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Bevölkerung & Wohnen R. Mackensen und N. Pintsch Das Thema Bevölkerung wird im Beitrag von R. Mackensen klassisch-wissen- schaftlich behandelt und stellt ein glänzendes Endprodukt dar. Gleichermas- sen ist es ein Zeitzeugnis und stellt eine bestimmte Auffassung dar. Das Thema Wohnen im Beitrag von N. Pintsch, orientiert am angelsächsischen Be- griff „Housing“, setzt sich aus diversen Aspekten zum Thema zusammen; gleichwohl wie bei einem Blick durch ein Kaleidoskop, werden unterschiedliche Aspekte skizziert und dem Leser Anregungen zur wissenschaftlichen Vertiefung gegeben. Die Nicht-Systematik des Beitrages „Wohnen“ ist eine interessante Option zur Systematik „Bevölkerung“ und als Anregung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu verstehen.

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Page 1: Bevölkerung & Wohnen · 1 Zunächst unter dem Titel »Vergangenheit und Zukunft der Demographie als Wissenschaft« als Vortrag bei der Tagung der Johann Peter Süßmilch-Gesellschaft

Bevölkerung & Wohnen

R. Mackensen und N. Pintsch

Das Thema Bevölkerung wird im Beitrag von R. Mackensen klassisch-wissen-schaftlich behandelt und stellt ein glänzendes Endprodukt dar. Gleichermas-

sen ist es ein Zeitzeugnis und stellt eine bestimmte Auffassung dar.Das Thema Wohnen im Beitrag von N. Pintsch, orientiert am angelsächsischen Be-

griff „Housing“, setzt sich aus diversen Aspekten zum Thema zusammen; gleichwohl wie bei einem Blick durch ein Kaleidoskop, werden unterschiedliche Aspekte skizziert

und dem Leser Anregungen zur wissenschaftlichen Vertiefung gegeben.Die Nicht-Systematik des Beitrages „Wohnen“ ist eine interessante Option zur Systematik

„Bevölkerung“ und als Anregung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu verstehen.

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©2017FPAC-Lahore,FBTC-Nauen,RainerMackensen,NorbertPintsch

Umschlagentwurf:ZesshanMazher,LahoreLayout:ChrisDrechsel,Berlin

Fotos:AaronPinskerGrafikenp.7undp.57,ausComputererArt-DGFK1983

ISBN...

Bevölkerung&WohnenR.MackensenundN.Pintsch

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Vorwort ……………………………………………………………………………… 5

Mackensen-Aufsatz ……………………………………………………………09–52

Pintsch-Aufsatz…………………………………………………………………57–74

Nachwort ……………………………………………………………………………75

5

VoRWoRT

VoRWoRTZumBeitragvonR.MackensenundN.Pintsch

UnserAlltagistfragmentiertindiverseTätigkeiten,–indiesenTätigkeiten,demweitenFeldzwischenTheorieundPraxis,spieltsichunserLebenab.

BevölkerungisteinThema,dasunsallebetrifft:WievielMenschenlebten,leben,werdenleben,–woundwievielewerdenleben,könnensieleben.

Darüber zu reflektierenbildengegensätzlicheBetrachtungsweisen,die zu-sammeneineganzheitlicheBetrachtungermöglichen.

AuchwenndieeineDisziplinsoziologischeSchwerpunktehatunddiean-deretechnisch-planerische,soistdiePartnerschaftlichkeiteindeutig,soauchderBevölkerungswachstumunddieWucherungenderSiedlungenmitihrenverschiedenenBehausungen.

InderRegelwerdenoberflächensymptonethematisiert.

DurchSpezialisierungundFragmentierungindenDisziplinenwerdenganz-heitlicheAnsätzeerschwertbzw.verhindert.

WachsendeEinwohnerzahlergibtwachsendeInfrastrukturkosten.

DieseerfordernhöhereSteuereinnahmen,dienurdurchwachsendeIndust-riealisierungzuerreichensind.

DemstehtdiewachsendeProduktivitätdesEinzelnenunddiesinkendeZahlderproduktivTätigengegenüber.

AlleinstellungsmerkmalundWertschöpfungskettesindBegriffedieerfreuen,abernichtderWirklichkeitentsprechen!

IntelligentereProduktionsweisenführenzuintegrativerFertigung,lösenabernichtdieHauptprobleme,dieKonzentrationundBeschränkungthematisie-rensollten.

omarM.Ali/FPACLahore

ZudenAutoren:

R.MackensenwarDirektor des Instituts fürSoziologie anderTUBund arbeitete zudenThemen Demographie, Umwelt, Stadt undLandschaft,u.z.imeuropaeischenKontext.

N.Pintsch leitetealsNachfolgervonProfes-sorDrPoenselerdasInstituteforPlanningandConsulting.

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VoRWoRTVoRWoRT

Bevölkerungsentwicklung und Wohnen

IndieserVeröffentlichungergänzensichWissenschaftundFeldstudien,umei-nenEindruckglobalerProblematikimHousingzugeben.DieEinwohnerzahlproqkmisteineBewertungsgrösse,jedochzeigenBeispieledieWidersprüch-lichkeitbzw.dieFehlerhaftigkeitvonVergleichen.

BevölkerungistimmerAusdruckvonLebens-undArbeitsmöglichkeiteneinerRegion,inAbhängigkeitvomKlima,dennatürlichenResourcen,usw.Imallge-meinenwirdflächendeckendgedachtundgehandelt,obwohldieVoraussetzun-genextremunterschiedlichseinkönnen.

RMhatinseinemBeitragüberStädte in der Statistik1einenÜberblickgegebenwiedifferenzierteineRegionanalysiertwerdenkann,wenn,–wenndieDa-tenzuverlässigsind.InErhebungenversuchtmandas,wobeidieneuenTech-nologienhierkomplettneueMöglichkeitenderErfassungperSatelittgeben.ImZeitrafferwerdenStadtausweitungenersichtlichundmitdenGründen,z.B.BodenschätzeoderArtderDienstleistungen,parallelverständlich.AllerdingshatmandasGebietbehutsamerPlanunglängstverlassenundorientiertsichanreinerWirtschaftlichkeit.Dasbedeutet,schnellwirderkennbar,wosichmehrInvestitionen nichtmehr lohnen.Damit ist die Stadt, als traditionelles Sied-lungsgebiet,mitlangsamerEntwicklungVergangenheit.DieStadtalsoffenesSystemistaustauschbargeworden,gesichslos,überholt.DiekomplexeFormvonHousing,Behausungen,Zusammenballungen,sindalsgeschlossenesSys-temzuverstehenundzuentwickeln,indemdietechnischeInfrastrukturauchinartifizielleNatürlichkeiteneingreift,–Erholungszentrenenstehenalsgeschlos-senesSubsystem,Produktionseinrichtungenwerdenintegriertangelegt,d.h.dieFlächenausbreitungderNoch-Gegenwartistüberholt.ImBereichderSpekula-tionmitImmobilienundLandwirdnochmehrdieÜbersichtlichkeitverlorengehenunddasklassischeVerständtnisüberdieArtdesWohnens,desArbeitens,des Produzierenswird inVergessenheit geraten.Die vermehrteVerwendungvonAutomatenundRoboternverändertdieLebensweisedesnormalenMen-schen,dersichplötzlichineinemgeschlossenenSystemwiederfindet,ohneeszubemerken.

1 p.129-165Aus:DieStadtinderBundesrepublikDeutschland,Lebensbedingungen,Aufgaben,Planung;PhilipReclamjun.Stuttgart1974

DiesystematischeHerangehensweiseandieProblematikverändertsich,weildieVeränderungeneinzelnerBereicheschnellergeschehenkönnen,alsinande-renBereichen,sodassdieEntwicklungsrichtungensichändern.

DadieserProzesswenigeranalog,sonderndigitalundimmateriellverläuftunddieserwichtigeFaktorZeit,Nachdenken benötigt Zeit,durchZeitistGelder-setztwirdunssichfastselbstüberholt,istdadurchdieFehlerhäufgkeitenormgewordenunddasGefühlfürdasReale,Bodenhaftende,nichtdesGestrigen,sonderndesrealistischenVorgehensverlorengegangen

AaronPinsker/FBTCNauen

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R.Mackensen

DemographiealsWissenschaft

Inhaltsverzeichnis

Teil1vonRainerMackensen

Bevölkerung...DemographiealsWissenschaft

Vorwort ……………………………………………………………………………… 09

1.HeranführungandasThema……………………………………………………… 11

WasbestimmtdemographischeEntwicklungen? ……………………………… 13

2.BevölkerungalsGottesbeweisundStaatsgrundlage:VorindustriellePeriode …… 15

3.BevölkerungalsWirtschaftsfaktor:PeriodederÜbervölkerung ………………… 16 EmanzipationderDemographieausderNationalökonomie…………………… 19

4.Psychologismus,Biologismus,Formalismus:DiePeriodederGeburtenrückgänge 24

4.1BevölkerungalsGenpool:DieEntstehungder„modernen“Statistik…………… 25

4.2BevölkerungalsRasse:DasdeutscheVerhängnis ……………………………… 29

5.Die„formaleDemographie“:Nachkriegspolitik ………………………………… 34

6.GefahrenundChancenfürdieDemographie:EinneuesProgramm……………… 38

6.1WelchesZielhabensichdieDemographengesetzt? …………………………… 38

6.2WelchesZielkönntesichdieBevölkerungswissenschaftsetzen? ……………… 41

6.3Fazit ……………………………………………………………………………… 46

Literaturnachweis …………………………………………………………………… 47-55

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RAINERMACKENSEN 1110

RainerMackensen

Demographie als Wissenschaft1

WerüberDemographienachdenkt,wirdzunächstandieProblemedenken,welchesichkünftigausderBevölkerungsdynamikergebenkönnen;erwirddanachfragen,obundwiedieDemographiesichdaraufvorbereitenkönnte,dieseAufgabenzubewältigen.AuchichhabediesesZiel;aberichwillnichtdieBevölkerungsdynamik,sonderndieDemographieselbstindenBlicknehmen.Dazumußichzurückblicken. DieDemographieistzunächsteinehistorischeWissenschaft:SiebefaßtsichmitBevölkerungen,diesiestetsnurinderVergangenheitfassenkann.Esistdurchausnichtselbstverständlich,daßsiesichauchderZukunftzu-wendet.

1. Heranführung an das Thema

„Demographie“–dieBezeichnungwurdevonAchilleGuillard1855einge-führt2–istdieLehrevonAufbauundVeränderungvon„Bevölkerungen“.Waseine„Bevölkerung“abersei,giltzwarjederZeitalsselbstverständlich;dochhatsichdiesesVerständnisunddamitdas,wasAufgabeundZielsetzungderDemographiesei,imLaufederZeitgründlichgeändertundscheintauchgegenwärtigineinemVeränderungsprozeßzustehen. Sollvonder„DemographiealsWissenschaft“dieRedesein,soistderWissenschaftsbegriffzubezeichnen,wieerimFolgendenverwendetwerdensoll.NichtjedeTätigkeit,dieanihrenGegenstandsystematischundnach-kontrollierbarherangeht,bildetbereitseineeigenständigeWissenschaft.Die-seerscheintmirvielmehralseinForschungsprogramm,daseinerangebbarenZielsetzungmitdeninderWissenschaftüblichen,anerkannten

1 ZunächstunterdemTitel»VergangenheitundZukunftderDemographiealsWissenschaft«alsVortragbeiderTagungderJohannPeterSüßmilch-GesellschaftfürDemographieüber»ProblemederDemo-graphieim21.Jahrhundert«inNürnbergam25.Sept.2000,später,am10.Januar2002,alsVortragimArbeitskreisDemographiederLeibniz-Sozietät;gedrucktin:ZeitschriftfürBevölkerungswissen-schaft25,399-430;hierüberarbeitetundgekürzt.

2 Lorimer1959,159;Pressat1985,54.

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derenTrägernbegründetunterstelltwerdenkann,daßsievergleichbareIn-teressenundErfahrungenbesitzen.“1BishersindwissenschaftlicheLeistun-genundideologischePositionenjedochinderRegelalsEinheitbehandeltworden.obgleichichmichweitgehendandieüblichepersonenhistorischeBeschreibungsweisehaltenmuß,sowillichdochzuzeigensuchen,daßdie-sesWissennachdenjeweiligenZielsetzungeninhaltlichundmethodischunterschiedlichgefülltwird. Ichverwendehiereinenengen Begriff von Demographie,derdurchdasRegelwerkgekennzeichnetist,welchesmanauchals„formaleDemographie“bezeichnet. StattdiegegenwärtigeDemographiezuzeichnenundaufihrEntwick-lungspotentialhinzubefragen,macheicheinigeBemerkungenzurfrüherenEntwicklungderDemographie;darauswillichKonsequenzenfürdieBedin-gungenzuziehensuchen,dieichfürdieBewältigungderbevorstehendenAufgabenfürnotwendighalte.

Was bestimmt demographische Entwicklungen?

VoretwaeinemJahrhabensichdiedeutschenbevölkerungswissenschaftli-chenGesellschaftenwiedereinmalmitderAktualitätderLehrendesThomasRobertMalthusauseinandersgesetzt.Siesinddabei–unbeschadetunter-schiedlicherStandpunkte–auchzudemErgebnisgekommen,daßdieseLehreninhaltlich„nur noch von historischem Interesse“2seien,weilnämlichdervonMalthuspostulierteunmittelbareZusammenhang zwischen Bevölke-rungsbewegung und Versorgungskapazitätnichtmehralskonstitutivange-sehenwird.Damalsfreilich,alsMalthusseine„Prinzipien“formulierte,wardieserZusammenhangvonbuchstäblichvitalem,vonstärkstemwirtschaft-lichemwievonpolitischemInteresse;erwurdedementsprechendheftigdis-kutiert. WennjeneInterdependenzzwischenBevölkerungsbewegungundVer-sorgungskapazitätnichtmehralsgegebenangesehenwird,sofragtsich,wel-cheInterdependenzenseither,gegenwärtigundkünftigalsmaßgeblich,alszielführendfürdieEntwicklungderBevölkerungunddamitderDemogra-

1 MacKenzie,l.c.,p.5:„seekingtheoreticallyplausiblerelationshipsbetweenbeliefandsocialposi-tionswhoseoccupantsmay reasonablybeheld tohave similar interestsandexperiencies.“MeineÜbersetzung,R.M.

2 SoMackensen1999,p.46.

undauchbeschränktenMittelnnachgeht.DieZielsetzungbestimmtdieAus-wahlderzubehandelndenThemen,damitauchihrenGegenstandundihreMethoden.SolcheZielsetzungensindnichtunabänderlich;sieerschöpfensichdurchErreichungderZiele,abernichtnurdarin.Zielewerdengesetzt;siekönnenmitderZeitihreAttraktivitäteinbüßen,womitdanndiesesspezielleForschungsprogrammverschwindet. IchschließemichdamitdemWissenschaftsbegriffMacKenziesan,derseineUntersuchungder„StatisticsinBritain“11981anHabermas´Studieüber„ErkenntnisundInteresse“orientiert.Erformuliert:„Wissenschaftistnichteinepassivkontemplativeoder»entdeckende«Tätigkeit,sondernführtneueGedankenein.Sieistzielorientiert;währendihreZieleineinemallgmeinenSinnmitderSteigerungdermenschlichenKapazitätzutunhaben,VorhersagenzutreffenunddieWeltzukontrollieren,vertretensieunter-schiedlicheAspektediesesgenerellenZweckes.DieVerfolgungbestimmterZielewirdimRegelfallvonsozialenInteressengetragen,dieentwederinner-halbderSozialstrukturderWissenschaftoderinderGesellschaftinsgesamtverortetsind.WissenschaftlichesWissenistdemnacheinsozialesKonstrukt,undzwarinzweierleiBedeutung.ZunächstistsieimallgemeineneinProdukt interagierender Gruppen von Wissenschaftlern.UndaußerdemberührendiesozialenInteressennichtalleindieorganisatorischeEbene,sondernfunda-mentaldieEntwicklungvonTheorienundForschungsverfahren.WeilWis-senschaftzielgerichtetistundweilihreZielsetzungensozialgestütztsind,istwissenschaftlichesWissenwesentlichsozial strukturiert.“ IchkanndiesewissenssoziologischeIntentionnichtausreichenddurch-führen,weilzudemgestelltenThemavieledererforderlichenwissenschafts-historischenUntersuchungenfehlen.Esistnotwendig,indengemeintenStu-dien die Dimensionen „Wissenschaft“ und „Zielsetzung“ deutlich zuunterscheiden2,siesystematischzugruppierenund„theoretischplausibleBeziehungenzwischenGlaubensinhaltenundsozialenPositionenzusuchen,

1 MacKenzie1981,p.225:„Scienceisanactivitynotofpassivecontemplationand»discovery«butofinvention.Itisgoal-oriented,and,whileitsgoalsmayallinageneralsencehavetodowiththeenhancementofthehumanpotentialtopredictandcontroltheworld,theyrepresentdifferentparti-cularisationofthisoverallobjective.Thepursuitofparticulargoalsistypicallysustainedbysocialinterestslocatedeitherintheinternalsocialstructureofscienceorinthatofsocietyatlarge.Scientificknowledgeisthusasocialconstructintwosenses.First,inthatitistypicallytheproductofinteractinggroupsofscientists.Second,inthatsocialinterestsaffectitnotmerelyattheorganisationallevelbutatthemostbasiclevelofthedevelopmentandevaluationoftheoriesandtechniques.Becausescienceisgoal-oriented,andbecauseitsgoalsaresociallysustained,scientificknowledgeisconstitutivelysocial.“MeineÜbersetzung,R.M.

2 Sobereits1985inmeinerCoda,212,gefordert.

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2. Bevölkerung als Gottesbeweis und Staatsgrundlage: Vorindustrielle Periode

EntstandenistdieBevölkerungswissenschafteinerseitsunterhumanistischenZielsetzungen,andererseitsausdenBedingungendesStaatsaufbausnachdemDreißigjährigenKriege1.IndieserihrererstenPeriodeerschiendieBevölkerungs-entwicklungalssolchenochnichtalsProblem,sondernvielmehralsNaturereig-nis.EinProblemwardemgegenübereinerseitsderBevölkerungsverlustvonüberderHälftederEinwohnerinfolgedesDreißigjährigen,dannaberauchdesSie-benjährigenKriegessowiederRevolutionenundderNapoleonischenKriege2,andererseitsdiewirtschaftlicheBelebungderländlichen,berg-undhandwerkli-chenProduktion,welchedieArbeitskrafteinergrößerenEinwohnerschaftvor-aussetzte. Graunt, Petty undHalleywarennochUniversalwissenschaftler,alsoim17.JahrhundertwesentlichPhysiker,damitMathematiker;HalleywarAstronom:DieHarmoniedesWeltallswarihrThema;siesollteauchfürdiesozialenZusam-menhängegelten.NurdeshalbversuchtensiesichauchanderDemonstrationderAbsterbeordnung.Süßmilch,dersichzuvormitdemphysikalischenAufbauderNaturbeschäftigthatte,fandim18.Jahrhundertwiedortauchindenmassensta-tistischenRegelmäßigkeitenderdemographischenEreignisseeinenBeweisfürdievomSchöpfervorgeseheneHarmoniedesUniversums.SelbstnochQuetelet,ebenfallsursprünglichAstronom,gingesvorallemdarum,dieNaturgesetzlich-keitauchdesmenschlichenDaseinsnachzuweisen.DaswardasAnliegender–vonPettysogenannten–„politischenArithmetik“3.

1 „KaumistjeeinKriegfüreineNationsounheilvollgewesenwiederDreißigjährigeKriegfürDeutsch-land.ÜberallwardasLandverwüstet,ganzeGegendenwarenzurBrandstätteundEinödegeworden,dieEinwohnerzahlwarüberallaufeinenkleinenBruchteilherabgesunken;...“MeyersKonversationsLexikon31875,V,654.„DieTerritorial-undNationalstaaten,dienachdemDreißigjährigenKrieg...entstanden,warenimZeichen...dersichmehrundmehrdurchsetzendenGeldwirtschaftgezwungen,ihreFinanzwirt-schaftvorsorgendaufgesundeGrundlagenzustellen,...DerZustromvonGeld...standimMittelpunktderWirtschaftspolitik;danebenspieltedieBevölkerungspolitik,diezugleichBauernwohlfahrts-undlangfris-tiggeplanteRekrutierungspolitikwar,einebeträchtlicheRolle....InDeutschlandundÖsterreichstandenBevölkerungsprobleme...imVordergrunddermerkantilistischenWirtschaftspolitikundihrerkameralisti-schenBefürworter.“Schmölders1962,p.13.

2 SieheMost1913:143.3 ZudiesenwirdauchKasparNeumanngezählt,vondemdieEngländerundSüßmilchzunächstihreDaten-

grundlageübernahmen.

phieangesehenwordensindoderwerdensollen.SeithersindetlichederartigeInterdependenzenhypostasiert,auchwiederverworfenundsogarperhorresziertworden. Die–materiellewietheoretische–AuflösungdesvitalenZusammenhangsvonMenschenzahlundNahrungsmengeließdieDiskussion,angesichtsdesnuneinmalerregtenInteressesamBevölkerungsprozeß,inangrenzende,zeitgebun-deneThemengebieteausufern.SchließlichlandetedieAufmerksamkeitbeiHy-pothesenübervitaleZusammenhänge,dietiefverwurzelteLeidenschaftenbloß-legtenundfurchtbareKonsequenzennachsichzogen.AusEntsetzendarübersuchtesichdieDemographie–nichtzuletztinfolgedesszientistischen,aberkaumdurchsetzbarenProgrammsderIUSIPPunddannderIUSSP11–zuverselbstän-digenundsichderHypothesenüberdenBevölkerungsprozeßüberschreitendeZusammenhängezuenthalten.Vergeblich–neueHypothesenumlagernsie,undsiebergennichtgeringekünftigeRisikenundSpannungen.DieDemographiewirdsichinderIsolationnichtdauerhaftgegenihrenmöglichenMißbrauchab-schirmenkönnen.SiewirdFarbebekennenmüssen. IndieserEntwicklungderDemographieentstandeinDenkmodell,nachdemesvordringlichdaraufankommenmüsse,ausVerursachungstheorienzudenVeränderungenderVariablenderBevölkerungsdynamik–hergeleitetausdentheoretischenPotentialenderÖkonomik,derBiologieundderSoziologie–aufkünftigeMassen-undStrukturentwicklungenvonBevölkerungenzuschließen,umdieÖffentlichkeitundnamentlichdiePolitikaufheraufziehendeProblemehinweisenzukönnen.IndiesemDenkmodellsteht„dieBevölkerung“fürsichselbst,istzentralerUntersuchungsgegenstand,undjedeihrerVeränderungenerscheintalsgefahrenträchtig.HintereinemsolchenModellscheint–unausge-sprochen–dieVorstellungdurch,daßeine(nachGrößeunddemographischerStruktur)möglichstwenigveränderlicheBevölkerunganstrebenswertwäre;wa-rumdiessoseinsolle,bleibtunbegründet. AlsAlternativedazuistandasfrühereDenkmodellzuerinnern,inwelchemBevölkerungsveränderungeninersterLinieals–maßgebliche–DeterminanteninZusammenhängenangesehenwurden,welchemitdemZieleinerVerbesserung der LebensumständeimSinnezunächstderZielsetzungderallgemeinenÖkono-mik,dannderStaatswirtschaftundendlichdesVolkswohlstandsuntersuchtwur-den.IndieserFragestellungwaralsonicht die Eigendynamik des Populations-prozesses alssolcheZielsetzungderBevölkerungswissenschaft.

1 DazuHöhn1989.SieheauchIUSSPed.1985.

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beitskräfteinEngland,FrankreichundDeutschlandhingewiesen.ErführtsieaufdieunterschiedlichenKonsequenzenderRevolutionenindeneinzelnenLän-dernzurück: „InEnglandbrachtendiebeidenRevolutionendes17.Jahrhunderts,nament-lichdieletzterevon1688,jeneSchichtendesVolkesansRegiment,dieimPar-lamentrepräsentiertwaren;unddieseSchichtenhatteneinInteresseanderFör-derungderkapitalistischenBetriebsweise,namentlichinderLandwirtschaftundimGroßhandel.....DeroranierWilhelmIII.,derdurchdieRevolutionaufdenThronberufenwordenwar,wurdederFührerindemgroßenKampfgegenFrank-reich,indemesumdieHandels-undSeeherrschaftging....DabeiderGemein-heitsteilung[inEngland,alsoderAufteilungderAllmenden,vonderenNutzungdie„unterbäuerlichenSchichten“abhingen;R.M.]derGrundsatzangenommenwurde,daßdasMaßderbisherigenNutzungentscheidendseinsolle,soschlugdieMaßregelzumVorteildergroßenBesitzeraus,dienunihreKapitalkrafterstrechtzurGeltungbringenkonnten,dagegensehrzumSchadenderkleinenLeu-te,fürdiederwinzigeAnteil,densieerhielten,keinenErsatzbotfürdenVerlustderunentbehrlichenGemeinweide.....[InFrankreichdemgegenüberhatdiewirt-schaftsliberaleGesetzgebunginfolgederRevolution;R.M.]dieEntwicklungeinesagrarischenKapitalismus,dieanfangsauchhierimGangewar,nichtzu-gelassen....DiefranzösischeRevolutionhatdenzahlreichenStandvonKlein-bauern,dendasfeudaleSystemzwarbedrückt,aberauchkonservierthatte,gegendieAufsaugungdurchdiegrößeren,kapitalkräftigerenLandwirtewirksamgeschützt,sodaßsiebisindieGegenwarterhaltengebliebenist.[SpäteNach-wirkungdieserPolitikistdiegegenwärtigeEuropäischeAgrarordnung;R.M.].....EnglandwurdedasklassischeLanddesHochkapitalismus,währendFrank-reichindieserEpocheinderEntwicklungzurückblieb.InFrankreichbliebderBaueraufseinerScholle,dieLandfluchtwurdenichtsostarkwieinEngland(oderauchinDeutschland).“1 InPreußenwurdendieGemeindeweidenimZugederStein-HardenbergschenReformennachdenNapoleonischenKriegenaufgelöst,auchhierzugunstenderlandbesitzendenBauern.DielandlosenSchichten–LandarbeiterundKätner–hattenzumeistkeineandereWahl,alsneueBeschäftigungindenManufakturenundFabrikenzusuchen2.Englandund–einJahrhundertspäter–DeutschlandtriebendieIndustrialisierungvoran.DienunmehrlohnabhängigeArbeiterbevöl-

1 Hintze,1929.HierzitiertnachBrockeed.1987,344f,347.[MeineEinrückungen,R.M.]2 Conze1966;vgl.auchKöllmann1989.

IndergleichenZeitjedochentstandenaufdemKontinentder–vonAdam Smithkritischsogenannte–Merkantilismus(alsWirtschaftspolitik)unddieKameralwissenschaft,dieersteStaatswirtschaftslehre1,fürwelchedieFörderungderLand-undBergwirtschaftsowiedesHandwerksunddamitderAnsiedlungstrategischeBedeutungzugesprochenwurde.AmBeginndesNachdenkensüberBevölkerungstandindiesem–gegenüberderpolitischenArithmetikwiederuniversalistischenÖkonomik,anderenBeginndieNamenSmith, Ricardo, Thü-nen undJ.St. Mill stehen,selbständigen–Zweigdie„quantitative“Bevölkerungs-politik.FürFriedrichII.vonPreußengalt:„DerwahreReichtumeinesVolkesliegtinderZahlseinerBewohner.“2DieIntention,dieamerikanischenKolonienzubevölkern,warBenjaminFranklinsentsprechendesAnliegen.Und„nochNapoleonI.schätztediejenigeFrauamhöchsten,welchediemeistenKinderhatte.“3Diesem„optimismus“,denauchWallace, CondorcetundGodwinteilten,tratMalthusentgegen.

3. Bevölkerung als Wirtschaftsfaktor: Periode der Übervölkerung

DieAnschauungdesBevölkerungsgeschehensalseinesNaturereignisseswarwiedenpolitischenArithmetikernauchMalthuszunächstnochselbstverständlich;aberseinInteressewareinanderes:IhmgingeswesentlichumeinpolitischesAnliegen4.Nurumdieseszubegründen,vertiefteersichindie–anfangsnochziemlichgrobschlächtigalsnaturgesetzlicheRegelmäßigkeithypostasierte–Po-pulationsdynamik. EsmagalsIroniederGeschichteerscheinen,daßgeradezurZeitderDis-kussionüberdieThesendesMalthusund(zumindestinEngland)ihrerUmset-zunginPolitikdieKnappheitanMenscheninEuropazuendegingundinihrGegenteilumschlug.DasschienMalthusRechtzugeben;esriefjedochauchdieKritikaufdenPlan.DenninzwischensetztedieIndustrialisierungein,mitwel-cherdasBevölkerungswachstumnichtmehralsGefahr,sondernalsErforderniserscheinenmußte.EinZufallwardieseEntwicklungfreilichnicht:ottoHintzehat1929aufdiepolitischenUrsachenderunterschiedlichenFreisetzungbäuer-licherAr-

1 InFrankreichentsprechend:JeanBaptisteColbert(1619-1683).InDeutschlandbesondersJohannHein-richGottlobJusti(1717-1771).

2 Zit.nachMost,l.c.,142. 3 NachMost,l.c.,143.4 SiehedazudieBemerkungenvonBirg1989,bes.p.54ff.

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DieseEinbindungistderGrunddafür,daßdieBevölkerungstheoriesowohlMarx´wieSombarts(mitAusnahmedessenkurzerBegründungeinersoziolo-gischenBevölkerungstheorie1)vonderDemographieniewirklichzurKenntnisgenommenwordenist,obgleichSombart–indenWortenEdgarSalinsüberden„ModernenKapitalismus“–»fastimVorbeigehendieBevölkerungstheorieunddieBevölkerungsgeschichtesoziologischbegründetundsichert«.Sombartwie-derholteundergänztedieseLeistungnocheinmalinseiner„geistwissenschaft-lichenAnthropologie“1938,nunganzabgesehenvondenwirtschaftlichenUr-sachenundEffektenundimwesentlichenzurWiderlegungzumalNietzschesundalsoSchopenhauers2sowiederdamalsgängigenbiologistischenundrassis-tischenArgumente,ohnejedeReaktionderBevölkerungswissenschaftbisheu-te3. DaSombartzunächstvordringlichden„Hochkapitalismus“behandelte,deneraufdieZeitvordemErstenWeltkriegbegrenzte,hatteerindiesemZusam-menhangkeineVeranlassung,aufdenGeburtenrückgangeinzugehen,derdiedemographischeDiskussionnachdemKriegebeherrschensollte.AberauchinderAnthropologiezeigteersichanderquantitativenSeitedesBevölkerungspro-zessesnurmäßiginteressiert.SeineZielsetzungistauchindiesemZusammen-hangeineandere–undentsprichtnichtdenvorwiegendquantitativenInteressenderDemographie.

Emanzipation der Demographie aus der Nationalökonomie

Sombartgehörte–gemeinsammitMaxWeber–zurjüngstenGenerationder„HistorischenSchule“derNationalökonomie.IhrAnliegen,dasWirtschaftsle-benhistorisch–unddamitauchsoziologisch–zubegreifen,wurdevonderuniversalistischenNationalökonomieder„klassischenSchule“nichtgeteilt.Siewaranallgemeinen,alsounhistorischenGesetzmäßigkeitenvonWirtschafts-vorgängeninteressiert. UnterdenfundamentalenFaktorendesWirtschaftens–Arbeit,Kapital,Boden4–hattederBevölkerungsprozeßnochfürdas19.Jahrhundertgroße

1 Sombart:KapitalismusIII,21928,304-321.2 AlsoimAnschlußanWilhelmDilthey:EinleitungindieGeisteswissenschaften,sowieanGeorgSimmel

1900:PhilosophiedesGeldes,undanMaxWeber1905:DieprotestantischeEthikundderGeistdesKapi-talismus.Vgl.auchGeorgSimmel1907:SchopenhauerundNietzsche.

3 SieheaberBirg1989,63.4 Sie werden auch als Faktoren des Bevölkerungsproblems definiert: Zitiert bei Cohn, l.c.Anm. unten,

p.1.

kerungwurdezurQuelledermassivenBevölkerungsvermehrungim19.Jahr-hundertunddiesewiederumzurChancefürdieindustrielleEntwicklung. DieseEntwicklungveranlaßteKarl Marx –abgesehenvonseinenpolitischenIntentionen–zuseinerUntersuchungdeskapitalistischenWirtschaftssystems.SeineThesewar–inscharfemGegensatzzueineruniversalistischenÖkonomik–,daßWirtschaftstheorienurfürbestimmtehistorischeEpochensinnvollfor-muliertwerdenkönne;solcheEpochendefinierteerdurchdiejeweiligen„Pro-duktionsverhältnisse“.Die–unterDemographengernzitierte–These,nachwelcher„jedebesondrehistorischeProduktionsweiseihrebesonderen,historischgültigenPopulationsgesetzehat“1,istlediglicheinAbleger,einenotwendigeFolgerungausseinerallgemeinenwirtschaftsgeschichtlichenSicht.Dieeinge-hendenErörterungenderBevölkerungsfrage,welchesichausdieserSichtfürMarxergeben,stehenalsoimZusammenhangmitderBeschaffungundBehand-lungderArbeitermassenfürdieindustrielleProduktion.DiesesMomentbe-herrschtdieBevölkerungslehredermarxistischenTheoretikerseitherüber Karl Kautsky biszuParviz Khalatbari. Esbeherrschteauchdie(erste2)BevölkerungstheorievonWernerSombart,dessenWerkderVollendung–undKorrektur–deswissenschaftlichenWerkesvonKarlMarxgewidmetwar:„wasMarxsprach,wardasstolzeerste W o r tüberdenKapitalismus,indiesemWerke[demdrittenBanddes„ModernenKa-pitalismus“von1927;R.M.]wirddasbescheideneletzteWortüberdiesesWirt-schaftssystem,soweitesreinökonomischinBetrachtkommt,gesprochen.“3AuchfürSombartistdieBevölkerungsfragelediglichinsoweitvonBelang,alsihreKlärungdieVoraussetzungzumVerständnisderWirtschaftsentwicklungist.DemisterfürdievorindustrielleunddiehochindustrielleZeiteingehendnach-gegangen,fürdiespätindustrielleZeitnursporadisch4.DieBetrachtungundBegründungderquantitativenBevölkerungsentwicklungdienthierausschließlichderErklärungdesWirtschaftsprozesses.

1 Marx:31883,I,648.HierzitiertnachKhalatbari1998,1942 Die„zweite“BevölkerungstheorieSombartsdient1938,208-227;296-333;368-412,nichtmehrdemVer-

ständnisderWirtschaftsprozesse,sondernseiner„geistwissenschaftlichenAnthropologie“.3 Sombart:KapitalismusIII1927;21928,p.XXIf.4 Sombart:KapitalismusIundII,21916;71928:I,175ff,199,623ff;III,1927,21928:304-423.

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teesalserreichtgelten?1EinederBedingungen,dieeszukonkretisierengalt,wardieBewertungderBevölkerungsbewegung.TeichschildertdieseAufgabe1950: „EinganzallgemeinesGesetzderGütererzeugungsagt:VoneinemgewissenPunkteanerfordertjedeVermehrungderGütererzeugungeineunverhältnismä-ßiggroßeVermehrungvonAufwand.AufdenBodenangewandtnenntmanesdasGesetzvomabnehmendenBodenertrage....IneinerWirtschaftsgemeinschaft...setztsichdieindieserGemeinschaftvorhandeneArbeitskraftausderSummederKräftederarbeitsfähigenMitgliederderGemeinschaftzusammen.DeshalbbestehtzwischenderBevölkerungszifferundderGütererzeugungsfähigkeit(Pro-duktionskapazität)einZusammenhang.Erbesteht...auchdeswegen,weildieBevölkerungszifferdieMengedesGüterverbrauchsbestimmt“.2 Nachdem–bereitsvonMalthusherangezogenen–ErtragsgesetzkanneinvermehrterArbeitseinsatz(auseinerwachsendenBevölkerung)dieProduktionjeKopfnurbiszueinembestimmtenMaximalwertsteigern;jenseitsdiesesWer-tessinktderrelativeErtrag.DanachmußteesfüreinLandbeikonstanterBo-denflächeundgegebenemKapitaleine„optimale“Bevölkerungsmengegeben.DerMaximalwertmußtejedochnachdiesemVerständnisdasZielderWirt-schaftspolitiksein. „DieBevölkerungmitdemgrößtenAnteilamSozialproduktjeKopfnennenwirdieoptimumbevölkerungoderdenZustanddesSozialprozessesdasBevöl-kerungsoptimum.VorErreichendiesesPunktesherrschtUntervölkerung,nach-herÜbervölkerung,dererreichbareHöchststandistdasBevölkerungsmaximumoderdieBevölkerungskapazität“,soMackenroth1953.3Auchwennfürdiesen„dieoptimumtheoriegarkeineBevölkerungslehre“ist4,solltesiefürdieBevöl-kerungswissenschaftentscheidendeBedeutunggewinnen.DenndieBewertungvonBevölkerungszuständenistseitdemausderBevölkerungswissenschaftnichtmehrfortzudenken.Nochgravierenderwarjedoch,daßdieDemographiewegendiesesTheoremsausderVolkswirtschaftslehreausgeschiedenwurde.

1 DieseFragewurdevonJ.St.Millaufgeworfen2 Teich 1950: p. 20, 23. Das Ertragsgesetz wurde erstmals von dem PhysiokratenTurgot erkannt (geb.

1727).3 Mackenroth1953,323.4 l.c.,321.WomitMackenrothlediglichseine„moderne“DefinitionderBevölkerungslehrebekundet,nach

welcherdiesealleindieUrsachenderdemographischenDynamikzuuntersuchenhabe.

Bedeutung.Entsprechendwardie„Bevölkerungslehre“einunerläßlicherBestandteilderLehrbücherderNationalökonomie1.AberdieseBevölkerungs-lehre–wiedieStatistik,diesichimgleichenRahmenentwickelte–wurdenichtumihrerselbstwillenbetrieben. AllerdingsgewannderFaktor„Kapital“imspäten19.Jahrhundertstär-keresGewicht;der„technischeFortschritt“–gekoppeltaneinenzunehmen-denKapitaleinsatz–schienfürdieWirtschaftsentwicklungvongrößererBedeutungzuseinalsderFaktor„Arbeit“,alsodieMengederProduzentenausderBevölkerung.DerFaktor„Konsum“sollteerstmitKeynes2infolgederWeltwirtschaftskrise1929zueinemmaßgeblichenMomentderWirt-schaftstheorieavancieren. ZielderWirtschaftistnachdieserSchuledieHebungdesallgemeinenWohlstandes.GeradedeshalbwarSmithderkameralistischenSchulenichtwohlgesonnen,dennersahderenInteresseeheraufdieMehrungdesStaats-wohlstandesalsdesVolkswohlstandesgerichtet.DieserUnterschied,dersichauchineinemunterschiedlichenVerhältniszurempirischenGrundlagederWirtschaftstheoriesowiezur–staatswissenschaftlichgeprägten–Statistikausdrückte,solltefürdieEntwicklungderBevölkerungswissenschaftgra-vierendeFolgenhaben.WährenddieStatistikaufdemKontinent–inDeutschlandundÖsterreich-Ungarn,aberauchinFrankreich,denNiederlandenundinSkan-dinavien–sowohlinihrertheoretischenBehandlungwieinihrenöffentlichenEinrichtungenvondieserSchulebestimmtwurde,konntesichinEngland3–seitGaltonundseinemMitarbeiterPearson–diebiologischeStatistikentfalten. EinesderProbleme,denensichdie„klassische“Schulegegenübersah,wardieDefinitionihresWohlstandsziels:UnterwelchenBedingungenkonn-

1 „InderNationalökonomiehatessicheingebürgert,vorjedeTheorieeine»Dogmengeschichte«zusetzen....DadieBevölkerungslehreinDeutschlandbisindiejüngsteZeitihrePflegestätteinnerhalbderNationalökonomiehatte-...-sogehörtdazuaucheine»GeschichtederBevölkerungstheorie«.“Mackenroth1953:298f.

2 JohnMeynardKeynes1919:TheEconomicConsequencesforPeace.3 Auchdorthattesich„dieSammlungquantitativerInformationendurchStaatsämter,privateGesell-

schaftenundIndividuenwohletabliert;“dieEncyclopaediaBritannicavon1797definierte„Statistik“ganzimSinneder„staatswissenschaftlichenTradition“.MacKenzieverweist,l.c.,p.7u.8,aufdas„statisticalmovement“derViktorianischenAera,diejedoch„keinestatistischeTheoriehinterlassen“habeundfürdie„dieSammlungquantitativerInformationenimwesentlichenvonderEntwicklungdermathematischenWahrscheinlichkeitstheorieunberührt“blieb.ErstinderMittedesJahrhundertshabesichdieenglischeStatistikauchderWahrscheinlichkeitsrechnungbedient.MeineÜbersetzung,R.M.

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(schwächere)AngabenüberdenVerlaufderWohlfahrtsfunktionbeschränken.MitdemsogenanntenParetokriterumwirdfestgelegt,daßvoneinerWohlfahrts-steigerungdergesamtenGesellschaftdannundnurdanngesprochenwerdensoll,wenndieWohlfahrtmindestenseinesIndividuumsansteigt,ohnedaßdieWohlfahrtauchnureinesanderenIndividuumsabnimmt.“1 IndermathematischenDefinitiondesParetokriteriumsfielderBevölkerungs-faktorvölligausderBerechnungheraus;erwartheoretischnichtmehrerforder-lich,umdasallgemeineZielderWirtschaftzubeschreiben.SeitheristderBe-völkerungsfaktorfürdieÖkonomiknichtmehrvonzentralemInteresse;dasPareto-optimumgiltjedochbisheutealseinvaliderMaßstabzurBeschreibungeinesWirtschaftszustandes;Alexander Kopkeformuliert1997: „Inder(klassischen)WohlfahrtsökonomikwerdenUntersuchungenderWirt-schaftunterdemAspektderWohlfahrtsmaximierungeinzelnerIndividuenodervonGruppensodurchgeführt,daßdieWohlstandsvorstellungenalsNutzen-undWertvorstellungeneinzelnerIndividuenzusogenanntenWohlfahrtsfunktionengebündeltundformalmathematischnacheinemoptimum,meistdemPareto-optimum,aufgelöstwerden,umdamitbestimmtewünschenswerteWirtschafts-konstellationenzubeschreiben.KlassischeWohlfahrtsökonomikerlaubtes,we-genderBündelungvonEinzelinteressenzuGruppeninteressen,AussagenüberKostenundNutzenvonGüternzumachen,derenProduktioninkollektivenEntscheidungsprozessenbeschlossenwerden.“2 AuchwennParetodieseInnovationbereitsvordemErstenWeltkriegein-brachte,dauertees–inDeutschland–etwabis1930,ehesieübernommenwur-de.NochCohnsuchte–aufVeranlassungRöpkes3–1934,wennauchvergeblich,nacheinerempirischenLösungdesoptimum-Problems.IndieserVerzögerungzeigtesichdieDistanzzwischenderinDeutschlandherrschendenundderinderenglischenTraditionbetriebenenVolkswirtschaftslehre.

1 Külpu.a.1980,p.132.Vgl.auch:Frey1978,sowieErleiu.a.1999;p.17.2 Kopkesetzt(1997,79,Anm.)fort:„...verletztdamitjedochdieAnnahmedesmethodologischenIndividu-

alismus.“DamitistzumindestindiesemZweigderÖkonomik,dergeradewährendder1920erJahrepro-minentgewesenist,dieAnalyseaufGesamtheitenfestgelegt.DiesistdemnachnichtalleineinMerkmalderDemographie,sonderneineTendenzjenerZeit–undgeradederenglischenSozialwissenschaft,auswelchersowohldiebiologischinspirierteSoziologieSpencerswiedie„moderne“Statistikresultierte.

3 RöpkehattesichzumZeitpunktdesAbschlussesderDissertationvonCohnbereitsnachIstanbulzurück-gezogen.

Sombart konstatiertebereits19091,daßeskeineobjektivenWohlstandskri-teriengebenkönne.Löschdiskutiertedasoptimum1932undverwarfseineVerwendungalsinoperabel;erwendetesichalleineinem–fürgewichtigerachteten–Momentzu,derBevölkerungsvermehrung.2Cohnbestätigte1934inseinergründlichenAnalysederoptimumtheorie,daßeineempirischeDefinitiondesBevölkerungsoptimumsnichtmöglichsei.FreilichwarSombartWirtschaftshistoriker;undCohnSchülervonRöpke,derebenfallsderquali-tativenSchulezuneigte.LöschallerdingswaralsSchülerSchumpeterseheranderklassischenTraditionorientiert.Inzwischenhatteindieserdiemathe-matischeSchule,„dieinDeutschlandbisher[nachHellersUrteil:alsojeden-fallsbis19273;R.M.]nichtnachGebührgewürdigt“wordenwar,anGewichtgewonnen,besondersinihrerLausannerFassung.WalrasbauteinNachfol-geAlfredMarshalls4dielogische(dimensionale,graphische)AnalysederWirtschaftsfaktorenaus.UndihmfolgtenArthur C. Pigou5undVilfredo Pareto6,der–abgesehenvonseinenanderenVerdiensten–dieoptimumthe-orieunddieBerücksichtigungdesBevölkerungsfaktorsindertheoretischenÖkonomikendgültigzuFallbringensollte. ParetoführtedieDifferentialgleichungindietheoretischeWirtschafts-theorieein.Erbenutztesieu.a.,um–statteinesoptimums,dassichalsundefinierbarerwiesenhatte–dieTendenzinRichtungaufeinsolchesop-timumhin(odervoneinemsolchenweg)zudefinieren.Külpu.a.beschreibendasProblem1980folgendermaßen: „WährenddieältereWohlfahrtsökonomiknochvonderVorstellungaus-geht,dieWohlfahrtlassesichinkardinalenundinterpersonellvergleichbarenNutzeneinheitenmessen,bestreitetdieParetanischeWohlfahrtsökonomiksowohldiekardinaleMeßbarkeitalsauchdieinterpersonaleVergleichbarkeitvonNutzenundbeschränktsichdarauf,denNutzenordinalzumessen....DieVertreterderälterenWohlfahrtsökonomikverstandenoftmalsdiegesell-schaftlicheWohlfahrtalsSummederindividuellenWohlfahrten....EinesolchenormativeFestlegungistjedochnurmöglich,wennmaneinenkardi-nalenNutzenmaßstabundinterpersonellvergleichbareNutzeneinheitenun-terstellt.DadieVertreterderParetianischenWohlfahrtsökonomikeinesolcheMöglichkeitverneinen,müssensiesichaufvergleichsweisevagere

1 Sombart1909,p.563ff.2 Lösch1932,19ff.3 Heller:31928,p.14.4 AlfredMarshall(1842-1924)ÖkonominCambridge,UK.5 ArthurCecilPigou(1877-1959)ÖkonominCambridge,UK.6 VilfredoPareto(1848-1923)1893NachfolgervonWalras.

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DieseverbandsichinderselbenZeitmitbiologischenArgumentationsmusternundInteressen.

4.1 Bevölkerung als Genpool: Die Entstehung der „modernen“ Statistik

ZugleichentwickeltesichinEnglandeinneuerZweigderStatistik.DiedeutschenStatistikerBöckh, Zeuner, Knapp, Becker undLexishattenihrebevölkerungs-statistischenUntersuchungennochunterdemvolkswirtschaftlichenInteressebegriffen–zumalsichEndedes19.JahrhundertsdieSozialversicherungentwi-ckelte,dieaufeineverläßlichereSterblichkeitsanalyseangewiesenwar–undstandenaufdemBodenderstaatswissenschaftlichenStatistik.NamentlichLexishattesicheingehendmitderWahrscheinlichkeitsrechnungauseinandergesetzt,wobeiersicheinerseitsaufvolkswirtschaftlicheBeispiele,andererseitsaufde-mographischeMaterialienberief.SeinBestrebenbestanddarin,dieAnalysederMortalitätaufeinewahrscheinlichkeitstheoretischsaubereGrundlagezustellen.1DieWahrscheinlichkeitslehre,derenersichbediente,wardievonBernoulli2, Laplace3, Gauß4 und Poisson5 begründeteTheoriederVerteilungzufälliger(d.h.durchvielfältige,nichtkontrollierbareBedingungenvomZielwertabweichende)Ereignisseumden„wahren“Wert,wiesieausdemWürfelspielundähnlichenDemonstrationen–vornehmlichzurPräzisierungastronomischerMessungen–entwickeltwordenwar.Lexisverwendetesieauch,umdie„vorzeitige“vonder„normalen“(Alters-)Sterblichkeitzuunterscheiden.FürdieselegteerbeidenSterbefällenimAlterüber65JahreneineNormalverteilungzugrunde6undkamsozurBerechnungdes„Normalalters“(oder:des„wahrenWertes“dernormalenLebensdauer,umwelchesichdie„tatsächlichen“empirischenDatenderTodes-fällezufälligverteilen)fürMänneroderFrauenbestimmterLänder7.

1 Dazubenötigteereine„saubere“Datengrundlage,alsodieBereinigungdesUrdatenmaterialszurDarstel-lungdertatsächlichdemSterberisikoausgesetztenTeile;dazuentwickelteerauchdasberühmte„Lexis-Diagramm“.ZudiesemjetztweiterführendDinkel:demnächst.

2 JakobBernoulli(1654-1705),MathematikerinBasel.3 PierreSimonMarquisdeLaplace(1749-1827),Mathematikeru.Astronom.4 CarlFriedrichGauß(1777-1855),MathematikerundAstronominGöttingen.5 SiméonDenisPoisson(1781-1840).6 Lexis1903:Theorie,p.88.Neuerdingswurde,nachdemdiegenauerenDatenderSterblichkeitimHohen

Alternachgewiesenwerdenkonnten,vonJ.Vaupelu.a.demonstriert,daßdieAnnahmeeinerGauß´schenVerteilungfürdieseSterbefälleunzutreffendist;stattdessenkönntejedocheineandereVerteilungskurveangegebenwerden.

7 Lexis1877:Massenerscheinungen,p.63.

DieBevölkerungslehreaberwar–unglücklicherweiseundjedenfallshin-sichtlichihrerbisdahinbestehendenwissenschaftlichenHeimat,derNational-ökonomie–heimatlosgeworden.Anderekonntensichihrerbemächtigen.

4. Psychologismus, Biologismus, Formalismus: Die Periode der Geburten-rückgänge

AllerdingsvollzogsichderProzeßder„Emanzipation“derDemographieausderÖkonomikwedersoeindeutignochinhaltlichsoplötzlich,wieesausderSichtderEntwicklungderÖkonomikerscheinenkönnte.Vielmehrverschobsichzu-nächstdasInteressederÖkonomenaufandereThemen,weilebendas–imengerenSinne–ökonomischeInteresseamBevölkerungsprozeßnichtmehrzurechtfertigenwar.SowandtesichnundasInteressevoneinerErklärungdesWirtschaftsprozessesdurchdemographischeVeränderungenderErklärungdie-serselbstzu.DasgeschahinderDiskussiondesGeburtenrückgangs,fürwelchenzunächstÖkonomeneineökonomischeErklärungversuchten. NochvordemErstenWeltkriegführteLujo von BrentanodieEntdeckungderschichtenspezifisch-differentiellenFruchtbarkeitnachdemGossenschenGe-setzvonderKonkurrenzderGenüsseaufdieThesevonderAbnahmederGe-burtenhäufigkeitdurchsteigendenWohlstandzurück.SeinSchülerPaul Mombert begründeteundverfeinertedieseThese;auchdieseInterpretationbegriffenbei-denochalsBeitragzur„Sozialökonomik“.InAuseinandersetzungmitdiesenbeidensuchteJulius Wolf denGeburtenrückganginAnlehnunganMaxWebersKapitalismustheoriealsRationalisierungdesVerhaltenszudeuten.ErwandtesichdannderSexualwissenschaftzuundübteimSinnederneomalthusianischenInterpretationaufdiesemFeldnachdemErstenWeltkriegdienachhaltigsteWir-kungaus.1Eserschiennurkonsequent,daßdaraufhinRoderich von Ungern-SternbergdieBegründungstheoriefürdenGeburtenrückgangvölligausdemökonomischenZusammenhanglösteundmitdemVerfallder„Gesinnung“be-gründete. MitdemGeburtenrückganghattesichalsonichtnurdieNationalökonomievonihremInteresseamBevölkerungsprozeßabgewendet;auchdasInteresseamBevölkerungsprozeßhattesichausderNationalökonomieentferntundandere–inersterLinie:massenpsychologische–Erklärungenentworfen.DamithingauchdasInteresseaneinerdifferentiellendemographischenAnalysezusammen.

1 DazuFerdinand2002:Geburtenrückgangstheorien.

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tungderSterblichkeitbediente,(imNenner)genauaufdieentsprechendeRisi-kogruppebeziehen.Ersetztesich,indemerdensozialen–stattnaturalen–Cha-rakterseinerDatenbetonte,inscharfenWiderspruchzuQuetelet.1 EinenganzanderenZweckverfolgtePearsonbeiderAnwendungundWei-terentwicklungderWahrscheinlichkeitstheorie.ErwarvonFrancis Galton,demVetterundSchwiegersohnDarwins,umRatgebetenworden:GaltonwarselbstkeinMathematikerundbenötigtefürseineUntersuchungenüberdieVererblich-keiterworbenerMerkmaledieHilfeeinesMathematikers;auchPearsonwar(undbliebzeitlebens)überzeugterEugeniker.ErlehrteStatistikamUniversityCollege,London,undbaute(ab1901)dieZeitschrift„Biometrica“auf,inwelchendiemathematischeStatistikinAnwendungaufdieVererbungslehreundBiometrieüberJahrzehnte(undbisheute)entwickeltundverbreitetwurde.HiergingesdemnachumeinvölliganderesForschungsprogramm,dasdieempirischeBe-weislichkeitunddiepraktischeAnwendungderVererbungslehreinderBiologie(namentlichinderAgrarbiologie,alsoderNutztierzüchtung)intendierteundbiometrischeAnthropologiebetrieb. GaltonhatteseineÜberzeugung,daß„jedesIndividuumübereinefixierteMengesozialbedeutsamerEigenschaftenverfügt,welcheseinen»Zivilwert«bestimmt“2(undgegebenenfallsauchseinen»zivilenUnwert«),bereits1865erklärtundseithervielfachuntermauert;1901hatteersievordemAnthropolo-gischenInstitutwirkungsvollvorgetragen.3ErübersetztediesozialenKategori-enderberühmtenLondon-StudievonCharles Booth inNaturkategorienundtrugdiebritischeSozialstrukturaufeinerHäufigkeitsskalaein,dieernachdem„ge-netischenWert“derIndividuendifferenzierte;dieuntersteKategoriewardieje-nigeder„Unerwünschten“,derKriminellen,der„paupers“etc.4DiesewarendieZielgruppeder„negativenEugenik“,welchederenProliferationunterbindenwollte,währenddie„positiveEugenik“dieFertilitätderhöherensozialenSchich-tenzuhebentrachtete.GeradedienegativeEugeniksetztestrategischdie„indi-viduelleSelektion“derZielgruppevoraus;derenMöglichkeitblieb(inEngland)

1 SiehehierzuauchFleischhacker2002:Methoden,228.2 MacKenzie1981,16.MeineÜbersetzung,R.M.3 Veröffentlichtin:Galton1909.4 Galton1909,p.11.

LexisbeschriebseinstatistischesInteresseso: „DiestatistischeMethodefindetauchindenNaturwissenschaftenfruchtba-reVerwendung;aberesscheintdochzweckmäßig,denNamenStatistikaus-schließlichderWissenschaftvorzubehalten,welchejeneMethode...aufdieUn-tersuchungderMassenerscheinungendesgesellschaftlichenLebensanwendet.“1 Dasweistdaraufhin,daßdieBezeichnung„Statistik“aufunterschiedlicheArbeitsgebieteangewendetwerdenkann.MacKenzieunterscheidet2dreimögli-cheBedeutungenvon„statistischerTheorie“,nämlich:die„Sammlungquanti-tativerInformationen,wiesietypischerweisevonÄmternundSozialwissen-schaftlern betrieben wird“; dann „die mathematische Theorie derWahrscheinlichkeit“undendlich„denEntwurftheoretischerSchematafüreineAnalysenumerischerDaten.“DieseUnterscheidungerscheintfruchtbar,abervielleichtnochnichtausreichend.DieIdentifizierungder„staatswissenschaftli-chenStatistik“derkontinentalenTraditionalleinmit„numerischerDatensamm-lung“erscheintmirunzureichend;abersieistauchnichtdurcheineKombinati-onmitdemdrittenStatistik-TypusMacKenziesausreichendzufassen.DessenInteressewarebenaufdiesendrittenTypuskonzentriert,beiwelchemesiners-terLiniedarumging,denempirischenDatenbefundmitHilfemathematischerWerkzeugepräziserzubeschreiben.WichtigerscheintdieUnterscheidungzwi-schennamentlichdemzweitenunddemdrittenTypus.DenntatsächlichbestehtinderStatistik–auchabgesehenvondem„staatswissenschaftlichenTypus“undvergleichbaretwamitderÖkonomik–eindeutlicherUnterschiedinderInter-essenausrichtungzwischenderArbeitanmathematischenKonstruktionenundderjenigenanempirischenDatensätzen. Quetelet,dessenArbeitendiestatistischeBearbeitungvonSozialdatenaufdemKontinentineinebreiteDiskussiongebrachthatten,gingesnochdarum,SozialwissenschaftalsNaturwissenschaft„positivistisch“zubegründen,wobeierDatenmassenaufihreMittelwertereduzierte3.Lexisabergingesdarum,dieempirischeDatenmassezudifferenzieren,umsiegenauerbeschreibenzukönnen.DazumußteerdieWahrscheinlichkeitsausdrücke,derenersichinderBearbei-

1 Lexis1877,p.1.2 yfrom,ontheonehand,theactivityofgatheringquantitativeinformationtypicallyengagedinbyofficial

bodiesandsocialscientistsand,ontheother,themathematicaltheoryofprobability.StatisticaltheoryItaketomeantheconstructionofatheoreticalframeworkfortheanalysisofnumericaldata.“MeineÜber-setzung,R.M.

3 Quetelet1849,1835;siehedazuJonas1968,II,104f

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umstritten,ebensowiedieAnwendungder„lethalchamber“1.Geschlechts-spezifische„Segregation“galtdemgegenüberals„humane“Strategie;aberauchderen„moralische“Konsequenzenwurdenstrittigdiskutiert.2 FürGaltonwardiemenschlicheVielfalteinPotentialfürdenFortschrittder„Rasse“3.DeshalblehnteerdietraditionelleBezeichnungderWahrschein-lichkeitstheorieals„Fehlertheorie“ab,diefürdenGebrauchbeiastronomi-schenMessungenentstandenwar,undführtedenAusdruckeiner„Abwei-chung von den wahren Durchschnitten“ („deviation“, nämlich vom„normalen“Wertz.B.der„ziemlichkonstantendurchschnittlichenIntelligenzderEinwohnerderBritischenInseln“4)ein.WährendesderWahrscheinlich-keitslehredavorumdieVermeidungoderKorrekturvonMeßfehlerngegan-genwar,gingesGaltonumdieBeobachtungundErhaltung(oderVermei-dung)geradedieserAbweichungen.SokamesmitderZeitzurBezeichnungdes„wahrscheinlichenFehlers“als„Standardabweichung“unddes„Fehler-gesetzes“als„Normalverteilung“.5DieForschungsintentionschlug,wienurdiesBeispielzeigensoll,aufdasVerständnisderverwendetentheoretischenStatistikdurch. Galtonentwickeltesiesystematischweiter:Korrelation6undRegressionbeschäftigtenihn,umanthropometrischeMeßergebnisseauszuwerten,wel-chenacheinemHinweisvonDarwin7zumNachweisauchderkleinstenÄhnlichkeitderorganeeinesorganismusdienensollten.GaltonentwarfdenKorrelationsköffizientenr,umdieInterdependenzderanthropometrischenMessungenanaufeinanderfolgendenGenerationennachzuweisen;PearsonlieferteseinemathematischeAbleitung.

1 DiedennochalsdieeigentlicheErfindungderGaskammernzurTötungzunächstderGeisteskranken,dannderKZ-InsasseninDeutschlandgeltenmuß.

2 LeonardDarwin,dernachGaltonsTod1911dieLeitungder(1907vonGaltongegründeten)Euge-nicsEducationSociety(bis1929)übernahm,begriffdieBewertungderZielgruppennichtmehralsnaturwissenschaftlichbegründet,sondernhieltsiefürsozialeDefinitionen.DieGesellschaftbestehtbisheuteals„EugenicsSociety“fort.

3 Hier:Vitalrasse.Manmuß – nachWeingart 1988, 91 – die verschiedenenBedeutungsinhalte desRassebegriffsunterscheiden,namentlichnachPlötz1911zwischen„Vitalrasse“und„Systemrasse“(„oderVarietät,dielediglicheinenengenmorphologischenFormenkreisinnerhalbeinersystemati-schenSpeziesbezeichnet“;l.c.).

4 Galton1869:32.5 MacKenzie1981,59.6 ZunächsthattenderfranzösischeAstronomundPhysikerAugusteBravais(1811-1863)unddernie-

derländischeIngenieurCharlesSchols(1849-1897)denGedankenderKorrelationdiskutiert.7 Darwin1868,II,319.

Karl PearsonhattesichalsüberzeugterDarwinistinderAbsicht,DarwinsTheorieaufdenMenschenanzuwenden,um„zudemonstrieren,daßsietat-sächlichgilt“,bemüht,ein„quantitativesMaßfürdasAusmaßnatürlicherSelektion“1zufinden.1905entstand,miteinerStiftungGaltons,ein„Euge-nicsRecordoffice“,dessenLeitungPearson1906übernahm,sowie–nachdemTodeGaltonsundaufgrundseinerErbschaft–1911die„GaltonProfes-sorshipofEugenics“.2DasInstitutwurdenachdemErstenWeltkriegin„De-partmentofAppliedStatistics“umbenanntundbeiderEmeritierungvonKarlPearson1933indreiLehrstühleaufgeteilt,vondenenRonald A. FisherdenfürEugenik,Egon Pearson(derSohnKarls)denfürStatistikundJ.B.S. HaldanedenfürBiometrieübernahm. „AlldiesewarenEugeniker.Siestandendafür,daßdiewichtigstenmenschlichenEigenschaften,soinsbesonderediegeistigenFähigkeiten,vonGenerationzuGenerationvererbtwürden....Galtonhattealserstersystema-tisch,eindeutigundwiederholtargumentiert,daßIntelligenzeinefastvoll-ständigererbteindividuelleEigenschaftsei.“3 Fisher4hattebereits1920eineForschungsstelleinRothamsted5aufge-baut,inwelchererErblehreundStatistikmitagronomischenundbiologischenExperimentenvorantriebundlehrte.obgleichaucherEugenikerwar,löstesichnachderAufteilungderFachgebieteauchseineStatistikmehrundmehrvondereugenischenIntentionundverallgemeinertediemathematischeMe-thodikfürallemöglichenAnwendungen.6

4.2 Bevölkerung als Rasse: Das deutsche Verhängnis

DieEntwicklungder„modernen“StatistikausdereugenischenVerer-bungsforschunghattezunächstmitDemographienichtszutun.Aberdiesebliebinhaltlich–undmitderZeitauchmethodisch–vonihrnichtunbeein-flußt.DasformaleDenkenerhieltdurchsienachhaltigeImpulse;unddas

1 Pearson1889,1912,zit.nachMacKenzie1981,88,89.MeineÜbersetzung,R.M.2 Unterdenetwa40MitarbeiternundStudenten,die indieserZeit anden„Biometric andEugenic

Laboratories“mitPearsonzusammengearbeitethaben,warauchRaymondPearl,derdannnachAme-rikazurückkehrteund1909eine„AgriculturalStateBreedingStation“übernahmZumZeitpunktderWeltbevölkerungskonferenz1927inGenfwarPearlDirektordes»InstituteforBiologicalResearch«inBaltimore;s.Lenz1983,168.

3 MacKenzie1981,11.MeineÜbersetzung,R.M.4 SirRonaldAylmerFisher(1890-1962).5 Dortwurden– anstelleder leidernichtoperablenExperimente anMenschen– ersatzweiseVerer-

bungsversucheanZuckererbsenundDrosophiladurchgeführt.6 DiemaßgeblicheugenischeStatistikwurdealsovorallemwährendder1920erJahreentwickelt;nach

1933wurdesieineinallgemeinwissenschaftlichesProgrammüberführt.

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Merkmal,welchessiemitderBevölkerungsforschungteilt1;deshalbsinddieÜbertragungenvonVerfahrens-undDenkweisenzwischendiesenbeidenForschungsprogrammenaucheinfachergewesen. InderQualitätskontrolleundderSozialforschungkamenjedochauchkleineStichprobeninGebrauch.AlseinMitarbeiterderGuiness-BrauereieninDublin,W.S.Gosset,Pearson1905aufsuchte,umRatfürseineAufgabederQualitätsprüfungvonBierprobeneinzuholen,mußteerfeststellen,daßmandortwedermitderinseinerTätigkeitüblichenVielfaltderVerursa-chungsfaktorennochmitderdortnurmöglichenkleinenZahlderTestsum-gehenkonnte.DaswarderAnlaßzurEntwicklungderpartiellenwiedermultiplenKorrelationundRegressionsowiefürdenTestfürkleineStichpro-ben,derunterderBezeichnung„StudentsTest“indieStatistikeinging.2 DerUmgangmitunendlichenGrundgesamtheitenlagderPearson schenStatistikalsomehralsdiePrüfungmitkleinenStichproben.IndemVerständ-nisderAnwendungstatistischerMethodenindersozialwissenschaftlichenStatistikbestehtdahernochheuteeinUnterschiedinderAuffassung:InderkontinentalenTraditionwerdenGesamtzählungen,wiesieinderstaatswis-senschaftlichenStatistik(vordemMikrozensusausschließlich)üblichwaren,nicht(wieinderBiologiegebräuchlich)als„StichprobenausunendlichenUniversen“angesehenunddaherauchnichtdenstatistischenTestsunterwor-fen. DieserUnterschiedmachtesichbereitsinden1930erJahreninDeutsch-landbemerkbar.InderstaatswissenschaftlichenStatistik,inwelcherauchdieDemographiegepflegtundwesentlichgefördertwordenwar,wardieklassi-scheWahrscheinlichkeitsrechnunggeläufig,nichtaberdie„biologischeSta-tistik“derGalton, PearsonundFisher.AuchinderübrigenBevölke-rungs-forschungwurdesiedamalsnichtverwendet–obgleichsichdieeugenischeForschungbereitsverbreitethatte. DeutlichwirddasandenArbeitenvonKarlValentinMüller(1896-1963),dereugenischePositionenzunächstimgewerkschaftlich-sozialistischenUm-feldpropagierte,späteralsNationalsozialist.SeinSpezialgebietwar–seinganzesprofessionellesLebenlang,daseralsProfessorfürSozialanthropolo-

1 NochLexishattesowohlaufdieUnmöglichkeitderBegründungvonZusammenhängendurchdieStatistikundaufdensozialwissenschaftlichenCharakterderErklärungsansätzewieaufdieBasisderaggregativenDatenimindividuellenVerhaltenhingewiesen;die„biologischeStatistik“demgegen-überwarnurantypologischenAussagen,nichtandenindividuellenFälleninteressiert.

2 MacKenzie1981,111ff.

BestrebenderZeit,„Wissenschaft“–ebenauchHumanwissenschaft–mög-lichstinnaturwissenschaftlicherDenkweisevoranzutreiben,wurdedurchsieunterstützt.ÜberhauptistdieVorstellung,dieInfiltrationbiologischer,gareugenischerundrassistischerVorstellungenauchindieDemographiehabemiteinemVerfalldertraditionellen„Wissenschaftlichkeit“dieserFachrich-tungzutun,eingrundlegenderIrrtum.Wasunsheutigentagsleichtals„ideo-logisch“und„unwissenschaftlich“erscheint,warimGegenteildergrandioseVersuch,deneugenischen–wiedanachdenrassistischen–„Glauben“(imSinnevorwissenschaftlicherÜberzeugungen)aufeineempirisch-nachweis-licheundsystematisch-rationaleBasiszustellen,ihnstreng„wissenschaft-lich“undbeweislichzubelegen.DeshalbistauchkünftigdieQualitätwis-senschaftlicherVerfahrennichtdaseinzigeKriteriumfürdenKurseinerFachrichtung;vielmehristauchdie„Glaubensgrundlage“–oderZielsetzung–desFachesimAugezubehalten. DieGeschichteder„modernenStatistik“zeigtu.a.auch,daßsichdieseerstnachdemZweitenWeltkrieg,weitgehendimportiertausdenUSA,inDeutschlandverbreitenkonnte,wenngleichdieältereWahrscheinlichkeits-lehredortgutbekanntgewesenwar.DenndiemoderneStatistikhatsich–abgesehenvondereugenischenAnwendung–erstinjenerZeitrasantent-wickelt, als (zumindest) die deutsche (Sozial-) Wissenschaft von derinternationalenEntwicklungweitgehendabgeschnittenwar. Ganzunbekanntbliebsiefreilichnicht;diedeutschenRassehygienikerundbiologischenAnthropologenbedientensichihrer.UndimmerhinhatteSiegfried Koller1,der1953indasStatistischeBundesamtgeholtwurde,umdortalsqualifizierterMathematikerund„moderner“StatistikerdenMikro-zensusaufzubauen,bereitsab1937bis1941inGießenmitHeinrich Wilhelm Kranz zusammengearbeitet,umfürihndieempirischenUnterlagenfürseinWerküberdie„Gemeinschaftsunfähigen“aufzubereiten.DieseUntersuchunglagganzaufderLinievonGaltonundPearson. Dabeiistzuberücksichtigen,daßdiesewegenihrerbiologischenInter-essenausschließlichaufgroßeMassenphänomenefixiertwaren.Dasistein

1 SiegfriedKoller(1908-1998):HaraldGeppertu.S.Koller:Erbmathematik,TheoriederVererbunginBevölkerungundSippe;Leipzig1938;H.W.KrazuKoller:DieGemeinschaftsunfähigen–EinBeitragzurwissenschaftlichenundpraktischenLösungdessog.>Asozialenproblems<,Band2;sieheWeingart1988,355,457;vomBrocke1998,328;sowieMackensened.1998,237f.

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Abererwar,vonseinenfrühestenVeröffentlichungenan,vonseinenFolge-rungenausderAnalysedemographischerDatenderartfasziniert,daßersie–mitzunehmenderVehemenz–wieeinreligiösesDogmaprophetischver-kündeteundmitallenpublizistischenundpropagandistischenMittelnver-breitete.SeineIdeewar,daßinfolgedesGeburtenrückgangsausdemdeut-schen „Volk ohne Raum“ (nachHans Grimm) ein „Volk ohne Jugend“gewordensei,dasmitallendenkbarenbevölkerungspolitischenMittelnvorseinemUntergang–infolgeÜberalterungund„Überfremdung“–bewahrtwerdenmüsse.DienationalistischeFahneschwangervonAnfangan;dieeugenischeArgumentationbenutzteeranfangslediglichdurchHinweiseaufdiedamalsinDeutschlandbekanntenVeröffentlichungenvorallemvonPlötz undLenz.1Nachdemerjedoch1933inBerlineineDenunziationvonNatio-nalsozialisten–erseialsFrankebekennenderProtestantundstündeauchderlinksliberalenStaatsparteinahe–durchseinEintretenfürdieErhebungderGeburtsorteinderVZ1933erfolgreichüberstandenhatte2,veröffentlichteerbereitsimnächstenJahrmitdemVererbungswissenschaftlerKühnunddemfanatischenEugeniker StaemmlereinBuchüber„Erbkunde–Rassenpflege–Bevölkerungspolitik“.Indiesemblieberselbstzwar„reinerBevölkerungs-statistiker“(wieKühn„reinerBiologe“),verbandsichaberdemonstrativmiteinemaggressivpolitisierendenEugeniker.SeithervertrateralsAutorauchselbstdieeugenischewiedierassistischePosition. SuchtmansichüberdieArbeitderDemographenindieserZeiteinBildzumachen,sokommtmanalsbaldzufolgendenFeststellungen:1. DieMengederdemographischenPublikationennahmmitdemErfolgdes

Nationalsozialismusdramatischzu,nachderBibliographievomBrockesaufüberdasDoppeltebeieinerVerdreifachungderbeteiligtenAutoren3.

2.EineVermengungvonDemographieundEugenikoderRassentheoriefand–außerbeieinzelnenAutoren–nichtstatt.SolesensichdieBeiträ-gederDemographenzumBerlinerKongreß1935genausowiedieent-sprechen-

1 Erhieltallerdingsbereits1928VorträgezumThema.2 NachdemManuskriptderStudievonWolframFischerundJuttaWietogüberdieVZ1939.3 WiederumbleibterneuterÜberprüfungvorbehaltensicherzustellen,daßsichindiesemBefundnicht

ebenfallsdiegrößereAufmerksamkeitdesVerfassersfürdieZeit1933-1945niederschlägt.

gieundempirischeSoziologieinPrag,Hannover,BambergundErlangen-Nürnbergverbrachte–diesozialdifferentielleGeburtenhäufigkeit,gepaartmitBegabungsanalysen.InsoweitlagerganzaufderLinieGaltons;aberaucherwarkeinMathematikerundbedientesichderPearson-FisherschenStatis-tiknicht. DiebedeutendstenPropagandistendieserRichtungwarenjedochHans HarmsenundFriedrich Burgdörfer.NachderverdienstvollenBibliographievonBernhard vom BrockewarendiesebeidendieaktivstenAutoreninBe-völkerungsfragenüberhaupt,sowohlinderWeimarerZeitwieimDrittenReich1.Harmsenkam–alsMedizinerundHygieniker–ausderSchuleGrot-jahns,derProfessoranderBerlinerUniversitätundsozialdemokratischerReichstagsabgeordnetergewesenwar.SeinedemographischenArbeitenbe-ziehensichschonfrühaufosteuropäischeBevölkerungen,insbesondereaufdiedortigendeutschenSprachinselnundthematischaufdieFamilienbildung.SeineEugenikwarmedizinisch-biologischbegründetundorientiert;erbetriebsowohldie„VerhütungerbkrankenNachwuchses“mittelsSterilisationwieeinepronatalistischeFamilienpolitik.SeineDemographiewarmethodischeherbescheidenentwickeltundschongarnichtstatistischbesondersraffiniert. AndersBurgdörfer:Erwar„staatswissenschaftlich“orientierterStatis-tikerausderSchuleZahns2inMünchen,alssolcherauchmethodischunddemographischkreativ.VondemZugriffaufdieUrmaterialienderamtlichenStatistik,indieeralsLeiterderAbteilungBevölkerungsstatistikbeimSta-tistischenReichsamtsowiespäteralsPräsidentdesBayrischenStatistischenLandesamteseingebundenwar,sowievondenDienstendieserÄmtermach-teerextensivenGebrauch.MankannihnohneBedenkenalsdeneinfluß-reichstenBevölkerungsstatistikerinDeutschlandzwischen1920und1955bezeichnen.IhmistdiedeutscheFamilienstatistikzudanken,welcheesalleinunterseinerAnleitungindenVolkszählungenvon1925,1933und1939ge-gebenhat.AuchseitherfolgtdieBevölkerungsstatistikinDeutschlander-kennbarseinenSpuren.EugenikeroderRassentheoretikerwarerzunächstnicht,auchnieein„modernerStatistiker“imSinneGaltonsoderPearsons.

1 vomBrocke,l.c.EsbleibtallerdingseinZweifel,obdiesesErgebnisnichtauchdadurchbedingtist,daßv.Brockespeziellnac

2 PräsidentdesBayrischenStatistischenLandesamtes,beidemBurgdörferbereitsals17jährigervolon-tierte.

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Die„formaleDemographie“wurdeseit1920inDeutschlandkaumnochgepflegt,jedochangewendet.1BurgdörferhattedieModellederstationärenundderstabilenBevölkerungbenutzt2,aberdocheherbeiläufig.ErhatteauchsogleichdiemodernenVerfahrenderBevölkerungsprojektionaufgegriffen,zumerstenMal19263unddannalsbaldverbessert1930.AnderUmdeutungderTafelmodelleinProjektionenhaterwohlebensoAnteilwiedienieder-ländischenStadtplaner4.DiesehattenpraktischeGründe,BurgdörferaberpolitischefürdieseInnovationen. DieTendenzderInnovationen„um1930“–alsokurzvordemHereinbre-chenderMacht-undVernichtungspolitikdesNationalsozialismus–solltedieDemographieseitherbestimmen.5IhreVerbreitungberuhtoffenbaraufderWirkungderSchriftenvonRudolf René Kuczynski6,dessenFormelfürdieNRR7undderenAnwendungaufdieLänderEuropasihrzumDurchbruchverhalfen.DieIUSSPwurde1947alsPersonenvereinigungwiedergegründetundbestätigteerneutihrunpolitischesCredo,nahmjedochHans Harmsen als

1 WilhelmWinklerinWienwidmetesichihrjedochintensiv,inSchwedenHynal.2 SieheSchwarz1989.Schwarzweist(p.132ff)daraufhin,daßdieModellebereitsaufgrundderSter-

betafelnseitKnapp,BeckerundLexisbekannt,abererstaufgrundderArbeitenvonBortkiewicz1911undLotka1925ausgeführtwurden.

3 SieheFleischhacker1999.4 DenenschreibtdeGans1998die„Erfindung“undpraktischeAnwendungderdemographischenPro-

jektioneninderselbenZeitzu.DeninternationalenQuellendieserInnovationenistjedochwohlnochweiternachzuspüren.DieSichtwirdvomAutorergänztundberichtigt2002:onthefuturecourseofpopulation.

5 MaßgeblichhierfürerscheinenmirdieAusarbeitungdesempirischenMaterialszurPearl´schenEnt-wicklungsthese aufgrund seiner logistischen Funktion, 1934 von Lorimer und osborn, sowie dieAusarbeitungderTheorievomDemographischenÜbergangdaraufhinimAuftragdesVölkerbundesdurchNotesteinu.a.im„Princetonoffice“bis1944.Vgl.meineCoda1985,211.

6 RudolfRenéKuczynskiwarbis1921DirektordesStatistischenAmtesvonSchöneberg,dasmitderBildungvonGroß-Berlinaufgelöstwurde.JedenfallswarerseitdemvorwiegendpolitischalsKom-munistaktiv,sodaßerDeutschland1933verlassenmußte,obgleicherseinenWohnsitzbis1936inBerlinbeibehielt.Siehehierzu:Kuczynski,J.1957

7 Vgl.DirkvandeKaa1998,110;dieNRRwurdevonBöckh1884definiert(Kuczynski1932,33),abererstvonKuczynski1907indenmethodischenZusammenhanggestelltund1932soerläutertundpropagiert,daßsievonderFachweltaufgegriffenundverwendetwurde.

deLiteraturvor1933odernach19451.AllerdingsnahmeineBeteiligunganbevölkerungs-undfamilienpolitischenDiskussionendeutlichzu.DieEugeniker,VererbungsforscherundRassentheoretikerbedientensichde-mographischerInformationeni.a.nurindereinfachstenForm.

3. DiestarkeRollederEugeniker,VererbungsforscherundRassentheoretikerinderBevölkerungsforschungauchinDeutschlandab1928war,obgleichinWissenschaftundPolitikbereitslangelebhaftdiskutiert2,eineFolgederbiologisch-eugenischenTendenzderIUSIPP,trotzihrerSatzung–mitdemVorsitzimdeutschenNationalenKomiteederIUSIPPdurchEugenFischer3.Siewurdedannab1933machtpolitischunddurchbewußteUm-deutungderTerminologiedurchgesetzt.Bevölkerungsforschunghatteebenprioritäreugenisch/rassenhygienischundrassen-,familien-und(pronatalistisch)bevölkerungspolitischorientierteVererbungs-,Rassen-undVolkstumsforschungzusein.Allesanderewurdebeiseitegedrängt;esbliebauchöffentlichkaumnochetwasdavonübrig.

WährenddieEugenikinEnglandtrotzihrerEntstehungdortundinanderenLänderninderöffentlichenDiskussionschoninden1920erJahreneherab-flauteundanBedeutungverlor(ohneganzzuverschwinden),gewannsiedurchdieIUSIPPundmitpolitischenMittelninDeutschlandschließlichinderBevölkerungsforschungdieoberhand.DieseVerbindunghatsichalsmörderischerwiesen.

5. Die „formale Demographie“: Nachkriegspolitik

VordieserPeriodewardieBevölkerungswissenschaftnationalökonomischfundiertgewesen,waraufwirtschaftlicheZiele,aufWachstumgerichtet.DiebiologischenGegebenheitenwarenfürjeneBevölkerungs-wissenschaft„vor1930“lediglichHilfsmittel.Mitder–inderDemographiealswissenschaft-licherFortschrittgelobten–KonstruktionderdemographischenPrognosesolltesichdasändern.

1 EskommtbeieinemsolchenUrteilaufdieSichtdesBetrachtersan;hiersollbetontwerden,daßesAUCH„normaledemographischeForschung“gab.EineandereSichtnimmtz.B.Lenzein,der(1983,76)ebensozutreffendfeststellt,daß„BeidendeutschenSachbeiträgen...dominiertenbeidenArbei-ten,dienichtbevölkerungsstatistischoder–politischausgerichtetwaren,eindeutigsolche,beidenendieErörterungdeserbbiologischenAspektesimVordergrundstand.“

2 SieheWeindling1985.3 SowiederMitgliedschaftvonErwinBaur,FritzLenz,AlfredGrotjahn,HansHarmsenundHermann

Mukkermann,nebenJuliusWolf,R.R.Kuczynski,PaulMombert,FriedrichZahnundFriedrichBurg-dörfer;sieheCh.Höhn1989,238.

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SterblichkeitinihrGedankenmodelleinzubeziehengesucht,sohättesiebeidessenbiologisch-mathematischerKonzeptionnichtstehenbleibenkönnen;siehätteeinanderesModellentwickelnmüssenundwürdesichnichtaufdieVervollkommnungihresmathematisch-statistischenInstrumentariumsalsihrestolzesteInnovationverlassenkönnen.SoistdieDemographieeininihremGrundmodellbiologischesFachgeblieben. Notwendigwarundistdasnicht.1989hatz.B.dieDeutscheGesellschaftfürBevölkerungswissenschaftdie„AufgabenundKonzeptederBevölke-rungswissenschaftheute“diskutiertunddabeiÖkonomik,SozialpolitikundSoziologieindenBlickgenommen,nichtaberdieBiologie.DieBeiträgeenthalteneineFülleinhaltlicherAnregungen.HervorhebenmöchteichnurdieLebenslaufforschungals„Sozialdemographie“unterKarl Ulrich Mayer, Franz Xaver KaufmannundHerwig Birg;leiderfehltderHinweisaufdieMethodederFamilienrekonstitution,aufwelche Hans Lindebereits1984hingewiesenhatte1,dieaberbisheutehiernocheinSchattendaseinführt.WärensolcheAnregungenstärkeraufgegriffenworden,dieDemographiehättesichgründlichverändernundsichvonihremmathematisch-biologisti-schenGrundmodelltrennenmüssen.Daswurdenichtnurdurchdeninter-nationalenTrendverhindert,sondernauchdurchdasSelbstbild,dieDemo-graphieseiinDeutschlandaufeinenkleinenKreisvonExpertenbeschränkt.DasentsprichteinfachnichtdenTatsachen. DemographischeDatenundModelle,aberauchEinbindungendemogra-phischerBefundeindieErörterungaktuellerpolitischerFragensindallge-genwärtig.FürSozial-,Bildungs-undGesundheitspolitiksowiefürdieStadt-und Regionalplanung ist Demographie eine nützliche, unentbehrlicheHilfswissenschaft.Undauchinökonomischen,sozialwissenschaftlichen,historischen,geographischenErörterungenistsieständigpräsent.WürdedieDemographiedieAutorensolcherStudienundSchrifteninihrFacheinbe-ziehen,sowäreihrwissenschaftlichesPotentialauchinDeutschlanderheb-lich2.SiehatsichmitdiesenAnwendungsgebietenjedochnichtderartver-schmolzen,daßsiefürsiealskompetentauftretenkönnte.Dashatmitdem

1 Linde1984,121.DazuausführlicherinmeinemBeitrag„Nachwuchsbeschränkung“,demnächstinderZeitschriftf.Bevölkerungswissenschaft.Vgl.auchseinbrieflichesStatement1985in:ZeitschriftfürBevölkerungswissenschaft11,214f.

2 Manmußallerdingszugestehen,daßdiesevielen„Verwender“demographischerInformationenanderdogmen-,besondersanderwissenschaftsgeschichtlichenEntwicklungderDemographiewieauchanihrerwissenschaftstheoretischenGrundlagekaumInteressezeigen.

erstenDeutschenwiederaufundwiesFriedrich Burgdörferzurück1.AuchamerikanischeundbritischeEugenikergaltenihrnichtalspolitischeFigurenderenAktivitätendemCredozuwidergelaufenwären;Frank LorimerundCarr-SaunderssindnurBeispiele.ZuhöchstemAnsehenabergelangtendanndieMathematikerwieAnsley Coale, Nathan Keyfitz undAndrej Rogers.2 DiedeutschenProjektionenwurdenseinerzeitnachder„biologischenMethode“gefertigt,wieeshieß3;daswareineehrlicheBezeichnung.DenndieseVorausrechnungenberücksichtigenlediglichdiebiologischeReproduk-tion;WanderungenkanndaskonzeptionelleSchemanichterfassen,wennmansieauchrechnerischmühsameinbeziehenkann.Beckerhattenochver-sucht,ihnengerechtzuwerden;undLexisbetonte,daßdieEliminationderWanderungenbeiderSterbetafel-BerechnungreinmethodischeGründehabe4.DerenVerursachungszusammenhängesindebennichtbiologischerklärbar,wiefreilichauchdienicht-biologischenDeterminantenderdemographischenEntwicklungindemModellunberücksichtigtbleiben;dasScheiternderVo-rausrechnungeninihrerprognostischenQualitätistdaherunausweichlich.DieUmdeutungsolcherProjektionenals»Modellrechnungen«entsprichtzwardemSelbstverständnisderDemographen,aberesverschleiertdenreinbio-logischenCharakterdesModells.HättedieDemographieihreigenesPro-grammernstgenommenunddieWanderungenalsgleichberechtigteVaria-blengruppe5unddienichtbiologischenDeterminantenvonFruchtbarkeitund

1 SieheCh.Höhn, l.c.,252.DieseEntscheidungwarkonsequent,dennHarmsenunterschiedsich inseinerZustimmungzur–auchzwangsweisen–SterilisationvonGeisteskrankensowieseinerAb-lehnungjederTötung(vonderAbtreibungbiszurEuthanasie)nichtvondenEugenikerninanderenLändern,warauchtrotzseinesNationalismusehersozialistischeingestelltundnichtParteigenosse,währendBurgdörferalsParteigenosseundPropagandistauchderRassenhygieneeineindeutigerundfanatischerNationalsozialistwar,derfreilichaucherstmitderZeit–ausgehendvonseinenpronata-listischenAnliegen–völligindasFahrwasserderNS-Politikeingeschwenktwar.

2 Dasneue„HandwörterbuchderDemographie“2000vonMüller,Naucku.a.ed.bezeichnetdiesenTrendals„fachüblichenStandard“.

3 SieheKarlSchwarzl.c.,136.DieseBezeichnunglegtnahe,daßdasStatistischeReichsamtsichnichtaufdieniederländischenStudienderStadtplanerbezog,sondernauf„Biologen“zurückgriff.

4 obgleichsiederenErgebnisseeherunzuverlässigermacht5 Etwa1958hatDonald J.Bogue nach seinen umfangreichenWanderungsstudien beklagt, daß den

WanderungeninderDemographienichtgleichberechtigteAufmerksamkeitzugewendetwerde.Doro-thySwaineThomas,dieWitwevonWilliamJ.Thomas,diesichebenfallsvorrangigmitWanderungenbeschäftigte(undbeiwelcherHildeWanderindieserZeitinPhiladelphiagearbeitethatte,vgl.Höhn1989,134),hatteihmzugestimmt.BoguewandtesichdaraufhinderFamilienplanungzu.

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derEinsicht,daßBestandserhaltungwederhiernochirgendwoerreichbarist;dieEingriffe,welchezurErreichungeinessolchenZielesnotwendigwären,sindallesamtpolitisch(also:moralisch)verworfen.1 AuchDemographenwissen,daßdiequantitativenGrößen,mitdenensieumgehen,fürdieAnliegen,inderenDienstendieDemographietätigwird,nichtmehralleinerelevantsind:Siekönnennichtbeurteilen,obdieprognos-tiziertenGrößenderWeltbevölkerungerträglichsind,weilsichderenBewäl-tigungalsökonomisch-technisch-politischesProblemdarstellt.Esistschlech-terdings nicht einleuchtend, warum Deutschland ausgerechnet von 80MillionenMenschenbewohntseinsolle,währenddieStrukturdesArbeits-marktesoffensichtlichgeringereGrößenbevorzugtunddieStrukturderUm-verteilungineinDilemmagerät,weilProduktions-undKonsumerfordernis-seinverschiedeneRichtungendriften.Eskönntejadurchausauchgünstiger–vorteilhafteroderbekömmlicher–sein,wennDeutschlandwenigerMen-schenhätte.DaskönntesichetwabeiderArbeitslosigkeitoderinderökolo-gischenSituationalsvorteilhafterweisen. obgleichDemographendendemographischenBestandalserstrebenswerthinstellen,argumentierensiedoch,daßgarnichtdieGesamtheitfüreineBeurteilungvonBelangsei,sondernvielmehrdieStrukturmerkmalederBevölkerung,namentlichdieAltersstruktur.WenndiesesArgumentauchgutbegründetwird,sofehltesdochdaran,ausihmauchdieKonsequenzzuziehen–alsoeine„Richtstruktur“zuformulieren,welchegeeignetwäre,ZustandundVeränderungenzubeurteilen.2MitihrkönntedieorientierunganderBestandserhaltungersatzloswegfallen. Mankönntesichetwavorstellen,daßeinesolcheRichtstrukturauseinerkontinuierlichen,relativgeringenVeränderungsrate(alsoausdemModellder„stabilen“odergarder„stationärenBevölkerung“)abgeleitetwerdenkönnte.Dennbei–langfristig–geringenVeränderungenergäbesichein

1 Ausgenommen wärenWanderungspolitiken. Seit aber demographisch überzeugend nachgewiesenwurde,daßauchWanderungennichtzueinemdemographischstabilenZustandführenkönnen,fälltdieseMöglichkeitaus.-Zweifellosbereiteteine„ruhige“Bevölkerungsentwicklungdiegeringstenpraktisch-politischenSchwierigkeiten.AberangesichtsihrerrealenUnwahrscheinlichkeitwärenwei-tergehendeÜberlegungenangebracht.Eswäreangemessen,wennsichdieBevölkerungswissenschaftstattderstetenErörterungder–nichterwartbaren–Bedingungender„Bestandserhaltung“stärkermitdenAnpassungsprozessenbefassenwürde,diesichausdervonderDemographieprognostiziertenEntwicklungalsnotwendigergeben.–DieFragewirdbereitsvonKarlSchwarz1999,p.275aufge-worfen.

2 HerwigBirgnennteinensolchenZustand„demographischeNachhaltigkeit“;Birg2001:Zeitenwen-de,59.

internationalenTrendundauchdamitzutun1,daßsiesichaufihreGrund-modellealsalleinigenGeneralnennerfestlegt.

6. Gefahren und Chancen für die Demographie: Ein neues Programm

ZuwelchemZweckbetreibenwirBevölkerungswissenschaft?Der„Theorie-kern“derDemographieliegtseit1930inderBevölkerungsprognose:Wirwollenwissen,wiesich„Bevölkerung“künftigentwickelnwird.DieserThe-oriekernbedingt,daßinderPrognoselediglichdiebiologisch„sicheren“Ereignisseabgehandeltwerdenkönnen.Wanderungenjedochsindkeinebio-logischen,sondernsozialeEreignisse.VorihnenkapituliertdieDemographie2.

6.1 Welches Ziel haben sich die Demographen gesetzt?

Manmöchtemeinen,daßdieDemographieintendiere,einebessereZukunftvorauszusagenundalsmöglichnachzuweisen.Eswerdenjedochlediglich„suboptimale“demographischeZuständevorausgesagt:DemographiewirdzurKatastrophenwissenschaft.JederderabsehbarenZuständeerscheintzu-mindestunbefriedigend,möglicherweisegefahrenträchtig.Demographieistunleidlichgeworden;siehatkeinetherapeutischenKonzeptefürdievonihrdiagnostiziertenBefunde. AngesichtssolcherDilemmatagilt„Bestandserhaltung“alsmaßgeblicheRichtgrößefürdieBeurteilungvondemographischenVeränderungen.Frag-loswirdinallenAnalysenunterstellt,daß„eigentlich“möglichstgeringeVeränderungenwünschenswertwären.Notgedrungenunterwirftmansich

1 EsberuhtnichtzuletztaufdergeringenAnzahlderqualifiziertenDemographen,wasnichtzuletztmitderenproblematischenBerufsperspektivenzutunhat.

2 ImGegensatzdazudieBevölkerungslehreSombarts (1927):Sie fragtzunächstnachdenUnfreien(Sklavenhandel),dann–wieMarx–nachder„freienZuschußbevölkerung(DieAuflösungderal-tenWirtschaftsverfassungen)“,d.h.nachderländlichenHerkunftderindustriellenArbeiter,understdanachnachder„freienÜberschußbevölkerung“,„kurz:dernatürlicheBevölkerungszuwachs“.Da-nachkommtererneutaufdieWanderungenzurück.Dasbedeutet:DieinhaltlicheAusgestaltungderBevölkerungslehrefolgtausderFragestellung.IstmanNURanderbiologischenSeiteinteressiert,sofälltdieWanderungebenweg.Sombartaberfragt(hier)nachderHerkunftderArbeiterfürdieIn-dustrie(anandererStelle:fürdieStädte),erstdannnachderbiologischenReproduktion.DieStatistikläßterbeiseite;sieistHandwerkszeug.Demographiekommtnichtvor.–DonaldJ.BoguehatnachseinenumfangreichenundgründlichenWanderungsstudienfürdieScripps-StiftunginohiobeiderÜbersiedlungnachChicagofestgestellt,daßmanmitWanderungsforschungunterDemographenebennichtswerdenkönne.

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Betroffenen,undsieschädigtdieVolkswirtschaft,geradeauchdieSozialeSicherheit.Demographiekannnichtdaraufantworten;dennallenfallssind„Arbeitskräfte“,nichtaberQualifikationendemographischrepräsentierbar–weilvielleichtnoch„sozialeSchichten“,sicherlichaberkeineQualifizie-rungsgruppen„Bevölkerungen“bilden.Jedes„Abrutschen“ausdensicherenGefildender(biologischen)BerechenbarkeitinqualitativeArgumentationenwirdmißtrauischgemieden.DenndieDemographiekannauchqualitativeDifferenzierungennurbiologischwahrnehmen;unddamitwürdesieindieNähederEugenikgeraten,dersiejageradedurchdiemathematisch-quanti-fizierendeModellbildungzuentkommensuchte.LangegenughattedieEu-genikalsBewertungsgrundlagederBevölkerungsentwicklungfungiert.Des-halbistes,angesichtsderökonomischenwiederdemographischenLage,inEuropawieglobal,anderZeit,überdieZielsetzungderDemographieneunachzudenken. DadasZielnichtmehrindemographischenMengenliegenkann,mußeinqualitativesMaßfürdieBeurteilungvonBevölkerungszuständenund–ver-änderungengesuchtundindieDemographieintegriertwerden.Daskannnurentweder,someineich,einWohlfahrtsindikatorsein,derdasGemeinwohlbeschreibt,soweitessichausdemographischenStrukturenundProzessenableitenläßt.DamitwürdedieDemographie„anihreUrsprünge“zurück-kehren;allerdingsunterderBedingung,dieVeränderungenmitzuvollziehen,welchesichimvergangenenJahrhundertimVerständnisderSozialökonomikvollzogenhaben.DieÖkonomikistnichtmehraufdiebloßeMehrungdesReichtumsausgerichtet;sieveranschlagtdieVorteilederIndividueninihreninstitutionellenBedingungenundunterBerücksichtigungderkollektivenNormen,unterdenendieIndividuenihreVorteileselbstbeurteilen.1 odersiekönnteeineökologischeZielsetzungwählen.Wennsiediesestunwürde,wärenihreBeurteilungenvielleichtderjenigenineinerWohl-standsökonomikentgegengesetzt.Siemußsichalsoentscheiden.

6.2 Welches Ziel könnte sich die Bevölkerungswissenschaft setzen?

DafürscheintinderDemographieeinelatenteBereitschaftzuexistieren.InderDemographiehatsichindenletztenJahrzehnteneinestilleRevolutionvollzogen,ohnedaßdiesbisherreflektiertwordenist.DieDemographiehatsichimmerdeutlichervonihremKernbestandentfernt:Siebehandeltmehr

1 Vgl.Erleiu.a.,1999.

ausgeglichenerer Altersaufbau, welcher die gesamten demographischenSchwierigkeiten–Generationenvertrag,Kranken-,Wohnungsversorgung–ohnegrößereBelastungenzubewältigenerlaubenwürde. WirsindfreilichvoneinemsolchenZustandweitentfernt,undnichtnurwir.Esistnichtabzusehen,wodurchmanihnsollteherbeiführenkönnen.1DemographischeBefundesindnichtdurchdemographischeArgumentezuerklären. VorgängerderBestandserhaltungalsdemographischeZielsetzungundVergleichsgrößewardas„Bevölkerungsoptimum“;dieseswaraufdieMaxi-mierungdesVolkswohlstandeskalibriert.DieÖkonomikistinderBevölke-rungswissenschaftjedochbei–zumeistsozialpolitischen–„Anwendungs-fragen“ weiterhin zu konsultieren. Die Urteilskompetenz liegt bei derÖkonomik.Demographieist,wennsiepolitischrelevantseinwill,immernochHilfswissenschaftderÖkonomik. Dashartnäckigste,wenngleichvielfachzuRechtkritisierteParadigmaderDemographieistdieFigurvom„demographischenÜbergang“.DieseFigurveranlaßtdieDemographieimmerwiedernach(a)denverschiedenen–historischenundgegenwärtigen–FormendesÜbergangsund(b)denre-sultierendenZuständenoderRégimesundihrenProblemenzufragen.Dabeiwirdvergessen,daßdamiteinÜbergangvoneinemvorindustriellenzueinemindustriellenBevölkerungsrégimegemeintwar. Den»ersten«„Übergang“habenwirüberstanden–um1930.Den»zwei-ten«Übergangerlebenwirgegenwärtig–inDeutschlandseit1965,inost-deutschlandineinerzweitenWelleseit1991;seinEndeistnichtabzusehen.VieleLänderstrebengegenwärtigaberkeinem»industriellenBevölkerungs-régime«zu,undfürein»postindustriellesBevölkerungsrégime«besitzenwirkeinParadigma.Daseinzige,wassichererscheintist:Das»neueRégime«istkeinstationärer,nichteinmaleinstabilerZustand.Esistlabil;undesistvielmehreinProzeßalseinZustand.Nur:Wohinwirderunsführen?KanndasDenkeninsolchenFigurenaufdas21.Jahrhundertangewendetwerden?InzwischenhatsichdiesozialeLage,inwelchersichdieDemographiealsnützlicherweisenwill,grundlegendgeändert.DieArbeitsweltistnichtmehrvondemBedarfanphysischerArbeitskraft,sondernvomBedarfanQuali-fikationengekennzeichnet.ArbeitslosigkeitistdieFolgederProduktivitäts-entwicklung–unddasgrößteHindernisderWohlfahrt:siebeschädigtdie

1 AuchwenndieobenzitierteStudiederUNPDzeigt,daßdie„Bestandserhaltung“etwaswenigerun-möglichistalseineausgeglicheneAltersstruktur.

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DieDemographiesuchtdennoch,alseigenständigeWissenschaftzube-stehen.AberalssolchehatsieeineeigenständigeZielsetzungnichtentwi-ckelt1.SieistindieserIsolationnichtinderLage,ihreeigenenBefundezubewerten.FürdiereichenLändersindnochimmer„Überalterung“und„Über-fremdung“ihrebevorzugtenThemen,fürdiearmenLänder„Übervölkerung“und„Großstadtkritik“,auchwennsiedieseThemeninzwischenmithuma-nistischakzeptierbarenFormulierungenzuumkleidensucht.Sieistdiemo-derneKassandra,dienurUnheilzuverkündenweiß. DasiedieseRolleselbstnichtanzunehmeninderLageist,kaschiertsieihrenMangelanBewertungskapazität.„Bestandserhaltung“isteinestatischeFormel;dieZeitaber,inwelchermanVeränderungeninabsolutenGrößenzumessenversuchte,istvorüber.„Überleben“heißtnichtmehrlediglichzuexistieren,sondernsichineinerintegrierten,weitinsImmateriellehinein-reichendenWeltzubehaupten. WovonhängtdieBevölkerungsentwicklungkünftigab?WelcheInterde-pendenzenhättedieDemographieinersterLiniezuberücksichtigen?WennderWirtschaftsprozeßvonderBevölkerungsvermehrungnichtmehrabhän-gigist,wennalsodieProduktionvonGüternfürdieVersorgungohnehingeschieht,auchwenndieBevölkerungschrumpft;wenndemnachdieVer-sorgungprinzipiell(undreinwirtschaftlichgesehen)gesichertist;wennan-dererseitsdie„biologischeReproduktion“zurPrivatsacheerklärtwordenist:wasrechtfertigtdannnochDemographie? AufgabederWissenschaftistzunächst,dierichtigenFragenzustellen.AberihreAufgabeistauch,Antwortenzufinden.Antwortensindkontrover-seralsFragen.AbernurausformulierteAntwortenbelebendieDiskussion,geradewegenihrerZweifelhaftigkeit;undnurdieDiskussionkanndasöf-fentlicheBewußtseinaktivierenunddamitauchpolitischesHandelnprovo-zierenundermöglichen. DerBundespräsidenthatam1.Februar2000inDavosFragenaufgewor-fenzurinternationalenWeltordnung,zurUmweltzerstörung,zurVerbreitungvonWaffenzurMassenvernichtung;ersagteauch:

1 VondiesemBildhebtsichwohltuenddie„DeutscheStiftungfürWeltbevölkerung“ab:DerenZiel-setzungisteindeutigdieVerminderungdesLeidsinarmenLändern.DasselbeProgrammverfolgtdieneueInitiativederRotarier.DamitstellensieeinepraktischeLeistungindenVordergrund,nichteinwissenschaftlichesProgramm.AbereskönnteeinForschungsprogrammderDemographieentwickeltwerden,welchesdieserZielsetzungentspricht.

undmehrSachverhalte,dieinihremKernbestand–derformalenDemogra-phie–nichtvorgesehensind. „Still“nenneichdieseRevolutionnichtnurdeshalb,weilsienichtdisku-tiertwird;sieverdientdiesesAttributauch,weilsiesichschleichendvollzieht,ohnedaßKonsequenzendarausgezogenwerden.DennochnenneichdenVorgangeine„Revolution“;dennerdokumentiertdieAbkehrderDemogra-phievonihrerGeschichte. DieStudienundUntersuchungen,dieInterpretationendemographischerBefundezeigendasmehrundmehr.SieerklärendemographischeBefundedurchsozialeBedingungen,durchsozialesVerhalten,durchökonomischeZuständeundVeränderungen,durchindividuelleundkollektiveBefindlich-keiten(alsodurchpsychologischeFaktoren)undsoweiter.Daswürdedaraufhinweisen,daßÖkonomen,PsychologenundSoziologeninderDemographieeinelohnendeAufgabesehenkönnten;dasistabernichtderFall.Warum?Stattdessenwirdvonihnenzunehmendüber„demographischeFaktoren“undVeränderungengesprochen. Dasliegtauchdaran,daßdasRechnenjetzteinfachgewordenist,weilmanesdenComputernüberlassenkann,unddaßdiedemographischenMo-delleRoutinensind,diesichfürSoftware-Programmierunghervorragendeignen.Dasbedeutet:NebendenBevölkerungsstatistikern,welchedieUrda-tenherstellen,brauchtmankeineDemographenmehr.Esseidenn,siehättenmehrzubieten–alsDemographie.Jedenfalls:alsformaleDemographie. DieSchwierigkeitist:wasÖkonomen,PsychologenundSoziologenzurErklärungdemographischerBobachtungenbeitragenkönnen,paßtinkeineRoutine.EsistnichtdurchComputerzuersetzen.oder:esistnichtohneweiteresundsicherderartprognosefähigwiediebiologisch-demographischenModellrechnungen.Das,wasdieDemographieanRoutinenentwikkelthat,beruhteinerseitsaufschlichterMathematik,andererseitsaufebensoschlich-terBiologie.NurinsoweitderMensch(auch)einbiologischesWesenist,folgterdenRegelnderDemographie.Also:imübrigennicht. AuchihrtraditionellengesVerhältniszurPolitikistdadurcheingeschränkt.DieBerücksichtigungdemographischerArgumenteinderPolitiksetztstetsdieEinschaltungweitererDisziplinenvoraus;unddiesebemächtigensichdannderdemographischenErgebnissealsimübrigenunproblematischzubehandelnderInput.Esfehltaneinemgemeinsamanerkannteninnerwissen-schaftlichenGütekriterium.AlsofolgtdieDemographiepolitischenoppor-tunitäten.

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„WirhabennochimmerkeineAntwortenaufdiedemographischeImplosionindenalterndenIndustriegesellschaftenunddieExplosionindenEntwicklungsländern.“ DieFragen,dievonJohannes Rau unter„Implosion“gefaßtwerden,sindinderDemographiegenauergefaßt:• WiewerdenwirmitderunvermeidlichenTatsachederzunehmenden

AltersbelastungunddemschwindendenNachwuchspotentialfertig?• Sindwirbereit,einerschwindendenGesamtbevölkerunginDeutschland

(undindenanderenIndustrienationen)entgegenzusehen?• KönnenwirdiewachsendeDisparitätzwischendenquantitativenund

qualitativenAnforderungenderErwerbsweltunddennachwachsendenQualifikationenausgleichen?

• WelcheChancenundBelastungenlegtunseineandauerndeZuwanderungauf,diesolcheDisparitätenzumindestzumTeilundaufZeitausgleichenkönnte?

• DieÖffnungderinnereuropäischenGrenzenbedeutetzugleicheineAb-schottungvonanderenRegionen–kanndiegelingen?

• Sindwirbereit,dieIdentitätderStaatsbürgerschaftdenerwartbarenVer-änderungenanzugleichen?

• WiegedenkenwirdenVerfassungsauftragzum„SchutzederFamilie“angesichtsderstrukturellenundinstitutionellenVeränderungenderpri-vatenLebensgestaltungeinzulösen?

DieFragen,dieerunter„Explosion“zusammenfaßt,müßtendemogra-phischebenfallsausdifferenziertwerden:

• WelcheLebensbedingungenakzeptierenwiralsFolgenausdendemo-graphischenPrognosenderEntwicklungderWeltbevölkerungfürdenVerlaufdesgegenwärtigenJahrhunderts?

• DieglobaleBevölkerungspolitikprovozierteineglobaleVerzerrungderAltersgliederungen;wiekönnenwirdembegegnen?

• WiewollenwirdenSpannungenbegegnen,diesichausdengegensätz-lichendemographischenEntwicklungstrendsderWeltregionenergeben?

• KönnenwirdenWohlstandsverlust,dersichauseinerAngleichungderLebensbedingungenindenRegionenderWeltergebenmüßte,verkraften?

DieNeigungderDemographiezudeskriptivenVerfahrenundihre-be-grenzte–NeigungzuErklärungsversuchen1hatdenVerzichtaufdieBeant-wortungsolcherFragenzurFolge.DieserVerzichtwirdmitdenGefahrenbegründet,diesichausbevölkerungspolitischenKonzeptenergebenhabenundimmerergebenkönnen.DadiesGefahrenfürLeibundLebensind,scheutdieDemographievorsolchenKonzeptenzurück;andereWissenschaftsge-biete,dieesnichtmitdenexistentiellenRisikenfürLeibundLebenzutunhaben,braucheneinesolcheRücksichtnichtzunehmen.Auchfürsieist„wissenschaftlichePolitik“keinEntscheidungsfeld,sonderneinDiskussi-onsfeld,ausdemdieEntscheidungsgrundlagenderPolitikerstherauswach-sen. MitihremVerzichtauf„wissenschaftlicheBevölkerungspolitik“2machtsichdieBevölkerungswissenschaftmaßgeblichmitschuldigandemallge-meinenPolitikversagenaufdiesemPolitiksektor. Damitnichtgenug:DerVerzichtaufdiehandlungsrelevantenSchlußfol-gerungenausihrenBeobachtungenläßtdiesezuKatastrophenszenarienge-raten. Die Unterdrückung des Katastophencharakters demographischerVoraussagen,dieumsichgreift,steigertdieMitschuldderBevölkerungswis-senschaftamPolitikversagen,indemsiedessenHandlungsverweigerungle-gitimiert.DieKatastrophenszenarienstehenjedochstetsunterdemVorbehalt„ceterisparibus“,alsoderDrohung:„wenndennnichtsgeschieht....“,umdieprognostiziertenKatastrophenzuverhindern.SiesindexplizitPolitikprovo-kation. UndständigbeklagendieDemographendann,daßnichtsgeschieht.Sieverdrängendabei,daßsieauchnichts(oderwenig)dazubeitragen,einsolchesPolitikgeschehenvorzubereiten.Daswürdenurgeschehen,wennsieselbstdiemöglichenAntwortenaufdieobengestelltenFragenausformulieren,ihreVor-undNachteilegegeneinanderabwägenundmiteinanderdiskutierenwür-den–eben:„wissenschaftlicheBevölkerungspolitik“zubetreiben.

1 DasInstitutfürMarxistischeStudienundForschungen(IMSF)urteilt1980(p.6):„DieDemographie,dieLehrevonderBevölkerung,erweistsichunterdiesenUmständenalseigenartigeWissenschaft.SieistdieWissenschaft,diefürdieBeschaffungihrerDatenmaterialienüberperfekteMethodenverfügtundeinbewährtesSystemvonRegelnbesitzt.DabeifehltihrabereinSystemvonAussagen,eineumfassendeTheorie.“

2 DieserVorwurftrifftdiedeutschenLehrstühlefürBevölkerungswissenschaftnicht;jedervonihnenbearbeitetzumindesteinFeldderwiss.Bevölkerungspolitik(Bamberg:international;Bielefeld:nati-onalundinternational;Berlin:Migration).–DasIMSFurteilt(1980,7):„DiepraktischeBedeutungderdemographischenForschungbestehtinderSchaffungdertheoretischenGrundlagenfüreinewis-senschaftlichfundierteBevölkerungspolitik.“

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istgewohnt,dynamischundweiterzudenken.Wennsiedastut,wirdsieunausweichlichauchaufeineglobaledemographischeRezessionstoßen.1 IchstellemiralseinekünftigeDemographieeineWissenschaftvor,wel-chedieProbleme,vondenensieberichtenmuß,auchzubewältigensucht.Daswürdevoraussetzen,daßsiesichentscheidet,obsieeinebiologisch-medizinischeodereinesozialwissenschaftlicheDisziplinseinwill.Jenach-demwürdesieeineunterschiedlicheZielsetzungzuformulierenhaben,dersieihrewissenschaftlichenDiensteanbietenwill.Dannwürdesieauchdieöffentliche,politischeundwissenschaftlicheAnerkennungfinden,derensiezueinergedeihlichenEntwicklungauchinEuropabedarf.

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1 DaswirderstmalsauchoffenausgesprochenvonHerwigBirg2001:DiedemographischeZeitenwen-de.DerBevölkerungsrückganginDeutschlandundinEuropa.München:Beck.p.29.

2 vomBrocke1998,136,zitiertdieseVeröffentlichungfür1890;ichhaltemichdemgegenüberanKu-czynskisAngabe.

6.3 Fazit

Ichhabeversucht,dieDemographieinihrerEntwicklungalseinFachgebietzubeschreiben,dassichimRahmenderÖkonomikproduktivzuentwickelnvermochte,dasdanachaberderBiologieanheimfielunddamitZielsetzungenfolgte,dieinsUnheilführten.SeitherhatsiesichzwarvondiesenZielset-zungenzulösengesucht,aberihrDenkmodellnichtzuändernvermocht.Indemsiesich–nichtetwageradeodernurinDeutschland–alleinaufdie-sesDenkmodellkonsensuellzuverständigenvermag,stehtsiem.E.inderGefahr,alsformaleWissenschaftwiederumvoninhaltlichenInteressenver-einnahmtzuwerden.DasZeitalter,dasunsbevorsteht,wirdbereitsals„bio-logisches“gefeiert. Esstehtmirferne,Soziobiologie,BiotechnologieoderFortpflanzungs-medizinverteufelnzuwollen.Aberesliegtmirschondaran,daßdieDemo-graphiez.B.diesenEntwicklungengegenüberStellungbezieht1.Daskannsiem.E.wirkungsvolljedochnur,wennsiesich–wieder–einerinhaltlichenAufgabenstellungzuwendet,eineigenesForschungsprogrammjenseitsderMethodikentwickelt.Siekönntedann,beispielsweise,aucheineglobaledemographischeEntwicklungnachdemEndedesWachstumsschubsdiesesJahrhunderts,eineeuropäischeEntwicklungnachdergegenwärtigenEin-wanderungswelle,einAgglomerationsmodelljenseitsderVerslummungs-phasederMegacitiesundeinen„stabilen“Altersaufbaujenseitsdesgegen-wärtigenAlterungsprozessesdiskutieren,umeineVorstellungvoneinerlangfristiglebenswürdigendemographischenEntwicklungzuskizzieren.AberdieswärenureinmöglichesForschungsprogramm.Siekönntesichauchentscheiden,völligzurHumanreproduktionswissenschaftzuwerden,wasichbedauernwürde. ManfragtheutenachdendemographischenProblemendes21.Jahrhun-derts.DiedemographischenProjektionenweiseneineneindeutigenWeg:DasneueRégimeführtindiedemographischeRezession.FürDeutschlandistdasunterDemographenunstrittig;aberauchglobalisteseinerealistischePerspektive.Zwarsprichtmanvon„Stabilisierung“;aberdieDemographie

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DEMoGRAPHIEALSWISSENSCHAFT

54 RAINERMACKENSEN

DEMoGRAPHIEALSWISSENSCHAFT

RAINERMACKENSEN 55 55

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WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 5756

Inhaltsverzeichnis

Teil2vonNorbertPintsch

Wohnen...PlanungalsheuristischerProzess?

Vorwort ……………………………………………………………………………… 58Einführung…………………………………………………………………………… 59ÜberBebauungen,denZweckunddieVeränderbarkeit……………………………… 60ÜberdieVeränderungderSiedlungen ……………………………………………… 62ÜberdieVerelendungderStädte …………………………………………………… 63ÜberdieVerarmungderLandschaft ………………………………………………… 64ÜberProblemederInfrastruktur……………………………………………………… 65ÜberKlimaschutz …………………………………………………………………… 66ÜberdieVeränderungdesWohnens ………………………………………………… 67ÜberTendenzenimGebauten………………………………………………………… 68ÜberdasWohlbefindeninStädten…………………………………………………… 69ÜberdieVeränderungderArbeitswelt ……………………………………………… 70ÜberdenverantwortungsbewusstenBürgerunddasWartenaufdenStaat ………… 71ÜberwachsendeWohnraumflächen ………………………………………………… 72ÜberArbeitundProduktion ………………………………………………………… 73ÜberHousingundmehr……………………………………………………………… 75ÜberdieZukunftderStadt…………………………………………………………… 76ÜberStadtplanungundStadtwachstum……………………………………………… 78

ZumThemaWeltstädte ……………………………………………………………… 79HousingandPlanning………………………………………………………………… 80 AT,HousingandMore………………………………………………………………… 82DieStadtundihreBewohner………………………………………………………… 83Housingasasocialimpact…………………………………………………………… 84ElementederUrbanität ……………………………………………………………… 87BauenimWandel …………………………………………………………………… 89TendenzenimHousing ……………………………………………………………… 91SiedlungenimWandel ……………………………………………………………… 92DieFreiheitimUrbanenistdieoffenheitimRuralen ……………………………… 93DerVerlustdesöffentlichenRaumes………………………………………………… 95VomBauen…………………………………………………………………………… 96DieSeitendesBauens………………………………………………………………… 98CancerUrbano ……………………………………………………………………… 100VisionundRealität…………………………………………………………………… 101

NorbertPintsch

Wohnen...PlanungalsheuristischerProzess?

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58 NoRBERTPINTSCH NoRBERTPINTSCH 59

VoRWoRT

Wohnen, – Planung als heuristischer Prozess

Heuristische Planungsweise arbeitet mit unvollständigen Informationen, –scheinbareinUndinginderkonsumorientiertenZeit,dennesgiltProblemeflä-chendeckendzulösen.

SpeziellimBaubereichmussvorhergedachtwerden,danngehtesandieRea-lisierung.

EsgibtaberBauaufgaben,wozwareineVisionvorhandenist,aberdieUm-setzungbesserverzögertstattfindet.GründekönnenfinanziellerNatursein,–aber:immerwiederdieTeilzieleinFragezustellen,daskannsehrwohlsinn-vollsein.

Nachhaltigkeit entstehtnichtdurch schnelleEntscheidungenunddieUmset-zung von Ideen. EinAlleinstellungsmerkmal entsteht nicht durch plötzlicheEingebungenundschnelleUmsetzung,sondernerfordertstetigeKontrollederTeil-Ziele,–ohnedie–vielleicht–ominöseVisionanzuzweifeln.FürdieüblichekurzfristigeWirtschaftlichkeitistdasnichtgangbarundtrag-bar,–einGrundfürUmweltzerstörungunddiedamitverbundenenkurzsichti-genundkurzfristigenSchein-Lösungen,dieletztlichnurProblemverschiebun-gendarstellen.

LeiderdieweitverbreiteteVorgehensweiseinallenBereichenderKultur!Problemesindinderalgorithmischen PlanungsweiseinwohldefinierteEinzel-schritte aufzuteilen und zu bearbeiten, – es ist einleuchtend, dass dieseVor-gehensweise zu nachvollziehbaren Resultaten führt und in der UmsetzungflächendeckendeWirkunghabenmuss.InderGesellschaftistdieseVorgehens-weisebeliebtundverbreitet,dennsiesuggeriertschnelleHilfe.AllerdingsistdieUmweltmehralsvielschichtig,sodassdiescheinbarklarenLösungenneueProblemeverursachen.

NachdenkenistangesagtundschnelleLösungensolltenimmerkritischbetrach-tetunddiskutiertwerden.

Wer problemorientiert arbeitet, scheintErfolge zuhaben,–kurzfristig, – je-doch solltemandieursachenorientierteVorgehensweisebevorzugen! InSa-chenWohnenistdasnichtanders.

58 NoRBERTPINTSCH

EINFÜHRUNG

Einführung

DerBlickindasInhaltsverzeichnislässteinegewisseAnarchieimAnsatzver-muten.Begriffe,teilweiseunbekanntoderungewöhnlich,stammenaussehrun-terschiedlichenDisziplinenundesistkaumnachvollziehbar,warumsieimZu-sammenhangmitdemWohnenauftauchen.

EsfehlenLiteraturhinweise,Beispiele,Vertiefungen.DasistbeabsichtigtundZweck der Darstellung. DieWirklichkeit mit ihren Neuerungen und FaktenlassensichimZusammenhangmitdemHousingnatürlichordnen,dasdürfteaberArbeitfüreinenSonderforschungsbereichsein.DieResultatewürdenauchkaumaufeinpaarSeitenPlatzhaben.EsmüsstenAnnahmengetroffenwerden,dieeserstzubeweisengilt.

Wennalldiesklarist,dannsinddiekaleidoskopartigenAspekteeinewichtigeAnregungzumWeiterarbeiten,BedenkenundNachdenkenübereinefaszinie-rendeVielfaltunterschiedlicherErscheinungenundEntwicklungen.

DieBeiträgesindErfahrungenaus„Feldstudien“unddiversenDiskussioneninUniversitätenundNicht-Regierungs-organisationenundstellen,meistens,keinFazitdar.

Dasistbezweckt.

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60 NoRBERTPINTSCH

WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 61

Über Behausungen, den Zweck und die Veränderbarkeit

UnterdemBegriffBehausungenverbergensichdiediversenBauaufgabeneinerZeit.ZielgerichtetundzweckorientiertwerdenobjekteoderderenAnsamm-lungenpositioniert.ArchitekturundStädteentstehenalsVorbilder, industrie-geprägteHüttenundHallen,ökonomiebestimmteSiedlungensinddasResultatderUmwelt.

DennochsinddieGebildeAusdruckeinerZeit.Manhatsichansiegewöhnt,nichtalle,nurdiejenigen,dieindieserZeitberuflichundprivataktivwaren.GebäudeundStädtewandelnsich,manchmallangsamer,meistensschneller,sodassdiejeweiligenGenerationenheimatloswerdenkönnen,dieGeborgenheitdesUmfeldesverlierenundschnelleraltern.

Wiesahdasfrüherschönaus,wasistausderRegiongeworden,wiesollmansichdawohlfühlen,–dassindsodieStereotypen,wobeivergessenwird,dasmanselbstTeildiesesProzessesist.

So,wiejedeGenerationsichwandelt,sowandeltsichauchderenUmwelt.

Gebäude verlieren ihren eigentlichen Zweck, Siedlungen ihre ursprünglicheBedeutung.Wohl kennen wir die Beispiele der Nutzungsänderung von Gebäuden: ausgrossbürgerlichemWohnambientewirdkleinbürgerlichesInterieur,–ausMa-nufakturenwerdenLofts,ausKirchenwerdenDienstleistungszentrenoderge-hobenesWohnen,ausBahnhöfenGewerbeparksoderKulturzentren,usw.usf.

BestimmendfüreineNutzungsänderungsinddietechnischeInfrastrukturunddasVermögenderInvestorenmitGebäudenundSiedlungenunddenwachsen-denRegulierungenumzugehen,–eineeinkommenschaffendeMassnahmefürdieDienstleister.Resourcen-undUmweltschutzsetzenhierengeGrenzen,sodasshäufignichtrealisierbarist,wasdenkbarwäre.ÖkonomischeInteressenengenein,wasinderGestaltung,UmwandlungundUmnutzungsinnvollerscheint.WerdenaberdiewirtschaftlichenAspektenichtausreichendberücksichtigt,dannverfälltanSubstanz,waserhaltens-undwün-schenswertgewesenwäre.

BeiUmnutzungen,Veränderungen,Umgestaltungengibtestechnische,recht-licheundgestalterischeGrenzen,sodasswirunterscheidenmüssenzwischendemobjektunddemort.Hierkönnenwirabergreifbararbeiten.

Diepsychischeundsoziale,diepolitischeundökonomischeGrosswetterlage,–siekönnenwirnichtfassen,sodassVeränderungenlebensbegleitendsindundDauerthemeninDiskussionen.Nichtviel andersverhält es sichmitdemSchönheitsgefühl,demZeitgefühl,demHeimatgefühl.

Wirkönnennichtfestlegen,wassichhinterdiesenGefühlenundVorstellungenzuverbergenhat,nochwasmansichvorzustellenhat.KleinstergemeinsamerNennerwirdderDauerbrenner Generationskonfliktsein,unddieUnterschiedezwischendenHabendenunddenNicht-Habenden,sowiedenZufriedenenunddenunruhigenGeistern,getriebenausNeugierundRaffgier.

Mithinkannmansagen:NichtsBesonderes,nurdassProzessedurchglobaleVereinheitlichungenrasanterablaufen,ohnedasZeitgefühlderZeitgenossenzuberücksichtigen.

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62 NoRBERTPINTSCH

WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 63

Über die Veränderung der Siedlungen

WirverwendenwiedereinmaleinensehrallgemeinenBegrifffüralldas,wasdieMenschenphysischzusammenbringtundlebenlässt,–lebenineinerZeit,inderdasPekunäreeineRolle,–dieRollespielt!

WiefinanziertmandenLebensunterhalt,wennmannurgelernthat,möglichstschmutzfrei,denArbeitstagzuverbringen,regelmässigGeldzuempfangenunddadurchamKonsumteilzuhaben,–dasistdasHauptproblemdesStädtersundesgreiftinalleBelangedesLebensein,auchwenn,beigenaueremBetrachten,esnichtdasLeben,sonderneinSchein-Lebenist!

DerAlltagunddievielenkleinenProblemedesLebenssindzubewältigen,–vielleichtkommteinkurzerGedanken-Blitz,derameigenenTunzweifelnlässt.Aber,soschnellwieergekommenist,derBlitz,isterauchschonwiederweg.

DieDingedestäglichenLebenserhältmaninSuper-Markt,–derwirdvomEr-zeugerderProduktebeliefertundderistdairgendwodraussenaufdemLande.DieHäuserwerdenerrichtet,immerschneller,nichtbesser,aberteurer,–dieMaterialienwerdenirgendwodraussenproduziert.DieDinge, dieHäuser, siewerden in die Stadt transportiert, diejenigen, dieGeldzuverdienenhaben,siefahrenindieBetriebe,unddieWegewerdenim-merlänger.

TechnischeInfrastrukturhilfthier,indemauchdiePersonen,direkteoderver-deckteunproduktiveDienstleister,hinundhergekarrtwerden,oderstolz imSchritt-TempovonzuHausekommenodernachHausefahren.DieFreizeitan-gebotelockenundverdeckendenBlickaufvorhandeneoderkommendeProb-leme.DerweilkommtderelektrischeStromausderDose,dasWasserausdemHahn,entsorgtwirdüberdasWC.Es istallesgeregelt,soscheintes,–keinGrundüber integrierteProduktion,z.B.beiderLebensmittelerzeugungzudenken,oderandereBehausungen, inandererTechnikzuerstellen.

AufderExpo2000 inHannoverkonntederkritischeBürgerdasProjektUr-banFarmingbewundern;besuchterIndustriemessensoerfährtervielleichtet-wasüberKarbonbeton,–machtersichGedankenüberseineeigeneTätigkeit,sodämmertesihmeventuellundüberdieArbeitwirdnachgedacht,–überdieneueArbeit?

Über die Verelendung der Städte

DerDrangzurKonzentrationhatdieAltstädteruiniert.

SiekönnennichtmehrdieBedürfnissederBürgerzumtäglichenEinkaufbe-friedigen,weildasAngebotgrössereFlächenbenötigt.DieerforderlicheBelie-ferungwirdwegender fehlendenAnlieferflächezunehmendunmöglich.DasVerkaufsverhaltendesKundenscheintvonPkw-Parkflächenabzuhängen.Än-dernsichdieBelieferungsmethodenvomVerkäuferandieKunden,sowerdenProblemenichtgelöst,sondernnurverschoben.

GemeinhinwerdendieWirkungendiskutiert,manipuliert,elaboriert,–denUr-sachenwidmetmansichnicht,–fastscheint,manhatsieausdenAugenver-loren.

DieBelieferungdesKundenundseinsubtilbearbeitetesKaufverhaltenwirdThema und Lösung, z.B.Veloisten reduzierenAutoverkehr, Service-Diensteschein-entlastendenKäufer.

Die Stadtväter widmen sich neuen Parkierungsmöglichkeiten,VerkehrswegefürRadfahrer,organisationvonSchulenundKindertagesstätten,bessereEin-kaufsmöglichkeiten.DersiechenGrossmutterStadthilftdasnichts.TrotzallerMobilität,physischerunddigitaler,hilftesnichts,–die„Familienangehörigen“vonGrossmutterStadtbemerkennichts,bzw.sehendenZustandalsnormalan.

DieVerelendungderStädteistdieVerelendungderGesellschaftaufhohemNi-veau,–unbemerkt,unbewusst,unverdrossen!

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64 NoRBERTPINTSCH

WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 65

Über die Verarmung der Landschaft

WerheutzutagemitdemFahrradausderStadtkommendindasUmlandfährt,der erfreut sich des ungewohntenAnblicks und geniesst das überwältigendeGründerNatur.

VorbeianFeldernundWiesenwirddieLuftunddieNaturgenossen.Vögelflie-gendurchdieLüfte,landenaufdenFeldernumnachNahrungzupicken.NutztmanunwissentlichdieverkehrsarmeZeit,sosindsolcheTourendochrechtent-spannend.

PrivatehabenandenLandstrassenSchilderaufgestelltundbietenHonigan,selbstgemachteMarmelade,obstundGemüse,–ohnedenHinweisaufÖko,BiooderNatur.

UnddamitfängtdasNachdenkenundSinnenan.

DieFelder sind riesigundwerden imEinmann-BetriebmitMonster-Trakto-renundZubehörbearbeitet.InfernenLändernsprichtmanvonMono-Kultu-ren.HierbetätigensichdiesogenanntenAgrar-ÖkonomenmitihremGlaubens-spruchEsmusssichjarechnen!UndsowirddieRaffgiermitdemMissbrauchauf Nachhaltigkeit, Umweltschutz und grüner Energie die Natur vernichtet,währendgleichzeitigderTourismusangekurbeltwirdmitdemHinweisaufNa-tur,Einsamkeit,Landschaft.

AndieDekorationderLandschaftmitStrommastenhatmansichvorJahrenschon so gewöhnt, so dassAssoziationen von texanischen Bohrtürmen dieNachdenklichkeitnichtmehrerreichen,undauchdieWindkraftanlagen,mitSi-cherheitgutfürdieIngenieurbürosundProduzenten,nichtzuvergessendieAn-leger-Gutmenschen,werdengedankenloshingenommen,währendwenigeKi-lometerweiterdieVerarmungderLandschaftangeprangertwird.

DieMono-KulturenhabenallesKreuchendeundFleuchtendeverdrängt,–daistnichtsmehrmitfuttersuchendenVögelnundeingegrabenenFeldhasen.

Wosollensieauchbleiben?!

KreisläufeinderNaturwerdenbeeindruckendindenMediendargestellt,–derBlickfälltabernichtinseigeneNest,sondernaufdasnächsteEinkaufszentrumindemmanzertifiziertundöko-bio-veganeinkaufenkann.

Über Probleme der Infrastruktur

AufGrundunsererVeranlagungundAusbildungneigenwirzurFragmentie-rung,wobeiwirüberwiegenddenZusammenhangausdenAugenverlieren.

ImFallederInfrastrukturunterscheidenwirzwischentechnischerundsonstigerInfrastruktur,obwohlwirwissen,daseseinTrugschlussistundzuneuenIrrita-tionenundUnklarheitenführt.

Der,noch,selbstfahrendeAutomobilistkannmitseinemVehikelmit200km/hdurchdieGegendrasen.VerkehrszeichenbegrenzendieGeschwindigkeit,wasbei Baustellen, Engpässen, Unfällen schmunzeln lässt und deprimiert. Häu-figentpupptsichsoeinStaualsmanmade,selbstgemachtdurchdieAnzahlderAutomobilisten;soisteinStaunichteintechnischesProblem,sonderneinmentales.DerMenschistdasProblem.BearbeitetmandiesesProblemdurchneueTechnik,sowirdesDefiziteimsogenanntenFreiheitsgefühlgeben,oderanders:WelchesindneueMöglichkeitendesGockelssichzubeweisen,seineMännlich-oderFraulichkeit, seinefinanziellePotenz, seine sonstigeSchein-Wichtigkeit.

Diezerstörende,technischeInfrastrukturistgleichbedeutendmitdergegenwär-tigenStadt;Verkehrsadern,diedieWegezwischenWohnenundArbeitenher-stellensollen,fressenzunehmendEnergieundZeit.

Veranstaltungen,alsEntspannungundZeitvertreibfürdiearbeitendeBevölke-rungverstanden,erweisensichalsparallelleResourcenvergeudungzumsons-tigenAlltag.

Freizeitaktivitäten,alsUrlaubbenannt,helfendie technischeInfrastrukturzublockieren.WasinderTheoriefunktioniert,daserweistsichinderPraxisderStädtealsunheilbareKrankheit.

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66 NoRBERTPINTSCH

WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 67

Über Klimaschutz

Vielwirddarüberberichtetundgeredetunddiskutiert.Wissentutmannichtswirklich, an Ereignissen, entstehenden, erwarteten und stattfindenden,meintmanesbelegenzukönnen.

Von Menschen verursachte Einflüsse meint man zu erfassen. Die EinflüssedurchkriegerischeAktionen,besonders,wenndieFreiheitverteidigtwird,sindnichtbekanntundwenndoch,soeheralsunterhaltsames,weilentferntesEr-eignis.

Von derNatur verursachteEinflüsse durchVulkanismus, darüberwird nichtodernurunzureichendinformiert.

DasenormgrandioseSystemdesKlimas,dasallesbeinhaltet,vorallemdieun-bekanntenAbhängigkeitenvonGross-Systemen,–vonihnenhatmannureinevageVorstellung,sie,diesichdieNaturuntertanmachen.

Klimaschutzbeginntbeimeigenen,täglichenVerhaltenjedeseinzelnenMen-schen.InurbanenBereichenwirdereherverbalpraktiziertundistUnterhal-tungsbeitrag.Ihn,denKlimaschutz,zuleben,würdedastäglicheLebenemp-findlichstören.

Über die Veränderung des Wohnens

DurchdenEinflussderAutomatisierungstechnik,d.h.ähnlichwiees imAu-tomobilbauüblichist,werdenStandardbehausungenmodellmässigentwickeltundmodifiziert.Beispielegibtes,dieDurchsetzungamMarktwirdnochdau-ern,–vorallemmusseinfähigesMarketing-Konzepther,dasLuxussuggeriert.EsistkeinRückschrittmitreduziertenFlächen,Grössen,Voluminazuleben,sonderneinGewinnan:Zeit!

Daszuverklaren,–eswirdeinelangatmigeAngelegenheit,dennderEingriffinalldiescheinbarwachstumswichtigenIndustriebereiche,wersolldieverkraf-ten?

Undweristdanichtbetroffen?

Einrichtungshäuser, Baumärkte, Bekleidungs-Industrie, Lebensmittel-Indust-rie,–eineziemlichlangeAufzählungmüsstefolgen.

DieGewohnheit,sieistbeständigundwirktsichebensoaus:schwerfällig.

Alsowerden–einerVeränderungzunächstvorausgesetztundvorausgeschickt–,möglichstviele,zwarunnötige,aberimageträchtigeobjektedieBehausungfüllen.AusdemKüchenbereichgibtesdiverseErfahrungenundderWunschnachmehrFlächeistunüberhörbar.InvestorenfolgendemRuf,derjaauchBa-resfürsiezurFolgehat.

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WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

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Über Tendenzen im Gebauten

DieArchitekturtheoretikerhaben sichüberdieZeitenundüberdasGebautehinwegimmerinderFormensprachezwischengeometrischenFormen(Recht-eckhütten und nachfolgenden) und organischeren Formen (Kegelhütten undnachfolgenden)bewegtundEntwicklungslinienaufgezeigtbzw.versuchtzuer-klären.

DieArchitekturvonGehrysKunstmuseuminBilbaoisteineKombinationvonRundformen,dieehereinerbiomolekularenStrukturentsprechen.

DieArchitekturvonGehrysBioMuseuminPanamaisteineKombinationvonPrismen,dieehereinBeispieleinerpolykristallinenStrukturentspricht.

InbeiderleiHinsichtsinddieArbeitenvonB.Fuller, F.OttosowieE.Thorsteinn wichtigeVorarbeiten!

SiesindalsAlleinstellungsmerkmalzuverstehen,–ineinerzunehmendschnell-lebigenZeitvergehendieseBeispieledurchdienachfolgendeinsetzendeKo-piererei;manwillteilhabenamBesonderen,dennesbedeutetWachstum,z.B.inderTourismusindustriedurchneugierigeKonsumenten.

DenbaulichenAlleinstellungsmerkmalenwirddurchdiePolitikderindustriel-lenProduktionendieUniformitätentgegengesetzt.WaszunächstAufwandamAnfangeinerEntwicklungdarstellt,findetsichdurchdiezeitgemässenFerti-gungstechnikenbaldinBaumärktenwieder.AusderExklusivitätwirddieUni-formität;sieführtwiederumzumAufrufnachNeuem,derExklusivitätfordert,die–inimmerschnellerenZeiträumen-wiederzurUniformitätführt.

Über das Wohlbefinden in Städten

WasmachteineStadt reizvoll,–verschafftWohlbefinden?–EineFragestel-lung,diesowohlInvestoren,PlanerundNutzerbewegt!

StädtebaulichwirdgernedasArgumentderBehaglichkeitangeführt,dasbei4bis5-stöckigenGebäudenliegensoll.ForschungenausdemStadtgeschichtli-chensehenalsIdealleichtunübersichtlicheGassenundWege,denensichPlät-zeöffnen,alsangenehman.CamilloSittehatdiesauchmitästhetischenArgu-mentenbereichert.

JederkenntjedeninseinemStadtteil, istauchfürandereMitmenschenda,–diesModell ist altersabhängig,dennwirwissen,der jungeMensch in seinerEntwicklungsphasebenötigtAnonymität.

Wohlbefindenzuhaben,dasbeinhaltetauchdieGefahrdesVerharrens,desSte-henbleibensund istnicht einZiel, einegewisseVeränderung sollte sein, an-derenfallsrutschteinBereichodereineRegionindieTourismusnähe.GerneschautmansicheinViertelan,weilesaneinescheinbarguteZeiterinnert.FürdiedortWohnendenistdieZeitvermutlichentwicklungslosvergangen.

WirstellendieZweischneidigkeitdesWohlbefindensfest.

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Über die Veränderung der Arbeitswelt

AufGrundunsererVeranlagungundAusbildungneigenwirzurFragmentie-rung,wobeiwirüberwiegenddenZusammenhangausdenAugenverlieren.

ImFallederInfrastrukturunterscheidenwirzwischentechnischerundsonstigerInfrastruktur,obwohlwirwissen,daseseinTrugschlussistundzuneuenIrrita-tionenundUnklarheitenführt.

Der,noch,selbstfahrendeAutomobilistkannmitseinemVehikelmit200km/hdurchdieGegendrasen.VerkehrszeichenbegrenzendieGeschwindigkeit,wasbei Baustellen, Engpässen, Unfällen schmunzeln lässt und deprimiert. Häu-figentpupptsichsoeinStaualsmanmade,selbstgemachtdurchdieAnzahlderAutomobilisten;soisteinStaunichteintechnischesProblem,sonderneinmentales.DerMenschistdasProblem.BearbeitetmandiesesProblemdurchneueTechnik,sowirdesDefiziteimsogenanntenFreiheitsgefühlgeben,oderanders:WelchesindneueMöglichkeitendesGockelssichzubeweisen,seineMännlich-oderFraulichkeit, seinefinanziellePotenz, seine sonstigeSchein-Wichtigkeit.

Diezerstörende,technischeInfrastrukturistgleichbedeutendmitdergegenwär-tigenStadt;Verkehrsadern,diedieWegezwischenWohnenundArbeitenher-stellensollen,fressenzunehmendEnergieundZeit.

Veranstaltungen,alsEntspannungundZeitvertreibfürdiearbeitendeBevölke-rungverstanden,erweisensichalsparallelleResourcenvergeudungzumsons-tigenAlltag.

Freizeitaktivitäten,alsUrlaubbenannt,helfendie technischeInfrastrukturzublockieren.WasinderTheoriefunktioniert,daserweistsichinderPraxisderStädtealsunheilbareKrankheit.

Über den verantwortungsbewussten Bürger und das Warten auf den aktiven Staat

AufGrundunsererVeranlagungundAusbildungneigenwirzurFragmentie-rung,wobeiwirüberwiegenddenZusammenhangausdenAugenverlieren.

ImFallederInfrastrukturunterscheidenwirzwischentechnischerundsonstigerInfrastruktur,obwohlwirwissen,daseseinTrugschlussistundzuneuenIrrita-tionenundUnklarheitenführt.

Der,noch,selbstfahrendeAutomobilistkannmitseinemVehikelmit200km/hdurchdieGegendrasen.VerkehrszeichenbegrenzendieGeschwindigkeit,wasbei Baustellen, Engpässen, Unfällen schmunzeln lässt und deprimiert. Häu-figentpupptsichsoeinStaualsmanmade,selbstgemachtdurchdieAnzahlderAutomobilisten;soisteinStaunichteintechnischesProblem,sonderneinmentales.DerMenschistdasProblem.BearbeitetmandiesesProblemdurchneueTechnik,sowirdesDefiziteimsogenanntenFreiheitsgefühlgeben,oderanders:WelchesindneueMöglichkeitendesGockelssichzubeweisen,seineMännlich-oderFraulichkeit, seinefinanziellePotenz, seine sonstigeSchein-Wichtigkeit.

Diezerstörende,technischeInfrastrukturistgleichbedeutendmitdergegenwär-tigenStadt;Verkehrsadern,diedieWegezwischenWohnenundArbeitenher-stellensollen,fressenzunehmendEnergieundZeit.

Veranstaltungen,alsEntspannungundZeitvertreibfürdiearbeitendeBevölke-rungverstanden,erweisensichalsparallelleResourcenvergeudungzumsons-tigenAlltag.

Freizeitaktivitäten,alsUrlaubbenannt,helfendie technischeInfrastrukturzublockieren.WasinderTheoriefunktioniert,daserweistsichinderPraxisderStädtealsunheilbareKrankheit.

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Über wachsende Wohnraumflächen

ImprivatenBereichwachsendieWohnraumflächen,wasmitWohlstand,stei-gendemBedarfundLuxusverbundenwird.

ParallelzudenProduktenderAutomobil-Industriekannmanleichterkennen,dassdasDesign,wenigerwirklichtechnischeNeuerungenbeiderProduktent-wicklung,dieRollespielt.

LeichtkönnenwirinandereBereicheumschwenken,z.B.dieTextil-IndustrieoderUnterhaltungs-Industrie.

DiediversenProduktebenötigeeineNutzungsfläche,vielleichtsolltemanbes-serdenBegriffLagerflächeverwenden.AusUntersuchungenweissman,dererfüllteKonsumwunschstehtimVordergrund,nichtdiewirklicheNutzungdeserworbenenobjektes.

Über Arbeit und Produktion

Die traditionelleStadt lebtevon ihrenVierteln, indenenkleinmengenmässiggefertigtwurde.DieTätigkeitenwarenüberschaubar.Berufebildetensichhe-raus.DieStadtorganisatorensorgtenfürdiediverseninfrastrukturellenMass-nahmen,fürVer-undEntsorgung,imRahmenderMöglichkeitenundderStadt-hygiene.

EineTrennungvonArbeits-undsonstigerWeltwarkaumvorhanden,wassichgravierendmitdenAnfängender Industriealisierungänderte.ArbeitszeitundFreizeitentstandundmitihrauchdieAuflösungderStadt.DieTrennungvonGewerbeundWohnenerforderteInfrastrukturmassnahmenundsorgtefürtech-nischeMobilität.

DurchdiesichanbahnendenEntwicklungenderGegenwartergebensichgänz-lichneuePerspektiven,diediebisherigenBerufebiszumWegfalländernwer-den.LangsamhatsicheineEntwicklungangebahnt,dieaufUniformitätsetzt,dieaberdieBewohnerderStädtenichtwahrnehmen,denndieUniformitätwirddurchDesignkaschiert!

AusBerufenwerdenBeschäftigungen, die immermehr fragmentiertwerdenundzukurzfristigerKompetenzführen.DasmagkritischeGemüterirritieren,diebefindensichaber inderglücklich-unglücklichenLageeinerMinderheit.DieMehrheitwirddurchunproduktiveArbeitenzubeschäftigensein.Dasisterforderlichundnotwendig,weildiewachsendeRoboter-Produktivitätvonei-nersinkendenZahlvomKompetentenausgeführtwird.DafürwerdendieKont-rollen,ohnedassiealssolchewahrgenommenwerden,wachsen.EinÜberblickinderGegenwartzeigt,wieweitdieseEntwicklungfortgeschrittenist.

NimmtmaneinModellan,indemdieBeschäftigungsfähigenfürihreunpro-duktiveArbeiteinenBetragerhalten,mitdemsieamKonsumteilnehmenkön-nen, dannwird sich wegen der Kosten auch die Beschäftigung im sozialenBereichsoverändern,dasseinTeildesDaseinswiederfürsozialeZweckeein-gesetztwird,einweitererTeilwird–gewerkschaftsunabhängig–zeitweisepro-jektorientiertarbeitenund,wenndieFähigkeitendesQuerdenkensnochausge-bildetsind,neueProdukteentwickeln,diefürGrossmengenuninteressantsind.

AusdieserkurzenSkizzekannmansichleichtindieneuenStadtstrukturenver-setzen, indenendieBewohner, teilweiseunabhängigvonderdannintegrier-

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tenAgrarproduktion,fürNahrungsorgen,–inZentren,umdiesichkompatibelWohneinheitengruppieren.

DurchdieebensointegrierteIndustrieproduktionmitimmergeringerwerden-derBeschäftigungszahlentstehteineanderetechnischeInfrastruktur,diedieer-forderlicheEnergiekonzentrierteinsetzt.

Über Housing und mehr

Im Zusammenhangmit demThemaHousing und den Systembetrachtungen(holistisch-offen-geschlossen)lässtessichnichtvermeidenweiterführendeBe-griffezunennen:Metropolregion, MegaCity, Ballungsraum. Agglomeration, HyperCity, Stadtre-gion,u.a.Ihnen allen ist einUmfeldmitKlimaund speziellenResourcengemeinsam,welchesWohnenundArbeiten(Produktion,Verwaltung,Foschung)ermöglicht.DabeiwerdenmehrundmehrderResourcenverzehrtundvernichtetunddieSinnhaftigkeitmitWachstumundArbeitsplatzbedarfunterstrichen.DieKostenfürdietechnischeInfrastrukturwachsenbeständig,dieSteuerein-nahmendurchproduktiveArbeitsinkenhingegen,dieProduktivitätdeseinzel-nenArbeitsplatzessteigt,hingegensinktderBedarfanbezahltenArbeitsplät-zen.BauroboterinJapanund3-D-geplotteteHäuserinChina,sowiedieWandlungvomHandgemachtendesMenschen(imholistischen,naturbelassenenSystem)zumRobotergemachtenohneMenschen(imgeschlossenenSystem)verstärktsich.DerAlltagimglobalvorhandenoffenenSystemimstädtischenBereich,mit seiner Uniformierung durch die Industriealisierung, verstärkt durch dieAuswirkungenderdigitalenTechnik,ermöglichtkeineoderkaumeinedistan-zierteBetrachtung.Problemewerdenkurzfristiggelöst,dieseLösungenproduzierenabereineViel-zahlvonneuenProblemen,damannurlösungsorientiert,alsokurzfristigundwirtschaftlichforschtundhandelt,nichtaberursachenorientiert,alsolangfris-tigundsozialüberlegt.KulturellelokaleAspekte,dasDenkenundHandelninstaatlichenGrenzen,ge-genüberdemgrenzübergreifendenProduzieren inderWirtschaftundüberge-ordnetenNaturgesetzenzeigendieenormenAuswirkungen,Einschränkungen,Behinderungen,dievergessenodermissachtetwerden.DieÜbersichtinderbereitsvorgestelltenTabellelässtdieBandbreitederBe-siedlungen erahnen, auch die Fehlerhaftigkeit und Unübersichtlichkeit, die,vermutlich,durchSatellitenbeobachtungenundAuswertung,eingegrenztwer-denkönnen.WievieleEinwohnerproQuadratkilometerfüreineRegiontragbarist,dasistgänzlichunklar.Klaristnur:3qmfuereinePersonisteinerealistischeGrundlage,derAbrissderWallCityinHongkongzeigt,100.000E/qkmsindmöglichgewesen.DieTendenz zur integriertenProduktionund zu autonomenWohn-Einheitensinderkennbar,sienutzendasRecyclingimSystem,sielässtsichnichtverhin-dern!

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Über die Zukunft der Stadt

BefragtmandenStädternachseinemBefinden,soistdieAntwortunabhängigvomort,gleich.

EinerseitsmachtdieStadtluftjafrei,istmanabersofrei,dannsiehtmandieZukunfteheraufdemLande.

DieklassischeStadt,miteinerAltstadt,einemZentrum,einemAlleinstellungs-merkmalunddamiteinemIdentifikations-EmpfindenfürdenNutzer,auchmitGeschichte,–sieisteinAuslaufmodell.Dennochwirdsiegeliebtundihrall-mählichesVerschwindenbeidenStädternindenindustriealisiertenRegionendurchFluchtinsogenannteUrlaubsidyllenersetzt.

DieUrlaubsidyllensindmittlerweileaberineineartifizielleSchein-Weltmu-tiert,ohnedassderTouristdaranAnstossnimmt.UnmerklichwerdendieUr-laubserlebnissevomReisendenindierealeWelttransportiert,diesichebensoartifiziellentwickelt.

DieEinkaufsgepflogenheitenorientierensichaneinerBequemlichkeit,diedasStadtbildverändert,nichtaberzueinerBesonderheit,sondernzueinerGleichheitmitanderenStäd-ten.

Städtewaren auch früherwirtschaftlicheZentren, jedochorientierte sichdieStadtbildung an geografischen Besonderheitem, die wiederum durch Natur,Vegetation,Bodenschätzebegründetwaren.DerProzessverlieflangsam.DietechnischeInfrastrukturindenbrodelndenStädtenlässtdiesnichtzu,sodassdie bekannten Entwicklungen, Eingrenzungen, Beschränkungen des LebensdemStädtermehrundmehrzuschaffenmachen.

Neue Siedlungenmit Standardbehausungen entstehen nicht allmählich, son-derninrasanterGeschwindigkeitundunabhängigvonNatur,Vegetation,Bo-denschätzen.NeueanalogeunddigitaleTransportsystemermöglichendies.Da-rausergibtsicheinegänzlichneueStadtstruktur,diemitdemherkömmlichenStrukturennichtsmehrgemeinhat.

HatdieherkömmlicheStadteineZukunft?

WenndieProblemederBewohnerderartangewachsensind,sowirdsicheine

neueFormderStadtbilden,dieabernichtmehrdemaltenMusterfolgt.

VielleichtgelingtesinRegionen,dievondergrundsätzlichenVeränderunget-wasabgeschnittensind,dieskizziertePhasezuüberspringen,wasmitSicher-heitindasgesammteProduktionsgefügeeingreiftundLand-bzw.Stadtfluchtsicherübrigen.

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Über Stadtplanung und Stadtwachstum Vom offenen zum geschlossenen System

PlanmässigundplanvolllegtendieAltvorderenStädtean;Priene,odessa,Pe-tersburg,Karlsruhe,–gross istdieMengederartigerGründungen.UndnichtnurinderGeschichte,auchinderzeitnahenGeschichtewurdenStädtewirklichgeplant,wieIslamabad,Brasilia,Belmopan,usw.

DerPlanungsgprozesswardabeidurchdenFaktorZeitgesegnet.InunsererZeitscheintmanimmernochvondieserPlanungsweisebeseeltzusein,–undinderTat,soeineStadt,dieallmehlichwächst,–siehatteschonwas!

NachfolgendeinigeStichwortezursichabzeichnendenEntwicklung:

Bestand-Erhalt-EntwicklungenWasistvorhanden,wasistzuerhaltenundwarumbzw.welchePrioritätenmitwelchemZeitfenstersindwünschenswertundmachbar?

GrundlageÜberFeldstudienundKartierungwirdeineEntwicklungabgeklopft;einePla-nungsweise(SittesStudienüberoberitalienischeStädteundPlätze)formuliert.

PerspektivenSatellitenstadtplanung,d.h.NutzungneuerPlanungs-MöglichkeitenderUmge-bung.DerVerlustdesöffentlichenRaumes.KünstlichesUmfeldundStrukturenhierfür(biomolekularundpolykristallin).Selbstorganisation(oregon-Projekt).

TransferierungsprozessVomoffenenzumgeschlossenenSystem.

Zum Thema Weltstädte

ÜberWeltstädteerschienvonPeter HalldiegleichnamigePublikation.

WirnehmendieszumAnlass,umParis,LondonundMoskauinihrerEntwick-lungzubeobachten,und ihnenvierklassischeStadtmodellevoranzustellen(RigaundReval-TallinnanderBaltischenSeeundFlorenzundSienaaufderApenninnen-Halbinsel).

DieEntwicklungderInfrastrukturmit ihrenwachsendenSchüben,dieLand-flucht, die rasche Veränderung der Produktionswelt, müssen berücksichtigtwerdenundzeigendieNotwendigkeiteinesUmdenkens.

StadtplanerimXX.JahrhundertarbeitetenzunehmendmitKennzahlen,derenErhebungundErmittlungZeitinAnspruchnahmen(KollerinWolfsburgentwi-ckeltebehutsam,beiDaubundKollegenwurdesorgfältigerfasst,–dieAnnah-me,mitKennzahlenStadt-undRegionalplanungbeeinflussenzukönnen,wur-deinansatzweiseähnlichenZeiträumenumgesetzt,bzw.versuchtumzusetzen.

WieinvielenFällenwurdenErkenntnisseausdemmilitärischenBereichindenzivilenBereichumgesetzt,–inderGegenwarthatsichaberdieGeschwindig-keitkomplettverändert.PerSattelitenaufklärungverfügtmanmittlerweile inEchtzeit überDatenbzw.kanndiese ausderSattelitenbeobachtungableiten.Wirtschaftszweigeorientieren sichandenResourcen,ArbeitskräfteundPro-duktionsmethodenwerdenum-undeingesetzt,sodassdasklassischeModellStadtnichtmehrkompatibelmitdergesamtenEntwicklungist.

Bebaute Gebiete entstehen mit rasanter Geschwindigkeit (Palm-Projekt undWelt-ProjektinDubai,ForestCityzwischenMalaysiaundSingapore),IdentitätverschwindetzuGuns-teneinerUniformitätinallenBereichen.

AusdereherholistischangelegtenSiedlung imruralenBereichentstandmitdemSlogan„Stadtluftmachtfrei“zunächstdasklassischeStadtmodell,dassichdurchdieIndustriealisierungzumresourcenverschwendendenoffenenSystemmitnichtmehrlösbarenInfrastrukturproblemenmauserteundzeigt,mehrundmehrineinemgeschlossenen,artifiziellemSystemzuleben,zuarbeitenunddieFreizeitzuverbringen.

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HOUSING and PLANNING

LeichtverwischendieGrenzenzwischenwissenschaftlichenDatenundFaktenundderWirklichkeit.AmBeispielderEntwicklungderWohnungs-flächenistdiesleichtnachvollziehbar;Wohlstand,dieNotwendigkeitvonMobiliarundtechnischenGerätenindenWohnungen,sowiedieherr-schendeWirtschaft-undSozialpolitiksindengmiteinanderverbunden.WaswirklichanFlächebenötigtwird,daskannnichtdirigiertwerdenundistehereinmentalerProzess.WasfuerdieWohnungsflächegilt,dasistuebertragbaraufdieStadtfläche.ImFolgendensindeinigeDatenzumThemaaufgelistet.AlsorientierungsgrössenehmenwirdieexistierendenExperimentierhäu-ser*mitdenAbmessungen3,0x3,0=9qmbruttound9,0x3,0=27cbmbrutto,–dieseFlächebietetPlatzfuer2Liegeplätze,einenSchreib-platz,sowieeinePantryundeineWC-Dusch-Kombination;dabeiistdieZielvorstellungdieNutzungdezentralerTechnik!Wirnehmen.4,5qmproPersonalseineBezugsgrösse,–alsexisterendenmax.WertnehmenwirdasabgerisseneViertelHongkongsmit100.000EinwohnernproQuadratkilometer,woraussich10qmproEinwohnerergeben,wobeihierschonWege,Treppenhäuser,Shops,usw.enthaltensind.AlsnächstenSchrittstellenwirausgewählteStädteundGrossräumedar:

Erdteil Land Stadt Einwohner Fläche E.GrossraumEuropa Deutschland Berlin 03,500,000 00.890 005,000,000Europa Frankreich Paris 02,300,000 00.105 012,000,000Europa England London 08,500,000 01.500 015,000,000Europa Russland Moskau 11,500,000 02.500 020,000,000Amerika USANewYork 08,500,000 01.200 024,000,000Amerika Kolumbien Bogota 07,000,000 01.600 n.b.Asien Pakistan Lahore 06,000,000 01,775 n.b.Asien China Peking 21,500,000 16,500 n.b.Asien Japan Tokio 13,500,000 02,200 40,000,000Asien BanglaDesh Dhaka 07,000,000 00,815 40,000,000Afrika Kamerun Douala 02,000,000 00,210 n.b.

Stadt(-Staat)bzw.Siedlung E/qkmHongkongSlum(abgerissen) 100.000HashimaIsland 068.500**Manhattan 028.000Macao 021.000Monaco 018.950RikersIsland(Gefängnis-Insel) 013.000Singapur 007.800Hongkong 006.500HarmonyoftheSea 350.000***

MegaCitiesmiteinerprognostizierttenEinwohnerzahlwieSaoPaulo(30Mio),Kairo(25Mio),Istanbul(20Mio)habenwirbewusstnichtaufge-führt.Auchsoistklar,wiehinkendundwenigvergleichbardieZahlensind,weilKlima,Umwelt,Kultur,wirtschaftlicheMöglichkeitenusw.schlechtfassbarsind.AuchsindAussagenüberdieBevölkerungsdichteunsicher,hinzukommenweitereFaktoren,sodasseigentlichnurspeku-liertwerdenkann.WiebelastbareineRegionmitEinwohnernist(Ge-werbeundWohnen),schönwärees,wenneseineKenngrössegäbe!Aberdasistnichtrealistisch.

obwohleskeineKennzifferngibt,erscheintessinnvollalsDiskussions-grundlagedamitzuoperieren.

* Derartige Versuchshäuser wurden in der BNU errichtet, sowie auf dem PCC, beides in Laho-re. Im Internet ist ein Gross-Projekt dargestellt, in dem Studenten ihre Versuchshäuser selbst bauen.

** Die Örtlichkeit ist aus einem James-Bond-Film kennat; bemerkenswert ist die Tatsache, dass hier eine komplette Stadt mit Geschäften, Schulen, Sporteinrichtungen usw. existierte und funktionierte.

*** Dieser Wert ist hochgerechnet und zeigt die Gemütlichkeit auf Kreuzfahrtschiffen.Geht man in die Höhe, so zeigt sich auch die Fragwürdigkeit der Werte. Dennoch: Erstaunlich ist, was machbar ist!

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AT, Housing and More

DemThemawirdi.a.wenigoderkeineAufmerksamkeitgeschenkt,waseventuellaneinergewissenUnkenntnisderBegrifflichkeitenliegt.MitATwirddieAngepassteTechnikbezeichnet,mitHousingdasWohnenundseinUmfeld,–StudentenausdenProjektensindsieehergeläufig.Moremeintu.a.auchC+I,d.h.Communication+Information.

DieGründedafürsindklar:imSchulbereichsindRechnen,Schreiben,LesenundComputingStandard,sowiedieNutzungvonC+I.ImAusbildungsbereichistdasStudiumeinesbestimmten,momentanaktuellen,FachesStandard,sowiederEin-satzvonC+I.

ImallgemeinenLebenwerdendurchdieMedienC+IpubliziertundjenachModeundGeschmacküberUmweltschutz,Nachhaltigkeit,Resourcenschutz,u.a.,so-wieInnovationundKreativitätgefachsimpeltundsodieAllgemeinheitaufdemLaufendengehalten;dasistebensoStandardundverständlich.DerTrend,überdie I+CdieWirklichkeit zuverstehen ist ebensoverständlich.UnbeachtetundunbemerktistallerdingsdieTatsache,dasszwischenbe-greifenundver-stehengewisseUnterschiedeliegen,–mancheZeitgenossensprechenauchvonWelten.

Diesmussabernichtverängstigen,besondersdannnicht,wennnurdieWeltdesVerstehensexistiert.Dasbleibtnichtaus,wennderBezugzurPraxismehrundmehrschwindet.AlsverheerendwirddasnurvonderGenerationangesehen,diezumBe-Greifenkonditioniertwurde.

AT&HousingistimSchulbesuchsehrwohleingutesMittelumangewandteBio-logie,ChemieundPhysikdurchbe-greifenzuvermittelnundimAusbildungsbe-reich,umdieNutzenderC+IaufdieWirklichkeitzubegreifen.

AngepassteTechnikistimruralen,infrastrukturarmenBereichauchdieMöglich-keitautonomzuversorgen,gleichzeitigaberweistsiedenWegineineneueFormdes resourcensparenden, umweltfreundlichen und nachhaltigen Bauens, beste-hendausMinimalisierungundSelbstversorgunginMegasystemenalsGrundlage.

ImSinnederKondtionierungderMenschenmagdasnichtwünschenswertsein,ändertabernichtsanderBedeutung.

WandelungistnieeinplötzlicherProzess,sondernwirdeingeleitetdurchschein-barunabhängigvoneinanderstattfindendenEntwicklungen.

Die Stadt und ihre Bewohner

WirnähernunsdemThemafreinachdemPhysiklehrer inderFeuerzangen-bowle,derdieDampfmaschineerklärt:Da stelln ma uns jans dumm...!

Be-Wohnenmeintlebenundarbeiten;LebenbeinhaltetzunächstnichtdasAr-beitengegenEntgelt.ArbeitenisteineBeschäftigung;wennmanetwastut,soistmanbeschäftigt;undmeintdamitLebensunterhaltundSinngebung.Tunistaberauchkonsumo-rientiertundkonsumstrukturiertzuseinundlässtkaumSpielraumundwenndoch,dannimmerweniger.

DieGrenzendernachgewachsenenStädteliegenindenMöglichkeitenaufVer-änderungenzureagieren:VerkehrundFahrradrikshawalsAlternative,dieabernichtkonformundimInteressederIndustrieliegen.KleinformatigkeitinderBebauung(Aldo Rossi‘sQuartiergestaltunginBerlin),zwischenÜberschaubar-keitundUnübersichtlichkeit,– in jedemFallaberglobalisierungs-hemmend,dennShoppingMallssindhiernichtrenditeträchtig.

Indervor-digitalenWelthattederZeitfaktornichtdieGeschwindigkeitwieinderdigitalenWelt,–unddas,obwohlsichanderZeitjanichtsgeänderthat,–abgesehendavon,dasssienurinunsererGedankenweltexistiert.

WennsichdurchdiedigitaleWeltimmermehrKonsumeinschleicht,dannauchdeshalb,weilderKonsumlebensfüllendwird,–werdenmuss.Denndassobe-lastendeMomentinderurbanenGesellschaft,dieArbeit,sieverliertanBedeu-tung,weilintelligenteMaschinenundGerätedieseArbeitübernehmen,–allessichwiederholendeübernehmen.Dadurchdriftetdiearbeitslose,nicht-produk-tiveGesellschaftzwangsläufig indenKonsumundwirduniform,wasdurchdenWegfallvonpersönlichenDirekt-ZahlungenerleichtertwirdundmitdemArgument derKundenfreundlichkeit unddembesserenService geschmacks-freundlichwird.

WennauchdasphysischeGefühldesZahlens,damitaberauchverbundendieWertigkeiteinerTätigkeitentfällt,stelltsichdieFragenachderMaterialitätvonMenschundWare.

WiediesesGefühlingrauerVorzeitfürdieMenschenwar,wirwissenesnicht,undwennwirversuchen,unsinsolcheineSituationhineinzudenken,sohabenwirfastunlösbareProblemeunsausunsererGedankenweltzulösen.

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NoRBERTPINTSCH 85

Housing As A Social Impact

DieIdee,einenTeilderErdoberflächealsEigentumzuerwerben istwissen-schaftlichunsinnig,–diePraxiszeigt,selbstUn-SinnkannsichaufDauerhal-ten.DasindividuelleEigentumsrechtbeinhaltetwederdenLuftraumüberei-nemGebäude,nochdasErdreichuntereinemGebäude.

DenktmananGross-ReichederVergangenheit,sohatsichüberdieJahrhunder-tehinwegimmereineMöglichkeitgefundenfürMeines-DeinesaufdieBarri-kadenzugehenundsichgegenseitigzubekriegen.EsistkeinUnterschiedzwi-schendiesenphysischenMassnahmenunddenGrüne-Tisch-MassnahmenimökonomischenBereich.

WirtschafthatmindestenszweiSeiten:Handeln und Soziales.LässtmandasSozialeaussenvor,sogiltdieBinsenweisheitdesEs-muss-sich-rechnen,eineinteressanteSpielmethodefürErwachsene.

WieengdieBereichedennochmiteinanderverbundensind,daszeigenBegrif-feausdemAngelsächsischen,dieauchgerneinandereSprachenübernommenwerden.

DieHalbwertzeitderBegriffeistbegrenztundbaldschonGeschichte,wiewiresamBeispielderHippiesnachvollziehenkönnen.AuchdiederYuppies istnicht besser,wasman anlässlich von generationsübergreifendenGesprächenleichtfeststellenkann.WerkenntnochdenBegriffderDINKs, Lohasbzw.Par-kos und Lovos ?!Wennnun,imRahmenderIndustrie 4.0,dieAnhängerdiesesBegriffeswiedieLemmingeeinerWolkehinterherhecheln,somagesältereGenerationenverstören,nichtaberNERDs,diesichderbesserenVerdienstaus-sichtwegendenMINT-FächernwidmenundsichinMOOCsindenfastkom-plettindustriealisiertenRegionenständigweiterbilden.DieFragederArbeit (produktiv/nicht-produktiv) isteinanderesThemaundwirdangeeigneterStelleumrissen.

EshandeltsichimmerumMassenbewegungen,auchwenndieAnfängeeherdasGegenteilbezweckenundelitärverstandenwerden.SchnellwirddurchdiedigitaleVerbreitungauseinemMinderheiten-ProgrammeineMehrheitsbewe-gung,wasinkeinemFallmitIntelligenzzutunhat.

EineGross-BewegungistauchdiederzunehmendenSenioren,derGentrifizie-rung,alsdessenResultatdieÜberlegungeineRollespielt,wiemandennimAl-ter,eventuellselbstbestimmt,lebenkönnensolloderkann.

Die Möglichkeiten hierfür sind unterhalb derMillennials, das sind die mitSchiebbrettchenaufgewachsenenGenerationen,sichergrösser,alsindennach-folgendenGenerationen,Vielleichtkannmandabeiahnen,dassesehereinein-tellektuelleBeschäftigungüberWohnformendarstellt.InderZukunftwirdmanmitkleinen,autonomenEinheitenhantieren,denen–soferndafürdieFinan-zenvorhandensind–nachdenindividuellenFähigkeitenEinheitenzugeordnetwerdenkönnen.DiebürgerlicheVorstellungvomselbstzubewirtschaftendenEigenheimwirdnichtuntergehen,aberdieNachfolgegenerationenwerdeneherzuadditivenLösungenkommen,diewenigerbeschränken,natürlichaberauchuniformerseinwerden,–andieserStelleverweisenwiraufdieagglutinierendeBauweiseinaridenGebieten.

KleineEinheiten lassensichbesserorganisierenundbewirtschaftenundent-sprechenauchdenAnforderungenvonundVorstellungeneinesgeschlossenen Systems.FürUnternehmendieKüchenherstellenunddenErhaltvonArbeitsplätzensi-gnalisierenistdieBotschaftsinkenderKochleistungenindenHaushalten,beiwachsenden Kochbüchern und Verzehr von Fertiggerichten, existenzbedro-hend,–aber,dieZeitwirdzeigen,wiedieEntwicklungverlaufenwird.

ProblemloskönntenwirhiernochandereKonsumbereicheanführen,indenenimmerwiederderErhaltvonArbeitsplätzenangeführtwird,–aber,auchwenndieJubelndenvonIndustrie4.0dasanderssehen,Beschränkungundfreiwilli-gerVerzichtaufLuxuswirdinderZukunftinsgesamteinewichtigeRollespie-len,wennUmweltschutz undEnergieeinsparungnicht theoretischeNachhal-tigkeitszielebleibensollen,sondernmitpraktischenResultatengefülltwerdenmüssen!

Anmerkungen:MooC MassiveopenonlineCoursesMINT-FÄCHER Mathematik,Informatik,Naturwissenscahft,TechnikNERDs Computer-FansMillennials DieGenerationderSmartPhonersDINKs DouplIncomeNoKidsYuppies YoungUrbanProfessionalPeoplesLoHAS LifestyleofHealthandSustainabilityParkos InternetnutzendepartizipativeKonsumentenLovos LifestyleofVoluntarySimplicityIndustrie4.0 DiecomputerunterstützteindustrielleRevolutionführt

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WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 87

zumEinsatzvonIndustrieroboternundderweiterenComputerisierungderArbeitswelt.Eswirdbehauptet,dieswürdezuneuenArbeitsplätzenführen,mitArbeits-kräftendiepermanentgeschultundtrainiertwerdenunddeshalbihrAuskommenleichtfinden.

Hinweis:DummerweisefindetdieserProzess10.0welt-weitstatt....

Elemente der Urbanität

Stadtluftmachtfrei,sohiesses,alsdiemeistenMenschennochaufdemLandelebtenundLandwirtschaftinirgendeinerFormbetrieben.

Vorbei,–umgekehrt sindnundieVerhältnisseundNaturhat sich längst zurKultur,mitdemSchwerpunktKonsum,entwickelt.KonsumfrisstdieKulturauf.

Diejedwedeortschaft,–obSiedlung,Stadt,Region,hatdieElementederIn-dustriealisierungundGlobalisierungübernommen,–besser:dieMenschenha-ben,vollerHoffnung,vongutgläubigbisbegeistert,allesübernommen,wasalsUrbanitätverstandenwurde.

Dichte,Hochhäuser,Zentren,Infrastruktur,politische,kulturelle,wirtschaftli-cheEinrichtungen,siealle,irgendwie,bedeutenstädtischesLeben.

FolglichhatdieStaats-undRegierungsformSteuereinnahmenzugenerieren,überdiedieUrbanitätorganisiertwird.

UrbanitätalsVision,giltnichtnurindenGross-sondernauchindenKleinstäd-ten,wobeinachdemMottoFlächendeckungorgansiertwird.Wasdortrichtigzuseinscheint,dasmussauchhierrichtigsein,–fürdieBevölkerungeinleuch-tendbisselbstverständlich,–toteStädteundZonenentstehennichtumsonst.

Wohersolltemanesauchbesserwissen,womöglichanderssehen?!

BeimStudiumderArbeitvonCamillo Sittebleibtesnichtaus,dieBesonderheitvonPlätzenusw.zuerkennenundihrenkünstlerischenWertaufzuspüren.Ge-schehenkanndaskaumamBildschirm,esseidenn,dasstädtischeLebenfindetnurnochdigitalundvirtuellstatt.

DerVorteil desBauens in derVergangenheitwar dieWirkung der FaktorenZeitundGeld,–Siedlungenwuchsen,stagniertenodervergingenineinerZeit.IdentitätundAlleinstellungsmerkmalwarenkaumwirklichbewusst.ErstwennderWertGeldsichfastinEchtzeitentwickelt,dannwirdUrbanitätnichtmehrsteuerbar.

UrbanitätbedeutetnichtdieForcierungvonNeubautenunddabeidieVernach-lässigungidentitätsstiftenderAltbauten.Negativundfalschverstandenwäreein

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WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

NoRBERTPINTSCH 89

HerüberholendesVergangen,–aberSignalesindzusetzen.

Endloslangekanndarüberdiskutiertwerden,undeslässtsichnichtvermeiden,dabeipolitische,wirtschaftlicheundsozialeAspekteentsprechend ihrerWir-kungzuregeln.Scheiternmussmandabei,wenndieUrsachen fürZuständevondenBetroffenennichtwahrgenommenwerdenwollen.

FreinachMax WeberwirddabeidieFunktionundWichtigkeitdesverantwor-tungsbewusstenBürgersundseinGemeinsinn,seinSinnamGemeinwohl,ver-nachlässigt. Nicht die Finanzierung von objekten ist entscheidend, sonderndieAktivierungvonAkteuren,–nichtInvestorenmitWachstumsphobiensindwichtig,sondernInnovatorenmitInitiative.

Siegilteszugewinnen,SinnzugebenfürobjektemitAlleinstellungsmerkmalinkargemkulturellenUmfeld...

Bauen im Wandel

WirkennendengrossenBogendesBauens,vondenAnfängeninHöhlenunddenerstenMassnahmensichvordenUnbillendesKlimaszuschützen,dannaberauchalsSchutzvordenumgebendenMenschen,hinzumklassischenMo-dellStadt.

DieBildungeinesRaumesaufeinerbestimmtenFlächeistnachwievorfaszi-nierendundhatüberdieJahrtausendehinwegBauherrschaftenbewegt,–rui-niertbiserhöht,–dasUmfeldspieltedabeieinebestimmendeRolle.

Siedlungsorte waren Furten, Plätze mit gutem Überblick, guter Zugang zurNahrungsmittelversorgung.ÜbereinenlangenProzesswurdenausderBesied-lungdesländlichenRaumesdasBauenimurbanenRaum.

Zerfall,Zerstörungen, undDe-undZentralisierungen führten zumWandel inden Städten und Siedlungsräumen in einem langsamen und kontinuierlichenProzess.

WärenichtdierasanteEntwicklungdurchdieTechnikundihreflächendecken-de,globaleÖkonomisierung,dieStädtehättensich,mehroderweniger,behut-samweiterentwickeltunddieIdentifizierungderBewohnermitihrerStadt,Al-leinstellungsmerkmalundBesonderheitbehieltenihreGültigkeit.KonsumundKommerzsorgenfürschleichendeundunbemerkteUniformität.

DieDauerhaftigkeitdesBauensreduziertsichundwandeltsichinSchnellle-bigkeit.

DennochbleibteinegrosseSpannweitevomErhaltalterGebäude,überdieMo-derniserungundzumzeitgemässenNeubau.

DurchSchnäppchenjägereibeimErwerbalterBausubstanzentstehenerhebli-cheVerwerfungen,damandabeimeintBaugeldzusparen.Dasisteinziemli-cherIrrtum,dernichtwenigeBauherrenruinierte.

AlteBausubstanzerfordertFingerspitzengefühl,Einsatzfreudigkeit,Bauerfar-hungenundvorallemVisionen,–behutsamerUmgangmitderGebäudesub-stanz, langerAtemundVerantwortungsgefühlgegenüberund fürdieGesell-schaftimSinneMaxWeberssindgefragt.

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WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS? WoHNEN...PLANUNGALSHEURISTISCHERPRoZESS?

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DemstehengegenüberdieInteressenderBevölkerungbetreffendeventuellerVeränderungen,sowiebestimmteEigeninteresseneventuellBetroffener,sowietechnischeundbaurechtlicheRegelungen.DerensinnvolleundberechtigteAn-wendungenstehenausserFragen,–woaber setztPragmatismuseinundwohörtInnovationauf.

Tendenzen im Housing

DieDiskussionstreiftüberdaskommendeBauen,wobeidreiTendenzenzuer-kennensind:

a)DieErhaltungundUmnutzungvonGebäudestrukturen;hierbeiisteinefal-lende Tendenz vorstellbar, denn erhaltenswerte Gebäude helfen zwar dieIdentitätzuerhalten,–wenndieseGebäudeaberbeliebigkopiertundan-derswoaufgebautwerdenkönnen,dannverlierensiedieoriginalität.InderMalereikannmansehrschöndieSituationablesen:Dasoriginalkannastro-nomischeWerteerreichen,obdasoriginalaberwirklichdasoriginalist,dasfälltselbstdenFachleutenschwer.DasBesondereerhältüberdieÖkonomieeineBedeutung,wirdfraglichundverliertdurchdieBewertungeingentlichseineBesonderheit.

b)DietemporärenBauten;alsFolgederNachfrageerhaltenbestimmteGebäu-deeinenModewert,dernachAbebbenderModenachNeuemheischtundkreischt.DieHalbwertzeit,bzw.dieVerfallzeitvonGebäudenwirdimmerkürzer.SpektakuläreBautenmiteinemscheinbarenAlleinstellungsmerkmalwieFlughäfen,sinddurchtechnologischeundandereEntwicklungeninner-halbkürzesterZeitausderMode,–dieRevolutionfrisstihreKinder,–sosagtemanineinemanderenZusammenhang.

c)MegastrukturenmitzentralerInfrastruktur;derenKonzeptistoffenerArtinderIdeeundermöglichtReduzierungenundErweiterungen,–ebenerdiggabeshierdasVorbildderagglutinierendenBauweise.Dieseentsprichtnachun-sererordnungdemholistischenSystem.HingegenfolgendieMegastruktu-rendemgeschlossenenSystem,denninihnengibtesnebendertechnischenInfrastrukturauchdieintegrierteFertigungmitrecycelbarerIntention.Hier-mitsindKreisläufeinderFertigungzuverstehen,dieNachhaltigkeitundRe-sourcenschutzbeinhalten,sowieinderInfrastrukturdieNutzungvonSonne,WindundWasserkraft.

Zwischen demholistischen, naturbelassenenSystem im ruralenBereich unddemgeschlossenen,artifiziellenSystemimurbanenBereichliegtdasresour-cenverschwendendeundineffizienteoffeneSystem,dessenVorbildursprüng-lichdiehistorischgewachsenenStadtwar,nunabereinAuslaufmodelldarstellt,dasnichtabruptendet,sondernallmählichendet.

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NoRBERTPINTSCH 93

Siedlungen im Wandel

UnterSiedlungenwerdenimweistestenSinnealleAnsammlungenvonGebäu-denverstanden,dieinDörfern,Städten,Ballungszentrenexistieren.

Ihnenallen istgemeinsameinegünstigeLage,–wie inderTierweltTränkenundFutterplätzediewichtigeRollespielen,sosindesbeidenMenschenUfer,Flussmündungen,Furten,Zusammenflüsse,Bergspitzen,–letztlichdieLageanHandelswegkreuzungen.

IndenSiedlungenbzw.denspäterenStädtenbasiertendieseaufdenjeweiligenHerrschaftsstrukturenunddenFähigkeitenihrerBewohnerunddenorganisato-rischenNotwendigkeiten:Strassen(Infrastruktur),Plätze(Parks),Häuser(Gewerbe,Wohnen,Dienstleis-tungen/Adel-Bürgertum

WirverzichtenhieraufeinetabellarischeAufstellungundTypisierungderStät-deundbeschränkungenunsaufeinigeWenige.

A) HistorischeStadteetwaum1500BeispieleimNorden:Riga,Tallinn BeispieleMitte:Werder,Nauen BeispieleimSueden:Florenz,Siena

B) Weltstädteetwaum1900 Paris,London,Moskau

C) GeplanteHauptstädteetwaum1950 Brasilia,Islambad,Abuja

D) ExpandierendeWeltstädteetwaum2000 Lagos,Shanghai,SaoPaulo

E) ClosedArtificialPlacesetwaum2025 Dubai,ForestCity

F) Tendenzen

E1)InselProjekte

Die Freiheit im Urbanen ist die Offenheit im Ruralen

Urban?Gemeintiststädtisch!

Rural?Gemeintistländlich!

Stadtluft macht frei,sohiessesundsowirdesimmernochverstanden,auchwennderUrbaniserungsgradsichkomplettgewandelthat.

Die Zukunft liegt auf dem Lande,soargumentiertderGrossstadtVersottene.WiesooftgiltnichtEntweder-oder,sondernSowohl-als-Auch.

BerücksichtigtmandasungebremsteWachsendertraditionellenStädtemitdenungelöstenProblemenderInfrastruktur,dazugehörtdieBe-undEntsorgung,wieauchdieTrennungvonArbeitundWohnen,wieauchdamitverbundendasVerkehrsproblem,soergibteseinenSinn,ausserhalbderStädteüberlegtneuzubeginnen.

DiesesneubeginnenbedeutetkeineRückkehr in einevermeintlichgute alteZeit, sondern auf einBesinnenunddarüber,was inZukunft besser gemachtwerdensollte.DiesesbessermachenkannabernichteineFormderReparatur-arbeiteinesmarodenSystemssein,sondernmussLösungenermöglichenbzw.beinhalten,wiemantatsächlichaufengemRaummiteinanderlebenkann.

DieFreiheitindenStädtenbedeutetfürjungeMenscheneineBereicherungundeinAufnehmenvonEinflüssen,dieinspäterenJahrenverarbeitetwerdenkön-nen,vielleicht.

FreiheiterfordertvielfältigeRegelungen,dieeinZusammenlebenermöglichenmuss.AutomatischhatdieseineUniformierungundGleichschaltungzurFol-ge.DiesgibtesfürdenausderStadtaufdasLandWanderndennicht,-zunächstnicht,biseinPunktimsozialenMiteinanderkommt,derzeigt,dieoffenheitaufdemLandehatihrenPreis.ImKleinformatigenmachensichFehltritteschnel-lerbemerkbaralsmandenkt.Undauchheutekannmandasklarsehen:WerimländlichenRaumfehlleistet,derhatselteneinezweiteChance!

WersichimurbanenBereicheinenNamengemachthat,dermussdiesenvehe-mentverteidigen,dennumihnherumsindebensoaktive,zunehmendauchJün-gere,dieteilhabenwollenaneinervermeintlichenBeute.

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NoRBERTPINTSCH 95

DieMöglichkeitaufdemLandezurBesinnungzukommenundsichderBeson-derheitenvonKlima,KulturundUmweltbewusstzusein,dasführtzurealenNeuerungen,diemöglichstnichtflächendeckenddieStädteüberziehensollten.

LösungenfüreineRegion,diehabendortihreBerechtigung,solltenabermög-lichstnichtbedenkenlosübernommenwerden.

DasistaberdieNormalitätunddamiteinegrundsätzlicheFehlentwicklung,diezubegrenzenliegtnichtimSinnedestraditionellenWirtschaftsgebahrens!

Der Verlust des öffentlichen Raumes

Verlustmeint,esgehtetwasverloren,wasbishervorhandenwar.Mankannabernuretwasvermissen,wasmangekannthat.Das,wasmannichtkennt,dasvermisstmanauchnicht!

Öffentlich?–Wasistöffentlich?

Ist esderMarktplatzauswirtschaftlichenZeiten,aufdemman tauschteundhandelteundInformationenauswechselte?

Istesderort,inoderaufdemmanzusammenkam,umsichpolitischauszu-tauschen?

IstesdasGebäude,indemmanausreligiösenÜbereinstimmungenzusammenkam?

Stadien,Flächen,MonsterhallenstehenfürkurzfristigeEventszurVerfügung,eshandeltsichhierumeinkommenschaffendeMassnahmen.DieBesucherstel-leneineÖffentlichkeitdar,siewerdenalswirtschaftlicheGrössebenötigt,ihreAn-undBewerbungwarauchteuergenug.

Seehäfen,Flughäfen,Bahnhöfe,StrassenundWege,siedienendemTransport,derZuführung,derLeitungderÖffentlichkeit.

Museen,Galerien,Konzerthallen,–siesindfürbestimmteEventsvorgesehen,dieÖffentlichkeitnutztdieEinrichtungen,weildieAngeboteessovorsehen.

SchulenundihreFolgeeinrichtungendienenderKonditionierungdesBürgers,–Wertfreiheitzuvermitteln,dasistnichtdieAufgabedesorganisatorsundna-türlichauchnichteineÖffentlichkeitzuermeoglichen.

WoistnunderPlatzfürdieÖffentlichkeit,–manfragtnachdemort,aufdemsicheinedemokratischeGesellschaftentwickelnkann.

Vonihrwirdallenortesgesprochen,aber;woister?EskannnichtderPlatzdesKonsumsunddesKommerzsein!

Wenn Regierungs-organisationen und wirtschaftlich abhängige Institutionenblockieren,wokönnendannNicht-Regierungs-Einrichtungenaktivwerden,–ohnevonorganisationenundInstitutenregelmentiertzuwerden?

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Vom Bauen

BauenistLeben,bedeutetSchutzvordenUnbillenderNaturundfürdasLeben.NestbauistdadasErklärungswort.

BauenistetwasArchaisches:Dort,wonichtsist,einenRaumzuerstellen,dasistimmerwiederbeeindruckend,faszinierend,unglaublich.

BauenkannverbundenwerdenmitWerten,wieWeisheit,Schönheit,Stärke,–Freiheit,GleichheitundBrüderlichkeitaufderGrundlagederToleranz,–dasistsymbolischesBauen.WasGenerationenbeeindruckthabenmag,dasmussimmerwiederzurDispo-sitiongestelltwerden.AuchwennmansichgerneandieAltvorderenundihreWerte erinnert, so sindBegriffe, verbundenmitErfolgenderVergangenheit,nichtausreichendfürdieZukunft,wennsienichtmitnachvollziehbarenInhal-tenversehensind.Hierfür isteinfreierKopferforderlich,dernicht leerseindarf.Wieabersolldasmöglichsein,wennständigInhalteeindringen,fürderenVerarbeitungkeineZeitvorhandenist,Zeit,dieerforderlichist,umInhaltezubedenken.ManneigtzumKlammernundkritisiertungernvergangeneErfolge,wofüreinegewisseFreiheiterforderlichist.Wohersollmansienehmen?

DieErde istkeineScheibe,dennochwerdendiediversenVorgängeaufdemPlaneten verstanden, alswäre sie eine Scheibe.Hier könnteman brüderlichmiteinanderverkehrenundinGleichheit,Warenaustauschen,angemeinsamenWertenarbeiten;einePlattformvorausgesetzt.DieAltvorderenmeintendiesezuhaben.EinKardinalfehler!

DieEingeweihten,aufderSuchefündiggeworden,hattendieScheibeimKopf.Die IdeenderEliten, entstanden inderGeborgenheit undderSicherheit derHabenden,konnten sichnichtdieGrenzenvorstellendurchdieKugelgestaltderErde.HöhenundTiefen,BergeundMeere,WälderundWüsten,dieUn-terschiedlichkeitenderKulturen,sieexistierten,wurdenaber ignoriert inderVermessenheitdieLösunggefundenzuhabenunddieseLösungverbreitenzumüssen,imNamenderToleranz.DieSummederResultatesindbekannt,Uni-formität,woUnterschiedlichkeitenvorhandensind,führtzumwirkungsorien-tiertenHandelnundzurFehlermaximierung.BeispielehierfürfüllendieBücherundBerichte,–jederBereichderKulturistdavonerfasst,obPolitik,Wirtschaft,Wissenschaft,Recht,Kunst,Religion.DieHerrschaft desKonsums und desKommerz hat um sich gegriffen und wird nur durch nachhaltige Forderun-gennachWachstumsbegrenzung,Klimaschutz,Resourcenschutzeingelullt,–

dieNachhaltigkeit besteht in kurzfristigerBerieselung derBerieselten durchSchein-Informationen.

WiewillmanMenschen interessierenaneinemWertewandel,wennmandieursprünglichheerenWertenichtinFragestellt,–MenschenauchnichtlockenkanndurchgünstigeAngebote,FreikartenfürEvents,phantastischeVisionenfür dasDiesseits,Teilhabe anMassenveranstaltungen, kurzfristigesGutmen-schentumindemmanlenkungskonformreagiertundSuppenauslöffelt,diebe-triebswirtschaftlichInteressierteeingebrockthaben.

IndergewissenAusweglosigkeit,bejahtoderverneint,bleibtdemHäufleinderAufrechtennuraktivweiterzumachenundameigenenSteinmitdemSandpa-pierzuschleifenoderzuÜberlegen,inwelcherFormdieSymbolefürWeisheit,StärkeundSchönheitsichgutdarstellenlassenbzw.wiemanBerieselte

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Die Seiten des Bauens

VielleichttrifftdasFolgendeauchaufandereSeitendesmenschlichenSchaf-fenszu,dannistdieshiernureineParabel,eineMetapherzumsonstigenVer-ständnis.Wennesnurersteinmalsteht,dasGebaute,dannkannmansichdaranerfreuen.Vielleichtstörtesauch,dannwirdmansichallmählichdarangewöhnen,solan-ge,biseseinesTagesProtestegibtbeigrösserenAnlagen,undDemonstratio-nen,weilmansichsodarangewöhnthat,weilesHeimatgewordenist,viel-leichtsogardasWahrzeicheneinerStadt?!MitprivatenBauherrenzuverkehren,dasisteinebesondereFreude,weshalbsomanchesVorhabenmitanderenBeteiligtendurchgeführtoderfertiggestelltwurde.Eindeutig ist der Entwurfs- und der Entstehungsprozessmit einemRausch-zustand vergleichbar.Da,wovorher nichtswar, dort entsteht allmählich einüberdachterRaumundinihmeineorganisierteFlächemitEinrichtungsgegen-ständen,derenGestaltungvielleicht sogarauch indenHändendesgeistigenSchöpferslag.EventuellsogardasgesamteAmbiente.DieandereSeiteistdasZusammenkommenmitdemNutzer,DebattenundDis-kussionendiefolgenundvomobjektwegführen.FastwirkendieseRedereienalsFormeinesideellenGebäudes,dienotwendigsind,umeinEtwasanzuneh-men.BeiprivatenBauherren,alsodenzukünftigenFamilieninFormeineswollen-denEhepaaresliegendieKatastrophenschonimAnfang.Selbstüberschätzun-genbeiEigenleistungen,Fianzierungsunsicherheiten,StressderBauherreninderDoppelfunktioninFamilieundBeruf.Alldies,mehroderweniger,sorgtfürdiekommendenKatastrophen.DassindScheidungen,ProblemebeiderKindererziehung,BegrenzungderfinanziellenFreiräume,AnsätzevonKriminalität,VeränderungimSein.ManmeintdurcheinEigenheimSicherheitzuhabenundbedenktnichtdenPreis.ExterneEin-flüsseverleidendasLeben:dieNachbarschaftenändernsichnegativ,wasmannievoraussehenkann,dieInfrastrukturändertsichundmitihrsteigtdieBeein-flussungdurchLärm,schlecheLuft,usw.HinzukommtdurchdasEigentumdieideelleVerankerung,damitverbundenderVerlustaneinergewissenFreiheit.UndwennnunalldieseKlippenmehroderwenigermitSchädenüberstandensind,dieWertsteigerungdeseinmaleingeleitetennichteintrifftunddieNach-kommendurchdasveränderteUmfeldkeinInteresseamWeiterführenhaben,dann,jadann,hatdieStundegeschlagen,umüberSinnhaftigkeitnachzuden-ken.

Aber,dafürgibteskeinenGrund;dasLebenistzumlebenda,mitallseinenTiefenundHöhen,FreundenundEnttäuschungen:sindesnichtdiese,sosindesandereEnttäuschungen,aberinsgesamtgehörensiezumLeben!

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Cancer Urbano

NurwenigeRelikteexistierenausstädtischenSiedlungenderVorzeit.Fastsindsiepulverisiertundmanmusssichfragen,obdiesnichtderGangderDingeist,wennSystemesichüberlebthaben.DenZeitgenossenundführendenSchichtenundPersönlichkeitenkammanesnicht verdenken, dass sie immerwieder andenWirkungen arbeiten, aber esnichtschaffendieUrsachenzubeheben.

Woranliegtes,dassdieStädte,dieBehausungen,nichtmehrfunktionieren?

EinTeilderDiskussionspartnerverstehtsichalsModernisiererundReparierer,–einandererTeilkannReparierbaresnichtmehrerkennen,–dasSystemStadt,ihreBehausungenundInfrastruktur,istunheilbarerkrankt.KrankeunterKran-kenfühlensichgarnichtmehrsokrank!

DurchdasVerkehrsaufkommen,ResultatdesPendelnszwischenGewerbeundWohnenundFreizeit,werdenGrünanlagenminimiertundreduziert,ursprüng-lichenatürlicheLebensadernund-räumeverdrängt.

DieAuswirkungenaufdasMikroklima,letztlichauchinderAdditionaufdasMakroklima,werdenignoriert,dawirtschaftlicheInteressenundeventuelleso-zialeKonfliktewirksamersind.

DieTeilnehmerdesStadtlebenssindzuunterhalten,durchnicht-produktiveAr-beitsmöglichkeitenundkonsumorientiertesFreizeitangebot,wobeiweitereStö-rungenundSchwachstellenentstehen.KurzsichtigesHandelnundkurzfristigesRechnenverhinderneinenNeuanfangundsuggerierenHoffnung.

Eswirdschonweitergehen.

Vision und Realität

DaistnichtsmitProblemendesJetzigenunddesKommenden.

Esistgut,ausvagenKenntnissenzuVisionenzukommen.Ebensoistesgut,ausvagenInformationendieRealitätzuerahnen.

InderVisionsindGedankenspiele,wasseinkönnte,wennRaumundZeitsichdecken,erschütterndbiserbaulich.

DieRealitätsorgt imAlltagfürdieGeschwindigkeitbeiVeränderungen.EinGrundeinkommenfürAlleundDirektzahlungenbeimLieferantenwollenzurDeckunggebrachtwerden.

Das alles einenAnfang und ein Ende hat ist Grundkonsens. Dennoch kannmanQuerdenkenundmussnichtdavonausgehen,–obwohl:InsgeheimistderWunschderMenschenüberdieJahrtausendezuerkennen,allesmüssedochei-nenSinn,einerhöheren,unbekanntenordnungfolgen.obReligionoderWis-senschaft,essindnurzweiSeiteneinerMedaille.

DerMenschinseinerUmwelt,–ort,Stadt,Land,–erhatseineRituale,gehtseinerArbeitnach,kauftinGeschäftenein,bezahlt.DiezurBeschwerlichkeitverkommeneArbeitverschiebtsichindenKonsumdruck,–esgibteinGrund-einkommen,daseineGrundversorgungermöglichtunddieTeilhabeamKon-sum, ausder automatischenProduktionwerdenZahlenwerte für einProdukttransferiert,–ausdemirrenGehabe,sichetwasleistenzukönnen,ergebensichneueTherapiemöglichkeitenunddamiteineSteuerungderZahlenwerte.

DiehöchsteFormvonLuxusalsfreiwilligenVerzichtundderVerlustmateri-ellerWerteundAnsprüchenachdemModellGeschlossenesSystem,istsoab-wegignichtundschonmehrRealitätalsmandenkt.Denn:WirverharrenimAlthergebrachten,dabeigabesauchhiereinDavor:DieErnährungundVersor-gungausdem,wasdawar,–sowerdendieHordeningrauerVorzeitumherge-zogensein.

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NACHWoRT

Nachwort

Jede„Zeit“undihrevielfältigenEreignissebeeinflussenauchWissenschaftundForschung.BenutztmandieselteneFähigkeitUrsachenundWirkungenzuer-gründen,soerahntman,welcheKräfteindenverschiedenenEpochensichaufEntwicklungenauswirkten.

EsgabdieZeit, inderdieReligionenunddieAuseinandersetzungmitihnenbestimmendwaren,inderBereiche,diewirheuteWissenschaftundForschungnennen,starkbestimmendwaren.EsgabdieZeit,inderWissenschaftundTechnikdieGesellschaft,diePolitikunddieWirtschaftbeherrschten.

InderGegenwartscheintalsReligionsersatzdieWirtschaftzufungieren.Wirhaben scheinbar abgeschlossene und gut begründeteWissenschaftsbereiche,wiedieDemografieundandere,diehiersaloppmit„Housing“bezeichnetwer-den,indieabereineFüllevonenormenEinflüssen,ErkenntnissenundNeue-rungenhineinspielen.

Wohnen istelementarund führt in jeweiligenAdditionenzuSiedlungen,de-renUmfeldenormkomplexist.Hierkönnteman,RuheundMussevorausge-setzt, einGross-System etablieren,welches,wenn dieWirtschaft so bestim-mendbleibt,grundsätzlicheFehlerbeinhaltenwürde.

DerSchrittzurErkenntnisundUnabhängigkeitvonderWirtschaftistnichtun-möglich,wiedieBlickedurchdasKaleidoskopzeigen.DazuistBereitschafterforderlich,die eventuell entsteht,wennungewöhnlicheSichtweisenakzep-tiertwerden.

103

Die Reihe besteht aus 3 Bänden

Band1 Housing,neue,überarbeiteteundübersetzteAusgabe2017

Band2 Bevölkerung & Wohnen,2017

Band3 Systeme & Housing,2017

Bevölkerung & Wohnen

R. Mackensen und N. Pintsch

Das Thema Bevölkerung wird im Beitrag von R. Mackensen klassisch-wissen-schaftlich behandelt und stellt ein glänzendes Endprodukt dar. Gleichermas-

sen ist es ein Zeitzeugnis und stellt eine bestimmte Auffassung dar.Das Thema Wohnen im Beitrag von N. Pintsch, orientiert am angelsächsischen Be-

griff „Housing“, setzt sich aus diversen Aspekten zum Thema zusammen; gleichwohl wie bei einem Blick durch ein Kaleidoskop, werden unterschiedliche Aspekte skizziert

und dem Leser Anregungen zur wissenschaftlichen Vertiefung gegeben.Die Nicht-Systematik des Beitrages „Wohnen“ ist eine interessante Option zur Systematik

„Bevölkerung“ und als Anregung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu verstehen.

Die Autoren:

R. Mackensen war Direktor des Instituts für So-ziologie an der TUB und arbeitete zu den Themen Demographie, Umwelt, Stadt und Landschaft, u.z. im europäischen Kontext. Der abgedruckte Beitrag wurde zuerst für die Leibniz-Societät zu Berlin veröffent-licht.

N. Pintsch war Studienstiftler an der TUB und leitete als Nach-folger von Prof. Dr. Pönseler das Institute for Planning and Con-sulting. Der abgedruckte Beitrag entstand anlässlich von Vorträgen und Workshops in der BNU, UNSFB, BUST, RUC und wurde zuletzt in Teilen bei der FPAC Lahore veröffentlicht; der Beitrag hat eher anth-ropologischen Hintergrund.

SYSTEME & HOUSING

N. PintschDer Autor lebt zurückgezogen. Interviews sind nur schriftlich möglich. In einer

Veranstaltung in Lahore mussten sich die Interessenten ausweisen und in eine Lis-te eintragen und eine Verpfl ichtungserklärung betreffend der Nicht-Nutzung von In-

formationen unterschreiben; Aufzeichnungsgeräte mussten am Eingang hinterlegt wer-den. Ihre Nutzung wurde grundsätzlich untersagt, Zuwiderhandlungen würden juristisch

verfolgt und geahndet werden. Vom Autor existieren gemäss Internet-Recherche bis zum Jahr 2017 etwa 39 Bände. Die Veröffentlichungen zeigen eine erhebliche Bandbreite,- geographisch

und thematisch. Es existieren etwa 10.000 Artikel, für die eine systematische Bearbeitung not-wendig wäre. Im Internet exitieren InternetRadioSysteme, Hinweise auf Ausstellungen, Festivals,

Workshops; es gibt u.a. einen Band mit graphischen Arbeiten, sowie Audio-Arbeiten und Projekte.

Die abgedruckten Artikel stammen aus Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften, aber auch aus Vorträgen und dem Internet. Das Thema Systeme&Housing ist zwar technischer Art, aber vor anthropologischen oder anthrosposophischen Hintergrund zu sehen und zu verstehen. Zu viele Disziplinen sind gefordert, teilwei-se wird in Artikeln weit voraus gegriffen. Der Autor bewegt sich auf einer bestimmten Vorstellung von Kultur. Eine umfassende Darlegung mit Zitaten und Literatur-Hinweisen wird vermieden, denn der Leser und Nutzer soll an-geregt und aktiv werden,- die Aufgabe der Veröffentlichung sollte nicht tiefschür-fend sein, sondern zum Nachdenken und Weiterdenken auffordern.

Page 53: Bevölkerung & Wohnen · 1 Zunächst unter dem Titel »Vergangenheit und Zukunft der Demographie als Wissenschaft« als Vortrag bei der Tagung der Johann Peter Süßmilch-Gesellschaft

Die Autoren:

R. Mackensen war Direktor des Instituts für So-ziologie an der TUB und arbeitete zu den Themen Demographie, Umwelt, Stadt und Landschaft, u.z. im europäischen Kontext. Der abgedruckte Beitrag wurde zuerst für die Leibniz-Societät zu Berlin veröffent-licht.

N. Pintsch war Studienstiftler an der TUB und leitete als Nach-folger von Prof. Dr. Pönseler das Institute for Planning and Con-sulting. Der abgedruckte Beitrag entstand anlässlich von Vorträgen und Workshops in der BNU, UNSFB, BUST, RUC und wurde zuletzt in Teilen bei der FPAC Lahore veröffentlicht; der Beitrag hat eher anth-ropologischen Hintergrund.