine deut-schen Sprachkenntnisse einbrin-gen und deutsch-französische The-men bearbeiten kann“, erzählt JeanBaptiste Péon, der aus La Fère inder Picardie stammt. „Ich bin über-zeugter Europäer“, fügt der jungeFranzose hinzu. Zuvor hat er einenGermanistik-Bachelor in Lille abge-schlossen und ein Erasmus-Jahr in

Trier gemacht.Beim zweispra-

chigen Master star-tet eine internatio-nale Studenten-gruppe in Metz,nach zwei Semes-tern geht es nachSaarbrücken, da-zwischen findenBlockseminare inLuxemburg statt.

„Anfangs waren wir sieben Franzo-sen, ein Schweizer, eine Ukrainerin,eine Luxemburgerin und zehn Deut-sche“, erinnert sich der 25-Jährige.Der Studiengang bildet Spezialis-ten für die grenzüberschreitendeZusammenarbeit in Verwaltungenund Unternehmen aus. Entspre-chend breit ist das Lehrangebot.Dabei dreht sich alles um diedeutsch-französischen Beziehun-gen – vor dem Hintergrund von Kul-tur, Gesellschaft, Politik und Wirt-

schaft in Deutschland und Frank-reich. „Es gibt beispielsweise Lehr-veranstaltungen zu Europarecht,Buchhaltung, Marketing und zur eu-ropäischen Geschichte aus derdeutschen und französischen Per-spektive. Oder auch interkulturelleKommunikation und Mediation“, er-zählt der Student. Sehr gute deut-sche und französische Sprach-kenntnisse werden daher voraus-gesetzt, außerdem gehören studi-enbegleitende Sprachkurse zumProgramm.

Das Studium laufe in den dreiLändern doch recht unterschiedlichab: „In Frankreich gibt es traditionellmehr Klausuren, in Deutschlandmussten wir mehr Hausarbeitenund Referate schreiben“, berichtetJean Baptiste Péon. „So lernt manzusammenzuarbeiten und sich an-zupassen.“ Toll am Studium sei au-ßerdem, dass die Gruppen so kleinsind.

Das Praktikum, das während desStudiums zu absolvieren ist, hatJean Baptiste Péon in Luxemburggemacht – beim Verein KulturraumGroßregion; ein zweites im saarlän-dischen Ministerium für Europa undFinanzen. Seine Masterarbeit hatder junge Franzose gerade abge-geben. Sie behandelt die National-identitätskrise innerhalb der ukraini-schen Bevölkerung und ihre Dar-stellung in den deutschen und fran-zösischen Medien. Das Thema hater sich vor der Revolution in derUkraine ausgesucht – „dass es nunso aktuell ist, ist ein trauriger Zufall“,sagt Péon, der die Ukraine mehr-mals besucht hat und gute persönli-che Kontakte dorthin hat.

Nach seinem Abschluss möchteer gerne in der Grenzregion arbei-ten, am liebsten in Deutschland.Geht es nach ihm, so sollen diedeutsch-französischen Beziehun-gen weiter sein Thema bleiben. gs

MASTERSTUDIENGANG GRENZÜBERSCHREITENDE KOMMUNIKATION

Überzeugter Europäer überzeugt vom StudiumJean Baptiste Péon studiert in Metz, Saarbrücken und Luxemburg

Die Identitätskrise der Ukrainer in deutschen und französischen Medien ist dasThema der Masterarbeit von Jean Baptiste Péon. Foto: dpa

Jean BaptistePéon. Foto: gs

Im Studium gibt es längst keineGrenzen mehr. Auch nicht für denbekennenden Europäer Jean Bap-tiste Péon aus Frankreich. Er stu-diert in Saarbrücken, Metz undLuxemburg. Und seine Masterar-beit dreht sich um die Ukraine.

Texte aus verschiedenen Sprachenund Kulturen stehen im Mittelpunktdes Masterstudiengangs „Allge-meine und Vergleichende Literatur-wissenschaft“, auch Komparatistikgenannt. „Man hört also nicht beider eigenen Sprache auf – wie inder Germanistik, sondern ver-gleicht Texte, Filme und andere Me-dien aus unterschiedlichen Kultu-ren miteinander“, sagt Kristina Hö-fer, die aus dem pfälzischen Lan-dau zum Studium nach Saarbrü-cken gekommen ist.

Zuvor hat sie an der Saar-Uni denBachelorstudiengang absolviert(Vergleichende Sprach- und Litera-turwissenschaft sowie Translation,VSLT) und dabei den Schwerpunktauf Vergleichende Literaturwissen-schaft gelegt. Während dieser Zeithat sie unter anderem eine Arbeitüber die Weiterentwicklung einesantiken Mythos im Laufe verschie-dener Epochen geschrieben – amBeispiel von Sophokles‘ „Antigone“.„Am Ende stand ein Theaterstückeines südafrikanischen Autors zuZeiten der Apartheid“, erzählt dieStudentin.

Bachelor und Master richten sichan Studenten, die sich sowohl für Li-teratur als auch für kulturellen Aus-tausch und Fremdsprachen inte-ressieren. Im Master ist die Ausrich-tung relativ forschungsorientiert.Studenten lernen, literarische Phä-nomene innerhalb größerer kulturel-ler Zusammenhänge zu verstehen.Dabei nehmen sie häufig verschie-dene Epochen unter die Lupe, ana-lysieren jedoch auch zeitgenössi-sche Texte. „Es werden aber auchandere Medien behandelt, bei-spielsweise Filme“, erzählt Kristina

Höfer, die sich selber eher mit Musikbeschäftigt hat. Eine ihrer Arbeitenbehandelt die Oper „Lady Macbethvon Mzensk“ von dem KomponistenDmitrij Schostakowitsch. Sie basiertauf der Prosaerzählung eines russi-schen Autors, die rund 70 Jahre vorSchostakowitsch entstanden war.„Für die Oper musste die Erzählungerst als Libretto bearbeitet werden,also in eine dramatische Theater-form umgeschrieben werden“, er-klärt die Studentin. „Ich habe dannuntersucht, wie sich die Figuren bis

in die EpocheSchostakowitschsweiterentwickelthaben.“ Zusätzli-che Einblicke in dieWelt des Theatershaben ihr übrigensmehrere Praktikaim SaarländischenStaatstheater ver-schafft. „Praktikasind nicht vorge-

schrieben – aber sicher für jedengut“, rät sie.

Gegenstand des literarischenVergleichs sind häufig auch Über-setzungen und ihre Ursprungstex-te. Daher muss man Kenntnisse inmindestens einer modernenFremdsprache mitbringen. KristinaHöfer hatte sich für Englisch ent-schieden und wählte es im Bachelorals Ergänzungsfach. Seit dem Startins Masterstudium studiert sie imNebenfach Slavistik und hat schonmehrere Sprachkurse in Russlandund Bulgarien besucht. Zurzeit be-ginnt die junge Rheinland-Pfälzerinauch mit ihrer Masterarbeit: „einVergleich der Comiczeichner JoeSacco und Emmanuel Guibert“. gs

KOMPARATISTIK

Im Studium durch Literatur, Film, Musik und Comic

Kristina HöferFoto: Sieber

Wissenschaftler der Saar-Uni su-chen für eine Studie ehemalige Stu-dentinnen und Studenten, die ihrenAbschluss zwischen dem 1. Januar2007 und dem 31. März 2014 ge-macht haben. Die Forscher desLehrstuhls für Sportökonomie undSportsoziologie und des Centrumsfür Evaluation (CEval) möchten soInformationen über den Weg derAbsolventen nach dem Studiumund deren Erfahrungen im Berufsle-ben gewinnen. Dies soll die Qualitätdes Studiums verbessern und Er-kenntnisse über die Chancen vonAbsolventen auf dem Arbeitsmarktliefern. Die Studie ist Teil der For-schungsausschreibung „Arbeits-markt für Hochschulabsolventinnenund -absolventen in der Großregi-on“, die von der KooperationsstelleWissenschaft und Arbeitswelt (Ko-WA) der Universität des Saarlandesin Zusammenarbeit mit der Arbeits-kammer des Saarlandes ins Lebengerufen wurde. Um zu gewährleis-ten, dass nur Absolventen der Saar-Uni den Fragebogen beantworten,kann nur an der Befragung teilneh-men, wer über einen Zugangscodeverfügt. Dieser besteht aus der Mat-rikelnummer und den beiden An-fangsbuchstaben des Vornamens(in Großbuchstaben). Die meistenehemaligen Studenten werden ihreMatrikelnummer in alten Unterlagenoder beispielsweise auf ihrer Ab-schlussarbeit nachsehen können.Unter allen Teilnehmern werdenzehn mal 100 Euro verlost. red

Infos unter www.uni-saarland.de/absolventenstudie oder https://ofb.ceval.de/UdsAbsolventenbe-fragung/

Forscher suchenUni-Absolventenfür eine Studie

Page 6: Campus

FORSCHUNG Campus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 6Donnerstag, 25. September 2014

Wie wichtig ist das, was wir essen,für unsere Gesundheit? Sehr wich-tig, ist Claus Jacob überzeugt. „Esgibt Studien, die belegen, dass ge-genwärtig bis zu 64 Prozent aller To-

desfälle inDeutschland mitKrankheiten in Zu-sammenhang ste-hen, die durch fal-sche Ernährungbeeinflusst wer-den, sagt der Pro-fessor für Bioorga-nische Chemie ander Saar-Uni. Anerster Stelle stün-

den dabei Herz-Kreislauf-Erkran-kungen. „Und die haben in vielerleiHinsicht etwas mit der Ernährung zutun. Man denke nur an die Volks-krankheit Übergewicht.“ Grund-sätzlich sollte man nicht zu viel es-sen und „schlechtes Essen“ mög-lichst vermeiden. Dass dazu unteranderem Zucker, zu viel Fett, Salz,Alkohol, Nitrit, Nitrat und mancheZusatzstoffe gehören, wissen diemeisten. Ebenso, dass man nicht soviel Fleisch essen sollte, „maximal700 Gramm – und das in der Wocheund nicht am Tag“, sagt Claus Ja-cob mit einem Augenzwinkern.

Auch beim Speisesalz sei geradewieder eine hitzige Diskussion ent-

brannt, und im Saarland würde ge-nerell zu viel gesalzen. Hier könneman im ersten Schritt auf natriumre-duziertes Salz umsteigen, soge-nanntes Blutdruck-Salz, empfiehltder Saarbrücker Wissenschaftler.„Doch am besten ist es, wenigerSalz und mehr Gewürze zu verwen-den. Das ist nicht nur gesünder,sondern auch schmackhafter.“

Damit ist Claus Jacob bei seinemeigentlichen Forschungsthema an-gelangt: Gemeinsam mit Kollegenaus der Großregion untersucht er,welche biologisch aktiven Substan-zen in essbaren Pflanzen und Pilzenwie Knoblauch, Spargel, Beeren,Senfkörnern, Rotwein oder Gewür-zen stecken. Im Labor wird getes-tet, ob die Inhaltsstoffe aktiv auf le-bende Zellen wirken: zunächst anwinzigen Fadenwürmern, dann anBakterien, Pilzen und Krebszellen.„Unsere Partner, beispielsweise inParis, gehen dann noch einenSchritt weiter und untersuchen dieWirkung in Mäusen.“ Die Wissen-schaftler fanden etwa heraus, dassein bestimmter Inhaltsstoff vonZwiebeln extrem gut bei Mäusenwirkt, die an Sklerodermie leiden, ei-ner seltenen Bindegewebsverhär-tung der Haut.

Um festzustellen, was Pflanzenin-haltsstoffe genau in einzelnen Zel-len bewirken, arbeitet das Saarbrü-cker Team auch mit HomburgerBiochemikern um Professor Mathi-as Montenarh zusammen. Mit aus-gefeilten Färbetechniken werdendie Prozesse in der Zelle sichtbargemacht. „Dadurch kann man dieWirkung in Mäusen erklären und ab-schätzen, ob der Stoff für den Men-schen möglicherweise gesund-

heitsförderlich ist“, sagt Jacob. Auf-gespürte aktive Substanzen versu-chen die Wissenschaftler in reinerForm und größerer Menge herzu-stellen. „Wir überlegen dann auch,ob man die Verbindungen etwasverändern kann, damit sie nochwirksamer werden.“

Im Fokus der Naturstoffforschungstehen derzeit unter anderem dieschwefelhaltigen Substanzen ausKnoblauch, Zwiebeln und Senf, derStoff Resveratrol, der in relativ hoher

Konzentration im Rotwein vor-kommt, und das Curcumin. DerWirkstoff der Gelbwurz (Curcumalonga) ist im Handel als Gewürzpul-ver Curcuma erhältlich. „In einfa-chen Modellen scheint Curcuminganz entscheidend dem Entstehenund der Vermehrung von Krebszel-len entgegenzuwirken“, erklärtClaus Jacob. Daher sei Curcumindurchaus auch eine der Leitsub-stanzen bei der Entwicklung zu-künftiger Krebstherapien.

Doch warum nicht einfach dieentsprechenden Gewürze in derKüche verwenden? „In vielen Kultu-ren isst man sehr gesund und zu-gleich auch sehr geschmackvoll“,sagt Jacob und denkt dabei vor al-lem an die indische und chinesi-sche Küche – und damit an Gewür-ze wie Chili, Cumin, Ingwer, Papri-ka, Zwiebel, Koriander, Bockshorn-kleesaat oder Senf. Sie alle enthal-ten so genannte chemopräventiveStoffe, „die anscheinend etwas Gu-

tes tun, wenn sie im Körper zirkulie-ren“, ebenso wie Obst und Gemü-se. Wer dann noch mehr Abwechs-lung im Speiseplan wünscht, könneauch auf Fleisch- und Wurst-Ersatz-produkte zurückgreifen, sagt ClausJacob und empfiehlt seinen persön-lichen Favoriten: ein seit kurzemauch in Deutschland erhältlichesvegetarisches Schnitzel aus Pilz-mycel – „da ist nicht nur ge-schmacklich alles drin, was derSaarländer so braucht.“

In Gemüse und Gewürzen stecken viele nützliche Wirkstoffe. Welche das sind, erforscht Claus Jacob an der Saar-Uni. Sprachwissenschaftler wiederum untersuchen Kochblogs und erforschen so, wie das Essen kulturelle Brücken baut. Foto: lily/fotolia

ERNÄHRUNGSFORSCHUNG IN VERSCHIEDENEN FACHBEREICHEN

Weniger Salz, mehr GewürzeDer Saarbrücker Biowissenschaftler Claus Jacob untersucht, wie die Inhaltsstoffe von Gewürzen, Kräutern und anderen Nahrungsmitteln auf den Organismus wirken

Engländer kochen schlecht, Fran-zosen gut, Deutsche essen Sauer-kraut: „Auf solche Klischees stoßenwir bei unserer Forschung zuhauf.Es gibt in Europa tatsächlich aufdiesem Gebiet Vorurteile, die wieeinzementiert sind“, sagt StefanDiemer. Der Professor für EnglischeSprachwissenschaft erstellt ge-meinsam mit bulgarischen, spani-

schen und italienischen Forschernim EU-Projekt „CASE“ ein „Textkor-pus“, also eine Sammlung der inter-national gesprochenen englischenSprache, die Grundlage für weitereForschung sein soll. In diesem Rah-men beleuchten die Linguistenauch den Austausch über das Es-sen im Internet. Hierzu nehmen siezum einen englischsprachigeKoch-Blogs unter die Lupe. „SolcheBlogs kennzeichnen sich dadurch,dass sie zum Treffpunkt von Gleich-gesinnten werden – wenn man sowill, einer Art Genuss-Community.Hier tauschen sich Experten undNicht-Experten aus, die Rezepterangieren von innovativ bis alt-er-probt und es wird viel Persönlichesdiskutiert“, resümiert Diemer. „Dameist keine Profis am Werk sind, isttypisch, dass auch wenige Vor-kenntnisse vorausgesetzt werden.So kommt es, dass auch viel Selbst-verständliches erklärt wird.“

Zum anderen un-tersuchen die For-scher Gespräche,die Probanden ausDeutschland, Bul-garien, Italien undSpanien übers In-ternet führen. DieseGespräche werdenvertextet und ana-lysiert. „Hierbei er-

forschen wir unter anderem, wie dieLeute mit Verständigungsproble-men umgehen. Einem Italiener zumBeispiel das Spaghetti-Eis zu erklä-ren, ist eine echte Herausforde-rung“, sagt Diemer. „Interessant istauch, wie etwa bei der Unterhaltungein Thema gewechselt wird. Hiernimmt das Lachen eine wichtigeRolle ein. Linguistisch ist nachweis-bar, dass vor einem Themawechselmeist ausgiebig und etwas nervösgelacht wird.“

Das Projekt CASE wird mit 30.000

Euro Drittmitteln gefördert. Bei dervon der Universität Bologna veran-stalteten ersten internationalenKonferenz „Food and Culture inTranslation“ erhielten die Nach-wuchs-Wissenschaftlerinnen Ma-rie-Louise Brunner und SelinaSchmidt aus Diemers Team im Juniden erstmals vergebenen „CuiZineAward“ des gleichnamigen kanadi-schen Food-Magazins. Ausge-zeichnet wurden sie für den Vortrag„Besser als die Realität? Wenn esonline ums Essen geht.“ Das Preis-komitee würdigte mit der Verleihung„die wissenschaftliche Stärke undOriginalität der Ergebnisse und dieQualität der Präsentation sowie dasbemerkenswerte weitergehendeForschungspotenzial“ des Vortra-ges. ehr

www.uni-saarland.de/lehrstuhl/engling/case.html und http://pre-zi.com/rfnsbllcgzur/case/

Italiener kennen kein Spaghetti-Eis

Gewürze, Pflanzen und Pilze ste-cken voller gesunder Inhaltsstoffeund bieten eine Alternative zumSalz. Wie man ihnen auf die Spurkommt und auf was man sonst beider Ernährung achten sollte, er-klärt Professor Claus Jacob.

VON GERHILD SIEBER

Austausch übers Essen bringt online neue Genuss-Kultur hervor – Es geht nicht nur ums Kochen

Claus JacobFoto: Uni

Stefan DiemerFoto: Jörg Pütz

Essen bringt über Landesgrenzenhinweg eine „Genuss-Communi-ty“ zusammen, die sich schnellüber mehr austauscht, als übersKochen. Dabei wenden sich typi-scherweise Nicht-Experten anNicht-Experten. Das Essen nimmtdabei eine kulturelle Brückenfunk-tion ein. Das sind erste Ergebnissedes Teams um Sprachwissen-schaftler Stefan Diemer, das er-forscht, wie der Austausch übersEssen auch den Austausch derKulturen fördert.

tegration abge-schlossen hat.

Auf dem Stun-denplan stehenviele praktischeÜbungen und Se-minare. So müssendie Studenten ge-meinsam in kleinenGruppen Aufgabenlösen, wie zum Bei-

spiel einen Roboter zusammenbau-en und programmieren oder dieZündkerzenregelung für einen Mo-tor programmieren. Gerade denpraktischen Anteil wissen Eifler undBuchheit zu schätzen, da sie ihrWissen direkt anwenden können.Darüber hinaus sind beide Studen-

Rebecca Eifler und Dominic Buch-heit studieren im vierten SemesterComputer- und Kommunikations-technik mit der VertiefungsrichtungEingebettete Systeme. Der Schwer-punkt liegt auf den Teilen der Infor-matik, die mit der Steuerung techni-scher Systeme zu tun haben. Er im-portiert eine ganze Reihe von Fä-chern aus bestimmten Ingenieur-disziplinen wie etwa Regelungs-

technik, Signalverarbeitung undElektrotechnik. „Als der Schwer-punkt im vergangenen Jahr einge-führt wurde, habe ich mich ent-schlossen, in die neue Richtung zuwechseln, da mir der Informatik-Teildes Studiums eher liegt als der in-genieurwissenschaftliche“, erklärtEifler. Die 20-Jährige findet esspannend zu lernen, Systeme zuprogrammieren, die von Compu-tern gesteuert werden, von denender Nutzer gar nichts mitbekommt.Auch bei Buchheit ist es ähnlich.„Ich wollte mein Informatik-Wissenpraktisch anwenden können“, er-klärt der 24-Jährige, der vor seinemStudium bereits eine Ausbildungzum Fachinformatiker für Systemin-

ten mit der Betreu-ung zufrieden. Umim Studium voran-zukommen, solltenStudieninteressier-te laut Eifler undBuchheit sehr guteMathematikkennt-nisse besitzen undsich auch für Tech-nik interessieren.

„Abstraktes Denken ist außerdemfür den Informatik-Teil des Studiumswichtig“, so Rebecca Eifler. Darü-ber hinaus sei Physik von Vorteil, er-gänzt Dominic Buchheit. „In derElektrotechnik werden zwar be-stimmte physikalische Grundlagenerklärt, es schadet aber nicht, wenn

man es aus der Schulzeit nochweiß.“

Obwohl der Bachelorabschlusserst in zwei Semestern ansteht, wis-sen beide bereits, dass sie auf-grund der guten Studienbedingun-gen für ihr Masterstudium in Saar-brücken bleiben wollen. Eiflermöchte praxisorientiert forschen.Buchheit hat zudem schon eine Vor-stellung, in welche Richtung es spä-ter gehen soll. „Mich interessiert dieKünstliche Intelligenz.“ Zum Bei-spiel neuartige Steuerungssystemein Autos, bei denen Sensoren undKameras zum Einsatz kommen.„Neben Informatik-Wissen machensich hier auch Kenntnisse in Elekt-rotechnik bezahlt.“ löw

SCHWERPUNKT "EINGEBETTETE SYSTEME"

Saar-Uni verbindet Ingenieurskunst mit InformatikRebecca Eifler und Dominic Buchheit lernen, wie sie Systeme programmieren, die Nutzer von Geräten im Alltag gar nicht bemerken

Selbst Spülmaschinen funktionie-ren heute nur noch, weil Computerin ihnen rechnen. Wie die Technikfunktioniert, lernen Studenten imSchwerpunkt „Eingebettete Sys-teme“ im Studiengang Computer-und Kommunikationstechnik.

Dominic Buch-heit

Rebecca EiflerFotos: Uni

Vor zehn Jahren haben Forscherum Joachim Weickert, Professor fürMathematik und Informatik an derSaar-Uni, ein Verfahren entwickelt,mit dem Computer Bewegungen inVideos doppelt so genau erkennenwie mit den besten bis dahin vor-handenen Ansätzen. Auf der „Euro-pean Conference on Computer Visi-on“ in Zürich wurden die Wissen-schaftler nun für ihre Arbeit mit demrenommierten „Jan Koenderink Pri-ze for Fundamental Contributions inComputer Vision“ ausgezeichnet.Der Ansatz der Saarbrücker For-scher ist in viele Anwendungen ein-geflossen, etwa in Fahrerassistenz-systeme oder Diagnosetechnikenin der Medizin. löw

Forscher fürVideoanalyseausgezeichnet

Page 7: Campus

FORSCHUNGCampus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 7Donnerstag, 25. September 2014

„In den alten Zeiten, als das Wün-schen noch geholfen hat…“, be-ginnt ein Großmütterchen zu erzäh-len, das vor dem geistigen Augedes Zuhörers inmitten einer an-dächtig lauschenden Kinderscharerscheint. Doch siehe da, die Rollensind verteilt: Mit quakender Stimmefragt der Frosch, warum die Königs-tochter so jämmerlich weine, unddiese verspricht ihm hoffnungsfrohalles, nur um die Kugel zu bekom-men, die im Brunnen liegt.

Dass hier etwas nicht stimmt,dämmert dem Uneingeweihtennicht nur, weil die heimlichen Ge-danken der Prinzessin über ihr fal-sches Versprechen effektvoll hal-len. Das auf Stimmen spezialisiertemenschliche Ohr lässt sich nicht soleicht täuschen. Winzige metalli-sche Kiekser und feinste Sprüngezwischen Laut- und Wortschnipselnentlarven die Computerstimme.Weder Märchentante noch Froschnoch Prinzessin sind aus Fleischund Blut – obwohl sie ihren Part ge-fühlvoll vortragen. Nein, der Com-puter spricht, und vier Studentenhaben ihm beigebracht, Märchenzu erzählen.

Nun sind Vorleseprogramme ansich nichts Besonderes mehr, inzwi-schen kann sich jeder im InternetPassagen vorlesen lassen. An derzugrundeliegenden Forschung wa-ren die Sprachforscher der Saar-Uni beteiligt; seit Jahrzehnten mi-schen sie international vorne mit.Das Besondere am Märchenprojektder Studenten Christian Eisenreich,Jana Ott, Tonio Süßdorf und Christi-an Willms ist, dass der Computerden Text verstanden hat. „Er er-kennt, ob in Textpassagen einMensch, Tier oder Fabelwesen

spricht, und er erkennt die Gefühls-lage und den Charakter. Je nach-dem passt er bei der Sprachausga-be Betonung, Tempo und Sprech-weise an“, sagt Christian Eisen-reich.

Die Idee für den Märchenerzählerstammt von ihm: „Wir sollten ein pra-xisbezogenes Thema für das Semi-nar vorschlagen. Mir schwebte einStofftier vor, das Märchen erzähltund auf Wunsch die Geschichte ab-ändert“, erzählt der Student, der imsechsten Semester Computerlin-guistik studiert. Das hätte indes denZeitrahmen des Softwareprojektsgesprengt. Aber den Computerzum Märchenversteher zu machen,das passte. Dem Sprachtechnolo-gen Thierry Declerck, der in derComputerlinguistik am Lehrstuhlvon Hans Uszkoreit und am Deut-schen Forschungszentrum fürKünstliche Intelligenz forscht, gefieldie Idee. „Das Projekt ist eingebet-tet in das große Thema Digitale

Geisteswissenschaften. Hier wirderforscht, wie der Computer an derSchnittstelle zu anderen Fächernneue Perspektiven eröffnen kann“,erklärt Declerck.

Der sportliche Ehrgeiz war ge-weckt und der Froschkönig als Test-objekt auserkoren. Damit der Com-puter das Märchen verstehen kann,mussten die Studenten den Textkomplett durchdringen. Wort fürWort arbeiteten sie mitsamt Bedeu-tung auf, interpretierten Sätze undDialoge, trugen Hintergrundinfor-mationen zusammen. Sie übersetz-ten alles in eine formale Sprache,die der Computer versteht, und pro-grammierten die Software so, dasser Muster, Bedeutungsstruktur undZusammenhänge erlernen kann.Die Aufgaben waren im Team ver-teilt. Tonio Süßdorf war für die Zeit-abläufe zuständig, Christian Willmsfür die Dialoge, Jana Ott brachtedem Computer bei, die Gefühle derFiguren zu erkennen. Christian Ei-

senreich zeichnet verantwortlich fürdie Ontologie, also das Bezie-hungsgeflecht im Text, was womitzusammenhängt, und für die Um-wandlung des Textes in gesproche-ne Sprache. Auch einen Goldstan-dard, eine Art Musterlösung, erstell-ten die Studenten, mit dem sie dasProgramm auf Fehler untersuchenkönnen. „Alles musste so zusam-mengebracht werden, dass es har-moniert“, sagt Eisenreich. „Eine gu-te Übung, denn von Teamarbeithängt in Forschungsprojekten derErfolg ab“, ergänzt Declerck.

Die Studenten konnten bei ihrerSeminararbeit auf Forschungser-gebnisse der Saarbrücker Sprach-technologen aufbauen. Etwa aufdie Sprachausgabe Mary TTS vonMarc Schröder und Jürgen Trou-vain. Saarbrücken ist eine derHochburgen der Sprachtechnolo-gie. Die Fäden vieler internationalerProjekte laufen hier zusammen. Eswird erforscht, wie Mensch und

Computer einander besser verste-hen, wie Lügen im Internet entlarvtwerden, ein neuer Sonderfor-schungsbereich untersucht die In-formationsdichte sprachlicher Äu-ßerungen. „Dadurch öffnen sich ge-rade auch für Studenten spannen-de Einblicke“, sagt Declerck.

Der Clou der Märchensoftware:Der Computer versteht jetzt nichtnur den Froschkönig. „Die Sprach-verarbeitung ist automatisierbar“,erklärt Eisenreich. Der Computermuss nur mit ein paar Daten gefüt-tert werden, einige Anpassungenund dann erzählt er Rumpelstilz-chen. „Märchen eignen sich gut,weil sie wiederkehrende Muster mitähnlichen Rollen haben“, erläutertDeclerck. Und wer weiß, vielleichtentwickeln die Jungforscher jadoch noch das Stofftier, das aufWunsch erzählt, wie der Prinz dieKönigstochter abblitzen lässt,nachdem sie ihn als Frosch an dieWand geworfen hat.

SPRACHTECHNOLOGIE

Studenten lehren Computer das MärchenerzählenComputer sind schlechte Märchenerzähler, da sie nicht überzeugend in die Haut der Protagonisten schlüpfen – Forscher wollen das ändern

Jana Ott, Christian Eisenreich und Christian Willms, Studenten von Thierry Declerck (ganz links), haben den „Märchenbot“ entwickelt. Foto: Oliver Dietze

Er erkennt Prinzessin, König oderFabelwesen im Märchentext, er-zählt automatisch mit verteiltenRollen und bringt Gefühl und Spe-zialeffekte ins Spiel: Vier Studen-ten haben in einem Seminar beiSprachtechnologe Thierry Dec-lerck eine Software entwickelt, dieden Computer zur Märchentantemacht.

VON CLAUDIA EHRLICH

Ab dem Wintersemester bietet dieFachrichtung Informatik der Univer-sität des Saarlandes für Abiturien-ten den auf sechs Semester ange-legten Bachelor-Studiengang „Cy-bersicherheit“ an. Vom ersten Vor-lesungstag an beschäftigen sichdie Studenten mit Cybersicherheit,sind Angreifer, Verteidiger und For-scher in einer Person. Sie lernen,wie man Smartphones gegen Spio-nage-Apps wappnet, Computer-netzwerke gegen Angriffe aus allerWelt schützt. Um ein noch bessererVerteidiger zu werden, erforschensie auch Angriffe. Sie versuchen da-bei, den Ganoven auf die Schlichezu kommen, die Passwörter kna-cken und in Datenbanken eindrin-gen.

„Wir sind die erste Informatik-Fa-kultät, die einen solchen Studien-gang im universitären Umfeld an-bietet“, sagt Michael Backes, Pro-fessor für Informationssicherheitund Kryptografie und wissenschaft-licher Direktor des von der Bundes-regierung geförderten Kompetenz-zentrums für IT-Sicherheit (CISPA).Gerade durch das CISPA könneman auch in der Lehre die Themender IT-Sicherheit noch breiter an-bieten. red

http://cybersicherheit.uni-saar-land.de

Studium überCybersicherheitin Saarbrücken

Die Saar-Uni-App ist jetzt für An-droid-Smartphones erhältlich. DasProgramm bietet Informationenrund um die Uni, beispielsweiseMensa-Speisepläne, Uni-Veran-staltungen und Neuigkeiten ausForschung und Lehre. Außerdemkann man das Personenverzeichnisder Uni, Busverbindungen und denCampus-Lageplan abrufen. DieApp, die von Informatik-Studentenentwickelt wurde, gab es bisher nurfür das Betriebssystem iOS. mey

www.st.cs.uni-saarland.de/uniapp

Uni-App jetztauch für Android-Betriebssystem

In der Pubertät befindet sich daskindliche Gehirn im Umbau. Dasbekommen Eltern zu spüren, wennihr Teenager plötzlich in Tränenausbricht oder tobend ins eigeneZimmer verschwindet. „In dieserPhase werden bestimmte Gehirna-reale erst vernetzt und wie über eine

Art Autobahn be-fahrbar. Vorüber-gehend könnenTeenies daher nurmit Mühe die Emo-tionen von Gesich-tern ablesen undauf Gefühle ange-messen reagie-ren“, sagt Chris-toph Krick, Neuro-wissenschaftler am

Universitätsklinikum in Homburg.Daher sei auch das Chatten in so-zialen Netzwerken bei Jugendli-chen besonders beliebt, da mandort Gefühle direkter vermittelnkann. Um Kommunikation und so-zialen Austausch geht es aber auchbei vielen Computerspielen, die vorallem männliche Teenager in ihrenBann ziehen. „Wer bei einem Com-puterspiel das nächste Spielniveauerreicht, empfindet das als persönli-chen Erfolg. Es wird dabei eine Ge-hirnregion aktiviert, die auch fürSuchtmittel empfänglich ist“, erklärt

Christoph Krick. Um dies Jugendli-chen zu vermitteln, lädt der Wissen-schaftler regelmäßig Schüler in seinLabor ein. Meist am Wochenende,wenn das teure Forschungsgerätseltener für Patienten benötigt wird,dürfen Jugendlichen selbst „in dieRöhre“ und zum Beispiel mit einerkernspintauglichen SpielekonsoleExperimente durchführen.

„Wir messen dann bei einem derJugendlichen die Hirnaktivität undanalysieren anhand der Aufnah-men, was im Gehirn beim Spielenvorgeht“, erläutert Krick. So zeigtendie Messungen etwa, dass Mäd-chen viel schwächer auf die spiele-rischen Erfolge in den Onlineweltenreagierten. Für sie ist das Erreichendes nächsten Levels oft wenigerspannend als ein soziales Netz-werk, in dem sie sich mit Freundin-nen austauschen und durch mög-lichst viele verknüpfte „Freunde“ ih-ren Beliebtheitsgrad messen kön-nen. „Kinder und Jugendliche sam-meln leidenschaftlich gerne. Früherstanden Fußballerbilder undSchlümpfe hoch im Kurs, heute sindes die ‚Likes‘. Die Medienwirtschaftmacht sich diesen Sammeleifer zu-nutze und setzt in Netzwerken undbei Rollenspielen möglichst vieleAnreize“, warnt der Neurowissen-schaftler.

Wie Spielehersteller und Internet-dienste dabei immer jüngere Kon-sumenten in eine unbewusste Ab-hängigkeit bringen, zeigten ver-schiedene Langzeitstudien. So ha-be sich die Zahl der 12- bis 13-Jäh-rigen, die ein internetfähigesSmartphone besitzen, in den ver-gangenen drei Jahren vervierfacht.Zugleich haben Teenies ihre Inter-netnutzung mehr als verdoppelt.

„Im Schnitt verbringen Siebtklässerwöchentlich etwa so viel Zeit mitBildschirmmedien wie ein Arbeit-nehmer am PC. Dies bedeutet nichtnur, dass Facebook und Co einenkräftigen Zulauf von Kindern be-kommen, sondern auch, dass diesezunehmend sitzend ihre Freizeit vordem Computer verbringen“, erklärtChristoph Krick. Vor allem beiJungs sei die Neigung groß, Haus-aufgaben und Lernen zu vernach-lässigen und lieber der eigenenSpielfigur in der Onlinewelt zum Er-folg zu verhelfen. „Daraus entwi-ckelt sich häufig ein Teufelskreis, dadie Jugendlichen dann in ihren

schulischen Leistungen noch wei-ter zurückfallen und wiederum Trostin der Computerwelt suchen.“

Über eine Kooperation mit derRobert-Bosch-Schule in Homburgträgt Krick die Erkenntnisse derNeurowissenschaft in den Unter-richt und sucht nach Wegen, wieman den offenkundigen Spaß beiComputerspielen auf Übungen inder Schule übertragen kann. „Ge-meinsam mit den Schülern habenwir etwa das Mathe-Monster entwi-ckelt. Das ist ein Computerspiel, mitdem Grundschulkinder das Rech-nen mit dem Zahlenstrahl üben kön-nen. Der Clou dabei ist, dass keinereinsam vor dem Rechner sitzt, son-dern immer kleinere Teams gemein-sam die Lösungen erarbeiten“, er-klärt Krick. In dem Mathe-Spiel wer-den Fehler nicht geahndet, sondernpositive Anreize durch Punktgewin-ne gesetzt, und zwar immer, wennman dem Monster die richtige Lö-sungszahl verfüttert. Zudem profi-tieren sie von der Teamarbeit, dasich die Kinder beim Schnappender korrekten Lösung mit Hilfe desMonsters gegenseitig anfeuern. „ImGegensatz zu einem Erwachsenen,der versucht, einmal gemachteFehler zu vermeiden, können Kin-der noch nicht so gut aus Fehlernlernen. Ihre vordergründige Strate-gie besteht darin, das zu wiederho-len, was offenkundig erfolgreichfunktionierte“, erläutert Krick. Ihnstört daher auch, dass die Bewer-tungsstrategie in der Schule nochzu häufig „auf roter Tinte“ aufgebautist. „Viel wichtiger ist es doch, dieNeugierde und Motivation der Kin-der zu wecken und sie darin zu be-stärken, was sie besonders gut hin-bekommen.“

HIRNFORSCHUNG

Suchtfalle Computerspiel und soziales Netzwerk Homburger Neurowissenschaftler erforscht gemeinsam mit Jugendlichen Computerwelten und Medienkonsum

Statt Hausaufgaben lieber Com-puter spielen oder mit Freundenchatten: Vor dieser Entscheidungstehen Schüler täglich. Was dabeiin ihrem Kopf vor sich geht, willChristoph Krick den Jugendlichenbewusst machen.

VON FRIEDERIKE MEYER ZU TITTINGDORF

Den unwiderstehlichen Reiz von Com-puterspielen versuchen Hirnforscherfürs Lernen zu nutzen. Foto: koelnmesse

Christoph KrickFoto: Uni

Janosch Rudack ist vor einem Jahraus München ins Saarland gezo-gen, um hier Musikmanagement zustudieren. Der Bachelorstudien-gang kombiniert Musikwissen-schaft und Musikpraxis mit Kultur-management und -marketing. „Ichbin ganz glücklich hier; es hat vieleVorteile, in einer kleinen Stadt zustudieren, in der man überall Leutetrifft, die man kennt“, sagt der 19-Jährige, dem es in Saarbrücken vorallem das Nauwieser Viertel ange-tan hat.

„Ich spiele seit zehn Jahren Po-saune und habe in Musik mündli-ches Abitur gemacht“, erzählt er.Auf dem Campus ist er der Uni-Big-band „Windmachine“ beigetretenund spielt außerdem in einer saar-ländischen „Jazz-Punk-Band“ na-mens „Stubbi-Oberwasser-Trio“.Also ideale Voraussetzungen fürsStudium, denn Bewerber sollten imIdealfall musikalische Vorkenntnis-se haben. Im Herbst beginnt Ja-nosch Rudack mit dem dritten Se-mester – und ist schon voll integ-riert: unter anderem als Mitglied derFachschaft des musikwissen-schaftlichen Instituts.

„Das Tolle an dem Studiengangist, dass er sowohl in die klassischeRichtung als auch in die Pop-Rock-Richtung ausbildet, also sehr breitgefächert ist“, betont der junge Stu-dent. In den musikwissenschaftli-chen Kursen, die er bisher besuchthat, wurden wissenschaftlicheGrundlagen vermittelt, unter ande-rem zu Gehörbildung oder Harmo-nielehre: „Das ist die Vorausset-zung dafür, dass ich später richtigbeurteilen kann, ob sich eine Musikgut verkaufen lässt.“ In der Lehrver-anstaltung „Orchestermanage-

ment“ seien beispielsweise die As-pekte, die für ein Orchester wichtigsind, beleuchtet worden, bis hinzum Gesundheitsschutz der Musi-ker. Im Musikrecht ging es bisher et-wa um die Gema und um Urheber-rechtsverletzungen – „eine sehr in-teressante Veranstaltung mit einemhervorragenden Dozenten“, lobtder 19-Jährige. Dazu kommenLehrveranstaltungen zu Themen

wie Vermarktung,Finanzen oderSteuerrecht.

Außerdem machtman im Studium eineigenständigeskünstlerisches Pro-jekt, weiß JanoschRudack. Im ver-gangenen Jahr hät-ten ältere Kommili-tonen zum Tag der

Musik das „Saarklang-Festival“ or-ganisiert, der Saarländische Rund-funk sei als Kooperationspartnereingestiegen. „Das war supertoll.“

Wichtig bei diesem Studium seiaber auch das, was man nebenherselbstständig mit anderen macht.„Musikmanager ist ein Beruf, in demman sich vor allem gut vernetzenmuss. Da geht es beispielsweisedarum, Musiker zu vermitteln, Ver-anstaltungsorte zu finden oder Kon-takte fürs Promoten eines Albumszu haben“, erklärt der junge Stu-dent. Aus diesem Grund sei vor ei-nem Jahr das „MusikmanagementNetzwerk der UdS“ gegründet wor-den. Um internationale Kontakteaufbauen zu können, sind außer-dem Fremdsprachenkenntnissevon Vorteil. Daher schätzt JanoschRudack auch die Grenznähe desSaarlandes. gs

MUSIKMANAGEMENT

Fürs einzigartige Studium aus München nach Saarbrücken

Janosch Ru-dack. Foto: gs

Page 8: Campus

KARRIERE Campus Extra, Ausgabe II/2014, Seite 8Donnerstag, 25. September 2014

Die Tür des Sitzungssaals wird auf-gerissen. Hinein poltert eine Grup-pe Aktivisten. Lautstark fordern sie„Freiheit für das Internet“. So kön-nen die fünf Richter des Europäi-schen Gerichtshofs, unter ihnenStefan Bucher, die Verhandlungnicht weiterführen. Es geht um Da-tenschutz im Internet: Eine Politike-rin verlangt die Löschung persönli-cher Daten von einer Homepage.Die Aktivisten werden lauter. DieRichter müssen handeln. Kurz bera-ten sie: Der EuGH verhandelt öffent-lich. Besteht hier ein Grund, die Öf-fentlichkeit auszuschließen? Aberhier stört jemand den geordnetenAblauf. Also: Verweis der Störer ausdem Saal. Noch ein kurzer Blick zu

den Richterkollegen, und die Präsi-dentin der Richterschaft ruft: „Ichmuss Sie bitten, sofort den Saal zuverlassen“. Sie werden noch zwei-mal wiederkommen.

„Wir waren mitten in den Plädoy-ers, hochkonzentriert und ange-spannt, da haben uns die Aktivistenganz schön kalt erwischt“, erzähltStefan Bucher und schüttelt beidem Gedanken an die Erlebnissedes Vortags lachend den Kopf. Imwirklichen Leben ist der junge Ös-terreicher gar kein Richter – jeden-falls noch nicht: Der 27-Jährige hatin Wien Jura studiert und speziali-siert sich am Europa-Institut im Eu-roparecht – wie viele Juristen ausaller Welt. Der Masterstudiengangim Europäischen und Internationa-len Recht macht den SaarbrückerCampus zu einem Treffpunkt fürden internationalen Juristen-Nach-wuchs. Die ganze Gerichtsver-handlung ist gespielt. „Sie ist be-reits die fünfzehnte, die das Europa-Institut zusammen mit dem EuGHveranstaltet“, erklärt Marc Bienert.

Der stellvertretende Geschäfts-führer des Europa-Instituts organi-siert die Moot Courts. 24 Studentenschlüpften in diesem Jahr in die Rol-

len der Richter, Generalanwälte,Anwälte, Kläger und auch der Me-dien, die in einem Blog das Verfah-ren begleiteten. Sie alle simuliertenein Gerichtsverfahren unter realenBedingungen mit allem Drum undDran, samt Roben – und übten so,was sie in der Theorie gelernt ha-ben. „Sie erleben, was bei Schrift-sätzen beachtet werden muss, wie

es ist, Plä-doyers zuhalten, un-ter Termin-druck zuarbeiten,die Argu-mente infreier Rededarzustel-len und zuverteidi-gen“, er-klärt Bie-nert.

Es begann mit der Klageschrift,die die Studenten verfassten. Mitderen Eingang in der Kanzlei – vonStudenten besetzt, versteht sich –kam im April alles ins Rollen. „WirRichter haben die Akten bearbeitetund die Verhandlung vorbereitet“,

sagt Stefan Bucher. Im Juli verhan-delte das Gericht in Luxemburg.Der Ort ist echt. Der EuGH öffnetdem Europa-Institut die Türen. „Alswir in den Sitzungssaal kamen, indie heilige Halle des Gerichtshofs,da wurden alle ganz ernst, die At-mosphäre dort ist einzigartig, dieAutorität und Würde ist spürbar“,sagt Student Bucher. „Dass wir vonPraktikern unterrichtet und unter-stützt wurden, das macht das Studi-um hier ganz besonders.“Die Stär-ke des Europa-Instituts sind seineEhemaligen: Sie sitzen in wichtigenÄmtern und gestalten auch die Leh-re mit. Etliche Mitarbeiter des EuGHwaren auch dieses Mal wieder da-bei, wie die Erfinderin dieser Moot-Veranstaltung, Professor WaltraudHakenberg, Kanzlerin des Gerichtsfür den öffentlichen Dienst der EU.Auch die Aktivisten waren in gewis-ser Weise echt: „Das waren Mitar-beiter des EuGH, darunter einige,die am Europa-Institut unterrich-ten“, sagt Bucher. Die Störung wardie Extra-Portion Praxis, die sich dieVeranstalter für die Studenten aus-gedacht haben. „Fünf Stunden ha-ben wir verhandelt. Alle Parteien ha-ben in der Sache leidenschaftlich

argumentiert. Einer der Redner warso stark, dass ich an einem Punktnochmal intensiv ins Grübeln ge-riet“, erzählt er.

„Ich war von Anfang an über-rascht vom Eifer und Interesse derStudenten. Wir wählen immer einenam EuGH anhängigen Rechtsfallaus und reichern ihn mit zusätzli-chen Rechtsfragen an. Umso ge-spannter sind die Studenten dann,ob der EuGH später genauso ent-scheiden wird wie sie“, sagt Profes-sor Siegbert Alber, ehemaliger Ge-neralanwalt am EuGH.

Die internationalen Studentenbringen die Sicht ihres Landes insSpiel. „Dieser andere juristischeBlickwinkel ist überaus spannend,manchmal sogar für die Praktiker“,sagt Marc Bienert, was ProfessorAlber bestätigt: „In der Tat könnendie Veranstaltungen auch für micheine Bereicherung sein. Die Be-trachtung der Fälle aus der Sicht an-derer Rechtskreise eröffnet mitun-ter zusätzliche Denkweisen. Des-halb habe ich solche unverhofftenÜberlegungen auch schon an diejuristischen Mitarbeiter beim EuGHweitergeleitet. Es ist also durchauseine Win-Win-Situation.“

Diesmal wartet auch Stefan Bu-cher gespannt, wie der EuGH in„seinem“ Fall entscheiden wird.Und vielleicht wird auch er irgend-wann als Aktivist den Saal stürmen,wenn eine neue Generation Studen-ten am EuGH verhandelt.

Mit voller Konzentrati-on bei der Sache: Ste-fan Bucher und seine„Richterkolleginnen“Susanne Kastanto-wicz (l.) und Alena Ru-dakouskaya verhan-delten am Europäi-schen Gerichtshof inLuxemburg ihren Fallunter ganz realen Be-dingungen. Foto:Europa-Institut

MOOT COURT

Studenten schlüpfen in die Roben der obersten RichterIn einem simulierten Gerichtsprozess lernen angehende Anwälte, Richter und Staatsanwälte die Praxis – inklusive Aktivisten, die unvermittelt im Gerichtssaal stehen

Studenten des Europa-Institutsder Saar-Uni simulieren am Origi-nalschauplatz ein Gerichtsverfah-ren des Europäischen Gerichts-hofs (EuGH) in Luxemburg. SeitJahren ist die „EuGH-MootCourt“-Veranstaltung für ange-hende Juristen aus aller Welt eineeinmalige Erfahrung, die sie niewieder vergessen.

VON CLAUDIA EHRLICH

HINTERGRUND:

Moot Courts, also simulierteGerichtsverhandlungen, bei de-nen Studenten die Rolle vonRichtern, Staatsanwälten, An-wälten, aber auch von Zeugenund Angeklagten übernehmen,gibt es an der Saar-Uni auch imJura-Studium: Im Rahmen desZertifikats „Schlüsselkompeten-zen für Juristen“ trainieren dieStudenten hier Fähigkeiten, diespeziell in Juristenberufen ge-fragt sind. Jedes Jahr sind Saar-brücker Studenten auch beimVIS Moot in Wien mit dabei, einerArt Weltmeisterschaft der juristi-schen Fakultäten im Bereich in-ternationale Schiedsgerichts-barkeit und internationales Han-delsrecht, bei der sie sich auch2014 wieder in der Weltspitzeplatzieren konnten. ehr

„Als wir in denSitzungssaalkamen, wurdenalle ganz ernst.Die Atmosphäredort isteinzigartig.“ Stefan Bucher, Jurastudent

IMPRESSUM

5. Jahrgang, Ausgabe II/2014Erscheinungsweise: halbjährlich

Herausgeber: Der Präsident der Universität desSaarlandes, Campus, D-66123 Saarbrücken

Redaktion: Friederike Meyer zu Tittingdorf(V.i.S.d.P.); Claudia Ehrlich, Melanie Löw, ThorstenMohr, Gerhild Sieber

Anzeigen regional: Alexander Grimmer

Anzeigen national: Patrick Strerath

Verlag und Druck: Saarbrücker Zeitung Verlag undDruckerei GmbH, 66103 Saarbrücken

„Campus extra“ ist eine Fremdbeilage derSaarbrücker Zeitung und des PfälzischenMerkur.

Jeder kennt sie. Millionenfach gehtsie täglich in aller Welt über den La-dentisch: die Reißzwecke. Trotz-dem starb ihr Erfinder arm und ganzohne Ruhm. Der Uhrmacher undTüftler Johann Kirsten aus Lychen inder Uckermark – viel mehr ist vonihm nicht bekannt – verkaufte dieRechte an seiner „Pinne“ um dasJahr 1900 für einen Apfel und ein Eian einen reichen Kaufmann. Des-sen Bruder ließ sich die Erfindungpatentieren und vergolden. Bei-spiele von verpatzten Chancen wiediese gibt es zuhauf. Alle zeigen:Wer eine gute Idee hat, und nichtwill, dass andere das große Gelddamit machen, sollte wissen, wie ersie schützen kann.

„Wir vermitteln Erfindern und in-novativen Entwicklern in der Regionpraxisnah die grundlegenden juris-

tischen Kenntnisse über Schutz-rechte“, sagt Professor StephanWeth. Gemeinsam mit den Lehr-stühlen seiner Kollegen Roland Mi-chael Beckmann und Michael Marti-nek bieten er und sein Team ein be-sonderes Zertifikat an, das bereitsin zwei Semestern abgeschlossenwerden kann und mit Bundesmittelnaus dem Qualitätspakt Lehre er-möglicht wird.

Mit im Boot ist auch die Patentver-wertungsagentur der saarländi-schen Hochschulen (PVA). Dabeigeht es nicht darum, bis in alle Fein-heiten tiefschürfende juristischeKenntnisse zu vermitteln oder eineAusbildung zum Patentanwalt zu er-setzen. „Ziel ist es, ein Gespür für ty-pische Fallstricke und rechtlicheProbleme zu wecken. SolcheKenntnisse sind schon im Pla-nungsstadium eines Projekts wich-tig. Wer die richtigen Schritte kennt,kann kostenintensive rechtlicheAuseinandersetzungen vermei-den“, sagt Professor Weth.

„Das Zertifikat ist einmalig inDeutschland. Überhaupt gibt eszum geistigen Eigentum wenigeAusbildungsmöglichkeiten. Gleich-zeitig sind Experten sehr gesucht“,erklärt Conny Clausen, Leiterin derPVA und Dozentin im Zertifikatsan-gebot. „In der Praxis werden Absol-venten mit Schutzrechtsfragen kon-

frontiert, etwa in Unternehmen, dieforschen und entwickeln. Hier ist esspäter ein Pluspunkt, wenn Mitar-beiter sensibilisiert sind. In man-chen Stellenanzeigen werden sol-che Kenntnisse bereits gefordert“,ergänzt Dominic Broy, zusammenmit Michael Anton und Stefan Knerreiner der Dozenten des Zertifikats.

Wer weiß, worauf es ankommt,kann zum richtigen Zeitpunkt han-deln, und sei es der Schritt, dieRechtsabteilung oder einen Patent-anwalt einzuschalten. Dadurchkann Schlimmes abgewendet wer-den, denn bei den Schutzrechtenkann es gleich um horrende Sum-men gehen.

Hier mehr zu wissen und vorzu-beugen, war Caroline Schultealbertwichtig. Sie studiert „Mikrotechno-logie und Nanostrukturen“ und isteine der 21 Absolventen, die dasZertifikat als Erste in der Tasche ha-ben. „Andere lassen sich mehr Zeitund schließen es erst im nächstenSemester ab. Wir sind ganz be-wusst sehr flexibel, damit es studi-enbegleitend absolviert werdenkann“, sagt Dominic Broy. „Es istneben dem Studium vom Umfangher auf jeden Fall machbar“, bestä-tigt Schultealbert. „Ich wollte mehrüber Schutzrechte wissen“, sagtsie. Neues auszutüfteln liegt ihr: Mitanderen zusammen hat sie bereits

ein Mikrosensorsystem entwickelt,das die Körperhaltung im Alltagüberwacht und bei Fehlstellung derWirbelsäule warnt. Für ihr pfiffigesVerfahren haben die Studenten inBarcelona den ersten Preis beim in-ternationalen Studentenwettbe-werb iCAN 2013 gewonnen. „Fürein Patent wäre es hier aber zu spätgewesen, weil wir schon mit detail-lierten Informationen an die Öffent-lichkeit gegangen sind. Dann wäredie Erfindung nicht mehr neu, wassie aber für ein Patent sein muss. Sobin ich auf das Thema gestoßen undwollte mich für später fit machen“,

sagt sie. „Es hat Spaß gemacht, indie juristische Sprache einzustei-gen. Wir haben viele Beispiele ausder Praxis diskutiert. Jetzt weiß ich,worauf es ankommt“, sagt sie.

Das bestätigt auch Kevin Weiskir-cher, der im sechsten Semester Me-chatronik studiert und ebenfalls dasZertifikat absolvierte. „Ich wollteüber den Tellerrand meines Fachsschauen und für die Praxis wichtigePunkte dazulernen. Mir hat das Zer-tifikat viel gebracht, ich kann es nurjedem empfehlen“, resümiert er.„Heute habe ich mehr Hintergrund-wissen. Damit geht man aufmerksa-mer durchs Leben. Nicht nur beruf-lich, auch privat: Als ein Verwandtermir vor kurzem eine Abmahnungzeigte, konnte ich ihm auf Anhiebfünf Gründe nennen, weshalb siedefinitiv fingiert war“, sagt Weiskir-cher. Denn auch das Bewusstseinder Zertifikatteilnehmer für Schutz-rechtsverletzungen, ob als Verletz-ter oder Verletzender, wird ge-schärft. „Wir geben einen möglichstbreiten Einblick rund um das Pa-tent-, Urheber-, Design- und IT-Recht“, sagt Dominic Broy. Unddeshalb wird es den Tüftlern mitZertifikat nicht ergehen wie einstdem geistigen Vater der Pinne.

www.uni-saarland.de/patent-und-innovationsschutz

PATENTSCHUTZ

Ein Zertifikat für Erfinder, Pioniere und Leute mit IdeenWie funktionieren Schutzrechte und welche Fallstricke lauern auf Erfinder? Antworten gibt’s in einem speziellen Seminar

Wie schütze ich meine Erfindung?Für Tüftler, Entwickler, Ingenieu-re, Naturwissenschaftler und Stu-denten aller Fachrichtungen, diesich für diese Frage interessieren,bieten die Rechtswissenschaftlerder Saar-Uni ein Zertifikat im Pa-tent- und Innovationsschutz an:Innerhalb eines Jahres bekommenErfinder hier den Durchblick, wasihre Rechte angeht.

VON CLAUDIA EHRLICH

Tragisch: Die Reißzwecke machte ihrenErfinder nicht reich, da er die Rechte zubillig verkaufte. Foto: picsfive/fotolia

Kinder betreuen, einen Angehöri-gen pflegen, einem Beruf nachge-hen – und trotzdem studieren? Ander Universität des Saarlandes istdas möglich. Wer sich nicht volldem Studium widmen kann, sollteeinen Antrag auf ein Studium in Teil-zeit stellen. Soweit es die Prüfungs-ordnung des betreffenden Fachserlaubt, braucht man dann nur et-was mehr als die Hälfte der Lehrver-anstaltungen zu besuchen. Es gibtjedoch keine „vorgefertigten“ Teil-zeitstudiengänge, die beispielswei-se nur vormittags oder nachmittagsstudiert werden könnten. In Teilzeitstudieren bedeutet, den Studien-gang zu „strecken“. red

www.uni-saarland.de/teilzeitstu-dium

An der Uni in Teilzeit studieren