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Inhaltsübersicht COUNSEL’S PAGE Christopher C. King, Das Agentenproblem der Anwälte in der Verhandlung komplexer Verträge 129 AUFSÄTZE Jean-Luc Chenaux, Les comités d’actionnaires 135 Ramon Mabillard / Matthias Ammann, Kursrelevanz zwischen ökonomischer Beobachtung und rechtlicher Steuerung 155 Frank Gerhard / Alexander Nikitine, Fusion – Angebotspflicht – Opting-out 173 KURZBEITRÄGE Theodor Härtsch, Contingent Convertibles 193 Urs P. Gnos / Lucas Hänni, Acquisitions on the verge of Swiss takeover rules 205 DEAL WATCH Rolf Watter, Wie viele Hüte kann eine Investmentbank gleichzeitig tragen? Lehren aus dem Fall Del Monte Foods 213 NEUES RECHT Thomas Goossens / Lucien Feniello, Les prestataires de services financiers suisses face à la Convention de Lugano révisée 217 ENTSCHEIDBESPRECHUNGEN Hans-Ueli Vogt / Anna Peter, Aktienrechtliche Rahmenbedingungen einer finanziellen Sanierung, insbesondere das Verbot der Einlagerückgewähr 228 Manuel Arroyo / Till Spillmann, Art. 62 Abs. 2 des SIX-Kotierungsreglements vermag eine Schiedsvereinbarung nicht zu ersetzen 245 Lorenzo Olgiati / Nadin Schwibs, Parteistellung und Urteilswirkung im übernahmerechtlichen Beschwerdeverfahren 252 Christoph Heiz / Lukas Wiget, SIX: Stärkung der Verfahrensrechte der Emittenten bei Einigungen mit SIX Exchange Regulation 262 Simon Schären, Das Bundesgericht konkretisiert den Begriff der öffentlichen Werbung im Sinne des KAG 267 ENTSCHEIDÜBERSICHT 273 DISSERTATIONEN Adrian Bieri I Eva Bilek 279 SIX SWISS EXCHANGE 282 EIDGENÖSSISCHE FINANZMARKTAUFSICHT (FINMA) 284 ÜBERNAHMEKOMMISSION (UEK) 288 BERICHTERSTATTUNG ZUR AKTIENRECHTSREVISION 292 RECHTSETZUNGS- UND REGULIERUNGSVORHABEN 294 LITERATURÜBERSICHT 307 GesKR 2 2011 Inhalt_Juni_2011.indd 1 01.06.11 10:50

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Inhaltsübersicht

COUNSEL’S PAGE Christopher C. King, Das Agentenproblem der Anwälte in der Verhandlung komplexer Verträge 129

AUFSÄTZE Jean-Luc Chenaux, Les comités d’actionnaires 135Ramon Mabillard / Matthias Ammann, Kursrelevanz zwischen ökonomischer Beobachtung und rechtlicher Steuerung 155Frank Gerhard / Alexander Nikitine, Fusion – Angebotspflicht – Opting-out 173

KURZBEITRÄGE Theodor Härtsch, Contingent Convertibles 193Urs P. Gnos / Lucas Hänni, Acquisitions on the verge of Swiss takeover rules 205

DEAL WATCH Rolf Watter, Wie viele Hüte kann eine Investmentbank gleichzeitig tragen? Lehren aus dem Fall Del Monte Foods 213

NEUES RECHT Thomas Goossens / Lucien Feniello, Les prestataires de services financiers suisses face à la Convention de Lugano révisée 217

ENTSCHEIDBESPRECHUNGEN Hans-Ueli Vogt / Anna Peter, Aktienrechtliche Rahmenbedingungen einer finanziellen Sanierung,

insbesondere das Verbot der Einlagerückgewähr 228Manuel Arroyo / Till Spillmann, Art. 62 Abs. 2 des SIX-Kotierungsreglements vermag eine Schiedsvereinbarung

nicht zu ersetzen 245Lorenzo Olgiati / Nadin Schwibs, Parteistellung und Urteilswirkung im übernahmerechtlichen Beschwerdeverfahren 252Christoph Heiz / Lukas Wiget, SIX: Stärkung der Verfahrensrechte der Emittenten bei Einigungen

mit SIX Exchange Regulation 262Simon Schären, Das Bundesgericht konkretisiert den Begriff der öffentlichen Werbung im Sinne des KAG 267

ENTSCHEIDÜBERSICHT 273

DISSERTATIONEN Adrian Bieri I Eva Bilek 279

SIX SWISS EXCHANGE 282

EIDGENÖSSISCHE FINANZMARKTAUFSICHT (FINMA) 284

ÜBERNAHMEKOMMISSION (UEK) 288

BERICHTERSTATTUNG ZUR AKTIENRECHTSREVISION 292

RECHTSETZUNGS- UND REGULIERUNGSVORHABEN 294

LITERATURÜBERSICHT 307

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unangemessenen Klauseln in Anspruch nehmen, von wichtigen und grundsätzlichen Fragen ablenken und so die Transaktionen erheblich verteuern1. Nach ei�ner Faustregel ist ein niederländischer, deutscher oder schwedischer Vertrag meist ein Drittel so lang und kostet ein Drittel eines englischsprachigen, �internati� Drittel eines englischsprachigen, �internati�onalen» Vertrages mit demselben Inhalt. Der Trend zu unwirtschaftlichen �internationalen» Verträgen wird oft mit der Verbreitung der englischen Sprache in der weltweiten Wirtschaft erklärt. Demzufolge könnten sich die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen zurückmelden, wenn umfangreiche Kommentare und Vertragsmuster in der englischen Sprache zugänglich wären. Infolgedessen sind in den letzten Jahren zahl�reiche Vertragsmuster, Kommentare, Broschüren über kontinentaleuropäisches Recht, wie etwa �Law Made in Germany» vom Bundesjustizministerium oder �Con�tinental law • global • predictable • flexible • cost�ef�fective» von der Fondation pour le droit continental in englischer Sprache erschienen. Gesetzgebung zur För�derung englischsprachiger Gerichtsverhandlungen in Deutschland ist im Gespräch.2 Doch möglicherweise sind die Bemühungen der Anwaltschaft, die Vorzüge des kontinentaleuropäischen Rechts hervorzustreichen, nicht Erfolg versprechend, weil die Anwaltschaft selbst mit Interessenkonflikten behaftet ist und – ob bewusst oder unbewusst – eine Entwicklung forciert, von der sie selbst profitiert.

In der Mikroökonomie kann es nämlich zu einer An�kann es nämlich zu einer An� es nämlich zu einer An�tiselektion kommen, wenn der Anbieter einer Dienst�leistung die Qualität besser versteht als der Kunde und die schlechte Qualität sich erst zu spät zeigt, um etwas dagegen zu tun.3 Dieses Muster passt perfekt zur an�

1 Friedrich Graf von Westphalen, Von den Vorzügen des deut�schen Rechts gegenüber anglo�amerikanischen Vertragsmustern, ZVglRWiss 102 (2003) S. 53–74.

2 Friedrich Niggermann, Englisch als Gerichtssprache in Deutschland – wirklich eine gute Idee?, RIW 2010 Nr. 10 S. 1.

3 Akerlof hat den Nobelpreis für seine Nachweise über Antiselek�Akerlof hat den Nobelpreis für seine Nachweise über Antiselek�tion bei Informationsasymmetrie zwischen Vertragsparteien ge�wonnen. George Akerlof, The Market for �Lemons» – Quality Uncertainty and the Market Mechansim, 84 Q.J. Econ. 488�500 (1970). Sein Beitrag erklärt etwa, warum Gebrauchtwagenver�Sein Beitrag erklärt etwa, warum Gebrauchtwagenver�käufer einen schlechten Ruf haben, wieso Kredithaie in Indien

InhaltsübersichtI. EinleitungII. Typische Interessen von Vertrags parteien bei der Verhandlung

komplexer Verträge1. Wesentliche Vereinbarung korrekt wiedergeben2. «Rent Seeking»

2.1 Warum Parteien unsachgemässe Forderungen in Vertragsentwürfen stellen

2.2 Das Gefangenendilemma der Parteien bei unsachlichen Forderungen

3. Prozessökonomie III. Antiselektion bei den Anwälten

1. Interessen der Anwälte1.1 Haftungsfragen1.2 Wirtschaftliche Vorteile durch Battle of the Forms

2. Rechtswahl kann das Gefangenendilemma der Parteien verschärfen

3. Dokumentation in der englischen Sprache ist regelmässig ein weiterer Kostentreiber

4. Fazit: das Gresham’sche Gesetz der Rechtswahl lautet «schlechtes Recht treibt das gute Recht aus»

IV. Umgang mit dem Agentenproblem1. Neutraler Leitfaden für die Dokumentation vereinbaren2. Rechtswahl zugunsten eines Rechtssystems mit einem stark

ausgeprägten Grundsatz von Treu und Glauben und ggf. materiellen Billigkeitskontrolle

3. Englische Sprache möglichst meiden4. Mikro-Schiedsgerichtsbarkeit bei komplexen Verträgen?

I. Einleitung

Viele kontinentaleuropäische Praktiker betrübt der ständige Vormarsch der langen anglo�amerikanischen Verträge bei komplexen Vertragsarten wie etwa Unter�nehmenskaufverträgen, Finanzierungen, Anlagebau�verträgen usw., da diese Streit über Nebensächliches aufkommen lassen, welcher zum Scheitern der Ver�handlungen führen kann, viel Zeit der Parteien und de�ren Vertreter mit einer Suche nach offen oder versteckt

Christopher C. King*

Das Agentenproblem der Anwälte in der Verhandlung komplexer VerträgeAntiselektion bei der Vorlage-, Sprach- und Rechtswahl trägt mass-geblich zu längeren Verträgen und Vertragsverhandlungen bei

* Dr. Christopher C. King, Attorney�at�Law (New York), So�licitor of the Supreme Court of England and Wales, Rechtsan�walt (Deutschland), EU Anwalt (Bern), Vice President/General Counsel Hunter Douglas N.V., Rotterdam und Luzern, Konsu�lent Kellerhals Anwälte.

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I. Généralités

Durant ces cinq dernières années, la nature de la rela�tion entre les dirigeants d’entreprise et les actionnaires a considérablement évolué sur le plan international1. Ce constat tient tant aux motivations profondes des inves�tisseurs qu’aux excès de certains dirigeants révélés par la crise du système financier.

Au�delà de leur diversité, nombre d’investisseurs indi�viduels ou institutionnels sont animés par des considé�rations qui dépassent la recherche d’une performance maximale à court terme. Ils sont aussi mus par des considérations éthiques et environnementales qui ne peuvent plus être ignorées des entreprises. Ces préoccu�pations se trouvent désormais relayées dans des initia�tives internationales qui prennent la forme des Principes pour l’investissement responsable des Nations Unies2, du Global Reporting Initiative3 ou encore du Carbon Disclosure Project4.

Les préoccupations relevant de la responsabilité socié�tale de l’entreprise intègrent progressivement les légis�lations nationales. La notion d’intérêt général pénètre l’organisation de l’entreprise, voire le contrat de socié�té5. Ainsi, aux Etats�Unis, le Dodd-Frank Act publié en juillet 2010 impose l’obligation pour les sociétés cotées de publier les mesures prises pour exclure de leur appro�visionnement les métaux issus de régions de conflits6. Sur un autre plan, au Royaume�Uni, l’article 172 du Companies Act de 2006 impose aux administrateurs de prendre en compte «the likely consequences of any de-cision in the long term» et «the impact of the company’s

1 Voir dans ce sens le constat d’Olivier Gamache, président�direc�teur général du Groupe investissement responsable Inc. (GIR) à Montréal, http://www.ledevoir.com/economie/actualites�econo�miques/320217/les�entreprises�acceptent�mieux�de�dialoguer�et�de�rendre�des�comptes.

2 http://www.unpri.org/principles/french.php. 3 http://www.globalreporting.org. 4 https://www.cdproject.net. 5 Cf. Yann Queinnec/William Bourdon, Réguler les entrepris�

es transnationales 46 propositions, in: Cahier de propositions, décembre 2010, disponible sur http://www.world�governance.org/IMG/pdf_Reguler_les_transnationales_web.pdf.

6 http://www.gpo.gov/fdsys/pkg/PLAW�111publ203/pdf/PLAW�111publ203.pdf.

Table des matièresI. GénéralitésII. La promotion de la démocratie

actionnarialeIII. Rôle, formes et critiques de l’activisme actionnarial

1. Rôle 2. Formes3. Critiques

IV. Entraves législatives à l’activisme actionnarial1. Généralités2. L’action de concert

V. Les comités d’actionnaires1. Etat de la situation

1.1 Etats-Unis1.2 Allemagne1.3 Royaume-Uni1.4 France1.5 En Suisse

2. Aperçu des critiques adressées aux comités d’actionnaires2.1 Intérêts divergents des actionnaires2.2 Inégalité de traitement et délits d’initié2.3 Indépendance2.4 Pouvoir décisionnel et responsabilité2.5 Bureaucratie et coûts

3. Quel comité d’actionnaires de lege ferenda?3.1 Fondement3.2 Composition3.3 Attributions3.4 Droits du comité et de ses membres

a. Pouvoir consultatif et non décisionnelb. Droit à l’informationc. Droit de convoquer les organes dirigeantsd. Droit d’investigations supplémentairese. Droit de concertation et d’information de l’assemblée

générale3.5 Rémunération

VI. Conclusions

Jean-Luc Chenaux*

Les comités d’actionnairesUne nouvelle plate-forme d’activisme actionnarial?

* Avocat associé, BMP Associés, Lausanne, Professeur extraordi�naire, Université de Neuchâtel. L’auteur tient à adresser ses plus sincères remerciements à MM. Lino Hänni et Jérôme Gurtner, as�sistants au Centre de droit commercial, fiscal et de l’innovation de l’Université de Neuchâtel pour leur précieux apport à la mise au point de cette contribution.

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I. Einleitung

Sämtliche an der SIX Swiss Exchange (SIX)1 kotierten Unternehmen sind aufgrund von Art. 53 des Kotie�rungsreglements (KR)2 dazu verpflichtet, potentiell kursrelevante, nicht öffentlich bekannte Tatsachen un�mittelbar nach deren Entstehen oder Bekanntwerden – ad hoc – zu publizieren (ad hoc-Publizität)3.

So einfach das zunächst klingen mag – den betroffenen Unternehmen bereitet dies in praxi zuweilen Schwierig�keiten4. Dies gilt insbesondere für die Abweichung von prognostizierten Finanzzahlen oder die Änderung der Produktpalette5: Hier ist oft nicht klar, wann es sich um potentiell kursrelevante Tatsachen handelt. Folg�lich fällen die betroffenen Unternehmen oftmals im Spannungsfeld von Geheimhaltung6 und Offenlegungs�pflicht einen ungewissen Entscheid.

1 Bis August 2008 SWX Swiss Exchange; auf die Verwendung der ursprünglichen Bezeichnung wird zugunsten einer einheitlichen Nomenklatur verzichtet.

2 Das Kotierungsreglement (Kotierungsreglement, KR vom 21.April 2010) wird von der SIX gestützt auf Art. 8 BEHG erlassen; Art. 8 Abs. 2 BEHG sieht ausdrücklich vor, dass das KR festlegt, welche Informationen für die Beurteilung der Eigenschaften der Effekten und der Qualität des Emittenten durch den Anleger nö�tig sind.

3 SIX, Kommentar zur Ad hoc�Publizitäts�Richtlinie (Kommentar zur RLAhP), 3 N 2�12; zur Rechtsverbindlichkeit des Kommen�tars vgl. Luca Dalla Torre/Daniel Hasler, Ad hoc�Publizität bei Wechseln in der Unternehmensführung, GesKR 2010, 186 ff., 189 f.

4 Vgl. SaKo�AHP I/07; generelle Orientierungshilfen bieten Rolf H. Weber, Praxis der SWX Swiss Exchange zur Ad�hoc�Publi�zität, SZW 74 (2002), 297; Peter Böckli, Zum Börsengesetz von 1995: neue Rechtsinstitute und neue Probleme, BJM 1998, 264 f., in Form von Prüflisten.

5 Vgl. statt vieler: Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, mit Fu�sionsgesetz, Börsengesellschaftsrecht, Konzernrecht, Corporate Governance, Recht der Revisionsstelle und der Abschlussprü�fung in neuer Fassung, unter Berücksichtigung der angelaufenen Revision des Aktien� und Rechnungslegungsrechts, Zürich 2009, 7 N 123 ff.

6 Hier wird das Interesse der Emittentin an der Geheimhaltung angesprochen, das ein auf die gesunde Unternehmensentwick�lung konzentriertes Wirtschaften erlaubt, ohne übermässig Res�sourcen in die Pflege eines virtuellen Kapitalmarkts investieren zu müssen; vgl. Ramon Mabillard, Art. 6 UWG N 1 f., Bun�desgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Bern 2010; Markus Ruffner, Die ökonomischen Grundlagen eines Rechts

InhaltsübersichtI. EinleitungII. Steuerung des Kapitalmarkts

A. Publizitätsvorschriften als Gestaltungs instrument1. Gestaltung des Kapitalmarkts2. Funktionale Logik der Publizitätsvorschriften

B. Institutionelle Bezugspunkte der Publizitätsvorschriften1. Transparenz und Funktionsfähigkeit als Rechtsbegriffe2. Information und Allokation als institutionelle

BezugspunkteIII. Ökonomische Beobachtung rechtlicher Publizitätsvorschriften

A. Informationseffizienz als Grundlage der Transparenz1. Hypothese des effizienten Kapitalmarkts2. Ausprägungen der Kapitalmarkteffizienz

B. Allokationseffizienz als Grundlage der Funktionsfähigkeit1. Primat der Allokationseffizienz2. Beobachtung der Allokationseffizienz: Noise Trader

und MyopiaC. Divergierende ökonomische Beobachtungen als Grundlage

rechtlicher PublizitätsvorschriftenIV. Rechtliche Ausdifferenzierung der ökonomischen

BeobachtungenA. Implementierung durch prozedural-institutionelle Publizitäts-

pflicht gemäss KR1. Informationseffizienz als prozedurale Transparenz2. Allokationseffizienz als institutionelle Kursrelevanz

B. Prozedural-institutionelle Ausdifferenzierung des Publizitäts-systems durch die Praxis der SIX1. Primat der prozeduralen Transparenz2. Prozedural-institutioneller Prüfungs massstab der SIX

V. SchlussfolgerungenA. Prozedurale TransparenzB. Institutionelle Kursrelevanz

Ramon Mabillard* / Matthias Ammann**

Kursrelevanz zwischen ökonomischer Beobachtung und rechtlicher SteuerungProzedural-institutionelle Ausdifferenzierung der ad hoc-Publizität durch die Praxis der SIX Swiss Exchange

* Dr. iur. Ramon Mabillard, Rechtsanwalt und Notar, LL.M. (Co�lumbia), assoziierter Professor an der Universität Freiburg i.Ue., Dozent der Fernstudien Schweiz; mit besonderem Dank an Frau Mirjam Anderegg, BLaw, für ihre wertvolle Unterstützung bei Re�cherche und Redaktion des vorliegenden Beitrags.

** Dr. iur. Matthias Ammann, Rechtsanwalt.

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Grenzwert von 33¹/³ % der Stimmrechte überschreitet, ein öffentliches Angebot zum Kauf aller übrigen kotier�ten Beteiligungspapiere dieser Gesellschaft zu unter�breiten.

Die Einführung der Angebotspflicht im Jahre 1997 war politisch umstritten und wurde als undifferenziert be�mängelt.2 Die Bestimmung wird aber inzwischen we�der von Politik noch Lehre und noch weniger von der Übernahmekommission (UEK) grundsätzlich in Frage gestellt. Unbestritten dürfte auch sein, dass die Rege�lungen zur Angebotspflicht Praktikern immer wieder Kopfzerbrechen bereitet. Grund hierfür sind primär die an die Angebotspflicht gekoppelten Mindestpreis�bestimmungen (Art.  32  Abs.  4  BEHG). Der Preis des Pflichtangebots muss nämlich mindestens dem Börsen�kurs entsprechen und darf – das blieb bis heute (poli�tisch) umstritten3 – höchstens 25 % unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den letzten 12 Monaten für die Beteiligungsrechte der Zielgesellschaft bezahlt hat (Stichwort: Kontrollprämie bei vorangegangenem Erwerb).4

Gemäss der Börsenverordnung�FINMA (BEHV�FINMA)5 kann der Angebotspreis beim Pflichtangebot durch Barzahlung oder durch Tausch gegen Effekten geleistet werden. Eine Abgeltung durch Tausch gegen Effekten ist jedoch nur zulässig, wenn – so die Anfang

2 Vgl. hierzu insb. Robert Bernet, Die Regelung öffentlicher Kaufangebote im neuen Börsengesetz (BEHG), Diss. Bern 1998, 62 ff., 69 ff. m.w.H.

3 Vgl. bspw. die Interpellation 09.3667 (Mangelhafte Finanzmarkt�Vgl. bspw. die Interpellation 09.3667 (Mangelhafte Finanzmarkt�aufsicht oder fehlerhafte Gesetzgebung?) vom 12. Juni 2009, ein�gereicht durch den Parlamentarier Hans Kaufmann (SVP).

4 Die UEK hat unlängst die Abschaffung der Kontrollprämie vor�Die UEK hat unlängst die Abschaffung der Kontrollprämie vor�geschlagen, was das Staatssekreta riat für internationale Finanz�fragen (SIF) im Januar 2011 zu einer Vernehmlassung bewogen hat, um zu prüfen, ob das Anliegen in die laufende Revision des Börsengesetzes aufgenommen werden soll. Die Frist ist am 24. Fe�bruar 2011 abgelaufen. Vgl. zur Thematik statt vieler Daniel Daeniker, Angebotspflicht und Kontrollprämie – die Schweiz gegen den Rest der Welt?, in: Tschäni (Hrsg.), Mergers & Acquisi�tions XIII, Zürich 2010, 93 ff.

5 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel vom 25. Oktober 2008 (Börsen-verordnung-FINMA, SR 954.193).

InhaltsübersichtI. Einführung und Fragestellung II. Überblick über den Meinungsstand

1. Praxis der Übernahmekommission2. Stand der Lehre3. Die Paralleldiskussion in Deutschland

III. Substituierbarkeit von Art. 32 BEHG1. Ausgangslage2. Regelungsziele 3. Der Anwendungsbereich von Art. 32 BEHG

3.1 Grammatikalische, historische und systematische Auslegung

3.2 Teleologiea. (Funktionale) Gleichwertigkeit?b. Derogation kraft Fusionsbeschluss?

4. Selektion beim Adressatenkreis?5. Differenzierung aufgrund der Beteiligung einer nicht börsen-

kotierten Gesellschaft5.1 Fusionsvorgang in rein privaten Verhältnissen5.2 Nur übernehmende Gesellschaft als Publikums-

gesellschaft5.3 Nur übertragende Gesellschaft als Publikums-

gesellschaftIV. Disposition über die Angebotspflicht: Opting-out

1. Allgemeines2. Rechtliche Rahmenbedingungen3. Die Praxis der UEK bzw. der FINMA (EBK)4. Die Anwendung im Fusionskontext: Art. 706 OR als einzige

Richtschnur V. Fazit

I. Einführung und Fragestellung

Zu den zentralen Bestimmungen des Schweizer Börsen�gesetzes (BEHG)1 gehört sicherlich die Angebotspflicht nach Art. 32 Abs. 1 BEHG. Danach hat derjenige, wel�cher direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere einer Gesellschaft, de�ren Beteiligungsrechte mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind, erwirbt und damit zusammen mit den Titeln, die er bereits besitzt, den

* Dr. iur. Frank Gerhard, LL.M. und Dr. iur. Alexander Nikitine, LL.M., beide Rechtsanwälte bei Homburger AG, Zürich.

1 Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (Börsengesetz, SR 954.1).

Frank Gerhard / Alexander Nikitine*

Fusion – Angebotspflicht – Opting-out

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I. Introduction

The financial crisis of 2007/2008 has clearly shown that the failure of one (or even worse: two) of the large Swiss banks can seriously threaten the Swiss economy1. As a reaction to such threat, and based on the standards of the Bank for International Settlements2 and the recom�mendations of the expert commission for the limitation of macroeconomic risks emanating from large enter�prises (hereinafter the �expert commission»), the Swiss Federal Council has proposed various amendments to the Swiss Federal Act on Banks and Savings Institutions (�SBA»), aiming to strengthen the capital base of sys�temically important banks or financial intermediaries (so�called �SIFIs»)3.

Contingent convertibles (bedingte Pflichtwandelanlei-hen; hereinafter �CoCos») are one of the instruments proposed by the Swiss Federal Council to achieve this goal4. They combine the features of a bond and contin�gent equity. In essence, CoCos are convertible bonds. Contrary to a traditional convertible bond, however, the conversion is neither dependent on the investor nor is it mandatory, but rather it is triggered by the occur�

1 Schlussbericht der Expertenkommission zur Limitierung von volk-swirtschaftlichen Risiken durch Gross unternehmen (hereinafter «Schlussbericht Expertenkommission»; available at http://www.sif.admin.ch/dokumentation/00514/00519/00592/index.html? lang=de, last visited on May 3, 2011), p. 25 and following; Entwurf der Botschaft zur Änderung des Bankengesetzes (Stär kung der Sta-bilität im Finanzsektor; too big to fail) (hereinafter �Entwurf Botschaft»; http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetz�gebung/00570/02265/index.html?lang=de, last visited on May 3, 2011), p. 10; for a very brief overview on the financial crisis cf. also Peter V. Kunz, TBTF – Überlegungen zur «Too big to Fail»-Problematik, in: Jusletter of May 17, 2010, N. 20 and following, and Reto Schiltknecht, Die «Too big to fail»-Problematik – neueste Entwicklungen in der Schweiz, in: SZW/RSDA 6/2010, p. 435 and following.

2 Basel Committee on Banking Supervision, Basel III: A global reg�ulatory framework for more resilient banks and banking systems (available at http://www.bis.org/publ/bcbs189.pdf; last visited on May 3, 2011).

3 Art. 9 para. 2 letter a draft SBA in conjunction with arts. 11 and following of the draft SBA (available at http://www.efd.admin.ch/dokumentation/gesetzgebung/00570/02265/index.html?lang=de, last visited on May 3, 2011)

4 Schlussbericht Expertenkommission, p. 25 and following; Ent-wurf Botschaft, p. 34 and following, p. 55 and following.

Table of contentsI. IntroductionII. Conversion capital

1. Proposed legal regime pursuant to the draft SBA1.1 Creation of conversion capital by shareholders’

resolution1.2 Determination of terms and conditions of the CoCos

by the board of directors1.3 Exclusion of preferential subscription rights

2. Key differences to the conditional capital (art. 653 et seq. CO)2.1 Legal regime2.2 Consequences for the interpretation of the provisions

relating to the conversion capital3. Effects on the liability of the members of the board of

directorsIII. Typical terms and conditions

1. Term1.1 Limited early termination provisions1.2 Listing of CoCos

2. Applicable interest3. Trigger events

3.1 Legal framework3.2 Contingency event3.3 Viability event3.4 No discretion of the issuer’s board of directors

4. Conversion of CoCos into shares5. Subordination6. Events of default and securities

6.1 Events of default6.2 Absence of securities

7. Protection of holders of CoCos8. Guarantee9. Applicable law and jurisdiction10. Protection of existing shareholders and holders of CoCos

IV. TaxationV. Contingent convertibles issued prior to the entry into legal force

of the amended SBA1. Need to issue contingent convertibles at an early stage2. Foreign special purpose vehicle as issuer3. Issuer substitution4. Conditional capital

VI. Disclosure of significant shareholdingsVII. Conclusions

Theodor Härtsch*

Contingent ConvertiblesPractical considerations and implementation

* Theodor Härtsch, attorney at law, Baker & McKenzie Zurich. The author would like to thank Dr. Marcel Giger, M.C.J., at�torney at law, Baker & McKenzie Zurich, for the discussion and comments made to this article.

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The Swiss takeover rules provide, inter alia, that if a person acquires shares of a company, when added to the shares already held by such person, and such shares ex�ceed the threshold of 33¹/³ percent of the voting rights of such company, that person must make a public ten�der offer (PTO) to acquire all of the listed shares of that company. Further, also in case of voluntary offers, the offeror must publish a prospectus which must contain true and complete information in order to enable the shareholders of the target company to reach an informed decision. A PTO under the SESTA and the TOO may only be launched if the financing is secured and, upon pre�announcement, it may not be withdrawn unless one or several (permissible) conditions of the offer are not met. The offeror is further required to treat all share�holders of the target company equally, which in relation to the offer price means that all shareholders of the tar�get company are entitled to get paid the best price. If the offeror acquires securities of the target company in the period running from the publication of the offer (or pre�announcement) until six months after the offer pe�riod has expired at a price that exceeds the offer price, the offeror must offer this price to all recipients of the offer (�Best Price Rule»). In addition, in case of manda�tory offers or �mixed�voluntary»1 offers, the offer price may not be lower than the current market price and may not be more than 25 percent below the highest price paid by the offeror in the preceding 12 months for eq�uity securities of the target company (�Minimum Price Rule»). Further, the offeror and any other person hold�ing at least 3 percent of the voting rights of the target company must report all purchases and sales of equity securities of the target company to the Swiss Takeover

1 The majority of voluntary offers are �mixed�voluntary» offers. A �pure» voluntary offer only exists if (i) the offer is solely made with regard to a number of equity securities which is below the 33¹/³ percent threshold relevant for mandatory offers, (ii) the of�feror, prior to the offer, already holds a percentage of equity secu�rities which is higher than the 33¹/³ percent threshold (or, in the event of an opting�up, the 49 percent threshold), or (iii) the target company’s articles of incorporation contain an opting�out clause; for details see Rudolf Tschäni/Jacques Iffland/Hans�Jakob Diem, Öffentliche Kaufangebote, 2nd ed., Zürich/Basel/Genf 2010, note 107 et seq.

Table of ContentsI. IntroductionII. Scope of application of Swiss takeover rules

1. Swiss target company2. Listing on a Swiss stock exchange3. Public offer for shares4. Conclusion

III. The acquirer’s choice1. Merger as an alternative

1.1 The Alcon case 1.2 Differences between statutory merger and public offer

a. Structural differencesb. Exchange ratio and premiumc. Deal certaintyd. Challenge by shareholderse. Cross-border transactions

2. Analogous application of Swiss takeover rules?2.1 The Alu Menziken case2.2 Extent of applicability

IV. The target company’s choice?1. Starting point2. Voluntary submission3. Forcing-in

3.1 Restriction of transferability of shares?3.2 Swiss target company

a. Not listedb. Listed

3.3 Foreign target company3.4 Assessment

V. Concluding remark

I. Introduction

Whether or not an acquisition of a company is subject to the Swiss takeover rules is a question of consider�able importance. Because if so, articles 22 et seqq. of the Federal Act on Stock Exchanges and Securities Trading (Stock Exchange Act, SESTA) and the Ordinance of the Takeover Board on Public Takeover Offers (Takeover Ordinance, TOO) impose a number of obligations on the offeror, the persons acting in concert with the of�feror as well as the board of directors and significant shareholders of the target company.

Urs P. Gnos / Lucas Hänni*

Acquisitions on the verge of Swiss takeover rules

* Urs P. Gnos and Lucas Hänni, attorneys at law, Walder Wyss Ltd.

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clays had the strongest relationship, in violation of con-fidentiality agreements that prohibited Vestar and KKR from discussing a joint bid without written permission from Del Monte.»

1. Was war passiert?

Nach einer ersten Interessensbekundung einer PE�Firma entschied der Verwaltungsrat (�VR») von Del Monte, sei�ne strategischen Möglichkeiten zu überprüfen, und be�auftragte für diesen Prozess Barclays Capital als Invest�mentbank. Nachdem in einer ersten Runde kein Käufer zu einem adäquaten Preis gefunden werden konnte und der Prozess beendet wurde (und damit auch das Mandat von Barclays), versuchte Barclays weiterhin, Kaufsinter�essenten zu finden, half mit, dass sich drei Bieter aus der ersten Runde zusammentaten (obwohl dies vertraglich ausgeschlossen war), verhandelte, nachdem das Mandat erneuert wurde, mit diesem Trio einen Fusionsvertrag3 und sicherte sich schliesslich eine weitere Einnahmequel�le, indem sie bei Del Monte um die Erlaubnis nachsuch�te, auch an der Finanzierung des Erwerbersyndikates mitwirken zu können (was das gesamte Fee�Volumen für Barclays auf fast USD 50 Mio. verdoppelte). Barclays führte nach Abschluss des Vertrags auch den �Go�shop» Prozess durch, der zu keinem Resultat führte.

2. Worum ging es im Prozess?

Die Kläger versuchten, mit ihrem Vorgehen zweierlei zu erreichen: Einerseits den Aufschub der Generalver�sammlung und die Aufhebung verschiedener Schutzma�chanismen (Non�solicitation4, Match�right, Termination fee5), welche ein Drittangebot erschwerten, und anderer�seits eine weitgehende Offenlegung all dessen, was für und gegen die Transaktion sprach. Der zweite Punkt war im Urteilszeitpunkt nicht mehr zu entscheiden, weil Del

3 Nach Delaware Recht ist es möglich, eine Fusion auch mit einer Barabfindung durchzuführen.

4 Art. 6.5.b und c und h des Fusionsvertrages.5 Art. 8.5(b) des Fusionsvertrages sah eine Fee von 60 USD, bzw.

120 Mio. USD vor, je nachdem, ob eine Drittofferte während des �Go�shop» oder erst nachher erfolgte.

Inhaltsübersicht1. Was war passiert?2. Worum ging es im Prozess?3. Ablauf der Transaktion

3.1 Erste Runde3.2 Zwischenspiel3.3 Verhandlungen mit KKR3.4 Fusionsvertrag und «Go-shop»

4. Rechtliches

5. Lehren für das Schweizer Umfeld

Am 8. März 2011 wurde das Going Private von Del Mon�te Foods Co. (�Del Monte») vollzogen, das von drei Pri�vate Equity Firmen (�PE�Firmen») unter der Führung von Kohlberg, Kravis, Roberts & Co. (�KKR») arran�giert worden war.1 Bemerkenswert an dieser Transaktion ist insbesondere, dass die für die Transaktion notwen�dige Zustimmung der Generalversammlung gerichtlich verschoben wurde, weil das Verhalten der beratenden Investmentbank nach Ansicht des Delaware Court of Chancery2 zu einem unsauberen Verkaufsprozess ge�führt hatte. In Ausführungen, die an Deutlichkeit wenig offen lassen, stellte der urteilende Richter fest: «Barclays secretly and selfishly manipulated the sale process to en-gineer a transaction that would permit Barclays to obtain lucrative buy-side financing fees. On multiple occasions, Barclays protected its own interests by withholding infor-mation from the Board that could have led Del Monte to retain a different bank, pursue a different alternative, or deny Barclays a buy-side role. Barclays did not disclose the behind-the-scenes efforts of its Del Monte coverage officer to put Del Monte into play. Barclays did not dis-close its explicit goal, harbored from the outset, of provid-ing buy-side financing to the acquirer. Barclays did not disclose that in September 2010, without Del Monte’s authorization or approval, Barclays steered Vestar into a club bid with KKR, the potential bidder with whom Bar-

* Prof. Dr. iur. Rolf Watter, Rechtsanwalt bei Bär & Karrer, Zürich.1 Vgl. Pressemitteilung von Del Monte Foods Co. von diesem Da�

tum. Die anderen PE�Firmen waren Centerview Partners und Vestar Capital Partners.

2 Vgl. In re Del Monte Foods Co. Shareholder Litigation, C.A. No. 6027�VCL (Del.Ch.Feb. 14, 2011, einsehbar unter courts.delawa�re.gov/opinions/download.aspx?ID=150840).

Rolf Watter*

Wie viele Hüte kann eine Investmentbank gleichzeitig tragen? Lehren aus dem Fall Del Monte Foods

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le droit applicable à la relation contractuelle. L’objectif de cette contribution est de présenter les modifications apportées par la révCLug et leur impact sur la question du for du consommateur dans les litiges concernant des prestataires de services financiers suisses2. Nous exami�nerons ensuite certaines dispositions susceptibles d’être qualifiées de normes impératives opposables aux pres�tataires de services financiers suisses, en particulier les règles de conduite de la MiFID3, ainsi que les principales différences qu’elles comportent avec le droit suisse4. Nous aborderons également la position de l’Autorité fé�dérale de surveillance des marchés financiers (FINMA) sur l’éventuelle transposition des règles de la MiFID en droit suisse5. Enfin, nous analyserons l’opportunité de l’utilisation de clauses arbitrales comme alternative aux clauses de prorogation de for existantes6.

II. L’article 15 révCLug et ses conséquences sur le for dans les litiges concernant des prestataires de services financiers suisses

1. Le for du consommateur sous l’ancien droit

Avant l’entrée en vigueur du nouvel article 15 révCLug, le for du consommateur était régi par l’article 13 al. 1 ch. 3 aCLug. À teneur de cette disposition, était qualifié de contrat de consommation tout «contrat conclu par une personne pour un usage pouvant être considéré comme étranger à son activité professionnelle ayant pour objet une fourniture de services ou d’objets mobiliers cor-porels si a) la conclusion du contrat a été précédée dans l’Etat du domicile du consommateur d’une proposition

2 Voir section II infra.3 Directive 2004/39/CE du Parlement Européen et du Conseil du 21

avril 2004 concernant les marchés d’instruments financiers, mo�difiant la directive 85/611/CEE et 93/6/CEE du Conseil et la di�rective 2000/12/CE du Parlement Européen et du Conseil et abro�geant la directive 93/22/CEE du Conseil, Journal officiel (JO) L 145 du 30.4.2004 (ci�après, la «MiFID»); Voir section III.1 infra.

4 Voir section III.2 infra.5 Voir section III.3 infra.6 Voir section IV infra.

SommaireI. IntroductionII. L’article 15 révCLug et ses conséquences sur le for dans les

litiges concernant des prestataires de services financiers suisses1. Le for du consommateur sous l’ancien droit2. Le for du consommateur selon le nouvel article 15 al. 1 lit. c

révCLugIII. Conséquence sur le droit applicable à la relation juridique

1. Règlement de Rome I2. Opposabilité des règles de conduite de la MiFID en Suisse

2.1 La MiFID en brefa. Nature des instruments financiers envisagésb. Nature du service envisagéc. Catégories de clients visés

2.2 Effets en Suisse de la MiFIDa. Effets extraterritoriauxb. La MiFID comme norme impérative de protection

des consommateurs et/ou loi de police?3. Incidence réelle en Suisse

3.1 Etendue du devoir d’information en Suisse de lege lata3.2 Comparaison du droit suisse avec les règles de conduite

de la MiFID3.3 Etendue du devoir d’information de lege ferenda

IV. La clause d’arbitrage: une solution?V. Conclusions

I. Introduction

Les conditions générales des banques suisses contien�nent toujours une élection de for et de droit en faveur des tribunaux suisses et du droit suisse. Or, depuis le 1er jan�vier 2011, l’article 15 al. 1 lit. c de la Convention de Luga�no révisée1, régissant le for impératif du consommateur, élargit de façon significative la définition de �contrat de consommation», mettant ainsi à mal la compétence des tribunaux suisses ainsi que, de manière incidente,

* Thomas Goossens, LL.M. (King’s College London), est avocat auprès de l’étude BCCC Avocats Sàrl (Genève et Lausanne). Lu�cien Feniello, LL.M. in Business Law de l’Université de Genève, est avocat auprès de l’étude Budin & Associés (Genève et Lau�sanne).

1 Convention de Lugano concernant la compétence judiciaire, la re�connaissance et l’exécution des décisions en matière civile et com�merciale, dans sa version au 1er janvier 2011 (RS 0.275.12, ci�après, la «révCLug», par opposition à l’«aCLug» pour la version de la convention en vigueur jusqu’au 31 décembre 2010).

Thomas Goossens / Lucien Feniello*

Les prestataires de services financiers suisses face à la Convention de Lugano réviséeVers une mise en œuvre en Suisse des règles de conduite MiFID?

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höhung teilnimmt, verstösst nicht gegen das Verbot der Einlagerückgewähr nach Art. 680 Abs. 2 OR.

2. Nach Auffassung des Bundesgerichts darf eine Ge�sellschaft, die sich in einer praktisch aussichtslosen wirtschaftlichen Situation befindet, keine Gläubiger bevorzugt befriedigen. War demgegenüber mit einer Fortführung der Gesellschaft zu rechnen, besteht die�ses Verbot nicht.

I. Sachverhalt

B. und C. – die der gleichen Familie angehören1 – wa�ren von Oktober 2000 bis Mai 2001 Mitglieder des Ver�waltungsrates der X.  AG bzw. der heutigen X.  AG in Nachlassliquidation. B. amtete als Präsident.2 Die Mit�glieder der Familie von C. und B. hielten 40 % der Ak�tien, wobei C. und B. im Verlauf des Herbsts 2000 die übrigen 60 % von einer vormaligen Geschäftspartnerin der X. AG gestützt auf eine Entflechtungsvereinbarung (wieder) übernahmen.3

Spätestens seit Mitte 2000 befand sich die X. AG in fi�nanziellen Schwierigkeiten. Um die Bilanz nicht de�ponieren zu müssen, erwog der Verwaltungsrat ver�schiedene Sanierungsmöglichkeiten: In einer früheren Phase wurde diskutiert, dass B. flüssige Mittel (Fr. 3 bis 4 Mio.) einschiesst und die Gläubigerbanken im glei�chen Umfang auf ihre Forderungen verzichten; später zog man eine Kapitalerhöhung mit Barliberierung in der Höhe von Fr. 3 Mio. und eine Umwandlung von For�derungen im Umfang von Fr.  400’000.– bis 600’000.– in Aktienkapital in Betracht. Am 17. November 2000 konnte schliesslich eine Einigung mit den Gläubiger�banken erzielt werden: Sie erklärten sich bereit, �ge�gen» eine Erhöhung des bisherigen Aktienkapitals von Fr. 4’575’000.– mittels Bareinlagen um Fr. 4 Mio. die be�stehende Kreditlimite von Fr. 15,4 Mio. auf Fr. 16,4 Mio.

1 Vgl. das Urteil ZBO.2009.14 des Obergerichts des Kantons Thur�Vgl. das Urteil ZBO.2009.14 des Obergerichts des Kantons Thur�gau vom 13. April 2010, Ergebnis 1a und E. 3c.

2 Urteil 4A_496/2010, A.a.3 Urteil ZBO.2009.14 des Obergerichts des Kantons Thurgau vom

13. April 2010, Ergebnis 1a.

InhaltsübersichtI. SachverhaltII. Erwägungen und Entscheid des Bundesgerichts

1. Verstoss gegen das Verbot der Einlagerückgewähr2. Verletzung der Pflichten bei Kapitalverlust und

Überschuldung3. Verletzung der Treuepflicht

III. Bemerkungen1. Das Verbot der Einlagerückgewähr

1.1. Das Verbot der Einlagerückgewähr als Element des aktienrechtlichen Kapitalschutzes

1.2 Zu einzelnen Voraussetzungen einer verbotenen Einlagerückgewähra. Das geschützte Kapitalb. Die verbotenen Vermögensdispositionenc. Leistungen an Aktionäre

1.3 Verrechnungsliberierung versus Barliberierung mit anschliessender Tilgung von Schuldena. Gleiche Zielsetzungb. Anwendung der für die Verrechnungs liberierung

geltenden Vorschriften auf eine Barliberierung mit anschliessender Tilgung von Schulden?

c. Erfordernis der Werthaltigkeit der zur Verrechnung gebrachten Forderung?

1.4 Einlagerückgewähr und «kapital ersetzendes Darlehen»2. Weitere aktienrechtliche Rahmen bedingungen einer

finanziellen Sanierung2.1 Handlungspflichten bei Kapitalverlust (Art. 725

Abs. 1 OR)2.2 Pflicht zur Benachrichtigung des Richters bei

Überschuldung (Art. 725 Abs. 2 OR)2.3 Pflicht zur Gleichbehandlung der Gläubiger?2.4 Exkurs: Paulianische Anfechtung (Art. 285 ff. SchKG)2.5 Treuepflicht (Art. 717 Abs. 1 OR)

Kernsätze

1. Die Verwendung von Mitteln aus einer Kapitalerhö�hung mit Barliberierung zur Erfüllung einer tatsächlich bestehenden, schon vor der Kapitalerhöhung begründe�ten Forderung eines Gläubigers, der an der Kapitaler�

Hans-Ueli Vogt / Anna Peter*

Aktienrechtliche Rahmenbedingungen einer finanziellen Sanierung, insbesondere das Verbot der EinlagerückgewährBesprechung des Urteils 4A_496/2010 des schweizerischen Bundesgerichts vom 14. Februar 2011

* Dr. Hans�Ueli Vogt, ao. Professor für Handels�, Wirtschafts� und Immaterialgüterrecht an der Universität Zürich; lic. iur. Anna Peter, Assistentin am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hans�Ueli Vogt.

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I. Sachverhalt und Prozessgeschichte

Am 7. Mai 2009 bewilligte die SIX Swiss Exchange AG, Zürich (nachfolgend SIX), beziehungsweise ihr Regu�latory Board ein Gesuch der X. AG um Dekotierung. Gegen diesen Bewilligungsentscheid erhob A., der an der X. AG mit über 3 % des Aktienkapitals beteiligt ist, eine Beschwerde bei der internen Beschwerdeinstanz der SIX. Mit Entscheid vom 31. August 2009 wurde die Beschwerde abgewiesen. Im abschlägigen Beschwer�deentscheid wurde als Rechtsmittelinstanz das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der SIX vorgese�hene Schiedsgericht (nachfolgend SIX�Schiedsgericht) genannt.1

Mit Schreiben vom 28. September 2009 leitete A. beim SIX�Schiedsgericht ein Schiedsverfahren ein. Da die SIX sich in der Folge weigerte, die von A. vorgeschla�gene Schiedsvereinbarung zu unterzeichnen und auch nicht bereit war, sich auf das eingeleitete Schiedsver�fahren einzulassen, beschränkte das angerufene SIX�Schiedsgericht das Verfahren auf die Frage seiner Zu�ständigkeit. Mit Zwischenentscheid vom 11. März 2010 bejahte das SIX�Schiedsgericht seine Zuständigkeit.2

Dagegen erhob die SIX am 12. April 2010 Nichtigkeits�beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich. Die SIX beantragte im Wesentlichen, es sei der Zwischen�entscheid vom 11. März 2010 aufzuheben und die Un�zuständigkeit des SIX�Schiedsgerichts bezüglich der vorliegenden Streitigkeit festzustellen. Mit Zirkular�Erledigungsbeschluss vom 18. August 2010 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Nichtigkeitsbe�schwerde ab, soweit es darauf eintrat.3 Darauf erhob die SIX Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Die SIX beantragte vor Bundesgericht, es sei der Zir�

1 Unklar ist, warum die AGBs in casu einschlägig sein sollen, da die AGBs der Börse, welche zwischenzeitlich durch das Handels�reglement ersetzt wurden, das Verhältnis zwischen Teilnehmern (und deren Händler) und der SIX regelten und nicht dasjenige zwischen den Emittenten und der SIX.

2 Urteil des Bundesgerichts 4A_533/2010 vom 1. Dezember 2010 (BGE 137 III 37), Sachverhalt, lit. A.b.

3 Urteil des Bundesgerichts 4A_533/2010 vom 1. Dezember 2010 (BGE 137 III 37), Sachverhalt, lit. B.

InhaltsübersichtI. Sachverhalt und ProzessgeschichteII. Erwägungen und Entscheid

1. Erwägungen des Bundesgerichts1.1. Keine normative Geltung von Art. 62 Abs. 2 KR

gegenüber jedermann1.2 Fehlen einer gültigen Schiedsabrede1.3 Keine Rechte aufgrund fehlerhafter

Rechtsmittelbelehrung2. Entscheid des Bundesgerichts

III. Bedeutung für die Praxis

Kernsätze

1. Selbst wenn es sich bei den übrigen Bestimmungen des Kotierungsreglements der SIX Swiss Exchange um Bundesrecht handeln würde, käme Art. 62 Abs.  2 KR keine normative Geltung gegenüber je�dermann zu, da Art. 9 Abs. 3 BEHG den Rechtsweg abschliessend regelt und damit der Börse in diesem Bereich keine Regelungskompetenz zukommt.

2. Art. 9 Abs. 3 BEHG statuiert die Zuständigkeit des Zivilrichters und regelt den Rechtsweg im Zusam�menhang mit der Kotierung (bzw. Dekotierung) von Effekten in Art. 9 BEHG abschliessend. Art. 62 Abs. 2 KR vermag den nach Art. 9 Abs. 3 BEHG gesetzlich vorgesehenen Rechtsweg nicht zu ändern und kann daher auch den Abschluss einer schriftli�chen Schiedsvereinbarung im Sinne von Art. 4 und Art. 6 Abs. 1 KSG nicht ersetzen.

3. Eine analoge Anwendung von Art. 6 Abs. 2 KSG (nach dem sich eine formgültige Schiedsabrede aus einer schriftlichen Erklärung des Beitritts zu einer juristischen Person ergeben kann, sofern diese Er�klärung ausdrücklich auf die in den Statuten oder in einem sich auf diese stützenden Reglement enthal�tene Schiedsklausel Bezug nimmt) kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht in Frage, da der Ak�tionär eines Emittenten selber in keinem Mitglieds�verhältnis mit der SIX Swiss Exchange steht.

Manuel Arroyo / Till Spillmann*

Art. 62 Abs. 2 des SIX-Kotierungsreglements vermag eine Schiedsvereinbarung nicht zu ersetzenBesprechung des Urteils des Bundesgerichts 4A_533/2010 vom 1. Dezember 2010 (BGE 137 III 37 ff.)

* RA Dr. Manuel Arroyo und RA Dr. Till Spillmann, beide Bär & Karrer AG, Zürich.

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schränken, dass das Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sei. Die Begründung der Prüfungsergebnisse der Prüfstelle muss den Anforde�rungen an einen gerichtlich oder behördlich bestellten Gutachter genügen. UEK und, wo angerufen, FINMA haben sodann konsequent zu prüfen, ob diese Begrün�dung, einschliesslich Bewertung, der Prüfstelle trans�parent, plausibel und nachvollziehbar ist.

3. Das Bundesverwaltungsgericht geht von der inter-partes-Wirkung seines Urteils aus. Die Rechtsauf�fassung, wonach die Verfügung der Vorinstanz nur ungeteilt und mit Wirkung für sämtliche Aktionäre angefochten werden kann, ist daher unzutreffend. Die beschwerdeführende Aktionärin ist nur insoweit zur Beschwerde legitimiert, als sie selbst durch das ange�fochtene Angebot individuell betroffen ist. Bei etwaiger Gutheissung der Beschwerde und Erhöhung des Ange�botspreises wäre eine Nachzahlung auf die beschwerde�führende Aktionärin beschränkt.

I. Sachverhalt

Im Mai 2009 lancierte Aquamit B.V., Amsterdam, (Aquamit) ein freundliches Übernahmeangebot für alle im Publikum befindlichen Namenaktien der an der SIX Swiss Exchange kotierten Quadrant AG, Lenzburg, (Quadrant). Hinter Aquamit und dem Übernahmeange�bot standen die japanische Mitsubishi Plastics, Inc., To�kyo, (Mitsubishi Plastics) und vier der damaligen Ver�waltungsräte und Aktionäre von Quadrant (Quadrant Management). In Vorbereitung des Übernahmeange�bots hatten Mitsubishi Plastics und das Quadrant Ma�nagement am 1. Mai 2009 einen Rahmenvertrag (Frame�work Agreement) und einen Joint�Venture�Vertrag (JV Agreement) abgeschlossen. Gestützt darauf wurden gleichentags insbesondere die folgenden vier Transak�tionsschritte vorgenommen: (i) Gründung des JV�Un�ternehmens Aquamit durch das Quadrant Management mittels Sacheinlage von 433’019 Quadrant�Aktien und 113’500 Verwaltungsratsoptionen auf Quadrant�Ak�tien; (ii) Erwerb von 50 % der Aquamit�Aktien durch Mitsubishi Plastics vom Quadrant Management zu

InhaltsübersichtI. SachverhaltII. Erwägungen und Entscheid

1. Vorinstanzen2. Bundesverwaltungsgericht

2.1 Beschwerdelegitimation2.2 Aufgabe und Stellung der Prüfstelle2.3 Berechnung des Mindestpreises2.4 Entscheid

III. Bemerkungen und Bedeutung für die Praxis1. Allgemeine Bemerkungen2. Parteistellung der Aktionäre im übernahmerechtlichen

Instanzenzug3. Aufgabe und Stellung der Prüfstelle im Übernahmeverfahren4. Inter-partes- oder erga-omnes-Wirkung des Bundes-

verwaltungsgerichtsurteils?

Kernsätze

1. In Übernahmesachen ist die qualifizierte Aktionärin zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht auch dann legitimiert, wenn sie bei Beschwerdeerhebung oder Urteilseröffnung weniger als die börsengesetzlich vorgesehenen 2 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft hält. Vor Bundesverwaltungsgericht bestimmt sich die Beschwerdelegitimation ausschliesslich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, insbesondere Art.  48 lit. 1 VwVG. Die Frage der Beschwerdebefugnis von Kleinaktionären, die aufgrund der börsengesetzlichen 2 %�Schwelle keine Möglichkeit zur Teilnahme am vor�instanzlichen Verfahren hatten, wird ausdrücklich of�fen gelassen.

2. Die Praxis, wonach UEK und FINMA nicht alle Sachverhaltsabklärungen selbst vornehmen müssen, sondern sich auf die Prüfung des Angebots durch die Prüfstelle nach Art. 25 BEHG abstützen können, wird vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Neu muss die Prüfstelle im Rahmen der Prüfung des Preises des vo�rausgegangenen Erwerbs jede Zusatzleistung im Sinne von Art. 41 Abs. 4 BEHV�FINMA einzeln bewerten und darf sich nicht auf die pauschale Feststellung be�

Lorenzo Olgiati / Nadin Schwibs*

Parteistellung und Urteilswirkung im übernahme-rechtlichen BeschwerdeverfahrenBesprechung des Urteils B-5272/2009 des schweizerischen Bundesverwaltungs-gerichts vom 30. November 2010 in Sachen Quadrant

* Dr. iur. Lorenzo Olgiati, LL.M. und Nadin Schwibs, M.A. HSG in Law, beide Rechtsanwälte bei Schellenberg Wittmer in Zürich.

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die SER eine Untersuchung gegen die X. AG eingeleitet hatte.

Dieses Verfahren wurde mit einer Einigung gemäss Ziff. 2.10 aVO abgeschlossen.1 Darin ver pflichtete sich dieX. AG, gewisse – von ihr anerkannte – Fehler des Jah�resabschlusses 2008 gemäss den einschlägigen Vor�schriften von Swiss GAAP FER im Jahresabschluss 2009 zu korrigieren. Ferner verpflichtete sich die X. AG zur Zahlung einer einmaligen Zuwendung von CHF 15’000 an die Stiftung für Fachempfehlungen zur Rechnungslegung. Für den Fall einer Verletzung dieser Vereinbarung durch die X. AG wurde eine Konventio�nalstrafe ver ein bart. Die SER bedingte sich ferner das Recht aus, bei einem Verstoss gegen die Einigung die Öffentlichkeit �in von ihr festzulegender Art und Weise über die Verletzung» zu informieren.2

Die SER hielt die im Jahresabschluss 2009 der X. AG vorgenommenen Korrekturen für unzureichend, da die X. AG die Verstösse zwar korrigiert, nicht aber als Fehler offengelegt habe. Sie wandte sich daher mit dem Vorwurf an die X. AG, die Einigung verletzt zu haben und for der te die Bezahlung der vereinbarten Konven�tionalstrafe. Zudem wurde die Publikation einer un�vorteilhaften Medienmitteilung in Aussicht gestellt und der X. AG Frist zur Stellungnahme ange setzt. Die Mit�teilung der SER enthielt keine Rechtsmittelbelehrung. Die X. AG setzte sich gegen das Schreiben der SER mit einer Beschwerde an die SaKo zur Wehr.3

1 Siehe Medienmitteilung der SER vom 27. August 2009 sowie Ziff. 1 der Erwägungen des Entscheids vom 30. November 2010. Die VO wurde unterdessen revidiert; diese Bestimmung hat aber keine Änderung erfahren. Ziff. 2.10 Abs. 1 VO legt fest, dass �die Untersuchungsorgane [...] mit den Betroffenen ein Sanktions�verfahren durch Vereinbarung beenden [können] (Einigung)». Abs.  2 präzisiert, unter welchen Voraussetzungen solche Eini�gungen zulässig sind (siehe für den Wortlaut FN 16). In Abs. 3 sind die Formalitäten der Einigung geregelt und in Abs. 4, wie die Einigung zu publizieren ist – siehe hierzu FN 18.

2 Ziff. 1 der Erwägungen des Entscheids vom 30. November 2010.3 Ziff. 1, 2 und 6 der Erwägungen des Entscheids vom 30. Novem�Ziff. 1, 2 und 6 der Erwägungen des Entscheids vom 30. Novem�

ber 2010.

InhaltsübersichtI. SachverhaltII. Erwägungen und Entscheid der SaKoIII. Kommentierung

1. Möglichkeit der Beschwerde für die Emittenten2. Vereinbarung und Durchsetzbarkeit von Konventionalstrafen

2.1 Zulässigkeit der Vereinbarung von Konventionalstrafen2.2 Durchsetzbarkeit einer vereinbarten Konventionalstrafe

3. Zur «freiwilligen Zuwendung»IV. Bedeutung für die Praxis

Kernsätze

1. �Einigungen» gemäss Ziff. 2.10 der Verfahrensord�nung (VO) sind keine gewöhnlichen privatrechtli�chen Verträge.

2. Ein Emittent kann sich gegen die zwangsweise Durchsetzung von Massnahmen aus der Einigung (z.B. gegen die Einforderung einer Konventional�strafe) mit einem Rechtsmittel zur Wehr setzen.

3. SIX Exchange Regulation kann zwar in einer Eini�gung mit einem Emittenten für den Fall einer Wi�derhandlung gegen Pflichten aus einer Einigung eine Konventionalstrafe vereinbaren; die Sanktionskom�mission entscheidet jedoch im Falle einer Beschwer�de nach den anwendbaren Reglementen und ihrer Praxis.

Die Sanktionskommission der SIX Swiss Exchange AG (SaKo) hat am 30. November 2010 einen bedeutenden Entscheid (Entscheid vom 30. November 2010) gefällt, der die Stellung der Emittenten gegenüber der SIX Ex�change Regulation (SER) massgeblich verbessert.

I. Sachverhalt

Die X. AG hatte im Jahresabschluss 2008 gewisse Be�stimmungen von Swiss GAAP FER ver letzt, weshalb

Christoph Heiz / Lukas Wiget*

SIX: Stärkung der Verfahrensrechte der Emittenten bei Einigungen mit SIX Exchange RegulationBemerkungen zum Entscheid der Sanktionskommission der SIX Swiss Exchange AG im Verfahren SaKo/RLE/V/10 vom 30. November 2010

* Die Autoren Dr. Christoph Heiz, LL.M. und Dr. Lukas Wiget sind als Rechtsanwälte bei meyerlustenberger tätig und u.a. auf Börsenrecht spezialisiert.

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pflichtigen Aktivitäten auseinander. Im Vordergrund standen dabei die Entgegennahme von Publikumsein�lagen gemäss BankG1 im Rahmen eines gruppenweisen Vorgehens, die Einsetzung eines Untersuchungsbeauf�tragten gemäss Art. 36 FINMAG2 und verfahrensrecht�liche Fragen bezüglich der Untersuchungskosten. Die entsprechenden Erwägungen zu den erwähnten The�men haben wenig Bahnbrechendes zu Tage gefördert. Von besonderem Interesse sind indessen die bundesge�richtlichen Ausführungen zum Begriff der öffentlichen Werbung für kollektive Kapitalanlagen gemäss Art. 3 KAG3, dessen Auslegung durch die Eidgenössische Fi�nanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA) im Rahmen des Rundschreibens 2008/8 (öffentliche Werbung kollektive Kapitalanlagen)4 Anlass zu Kritik gegeben hatte.

Die FINMA hatte sich nach dem Inkrafttreten des KAG am 1. Januar 2007 im Rahmen ihres Rundschrei�bens 2008/8 auf den Standpunkt gestellt, öffentliche Werbung für kollektive Kapitalanlagen liege immer dann vor, wenn sich die Werbung nicht ausschliesslich an qualifizierte Anleger im Sinne der Legaldefinition in Art. 10 Abs. 3 KAG5 richte. Das hatte zur Folge, dass

1 Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (BankG; SR 952.0).

2 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 22. Juni 2007 (FINMAG; SR 956.1).

3 Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen vom 23. Juni 2006 (KAG; SR 951.31).

4 FINMA�Rundschreiben 2008/8 öffentliche Werbung kollektive Kapitalanlagen, Rn. 9 ff. online verfügbar unter: <http://www.finma.ch/d/regulierung/Documents/finma�rs�2008�08.pdf>.

5 Gemäss Art. 10 Abs. 3 KAG gelten als qualifizierte Anleger be�aufsichtigte Finanzintermediäre wie Banken, Effektenhändler und Fondsleitungen (lit. a), beaufsichtigte Versicherungseinrich�tungen (lit. b), öffentlich�rechtliche Körperschaften und Vorsor�geeinrichtungen mit professioneller, Tresorerie (lit. c), Unterneh�men mit professioneller Tresorerie (lit. d) und vermögende Privatpersonen (lit. e). Anlegerinnen und Anleger, die mit einem Finanzintermediär ge�mäss lit. a einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag ab�geschlossen haben (lit. f). Als qualifizierte Anleger gelten gemäss Art. 10 Abs. 4 KAG i.V.m. Art. 6 Abs. 2 KKV schliesslich auch Anleger, die mit einem unabhängigen Vermögensverwalter einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen ha�ben, sofern – der Vermögensverwalter als Finanzintermediär dem Geldwä�schereigesetz (Art. 2 Abs. 3 Bst. e GwG) unterstellt ist (lit. a); – der Vermögensverwalter den Verhaltensregeln einer Branchen�

InhaltsübersichtI. Vorbemerkung II. Sachverhalt III. Erwägungen

1. Vorbemerkung: Begriff der öffentlichen Werbung gemäss FINMA-Rundschreiben 2008/8

2. Auslegung von Art. 3 KAG durch das Bundesgericht 2.1 Begriff der Öffentlichkeit 2.2 Beurteilung der Öffentlichkeit der Werbung

in casu a. Ausgangslageb. Begründung der Vorinstanz c. Begründung des Bundesgerichts

IV. Erläuterungen1. Aussagegehalt des Urteils 2. Offene Fragen und Unklarheiten

2.1 Allgemeines 2.2 Kumulativer Charakter des qualitativen und quantitativen

Kriteriums?2.3 Gibt es in quantitativer Hinsicht eine

safe harbour rule? V. Bedeutung für die Praxis

Kernsätze

1. Die Praxis der FINMA, wonach öffentliche Wer�bung im Rahmen des KAG immer dann vorliegt, wenn nicht ausschliesslich qualifizierte Anleger kontaktiert werden, ist durch Art. 3 KAG nicht ge�deckt.

2. Selbst wenn nicht qualifizierte Anleger kontaktiert werden, liegt keine Öffentlichkeit vor, wenn sich die Werbung an einen eng umschriebenen Personen�kreis richtet.

I. Vorbemerkung

Der nachfolgend besprochene Entscheid des Bundesge�richts 2C_89/2010, 2C_106/2010 vom 10. Februar 2011 setzt sich mit verschiedenen finanzmarktaufsichtsrecht�lichen Fragen im Zusammenhang mit bewilligungs�

Simon Schären*

Das Bundesgericht konkretisiert den Begriff der öffentlichen Werbung im Sinne des KAGEntscheid des Bundesgerichts 2C_89/2010, 2C_106/2010 vom 10. Februar 2011

* Dr. iur., Rechtsanwalt, Associate bei Homburger AG, Zürich.

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