blog.fachstelle-zweite-lebenshaelfte.deblog.fachstelle-zweite-lebenshaelfte.de/wp-content/... ·...

126
Frauen der Reformation - Frauen im Frauen der Reformation - Frauen im Aufbruch Aufbruch Ein Frauengottesdienst Ein Frauengottesdienst Musikalische Einstimmung (Einzug mit der Musikalische Einstimmung (Einzug mit der Bibel) Bibel) Begrüßung Begrüßung Lied: z. B. Komm, heilger Geist mit deiner Lied: z. B. Komm, heilger Geist mit deiner Kraft Kraft Psalm Psalm Z .B. 146, EG 757 .B. 146, EG 757 ODER ODER ANDERE ANDERE V VERSION ERSION: ICH CH WILL WILL BEI BEI DIR DIR BLEIBEN BLEIBEN , G , GOTT OTT , , SOLANGE SOLANGE ICH ICH BIN BIN. DU HILFST HILFST MIR MIR , , WIE WIE DU DU DEN DEN G GOTTESMÄNNERN OTTESMÄNNERN UND UND F FRAUEN RAUEN IN IN ALTEN ALTEN Z ZEITEN EITEN GEHOLFEN GEHOLFEN HAST HAST. ICH CH SETZE SETZE MEINE MEINE H HOFFNUNG OFFNUNG AUF AUF DICH DICH , G , GOTT OTT, SOLANGE SOLANGE ICH ICH ATME ATME. DU HAST HAST H HIMMEL IMMEL UND UND E ERDE RDE GEMACHT GEMACHT UND UND MICH MICH NICHT NICHT AUS AUS DEN DEN A AUGEN UGEN VERLOREN VERLOREN. DU SCHAFFST SCHAFFST DENEN DENEN R RECHT ECHT, DIE DIE U UNRECHT NRECHT LEIDEN LEIDEN. DU SPEIST SPEIST DIE DIE HUNGRIGEN HUNGRIGEN S SEELEN EELEN UND UND FÜLLST FÜLLST DIE DIE HUNGRIGEN HUNGRIGEN M MÄGEN ÄGEN. DU BEFREIST BEFREIST DIE DIE G GEFANGENEN EFANGENEN UND UND MACHST MACHST DIE DIE B BLINDEN LINDEN SEHEND SEHEND. 1

Upload: others

Post on 12-Mar-2020

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Frauen der Reformation - Frauen im Frauen der Reformation - Frauen im AufbruchAufbruchEin Frauengottesdienst Ein Frauengottesdienst

Musikalische Einstimmung (Einzug mit der Bibel)Musikalische Einstimmung (Einzug mit der Bibel)

BegrüßungBegrüßungLied: z. B. Komm, heilger Geist mit deiner KraftLied: z. B. Komm, heilger Geist mit deiner KraftPsalm Psalm ZZ.B. 146, EG 757 .B. 146, EG 757 ODERODER ANDEREANDERE V VERSIONERSION::

IICHCH WILLWILL BEIBEI DIRDIR BLEIBENBLEIBEN, G, GOTTOTT, , SOLANGESOLANGE ICHICH BINBIN..

DDUU HILFSTHILFST MIRMIR, , WIEWIE DUDU DENDEN G GOTTESMÄNNERNOTTESMÄNNERN UNDUND F FRAUENRAUENININ ALTENALTEN Z ZEITENEITEN GEHOLFENGEHOLFEN HASTHAST..

IICHCH SETZESETZE MEINEMEINE H HOFFNUNGOFFNUNG AUFAUF DICHDICH, G, GOTTOTT,,SOLANGESOLANGE ICHICH ATMEATME..

DDUU HASTHAST H HIMMELIMMEL UNDUND E ERDERDE GEMACHTGEMACHTUNDUND MICHMICH NICHTNICHT AUSAUS DENDEN A AUGENUGEN VERLORENVERLOREN..

DDUU SCHAFFSTSCHAFFST DENENDENEN R RECHTECHT,,DIEDIE U UNRECHTNRECHT LEIDENLEIDEN..

DDUU SPEISTSPEIST DIEDIE HUNGRIGENHUNGRIGEN S SEELENEELENUNDUND FÜLLSTFÜLLST DIEDIE HUNGRIGENHUNGRIGEN M MÄGENÄGEN..

DDUU BEFREISTBEFREIST DIEDIE G GEFANGENENEFANGENEN UNDUND MACHSTMACHST DIEDIE B BLINDENLINDEN SEHENDSEHEND..

DDUU RICHTESTRICHTEST DIEDIE N NIEDERGESCHLAGENENIEDERGESCHLAGENEN WIEDERWIEDER AUFAUFUNDUND BEHÜTESTBEHÜTEST DIEDIE F FREMDLINGEREMDLINGE IMIM L LANDAND..

DDUU LIEBSTLIEBST DIEDIE G GERECHTIGKEITERECHTIGKEIT ÜBERÜBER ALLESALLES..SSOO SINDSIND WIRWIR DEINEDEINE H HÄNDEÄNDE UNDUND F FÜẞEÜẞE..

DDEINEEINE S SINNEINNE SINDSIND WIRWIR,,UMUM DEINENDEINEN N NAMENAMEN GROẞGROẞ ZUZU SCHREIBENSCHREIBENANAN DENDEN H HIMMELIMMEL UNDUND AUFAUF DERDER E ERDERDE: GOTT.: GOTT.

DDARUMARUM WILLWILL ICHICH BEIBEI DIRDIR BLEIBENBLEIBEN, G, GOTTOTT, ,

11

SOLANGESOLANGE ICHICH BINBIN. . (H.D. H (H.D. HÜSCHÜSCH/U. S/U. SEIDELEIDEL))ODERODER: P: PSALMSALM 119 119 ODERODER P PSALMSALM 46 46

Eingangsgebet (wenn wir keinen Bittruf und keinen Eingangsgebet (wenn wir keinen Bittruf und keinen Lobpreis haben)Lobpreis haben)Wir wollen beten:Wir wollen beten:Nach dir, Gott, strecken wir uns.Nach dir, Gott, strecken wir uns.wir sehnen uns nach Stärke von dir.wir sehnen uns nach Stärke von dir.Wenn wir uns klein und unscheinbar vorkommen,Wenn wir uns klein und unscheinbar vorkommen,schwach und ohnmächtig schwach und ohnmächtig dann lass uns spüren, wie Kraft von dir uns durchströmt dann lass uns spüren, wie Kraft von dir uns durchströmt dann richte uns auf und hilf uns zu einem geraden Rücken.dann richte uns auf und hilf uns zu einem geraden Rücken.Wenn uns der Mut fehlt, Gedanken zu Ende zu denken, Wenn uns der Mut fehlt, Gedanken zu Ende zu denken, und Einsichten in die Tat umzusetzen,und Einsichten in die Tat umzusetzen,dann lass uns spüren, wie dein Geist unsere Gedanken weitet,dann lass uns spüren, wie dein Geist unsere Gedanken weitet,dann leg du selbst Entschlossenheit in unsere Schritte. dann leg du selbst Entschlossenheit in unsere Schritte. Wenn wir zurückschrecken vor klarem und beherztem RedenWenn wir zurückschrecken vor klarem und beherztem Redenund uns vor dem Urteil anderer fürchten,und uns vor dem Urteil anderer fürchten,dann hilf du uns zu einer deutlichen und vernehmlichen dann hilf du uns zu einer deutlichen und vernehmlichen Stimme,Stimme,dann lass uns auch Widerständen standhalten dann lass uns auch Widerständen standhalten und in den Spuren deines Sohnes gehen. Amen.und in den Spuren deines Sohnes gehen. Amen.

oder: Bittruf und Lobpreis und kürzeres Eingangsgebetoder: Bittruf und Lobpreis und kürzeres Eingangsgebet

Lesung: z.B. Lukas 24,1-12Lesung: z.B. Lukas 24,1-12

22

GlaubensbekenntnisGlaubensbekenntnisIch glaube Ich glaube an die göttliche Geisteskraft, an die göttliche Geisteskraft, die in uns allen wohnt, die in uns allen wohnt, die Schweigende zum Reden bringt, die Schweigende zum Reden bringt, Entsetzte zum Staunen, Entsetzte zum Staunen, die aus Ängstlichen Mutige macht die aus Ängstlichen Mutige macht und aus Gleichgültigen Verantwortliche. und aus Gleichgültigen Verantwortliche.

Ich glaube, Ich glaube, dass Jesus Christus dass Jesus Christus durch sein Leben durch sein Leben auf unserer Erde auf unserer Erde die prophetische Geisteskraft die prophetische Geisteskraft in uns geweckt hat.in uns geweckt hat.Ich glaube, Ich glaube, dass Zärtlichkeit uns Zorn, dass Zärtlichkeit uns Zorn, Freude und Schmerz, Freude und Schmerz, Verzweiflung und Hoffnung Verzweiflung und Hoffnung uns treibt, uns treibt,

bis wir aufgehoben sind bis wir aufgehoben sind in Gottes unendlicher Liebe.in Gottes unendlicher Liebe.Amen. Amen.

33

Frauen der Reformation im GesprächFrauen der Reformation im Gespräch(Katharina von Bora, Argula von Crumbach, Katharina Zell, Elisabeth (Katharina von Bora, Argula von Crumbach, Katharina Zell, Elisabeth

Cruciger, Wibrandis Rosenblatt und Olympia Fulvia Morata)Cruciger, Wibrandis Rosenblatt und Olympia Fulvia Morata)

Zu Gast bei Katharina von BoraZu Gast bei Katharina von BoraKatharinaKatharina: (Stellt Brot auf den Tisch und Blumen): (Stellt Brot auf den Tisch und Blumen)Herzlich willkommen in Wittenberg, liebe Herzlich willkommen in Wittenberg, liebe Namensschwester.Namensschwester.Katharina ZellKatharina ZellVielen Dank für deine Einladung, liebe Käthe! Vielen Dank für deine Einladung, liebe Käthe! Ein weiter Weg war das. Aber wenn ich mich hier bei Ein weiter Weg war das. Aber wenn ich mich hier bei dir umschaue, dann fühle ich mich gleich zu Hause! Dudir umschaue, dann fühle ich mich gleich zu Hause! Du führst ein offenes Haus, genau wie ich in Straßburg.führst ein offenes Haus, genau wie ich in Straßburg.Katharina von Bora Katharina von Bora Ja, es gibt täglich 40 -50 Leute zu bewirten: 11 Ja, es gibt täglich 40 -50 Leute zu bewirten: 11 verwaiste Kinder aus der Verwandtschaft, unsere verwaiste Kinder aus der Verwandtschaft, unsere eigenen 5, drei Witwen und das Gesinde. Und mein eigenen 5, drei Witwen und das Gesinde. Und mein Martinus ist immer von Gelehrten umgeben. Alle Martinus ist immer von Gelehrten umgeben. Alle wollen satt werden.wollen satt werden.Katharina ZellKatharina ZellAuch bei uns in Straßburg gehen viele Menschen ein Auch bei uns in Straßburg gehen viele Menschen ein und aus: Kluge Gäste, mit denen ich mich über und aus: Kluge Gäste, mit denen ich mich über Glaubensfragen streite, Glaubensflüchtlinge. Und dannGlaubensfragen streite, Glaubensflüchtlinge. Und dann die vielen, die wegen der Bauernkriege auf der Flucht die vielen, die wegen der Bauernkriege auf der Flucht sind. 3000 Flüchtlinge haben wir zur Zeit in Straßburg. sind. 3000 Flüchtlinge haben wir zur Zeit in Straßburg. Alle brauchen ein Dach über dem Kopf und was zu Alle brauchen ein Dach über dem Kopf und was zu

44

essen. Da gibt es viel zu organisieren und Spenden zu essen. Da gibt es viel zu organisieren und Spenden zu sammeln.sammeln.

Katharina von Bora Katharina von Bora Komm, nimm von dem Brot, trinke einen Schluck Wein Komm, nimm von dem Brot, trinke einen Schluck Wein und stärke dich, Katharina. Du bist eine wunderbare und stärke dich, Katharina. Du bist eine wunderbare Pfarrfrau. Ein großes Vorbild für uns!Pfarrfrau. Ein großes Vorbild für uns!Katharina ZellKatharina ZellDanke, liebe Freundin, deine Worte tun mir gut. Es warDanke, liebe Freundin, deine Worte tun mir gut. Es war nicht leicht zu Anfang, wer weiß das besser als du? nicht leicht zu Anfang, wer weiß das besser als du? Pfarrfrau – einen solchen Stand gab es bisher ja nicht. Pfarrfrau – einen solchen Stand gab es bisher ja nicht. Es hat Mut gebraucht, den berühmten Pfarrer vom Es hat Mut gebraucht, den berühmten Pfarrer vom Straßburger Münster zu heiraten. Gegen den Straßburger Münster zu heiraten. Gegen den Widerstand der Kirche. Der Bischof hat uns Widerstand der Kirche. Der Bischof hat uns exkommuniziert. Du weißt ja von all den exkommuniziert. Du weißt ja von all den Anfeindungen. Gerade die angeblich zölibatär Anfeindungen. Gerade die angeblich zölibatär lebenden katholischen Geistlichen, haben über uns lebenden katholischen Geistlichen, haben über uns hergezogen. hergezogen. Dabei ging es uns von Beginn unserer Ehe an um das Dabei ging es uns von Beginn unserer Ehe an um das Wort Gottes und den Aufbau der Gemeinde. Wort Gottes und den Aufbau der Gemeinde. Katharina von Bora Katharina von Bora Ich habe verschiedene Schriften von dir gelesen. Ich habe verschiedene Schriften von dir gelesen. Du hast sogar gepredigt, habe ich gehört. Du hast sogar gepredigt, habe ich gehört. Katharina ZellKatharina ZellJa, es macht mich stolz, dass ich den Predigt-Stuhl zu Ja, es macht mich stolz, dass ich den Predigt-Stuhl zu Straßburg habe aufbauen helfen. Mein Mann hat mich Straßburg habe aufbauen helfen. Mein Mann hat mich seine „Hilfspredigerin“ genannt.seine „Hilfspredigerin“ genannt.

55

Katharina von Bora Katharina von Bora Und wie reagieren die anderen Männer, wenn du als Und wie reagieren die anderen Männer, wenn du als Frau das Wort ergreifst?Frau das Wort ergreifst?Katharina ZellKatharina ZellNatürlich wird mir immer wieder das Wort von Paulus Natürlich wird mir immer wieder das Wort von Paulus vor-gehalten: „Die Weiber sollen schweigen“. Dann vor-gehalten: „Die Weiber sollen schweigen“. Dann antworte ich: Ihr wisst aber auch, dass er an die antworte ich: Ihr wisst aber auch, dass er an die Galater schreibt: „In Christus ist weder Mann noch Galater schreibt: „In Christus ist weder Mann noch Weib“; und dass Gott im Propheten Joel sagt: „Ich Weib“; und dass Gott im Propheten Joel sagt: „Ich werde ausgießen von meinem Geist über alles Fleisch werde ausgießen von meinem Geist über alles Fleisch und eure Söhne und eure Söhne und Töchterund Töchter werden weis-sagen.“ Also werden weis-sagen.“ Also erwarte ich auch, dass man auf micherwarte ich auch, dass man auf mich als Frau als Frau hört.hört.Argula von Grumbach kommt dazu. Argula von Grumbach kommt dazu. Katharina von Bora Katharina von Bora Herzlich willkommen, Argula. Darf Ich euch bekannt Herzlich willkommen, Argula. Darf Ich euch bekannt machen.machen.Argula von Grumbach aus Bayern – Katharina Zell aus Argula von Grumbach aus Bayern – Katharina Zell aus Straß-burg. Zu Argula gewandt: Hier sind Brot und Straß-burg. Zu Argula gewandt: Hier sind Brot und Wein. Stärke dich!Wein. Stärke dich!Katharina ZellKatharina ZellJa, herzlich willkommen in unserer Runde! Ich habe Ja, herzlich willkommen in unserer Runde! Ich habe einige deiner Flugschriften gelesen und bin einige deiner Flugschriften gelesen und bin beeindruckt, wie gut du dich in der Bibel auskennst!beeindruckt, wie gut du dich in der Bibel auskennst!

66

ArgulaArgula Mit 10 Jahren bekam ich von meinem Vater meine Mit 10 Jahren bekam ich von meinem Vater meine erste deutsche Bibel geschenkt. Bis heute benutze ich erste deutsche Bibel geschenkt. Bis heute benutze ich sie. Die Übersetzung deines lieben Mannes, Katharina,sie. Die Übersetzung deines lieben Mannes, Katharina, ist zwar genauer und schöner, aber diese Bibel ist ein ist zwar genauer und schöner, aber diese Bibel ist ein Erinnerungsstück an meine Eltern. Sie sind gestorben, Erinnerungsstück an meine Eltern. Sie sind gestorben, als ich 17 Jahre alt war. als ich 17 Jahre alt war. Dann habe ich geheiratet: Friedrich von Grumbach. Dann habe ich geheiratet: Friedrich von Grumbach. Wir haben vier Kinder bekommen, 3 Söhne und eine Wir haben vier Kinder bekommen, 3 Söhne und eine Tochter.Tochter.Katharina von Bora Katharina von Bora Aber du bist ja viel mehr als Mutter und Hausfrau. Wie Aber du bist ja viel mehr als Mutter und Hausfrau. Wie kam es zu deinen Schriften? kam es zu deinen Schriften? ArgulaArgula Ich habe immer wieder von der neuen Glaubenslehre Ich habe immer wieder von der neuen Glaubenslehre gehört, alles von Martin Luther gelesen und fand es so gehört, alles von Martin Luther gelesen und fand es so interessant, dass ich einen Briefwechsel mit ihm interessant, dass ich einen Briefwechsel mit ihm angefangen habe. Auch mit dem Hofprediger in angefangen habe. Auch mit dem Hofprediger in Wittenberg und dem Würzburger Domprediger. Ich bin Wittenberg und dem Würzburger Domprediger. Ich bin für die Reformation und lass mir den neuen Glauben für die Reformation und lass mir den neuen Glauben auch nicht verbieten. auch nicht verbieten. Katharina von Bora Katharina von Bora Von deinem Mut habe ich gehört. Von deinem Mut habe ich gehört.

77

ArgulaArgula Gegen einen jungen Theologen in Ingolstadt hatte manGegen einen jungen Theologen in Ingolstadt hatte man tatsächlich ein Verfahren eröffnet, weil er sich für die tatsächlich ein Verfahren eröffnet, weil er sich für die Reformation ausgesprochen hatte. Ihr müsst wissen, Reformation ausgesprochen hatte. Ihr müsst wissen, bei uns in Bayern gab es eine scharfe Verordnung. bei uns in Bayern gab es eine scharfe Verordnung. Schon die Diskussion über Luthers Schriften war Schon die Diskussion über Luthers Schriften war verboten. verboten. Kein einziger Mann hat es gewagt, sich für ihn Kein einziger Mann hat es gewagt, sich für ihn einzusetzen! Ich war so empört. Ich musste einfach aneinzusetzen! Ich war so empört. Ich musste einfach an die Universität schreiben. An den Anfang habe ich ein die Universität schreiben. An den Anfang habe ich ein Zitat aus dem Matthäus-Evangelium gesetzt: Zitat aus dem Matthäus-Evangelium gesetzt: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater“. auch bekennen vor meinem himmlischen Vater“. Männer wie auch Frauen sind zum Bekenntnis Jesu Männer wie auch Frauen sind zum Bekenntnis Jesu Christi aufgerufen, so habe ich argumentiert. Ich Christi aufgerufen, so habe ich argumentiert. Ich forderte die Gelehrten auf, mir die strittigen Thesen forderte die Gelehrten auf, mir die strittigen Thesen mitzuteilen. Ich wollte öffentlich, in Gegenwart der mitzuteilen. Ich wollte öffentlich, in Gegenwart der Fürsten und der Gemeinde, mit ihnen diskutieren. Da Fürsten und der Gemeinde, mit ihnen diskutieren. Da auch Jesus mit Frauen gesprochen hat, sollten das die auch Jesus mit Frauen gesprochen hat, sollten das die Professoren nun bitte auch mit mir tun. Professoren nun bitte auch mit mir tun. Katharina Zell Katharina Zell Das Das hast Du geschrieben? hast Du geschrieben? Katharina von Bora Katharina von Bora Und - hast du eine Antwort auf deinen Brief Und - hast du eine Antwort auf deinen Brief bekommen?bekommen?

88

ArgulaArgula Nein, hab ich nicht. Aber der Brief erschien als Nein, hab ich nicht. Aber der Brief erschien als Flugblatt - in 13 Auflagen. Viele Menschen wollten ihn Flugblatt - in 13 Auflagen. Viele Menschen wollten ihn lesen oder ließen sich vorlesen. Innerhalb von 2 Jahrenlesen oder ließen sich vorlesen. Innerhalb von 2 Jahren hab ich dann noch 7 weitere Schriften veröffentlicht, hab ich dann noch 7 weitere Schriften veröffentlicht, insgesamt 30.000 Exemplare.insgesamt 30.000 Exemplare.Katharina von BoraKatharina von BoraIch bewundere deinen Mut! Wie hat denn deine FamilieIch bewundere deinen Mut! Wie hat denn deine Familie reagiert? Ist sie stolz auf dich?reagiert? Ist sie stolz auf dich?Argula Argula Mein Mann hat mich nie verstanden. Er ist bis zu Mein Mann hat mich nie verstanden. Er ist bis zu seinem Tod überzeugter Katholik geblieben. Wegen seinem Tod überzeugter Katholik geblieben. Wegen mir hat er seine Arbeit verloren. Irgendwann war mir hat er seine Arbeit verloren. Irgendwann war unsere Ehe völlig zerrüttet.unsere Ehe völlig zerrüttet. Katharina von Bora Katharina von Bora Mein Martinus schätzt dich sehr. Er nennt dich immer Mein Martinus schätzt dich sehr. Er nennt dich immer eine „Jüngerin Christi“.eine „Jüngerin Christi“. ArgulaArgula Wenn doch seinen Reden auch Taten folgen würden! Wenn doch seinen Reden auch Taten folgen würden! Obwohl er alle meine Schriften kennt, hat er nie Obwohl er alle meine Schriften kennt, hat er nie öffentlich Stellung dazu genommen. Ich glaube, er öffentlich Stellung dazu genommen. Ich glaube, er kann und will sich nicht vorstellen, dass wir Frauen kann und will sich nicht vorstellen, dass wir Frauen auch Predigerinnen des Wortes Gottes sein können.auch Predigerinnen des Wortes Gottes sein können.

99

Katharina Zell Katharina Zell Da kann ich dir nur zustimmen! Aber bald wird eine Da kann ich dir nur zustimmen! Aber bald wird eine von uns an der Universität lehren. Dann werden sich von uns an der Universität lehren. Dann werden sich die Dinge ändern!die Dinge ändern!Olympia Fulvia Morata kommt dazu.Olympia Fulvia Morata kommt dazu.Katharina von BoraKatharina von BoraDa kommt Olympia Fulvia Morata, unsere Professorin! Da kommt Olympia Fulvia Morata, unsere Professorin! Und wie gut sie aussieht! Und wie gut sie aussieht! Olympia Fulvia MorataOlympia Fulvia MorataLiebe Schwestern, was für ein wunderbares Liebe Schwestern, was für ein wunderbares Zusammentreffen.Zusammentreffen.Endlich unter Gleichgesinnten.Endlich unter Gleichgesinnten.Katharina von Bora: Katharina von Bora: Schön, dass du dich auf den weiten Weg zu uns Schön, dass du dich auf den weiten Weg zu uns gemacht hast. Aber sag, wie kamen die gemacht hast. Aber sag, wie kamen die reformatorischen Gedanken zu Euch nach Italien?reformatorischen Gedanken zu Euch nach Italien?Olympia Fulvia MorataOlympia Fulvia MorataEin Freund unserer Familie, Curione, machte uns mit Ein Freund unserer Familie, Curione, machte uns mit den Glaubensüberzeugungen der deutschen den Glaubensüberzeugungen der deutschen Reformatoren vertraut. Darauf hin habe ich begonnen, Reformatoren vertraut. Darauf hin habe ich begonnen, Theologie zu studieren. Ihr wisst ja, mein Vater, der Theologie zu studieren. Ihr wisst ja, mein Vater, der Hoflehrer, hat mir viel zugetraut. In Latein und Hoflehrer, hat mir viel zugetraut. In Latein und Griechisch hat er mich gelehrt, da war ich noch klein. Griechisch hat er mich gelehrt, da war ich noch klein. Und durch die Heirat meines lieben Andreas habe ich Und durch die Heirat meines lieben Andreas habe ich mein Glück gefunden. mein Glück gefunden.

1010

Er hat mit seiner musikalischen Begabung meine Er hat mit seiner musikalischen Begabung meine Psalmdichtungen vertont und auch noch veröffentlicht.Psalmdichtungen vertont und auch noch veröffentlicht. Aber nicht lange und es setzte eine Verfolgung ein Aber nicht lange und es setzte eine Verfolgung ein gegen alle, die von der neuen Lehre überzeugt waren. gegen alle, die von der neuen Lehre überzeugt waren. Wir mussten nach Deutschland fliehen. Dass ich meineWir mussten nach Deutschland fliehen. Dass ich meine Mutter und die Schwestern zurück lassen musste, Mutter und die Schwestern zurück lassen musste, schmerzt mich immer noch sehr. Ihr wisst ja auch wie schmerzt mich immer noch sehr. Ihr wisst ja auch wie der Krieg und die Pest bei uns wüten. Es ist nur der der Krieg und die Pest bei uns wüten. Es ist nur der Gnade Gottes zu verdanken, dass mein Mann noch Gnade Gottes zu verdanken, dass mein Mann noch lebt, lebt, Argula: Argula: Und jetzt seid ihr in Heidelberg?Und jetzt seid ihr in Heidelberg?Olympia Fulvia MorataOlympia Fulvia MorataMein Mann hat eine Professur an der Universität Mein Mann hat eine Professur an der Universität bekommen. bekommen. Und so unglaublich es klingen mag, auch mir hat man Und so unglaublich es klingen mag, auch mir hat man dort einen Lehrstuhl angeboten! Eine ungewöhnlich dort einen Lehrstuhl angeboten! Eine ungewöhnlich fortschrittliche Hochschule! Ein Lehrstuhl für eine Frau!fortschrittliche Hochschule! Ein Lehrstuhl für eine Frau! Noch bin zu schwach durch die Folgen der Flucht und Noch bin zu schwach durch die Folgen der Flucht und kann nur Hausunterricht in Griechisch erteilen. Aber kann nur Hausunterricht in Griechisch erteilen. Aber bald ist es soweit und ich darf an der Universität bald ist es soweit und ich darf an der Universität lehren. lehren. Katharina von Bora:Katharina von Bora:Nimm ein Stück Brot, iss und trink und stärke dich!Nimm ein Stück Brot, iss und trink und stärke dich!Wibrandis Rosenblatt kommt dazuWibrandis Rosenblatt kommt dazu

1111

Wibrandis Rosenblatt:Wibrandis Rosenblatt:Zu Katharina von Bora gewandt: Zu Katharina von Bora gewandt: Sei mir gegrüßt, meine liebe Katharina. Sei mir gegrüßt, meine liebe Katharina. Wie schön, euch alle hier zu sehen, liebe Schwestern!Wie schön, euch alle hier zu sehen, liebe Schwestern!Wie schön, dass du auch da bist, liebe Katharina Zell, Wie schön, dass du auch da bist, liebe Katharina Zell, ich bringe dir Grüße von daheim, von deinen ich bringe dir Grüße von daheim, von deinen Patenkindern!Patenkindern!Katharina von BoraKatharina von Bora (zu den anderen Frauen) (zu den anderen Frauen)Es ist mir eine große Freude und Ehre, euch unsere Es ist mir eine große Freude und Ehre, euch unsere liebe Freundin Wibrandis Rosenblatt aus Basel liebe Freundin Wibrandis Rosenblatt aus Basel vorzustellen. Als Ehefrau von vier großen vorzustellen. Als Ehefrau von vier großen Reformatoren hat sie bis heute mit ihrem Leben aktiv Reformatoren hat sie bis heute mit ihrem Leben aktiv an der Gestaltung unserer Kirche mitgewirkt. In Basel an der Gestaltung unserer Kirche mitgewirkt. In Basel an der Seite von Oekolampad, in Straßburg als Frau an der Seite von Oekolampad, in Straßburg als Frau von Capito und zuletzt an der Seite unserer verehrten von Capito und zuletzt an der Seite unserer verehrten Martin Bucer. Martin Bucer. Katharina ZellKatharina ZellWie lange haben wir uns nicht gesehen! Seit ihr von Wie lange haben wir uns nicht gesehen! Seit ihr von Straßburg weggezogen seid. Und wie schwer ist der Straßburg weggezogen seid. Und wie schwer ist der Weg, den du gegangen bist! Komm und iss mit uns. Weg, den du gegangen bist! Komm und iss mit uns. Wibrandis RosenblattWibrandis RosenblattJa, die letzten Jahre waren hart. Vier mal bin ich Witwe Ja, die letzten Jahre waren hart. Vier mal bin ich Witwe geworden. Und ich habe natürlich auch erlebt, was es geworden. Und ich habe natürlich auch erlebt, was es heißt, für eine Sache zu kämpfen. Viele, die sich für dieheißt, für eine Sache zu kämpfen. Viele, die sich für die Reformation stark gemacht haben, wurden verfolgt. Reformation stark gemacht haben, wurden verfolgt. Wir haben dutzende Hilfesuchende aufgenommen, sie Wir haben dutzende Hilfesuchende aufgenommen, sie

1212

versorgt und gestärkt. Nicht nur mit Mahlzeiten. Auch versorgt und gestärkt. Nicht nur mit Mahlzeiten. Auch mit Worten und Gebeten.mit Worten und Gebeten.Immer wieder ließ mein Mann auch Studenten bei uns Immer wieder ließ mein Mann auch Studenten bei uns wohnen. Die wollten versorgt werden. Aber das alles wohnen. Die wollten versorgt werden. Aber das alles kennst du ja auch, liebe Katharina. Und die eigenen 11kennst du ja auch, liebe Katharina. Und die eigenen 11 Kinder dürfen da auch nicht zu kurz kommen. Kinder dürfen da auch nicht zu kurz kommen. Olympia Fulvia MorataOlympia Fulvia MorataLiebe Wibrandis, ich bin so froh, dich kennenzulernen! Liebe Wibrandis, ich bin so froh, dich kennenzulernen! Was hast für ein aufregendes Leben! Was hast für ein aufregendes Leben! Ward ihr inzwischen nicht auch in Cambridge? Ward ihr inzwischen nicht auch in Cambridge? Wibrandis RosenblattWibrandis Rosenblatt  Martin Bucer, mein Mann, musste Straßburg verlassen.Martin Bucer, mein Mann, musste Straßburg verlassen. All das wofür wir gekämpft hatten, all das sollte nicht All das wofür wir gekämpft hatten, all das sollte nicht mehr sein. Wir sollten uns wieder den katholischen mehr sein. Wir sollten uns wieder den katholischen Kirchengesetzen unterwerfen. Kirchengesetzen unterwerfen. Da blieb uns nur die Flucht. In England mussten wir Da blieb uns nur die Flucht. In England mussten wir uns nicht fürchten. Im Gegenteil, König Edward uns nicht fürchten. Im Gegenteil, König Edward brauchte erfahrene Theologen, die die Reformation brauchte erfahrene Theologen, die die Reformation dort vorantreiben sollten.dort vorantreiben sollten.Aber wir hatten nicht mehr sehr viel Zeit miteinander. Aber wir hatten nicht mehr sehr viel Zeit miteinander. Er starb und ich bin mit den Kindern wieder zurück Er starb und ich bin mit den Kindern wieder zurück nach Straßburg und von dort wieder nach Basel. nach Straßburg und von dort wieder nach Basel. Elisabeth Cruciger tritt ein.Elisabeth Cruciger tritt ein.

1313

Katharina von Bora:Katharina von Bora:Da kommt noch unsere Freundin Elisabeth. Da kommt noch unsere Freundin Elisabeth. Die mit dem kürzesten Weg kommen meistens als Die mit dem kürzesten Weg kommen meistens als letzte… Willkommen, liebe Elisabeth! Komm zu uns anletzte… Willkommen, liebe Elisabeth! Komm zu uns an den Tisch und nimm dir vom Brot. den Tisch und nimm dir vom Brot. Zu den anderen:Zu den anderen:Das ist meine wittenbergische Freundin Elisabeth Das ist meine wittenbergische Freundin Elisabeth Cruciger. Wir kennen uns schon lange und wir haben Cruciger. Wir kennen uns schon lange und wir haben vieles gemeinsam: Elisabeth war Nonne, wie ich. Und vieles gemeinsam: Elisabeth war Nonne, wie ich. Und unsere Männer arbeiten hier zusammen an der unsere Männer arbeiten hier zusammen an der Universität.Universität.Elisabeth Cruciger:Elisabeth Cruciger:Dein Martin hat uns auch getraut, damals in der Dein Martin hat uns auch getraut, damals in der Schlosskirche!Schlosskirche!Katharina von Bora:Katharina von Bora:Stimmt! Und demnächst wird deine Tochter Elisabeth Stimmt! Und demnächst wird deine Tochter Elisabeth unseren Johannes heiraten! unseren Johannes heiraten! Sag mal, wie geht es mit deinem Liederdichten voran?Sag mal, wie geht es mit deinem Liederdichten voran?Elisabeth Cruciger:Elisabeth Cruciger:Es macht immer noch Freude. Manchmal fließen die Es macht immer noch Freude. Manchmal fließen die Worte ganz einfach und mein Glaube wird ein Lied. Worte ganz einfach und mein Glaube wird ein Lied.

1414

Katharina von Bora:Katharina von Bora:Bewahre dir deine Kunst und Gabe. Sie ist so wertvoll! Bewahre dir deine Kunst und Gabe. Sie ist so wertvoll! Ich wünsche mir noch viele gute Kirchenlieder von dir. Ich wünsche mir noch viele gute Kirchenlieder von dir. Auch mein Martin schätzt dich sehr – einige deiner Auch mein Martin schätzt dich sehr – einige deiner Lieder sind ja jetzt in unser Wittenbergisches Lieder sind ja jetzt in unser Wittenbergisches Gesangbuch aufgenommen.Gesangbuch aufgenommen.EElisabeth Cruciger:lisabeth Cruciger:Ich möchte euch etwas erzählen, liebe Freundinnen, Ich möchte euch etwas erzählen, liebe Freundinnen, was mich immer noch sehr beschäftigt. Ich hatte einenwas mich immer noch sehr beschäftigt. Ich hatte einen Traum. Er war ganz ungewöhnlich: Ich stand in der Traum. Er war ganz ungewöhnlich: Ich stand in der Kirche auf der Kanzel und habe predigt! Ja, ich als FrauKirche auf der Kanzel und habe predigt! Ja, ich als Frau habe öffentlich Gottes Wort ausgelegt und die habe öffentlich Gottes Wort ausgelegt und die Gemeinde hat mir zugehört! Am anderen Morgen habeGemeinde hat mir zugehört! Am anderen Morgen habe ich meinem Mann den Traum erzählt – ich meinem Mann den Traum erzählt – Argula:Argula:… und, wie hat er reagiert?… und, wie hat er reagiert?Elisabeth Cruciger: Elisabeth Cruciger: Er hat gelacht und gesagt: „Vielleicht will Euch der Er hat gelacht und gesagt: „Vielleicht will Euch der liebe Gott für würdig erachten, dass Eure Gesänge, mitliebe Gott für würdig erachten, dass Eure Gesänge, mit denen Ihr zu Hause immer umgeht, in der Kirche denen Ihr zu Hause immer umgeht, in der Kirche gesungen werden“gesungen werden“Katharina von Bora:Katharina von Bora:Da hat er die richtigen Worte gefunden. Lass uns eins Da hat er die richtigen Worte gefunden. Lass uns eins deiner Lieder singen. Darf ich mir eines wünschen? deiner Lieder singen. Darf ich mir eines wünschen? Elisabeth Cruciger:Elisabeth Cruciger:Nur zu! Ich bin gespannt, welches du auswählst!Nur zu! Ich bin gespannt, welches du auswählst!

1515

Katharina von Bora:Katharina von Bora:„Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ – wenn ich ehrlich „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ – wenn ich ehrlich bin, gefällt mir das viel besser als das Lied von der bin, gefällt mir das viel besser als das Lied von der festen Burg und den Wehr und Waffen, das die Männerfesten Burg und den Wehr und Waffen, das die Männer in diesen Tagen so gerne singen ….in diesen Tagen so gerne singen ….

Murmelgruppen:Murmelgruppen:Welche Frauen würden wir heute gerne an den Tisch Welche Frauen würden wir heute gerne an den Tisch setzen?setzen?Tischkarten schreiben und Frauen symbolisch Tischkarten schreiben und Frauen symbolisch dazusetzen, dazusetzen,

1616

Überleitung zum AbendmahlÜberleitung zum AbendmahlDie Frauen aus der Reformationszeit in unserem Die Frauen aus der Reformationszeit in unserem Anspiel haben sich gestärkt mit dem Brot, das sie Anspiel haben sich gestärkt mit dem Brot, das sie geteilt haben, im Hören auf Gottes Wort, im geteilt haben, im Hören auf Gottes Wort, im gemeinsamen Singen und durch ihre gemeinsamen Singen und durch ihre Gemeinschaft.Gemeinschaft.Auch wir – die heutigen Frauen der Reformation - Auch wir – die heutigen Frauen der Reformation - brauchen Stärkung für unseren Alltag, brauchen Stärkung für unseren Alltag, Kraft und Gelassenheit, um die Aufgaben zu Kraft und Gelassenheit, um die Aufgaben zu bewältigen, die uns aufgetragen sind. bewältigen, die uns aufgetragen sind. Und wir brauchen einander, als Schwestern und Und wir brauchen einander, als Schwestern und Freundinnen, die miteinander unterwegs sind. Freundinnen, die miteinander unterwegs sind. So wie wir es eben gesungen haben: Gut, dass wirSo wie wir es eben gesungen haben: Gut, dass wir einander haben!einander haben!

Wir sind versammelt vor dem Altar, Wir sind versammelt vor dem Altar, der uns erinnert an den Tisch, der uns erinnert an den Tisch, den Gott uns deckt an jedem neuen Tag, den Gott uns deckt an jedem neuen Tag, an die Fülle, die uns angeboten wird und nicht an die Fülle, die uns angeboten wird und nicht ausgeht. ausgeht. An den Segen Gottes, der Leib und Seele nährt.An den Segen Gottes, der Leib und Seele nährt.Für diesen Segen steht das Brot, Für diesen Segen steht das Brot, als Symbol für das, was wir zum Leben brauchen.als Symbol für das, was wir zum Leben brauchen.Sein Geschmack erinnert uns Sein Geschmack erinnert uns

1717

an die Erde, in der das Korn wächst;an die Erde, in der das Korn wächst;an die Menschen, die für uns ernten, mahlen und an die Menschen, die für uns ernten, mahlen und backen;backen;an Jesus, der gesagt hat: an Jesus, der gesagt hat: Ich bin das Brot des Lebens.Ich bin das Brot des Lebens.Wir wollen das Brot miteinander teilenWir wollen das Brot miteinander teilenund Gott um seinen Segen bitten:und Gott um seinen Segen bitten:

„Segne Gott uns diese Speise,„Segne Gott uns diese Speise,uns zur Kraft, und dir zum Preise. Amen“uns zur Kraft, und dir zum Preise. Amen“

Segen macht die irdische Speise für uns zum Segen macht die irdische Speise für uns zum Himmelsbrot.Himmelsbrot.Zum Brot, das unseren Körper stärkt und unsere Zum Brot, das unseren Körper stärkt und unsere Seele nährt.Seele nährt.Diesen Geschmack von Himmel und Erde wollen Diesen Geschmack von Himmel und Erde wollen wir unswir unsgegenseitig reichen mit den Worten:gegenseitig reichen mit den Worten:Brot zum Leben - für dich. Brot zum Leben - für dich.

1818

FürbittenFürbittenLassen Sie uns beten und miteinander singen:Lassen Sie uns beten und miteinander singen:Du Gott stützt unsDu Gott stützt unsGott, du stärkst Menschen,Gott, du stärkst Menschen,in deinem Namen auch ungewöhnliche Wege zu in deinem Namen auch ungewöhnliche Wege zu gehen.gehen.Wir bitten dich für die Frauen, Wir bitten dich für die Frauen, die sich in ihrem Beruf, in ihrem Ehrenamt,die sich in ihrem Beruf, in ihrem Ehrenamt,in der Politik oder in anderen Bereichenin der Politik oder in anderen Bereichenweit vorgewagt haben.weit vorgewagt haben.Lass ihnen immer wieder Kraft zuwachsen, Lass ihnen immer wieder Kraft zuwachsen, dass sie nicht aufgeben und beharrlich ihre Ziele dass sie nicht aufgeben und beharrlich ihre Ziele verfolgen.verfolgen.Du Gott stützt unsDu Gott stützt unsGott, du motivierst Menschen, Gott, du motivierst Menschen, alte und eingefahrene Wege zu verlassen.alte und eingefahrene Wege zu verlassen.Wir bitten dich für die Frauen, Wir bitten dich für die Frauen, die Widerstand spüren, die Widerstand spüren, wenn sie sich für gerechtere Verhältnisse wenn sie sich für gerechtere Verhältnisse einsetzen.einsetzen.Lass sie nicht hart werden und sich in Lass sie nicht hart werden und sich in Alleingängen verlieren.Alleingängen verlieren.Öffne ihnen die Augen für Menschen, Öffne ihnen die Augen für Menschen, die ihre Verbündeten sein können.die ihre Verbündeten sein können.Du Gott stützt unsDu Gott stützt unsGott, du schenkst Menschen viel ZutrauenGott, du schenkst Menschen viel Zutrauenin ihre Fähigkeiten und Gaben.in ihre Fähigkeiten und Gaben.Wir bitten dich für die Frauen,Wir bitten dich für die Frauen,die zu ihren Stärken stehen die zu ihren Stärken stehen und sie in vielen Bereichen einsetzen.und sie in vielen Bereichen einsetzen.Wenn sie an Grenzen ihrer Möglichkeiten geraten,Wenn sie an Grenzen ihrer Möglichkeiten geraten,lass sie auf Menschen treffen, lass sie auf Menschen treffen, die auch mit ihren schwachen Seiten die auch mit ihren schwachen Seiten zurechtkommen.zurechtkommen.Du Gott stützt unsDu Gott stützt unsGemeinsam lass uns darauf vertrauen, Gemeinsam lass uns darauf vertrauen, dass du unsere Wege begleitest.dass du unsere Wege begleitest.

1919

Wir beten, wie schon dein Sohn gebetet hat.Wir beten, wie schon dein Sohn gebetet hat.Oder: Oder: Gott, wir danken dir für die Frauen der Gott, wir danken dir für die Frauen der Reformation.Reformation.Sie haben sich bewegen lassenSie haben sich bewegen lassenvon deiner Gnade, die erlöst und befreit.von deiner Gnade, die erlöst und befreit.Sie sind aufgebrochenSie sind aufgebrochenaus der Enge ihrer Kirche,aus der Enge ihrer Kirche,aus Rollenmustern und gesellschaftlichen aus Rollenmustern und gesellschaftlichen ErwartungenErwartungenin die Freiheit eines Christenmenschen.in die Freiheit eines Christenmenschen.Wir bitten dich:Wir bitten dich:Erneuere auch heute deine Kirche, fange bei uns Erneuere auch heute deine Kirche, fange bei uns an:an:Berühre unsere Herzen,Berühre unsere Herzen,dass wir dir vertrauen und unseren Nächsten dass wir dir vertrauen und unseren Nächsten lieben.lieben.Gib uns Fantasie, Neues zu denkenGib uns Fantasie, Neues zu denkenund Mut, uns einzubringen und Mut, uns einzubringen mit Herz und Verstand, Wort und Tat.mit Herz und Verstand, Wort und Tat.Wir singen:Wir singen:Wir gedenken der Frauen, die zu allen Zeiten Wir gedenken der Frauen, die zu allen Zeiten ihre Möglichkeiten und Gaben genutzt haben, um ihre Möglichkeiten und Gaben genutzt haben, um die Welt zu verändern.die Welt zu verändern.

2020

Wir bitten dich, schenke auch uns die Kraft und Wir bitten dich, schenke auch uns die Kraft und den Mut,den Mut,das Evangelium zu verkündigen und andere zu das Evangelium zu verkündigen und andere zu inspirieren.inspirieren.Wir denken an unsere eigenen Mütter und Wir denken an unsere eigenen Mütter und Großmütter,Großmütter,deren Leben uns geprägt hat.deren Leben uns geprägt hat.Wir bitten dich, lass die Kraft ihres GlaubensWir bitten dich, lass die Kraft ihres Glaubensauch in uns Wurzel schlagen und Frucht bringen.auch in uns Wurzel schlagen und Frucht bringen.Wir bitten dich für unsere Töchter und Enkelinnen,Wir bitten dich für unsere Töchter und Enkelinnen,dass sie ihren Weg finden in der Vielfalt der dass sie ihren Weg finden in der Vielfalt der Möglichkeiten.Möglichkeiten.Gib ihnen ein Gespür für das, was ihnen gut tutGib ihnen ein Gespür für das, was ihnen gut tutund lass sie entdecken, welche Freiheit der und lass sie entdecken, welche Freiheit der Glaube schenkt,Glaube schenkt,der aus dem Vertrauen auf dich lebt.der aus dem Vertrauen auf dich lebt.Wir singen: Wir singen:

Wir danken dir für die Vielfalt des christlichen Wir danken dir für die Vielfalt des christlichen GlaubensGlaubensin allen Völkern und Kulturenin allen Völkern und Kulturenund dass wir dazu gehören, zur einen, weltweiten und dass wir dazu gehören, zur einen, weltweiten Kirche Jesu Christi.Kirche Jesu Christi.Wir bitten dich für die Christen, die wegen ihres Wir bitten dich für die Christen, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden,Glaubens verfolgt werden,

2121

für alle, die Not leiden in so vielen Teilen unserer für alle, die Not leiden in so vielen Teilen unserer Erde.Erde.Wir verbinden uns mit den Menschen in unserer Wir verbinden uns mit den Menschen in unserer Nähe,Nähe,die leiden und krank sind an Leib und Seele.die leiden und krank sind an Leib und Seele.Lass uns deine Kirche sein,Lass uns deine Kirche sein,Schwestern und Brüder, die sich anrühren lassen Schwestern und Brüder, die sich anrühren lassen von der Not,von der Not,die deine Hände sind und deine Füße,die deine Hände sind und deine Füße,die dein Wort weitersagen, das tröstet und heilt,die dein Wort weitersagen, das tröstet und heilt,das wachrüttelt und zurechtbringt.das wachrüttelt und zurechtbringt.Wir singen:Wir singen:

Was uns persönlich am Herzen liegt,Was uns persönlich am Herzen liegt,bringen wir vor dich in der Stille: bringen wir vor dich in der Stille:

2222

BeziehungenBeziehungen

Katharina wurde vermutlich nach dem frühen Tod der Mutter und Katharina wurde vermutlich nach dem frühen Tod der Mutter und

vor der zweiten Heirat ihres Vaters 1505 in die Schule des Klosters vor der zweiten Heirat ihres Vaters 1505 in die Schule des Klosters

der Benediktinerinnen zu Brehna gegeben. Auch wenn die Mutter der Benediktinerinnen zu Brehna gegeben. Auch wenn die Mutter

noch gelebt hätte, wäre ein solcher Schritt seinerzeit für adlige noch gelebt hätte, wäre ein solcher Schritt seinerzeit für adlige

Mädchen durchaus üblich gewesen. Viele Adlige und vermögende Mädchen durchaus üblich gewesen. Viele Adlige und vermögende

Bürger sahen ihre Töchter im Kloster nicht nur sicher, sondern auch Bürger sahen ihre Töchter im Kloster nicht nur sicher, sondern auch

versorgt; manche wollten wohl auch die mit einer Heirat anfallende versorgt; manche wollten wohl auch die mit einer Heirat anfallende

Mitgift sparen. Im Falle Katharinas sieht zumindest die Legende die Mitgift sparen. Im Falle Katharinas sieht zumindest die Legende die

böse Stiefmutter für den Weg ins Kloster verantwortlich. 1508/09 böse Stiefmutter für den Weg ins Kloster verantwortlich. 1508/09

wurde sie den Zisterzienserinnen im Kloster Mariathron zu wurde sie den Zisterzienserinnen im Kloster Mariathron zu

Nimbschen übergeben, bestimmt für den geistlichen Stand. Hier Nimbschen übergeben, bestimmt für den geistlichen Stand. Hier

lernte sie nicht nur gehorsam zu sein und zu schweigen, sie lernte lernte sie nicht nur gehorsam zu sein und zu schweigen, sie lernte

auch weit mehr als ihr außerhalb des Klosters möglich gewesen auch weit mehr als ihr außerhalb des Klosters möglich gewesen

wäre: Lesen, Schreiben, Singen, etwas Latein, Hauswirtschaft und wäre: Lesen, Schreiben, Singen, etwas Latein, Hauswirtschaft und

sicher auch Rechnen. Behütet von „Muhme Lene“, ihrer Tante und sicher auch Rechnen. Behütet von „Muhme Lene“, ihrer Tante und

zudem Siechenmeisterin des Klosters, wuchs Katharina zu einer zudem Siechenmeisterin des Klosters, wuchs Katharina zu einer

gebildeten und in der Heilkunde erfahrenen jungen Frau heran – gebildeten und in der Heilkunde erfahrenen jungen Frau heran –

beides sollte ihr später zugute kommen. Am 8. Oktober 1515 beides sollte ihr später zugute kommen. Am 8. Oktober 1515

leistete sie das Gelübde als Braut Christi und schwor damit leistete sie das Gelübde als Braut Christi und schwor damit

Besitzlosigkeit, Keuschheit und Gehorsam gegenüber ihren Oberen. Besitzlosigkeit, Keuschheit und Gehorsam gegenüber ihren Oberen.

In der weißen Kutte mit dem schwarzen Schleier der In der weißen Kutte mit dem schwarzen Schleier der

Zisterzienserinnen bekräftigte sie 1518 ihren Entschluss mit dem Zisterzienserinnen bekräftigte sie 1518 ihren Entschluss mit dem

ewigen Gelübde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie mit ihrem ewigen Gelübde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie mit ihrem

Schicksal haderte, ….Schicksal haderte, ….2424

1517 aber trat Martin Luther (1483-1546) in die Öffentlichkeit und 1517 aber trat Martin Luther (1483-1546) in die Öffentlichkeit und

er verkündete Dinge, die Katharina wohl nie auch nur zu denken er verkündete Dinge, die Katharina wohl nie auch nur zu denken

gewagt hätte. Als eine Folge seiner Argumentation gegen das gewagt hätte. Als eine Folge seiner Argumentation gegen das

Klosterleben wurden 1522 die „Wittenberger Beschlüsse“ gefasst, Klosterleben wurden 1522 die „Wittenberger Beschlüsse“ gefasst,

die es jedermann freistellten, ein Kloster zu verlassen. Diese die es jedermann freistellten, ein Kloster zu verlassen. Diese

Vorgänge stießen auch in Nimbschen auf fruchtbaren Boden, Vorgänge stießen auch in Nimbschen auf fruchtbaren Boden,

obgleich die Wege der Nachrichtenverbreitung weitgehend im obgleich die Wege der Nachrichtenverbreitung weitgehend im

Dunkeln liegen. Ostern 1523 flohen zwölf Nonnen aus dem Kloster Dunkeln liegen. Ostern 1523 flohen zwölf Nonnen aus dem Kloster

Mariathron, unter ihnen Katharina von Bora, die damit ihr Schicksal Mariathron, unter ihnen Katharina von Bora, die damit ihr Schicksal

in die eigene Hand nahm, ohne zu wissen, wohin es sie führen in die eigene Hand nahm, ohne zu wissen, wohin es sie führen

würde.würde.

Ihr Glück war es, dass sie ihr Fluchthelfer, der Kaufmann und Ihr Glück war es, dass sie ihr Fluchthelfer, der Kaufmann und

Lutherfreund Leonhard Koppe aus Torgau, in das aufgeklärte Lutherfreund Leonhard Koppe aus Torgau, in das aufgeklärte

Wittenberg brachte, das Zentrum der Reformation. In der Wittenberg brachte, das Zentrum der Reformation. In der

Universitäts- und kurfürstlichen Residenzstadt herrschte ein Universitäts- und kurfürstlichen Residenzstadt herrschte ein

aufgeschlossenes und anregendes Klima, das berühmte Männer, aufgeschlossenes und anregendes Klima, das berühmte Männer,

wie Georg Spalatin (1484-1545) und Philipp Melanchthon (1497-wie Georg Spalatin (1484-1545) und Philipp Melanchthon (1497-

1560), angezogen hatte. Auch Martin Luther selbst, der theologische1560), angezogen hatte. Auch Martin Luther selbst, der theologische

Kopf der Reformation, lebte und lehrte hier. Zu ihm ins Schwarze Kopf der Reformation, lebte und lehrte hier. Zu ihm ins Schwarze

Kloster kam Katharina am 7. April, zusammen mit den acht Nonnen Kloster kam Katharina am 7. April, zusammen mit den acht Nonnen

aus Nimbschen, die, wie sie selbst, nicht zu ihren Familien aus Nimbschen, die, wie sie selbst, nicht zu ihren Familien

zurückkehren konnten, stand doch im albertinischen Sachsen auf zurückkehren konnten, stand doch im albertinischen Sachsen auf

Klosterflucht die Todesstrafe.Klosterflucht die Todesstrafe.

Spätestens seit Oktober 1523 lebte Katharina im Haus Lukas Spätestens seit Oktober 1523 lebte Katharina im Haus Lukas

Cranachs d. Ä. (1472/75-1553), einem weltoffenen Haus, geführt Cranachs d. Ä. (1472/75-1553), einem weltoffenen Haus, geführt 2525

von der selbstbewussten und umsichtig agierenden Barbara von der selbstbewussten und umsichtig agierenden Barbara

(1477/85-1540), der Ehefrau des Malers. Sie wurde ihre (1477/85-1540), der Ehefrau des Malers. Sie wurde ihre

Lehrmeisterin, Beraterin und Freundin (über Barbara Cranach siehe Lehrmeisterin, Beraterin und Freundin (über Barbara Cranach siehe

S. Weigelt: Der Männer Lust, 46-53). Der kurfürstliche Hofmaler S. Weigelt: Der Männer Lust, 46-53). Der kurfürstliche Hofmaler

führte nicht nur eine große Künstlerwerkstatt, in seinem Haus führte nicht nur eine große Künstlerwerkstatt, in seinem Haus

gingen auch bedeutende Persönlichkeiten aus Politik und gingen auch bedeutende Persönlichkeiten aus Politik und

Gesellschaft ein und aus. Für Katharina eröffnete sich ein völlig Gesellschaft ein und aus. Für Katharina eröffnete sich ein völlig

neuer Lebensraum. Offensichtlich lernte sie manche der Gäste neuer Lebensraum. Offensichtlich lernte sie manche der Gäste

persönlich kennen. Einer von ihnen war König Christian II. von persönlich kennen. Einer von ihnen war König Christian II. von

Dänemark (1481-1559), der in Sachsen Zuflucht und Verbündete Dänemark (1481-1559), der in Sachsen Zuflucht und Verbündete

gesucht hatte. Öfter scheint sich Katharina auch unter die gesucht hatte. Öfter scheint sich Katharina auch unter die

Gesellschaft der Studenten um Luther und Melanchthon gemischt Gesellschaft der Studenten um Luther und Melanchthon gemischt

zu haben. Dabei lernte sie den Nürnberger Patriziersohn zu haben. Dabei lernte sie den Nürnberger Patriziersohn

Hieronymus Baumgärtner (1498-1565), ihre erste Liebe, kennen. Hieronymus Baumgärtner (1498-1565), ihre erste Liebe, kennen.

Seine Eltern aber waren gegen die Heirat, standen doch entflohene Seine Eltern aber waren gegen die Heirat, standen doch entflohene

Nonnen in keinem guten Ruf. Sie hatten ihr Gelübde gebrochen, Nonnen in keinem guten Ruf. Sie hatten ihr Gelübde gebrochen,

waren arm und ohne männlichen Schutz mancherlei Gefahren waren arm und ohne männlichen Schutz mancherlei Gefahren

ausgesetzt. In Wittenberg scheint dies jedoch anders gewesen zu ausgesetzt. In Wittenberg scheint dies jedoch anders gewesen zu

sein. Katharina soll in den Kreisen um Luther sogar wegen ihrer sein. Katharina soll in den Kreisen um Luther sogar wegen ihrer

Klugheit – in Anlehnung an die Heilige gleichen Namens – Klugheit – in Anlehnung an die Heilige gleichen Namens –

„Katharina von Siena“ genannt worden sein, ehe sie als Lutherin, die„Katharina von Siena“ genannt worden sein, ehe sie als Lutherin, die

Frau an Luthers Seite, selbst zu den bekannten Persönlichkeiten der Frau an Luthers Seite, selbst zu den bekannten Persönlichkeiten der

Stadt gehörte.Stadt gehörte.

Als Luthers Ehefrau nahm sie zumeist an den berühmten Als Luthers Ehefrau nahm sie zumeist an den berühmten

Tischgesellschaften teil, bei denen Studenten und Gäste, Kollegen Tischgesellschaften teil, bei denen Studenten und Gäste, Kollegen

und Freunde Luthers anwesend waren. Von den Frauen aus und Freunde Luthers anwesend waren. Von den Frauen aus 2626

Wittenberg wurde diese Ehre sonst nur noch Elisabeth Cruciger (um Wittenberg wurde diese Ehre sonst nur noch Elisabeth Cruciger (um

1500-1535) und Katharina Jonas (+1542) zuteil (siehe S. Weigelt, Der1500-1535) und Katharina Jonas (+1542) zuteil (siehe S. Weigelt, Der

Männer Lust, 97-104 u. 54-61). Private Kontakte bestanden jedoch Männer Lust, 97-104 u. 54-61). Private Kontakte bestanden jedoch

auch zu Kurfürst Johann Friedrich I. und seiner Gemahlin Sibylle von auch zu Kurfürst Johann Friedrich I. und seiner Gemahlin Sibylle von

Kleve (siehe S. Weigelt: Sibylle von Kleve – Cranachs schönes Kleve (siehe S. Weigelt: Sibylle von Kleve – Cranachs schönes

Modell, Weimar 2012). Die Lutherin stand also mit allen Modell, Weimar 2012). Die Lutherin stand also mit allen

maßgeblichen Kreisen Wittenbergs in Kontakt, was sie bei Bedarf maßgeblichen Kreisen Wittenbergs in Kontakt, was sie bei Bedarf

auch zu nutzen wusste. Dass sie darüber mitunter Neid und Kritik auch zu nutzen wusste. Dass sie darüber mitunter Neid und Kritik

erntete, blieb nicht aus. Insbesondere der kurfürstliche Kanzler erntete, blieb nicht aus. Insbesondere der kurfürstliche Kanzler

Brück (1484-1557) und der Theologe Amsdorf (1483-1565) Brück (1484-1557) und der Theologe Amsdorf (1483-1565)

begleiteten Katharinas Tun mit Argwohn. Aber auch Philipp begleiteten Katharinas Tun mit Argwohn. Aber auch Philipp

Melanchthon billigte längst nicht alles, was sie unternahm, obgleich Melanchthon billigte längst nicht alles, was sie unternahm, obgleich

er Luther in freundschaftlicher Kollegialität verbunden und ihre er Luther in freundschaftlicher Kollegialität verbunden und ihre

Kinder Spielgefährten waren. So ist es verständlich, dass zwischen Kinder Spielgefährten waren. So ist es verständlich, dass zwischen

Philipps Frau Katharina (siehe S. Weigelt, Der Männer Lust, 34-45) Philipps Frau Katharina (siehe S. Weigelt, Der Männer Lust, 34-45)

und der Lutherin ein recht distanziertes Verhältnis bestand, das von und der Lutherin ein recht distanziertes Verhältnis bestand, das von

mancher Rivalität zeugte. Dagegen verband Käthe nicht nur mit mancher Rivalität zeugte. Dagegen verband Käthe nicht nur mit

Barbara Cranach, sondern auch mit Katharina Jonas, der Frau des Barbara Cranach, sondern auch mit Katharina Jonas, der Frau des

Luthermitarbeiters Justus Jonas, ein uneingeschränkt Luthermitarbeiters Justus Jonas, ein uneingeschränkt

freundschaftliches und herzliches Verhältnis. Sie war ihre engste freundschaftliches und herzliches Verhältnis. Sie war ihre engste

Vertraute. Luther nennt die warmherzige Frau, die – mit ihrem 13. Vertraute. Luther nennt die warmherzige Frau, die – mit ihrem 13.

Kind schwanger – schon 1542 starb, „die größte und nächste Kind schwanger – schon 1542 starb, „die größte und nächste

Trösterin“ seiner Familie.Trösterin“ seiner Familie.

Reformatorische ImpulseReformatorische Impulse

Katharina war zwar eine gebildete, kluge und selbstbewusste Frau, Katharina war zwar eine gebildete, kluge und selbstbewusste Frau,

hatte aber offensichtlich – anders als etwa Elisabeth Cruciger, die hatte aber offensichtlich – anders als etwa Elisabeth Cruciger, die 2727

Kirchenlieddichterin – keinerlei Ambitionen, über ihren Kirchenlieddichterin – keinerlei Ambitionen, über ihren

Tätigkeitsbereich als Hausfrau, Ehefrau und Mutter hinaus aktiv zu Tätigkeitsbereich als Hausfrau, Ehefrau und Mutter hinaus aktiv zu

werden. In dieser Rolle fand sie Herausforderung und Bestätigung werden. In dieser Rolle fand sie Herausforderung und Bestätigung

zugleich, und sie füllte den Platz an Luthers Seite souverän aus. Manzugleich, und sie füllte den Platz an Luthers Seite souverän aus. Man

mag sich zu Recht fragen, wie wäre Luthers Leben verlaufen, hätte mag sich zu Recht fragen, wie wäre Luthers Leben verlaufen, hätte

er sich nicht jener „übrig gebliebenen Nonne erbarmt“, die sich so er sich nicht jener „übrig gebliebenen Nonne erbarmt“, die sich so

selbstsicher für ihn als möglichen Heiratskandidaten entschieden selbstsicher für ihn als möglichen Heiratskandidaten entschieden

hatte. Es waren die Familie und Katharinas umsichtiges Wirken, die hatte. Es waren die Familie und Katharinas umsichtiges Wirken, die

ihm das freie Arbeiten erlaubten und die auch den Freiraum und ihm das freie Arbeiten erlaubten und die auch den Freiraum und

den Rahmen für die bekannten Tischgespräche im Hause Luther den Rahmen für die bekannten Tischgespräche im Hause Luther

boten. Und es war Katharinas erfülltes Frau-Sein, das dem boten. Und es war Katharinas erfülltes Frau-Sein, das dem

Reformator zu manch neuer Einsicht verhalf. So hatte er noch 1522 Reformator zu manch neuer Einsicht verhalf. So hatte er noch 1522

verkündet, schwangere Frauen sollten “ihre höchste Kraft und verkündet, schwangere Frauen sollten “ihre höchste Kraft und

Macht daran stecken, dass das Kind genese, ob sie gleich darüber Macht daran stecken, dass das Kind genese, ob sie gleich darüber

sterben“. Doch wie änderte sich sein Sinn, als sein „Herzliebchen“ sterben“. Doch wie änderte sich sein Sinn, als sein „Herzliebchen“

schwanger wurde. Das war nicht mehr der unbekümmerte schwanger wurde. Das war nicht mehr der unbekümmerte

Theologe, sondern das war jetzt ein mitfühlender Mann, der um dasTheologe, sondern das war jetzt ein mitfühlender Mann, der um das

Leben der Mutter ebenso bangte wie um das des Neugeborenen.Leben der Mutter ebenso bangte wie um das des Neugeborenen.

Darüber hinaus kann Katharinas mutige Flucht aus dem Kloster als Darüber hinaus kann Katharinas mutige Flucht aus dem Kloster als

ein beredter Erfolg für die reformatorische Agitation gegen das ein beredter Erfolg für die reformatorische Agitation gegen das

Klosterleben gelten. Nicht zuletzt aber begründete Katharina mit Klosterleben gelten. Nicht zuletzt aber begründete Katharina mit

ihrem offenen Haus die noch heute lebendige Tradition des ihrem offenen Haus die noch heute lebendige Tradition des

evangelischen Pfarrhauses. Das Leben im Schwarzen Kloster zu evangelischen Pfarrhauses. Das Leben im Schwarzen Kloster zu

Wittenberg‚ Martins und Käthes Heimstatt, wurde für Generationen Wittenberg‚ Martins und Käthes Heimstatt, wurde für Generationen

protestantischer Pfarrhäuser ein erstrebenswertes Modell. Ein protestantischer Pfarrhäuser ein erstrebenswertes Modell. Ein

gastfreundliches Haus, in dem Hilfe geleistet wurde, wo sie nötig gastfreundliches Haus, in dem Hilfe geleistet wurde, wo sie nötig 2828

war, in dem Bildung und Musik, Gebet, Andacht und Bibellektüre war, in dem Bildung und Musik, Gebet, Andacht und Bibellektüre

groß geschrieben wurden – das waren die Grundpfeiler dieser groß geschrieben wurden – das waren die Grundpfeiler dieser

häuslichen Gemeinschaft.häuslichen Gemeinschaft.

aus: aus: http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=6http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=6

2929

1497 - 15621497 - 1562

Katharina Zell: Predigerin und unerschrockene Bürgerin, eine derKatharina Zell: Predigerin und unerschrockene Bürgerin, eine der

ersten Pfarrfrauen.ersten Pfarrfrauen.

3030

Katharina Schütz wurde als Tochter eines Handwerkers und Katharina Schütz wurde als Tochter eines Handwerkers und

angesehenen Bürgers in Straßburg um 1497 geboren. Sie genoss angesehenen Bürgers in Straßburg um 1497 geboren. Sie genoss

eine gute Schulbildung und zeigte schon in jungen Jahren großes eine gute Schulbildung und zeigte schon in jungen Jahren großes

Interesse an geistlichen Fragen, Gesprächen und Büchern. Martin Interesse an geistlichen Fragen, Gesprächen und Büchern. Martin

Luthers Schriften lernte sie in den 1520er Jahren kennen. Ebenso lasLuthers Schriften lernte sie in den 1520er Jahren kennen. Ebenso las

sie Schriften von Philipp Melanchthon, Johannes Brenz, Wolfgang sie Schriften von Philipp Melanchthon, Johannes Brenz, Wolfgang

Capito, Martin Bucer, Johannes von Staupitz, Johannes Bugenhagen,Capito, Martin Bucer, Johannes von Staupitz, Johannes Bugenhagen,

Kaspar von Schwenckfeld und Übersetzungen aus dem Lateinischen Kaspar von Schwenckfeld und Übersetzungen aus dem Lateinischen

von Girolamo Savonarola.von Girolamo Savonarola.

Im Sommer 1518 kam Matthäus Zell als Prediger und Priester ans Im Sommer 1518 kam Matthäus Zell als Prediger und Priester ans

Straßburger Münster, wo er bald reformatorisch predigte. Zell Straßburger Münster, wo er bald reformatorisch predigte. Zell

vollzog 1523 vor dem Straßburger Münster die erste öffentliche vollzog 1523 vor dem Straßburger Münster die erste öffentliche

Trauung an seinem Priesterkollegen Anton Firn und dessen Trauung an seinem Priesterkollegen Anton Firn und dessen

langjähriger Konkubine. Noch im gleichen Jahr ließen sich Matthäus langjähriger Konkubine. Noch im gleichen Jahr ließen sich Matthäus

Zell und Katharina Schütz öffentlich einsegnen und nahmen in Zell und Katharina Schütz öffentlich einsegnen und nahmen in

diesem Gottesdienst erstmals in Straßburg das Abendmahl unter diesem Gottesdienst erstmals in Straßburg das Abendmahl unter

beiderlei Gestalt ein. Mit beiden Handlungen demonstrierten sie beiderlei Gestalt ein. Mit beiden Handlungen demonstrierten sie

öffentlich ihre evangelische Gesinnung zu einer Zeit, als die Kämpfe öffentlich ihre evangelische Gesinnung zu einer Zeit, als die Kämpfe

um die reformatorischen Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten um die reformatorischen Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten

ethischen und sozialen Konsequenzen erst begannen.ethischen und sozialen Konsequenzen erst begannen.

Katharina Schütz Zell pflegte vielfältige, geografisch weit gestreute Katharina Schütz Zell pflegte vielfältige, geografisch weit gestreute

persönliche und briefliche Kontakte. Mit den Frauen der anderen persönliche und briefliche Kontakte. Mit den Frauen der anderen

Reformatoren und evangelischen Prediger in Straßburg und Reformatoren und evangelischen Prediger in Straßburg und

anderswo verbanden sie freundschaftliche Beziehungen, z.B. mit anderswo verbanden sie freundschaftliche Beziehungen, z.B. mit

Katherine Firn, den Frauen von Schultheiß, Spatzinger, Nibling, Katherine Firn, den Frauen von Schultheiß, Spatzinger, Nibling, 3131

Hackfurt oder Schwarz. Elisabeth Silbereisen, die ehemalige Nonne, Hackfurt oder Schwarz. Elisabeth Silbereisen, die ehemalige Nonne,

und Martin Bucer, kamen im Mai 1523 als Priesterehepaar und und Martin Bucer, kamen im Mai 1523 als Priesterehepaar und

Flüchtlinge aus Weißenburg nach Flüchtlinge aus Weißenburg nach

Straßburg, wo sie im Hause Zell zunächst Unterschlupf fanden. … Straßburg, wo sie im Hause Zell zunächst Unterschlupf fanden. …

Gemeinsam mit anderen Frauen übernahm sie die organisatorische Gemeinsam mit anderen Frauen übernahm sie die organisatorische

Seite der Gymnasiumsgründung, der Straßburger Schule. Katharina Seite der Gymnasiumsgründung, der Straßburger Schule. Katharina

verstand sich anders als viele Reformatorenfrauen als gleichwertige verstand sich anders als viele Reformatorenfrauen als gleichwertige

Mitarbeiterin ihres Ehemannes im kirchlichen Dienst, als Mitarbeiterin ihres Ehemannes im kirchlichen Dienst, als

Mitreformatorin und Geistliche, die sie in den Augen ihres Mitreformatorin und Geistliche, die sie in den Augen ihres

Ehemannes auch war. Noch in späteren Jahren wurde sie Ehemannes auch war. Noch in späteren Jahren wurde sie

vorbildhaft mit Argula von Grumbach in einem Atemzug genannt.vorbildhaft mit Argula von Grumbach in einem Atemzug genannt.

Straßburgs zentrale Lage, die große Gastfreundschaft der Zells, die Straßburgs zentrale Lage, die große Gastfreundschaft der Zells, die

gemeinsamen Reisen mehrten ihre persönlichen wie brieflichen gemeinsamen Reisen mehrten ihre persönlichen wie brieflichen

Kontakte über die Jahrzehnte. Anfang September 1529 verweilten Kontakte über die Jahrzehnte. Anfang September 1529 verweilten

Ulrich Zwingli aus Zürich und Johannes Oecolampad aus Basel zwei Ulrich Zwingli aus Zürich und Johannes Oecolampad aus Basel zwei

Wochen bei Zells, bevor sie zum Marburger Religionsgespräch Wochen bei Zells, bevor sie zum Marburger Religionsgespräch

weiterreisten. In dieser Zeit gingen Straßburgs Reformatoren bei weiterreisten. In dieser Zeit gingen Straßburgs Reformatoren bei

ihnen ein und aus und diskutierten die Bedeutung des Abendmahls ihnen ein und aus und diskutierten die Bedeutung des Abendmahls

mit den Gästen. Im Juni und Juli 1540, als im nahe gelegenen mit den Gästen. Im Juni und Juli 1540, als im nahe gelegenen

Hagenau theologische Gespräche stattfanden, hatte Katharina den Hagenau theologische Gespräche stattfanden, hatte Katharina den

ganzen Sommer über Gäste aus Wittenberg, Sachsen, Hessen, ganzen Sommer über Gäste aus Wittenberg, Sachsen, Hessen,

Nürnberg und Schwaben. Kaspar Schwenkfeld logierte nach der Nürnberg und Schwaben. Kaspar Schwenkfeld logierte nach der

großen Pest 1541 mehrfach bei Zells.großen Pest 1541 mehrfach bei Zells.

Matthäus Zell reiste öfters in die Schweiz und nach Süddeutschland, Matthäus Zell reiste öfters in die Schweiz und nach Süddeutschland,

wohin ihn Katharina begleitete, insbesondere als er älter und wohin ihn Katharina begleitete, insbesondere als er älter und

gebrechlicher wurde. Matthäus und Katharina Zell besuchten 1533 gebrechlicher wurde. Matthäus und Katharina Zell besuchten 1533 3232

Ambrosius und Thomas Blarer in Konstanz, wo Matthäus predigte. Ambrosius und Thomas Blarer in Konstanz, wo Matthäus predigte.

Später studierten die Blarer Söhne in Straßburg und Ambrosius´ Später studierten die Blarer Söhne in Straßburg und Ambrosius´

Sohn Gerwig war einer der Testamentszeugen von Katharina. Im Sohn Gerwig war einer der Testamentszeugen von Katharina. Im

April 1538 reisten die Zells nach Wittenberg, wo sie von Katharina April 1538 reisten die Zells nach Wittenberg, wo sie von Katharina

und Martin Luther herzlich aufgenommen wurden und etliche und Martin Luther herzlich aufgenommen wurden und etliche

Kollegen Luthers wie Philipp Melanchthon oder Nicolas Amsdorf in Kollegen Luthers wie Philipp Melanchthon oder Nicolas Amsdorf in

Magdeburg auf der Reise besuchten. Es war die Zeit nach Magdeburg auf der Reise besuchten. Es war die Zeit nach

Unterzeichnung der Wittenberger Konkordie 1536, die eine Unterzeichnung der Wittenberger Konkordie 1536, die eine

Konvergenzerklärung zum Abendmahlsverständnis beinhaltete.Konvergenzerklärung zum Abendmahlsverständnis beinhaltete.

Mehrfach bereisten die Zells Zürich und die Schweiz und hielten denMehrfach bereisten die Zells Zürich und die Schweiz und hielten den

Briefkontakt zu Konrad Pellikan, Ulrich Zwingli und dessen Briefkontakt zu Konrad Pellikan, Ulrich Zwingli und dessen

Nachfolger Heinrich Bullinger aufrecht. Nach dem Tod ihres MannesNachfolger Heinrich Bullinger aufrecht. Nach dem Tod ihres Mannes

1548 rieten Freude wie Martin Bucer zu einer Reise, um den großen 1548 rieten Freude wie Martin Bucer zu einer Reise, um den großen

Verlust zu verarbeiten und wieder zu Kräften zu kommen. Katharina Verlust zu verarbeiten und wieder zu Kräften zu kommen. Katharina

reiste über Basel nach Zürich, wo sie u.a. John Hooper aus England reiste über Basel nach Zürich, wo sie u.a. John Hooper aus England

traf, der Bucers Ausreise nach England vorbereitete.traf, der Bucers Ausreise nach England vorbereitete.

Katharina pflegte einen intensiven brieflichen Austausch mit vielen Katharina pflegte einen intensiven brieflichen Austausch mit vielen

Reformatoren wie Martin Luther, Ambrosius und Thomas Blarer, Reformatoren wie Martin Luther, Ambrosius und Thomas Blarer,

deren Schwester Margarete, die sie auch persönlich kannte, Martin deren Schwester Margarete, die sie auch persönlich kannte, Martin

Bucer, Ulrich Zwingli, Heinrich Bullinger, Kaspar von Schwenckfeld Bucer, Ulrich Zwingli, Heinrich Bullinger, Kaspar von Schwenckfeld

und anderen Frauen wie Männern.und anderen Frauen wie Männern.

Reformatorische Impulse:Reformatorische Impulse:

Katharina Schütz Zell gehört zu den wenigen Laientheologinnen, die Katharina Schütz Zell gehört zu den wenigen Laientheologinnen, die

sich auch publizistisch in den Streit um die reformatorischen sich auch publizistisch in den Streit um die reformatorischen 3333

Erkenntnisse und ihre praktische Umsetzung eingebracht hat. Erkenntnisse und ihre praktische Umsetzung eingebracht hat.

Legitimiert durch biblische Aussagen und Beispiele, das Priestertum Legitimiert durch biblische Aussagen und Beispiele, das Priestertum

aller Getauften ernst nehmend, sah sie sich als Frau genauso wie diealler Getauften ernst nehmend, sah sie sich als Frau genauso wie die

Männer aufgerufen, ihren evangelischen Glauben mit Wort und Tat Männer aufgerufen, ihren evangelischen Glauben mit Wort und Tat

zu bezeugen und öffentlich zu verteidigen. Wenn sie es für nötig zu bezeugen und öffentlich zu verteidigen. Wenn sie es für nötig

hielt, korrigierte sie auch Gelehrte und Amtspersonen und scheute hielt, korrigierte sie auch Gelehrte und Amtspersonen und scheute

keinen konstruktiven Streit. Gemeinde aufbauende Impulse und keinen konstruktiven Streit. Gemeinde aufbauende Impulse und

Verantwortung für ihre Nächsten trieben sie zur öffentlichen Verantwortung für ihre Nächsten trieben sie zur öffentlichen

Verteidigung reformatorische Anliegen. Zwang und Verteidigung reformatorische Anliegen. Zwang und

Gewaltanwendung in Glaubensdingen lehnte sie strikt ab, auch im Gewaltanwendung in Glaubensdingen lehnte sie strikt ab, auch im

Blick auf jüdische Religionsanhänger/innen, Zwinglianer, Calvinisten,Blick auf jüdische Religionsanhänger/innen, Zwinglianer, Calvinisten,

Spiritualisten oder Täuferkreise. Alle theologischen Aussagen und Spiritualisten oder Täuferkreise. Alle theologischen Aussagen und

Einstellungen hatten sich an der gelebten Nächstenliebe zu Einstellungen hatten sich an der gelebten Nächstenliebe zu

bewähren.bewähren.

aus: aus: http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=20http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=20

3434

Elisabeth Cruciger: ca. 1500-1535Elisabeth Cruciger: ca. 1500-1535

3535

Die erste Dichterin des ProtestantismusDie erste Dichterin des Protestantismus

Elisabeth von Meseritz entstammte vermutlich einem

pommerschen Adelsgeschlecht, das auf dem Gut Meseritz (heute:

Dorf Międzyrzecze) bei Schievelbein (heute: Swidwin) in Pommern

saß. Jung kam sie in das Prämonstratenserinnenkloster Marienbusch

bei Treptow an der Rega (heute: Trzebiatów). Das Leben als

Klosterschwester bedeutete, eingebunden zu sein in ein enges

Beziehungsgeflecht mit anderen Mädchen und Frauen, vermutlich

die meisten ebenfalls aus einer adligen Familie stammend. Daneben

hieß Klosterleben auch für die Mädchen und Frauen, Latein sowie

vielfältiges biblisches und kirchliches Wissen lernen zu können.

Denn das gemeinsame Singen und Beten (auf Lateinisch) bei

Gottesdiensten und den täglichen Stundengebeten vermittelte dies

ganz selbstverständlich. Wenn sie in ihrem Lied „Herr Christ, der

einig Gotts Sohn“ (s.u.) so gekonnt Wendungen aus dem großen

Glaubensbekenntnis wie aus der Bibel (und auch der Frauenmystik)

verwendet, so hat dies seinen Ursprung in ihrer Zeit als Nonne.

Elisabeth von Meseritz hatte aber auch Beziehungen außerhalb der

Klostermauern: als Johannes Bugenhagen in das nahegelegene

Kloster Belbuck als Lehrer kommt und angeregt durch Martin

Luthers Theologie die Bibel im evangelischen Sinne auslegt, lässt

sich Elisabeth von Meseritz davon überzeugen. Sie verlässt das

Kloster und folgt 1523 Bugenhagen nach Wittenberg, wo dieser

inzwischen zum Theologiestudium gezogen war und auch geheiratet

hatte. Elisabeth Cruciger lebte dann im Haushalt Bugenhagens bis zu

ihrer Heirat mit Caspar Cruciger, dem Mitarbeiter und Schüler 3636

Martin Luthers. Dass die Heirat eines Theologen mit einer Nonne

nichts Selbstverständliches war, beweist ein Briefzitat über Caspar

Cruciger, „der kürzlich eine Nonne geheiratet hat, was manchem

missfällt; doch tut Kaspar nichts Unüberlegtes“. Immerhin war die

neue soziale Rolle der Pfarrfrau überhaupt noch nicht festgelegt.

Elisabeth Cruciger hat wohl an den regen theologischen Gesprächen

in den Familien der Reformatoren manchmal teilgenommen, wie

ihre Erwähnung in den Tischreden Martin Luthers zeigt. Dort spricht

der Reformator sie mit „Liebe Els“ an. Zu Katharina von Bora, der

Frau Martin Luthers, hatte sie besonders Kontakt: Luther erwähnt in

einem Brief von 1532 an Caspar Cruciger den Austausch von

Schmuckgeschenken der beiden Frauen. In dem damals kleinen

Wittenberg war durch die reformatorische Bewegung unter den

Theologen und ihren Frauen (vielleicht auch Familien) ein ganz

enges Beziehungsgeflecht entstanden, mit viel gegenseitigem

Austausch, Reden und Diskussion, Essen und Trinken, Briefe

schreiben, wohl auch gegenseitiger Hilfe. Ich denke, dass schon

beim Einkaufen auf dem Markt vieles beredet und „vernetzt“ wurde

– dass hauptsächlich Martin Luthers Reden und Aussprüche

aufgeschrieben und gedruckt wurden, heißt nicht, dass die

Ehefrauen wie Elisabeth Cruciger in diesem Beziehungsgeflecht

stumm und ohne eigene Ausdrucksmöglichkeiten gewesen wären…

Elisabeth Cruciger starb am 2. Mai 1535 in Wittenberg; ihr Mann

muss darüber sehr traurig und verzweifelt gewesen sein –

Melanchthon berichtet in einem Brief:“[...] Cruciger nahm Sebaldus

3737

als Begleiter mit, damit er seine Trauer aufhebe, denn Cruciger hat

die Gattin verloren.“

Ein alter Biograph schreibt über ihren Tod: „[Sie ging] in den

unveränderlichen Genuss ihres guten Christenthums ein“.

Weder ist ein sicheres Bild von ihr vorhanden, noch wissen wir, wo Weder ist ein sicheres Bild von ihr vorhanden, noch wissen wir, wo

ihr Grab liegt oder lag; manche vermuten, dass Elisabeth Cruciger ihr Grab liegt oder lag; manche vermuten, dass Elisabeth Cruciger

unter den Predigthörerinnen des Reformationsaltars von Lukas unter den Predigthörerinnen des Reformationsaltars von Lukas

Cranach in der Stadtkirche St. Marien dargestellt sei. Einzig an der Cranach in der Stadtkirche St. Marien dargestellt sei. Einzig an der

Stelle, wo die Familie in Wittenberg in der Collegienstraße 81 Stelle, wo die Familie in Wittenberg in der Collegienstraße 81

wohnte, ist eine Gedenktafel angebracht.wohnte, ist eine Gedenktafel angebracht.

WirkungsgebereichWirkungsgebereich

Ihr Lied „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ (EG 67) wurde und wird Ihr Lied „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“ (EG 67) wurde und wird

durch alle Jahrhunderte bis heute gesungen. Johann Sebastian Bach durch alle Jahrhunderte bis heute gesungen. Johann Sebastian Bach

komponierte dazu in Leipzig 200 Jahre später eine Kantate: „Herr komponierte dazu in Leipzig 200 Jahre später eine Kantate: „Herr

Christ, der einige Gottessohn“ (BWV 96), in welcher er den ersten Christ, der einige Gottessohn“ (BWV 96), in welcher er den ersten

und letzten Vers des Liedes verwendete. Heute steht es im und letzten Vers des Liedes verwendete. Heute steht es im

Evangelischen Gesangbuch unter Nr. 67 und wird (mindestens) in Evangelischen Gesangbuch unter Nr. 67 und wird (mindestens) in

den meisten Gemeinden als Wochenlied am letzten Sonntag nach den meisten Gemeinden als Wochenlied am letzten Sonntag nach

Epiphanias gesungen – zudem ist es auch in anderen Sprachen Epiphanias gesungen – zudem ist es auch in anderen Sprachen

bekannt und wird gesungen. bekannt und wird gesungen.

KommentarKommentar

Elisabeth Crucigers katholisch-evangelischer Lebensweg zeigt …, Elisabeth Crucigers katholisch-evangelischer Lebensweg zeigt …, dass die Reformation nicht urplötzlich „aus dem Himmel fiel“… dass die Reformation nicht urplötzlich „aus dem Himmel fiel“… Ohne die theologische Bildung und Ausbildung im Frauenkloster Ohne die theologische Bildung und Ausbildung im Frauenkloster Marienbusch hätte Elisabeth Cruciger sicher nicht ihr tiefgründiges Marienbusch hätte Elisabeth Cruciger sicher nicht ihr tiefgründiges Christuslied schreiben können. Christuslied schreiben können. aus: http://frauen-und-reformation.de/?S=BIO&ID=17

3838

1492 – 15541492 – 1554

Argula von Grumbach:Argula von Grumbach:

Kämpferische Streiterin für die ReformationKämpferische Streiterin für die Reformation

3939

Argula von Grumbach lebte als Jugendliche am herzoglichen Hof in Argula von Grumbach lebte als Jugendliche am herzoglichen Hof in

München. Sie stand in regem Briefwechsel mit Martin Luther, GeorgMünchen. Sie stand in regem Briefwechsel mit Martin Luther, Georg

Spalatin und Paul Speratus. Pflegte Kontakte zum Nürnberger Spalatin und Paul Speratus. Pflegte Kontakte zum Nürnberger

Reformator Andreas Osiander. Durch ihre Schriften beeinflusste sie Reformator Andreas Osiander. Durch ihre Schriften beeinflusste sie

Frauen wie Ursula Weyda, die ebenfalls eine reformatorische Frauen wie Ursula Weyda, die ebenfalls eine reformatorische

Flugschrift verfasste.Flugschrift verfasste.

WirkungsbereichWirkungsbereich

Als erste weibliche Flugschriftautorin erlangte sie in ihrer Als erste weibliche Flugschriftautorin erlangte sie in ihrer

Auseinandersetzung mit der Universität Ingolstadt und deren RektorAuseinandersetzung mit der Universität Ingolstadt und deren Rektor

Johannes Eck eine große öffentliche Aufmerksamkeit. Sie verfasste Johannes Eck eine große öffentliche Aufmerksamkeit. Sie verfasste

insgesamt sieben Flugschriften in den Jahren 1523/24. Mit ihren insgesamt sieben Flugschriften in den Jahren 1523/24. Mit ihren

Publikationen erreichte sie hohe Auflagen.Publikationen erreichte sie hohe Auflagen.

Reformatorische ImpulseReformatorische Impulse

An einem Spätsommertag des Jahres 1523 greift Argula von An einem Spätsommertag des Jahres 1523 greift Argula von

Grumbach in ihrer Schreibstube beherzt zu Federkiel und Papier. In Grumbach in ihrer Schreibstube beherzt zu Federkiel und Papier. In

entschlossenem Ton schreibt sie einen Brief an die gelehrten entschlossenem Ton schreibt sie einen Brief an die gelehrten

Männer der Universität Ingolstadt. Argula von Grumbach ist zu Männer der Universität Ingolstadt. Argula von Grumbach ist zu

diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt, von adliger Herkunft, gebildet und diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt, von adliger Herkunft, gebildet und

Mutter von vier Kindern. Ihr forsches Vorgehen, mit dem sie einem Mutter von vier Kindern. Ihr forsches Vorgehen, mit dem sie einem 4040

bedrängten Anhänger Luthers beistehen will, bleibt nicht folgenlos. bedrängten Anhänger Luthers beistehen will, bleibt nicht folgenlos.

Argula von Grumbach geht als frühe protestantische Laientheologin Argula von Grumbach geht als frühe protestantische Laientheologin

in die Geschichte ein – aber sie opfert für ihre Überzeugungen auch in die Geschichte ein – aber sie opfert für ihre Überzeugungen auch

viel.viel.

Das hatte es noch nie gegeben: Eine einzelne Frau fordert mit einemDas hatte es noch nie gegeben: Eine einzelne Frau fordert mit einem

Brief die gesamte Gelehrtenschar der Universität Ingolstadt heraus: Brief die gesamte Gelehrtenschar der Universität Ingolstadt heraus:

Diese möge doch mit ihr, Argula von Grumbach, öffentlich die Diese möge doch mit ihr, Argula von Grumbach, öffentlich die

Auslegung der Heiligen Schrift disputieren. Während sich die Auslegung der Heiligen Schrift disputieren. Während sich die

Professorenschaft angesichts dieser Dreistigkeit die Augen reibt, Professorenschaft angesichts dieser Dreistigkeit die Augen reibt,

weiß die Absenderin sehr genau, was sie will: nämlich mit weiß die Absenderin sehr genau, was sie will: nämlich mit

theologischen Argumenten zu einer Lösung im Fall des jungen theologischen Argumenten zu einer Lösung im Fall des jungen

Lutheränhängers Arsacius Seehofer, und damit letztlich zur Sache Lutheränhängers Arsacius Seehofer, und damit letztlich zur Sache

der Reformation beitragen. Selbstbewusst schließt sie denn auch der Reformation beitragen. Selbstbewusst schließt sie denn auch

ihren Brief mit den Worten „Ich habe euch kein Frauengeschwätz ihren Brief mit den Worten „Ich habe euch kein Frauengeschwätz

geschrieben, sondern das Wort Gottes als ein Glied der christlichen geschrieben, sondern das Wort Gottes als ein Glied der christlichen

Kirche.“ Nur eine einzige Bedingung stellt sie: Das Gespräch möge Kirche.“ Nur eine einzige Bedingung stellt sie: Das Gespräch möge

auf Deutsch stattfinden, denn Latein, die damals gängige auf Deutsch stattfinden, denn Latein, die damals gängige

Universitätssprache, beherrscht sie nicht.Universitätssprache, beherrscht sie nicht.

Was genau treibt Argula von Grumbach zu ihrem mutigen Brief, mit Was genau treibt Argula von Grumbach zu ihrem mutigen Brief, mit

dem sie als erste Frau öffentlich für die Reformation eintritt? Kein dem sie als erste Frau öffentlich für die Reformation eintritt? Kein

Mann hat es bis dahin gewagt, sich offen für den 18-jährigen Mann hat es bis dahin gewagt, sich offen für den 18-jährigen

Magister Seehofer einzusetzen, der für die reformatorischen Ideen Magister Seehofer einzusetzen, der für die reformatorischen Ideen

an seiner Universität in Ingolstadt Werbung macht. Bereits seit an seiner Universität in Ingolstadt Werbung macht. Bereits seit

einem Jahr haben die bayerischen Herzöge verboten, sich dem einem Jahr haben die bayerischen Herzöge verboten, sich dem

neuen Glauben zuzuwenden. Schon allein das Lesen und Diskutierenneuen Glauben zuzuwenden. Schon allein das Lesen und Diskutieren

von Luthers Schriften ist unter Strafe gestellt. Und so wird der junge von Luthers Schriften ist unter Strafe gestellt. Und so wird der junge 4141

Mann gezwungen, öffentlich seinen Überzeugungen abzuschwören, Mann gezwungen, öffentlich seinen Überzeugungen abzuschwören,

und in ein nahes Kloster verbannt.und in ein nahes Kloster verbannt.

Argula hört von diesen Geschehnissen, zieht nähere Erkundigungen Argula hört von diesen Geschehnissen, zieht nähere Erkundigungen

ein – und ist empört. Denn für sie ist offenkundig: Unter Androhung ein – und ist empört. Denn für sie ist offenkundig: Unter Androhung

von Gewalt fordern die Gelehrten einen Widerruf Seehofers und von Gewalt fordern die Gelehrten einen Widerruf Seehofers und

können dafür keine biblischen Zeugnisse vorbringen: „Ich finde an können dafür keine biblischen Zeugnisse vorbringen: „Ich finde an

keinem Ort der Bibel, dass Christus noch seine Apostel oder keinem Ort der Bibel, dass Christus noch seine Apostel oder

Propheten jemanden eingekerkert, gebrannt noch gemordet haben Propheten jemanden eingekerkert, gebrannt noch gemordet haben

oder das Land verboten.“oder das Land verboten.“

Und in der Bibel kennt sich Argula von Grumbach bestens aus. Und in der Bibel kennt sich Argula von Grumbach bestens aus.

Schon als Zehnjährige besitzt sie eine deutsche Ausgabe, die ihr Schon als Zehnjährige besitzt sie eine deutsche Ausgabe, die ihr

Vater ihr vermacht hat und in der sie – besonders nach seinem Vater ihr vermacht hat und in der sie – besonders nach seinem

frühen Tod – oft liest. Die Berechtigung aber, den eigenen frühen Tod – oft liest. Die Berechtigung aber, den eigenen

Bibelinterpretationen auch zu trauen und den persönlichen Bibelinterpretationen auch zu trauen und den persönlichen

Gewissensentscheid daran zu binden, gewinnt sie durch Martin Gewissensentscheid daran zu binden, gewinnt sie durch Martin

Luther. Der hat in seinen frühen Schriften das Prinzip "sola Luther. Der hat in seinen frühen Schriften das Prinzip "sola

scriptura“ eingefordert und damit die Heilige Schrift als alleinigen scriptura“ eingefordert und damit die Heilige Schrift als alleinigen

Maßstab in Glaubensdingen gesetzt. Zudem ist ihr Luthers Postulat Maßstab in Glaubensdingen gesetzt. Zudem ist ihr Luthers Postulat

vom Priestertum aller Getauften eine persönliche Ermutigung: vom Priestertum aller Getauften eine persönliche Ermutigung:

Wenn es nicht der priesterlichen Weihe bedarf, um die Welt im Wenn es nicht der priesterlichen Weihe bedarf, um die Welt im

Lichte des Glaubens zu deuten, dann hat auch sie, Argula von Lichte des Glaubens zu deuten, dann hat auch sie, Argula von

Grumbach, das Recht dazu.Grumbach, das Recht dazu.

Sie erinnert daran, dass Jesus ausführlich mit Frauen diskutierte undSie erinnert daran, dass Jesus ausführlich mit Frauen diskutierte und

gelehrte Gespräche mit ihnen führte. Als exzellente Kennerin der gelehrte Gespräche mit ihnen führte. Als exzellente Kennerin der

biblischen Worte kennt sie auch die weiblichen Gottesbilder, die biblischen Worte kennt sie auch die weiblichen Gottesbilder, die

sich an etlichen Stellen im Alten und Neuen Testament finden. Für sich an etlichen Stellen im Alten und Neuen Testament finden. Für 4242

sie ist klar: Sowohl Männer als auch Frauen sind berufen, für ihren sie ist klar: Sowohl Männer als auch Frauen sind berufen, für ihren

Glauben öffentlich einzutreten und ein Bekenntnis zu Jesus Christus Glauben öffentlich einzutreten und ein Bekenntnis zu Jesus Christus

abzulegen. Und so fährt sie glaubensfest fort: „Auch wenn es dazu abzulegen. Und so fährt sie glaubensfest fort: „Auch wenn es dazu

kommen sollte, wovor Gott sei, dass Luther widerruft, so soll es mir kommen sollte, wovor Gott sei, dass Luther widerruft, so soll es mir

nichts zu schaffen machen. Ich baue nicht auf sein, mein oder sonst nichts zu schaffen machen. Ich baue nicht auf sein, mein oder sonst

eines Menschen Verstand, sondern allein auf den wahren Felsen eines Menschen Verstand, sondern allein auf den wahren Felsen

Christus selber.“Christus selber.“

Zur Diskussion mit den Universitätsgelehrten aber kommt es nie. Zur Diskussion mit den Universitätsgelehrten aber kommt es nie.

Noch nicht einmal eines Antwortbriefes aus Ingolstadt wird sie für Noch nicht einmal eines Antwortbriefes aus Ingolstadt wird sie für

wert geachtet. Aber ihre Schrift wird von evangelischer Seite wert geachtet. Aber ihre Schrift wird von evangelischer Seite

gedruckt und veröffentlicht, innerhalb von zwei Monaten erlebt sie gedruckt und veröffentlicht, innerhalb von zwei Monaten erlebt sie

13 Auflagen. Eine solche Verbreitung hat zu dieser Zeit nur Martin 13 Auflagen. Eine solche Verbreitung hat zu dieser Zeit nur Martin

Luther mit seinen Schriften aufzuweisen.Luther mit seinen Schriften aufzuweisen.

Was sich wie eine Erfolgsgeschichte anhört, ist für die Adelstochter Was sich wie eine Erfolgsgeschichte anhört, ist für die Adelstochter

selber aber eine bittere Zerreißprobe mit ihrer Familie. Denn Argula selber aber eine bittere Zerreißprobe mit ihrer Familie. Denn Argula

ist mit einem gläubigen Katholiken verheiratet, dem aus ist mit einem gläubigen Katholiken verheiratet, dem aus

fränkischem Adel stammenden Friedrich von Grumbach. Er teilt ihrefränkischem Adel stammenden Friedrich von Grumbach. Er teilt ihre

Ansichten in keinster Weise. Zur Zeit ihres öffentlichen Auftretens Ansichten in keinster Weise. Zur Zeit ihres öffentlichen Auftretens

ist sie bereits seit neun Jahren mit ihm verheiratet, drei Söhne und ist sie bereits seit neun Jahren mit ihm verheiratet, drei Söhne und

eine Tochter hat das Paar bis dahin. Seit 1515 ist Friedrich von eine Tochter hat das Paar bis dahin. Seit 1515 ist Friedrich von

Grumbach gut bezahlter Pfleger von Dietfurt, ein herzoglicher Grumbach gut bezahlter Pfleger von Dietfurt, ein herzoglicher

Statthalter mit besonderen Vollmachten also, und steht damit im Statthalter mit besonderen Vollmachten also, und steht damit im

Dienst der bayerischen Herzöge. Diese aber haben im Jahre 1522 Dienst der bayerischen Herzöge. Diese aber haben im Jahre 1522

verfügt, dass es ihren Untertanen streng verboten sei, Lehren und verfügt, dass es ihren Untertanen streng verboten sei, Lehren und

Schriften Luthers anzunehmen oder über deren Inhalt zu Schriften Luthers anzunehmen oder über deren Inhalt zu

diskutieren. Nun setzt sich Argula von Grumbach nicht nur über diskutieren. Nun setzt sich Argula von Grumbach nicht nur über 4343

dieses Verbot hinweg, sondern nimmt in ihrem Brief an die dieses Verbot hinweg, sondern nimmt in ihrem Brief an die

Universität von Ingolstadt sogar noch öffentlich einen Anhänger der Universität von Ingolstadt sogar noch öffentlich einen Anhänger der

Reformation in Schutz.Reformation in Schutz.

An jenem Spätsommertag im Jahr 1523 schreibt sie übrigens noch An jenem Spätsommertag im Jahr 1523 schreibt sie übrigens noch

einen zweiten Brief: der Adressat ist Landesherr Wilhelm IV. von einen zweiten Brief: der Adressat ist Landesherr Wilhelm IV. von

Bayern. Den Herzog, den sie noch aus ihren Kindertagen am Bayern. Den Herzog, den sie noch aus ihren Kindertagen am

Münchener Hof persönlich kennt, will sie von den Vorfällen in Münchener Hof persönlich kennt, will sie von den Vorfällen in

Ingolstadt unterrichten und legt deswegen eine Kopie ihres Ingolstadt unterrichten und legt deswegen eine Kopie ihres

Schreibens an die Universität bei. Dieser Brief wird später als ein Schreibens an die Universität bei. Dieser Brief wird später als ein

Reformationsmanifest im großen Stil gelesen, denn unter anderem Reformationsmanifest im großen Stil gelesen, denn unter anderem

befasst sich die Autorin mit dem Gehorsam eines Christenmenschenbefasst sich die Autorin mit dem Gehorsam eines Christenmenschen

gegenüber der Obrigkeit.gegenüber der Obrigkeit.

Aber auch Herzog Wilhelm von Bayern befindet Argula keiner Aber auch Herzog Wilhelm von Bayern befindet Argula keiner

Antwort für würdig. Stattdessen entlässt er ihren Mann umgehend Antwort für würdig. Stattdessen entlässt er ihren Mann umgehend

aus dem Dienst, da er seine Frau nicht am Schreiben solcher Briefe aus dem Dienst, da er seine Frau nicht am Schreiben solcher Briefe

gehindert hat. So verliert Friedrich von Grumbach seine gut dotiertegehindert hat. So verliert Friedrich von Grumbach seine gut dotierte

Stellung und die Familie gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Da Stellung und die Familie gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Da

Friedrich bis zu seinem Tod 1529 ein gläubiger Katholik bleibt, ist Friedrich bis zu seinem Tod 1529 ein gläubiger Katholik bleibt, ist

das eheliche Verhältnis wohl zerrüttet. Argula schreibt über ihren das eheliche Verhältnis wohl zerrüttet. Argula schreibt über ihren

Mann: „Er tut leider viel zu viel dazu, dass er Christus in mir Mann: „Er tut leider viel zu viel dazu, dass er Christus in mir

verfolgt.“verfolgt.“

Doch trotz dieser familiären Spannungen schreibt sie wenige Doch trotz dieser familiären Spannungen schreibt sie wenige

Wochen später erneut einen Sendbrief, diesmal an den Rat der Wochen später erneut einen Sendbrief, diesmal an den Rat der

Stadt Ingolstadt, in dem sie auf die vielen Anhängerinnen der Stadt Ingolstadt, in dem sie auf die vielen Anhängerinnen der

Reformation in der Stadt anspielt und auch ihren eigenen Tod nicht Reformation in der Stadt anspielt und auch ihren eigenen Tod nicht

fürchtet: „Ja, wenn ich allein sterbe, so werden doch hundert fürchtet: „Ja, wenn ich allein sterbe, so werden doch hundert 4444

Frauen wider sie schreiben. Denn ihrer sind viele, die belesener und Frauen wider sie schreiben. Denn ihrer sind viele, die belesener und

geschickter sind als ich.“geschickter sind als ich.“

Weitere Schriften folgen, alle innerhalb eines Jahres verfasst. Nach Weitere Schriften folgen, alle innerhalb eines Jahres verfasst. Nach

1524 meldet sich Argula von Grumbach nie wieder öffentlich zu 1524 meldet sich Argula von Grumbach nie wieder öffentlich zu

Wort. Und so liegt viel bittere Wahrheit in dem Deckblatt der ersten Wort. Und so liegt viel bittere Wahrheit in dem Deckblatt der ersten

gedruckten Flugschrift von Argula von Grumbach, eben jenem gedruckten Flugschrift von Argula von Grumbach, eben jenem

Schreiben an die Schreiben an die

Universität von Ingolstadt: Eine einzelne Frau steht mit der Bibel in Universität von Ingolstadt: Eine einzelne Frau steht mit der Bibel in

der Hand der Anzahl der männlichen Ingolstädter Gelehrten allein der Hand der Anzahl der männlichen Ingolstädter Gelehrten allein

gegenüber.gegenüber.

KommentarKommentar

Mit Argula von Grumbach begegnet uns eine Frau, die mutig und Mit Argula von Grumbach begegnet uns eine Frau, die mutig und

selbstbewusst ihren eigenen Glauben lebte und öffentlich für ihn selbstbewusst ihren eigenen Glauben lebte und öffentlich für ihn

einstand. Auf einer Gedenkmünze ihr zu Ehren ist jedoch als ihr einstand. Auf einer Gedenkmünze ihr zu Ehren ist jedoch als ihr

bitteres Lebensresümee zu lesen: „Verlogen und neidisch Zungen, bitteres Lebensresümee zu lesen: „Verlogen und neidisch Zungen,

haben mich zu Not und Leid gedrungen“. Damit steht sie mit ihrem haben mich zu Not und Leid gedrungen“. Damit steht sie mit ihrem

Lebensweg exemplarisch für manch anderes Frauenschicksal, das Lebensweg exemplarisch für manch anderes Frauenschicksal, das

durch gesellschaftliche Repressalien und eine patriarchalische durch gesellschaftliche Repressalien und eine patriarchalische

Ordnung an der Entfaltung der eigenen Möglichkeiten gehindert Ordnung an der Entfaltung der eigenen Möglichkeiten gehindert

wurde.wurde.

Jedoch hat die bayerische Landeskirche vor einiger Zeit eine StiftungJedoch hat die bayerische Landeskirche vor einiger Zeit eine Stiftung

nach der beherzten Anhängerin der Reformation benannt. Ziel nach der beherzten Anhängerin der Reformation benannt. Ziel

dieser dieser Argula von Grumbach-StiftungArgula von Grumbach-Stiftung ist es, die Gleichstellung von ist es, die Gleichstellung von

Frauen und Männern in der Landeskirche zu fördern sowie die Frauen und Männern in der Landeskirche zu fördern sowie die

Auseinandersetzung mit Geschlechterfragen im gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Geschlechterfragen im gesellschaftlichen

4545

und kirchlichen Kontext zu unterstützen. – Eine späte Würdigung und kirchlichen Kontext zu unterstützen. – Eine späte Würdigung

einer mutigen Frau,einer mutigen Frau,

http://sophie.byu.edu/?q=sections/wie-eyn-christliche-frawhttp://sophie.byu.edu/?q=sections/wie-eyn-christliche-fraw

4646

1504 - 15641504 - 1564

Wibrandis RosenblattWibrandis Rosenblatt

4747

Beziehungen:Beziehungen:

Wibrandis Rosenblatt kam im Jahr 1504 als Tochter der Magdalena Wibrandis Rosenblatt kam im Jahr 1504 als Tochter der Magdalena

Strub und des Hans Rosenblatt im damals vorderösterreichischen Strub und des Hans Rosenblatt im damals vorderösterreichischen

Städtchen Säckingen zur Welt. Ihren Vornamen erhielt sie nach Städtchen Säckingen zur Welt. Ihren Vornamen erhielt sie nach

einer zu jener Zeit protegierten Lokalheiligen namens Wibrandis voneiner zu jener Zeit protegierten Lokalheiligen namens Wibrandis von

Eichsel, einer Frau Gottes aus dem Kreis der sagenumwobenen Eichsel, einer Frau Gottes aus dem Kreis der sagenumwobenen

11.000 Jungfrauen. Von Hans Rosenblatt ist wenig überliefert. Die 11.000 Jungfrauen. Von Hans Rosenblatt ist wenig überliefert. Die

Mutter stammte aus einem im Gerbergewerbe tätigen Basler Mutter stammte aus einem im Gerbergewerbe tätigen Basler

Geschlecht, wovon mehrere Familienmitglieder im Rat saßen. Geschlecht, wovon mehrere Familienmitglieder im Rat saßen.

Magdalena Rosenblatt kehrte mit ihren Kindern Wibrandis und Magdalena Rosenblatt kehrte mit ihren Kindern Wibrandis und

Adelbert zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach Basel Adelbert zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach Basel

zurück, wohl weil ihr Ehemann infolge seines Engagements in zurück, wohl weil ihr Ehemann infolge seines Engagements in

kaiserlichen Diensten mehrheitlich abwesend war. Über die Kindheitkaiserlichen Diensten mehrheitlich abwesend war. Über die Kindheit

und Jugend von Wibrandis ist nichts bekannt. 1524 heiratete und Jugend von Wibrandis ist nichts bekannt. 1524 heiratete

Wibrandis den Magister der freien Künste Ludwig Keller. Im Jahr Wibrandis den Magister der freien Künste Ludwig Keller. Im Jahr

darauf gebar sie ihr erstes Töchterchen Wibrandis. Nur kurz währte darauf gebar sie ihr erstes Töchterchen Wibrandis. Nur kurz währte

die erste Ehe, denn bereits 1526 starb Keller. Die junge Witwe die erste Ehe, denn bereits 1526 starb Keller. Die junge Witwe

kehrte ins mütterliche Haus zurück. Ein halbes Jahr später, im Januarkehrte ins mütterliche Haus zurück. Ein halbes Jahr später, im Januar

1527 erwog der Basler Reformator Johannes Oekolampad erstmals 1527 erwog der Basler Reformator Johannes Oekolampad erstmals

für sich eine Verehelichung. Offenbar hatte seine Magd das Gerücht für sich eine Verehelichung. Offenbar hatte seine Magd das Gerücht

verbreitet, dass er in den Ehestand treten würde, obwohl er nach verbreitet, dass er in den Ehestand treten würde, obwohl er nach

eigenen Angaben nichts solches im Sinn gehabt hatte. Oekolampad eigenen Angaben nichts solches im Sinn gehabt hatte. Oekolampad

kam gewissermaßen in Zugzwang. Er schrieb seinem Kollegen kam gewissermaßen in Zugzwang. Er schrieb seinem Kollegen

Wolfgang Capito nach Straßburg: „Entweder werde ich eine Wolfgang Capito nach Straßburg: „Entweder werde ich eine

christliche Schwester suchen, das heißt einen Phönix, oder ich christliche Schwester suchen, das heißt einen Phönix, oder ich 4848

werde ehelos bleiben, wenn nur der Herr es möchte. Jener Vogel ist werde ehelos bleiben, wenn nur der Herr es möchte. Jener Vogel ist

selten und daher wenigen bekannt, und es kann geschehen, dass in selten und daher wenigen bekannt, und es kann geschehen, dass in

mein Netz ein anderer [Vogel] fliegt, als ich wollte“ (Staehelin I: Nr. mein Netz ein anderer [Vogel] fliegt, als ich wollte“ (Staehelin I: Nr.

457). Dass der Basler Reformator hier auf den Phönix rekurriert, ist 457). Dass der Basler Reformator hier auf den Phönix rekurriert, ist

vielsagend, denn dieser mythische Vogel wurde in der Tradition vielsagend, denn dieser mythische Vogel wurde in der Tradition

symbolhaft mit Christus, im Sinne eines sich hinschenkenden Tuns, symbolhaft mit Christus, im Sinne eines sich hinschenkenden Tuns,

verglichen. Der humanistisch gebildete Oekolampad wünschte sich verglichen. Der humanistisch gebildete Oekolampad wünschte sich

demnach eine Frau, die ebenso wie er in der Nachfolge Christi demnach eine Frau, die ebenso wie er in der Nachfolge Christi

stand: Sich aufopfernd in einem Dasein für Andere. Im Februar 1528stand: Sich aufopfernd in einem Dasein für Andere. Im Februar 1528

war seine Mutter Anna Oekolampad-Pfister, die ihm zuletzt den war seine Mutter Anna Oekolampad-Pfister, die ihm zuletzt den

Haushalt geführt hatte, gestorben. Mitte März heiratete dann der Haushalt geführt hatte, gestorben. Mitte März heiratete dann der

45jährige Oekolampad die 20 Jahre jüngere Rosenblatt. An Wilhelm 45jährige Oekolampad die 20 Jahre jüngere Rosenblatt. An Wilhelm

Farel, der zu jener Zeit in Aigle wirkte, schrieb Oekolampad: „Sie ist Farel, der zu jener Zeit in Aigle wirkte, schrieb Oekolampad: „Sie ist

in Christus einigermaßen gründlich unterrichtet und besorgt den in Christus einigermaßen gründlich unterrichtet und besorgt den

Haushalt eifrig; genau wie ich es gewünscht habe“ (Staehelin I: Nr. Haushalt eifrig; genau wie ich es gewünscht habe“ (Staehelin I: Nr.

576). Ein Jahr nach der Eheschließung berichtete er 576). Ein Jahr nach der Eheschließung berichtete er

übereinstimmend an Capito in Straßburg: „Sie ist die Frau, wie ich übereinstimmend an Capito in Straßburg: „Sie ist die Frau, wie ich

sie mir immer gewünscht habe, und ich wollte keine andere“ sie mir immer gewünscht habe, und ich wollte keine andere“

(Staehelin I: Nr. 639). Der Reformator schrieb diesen Satz rund einen(Staehelin I: Nr. 639). Der Reformator schrieb diesen Satz rund einen

Monat nach dem Basler Bildersturm und vierzehn Tage vor der Monat nach dem Basler Bildersturm und vierzehn Tage vor der

Einsetzung der Reformationsordnung; letztere bedeutete die Einsetzung der Reformationsordnung; letztere bedeutete die

politisch-obrigkeitliche Legitimation der Neuerungen. In turbulenter politisch-obrigkeitliche Legitimation der Neuerungen. In turbulenter

Zeit hatte Oekolampad also den gesuchten Phönix gefunden. Das Zeit hatte Oekolampad also den gesuchten Phönix gefunden. Das

verheiratete Paar hatte nicht nur unter den politisch-religiösen verheiratete Paar hatte nicht nur unter den politisch-religiösen

Unruhen zu leiden, sondern auch hämischen Spott zu erdulden, sindUnruhen zu leiden, sondern auch hämischen Spott zu erdulden, sind

doch von Bonifatius Amerbach oder auch von Erasmus von doch von Bonifatius Amerbach oder auch von Erasmus von 4949

Rotterdam entsprechende Äußerungen überliefert. Die Gründe Rotterdam entsprechende Äußerungen überliefert. Die Gründe

dafür lagen zum einen darin, dass eine Priesterehe immer noch sehrdafür lagen zum einen darin, dass eine Priesterehe immer noch sehr

provokativ wirkte; zum andern war es der große Altersunterschied. provokativ wirkte; zum andern war es der große Altersunterschied.

Rosenblatt brachte kurz nacheinander die drei Kinder Eusebius Rosenblatt brachte kurz nacheinander die drei Kinder Eusebius

(1528; der Name bedeutet griechisch „fromm“), Irene (1530; (1528; der Name bedeutet griechisch „fromm“), Irene (1530;

griechisch „Friede“) und Aletheia (1531; griechisch. „Wahrheit“) zur griechisch „Friede“) und Aletheia (1531; griechisch. „Wahrheit“) zur

Welt. Die junge Pfarrfrau wuchs bald in das Beziehungsnetz ihres Welt. Die junge Pfarrfrau wuchs bald in das Beziehungsnetz ihres

Ehemannes hinein; sie tauschte Grüße mit Ehemannes hinein; sie tauschte Grüße mit Anna ZwingliAnna Zwingli, Agnes , Agnes

Capito und Elisabeth Butzer (bzw. Bucer) aus. Aber auch Johannes Capito und Elisabeth Butzer (bzw. Bucer) aus. Aber auch Johannes

Oekolampad profitierte von den Familienbanden seiner Frau. Oekolampad profitierte von den Familienbanden seiner Frau.

Anfangs Januar 1530 wurde er zusammen mit seinem Sohn in die Anfangs Januar 1530 wurde er zusammen mit seinem Sohn in die

Gartnerzunft aufgenommen, deren Mitglied bereits Wibrandis’ Gartnerzunft aufgenommen, deren Mitglied bereits Wibrandis’

Großvater gewesen war. Damit wurde Oekolampad Bürger von Großvater gewesen war. Damit wurde Oekolampad Bürger von

Basel. Im Pfarrhaus – die Familie hatte inzwischen von St. Martin ansBasel. Im Pfarrhaus – die Familie hatte inzwischen von St. Martin ans

Münster gewechselt – herrschte ein reges Kommen und Gehen: Münster gewechselt – herrschte ein reges Kommen und Gehen:

Zwingli war zu Gast, aber auch Capito, Butzer, Servet oder Zwingli war zu Gast, aber auch Capito, Butzer, Servet oder

Mitglieder der Waldenserkirche. Im Herbst 1531 erkrankte Mitglieder der Waldenserkirche. Im Herbst 1531 erkrankte

Oekolampad schwer und starb schon kurze Zeit später am 23. Oekolampad schwer und starb schon kurze Zeit später am 23.

November. Kurz vorher war auch Wolfgang Capitos Frau Agnes November. Kurz vorher war auch Wolfgang Capitos Frau Agnes

Röttel gestorben. Nun fädelten befreundete Kollegen von Capito, Röttel gestorben. Nun fädelten befreundete Kollegen von Capito,

allen voran Martin Butzer (häufig auch unter dem Nachnamen Bucerallen voran Martin Butzer (häufig auch unter dem Nachnamen Bucer

bekannt), eine neue Ehe zwischen dem verwitweten Reformator bekannt), eine neue Ehe zwischen dem verwitweten Reformator

und der verwitweten Reformatorengattin ein. Die vermittelte Ehe und der verwitweten Reformatorengattin ein. Die vermittelte Ehe

kam schließlich am 11. April 1532 zustande. Wibrandis Rosenblatt kam schließlich am 11. April 1532 zustande. Wibrandis Rosenblatt

zog mit ihren vier Kindern und ihrer Mutter Magdalena Strub ins zog mit ihren vier Kindern und ihrer Mutter Magdalena Strub ins

Pfarrhaus von Jung-St. Peter nach Straßburg und blieb damit ihrer Pfarrhaus von Jung-St. Peter nach Straßburg und blieb damit ihrer 5050

Lebensform als Pfarrfrau treu. Capito brachte seinerseits sechs Lebensform als Pfarrfrau treu. Capito brachte seinerseits sechs

Kinder aus erster Ehe in die neue Verbindung ein. Rosenblatt regelteKinder aus erster Ehe in die neue Verbindung ein. Rosenblatt regelte

zunächst Capitos Finanzhaushalt, denn er war aufgrund unsicherer zunächst Capitos Finanzhaushalt, denn er war aufgrund unsicherer

Bürgschaften in Schulden geraten. In den folgenden Jahren kamen Bürgschaften in Schulden geraten. In den folgenden Jahren kamen

weitere Kinder auf die Welt: Agnes (1533), Dorothea (1535), Johann weitere Kinder auf die Welt: Agnes (1533), Dorothea (1535), Johann

Simon (1537), Wolfgang Christoph (1538) und Irene (1541), die den Simon (1537), Wolfgang Christoph (1538) und Irene (1541), die den

Namen ihrer inzwischen verstorbenen Halbschwester erhalten Namen ihrer inzwischen verstorbenen Halbschwester erhalten

hatte. Als Paten für die Kinder konnten unter anderen hatte. Als Paten für die Kinder konnten unter anderen Katharina Katharina

ZellZell, Martin Butzer und der Basler Professor Simon Grynaeus , Martin Butzer und der Basler Professor Simon Grynaeus

gewonnen werden. Das Geburtsjahr 1541 des jüngsten Kindes Irene gewonnen werden. Das Geburtsjahr 1541 des jüngsten Kindes Irene

war ereignisreich: Die älteste, nach der Mutter benannte Tochter war ereignisreich: Die älteste, nach der Mutter benannte Tochter

Wibrandis Keller heiratete den Straßburger Hans Jeliger. Zudem Wibrandis Keller heiratete den Straßburger Hans Jeliger. Zudem

wütete eine verheerende Pestepidemie in der Stadt. Sie forderte wütete eine verheerende Pestepidemie in der Stadt. Sie forderte

auch in der Familie Capito-Rosenblatt vier Opfer: Eusebius, auch in der Familie Capito-Rosenblatt vier Opfer: Eusebius,

Dorothea, Wolfgang Christoph und anfangs November auch den Dorothea, Wolfgang Christoph und anfangs November auch den

Familienvater selbst. Nur einen Tag nach Capitos Tod wurde auch Familienvater selbst. Nur einen Tag nach Capitos Tod wurde auch

Elisabeth Silbereisen, ehemalige Nonne und seit 1522 Ehefrau von Elisabeth Silbereisen, ehemalige Nonne und seit 1522 Ehefrau von

Martin Butzer, dahingerafft. Einem Brief von Martin Butzer an Martin Butzer, dahingerafft. Einem Brief von Martin Butzer an

Ambrosius Blarer zu Folge hatte die sterbende Elisabeth, der CapitosAmbrosius Blarer zu Folge hatte die sterbende Elisabeth, der Capitos

Tod zu Ohren gekommen war, ihren Mann gebeten, an dessen Tod zu Ohren gekommen war, ihren Mann gebeten, an dessen

Stelle zu treten. Und sie hatte Wibrandis rufen lassen, um auch sie Stelle zu treten. Und sie hatte Wibrandis rufen lassen, um auch sie

zu bitten, ihren Mann zu heiraten. Elisabeths Bitte erfüllte sich ein zu bitten, ihren Mann zu heiraten. Elisabeths Bitte erfüllte sich ein

knappes halbes Jahr später: Am 16. April 1542 verbanden sich die knappes halbes Jahr später: Am 16. April 1542 verbanden sich die

Familien Capito-Rosenblatt und Butzer-Silbereisen, indem WibrandisFamilien Capito-Rosenblatt und Butzer-Silbereisen, indem Wibrandis

und Martin miteinander heirateten. Rosenblatt wechselte mit ihren und Martin miteinander heirateten. Rosenblatt wechselte mit ihren

Kindern ins Pfarrhaus von St. Thomas. Sie wurde neu auch Mutter Kindern ins Pfarrhaus von St. Thomas. Sie wurde neu auch Mutter 5151

für den behinderten Nathanael, dem einzigen Sohn, der Butzer von für den behinderten Nathanael, dem einzigen Sohn, der Butzer von

seinen ehemals zehn Kindern übriggeblieben war. Neben Wibrandis’seinen ehemals zehn Kindern übriggeblieben war. Neben Wibrandis’

Mutter, die wiederum mitgekommen war, gehörten zum Haushalt Mutter, die wiederum mitgekommen war, gehörten zum Haushalt

zeitweilig auch Butzers Vater und dessen zweite Frau. Nicht einmal zeitweilig auch Butzers Vater und dessen zweite Frau. Nicht einmal

ein Jahr nach der Hochzeit reiste Butzer für mehrere Monate nach ein Jahr nach der Hochzeit reiste Butzer für mehrere Monate nach

Köln, wo er dem evangelisch gesinnten Erzbischof bei der Köln, wo er dem evangelisch gesinnten Erzbischof bei der

Reformierung seines Fürstentums behilflich sein sollte. UnterdessenReformierung seines Fürstentums behilflich sein sollte. Unterdessen

kam ein Sohn auf die Welt: Martin (1543); später folgte noch kam ein Sohn auf die Welt: Martin (1543); später folgte noch

Elisabeth (1545). Zudem hatte Wibrandis die jüngste Tochter ihres Elisabeth (1545). Zudem hatte Wibrandis die jüngste Tochter ihres

verstorbenen Bruders Adelberg, Margarethe Rosenblatt, in ihr Haus verstorbenen Bruders Adelberg, Margarethe Rosenblatt, in ihr Haus

aufgenommen. Wibrandis kümmerte sich aber nicht nur um die aufgenommen. Wibrandis kümmerte sich aber nicht nur um die

eigene Familie, sondern als Pfarrfrau und Reformatorengattin oblag eigene Familie, sondern als Pfarrfrau und Reformatorengattin oblag

ihr auch die Sorge für Gäste, Glaubensflüchtlinge und Bedürftige ausihr auch die Sorge für Gäste, Glaubensflüchtlinge und Bedürftige aus

der Gemeinde. Sieben Jahre nach der Eheschließung musste Butzer der Gemeinde. Sieben Jahre nach der Eheschließung musste Butzer

infolge des Augsburger Interims (1548) Straßburg verlassen. Im Aprilinfolge des Augsburger Interims (1548) Straßburg verlassen. Im April

1549 ging er nach England ins Exil und folgte so einer Einladung des 1549 ging er nach England ins Exil und folgte so einer Einladung des

Erzbischofs von Canterbury, Thomas Cranmer. Inzwischen hatte Erzbischofs von Canterbury, Thomas Cranmer. Inzwischen hatte

Aletheia Oekolampad einen jungen Mitarbeiter ihres Stiefvaters, Aletheia Oekolampad einen jungen Mitarbeiter ihres Stiefvaters,

den aus dem Tirol gebürtigen Pfarrer Christoph Söll geheiratet. den aus dem Tirol gebürtigen Pfarrer Christoph Söll geheiratet.

Butzer, ebenso wie sein mit ihm emigrierter Kollege Paul Fagius, Butzer, ebenso wie sein mit ihm emigrierter Kollege Paul Fagius,

hatte Mühe sich in England zu akklimatisieren. Das betriebsame hatte Mühe sich in England zu akklimatisieren. Das betriebsame

Leben am Hofe des Erzbischofs wie auch das üppige Essen machte Leben am Hofe des Erzbischofs wie auch das üppige Essen machte

ihnen zu schaffen. Als der Erzbischof den beiden Männern ihnen zu schaffen. Als der Erzbischof den beiden Männern

offerierte, ihre Familien nachkommen zu lassen, nahmen sie das offerierte, ihre Familien nachkommen zu lassen, nahmen sie das

Angebot mit Freuden an. Noch im Spätherbst reisten beide Angebot mit Freuden an. Noch im Spätherbst reisten beide

Ehefrauen nach Cambridge, wo ihre Männer inzwischen an der Ehefrauen nach Cambridge, wo ihre Männer inzwischen an der 5252

Universität wirkten. Es sind weder das genaue Datum noch die Universität wirkten. Es sind weder das genaue Datum noch die

Zusammensetzung der Reisegruppe bekannt; sicher dabei war Zusammensetzung der Reisegruppe bekannt; sicher dabei war

Agnes Capito und wohl noch ein männlicher Begleiter. Butzer hatte Agnes Capito und wohl noch ein männlicher Begleiter. Butzer hatte

seiner Frau eine ganze Einkaufliste aufgetragen: „in Antwerpen solleseiner Frau eine ganze Einkaufliste aufgetragen: „in Antwerpen solle

Frau Wibrandis Gewürze, Zucker, gute Zwetschgen und, was des Frau Wibrandis Gewürze, Zucker, gute Zwetschgen und, was des

Dings sei, kaufen, weil in England alles so teuer sei; auch eine Dings sei, kaufen, weil in England alles so teuer sei; auch eine

Medizin solle sie von Dr. Ulrich Geiger in Strassburg mitbringen“ Medizin solle sie von Dr. Ulrich Geiger in Strassburg mitbringen“

(Staehelin II: 32f.). Im November 1549 starb Paul Fagius; seine (Staehelin II: 32f.). Im November 1549 starb Paul Fagius; seine

Witwe Agnes Buchbaum kehrte im Folgejahr vor dem Pfingstfest Witwe Agnes Buchbaum kehrte im Folgejahr vor dem Pfingstfest

zusammen mit Wibrandis Rosenblatt nach Straßburg zurück – zusammen mit Wibrandis Rosenblatt nach Straßburg zurück –

letztere mit der Absicht, die übrigen Familienmitglieder letztere mit der Absicht, die übrigen Familienmitglieder

nachzuholen. In Straßburg erwarteten Rosenblatt verschiedene nachzuholen. In Straßburg erwarteten Rosenblatt verschiedene

Unannehmlichkeiten, wovon sie ihrem Mann in einem Brief Unannehmlichkeiten, wovon sie ihrem Mann in einem Brief

berichtete. Einerseits wollte man ihre Habe konfiszieren, berichtete. Einerseits wollte man ihre Habe konfiszieren,

andererseits sollte sie vor dem geistlichen Gericht erscheinen. Sie andererseits sollte sie vor dem geistlichen Gericht erscheinen. Sie

wehrte jedoch beides furchtlos ab. Im Spätsommer reiste Wibrandiswehrte jedoch beides furchtlos ab. Im Spätsommer reiste Wibrandis

Rosenblatt dann zusammen mit ihrer Mutter Magdalena Strub und Rosenblatt dann zusammen mit ihrer Mutter Magdalena Strub und

den Kindern Elisabeth Butzer und Margaretha Rosenblatt, diesmal inden Kindern Elisabeth Butzer und Margaretha Rosenblatt, diesmal in

Begleitung von Christoph Söll, nach Cambridge. Doch nur wenige Begleitung von Christoph Söll, nach Cambridge. Doch nur wenige

Monate nach ihrer Ankunft erkrankte Butzer schwer; er starb in der Monate nach ihrer Ankunft erkrankte Butzer schwer; er starb in der

Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1551. Im April trat die Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 1551. Im April trat die

abermals verwitwete Wibrandis Rosenblatt mit ihrer Familie die abermals verwitwete Wibrandis Rosenblatt mit ihrer Familie die

Heimfahrt nach Straßburg an. Nachdem auch noch ihr Heimfahrt nach Straßburg an. Nachdem auch noch ihr

Schwiegersohn Christoph Söll im Frühling 1553 an der Pest Schwiegersohn Christoph Söll im Frühling 1553 an der Pest

gestorben war, entschloss sich Wibrandis, mit ihren Angehörigen in gestorben war, entschloss sich Wibrandis, mit ihren Angehörigen in

ihre Heimatstadt Basel zurückzukehren;… Im Jahre1564 wütete in ihre Heimatstadt Basel zurückzukehren;… Im Jahre1564 wütete in 5353

Basel eine weitere Pestepidemie, die viel Leid anrichtete. Am ersten Basel eine weitere Pestepidemie, die viel Leid anrichtete. Am ersten

November fiel ihr auch Rosenblatt zum Opfer. Sie wurde im November fiel ihr auch Rosenblatt zum Opfer. Sie wurde im

Kreuzgang des Basler Münsters im Grab ihres zweiten Mannes, Kreuzgang des Basler Münsters im Grab ihres zweiten Mannes,

Johannes Oekolampad beigesetzt. Die Grabinschrift würdigt Johannes Oekolampad beigesetzt. Die Grabinschrift würdigt

Oekolampads humanistische Bildung und seinen reinen Oekolampads humanistische Bildung und seinen reinen

Lebenswandel sowie auch seine Bedeutung für die evangelische Lebenswandel sowie auch seine Bedeutung für die evangelische

Lehre und die Basler Kirchenordnung. Der Name von Wibrandis Lehre und die Basler Kirchenordnung. Der Name von Wibrandis

Rosenblatt hingegen fehlt auf dem Epitaph.Rosenblatt hingegen fehlt auf dem Epitaph.

WirkungsbereichWirkungsbereich

Ältere Darstellungen über Wibrandis Rosenblatt resümieren ihr Ältere Darstellungen über Wibrandis Rosenblatt resümieren ihr

Engagement im Großen und Ganzen wie folgt: „Der Beitrag Engagement im Großen und Ganzen wie folgt: „Der Beitrag

Wibrandis Rosenblatts zur Reformation lag wie der Wibrandis Rosenblatts zur Reformation lag wie der Katharina von Katharina von

BorasBoras eher im häuslich-familiären Bereich“ (Bainton: 84). Oder: eher im häuslich-familiären Bereich“ (Bainton: 84). Oder:

„Und wenn Wibrandis auch nicht ‚im Weinberg des Herrn‘ tätig „Und wenn Wibrandis auch nicht ‚im Weinberg des Herrn‘ tätig

gewesen ist, so doch auf den Rebäckern der Oekolampad draussen gewesen ist, so doch auf den Rebäckern der Oekolampad draussen

auf dem Gellert und vor dem Steinentor“ in Basel (Teuteberg: 41). auf dem Gellert und vor dem Steinentor“ in Basel (Teuteberg: 41).

Folgt man jedoch bei der Beurteilung von ihrem Wirken neueren Folgt man jedoch bei der Beurteilung von ihrem Wirken neueren

gendersensiblen Ansätzen zur Reformationsgeschichte, verschiebt gendersensiblen Ansätzen zur Reformationsgeschichte, verschiebt

sich das Bild. Als Reformatorengattin war Rosenblatt daran beteiligt,sich das Bild. Als Reformatorengattin war Rosenblatt daran beteiligt,

das neue Rollenmodell der evangelischen Pfarrfrau mitzuentwickelndas neue Rollenmodell der evangelischen Pfarrfrau mitzuentwickeln

und dadurch auch das protestantische ‚Pfarr-Amt’ mitzuprägen.und dadurch auch das protestantische ‚Pfarr-Amt’ mitzuprägen.

Reformatorische ImpulseReformatorische Impulse

Als Wibrandis Rosenblatt dem Ehebündnis mit Johannes Als Wibrandis Rosenblatt dem Ehebündnis mit Johannes

Oekolampad zustimmte, „wusste sie mit Sicherheit von der Oekolampad zustimmte, „wusste sie mit Sicherheit von der

öffentlichen öffentlichen

5454

Aufmerksamkeit für diesen Schritt. Sie legte damit ganz bewusst ein Aufmerksamkeit für diesen Schritt. Sie legte damit ganz bewusst ein

Bekenntnis zum reformatorischen Glauben … ab, aber auch zum Bekenntnis zum reformatorischen Glauben … ab, aber auch zum

neuen Verständnis von Priesteramt und Gemeinde und den neuen Verständnis von Priesteramt und Gemeinde und den

Aufgaben, die daraus für die Pfarrfrau und die Pfarrfamilie Aufgaben, die daraus für die Pfarrfrau und die Pfarrfamilie

resultierten“ (Burghartz: 341).resultierten“ (Burghartz: 341).

KommentarKommentar

Weshalb ist Wibrandis Rosenblatt erinnerungswürdig? War sie nichtWeshalb ist Wibrandis Rosenblatt erinnerungswürdig? War sie nicht

einfach die Frau an der Seite einfach die Frau an der Seite berühmter Männer und hatte darüber berühmter Männer und hatte darüber

hinaus noch einen wohlklingenden Namen? Anders als hinaus noch einen wohlklingenden Namen? Anders als Katharina Katharina

ZellZell oder oder Argula von GrumbachArgula von Grumbach mischte sie sich nicht öffentlich mit mischte sie sich nicht öffentlich mit

eigenen theologischen eigenen theologischen Stellungnahmen in die reformatorischen Stellungnahmen in die reformatorischen

Debatten ein. Was wir über Wibrandis Rosenblatt wissen, stammt Debatten ein. Was wir über Wibrandis Rosenblatt wissen, stammt

größtenteils aus der Feder von Männern ihres Umfeldes. Gerade im größtenteils aus der Feder von Männern ihres Umfeldes. Gerade im

Fall Rosenblatt drängt sich ein mehrfacher Perspektivenwechsel auf.Fall Rosenblatt drängt sich ein mehrfacher Perspektivenwechsel auf.

Zunächst müssen die vorliegenden Quellen neu gelesen und Zunächst müssen die vorliegenden Quellen neu gelesen und

gewichtet werden mit dem Ziel, wenn auch nicht neue oder bisher gewichtet werden mit dem Ziel, wenn auch nicht neue oder bisher

unberücksichtigte Fakten zu entdecken, so doch unberücksichtigte Fakten zu entdecken, so doch

Akzentverschiebungen vorzunehmen. Zweitens gilt es, Akzentverschiebungen vorzunehmen. Zweitens gilt es,

biographische Daten wie Wibrandis’ Priesterehen im Licht der biographische Daten wie Wibrandis’ Priesterehen im Licht der

genderbewussten Reformationsforschung zu betrachten und in ein genderbewussten Reformationsforschung zu betrachten und in ein

Paradigma von „gelebter Theologie“ einzubetten. Rosenblatt „ist Paradigma von „gelebter Theologie“ einzubetten. Rosenblatt „ist

nicht mit theologischen Programmen und Lehrmeinungen nicht mit theologischen Programmen und Lehrmeinungen

hervorgetreten. Stattdessen hat sie über ihre Handlungen, ihre hervorgetreten. Stattdessen hat sie über ihre Handlungen, ihre

Praxis, wie wir heute sagen, intensiv an den Auseinandersetzungen Praxis, wie wir heute sagen, intensiv an den Auseinandersetzungen

und Debatten ihrer Zeit teilgenommen“ und Debatten ihrer Zeit teilgenommen“

5555

1526/7? - 15551526/7? - 1555

Olympia Fulvia MorataOlympia Fulvia Morata

5656

BeziehungenBeziehungen

Olympias Vater, Fulvio Pellegrino Morato, ursprünglich aus Mantua,Olympias Vater, Fulvio Pellegrino Morato, ursprünglich aus Mantua,

ist unter seinen Zeitgenossen nicht nur für seine Lehrtätigkeit und ist unter seinen Zeitgenossen nicht nur für seine Lehrtätigkeit und

humanistischen Schriften bekannt, sondern auch für seine religiösenhumanistischen Schriften bekannt, sondern auch für seine religiösen

Überzeugungen: Als er als Hoflehrer in Vincenza Calvins Überzeugungen: Als er als Hoflehrer in Vincenza Calvins Institutio Institutio

christianae religionis christianae religionis auf den Lehrplan setzt, verliert er seine auf den Lehrplan setzt, verliert er seine

Anstellung. Die Anstellung. Die reformfreundliche reformfreundliche Herzogin von FerraraHerzogin von Ferrara, die , die

französische Königstochter Renée, wird auf ihn aufmerksam. Sie französische Königstochter Renée, wird auf ihn aufmerksam. Sie

lernt Moratos Tochter Olympia kennen, die schon früh von ihrem lernt Moratos Tochter Olympia kennen, die schon früh von ihrem

Vater in humanistischen Studien unterwiesen worden war und Vater in humanistischen Studien unterwiesen worden war und

außergewöhnliche außergewöhnliche Begabung zeigt. Das Mädchen macht großen Begabung zeigt. Das Mädchen macht großen

Eindruck auf Renée und wird 1540 als Gesellschafterin und Eindruck auf Renée und wird 1540 als Gesellschafterin und

Studiengefährtin für deren Tochter Anne an den Hof eingeladen. Studiengefährtin für deren Tochter Anne an den Hof eingeladen.

Olympia genießt mit Anne zusammen eine ausgezeichnete Bildung. Olympia genießt mit Anne zusammen eine ausgezeichnete Bildung.

Aus späteren Briefen geht hervor, dass sich die beiden jungen Aus späteren Briefen geht hervor, dass sich die beiden jungen

Mädchen trotz ihres Standesunterschiedes sehr nahestehen…Mädchen trotz ihres Standesunterschiedes sehr nahestehen…

Als ihr Vater 1548 schwer erkrankt, verlässt Olympia den Hof, um Als ihr Vater 1548 schwer erkrankt, verlässt Olympia den Hof, um

ihm nahe zu sein und kehrt erst nach seinem Tod zurück. Wie viele ihm nahe zu sein und kehrt erst nach seinem Tod zurück. Wie viele

Monate sie abwesend ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen – Monate sie abwesend ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen –

ihr Vater stirbt noch im selben Jahr. Doch bei ihrer Rückkehr hat sichihr Vater stirbt noch im selben Jahr. Doch bei ihrer Rückkehr hat sich

am Hof von Ferrara einiges verändert: Anne, Olympias langjährige am Hof von Ferrara einiges verändert: Anne, Olympias langjährige

Gefährtin und Vertraute, ist inzwischen mit dem einflussreichen Gefährtin und Vertraute, ist inzwischen mit dem einflussreichen

katholischen Franzosen François de Guise verheiratet. … Olympia katholischen Franzosen François de Guise verheiratet. … Olympia

wird vom Hof entlassen und kehrt in das Haus ihrer Mutter zurück….wird vom Hof entlassen und kehrt in das Haus ihrer Mutter zurück….

Schon zu Lebzeiten ihres Vaters hatte Olympia in Ferrara den Schon zu Lebzeiten ihres Vaters hatte Olympia in Ferrara den

protestantischen fränkischen Arzt Andreas Grünthler protestantischen fränkischen Arzt Andreas Grünthler 5757

kennengelernt, einen von drei Deutschen, die am Hofe von Ferrara kennengelernt, einen von drei Deutschen, die am Hofe von Ferrara

angestellt waren. Olympia und Andreas heiraten 1549 oder 1550, angestellt waren. Olympia und Andreas heiraten 1549 oder 1550,

als Olympia etwa 24 Jahre alt ist und Andreas Mitte dreißig. Sie als Olympia etwa 24 Jahre alt ist und Andreas Mitte dreißig. Sie

beschließen in seine Heimat umzusiedeln, um der wachsenden beschließen in seine Heimat umzusiedeln, um der wachsenden

religiösen Intoleranz in Italien zu entgehen.religiösen Intoleranz in Italien zu entgehen.

Andreas geht auf der Suche nach einer neuen Anstellung zunächst Andreas geht auf der Suche nach einer neuen Anstellung zunächst

allein nach Deutschland. Aus dieser Trennungszeit sind Gedichte allein nach Deutschland. Aus dieser Trennungszeit sind Gedichte

und Briefe erhalten, die auch noch nach fast 500 Jahren Olympias und Briefe erhalten, die auch noch nach fast 500 Jahren Olympias

große Liebe zu ihrem Mann lebendig werden lassen. Geschrieben in große Liebe zu ihrem Mann lebendig werden lassen. Geschrieben in

einer Zeit, in der es sich nur Wenige leisten konnten aus Liebe zu einer Zeit, in der es sich nur Wenige leisten konnten aus Liebe zu

heiraten und viele Frauen schon im Kindesalter versprochen und heiraten und viele Frauen schon im Kindesalter versprochen und

verheiratet verheiratet wurden – wurden – häufig mit sehr viel älteren Männern – haben häufig mit sehr viel älteren Männern – haben

sie etwas Zeitloses. Nach kurzer Trennung holt Andreas sie 1551 zu sie etwas Zeitloses. Nach kurzer Trennung holt Andreas sie 1551 zu

sich in das protestantische Schweinfurt, wo er eine Anstellung sich in das protestantische Schweinfurt, wo er eine Anstellung

gefunden hat. Mit Olympia macht auch ihr kleiner Bruder Emilio dengefunden hat. Mit Olympia macht auch ihr kleiner Bruder Emilio den

weiten Weg über die Alpen. Emilio ist erst acht Jahre alt. Die kleine weiten Weg über die Alpen. Emilio ist erst acht Jahre alt. Die kleine

Familie glaubt sich in Sicherheit….Familie glaubt sich in Sicherheit….

Olympia sollte nur eine kurze Atempause für ihre klassischen und Olympia sollte nur eine kurze Atempause für ihre klassischen und

religiösen Studien haben. Schweinfurt wird im sogenannten Zweitenreligiösen Studien haben. Schweinfurt wird im sogenannten Zweiten

Markgrafenkrieg 1553 angegriffen, belagert und ausgehungert. Als Markgrafenkrieg 1553 angegriffen, belagert und ausgehungert. Als

die Stadt 1554 in Flammen steht, entkommt die kleine Familie im die Stadt 1554 in Flammen steht, entkommt die kleine Familie im

letzten Moment dem Tod. Sie haben die Stadt noch nicht verlassen, letzten Moment dem Tod. Sie haben die Stadt noch nicht verlassen,

da werden sie erneut von Landsknechten überfallen. Sie haben kein da werden sie erneut von Landsknechten überfallen. Sie haben kein

Geld, um sich frei zu kaufen, und die Soldaten nehmen Andreas Geld, um sich frei zu kaufen, und die Soldaten nehmen Andreas

gefangen, der nur durch Zufall wieder frei kommt. Olympia hat alles gefangen, der nur durch Zufall wieder frei kommt. Olympia hat alles

verloren und flieht barfuß in ihrer Unterwäsche. Ihre Beschreibung verloren und flieht barfuß in ihrer Unterwäsche. Ihre Beschreibung 5858

dieser Flucht ist bestürzend. „Unterwegs wurden uns die Kleider dieser Flucht ist bestürzend. „Unterwegs wurden uns die Kleider

genommen. Mir blieb nichts als mein Unterkleid. Ich verlor meine genommen. Mir blieb nichts als mein Unterkleid. Ich verlor meine

Haube und meine Schuhe und musste barfuß über die Steine laufen.Haube und meine Schuhe und musste barfuß über die Steine laufen.

Den ersten Tag bin ich zehn Meilen gelaufen. Dann habe ich mir Den ersten Tag bin ich zehn Meilen gelaufen. Dann habe ich mir

gesagt: Ich kann nicht mehr. Ich lege mich jetzt hier hin und sterbe. gesagt: Ich kann nicht mehr. Ich lege mich jetzt hier hin und sterbe.

Dann sagte ich: Herr, wenn es dein Wille ist, dass ich lebe, gib mich Dann sagte ich: Herr, wenn es dein Wille ist, dass ich lebe, gib mich

in die Obhut Deiner Engel, dass sie mich auf ihren Flügeln empor in die Obhut Deiner Engel, dass sie mich auf ihren Flügeln empor

heben. Ich kann einfach nicht mehr” (Bainton: 265; Zitat übers. v. M.heben. Ich kann einfach nicht mehr” (Bainton: 265; Zitat übers. v. M.

Mangels). Eine Frau schenkt ihr ein altes Hemd. Sie bettelt um Mangels). Eine Frau schenkt ihr ein altes Hemd. Sie bettelt um

Almosen – in Fetzen gekleidet und von Malaria geschwächt. Almosen – in Fetzen gekleidet und von Malaria geschwächt.

Andreas wird erneut gefangen genommen und erneut frei gelassen. Andreas wird erneut gefangen genommen und erneut frei gelassen.

Mit letzter Kraft schaffen es Olympia und ihre Familie bis zum Gut Mit letzter Kraft schaffen es Olympia und ihre Familie bis zum Gut

des protestantischen Grafen Erbach, wo sie Hilfe finden.des protestantischen Grafen Erbach, wo sie Hilfe finden.

Nach ihrer Flucht aus Schweinfurth lassen sich Olympia, Andreas Nach ihrer Flucht aus Schweinfurth lassen sich Olympia, Andreas

und Emilio in Heidelberg nieder. Andreas wird Professor für und Emilio in Heidelberg nieder. Andreas wird Professor für

Medizin, Olympia gibt Privatunterricht in Griechisch. Die Medizin, Olympia gibt Privatunterricht in Griechisch. Die

Kriegswirren haben sie überlebt, aber in Heidelberg wütet die Pest. Kriegswirren haben sie überlebt, aber in Heidelberg wütet die Pest.

Aus dieser Zeit sind Briefe von Olympia erhalten: Sie fragt nach Aus dieser Zeit sind Briefe von Olympia erhalten: Sie fragt nach

Neuigkeiten von ihren verfolgten Freunden in der Heimat und Neuigkeiten von ihren verfolgten Freunden in der Heimat und

schreibt über die Pest, die Heidelberg leergefegt hat. Auch Olympia schreibt über die Pest, die Heidelberg leergefegt hat. Auch Olympia

erhält den Ruf an die Universität; sie soll erhält den Ruf an die Universität; sie soll Graecas literasGraecas literas lehren. lehren.

Hätte sie dem Ruf folgen können, hätte sie das zur ersten Frau Hätte sie dem Ruf folgen können, hätte sie das zur ersten Frau

gemacht, die an einer deutschen Universität unterrichtet, aber sie gemacht, die an einer deutschen Universität unterrichtet, aber sie

ist zu schwach. Ihre Gesundheit erholt sich nicht mehr. Sie stirbt 29-ist zu schwach. Ihre Gesundheit erholt sich nicht mehr. Sie stirbt 29-

jährig am 26. Oktober 1555 an den Folgen von Hunger, Krieg und jährig am 26. Oktober 1555 an den Folgen von Hunger, Krieg und

5959

Flucht. Andreas und Emilio überleben sie nur wenige Monate. Sie Flucht. Andreas und Emilio überleben sie nur wenige Monate. Sie

sterben an der Pest.sterben an der Pest.

WirkungsgeschichteWirkungsgeschichte

Schon in frühen Gedichten wird deutlich, dass ihr die traditionelle Schon in frühen Gedichten wird deutlich, dass ihr die traditionelle

Frauenrolle nicht zusagt. .. Ihr wenig zeitgemäßes Verständnis von Frauenrolle nicht zusagt. .. Ihr wenig zeitgemäßes Verständnis von

der Ehe (und dem Umgang mit weltlicher Autorität) geht auch aus der Ehe (und dem Umgang mit weltlicher Autorität) geht auch aus

einer Episode hervor, auf die der amerikanische Theologe Ronald H. einer Episode hervor, auf die der amerikanische Theologe Ronald H.

Bainton in seinem Buch „Women of the Reformation in Germany Bainton in seinem Buch „Women of the Reformation in Germany

and Italy“ eingeht: In einem Brief schreibt Olympia an ihre frühere and Italy“ eingeht: In einem Brief schreibt Olympia an ihre frühere

Studiengefährtin und enge Freundin Anne (die Tochter der HerzoginStudiengefährtin und enge Freundin Anne (die Tochter der Herzogin

Renée von Ferrara), die inzwischen in Frankreich mit dem Anführer Renée von Ferrara), die inzwischen in Frankreich mit dem Anführer

des katholische Lagers, dem Herzog von Guise, verheiratet ist, sie des katholische Lagers, dem Herzog von Guise, verheiratet ist, sie

möge für die verfolgten Protestanten eintreten: „Wenn Ihr möge für die verfolgten Protestanten eintreten: „Wenn Ihr

schweigt, seid Ihr an ihrem Tod mit verantwortlich. Ihr mögt nun schweigt, seid Ihr an ihrem Tod mit verantwortlich. Ihr mögt nun

sagen, als ihre Fürsprecherin würdet Ihr Euren Ehemann und den sagen, als ihre Fürsprecherin würdet Ihr Euren Ehemann und den

König verärgern und Euch viele Feinde machen. Bedenkt aber, ob es König verärgern und Euch viele Feinde machen. Bedenkt aber, ob es

besser ist, den Zorn der Menschen auf sich zu ziehen oder den Zorn besser ist, den Zorn der Menschen auf sich zu ziehen oder den Zorn

Gottes. Ich schreibe Euch dies aus meiner großen Liebe heraus“ Gottes. Ich schreibe Euch dies aus meiner großen Liebe heraus“

(Bainton: 262; Zitat übersetzt von M. Mangels). …Im Gegensatz zu (Bainton: 262; Zitat übersetzt von M. Mangels). …Im Gegensatz zu

Anne hat Olympia von ihrem Ehemann nichts zu befürchten. Anne hat Olympia von ihrem Ehemann nichts zu befürchten.

Andreas – ebenfalls mit humanistischem Hintergrund, ein Dichter Andreas – ebenfalls mit humanistischem Hintergrund, ein Dichter

und Komponist – akzeptiert ihre Vorlieben und Prioritäten nicht nur,und Komponist – akzeptiert ihre Vorlieben und Prioritäten nicht nur,

sondern schätzt sie hoch ein. Aus vielen seiner Briefe geht hervor, sondern schätzt sie hoch ein. Aus vielen seiner Briefe geht hervor,

dass er ihr die größeren Fähigkeiten zugesteht.dass er ihr die größeren Fähigkeiten zugesteht.

6060

Ihr Tod im Alter von nur 29 Jahren löste eine Lawine von Nachrufen Ihr Tod im Alter von nur 29 Jahren löste eine Lawine von Nachrufen

unter europäischen Humanisten aus, die sie als eine unter europäischen Humanisten aus, die sie als eine

außergewöhnliche Gelehrte würdigen.außergewöhnliche Gelehrte würdigen.

Kommentar Kommentar

Die Forschung zum literarischen Vermächtnis von Olympia Morata Die Forschung zum literarischen Vermächtnis von Olympia Morata

steht noch am Anfang. Was wir bereits heute sehen können, ist einesteht noch am Anfang. Was wir bereits heute sehen können, ist eine

überraschend zeitlose Frauengestalt. Hätte sie länger gelebt, wäre überraschend zeitlose Frauengestalt. Hätte sie länger gelebt, wäre

sie die erste sie die erste Universitätsdozentin Deutschlands gewesen. Aus ihren Universitätsdozentin Deutschlands gewesen. Aus ihren

Briefen geht hervor, dass sie sich ein Leben ohne Bücher nicht Briefen geht hervor, dass sie sich ein Leben ohne Bücher nicht

vorstellen konnte. Das Studium antiker Sprachen und antiker vorstellen konnte. Das Studium antiker Sprachen und antiker

Schriftsteller, intellektuelle Disziplin und vor Allem das Schreiben Schriftsteller, intellektuelle Disziplin und vor Allem das Schreiben

antiker Schriftsteller, intellektuelle Disziplin und vor Allem das antiker Schriftsteller, intellektuelle Disziplin und vor Allem das

Schreiben waren für sie fast lebensnotwendig, ihre Erfüllung, ihr Schreiben waren für sie fast lebensnotwendig, ihre Erfüllung, ihr

sine qua non. sine qua non. Sie war Ehefrau, aber nicht Mutter – ihre Kinder Sie war Ehefrau, aber nicht Mutter – ihre Kinder

waren ihre Gedichte. Ihre Interessen und Prioritäten führten sie in waren ihre Gedichte. Ihre Interessen und Prioritäten führten sie in

damals fast ausschließlich männliche Sphären. Dass sie anerkannt damals fast ausschließlich männliche Sphären. Dass sie anerkannt

und ihr Beitrag gewürdigt wurde, lag an ihrem großen geistigen und ihr Beitrag gewürdigt wurde, lag an ihrem großen geistigen

Format. Entsprechend ihren Talenten und Interessen schuf sie für Format. Entsprechend ihren Talenten und Interessen schuf sie für

sich einen Platz jenseits der damaligen Rollenverteilung. Olympia sich einen Platz jenseits der damaligen Rollenverteilung. Olympia

lebte zwischen Mittelalter und früher Neuzeit, aber sie war ihrer lebte zwischen Mittelalter und früher Neuzeit, aber sie war ihrer

Zeit weit voraus. Sie war eine der Akteurinnen, die den – langen – Zeit weit voraus. Sie war eine der Akteurinnen, die den – langen –

Weg zu einem neuen Geschlechterverständnis ebnen sollten. Sie ist Weg zu einem neuen Geschlechterverständnis ebnen sollten. Sie ist

für mich der Inbegriff der lesenden und schreibenden Frau.für mich der Inbegriff der lesenden und schreibenden Frau.

Nirgends aber begegnet sie mir unmittelbarer als in der Nirgends aber begegnet sie mir unmittelbarer als in der

bestürzenden Beschreibung ihrer Flucht aus Schweinfurt, als sie – bestürzenden Beschreibung ihrer Flucht aus Schweinfurt, als sie – 6161

dem Tode nah– sagt: „Ich kann nicht mehr. Ich lege mich jetzt hier dem Tode nah– sagt: „Ich kann nicht mehr. Ich lege mich jetzt hier

hin und sterbe […]. Herr, wenn es dein Wille ist, dass ich lebe, gib hin und sterbe […]. Herr, wenn es dein Wille ist, dass ich lebe, gib

mich in die Obhut deiner Engel, dass sie mich auf ihren Flügeln mich in die Obhut deiner Engel, dass sie mich auf ihren Flügeln

empor heben. Ich kann einfach nicht mehr.“ Olympia, die empor heben. Ich kann einfach nicht mehr.“ Olympia, die

hochkarätige Intellektuelle, hatte ein schlichtes, unverwüstliches hochkarätige Intellektuelle, hatte ein schlichtes, unverwüstliches

Gottvertrauen, das weder die Grausamkeit ihrer Epoche noch Gottvertrauen, das weder die Grausamkeit ihrer Epoche noch

Krankheit und Tod erschüttern konnte. Noch nach 500 Jahren Krankheit und Tod erschüttern konnte. Noch nach 500 Jahren

berühren mich ihr Glaube und ihr Gottvertrauen persönlich.berühren mich ihr Glaube und ihr Gottvertrauen persönlich.

http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=69http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=69

6262

Katrin Göring-Eckardt Katrin Göring-Eckardt

geboren am 3. Mai 1966 in Friedrichroda (Thüringen); evangelisch; geboren am 3. Mai 1966 in Friedrichroda (Thüringen); evangelisch;

verheiratet, zwei Söhne; Abitur, Theologiestudium (ohne Abschluss)verheiratet, zwei Söhne; Abitur, Theologiestudium (ohne Abschluss)

1989: Gründungsmitglied von Demokratie jetzt und Bündnis 901989: Gründungsmitglied von Demokratie jetzt und Bündnis 90

bis 1994: Mitarbeiterin in der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die bis 1994: Mitarbeiterin in der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die

Grünen Grünen

1995-1998: Landessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen 1995-1998: Landessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen

ThüringenThüringen

1996-1998: Beisitzerin im Bundesvorstand1996-1998: Beisitzerin im Bundesvorstand

1995-1998: Mitarbeiterin des MdB Matthias Berninger1995-1998: Mitarbeiterin des MdB Matthias Berninger

seit 1998: Bundestagsabgeordnete seit 1998: Bundestagsabgeordnete

1998-2002: Parlamentarische Geschäftsführerin der 1998-2002: Parlamentarische Geschäftsführerin der

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die GrünenBundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

2002-2005: Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von 2002-2005: Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von

Bündnis 90/Die GrünenBündnis 90/Die Grünen

2002-2007: Landessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen 2002-2007: Landessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen

Thüringen Thüringen

2005-2009: kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von 2005-2009: kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von

Bündnis 90/ Die Grünen Bündnis 90/ Die Grünen

2005 - 2013: Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages2005 - 2013: Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

2007-2013: Beisitzerin im Landesvorstand von Bündnis 90/Die 2007-2013: Beisitzerin im Landesvorstand von Bündnis 90/Die

Grünen in Thüringen Grünen in Thüringen

seit 2007: Präsidentin des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentags seit 2007: Präsidentin des 33. Deutschen Evangelischen Kirchentags

2011 in Dresden2011 in Dresden

6464

2009 - 2013: Präses der Synode der Evangelischen Kirche in 2009 - 2013: Präses der Synode der Evangelischen Kirche in

Deutschland (EKD) Deutschland (EKD)

November 2012 - September 2013: Spitzenkandidatin von Bündnis November 2012 - September 2013: Spitzenkandidatin von Bündnis

90/Die Grünen für die Bundestagswahl 2013 90/Die Grünen für die Bundestagswahl 2013

seit November 2012: Mitglied im Parteirat von Bündnis 90/Die seit November 2012: Mitglied im Parteirat von Bündnis 90/Die

Grünen Grünen

seit Oktober 2013: Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion vonseit Oktober 2013: Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von

Bündnis 90/Die GrünenBündnis 90/Die Grünen

aus: Internetseite der Politikerin aus: Internetseite der Politikerin

http://goering-eckardt.de/ueber-mich/vita.htmlhttp://goering-eckardt.de/ueber-mich/vita.html

Sehen, ob das Wasser uns trägtSehen, ob das Wasser uns trägt

Politikerinnen – groß geworden in der evangelischen Kirche der Politikerinnen – groß geworden in der evangelischen Kirche der

DDRDDR

Wo ist, Frau Göring-Eckardt, in Berlin, dieser gottlosen Stadt, Wo ist, Frau Göring-Eckardt, in Berlin, dieser gottlosen Stadt,

eigentlich Gott?eigentlich Gott? Die 47-jährige Politikerin hat sich kampfeslustig Die 47-jährige Politikerin hat sich kampfeslustig

nach vorn gebeugt. „Im Himmel natürlich", sagt sie prompt und nach vorn gebeugt. „Im Himmel natürlich", sagt sie prompt und

setzt noch eins drauf: „Dort sitzt er bärtig und im wallensetzt noch eins drauf: „Dort sitzt er bärtig und im wallenden den

Gewand auf einer extra großen Wolke, und meine verstorbene Gewand auf einer extra großen Wolke, und meine verstorbene

Mutter bäckt ihm vermutlich diesen wunderbaren Pflaumenkuchen,Mutter bäckt ihm vermutlich diesen wunderbaren Pflaumenkuchen,

den ich nie so hingekommen habe. Oder?"den ich nie so hingekommen habe. Oder?"

Sie schüttelt den Kopf, streicht die dunklen langen Haare aus dem Sie schüttelt den Kopf, streicht die dunklen langen Haare aus dem

Gesicht und lacht. Dann wird sie ernst. „Als ich 18 war und meine Gesicht und lacht. Dann wird sie ernst. „Als ich 18 war und meine

Mutter starb, das war ein so einschneidendes Erlebnis, das ich nie Mutter starb, das war ein so einschneidendes Erlebnis, das ich nie

hinnehmen wollte." Das war im Jahr 1984, fünf Jahre vor der hinnehmen wollte." Das war im Jahr 1984, fünf Jahre vor der

Friedlichen Revolution und dem Mauerfall, zu dem auch die heutige Friedlichen Revolution und dem Mauerfall, zu dem auch die heutige 6565

Spitzenpolitikerin von Bündnis 90/Die Grünen und gebürtige Spitzenpolitikerin von Bündnis 90/Die Grünen und gebürtige

Thüringerin beigetragen hat. Und beide in ihr Leben so tief Thüringerin beigetragen hat. Und beide in ihr Leben so tief

eingreifenden Ereigeingreifenden Ereignisse wie der Tod der geliebten Mutter und die nisse wie der Tod der geliebten Mutter und die

atemberaubenden Veränderunatemberaubenden Veränderungen im Jahr 1989 sind für sie das gegen im Jahr 1989 sind für sie das ge--

wesen, was bis heute Leitspruch und Kompass in ihrem Leben ist: wesen, was bis heute Leitspruch und Kompass in ihrem Leben ist:

„Die Wege des Herren sind unergründlich und dennoch weise", ist „Die Wege des Herren sind unergründlich und dennoch weise", ist

sie überzeugt.sie überzeugt.

Für westliche Ohren, besonders bei den nicht grade Für westliche Ohren, besonders bei den nicht grade

kirchenfreundlichen West-Grünen, mag das merkwürdig klingen, kirchenfreundlichen West-Grünen, mag das merkwürdig klingen,

dass sich eine Spitzenpolitikerin so freidass sich eine Spitzenpolitikerin so freimütig zu ihrem Glauben mütig zu ihrem Glauben

bekennt. Sie ist nicht die einzige, die nach Friedlicher Revolution bekennt. Sie ist nicht die einzige, die nach Friedlicher Revolution

und deutscher Einheit, geund deutscher Einheit, geprägt durch die evangelische Kirche in der prägt durch die evangelische Kirche in der

DDR, politische Verantwortung übernommen hat. Doch was ist das DDR, politische Verantwortung übernommen hat. Doch was ist das

Besondere daran und was haben sie daraus als Politikerinnen Besondere daran und was haben sie daraus als Politikerinnen

gemacht?gemacht?

Wer in der DDR gelebt hat, bringt eine besondere Wer in der DDR gelebt hat, bringt eine besondere

Glaubenserfahrung mit. Denn wer damals in der Kirche blieb, Glaubenserfahrung mit. Denn wer damals in der Kirche blieb,

musste sich dazu bekennen. Und im Ernstfall auch bereit sein, musste sich dazu bekennen. Und im Ernstfall auch bereit sein,

existenzielle Nachteile dafür einzustecken. Vor allem aber hat die existenzielle Nachteile dafür einzustecken. Vor allem aber hat die

Erfahrung geprägt, zu einer MinderErfahrung geprägt, zu einer Minderheit zu gehören, die von Staat heit zu gehören, die von Staat

und Partei nicht erwünscht war. Das hat Selbstbeund Partei nicht erwünscht war. Das hat Selbstbewusstsein gegebenwusstsein gegeben

— und eine Kraft, die in der Demokratie, auch in den Chefetagen — und eine Kraft, die in der Demokratie, auch in den Chefetagen

der Politik, sehr gefragt ist.der Politik, sehr gefragt ist.

6666

Katrin Göring-Eckardt: Wie funktioniert Demokratie Katrin Göring-Eckardt: Wie funktioniert Demokratie und was würde und was würde

Jesus dazu sagen? Jesus dazu sagen?

Katrin Göring-Eckardt hatte bis zur Friedlichen Revolution wenige Katrin Göring-Eckardt hatte bis zur Friedlichen Revolution wenige

Semester evangelische Theologie studiert. Doch mehr noch war es Semester evangelische Theologie studiert. Doch mehr noch war es

ihre Mutter, die sie in ihrer Frömmigkeit geprägt hat. Mit ihr, so sagtihre Mutter, die sie in ihrer Frömmigkeit geprägt hat. Mit ihr, so sagt

sie, habe sie sich stark identifisie, habe sie sich stark identifiziert. Anfang der 50er Jahre, in der soziert. Anfang der 50er Jahre, in der so--

genannten Kirchenkampfzeit der DDR, war die Mutter von der genannten Kirchenkampfzeit der DDR, war die Mutter von der

Schule geflogen, weil sie in der Jungen Gemeinde war. Göring-Schule geflogen, weil sie in der Jungen Gemeinde war. Göring-

Eckardt wurde 1966, fünf Jahre nach dem Mauerbau geboren. Dass Eckardt wurde 1966, fünf Jahre nach dem Mauerbau geboren. Dass

die Mauer nur eine vorübergehende Erdie Mauer nur eine vorübergehende Erscheinung sei, diese scheinung sei, diese

Hoffnung hatten da die meisten längst aufgegeben. … Und im PrivaHoffnung hatten da die meisten längst aufgegeben. … Und im Priva--

ten war für viele Menschen klar, dass sie ihren Kindern angesichts ten war für viele Menschen klar, dass sie ihren Kindern angesichts

der schweren Lebenssituation ein behütetes Zuhause geben der schweren Lebenssituation ein behütetes Zuhause geben

müssten. Und so sagt es auch Katrin Göring-Eckardt: „Ich bin — müssten. Und so sagt es auch Katrin Göring-Eckardt: „Ich bin —

trotz oder gerade wegen der DDR-Zeit — sehr behütet und mit trotz oder gerade wegen der DDR-Zeit — sehr behütet und mit

vielen Möglichkeiten aufgewachsen." Das hat sie wie viele anvielen Möglichkeiten aufgewachsen." Das hat sie wie viele andere dere

geprägt. Die kleine Katrin hatte eine Art Hauslehrerin, die nichts geprägt. Die kleine Katrin hatte eine Art Hauslehrerin, die nichts

anderes mit ihr machte, als Bücher und Gedichte zu lesen. Das war anderes mit ihr machte, als Bücher und Gedichte zu lesen. Das war

der Beitrag der Eltern für eine humanistische Bildung ihres Kinder Beitrag der Eltern für eine humanistische Bildung ihres Kindes, des,

dem Bildungssystem von Margot Honecker zum Trotz. „Das dem Bildungssystem von Margot Honecker zum Trotz. „Das

Butterbrot und der Kakao, den es bei den Lesestunden gab, ist mir Butterbrot und der Kakao, den es bei den Lesestunden gab, ist mir

noch lebhaft in Erinnerung", lacht sie heute. Und dann kommt sie noch lebhaft in Erinnerung", lacht sie heute. Und dann kommt sie

auf zwei Dinge zu sprechen, die zu ihrer politischen Soziaauf zwei Dinge zu sprechen, die zu ihrer politischen Sozialisation in lisation in

der DDR gehörten und ihr bis heute so wichtig geblieben sind. Das der DDR gehörten und ihr bis heute so wichtig geblieben sind. Das

eine ist: Wie funktioniert Demokratie, und warum hatten wir sie eine ist: Wie funktioniert Demokratie, und warum hatten wir sie 6767

nicht? Auch heute gehe es ja um Demokratie, und dass man sie nicht? Auch heute gehe es ja um Demokratie, und dass man sie

schützen muss. Wie jüngst bei der Demonstration gegen den Neoschützen muss. Wie jüngst bei der Demonstration gegen den Neo--

nazi-Aufmarsch in Thüringen, bei dem sie dabei war. Obwohl sie nazi-Aufmarsch in Thüringen, bei dem sie dabei war. Obwohl sie

samstags daheim im Pfarrhaus in Ingersleben mit ihrer Familie gern samstags daheim im Pfarrhaus in Ingersleben mit ihrer Familie gern

mal wieder gekocht und gegessen hätte. „Da hinzugehen, das war mal wieder gekocht und gegessen hätte. „Da hinzugehen, das war

für mich als Bürgerin und Polifür mich als Bürgerin und Politikerin wichtig", sagt sie und ist auch tikerin wichtig", sagt sie und ist auch

schon bei dem zweiten großen Thema: der Freiheit. Um die gehe es schon bei dem zweiten großen Thema: der Freiheit. Um die gehe es

doch heute immer noch — darum, dass der Staat doch heute immer noch — darum, dass der Staat

Rahmenbedingungen schaffen muss, daRahmenbedingungen schaffen muss, damit alle Menschen ein mit alle Menschen ein

selbstbestimmtes Leben führen können.selbstbestimmtes Leben führen können.

Katrin Göring-Eckardt, die zu den Mitbegründerinnen der Katrin Göring-Eckardt, die zu den Mitbegründerinnen der

Bürgerbewegung Demokratie Jetzt und später dem BündBürgerbewegung Demokratie Jetzt und später dem Bündnis 90 nis 90

gehört, kommt da auf ein eher wenig schlagzeilenträchtiges Thema gehört, kommt da auf ein eher wenig schlagzeilenträchtiges Thema

zu sprechen: die Behindertenpolitik. Rahzu sprechen: die Behindertenpolitik. Rahmenbedingungen zu menbedingungen zu

schaffen, damit Behinderte ein selbstbestimmtes Leben führen schaffen, damit Behinderte ein selbstbestimmtes Leben führen

können, ist eines ihrer großen Themen. Und dann sagt sie den wohl können, ist eines ihrer großen Themen. Und dann sagt sie den wohl

entscheidenden Satz: „Seit meinem sechzehnten Lebensjahr entscheidenden Satz: „Seit meinem sechzehnten Lebensjahr

begleitet mich bei allen politischen Entscheidungen die Bonhoeffer-begleitet mich bei allen politischen Entscheidungen die Bonhoeffer-

Frage: „Was würde Jesus dazu sagen?"Frage: „Was würde Jesus dazu sagen?"

aus: Arbeitshilfe zum Weitergeben 1 /2014, S: 66 ff.aus: Arbeitshilfe zum Weitergeben 1 /2014, S: 66 ff.

6868

24.05.201224.05.2012

Sängerin Bea Nyga kommt nach Lingen Sängerin Bea Nyga kommt nach Lingen

„Ich bin eine echte Rampensau!"„Ich bin eine echte Rampensau!"

Knalliger Lippenstift und ausgefallene Brillen: Bea Nyga gilt Knalliger Lippenstift und ausgefallene Brillen: Bea Nyga gilt

als Paradiesvogel. Aber sie hat auch eine andere Seite. Die als Paradiesvogel. Aber sie hat auch eine andere Seite. Die

Kölner Sängerin und Musikpädagogin kommt jetzt ins Kölner Sängerin und Musikpädagogin kommt jetzt ins

Lingener Ludwig-Windthorst-Haus. Im Bistum Osnabrück Lingener Ludwig-Windthorst-Haus. Im Bistum Osnabrück

hat sie viele Fans. Wer sie einmal erlebt hat, weiß warum.hat sie viele Fans. Wer sie einmal erlebt hat, weiß warum.

„Ich bin die Bea“, sagt die 51-Jährige ebenso unkompliziert wie „Ich bin die Bea“, sagt die 51-Jährige ebenso unkompliziert wie

herzlich. Abwartendes Drumherumgerede, distanziertes herzlich. Abwartendes Drumherumgerede, distanziertes

Herantasten? Braucht sie alles gar nicht. Viel lieber springt Bea NygaHerantasten? Braucht sie alles gar nicht. Viel lieber springt Bea Nyga

mitten rein ins Gespräch und Thema. „Wir sind der gleiche Jahrgang,mitten rein ins Gespräch und Thema. „Wir sind der gleiche Jahrgang,

ach was?“ Und ganz schnell plaudert es sich mit ihr über all das, wasach was?“ Und ganz schnell plaudert es sich mit ihr über all das, was

Fünfziger eben so beschäftigt. Ein bisschen später verrät sie dann, Fünfziger eben so beschäftigt. Ein bisschen später verrät sie dann,

dass sie nicht immer so schlagfertig, dass sie früher eher dass sie nicht immer so schlagfertig, dass sie früher eher

zurückhaltend war. „Ich war ein stilles Mädchen. Glaubt mir heute zurückhaltend war. „Ich war ein stilles Mädchen. Glaubt mir heute

keiner mehr!“keiner mehr!“

Früher – das war Münster. Dort ist sie mit ihrer jüngeren Schwester Früher – das war Münster. Dort ist sie mit ihrer jüngeren Schwester

aufgewachsen. Hat ein Bischöfliches Gymnasium besucht, Melodica aufgewachsen. Hat ein Bischöfliches Gymnasium besucht, Melodica

und Blockflöte gelernt und sich schon mit 16 Jahren als und Blockflöte gelernt und sich schon mit 16 Jahren als

Jungstudentin an der Musikhochschule eingeschrieben. „Die Musik, Jungstudentin an der Musikhochschule eingeschrieben. „Die Musik,

die kam von Mamas Seite“, sagt Bea Nyga und erzählt mit viel die kam von Mamas Seite“, sagt Bea Nyga und erzählt mit viel

Herzenswärme von dem früh verstorbenen Vater aus Posen und derHerzenswärme von dem früh verstorbenen Vater aus Posen und der

Mutter aus Essen. Die sie ihren Weg gehen ließ.Mutter aus Essen. Die sie ihren Weg gehen ließ.7070

Er führte sie allen jugendlichen Träumereien – „Ich wollte auch mal Er führte sie allen jugendlichen Träumereien – „Ich wollte auch mal

Tapetenerfinderin werden“ – zum Trotz in das Tapetenerfinderin werden“ – zum Trotz in das

Vollzeitmusikstudium. Danach arbeitet sie unter anderem für den Vollzeitmusikstudium. Danach arbeitet sie unter anderem für den

Evangelischen Kirchentag und als musische Referentin für die Evangelischen Kirchentag und als musische Referentin für die

Katholische Frauengemeinschaft (kfd). Diese Nähe zu den kfd-Katholische Frauengemeinschaft (kfd). Diese Nähe zu den kfd-

Frauen trägt bis heute.Frauen trägt bis heute.

Von der Liebe in all ihren FacettenVon der Liebe in all ihren Facetten

Denn heute: Da ist die Musik ihr Hauptberuf. Folk und Jazz, Denn heute: Da ist die Musik ihr Hauptberuf. Folk und Jazz,

Chansons, Bossa Nova, Lateinamerikanisches und neues geistliches Chansons, Bossa Nova, Lateinamerikanisches und neues geistliches

Lied verbindet die Westfälin mit der rheinländischen Seele zu Lied verbindet die Westfälin mit der rheinländischen Seele zu

leichten, aber nicht leichtfertigen Melodien. Das liebt sie: auf der leichten, aber nicht leichtfertigen Melodien. Das liebt sie: auf der

Bühne stehen, für und mit dem Publikum von der Liebe in allen Bühne stehen, für und mit dem Publikum von der Liebe in allen

wundersamen Facetten singen und swingen, skurrile Geschichten wundersamen Facetten singen und swingen, skurrile Geschichten

und schräge Anekdoten über die kleinen Katastrophen des Alltags und schräge Anekdoten über die kleinen Katastrophen des Alltags

erzählen, sich selbst mit wunderbarem Witz auf die Schippe erzählen, sich selbst mit wunderbarem Witz auf die Schippe

nehmen. „Die Welt braucht keine Comedyshows. Realsatire gibt es nehmen. „Die Welt braucht keine Comedyshows. Realsatire gibt es

genug.“ Das macht sie im kleinen Pfarrheim in Bad Bentgenug.“ Das macht sie im kleinen Pfarrheim in Bad Bentheim heim

genauso gern wie auf der großen Plattform gerade beim genauso gern wie auf der großen Plattform gerade beim

Katholikentag in Mannheim.Katholikentag in Mannheim.

Die Begegnung mit Menschen und die Musik: Das ist ihr Anker zur Die Begegnung mit Menschen und die Musik: Das ist ihr Anker zur

Kirche. „Bei Bach werde ich richtig fromm.“ Besonders liebt sie die Kirche. „Bei Bach werde ich richtig fromm.“ Besonders liebt sie die

Workshops für Menschen mit Behinderungen: „Da müsst ihr mal Workshops für Menschen mit Behinderungen: „Da müsst ihr mal

kommen. Das ist so stark!“ Wenn sie vor ihrem Klavier sitzt, vergisst kommen. Das ist so stark!“ Wenn sie vor ihrem Klavier sitzt, vergisst

die Kölnerin ihr Lampenfieber. „Ich bin eine echte Rampensau – unddie Kölnerin ihr Lampenfieber. „Ich bin eine echte Rampensau – und

deshalb hab‘ ich den schönsten Job der Welt!“deshalb hab‘ ich den schönsten Job der Welt!“

7171

Nicht jeder Satz von Bea Nyga hat ein Rufzeichen. Ihr Temperament,Nicht jeder Satz von Bea Nyga hat ein Rufzeichen. Ihr Temperament,

sagt sie selbst, ist rein verbal. „Eigentlich bin ich träge.“ Überhaupt sagt sie selbst, ist rein verbal. „Eigentlich bin ich träge.“ Überhaupt

hat die Entertainerin keine Scheu, Schwächen zu benennen – als da hat die Entertainerin keine Scheu, Schwächen zu benennen – als da

wären: Ungeduld, ein Hang zum Mäkeln und Grübeln, eine Ader für wären: Ungeduld, ein Hang zum Mäkeln und Grübeln, eine Ader für

den Zynismus. „Ich habe meine schwarzen Momente, vor allem den Zynismus. „Ich habe meine schwarzen Momente, vor allem

nachts.“ Sehr nachdenklich wirkt sie da manchmal im Gespräch.nachts.“ Sehr nachdenklich wirkt sie da manchmal im Gespräch.

Wenn man an die Diagnose denkt, die ein Arzt der Sängerin vor Wenn man an die Diagnose denkt, die ein Arzt der Sängerin vor

knapp zwei Jahren gestellt hat, verwundert das gar nicht. Sie hat knapp zwei Jahren gestellt hat, verwundert das gar nicht. Sie hat

Multiple Sklerose – und das nach einigen Stürzen und flauen Multiple Sklerose – und das nach einigen Stürzen und flauen

Gefühlen in den Fingern schon länger geahnt. Die Gewissheit Gefühlen in den Fingern schon länger geahnt. Die Gewissheit

erleichtert fast ein bisschen. „Davon lasse ich mich nicht erleichtert fast ein bisschen. „Davon lasse ich mich nicht

unterkriegen.“ Bei ihren Konzerten nimmt sie jetzt schon mal einen unterkriegen.“ Bei ihren Konzerten nimmt sie jetzt schon mal einen

Gehstock zur Hilfe, erzählt offen von der Erkrankung, schildert mit Gehstock zur Hilfe, erzählt offen von der Erkrankung, schildert mit

nie verletzender Komik ihre Reha in Lingen und verblüfft die Zuhörernie verletzender Komik ihre Reha in Lingen und verblüfft die Zuhörer

mit fast schwarzem Humor: „Ich kauf mir ein Schiff. Das nenn ich mit fast schwarzem Humor: „Ich kauf mir ein Schiff. Das nenn ich

dann MS Bea.“ Wenn sie drüber lachen kann, dürfen andere das dann MS Bea.“ Wenn sie drüber lachen kann, dürfen andere das

auch.auch.

Hat sie Angst vor der Zukunft? „Nein“, sagt die 51-Jährige ernst. Hat sie Angst vor der Zukunft? „Nein“, sagt die 51-Jährige ernst.

„Wieso denn? Ich hab‘ einen super Ehemann, einen super Job, eine „Wieso denn? Ich hab‘ einen super Ehemann, einen super Job, eine

super Wohnung. Alles ist gut.“ Dann macht sie eine Pause und sagt super Wohnung. Alles ist gut.“ Dann macht sie eine Pause und sagt

etwas leiser: „Manchmal warte ich darauf, dass der Schlag noch etwas leiser: „Manchmal warte ich darauf, dass der Schlag noch

kommt.“ Jeder kann das verstehen.kommt.“ Jeder kann das verstehen.

Petra Diek-MünchowPetra Diek-Münchow

aus: Kirchenbote, Wochenzeitung für das Bistum Osnabrückaus: Kirchenbote, Wochenzeitung für das Bistum Osnabrück

Lieder: z. B. Lieder: z. B. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, WGT 2016Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, WGT 2016

Du bist heilig, du bist heil…Du bist heilig, du bist heil…7272

7373

Anna Paulsen: „Ernst machen mit der Tatsache, dass Theologie Anna Paulsen: „Ernst machen mit der Tatsache, dass Theologie

kein Geheimfach für Berufstheologen ist“ kein Geheimfach für Berufstheologen ist“ Ein Beitrag von Andrea Ein Beitrag von Andrea

BielerBieler

Beziehungen: Beziehungen:

Anna Paulsen wurde am 29. März 1893 in Hoirup, Nordschleswig Anna Paulsen wurde am 29. März 1893 in Hoirup, Nordschleswig

geboren, sie wuchs als älteste von vier Töchtern im Pfarrhaus auf. geboren, sie wuchs als älteste von vier Töchtern im Pfarrhaus auf.

Ihr Vater war ein Vertreter der Indre Mission, einer Ihr Vater war ein Vertreter der Indre Mission, einer

Erweckungsbewegung, die sich seit ca. 1890 in Nordschleswig Erweckungsbewegung, die sich seit ca. 1890 in Nordschleswig

ausgebreitet hatte. In ihren Kindheitserinnerungen beschreibt sie ausgebreitet hatte. In ihren Kindheitserinnerungen beschreibt sie

den Vater als großen Förderer ihrer Wissbegierde, er weckt ihr den Vater als großen Förderer ihrer Wissbegierde, er weckt ihr

Interesse insbesondere im Bereich der Biblischen Theologie und für Interesse insbesondere im Bereich der Biblischen Theologie und für

die Theologie Søren Kierkegaards. Über ihre Mutter erfahren wir die Theologie Søren Kierkegaards. Über ihre Mutter erfahren wir

nichts.nichts.

Anna Paulsen gehörte zur ersten Generation von Studentinnen in Anna Paulsen gehörte zur ersten Generation von Studentinnen in

Deutschland, die Theologie studierte, ohne dass damit zunächst Deutschland, die Theologie studierte, ohne dass damit zunächst

eine Berufsaussicht verbunden gewesen wäre.eine Berufsaussicht verbunden gewesen wäre.

1916 begann sie in Kiel zunächst Religion, Deutsch und Geschichte 1916 begann sie in Kiel zunächst Religion, Deutsch und Geschichte

zu studieren, … Anna Paulsen war in Deutschland die sechste Frau, zu studieren, … Anna Paulsen war in Deutschland die sechste Frau,

die im Fach Evangelische Theologie promoviert wurde. die im Fach Evangelische Theologie promoviert wurde.

Ab 1926 baute sie mit anderen Mitarbeiterinnen des Ab 1926 baute sie mit anderen Mitarbeiterinnen des

Burckhardthauses in Berlin-Dahlem das Seminar für Kirchlichen Burckhardthauses in Berlin-Dahlem das Seminar für Kirchlichen

Frauendienst auf, in dem Gemeindehelferinnen ausgebildet Frauendienst auf, in dem Gemeindehelferinnen ausgebildet

wurden. Im Jahre 1940 wurde sie Mitglied des sogenannten wurden. Im Jahre 1940 wurde sie Mitglied des sogenannten

Vikarinnenausschusses der Bekennenden Kirche der Altpreußischen Vikarinnenausschusses der Bekennenden Kirche der Altpreußischen 7474

Union, der die Frage der Frauenordination in der Bekennenden Union, der die Frage der Frauenordination in der Bekennenden

Kirche klären sollte.Kirche klären sollte.

1951 wurde sie in die Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in 1951 wurde sie in die Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in

Deutschland berufen, wo sie für die kirchliche Frauenarbeit Deutschland berufen, wo sie für die kirchliche Frauenarbeit

zuständig war. Dort war sie bis zum Jahre 1959 tätig.zuständig war. Dort war sie bis zum Jahre 1959 tätig.

1953 wurde ihr von der Theologischen Fakultät in Kiel der Titel einer1953 wurde ihr von der Theologischen Fakultät in Kiel der Titel einer

Ehrendoktorin der Theologie verliehen…Ehrendoktorin der Theologie verliehen…

Am 30. Januar 1981 stirbt Anna Paulsen in Heide, Nordschleswig.Am 30. Januar 1981 stirbt Anna Paulsen in Heide, Nordschleswig.

Im Jahre 1994 wird das Frauenstudien- und -bildungszentrum der Im Jahre 1994 wird das Frauenstudien- und -bildungszentrum der

Evangelischen Kirche in Deutschland nach ihr benannt. Anna Evangelischen Kirche in Deutschland nach ihr benannt. Anna

Paulsen war ihren Mitarbeiterinnen und Studentinnen im Paulsen war ihren Mitarbeiterinnen und Studentinnen im

Burckhardthaus immer sehr verbunden gewesen. …Burckhardthaus immer sehr verbunden gewesen. …

Reformatorische ImpulseReformatorische Impulse

Hier ist auf Anna Paulsens Engagement für die Frauenordination zu Hier ist auf Anna Paulsens Engagement für die Frauenordination zu

verweisen, für die sie sich nach anfänglichem Zögern stark macht. verweisen, für die sie sich nach anfänglichem Zögern stark macht.

Ihre Auseinandersetzung mit dem Thema der Frauenordination Ihre Auseinandersetzung mit dem Thema der Frauenordination

findet maßgeblich im sogenannten Vikarinnenausschuss der findet maßgeblich im sogenannten Vikarinnenausschuss der

Bekennenden Kirche der Altpreußischen Union statt, der in den Bekennenden Kirche der Altpreußischen Union statt, der in den

Jahren 1942/43 darüber befinden sollte, ob aufgrund des akuten Jahren 1942/43 darüber befinden sollte, ob aufgrund des akuten

Pfarrermangels, Frauen nicht nur ein bis dato eingeschränktes Amt Pfarrermangels, Frauen nicht nur ein bis dato eingeschränktes Amt

sui generis innehaben dürften, sondern ins volle Pfarramt ordiniert sui generis innehaben dürften, sondern ins volle Pfarramt ordiniert

werden sollten. .. Innerhalb des Vikarinnenausschusses versuchte werden sollten. .. Innerhalb des Vikarinnenausschusses versuchte

sie, durch die Herausarbeitung des neutestamentlichen sie, durch die Herausarbeitung des neutestamentlichen

Verständnisses von Diakonie und der Charismen sowie durch die Verständnisses von Diakonie und der Charismen sowie durch die 7575

Rekonstruktion der Arbeit der Frauen in den urchristlichen Rekonstruktion der Arbeit der Frauen in den urchristlichen

Gemeinden als auch über eine Neuinterpretation der Texte, die Gemeinden als auch über eine Neuinterpretation der Texte, die

immer wieder gegen das Amt der Theologin herangezogen wurden immer wieder gegen das Amt der Theologin herangezogen wurden

(vgl. 1 Kor 14; 1 Kor 11; 1 Tim 2), der Theologin zu einer geordneten (vgl. 1 Kor 14; 1 Kor 11; 1 Tim 2), der Theologin zu einer geordneten

Stellung in der kirchlichen Arbeit zu verhelfen. Anna Paulsen konnte Stellung in der kirchlichen Arbeit zu verhelfen. Anna Paulsen konnte

diese Argumentation zugleich einbetten in die Auffassung, dass die diese Argumentation zugleich einbetten in die Auffassung, dass die

Unterordnung der Frauen eine schöpfungsgemäße Ordnung sei. Unterordnung der Frauen eine schöpfungsgemäße Ordnung sei.

Auch führte sie Beispiele aus der Apostolischen Konstitution an, die Auch führte sie Beispiele aus der Apostolischen Konstitution an, die

ihres Erachtens gegen die Frauenordination sprechen. Ihre Arbeit in ihres Erachtens gegen die Frauenordination sprechen. Ihre Arbeit in

diesem Ausschuss reflektiert eine unabgeschlossene, diesem Ausschuss reflektiert eine unabgeschlossene,

widersprüchliche Meinungsbildung. Die Inkonsistenzen in ihrer widersprüchliche Meinungsbildung. Die Inkonsistenzen in ihrer

Argumentation lösten sich in den folgenden Jahren auf, bis sie Argumentation lösten sich in den folgenden Jahren auf, bis sie

schließlich zu einer Verfechterin der Ordination von Frauen wurde.schließlich zu einer Verfechterin der Ordination von Frauen wurde.

KommentarKommentar

…. Anna Paulsen plädierte in den Jahren 1932/33 … für eine …. Anna Paulsen plädierte in den Jahren 1932/33 … für eine

kritische Distanz in Bezug auf die „nationale Bewegung“. Dabei kritische Distanz in Bezug auf die „nationale Bewegung“. Dabei

wendet sie sich besonders gegen bestimmte Ausführungen des wendet sie sich besonders gegen bestimmte Ausführungen des

Rassegedankens, der ihrer Ansicht nach in fundamentaler Weise Rassegedankens, der ihrer Ansicht nach in fundamentaler Weise

Aussagen des christlichen Glaubens entgegenstehen. Aussagen des christlichen Glaubens entgegenstehen.

… Anna Paulsen: „Im Rassegedanken, d.h. in der einseitigen … Anna Paulsen: „Im Rassegedanken, d.h. in der einseitigen

Wertung der eigenen Rasse, liegt ein Moment der Wertung der eigenen Rasse, liegt ein Moment der

Selbstbehauptung gegen den Schöpfergott, der nach der Bibel der Selbstbehauptung gegen den Schöpfergott, der nach der Bibel der

Richtergott ist, der über alles Menschtum ohne Unterschied das Richtergott ist, der über alles Menschtum ohne Unterschied das

letzte Wort zu sagen hat. Man macht die eigene Rasse und ihre letzte Wort zu sagen hat. Man macht die eigene Rasse und ihre

Geschichte zum Mittelpunkt aller Geschichte. Gewiss liegt in dieser Geschichte zum Mittelpunkt aller Geschichte. Gewiss liegt in dieser

rassischen Erkenntnis ein Wahrheitsmoment, das lange übersehen rassischen Erkenntnis ein Wahrheitsmoment, das lange übersehen 7676

worden ist. Das ist das Recht und die besondere worden ist. Das ist das Recht und die besondere

Gegenwartsbedeutung der Bewegung. Wenn ein GeGegenwartsbedeutung der Bewegung. Wenn ein Gesichtspunkt sichtspunkt

verabsolutiert wird, führt er zu Einseitigkeit und zu einer schiefen verabsolutiert wird, führt er zu Einseitigkeit und zu einer schiefen

Sicht auf die Geschichte.“Sicht auf die Geschichte.“

Für Anna Paulsen ist hier nicht nur die Selbstbehauptung gegenüberFür Anna Paulsen ist hier nicht nur die Selbstbehauptung gegenüber

dem Schöpfergott, sondern auch eine Verleugnung der Bedeutung dem Schöpfergott, sondern auch eine Verleugnung der Bedeutung

des Kreuzesgeschehens durch die Vermischung von des Kreuzesgeschehens durch die Vermischung von

nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Glauben zu nationalsozialistischer Ideologie und christlichem Glauben zu

entdecken: „Christenkreuz und Hakenkreuz stehen auf einmal entdecken: „Christenkreuz und Hakenkreuz stehen auf einmal

nebeneinnebeneinander als gleichberechtigte Symbole. Das Kreuz als das ander als gleichberechtigte Symbole. Das Kreuz als das

Zeichen des Gerichtes über jegliches menschliches Verhalten und Zeichen des Gerichtes über jegliches menschliches Verhalten und

über alle ‚Volkstümer‘ der Welt wird verleugnet. Jede völkische über alle ‚Volkstümer‘ der Welt wird verleugnet. Jede völkische

Selbstvergötzung ist im Kreuz Christi verneint, um den Menschen Selbstvergötzung ist im Kreuz Christi verneint, um den Menschen

seine neue Geltung beizulegen durch das Ja der Rechtfertigung.“ Mitseine neue Geltung beizulegen durch das Ja der Rechtfertigung.“ Mit

dieser Auffassung positioniert sich Anna Paulsen in der Mitte der dieser Auffassung positioniert sich Anna Paulsen in der Mitte der

Bekennenden Kirche…Bekennenden Kirche…

aus: http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=13aus: http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=13

7777

Elisabeth Schmitz Elisabeth Schmitz 1893 - 19771893 - 1977

7878

BeziehungenBeziehungen

Elisabeth Schmitz wurde am 23.8.1893 in Hanau/Main als dritte Elisabeth Schmitz wurde am 23.8.1893 in Hanau/Main als dritte

Tochter von Marie und August Schmitz geboren. Der Vater, ein Tochter von Marie und August Schmitz geboren. Der Vater, ein

Gymnasialprofessor, der Philosophie, Geschichte und Theologie Gymnasialprofessor, der Philosophie, Geschichte und Theologie

studiert hatte und von seiner Herkunftstudiert hatte und von seiner Herkunft reformierten Bekenntnisses reformierten Bekenntnisses

war, förderte die höhere Schulbildung seiner Tochter. Obwohl war, förderte die höhere Schulbildung seiner Tochter. Obwohl

seinerzeit noch unüblich für Frauen, begann Schmitz 1914 mit dem seinerzeit noch unüblich für Frauen, begann Schmitz 1914 mit dem

Studium der Fächer Deutsch, Geschichte und Religion in Bonn. Studium der Fächer Deutsch, Geschichte und Religion in Bonn.

Mitten im ersten Weltkrieg wechselte sie 1915 nach Berlin, an jene Mitten im ersten Weltkrieg wechselte sie 1915 nach Berlin, an jene

Universität, die über die Grenzen Deutschlands hinaus einen Universität, die über die Grenzen Deutschlands hinaus einen

herausragenden Ruf genoss.herausragenden Ruf genoss.

Ihre wichtigsten Lehrer waren der Historiker Friedrich Meinicke, bei Ihre wichtigsten Lehrer waren der Historiker Friedrich Meinicke, bei

dem sie 1920 promovierte, und der liberale Theologe Adolf von dem sie 1920 promovierte, und der liberale Theologe Adolf von

Harnack. Diesen beiden und ihren Familien war Harnack. Diesen beiden und ihren Familien war und blieb sie auch und blieb sie auch

später noch persönlich verbunden, Elisabet von Harnack war später noch persönlich verbunden, Elisabet von Harnack war

zeitweilig ihre beste Freundin. Schmitz gehörte vermutlich als erste zeitweilig ihre beste Freundin. Schmitz gehörte vermutlich als erste

Frau dem „Kirchengeschichtlichen Seminar“ Adolf von Harnacks an, Frau dem „Kirchengeschichtlichen Seminar“ Adolf von Harnacks an,

einem auserwählten Kreis von Eliteschülern, zu dem zuvor auch Karleinem auserwählten Kreis von Eliteschülern, zu dem zuvor auch Karl

Barth und später Dietrich Bonhoeffer zählten. Barth und später Dietrich Bonhoeffer zählten.

Nach ihrem ersten Staatsexamen 1921 absolvierte Schmitz parallel Nach ihrem ersten Staatsexamen 1921 absolvierte Schmitz parallel

zu ihrem schulischen Vorbereitungsdienst zu ihrem schulischen Vorbereitungsdienst ein mehrjähriges ein mehrjähriges

Ergänzungsstudium an der Theologischen Fakultät. Damit wollte die Ergänzungsstudium an der Theologischen Fakultät. Damit wollte die

Religionslehrerin und interessierte Christin ihre theologischen Religionslehrerin und interessierte Christin ihre theologischen

Kenntnisse vertiefen. Ab 1923 unterrichtete Schmitz an Kenntnisse vertiefen. Ab 1923 unterrichtete Schmitz an

verschiedenen Berliner Schulen, ab 1929 als fest angestellte verschiedenen Berliner Schulen, ab 1929 als fest angestellte

Studienrätin…Studienrätin…7979

Bald nach Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft bekam Bald nach Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft bekam

Schmitz wegen ihrer ablehnenden Haltung Schwierigkeiten an der Schmitz wegen ihrer ablehnenden Haltung Schwierigkeiten an der

Luisenschule in Berlin-Mitte und wurde 1935 an die Auguste-Luisenschule in Berlin-Mitte und wurde 1935 an die Auguste-

Sprengel-Schule (heute Beethoven-Gymnasium) in Berlin-Lankwitz Sprengel-Schule (heute Beethoven-Gymnasium) in Berlin-Lankwitz

versetzt. Ihre damalige Schülerin Dietgard Meyer, die ihrer Lehrerin versetzt. Ihre damalige Schülerin Dietgard Meyer, die ihrer Lehrerin

später in jahrzehntelanger persönlicher Freundschaft verbunden später in jahrzehntelanger persönlicher Freundschaft verbunden

blieb, schreibt im Rückblick:„[blieb, schreibt im Rückblick:„[……]] Ihre den Nationalsozialismus Ihre den Nationalsozialismus

ablehnende Gesinnung konnte niemandem verborgen bleiben. Statt ablehnende Gesinnung konnte niemandem verborgen bleiben. Statt

des vorgeschriebenen strammen Deutschen Grußes eine verhuschte des vorgeschriebenen strammen Deutschen Grußes eine verhuschte

Handbewegung und ein gehauchter Hitler-Gruß ...“ (Handbewegung und ein gehauchter Hitler-Gruß ...“ (Meyer, Exkurs, Meyer, Exkurs,

208-209). Und über ihre Person: „208-209). Und über ihre Person: „leise auftretend, persönlich leise auftretend, persönlich

zurückgenommen, konzentriert auf den Unterrichtsstoff, sachlich zurückgenommen, konzentriert auf den Unterrichtsstoff, sachlich

und anspruchsvoll in ihren Anforderungen an uns.und anspruchsvoll in ihren Anforderungen an uns.“ (Meyer, Mutter “ (Meyer, Mutter

Elisabeth, 13)…Elisabeth, 13)…

1935 schrieb Elisabeth Schmitz eine rund 20seitige1935 schrieb Elisabeth Schmitz eine rund 20seitige Denkschrift zur Denkschrift zur

Judenverfolgung in Deutschland. Sie hoffte, Judenverfolgung in Deutschland. Sie hoffte, damit die Bekennende damit die Bekennende

Kirche zu einem klaren Einspruch gegen die Judenpolitik der Kirche zu einem klaren Einspruch gegen die Judenpolitik der

NationalsozialistenNationalsozialisten bewegen zu können. (siehe dazu auch die bewegen zu können. (siehe dazu auch die

Ausführungen unter „Wirkungsbereich“, besonders Punkt B).Ausführungen unter „Wirkungsbereich“, besonders Punkt B).

Bald, nachdem ihre „nichtarische“ Freundin Dr. Martha Kassel zum Bald, nachdem ihre „nichtarische“ Freundin Dr. Martha Kassel zum

1.4.1933 ihre Praxis und damit ihre Existenzgrundlage verloren 1.4.1933 ihre Praxis und damit ihre Existenzgrundlage verloren

hatte, nahm Schmitz sie in ihre Wohnung in der Luisenstraße 67 auf.hatte, nahm Schmitz sie in ihre Wohnung in der Luisenstraße 67 auf.

1937 wurde sie deshalb wegen „Zusammenlebens mit einer Jüdin“ 1937 wurde sie deshalb wegen „Zusammenlebens mit einer Jüdin“

vom Blockwart der NSDAP denunziert und von der Partei vom Blockwart der NSDAP denunziert und von der Partei

vernommen, aber der Schulbehörde gelang es, die geforderte vernommen, aber der Schulbehörde gelang es, die geforderte

sofortige Entlassung aus dem Schuldienst zu verhindern. Das sofortige Entlassung aus dem Schuldienst zu verhindern. Das 8080

Unterrichten im nationalsozialistischen Geist wurde ihr aber immer Unterrichten im nationalsozialistischen Geist wurde ihr aber immer

mehr zur Belastung. Die Reichspogromnacht 1938 gab ihr den mehr zur Belastung. Die Reichspogromnacht 1938 gab ihr den

letzten Anstoß, aus dem Schuldienst auszuscheiden. …letzten Anstoß, aus dem Schuldienst auszuscheiden. …

Die Berliner Zeit von Schmitz endete 1943. Im Zuge der allgemeinen Die Berliner Zeit von Schmitz endete 1943. Im Zuge der allgemeinen

Evakuierung Berlins zog sie im August 1943 nach fast 30 Jahren Evakuierung Berlins zog sie im August 1943 nach fast 30 Jahren

zurück nach Hanau und lebte fortan mit ihrer Schwester Maria im zurück nach Hanau und lebte fortan mit ihrer Schwester Maria im

elterlichen Haus, in dem nach dem Krieg zunächst auch noch viele elterlichen Haus, in dem nach dem Krieg zunächst auch noch viele

Fremde einquartiert waren.Fremde einquartiert waren.

Ab 1946 unterrichtete sie bis zu ihrer Pensionierung 1958 am Ab 1946 unterrichtete sie bis zu ihrer Pensionierung 1958 am

dortigen Realgymnasium für Mädchen, der späteren Karl-Rehbein-dortigen Realgymnasium für Mädchen, der späteren Karl-Rehbein-

Schule. Daneben war sie engagiert im Hanauer Geschichtsverein. ..Schule. Daneben war sie engagiert im Hanauer Geschichtsverein. ..

Am 10.9.1977 starb Elisabeth Schmitz im Alter von 84 Jahren in Am 10.9.1977 starb Elisabeth Schmitz im Alter von 84 Jahren in

einem Offenbacher Krankenhaus. Dass nur sieben Menschen auf einem Offenbacher Krankenhaus. Dass nur sieben Menschen auf

ihrer Beerdigung waren, was gerne als Beweis für das Vergessen ihrer Beerdigung waren, was gerne als Beweis für das Vergessen

durch ihre Umwelt herausgestellt wird, hatte vor allem damit zu durch ihre Umwelt herausgestellt wird, hatte vor allem damit zu

tun, dass die Anzeige erst nach der Beerdigung veröffentlicht wurde tun, dass die Anzeige erst nach der Beerdigung veröffentlicht wurde

und es außer ihren beiden ebenfalls unverheirateten Schwestern und es außer ihren beiden ebenfalls unverheirateten Schwestern

kaum Verwandte gab.kaum Verwandte gab.

Pfarrerin Dietgard Meyer erhielt nach Schmitz‘ Tod von deren Pfarrerin Dietgard Meyer erhielt nach Schmitz‘ Tod von deren

Schwester eine Aktenmappe. Darin befand sich auch die anonyme Schwester eine Aktenmappe. Darin befand sich auch die anonyme

und bisher Marga Meusel zugeschriebene Denkschrift „Zur Lage der und bisher Marga Meusel zugeschriebene Denkschrift „Zur Lage der

deutschen Nichtarier“. Zu Lebzeiten hatte Elisabeth Schmitz mit deutschen Nichtarier“. Zu Lebzeiten hatte Elisabeth Schmitz mit

Dietgard Meyer darüber nicht gesprochen, aber diese Dietgard Meyer darüber nicht gesprochen, aber diese konnte nun konnte nun

erstmalig nachweisen, dass Elisabeth Schmitz die Verfasserin der erstmalig nachweisen, dass Elisabeth Schmitz die Verfasserin der

außergewöhnlichen Denkschrift ist, außergewöhnlichen Denkschrift ist, und hat diese 1999 und hat diese 1999

veröffentlicht.veröffentlicht.8181

2004 fand dann auch noch Gerhard Lüdecke zufällig in einem Keller 2004 fand dann auch noch Gerhard Lüdecke zufällig in einem Keller

einer Hanauer Kirche eine Aktenmappe mit dem Vermerk: „Nachlaß einer Hanauer Kirche eine Aktenmappe mit dem Vermerk: „Nachlaß

Dr. Elisabeth Schmitz“ und in einem Briefumschlag „Zu meiner Dr. Elisabeth Schmitz“ und in einem Briefumschlag „Zu meiner

Denkschrift“ das handschriftliche Konzept – eine weitere Denkschrift“ das handschriftliche Konzept – eine weitere

Bestätigung. Fälschlicherweise wird aber in vielen Darstellungen Bestätigung. Fälschlicherweise wird aber in vielen Darstellungen

dieser spektakuläre Dokumentenfund als Entdeckung der dieser spektakuläre Dokumentenfund als Entdeckung der

Verfasserschaft von Schmitz gewertet.Verfasserschaft von Schmitz gewertet.

Reformatorische Impulse Reformatorische Impulse

Wie sich die Reformation auf Leben und Wirken von Elisabeth Wie sich die Reformation auf Leben und Wirken von Elisabeth

Schmitz ausgewirkt hat, lässt sich m.E. nicht leicht beurteilen. Schmitz ausgewirkt hat, lässt sich m.E. nicht leicht beurteilen.

Insbesondere Martin Luther war ja in seinen späten Jahren in die Insbesondere Martin Luther war ja in seinen späten Jahren in die

scharfe antijüdische Polemik des Mittelalters zurückgefallen. So hat scharfe antijüdische Polemik des Mittelalters zurückgefallen. So hat

sich die lutherische Reformation gerade nicht von der sich die lutherische Reformation gerade nicht von der

judenfeindlichen kirchlichen Tradition gelöst, im Gegenteil, sie hat judenfeindlichen kirchlichen Tradition gelöst, im Gegenteil, sie hat

diese z.B. auch durch die Einführung des jährlichen Judensonntags diese z.B. auch durch die Einführung des jährlichen Judensonntags

immer wieder bestärkt. In der Tradition der Schweizer Reformation immer wieder bestärkt. In der Tradition der Schweizer Reformation

waren zwar andere Töne zu hören, aber auch diese war nicht frei waren zwar andere Töne zu hören, aber auch diese war nicht frei

von judenfeindlichem Denken. Gerade aber die Judenfeindschaft von judenfeindlichem Denken. Gerade aber die Judenfeindschaft

Luthers, dieser großen Autorität im deutschen Protestantismus, hat Luthers, dieser großen Autorität im deutschen Protestantismus, hat

die antijüdische Haltung in der evangelischen Kirche bis in die Zeit die antijüdische Haltung in der evangelischen Kirche bis in die Zeit

des Nationalsozialismus genährt, und das nicht nur bei den des Nationalsozialismus genährt, und das nicht nur bei den

Deutschen Christen, sondern auch in weiten Kreisen der Deutschen Christen, sondern auch in weiten Kreisen der

Bekennenden Kirche.Bekennenden Kirche.

Dagegen gehört Schmitz zu den wenigen, die diese JudenfeindschaftDagegen gehört Schmitz zu den wenigen, die diese Judenfeindschaft

überwunden haben.überwunden haben.8282

Reformatorische Impulse können allenfalls darin gesehen werden, Reformatorische Impulse können allenfalls darin gesehen werden,

dass Schmitz die Chance zur umfassenden Bildung genutzt hat, dass dass Schmitz die Chance zur umfassenden Bildung genutzt hat, dass

sie ihrem Gewissen und nicht ihrer Kirche gefolgt ist, dass sie sie ihrem Gewissen und nicht ihrer Kirche gefolgt ist, dass sie

Zivilcourage gezeigt hat. In ihrer Überzeugung, dass sich Kirche auchZivilcourage gezeigt hat. In ihrer Überzeugung, dass sich Kirche auch

einzumischen habe in das politische Geschehen, kommt ihre einzumischen habe in das politische Geschehen, kommt ihre

reformierte Prägung zum Vorschein, im Unterschied zum reformierte Prägung zum Vorschein, im Unterschied zum

lutherischen Obrigkeitsdenken.lutherischen Obrigkeitsdenken.

Können ihre Solidarität mit den Juden und ihre Kritik an der Können ihre Solidarität mit den Juden und ihre Kritik an der

Bekennenden Kirche als reformatorische Impulse für uns Bekennenden Kirche als reformatorische Impulse für uns

verstanden werden?verstanden werden?

Ihre Gedanken können auch heute noch dazu beitragen, unsere Ihre Gedanken können auch heute noch dazu beitragen, unsere

judenfeindliche Tradition zu überwinden, ein Prozess, der schon vor judenfeindliche Tradition zu überwinden, ein Prozess, der schon vor

einigen Jahrzehnten begonnen hat, der aber noch lange nicht einigen Jahrzehnten begonnen hat, der aber noch lange nicht

abgeschlossen ist und auch in der Kirche viele noch nicht erreicht abgeschlossen ist und auch in der Kirche viele noch nicht erreicht

hat.hat.

Es gilt, uns zu unseren jüdischen Wurzeln zu bekennen, an der Es gilt, uns zu unseren jüdischen Wurzeln zu bekennen, an der

bleibenden Erwählung Israels festzuhalten und Gottes eigenen Weg bleibenden Erwählung Israels festzuhalten und Gottes eigenen Weg

mit Israel als Geheimnis zu akzeptieren, wie es schon Paulus in mit Israel als Geheimnis zu akzeptieren, wie es schon Paulus in

seinen Israelkapiteln Römer 9-11 schreibt.seinen Israelkapiteln Römer 9-11 schreibt.

Vor allem erinnert uns ihr Reden und Handeln an die Priorität des Vor allem erinnert uns ihr Reden und Handeln an die Priorität des

Liebesgebots insbesondere gegenüber Fremden und Verfolgten. Liebesgebots insbesondere gegenüber Fremden und Verfolgten.

Und das ist auch heute aktuell, wie Nachrichten und Umfragen aus Und das ist auch heute aktuell, wie Nachrichten und Umfragen aus

unserem Land zeigenunserem Land zeigen

http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=12http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=12

8383

Zusammengetragen und erstellt von:Zusammengetragen und erstellt von:

Evangelische Frauenarbeit im Sprengel HanauEvangelische Frauenarbeit im Sprengel HanauRegionalbeauftragte Sabine Schött, Regionalbeauftragte Sabine Schött, Akademiestraße 7Akademiestraße 763450 Hanau63450 Hanau

Frau Pfarrerin Margit ZahnFrau Pfarrerin Margit ZahnStadtkirchengemeinde Hanau - Bezirk Johanneskirche IIIStadtkirchengemeinde Hanau - Bezirk Johanneskirche IIIArbeitsstelle Gottesdienst der EKKWArbeitsstelle Gottesdienst der EKKWIm Venussee 16 Im Venussee 16 63452 Hanau63452 Hanau

Weitere Exemplare erhalten Sie unter Weitere Exemplare erhalten Sie unter [email protected]@ekkw.de. . Der Nachdruck ist mit QuellenhDer Nachdruck ist mit Quellenhinweisen ausdrücklich erlaubt. inweisen ausdrücklich erlaubt.

8484