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Landtag von Baden-Württemberg 14. Wahlperiode Drucksache 14 / 6408 1 Beschlussempfehlungen und Berichte des Petitionsausschusses zu verschiedenen Eingaben Ausgegeben: 10. 06. 2010 1. 14/4330 Richter JUM 2. 14/4377 Steuersachen FM 3. 14/4196 Denkmalschutz/ Denkmalpflege WM 4. 14/4127 Bausachen WM 5. 14/4278 Medienrecht, Rundfunkwesen STAMI 6. 14/4237 Straßenbau IM 7. 14/4058 Öffentlicher Dienst KM 8. 14/4193 Steuersachen FM 9. 14/4191 Sozialversicherung SM 10. 14/4000 Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II SM 11. 14/4217 Strafvollzug JUM 12. 14/4258 Gesundheitswesen SM 13. 14/4169 Gesetzesänderungen, Verfassungsrecht JUM 14. 14/4273 Ausländerrecht IM 15. 14/4274 Lehrer KM 16. 14/4283 Schulwesen KM 17. 14/4232 Lehrer KM 18. 14/4369 Strafvollzug JUM Inhaltsverzeichnis Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

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Page 1: Beschlussempfehlungen und Berichte · pe „F. S.“ e.V. genutzt. Außerdem bringt er sein Unver-ständnis hinsichtlich der Besteuerung im Nachhinein, sowie der Tatsache, dass über

Landtag von Baden-Württemberg14. Wahlperiode

Drucksache 14 / 6408

1

Beschlussempfehlungen und Berichte

des Petitionsausschusses

zu verschiedenen Eingaben

Ausgegeben: 10. 06. 2010

1. 14/4330 Richter JUM

2. 14/4377 Steuersachen FM

3. 14/4196 Denkmalschutz/Denkmalpflege WM

4. 14/4127 Bausachen WM

5. 14/4278 Medienrecht, Rundfunkwesen STAMI

6. 14/4237 Straßenbau IM

7. 14/4058 Öffentlicher Dienst KM

8. 14/4193 Steuersachen FM

9. 14/4191 Sozialversicherung SM

10. 14/4000 Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II SM

11. 14/4217 Strafvollzug JUM

12. 14/4258 Gesundheitswesen SM

13. 14/4169 Gesetzesänderungen, Verfassungsrecht JUM

14. 14/4273 Ausländerrecht IM

15. 14/4274 Lehrer KM

16. 14/4283 Schulwesen KM

17. 14/4232 Lehrer KM

18. 14/4369 Strafvollzug JUM

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internetabrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 6408

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1. Petition 14/4330 betr. Beschwerde über Richter(Dienstaufsicht)

I.

Der Petent beschwert sich über die Entscheidungenund über das Verhalten eines Familienrichters beimAmtsgericht S. in vier familienrechtlichen Angele-genheiten, an denen der Petent als Bevollmächtigtereiner Partei beteiligt war.

II.

Die vier Verfahren verliefen im Wesentlichen wiefolgt:

1. Im Verfahren A reichte der Petent für den von ihmvertretenen Antragsteller am 31. Dezember 2009einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskos -tenhilfe ein. Diesen wies das Amtsgericht S. durchBeschluss vom 4. Januar 2010 zurück. Zur Begrün-dung hat der Familienrichter ausgeführt, eine einst-weilige Anordnung und das Hauptsacheverfahrenkönnten nach dem Gesetz über das Verfahren inFamiliensachen und in den Angelegenheiten derfreiwilligen Gerichtsbarkeit nicht mehr in einemVerfahren geltend gemacht werden.

Der Petent hat hiergegen Beschwerde eingelegt.Mit Beschluss vom 25. Januar 2010 hat das Ober-landesgericht S. die Auffassung des AmtsgerichtsS. bestätigt, dass die gewählte Vorgehensweise un-zulässig sei. Das Oberlandesgericht hat aber einenVerfahrensfehler darin gesehen, dass der Familien-richter nicht auf den Zulässigkeitsmangel hinge-wiesen und die Möglichkeit der Abtrennung gemäߧ 145 der Zivilprozessordnung angesprochen hat.Deshalb erfolgte Aufhebung und Zurückverwei-sung. Mit Beschluss vom 3. Februar 2010 hat dasAmtsgericht S. sodann Prozesskostenhilfe für denAntrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnungbewilligt.

2. Im Verfahren B teilte die Deutsche Rentenver -sicherung Bund in Berlin dem Amtsgericht S. mitSchreiben vom 4. Januar 2010 mit, dass die vomPetenten vertretene Antragsgegnerin auf das Schrei -ben vom 10. November 2009 trotz Erinnerung vom7. Dezember 2009 nicht reagiert und keine Anga-ben zu Lücken im Versicherungsverlauf gemachthabe. Betreffend den Zeitraum Dezember 2008 bisJuli 2009 fehle die Entgeltmeldung durch den Ar-beitgeber. Der Familienrichter hat das genannteSchreiben der Deutschen Rentenversicherung Bundmit Schreiben vom 11. Januar 2010 in Kopie demPetenten übersandt. Als Zusatz fügte er an: „DieAntragsgegnerin soll binnen 2 Wochen ab Zugangdieses Schreibens gegenüber der Deutschen Renten-versicherung Bund die Anfragen vom 10. Novem-ber 2009 bzw. 4. Januar 2010 beantworten. Solltesie dem nicht nachkommen, wird ein Zwangsgeld-verfahren eingeleitet. Die Erledigung ist dem Ge-richt mitzuteilen.“

Der Petent machte mit Schriftsatz vom 15. Januar2010 geltend, dass die von ihm vertretene Antrags-

gegnerin es nicht in der Hand habe, ob der Arbeit-geber die geschuldete Erklärung abgibt.

Der Arbeitgeber hat die Entgeltmeldung schließlichübersandt, sodass die Rentenauskunft am 21. Januar2010 erteilt wurde. Sie ist am 26. Januar 2010 beimAmtsgericht S. eingegangen. Sodann wurde Terminzur Hauptverhandlung bestimmt auf 4. März 2010.

Der Familienrichter hat nicht – wie in der Petitions-schrift anklingt – ein Zwangsverfahren durch eineUrkundsbeamtin der Geschäftsstelle androhen las-sen. Er hat das Schreiben vom 11. Januar 2010 ver-fügt und von der Geschäftsstelle erledigen lassen,was dem gerichtlichen Alltag entspricht.

3. Im Verfahren C hat der Petent – als Vertreter desBeschwerdeführers – mit Schriftsatz vom 6. Novem -ber 2009 einen Antrag auf Einstellung der Zwangs-vollstreckung aus einem Urteil vom 19. Mai 2005gestellt. In der Sache geht es um rückständigenKindesunterhalt in Höhe von 1.204,40 €. Das Ju-gendamt betreibt die Zwangsvollstreckung gegenden vom Petenten vertretenen Vater des Kindes.

Der Familienrichter hat mit Verfügung vom 9. No-vember 2009 darauf hingewiesen, dass der Antragunzulässig sei, weil nicht angegeben war, für wel-chen Zeitraum die Zwangsvollstreckung für un-zulässig erklärt werden soll. Mit Schriftsatz vom12. November 2009 erklärte der Petent die ent -sprechende Klarstellung. Daraufhin ordnete der Fa-mi lienrichter mit Verfügung vom 13. November2009 das schriftliche Vorverfahren an; der Antragwurde zugestellt. Nachdem der Vater Bezahlunggeltend gemacht und überdies behauptet hat, dasJugend amt betreibe in unzulässiger Weise dieZwangsvollstreckung wegen des (nicht titulierten)Ehegattenunterhalts, hat der Familienrichter das Ju-gend amt mit Verfügung vom 7. Januar 2010 gebe-ten, dies zu klären, wobei eine Frist von 4 Wochenzur Erledigung gesetzt wurde.

4. Im Verfahren D hat der Petent für seinen Mandan-ten eine Stufenklage eingereicht. Der für die Zustel-lung der Klage erforderliche Kostenvorschuss wur-de zunächst nicht einbezahlt. Nachdem der Vor-schuss am 2. September 2009 angefordert wurde,wurde er am 12. Oktober 2009 einbezahlt. Darauf-hin ordnete der Familienrichter mit Verfügung vom12. Oktober 2009 das schriftliche Vorverfahren an;die Klage wurde zugestellt. Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2009 beantragte der Petent ein Aner-kenntnis-/Versäumnisurteil. Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2009 zeigte der Beklagte an, dass ersich gegen die Klage verteidigen wolle. Mit wei -terem Schriftsatz vom 13. November 2009 gab erein Teilanerkenntnis ab. Am 25. November 2009 er -ging ein Teilanerkenntnisurteil, mit dem das sach -liche Ziel der Klage weitgehend erreicht wurde. DieEntscheidung des verbleibenden Streits hing vonweiterer Sachverhaltsaufklärung ab. Mit Schrift satzvom 22. Dezember 2009 kündigte die Beklagtensei-te an, weitere Belege nachzureichen. Mit Schriftsatzvom 3. Februar 2010 wurde sodann erklärt, dasskeine weitere Stellungnahme mehr erfolge.

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 6408

III.

Richterliche Entscheidungen und das ihnen voran -gehende Verfahren unterfallen der richterlichen Un -abhängigkeit, die verfassungsrechtlich geschützt ist.Eine Überprüfung oder Bewertung richterlicher Tätig-keit in diesen Bereichen ist im Rahmen der Dienstauf-sicht nicht möglich. Dem Petitionsausschuss ist eineinhaltliche Stellungnahme daher verwehrt.

Die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen ist al-leine im Wege der gegen sie vorgesehenen Rechtsbe-helfe möglich. Im Verfahren A hat der Petent gegendie Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengericht– S. Beschwerde eingelegt und eine Abänderung er-reicht.

Zeitgleich mit der Petition hat sich der Petent mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Familien-richter an das Justizministerium gewandt. Diese hatder für die Dienstaufsicht vorrangig zuständige Präsi-dent des Landgerichts H. geprüft und sah keinen An-lass für dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Behringer

2. Petition 14/4377 betr. Kfz-Nachbesteuerung

Der Petent wendet sich gegen die rückwirkende Höher -besteuerung seines Wohnmobils und beklagt überdies,dass sein Einspruch noch immer nicht (endgültig) be-schieden sei.

Das Fahrzeug des Petenten, ein VW-Bus mit Hub-dach, wurde nach seiner Auflastung auf 2.810 kg ab4. März 2004 als „sonstiges Fahrzeug“ behandelt. MitBescheid vom 19. März 2004 wurde die Jahressteuergewichtsabhängig auf 172 € festgesetzt.

Im Zuge des Datenabgleichs mit dem Kraftfahrtbun-desamt und den Zulassungsbehörden hat das Finanz-amt das in Rede stehende Fahrzeug am 3. April 2008in Augenschein genommen und festgestellt, dass dieTatbestandsvoraussetzungen eines Wohnmobils mitHubdach vorliegen.

Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 17. April 2008wurde die Steuer für die Zeit ab 1. Januar 2006 auf450 € jährlich festgesetzt und das Fahrzeug als Wohn-mobil betrachtet.

Mit Schreiben vom 1. Mai 2008 legte der Petent Ein-spruch ein, bemängelte die rückwirkende Steuer -erhöhung und beantragte die Verfahrensruhe. Demletztgenannten Antrag gab das Finanzamt im Hinblickauf die rechtshängigen höchstrichterlichen Verfahrenmit Schreiben vom 3. Juni 2008 ebenso statt wie derBitte um Stundung der zur Zahlung anstehendenKraftfahrzeugsteuer bis zum 31. August 2008.

Am 25. Juni 2009 endete die Steuerpflicht des o. g.Fahrzeugs durch Abmeldung.

Mit der Petitionsschrift vom 5. Februar 2010 trägt derPetent im Wesentlichen vor, das Fahrzeug werde imRahmen der gemeinnützigen Epilepsie-Selbsthilfegrup-pe „F. S.“ e.V. genutzt. Außerdem bringt er sein Unver-ständnis hinsichtlich der Besteuerung im Nachhinein,sowie der Tatsache, dass über seinen Einspruch nochnicht endgültig entschieden wurde, zum Ausdruck.

Die mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Kraft-fahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) vom 21. Dezember2006 (BGBl. I 2006, 3344 f.) normierte Neuregelungder Besteuerung von Wohnmobilen ist zum 1. Januar2006 in Kraft getreten (§ 18 Abs. 5 KraftStG).

Es handelt sich insoweit um eine sog. unechte Rück-wirkung, da die kraftfahrzeugsteuerlichen Folgen derAufhebung der in der Vergangenheit relevanten ver-kehrsrechtlichen 2,8 t-Grenze i. S. des § 23 Abs. 6 aStraßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zum1. Mai 2005 durch die 27. Verordnung zur Änderungder StVZO vom 2. November 2004 (BGBl. I, 2712)bereits seit Verkündung dieser Verordnung im No-vember 2004 allgemein bekannt waren.

Die betroffenen Fahrzeughalter konnten insoweitnach Einschätzung des Gesetzgebers (vgl. Bundes-tags-Drucksachen 16/519 und 16/3314) nicht auf einefortgesetzte allgemeine Anwendung der bisherigenRechtspraxis über den 1. Mai 2005 hinaus vertrauen.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Kraftfahrzeug-steuergesetzes wurde zudem bereits vor dem 1. Mai2005 in den Bundesrat eingebracht.

Mit der ersatzlosen Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZOsollten bestimmte Fahrzeugtypen nicht mehr als an -dere Fahrzeuge gem. § 8 Nr. 2 KraftStG nach Ge-wicht, sondern als Pkw gemäß § 8 Nr. 1 KraftStGnach Hubraum, Schadstoff- und Kohlendioxidemis -sion besteuert werden.

Diese Rechtsfolge basiert auf der höchstrichterlichenRechtsansicht, dass die kraftfahrzeugsteuerrechtlicheEinstufung für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigenGesamtgewicht von über 2.800 kg nach dem Wegfalldes § 23 Abs. 6 a StVZO nicht auf gemeinschafts-rechtlichen Bestimmungen des Verkehrsrechts, son-dern auf dem von der Rechtsprechung entwickeltenGrundsatz der Beurteilung anhand von Bauart undEinrichtung des Fahrzeugs unter Berücksichtigungder Gesamtheit aller Merkmale seiner objektiven Be-schaffenheit beruht.

Bei der dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 17. April2008 vorausgegangenen Inaugenscheinnahme hat dasFinanzamt festgestellt, dass das zu beurteilende Wohn -mobil nach Bauart und Einrichtung zur Beförderungvon nicht mehr als neun Personen, einschließlich desFahrzeugführers, geeignet und bestimmt ist und überein Hubdach verfügt.

Die Kraftfahrzeugsteuer ermittelt sich somit gemäß § 2 Abs. 2b i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2a Buchst. c KraftStGaufgrund des Gesamtgewichtes von 2.810 kg und dernicht vorhandenen Emissionsklasse pro Jahr wie folgt:

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Die vom Petenten gerügte Besteuerung durch denKraftfahrzeugsteuerbescheid vom 17. August 2008 istdaher nicht zu beanstanden.

Im Hinblick auf die derzeit beim BFH anhängigenRevisionsverfahren zur Wohnmobilbesteuerung II R39/09; II R 40/09; II R 44/09; II R 53/09; II R 59/09;II R 61/09; II R 62/09 erscheint es zweckmäßig, dieantragsgemäß am 3. Juni 2008 vom Finanzamt ver-fügte Verfahrensruhe weiter andauern zu lassen.

Eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 363 Abs. 2Satz 4 AO wäre auf Antrag des Petenten zwargrundsätzlich möglich, nach dem Inhalt der Petitionaber wohl nicht in seinem Sinne. Das Finanzamtmüss te nach der derzeitigen Rechtslage den Einspruchals zulässig, aber unbegründet zurückweisen. Im In-teresse des Petenten sollte der Ausgang der Revi -sionsverfahren beim BFH zur Frage, ob in der Er-höhung der Steuersätze für Wohnmobile ab 1. Januar2006 eine verfassungsrechtlich unzulässige Rück -wirkung zu sehen ist, abgewartet werden.

Das Finanzamt wird hinsichtlich der Festsetzung undErhebung der Kraftfahrzeugsteuer seit dem 1. Juli2009 im Rahmen der Organleihe als Bundesbehördetätig. Petitionen zu Verwaltungshandeln ab diesemStichtag fallen in die Zuständigkeit des Petitionsaus-schusses des deutschen Bundestages. Bisher beziehtsich die Eingabe des Petenten auf Verwaltungshan-deln vor diesem Stichtag (Steuerbescheid und Verfah-rensruhe).

Beschlussempfehlung:

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann derPetition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Behringer

3. Petition 14/4196 betr. Bausache, Denkmalschutz

Die Petentin begehrt die Erteilung einer denkmal-schutzrechtlichen Genehmigung für den Abbruch vonzwei innen liegenden Treppen in ihrem denkmalge-schützten Gebäude H-Straße in R. und wendet sichgegen die Versagung durch die Denkmalschutzbehör-den.

Die Petentin ist Eigentümerin des Gebäudes H-Straßein R. Das Gebäude ist ein Kulturdenkmal nach § 2Denkmalschutzgesetz (DSchG). Zudem liegt das Ge-bäude im Geltungsbereich einer Gesamtanlagen-schutzsatzung nach § 19 DSchG und im Geltungsbe-reich von Örtlichen Bauvorschriften für den histori-schen Stadtkern von R.

Die Petentin beabsichtigte, verschiedene Umbaumaß-nahmen am Gebäude vorzunehmen. Der Bauantraghierzu ging am 13. November 2008 ein. Dieser sahverschiedene Umbaumaßnahmen im und am Gebäudevor, u. a. die Entfernung des Treppenhauses, Neubaueines Treppenhauses und Einbau von jeweils einerWohnung im 1. und 2. Obergeschoss.

Zu der Baumaßnahme fand am 24. November 2008eine Ortsbesichtigung statt. Bei diesem Ortsterminnahmen die Petentin sowie die Untere und höhereDenkmalschutzbehörde teil. Nachfolgend ergab diePrüfung der denkmalschutzrechtlichen Belange, dasssowohl aus Sicht der Unteren als auch der höherenDenkmalschutzbehörde dem Abbruch der innen lie-genden Treppe nicht zugestimmt werden kann. Dieswurde der Petentin schriftlich wie mündlich mitgeteiltund darüber hinaus auch mit der Petentin weitere Ge-spräche geführt. Hierbei wurde sie auch auf Alterna -tivmöglichkeiten hingewiesen und ihr diese aufge-zeigt. Des Weiteren veranlasste die höhere Denkmal-schutzbehörde eine bauhistorische Kurzanalyse undeine dendrochronologische Altersbestimmung insbe-sondere zur Frage nach der Zeitstellung der Innen -treppe.

Die Untersuchung vom September 2009 bestätigte,dass aus denkmalschutzrechtlichen Gründen dem Vor-haben nicht zugestimmt werden kann. Schlussendlichhat die Petentin daraufhin am 30. November 2009 denBauantrag zurück genommen.

Bei dem Gebäude H-Straße in R. handelt es sich auswissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Grün-den um ein – nicht eingetragenes – Kulturdenkmali. S. d. § 2 Abs. 1 DSchG. An seiner Erhaltung bestehtinsbesondere aufgrund seines dokumentarischen undexemplarischen Wertes sowie des Maßes an Origina-lität und Integrität ein öffentliches Interesse.

Rechtsgrundlage für den vorliegenden Antrag ist § 8Abs. 1 Nr. 1 DSchG. Danach darf ein Kulturdenkmalnur mit Genehmigung der Denkmalschutzbehörde zer -stört werden. Unter Teilzerstörung ist die Auflösungdes Bestandes eines Kulturdenkmals in diesem Sinnezu verstehen, dass es als solches ganz oder in Teilennicht mehr existiert. Deshalb erfüllt nicht nur die voll-ständige Zerstörung, sondern auch die Zerstörung vonTeilen, wie hier der bauzeitlichen Treppe, diesen Ge-nehmigungstatbestand.

Für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit ist u. a. die Schwere des Eingriffs von Bedeutung. Nachder ständigen Rechtsprechung des VGH Baden-Würt-temberg zu dem Genehmigungstatbestand des § 8Abs. 1 Nr. 2 DSchG (Beeinträchtigung des Erschei-nungsbildes) ist die denkmalschutzrechtliche Geneh-migung zu versagen, wenn die Beeinträchtigung er-heblich ist und höherrangiges Recht, insbesondere derGrundsatz der Verhältnismäßigkeit, keine abweichen-de Entscheidung gebietet. Diese Rechtsprechung istim Grunde nach auf den Genehmigungstatbestand des§ 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG übertragbar und bedeutet mitanderen Worten: ist der Eingriff in die Substanz desBaudenkmals unerheblich, hat der Antragsteller einenRechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Geneh-

10 x 40 € = 400 € (für das Gesamtgewicht bis 2.000 kg:

40 € je angefangene 200 kg)

+ 5 x 10 € = 50 € (für das Gesamtgewicht über 2.000 kg bis 5.000 kg:

10 € je angefangene 200 kg)

450 € (Jahressteuer)

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migung. Ist der Eingriff jedoch – wie hier – erheblich,bedeutet dies nach der Rechtsprechung jedoch nichtumgekehrt, dass dieser zwangsläufig versagt werdenmuss. Sind – wovon hier die Stadt R. zu Recht ausge-gangen ist – die normierten Voraussetzungen für dieErteilung einer Genehmigung nicht erfüllt, ist viel-mehr nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtunghöherrangigen Rechts, insbesondere des Grundsatzesder Verhältnismäßigkeit zu entscheiden. Im Rahmender im Einzelfall zu treffenden Ermessensentschei-dung ist das besondere öffentliche Interesse an der Erhaltung des geschützten Kulturdenkmals mit demEigentümerinteresse an der Durchführung der bean-tragten Veränderung abzuwägen.

Im vorliegenden Fall konnte auch nach Auffassungder höheren Denkmalschutzbehörde (Regierungsprä-sidium) den privaten Belangen der Petentin gegenüberden öffentlichen Belangen des Denkmalschutzes keinVorrang eingeräumt werden. In der Rechtsprechung istder allgemeine Grundsatz anerkannt, dass den denk-malpflegerischen Belangen umso mehr der Vorrangeinzuräumen ist, je höher der Denkmalwert und dieIntensität der Beeinträchtigung der Substanz oder desErscheinungsbildes und umso geringer die Bedeutungder wirtschaftlichen Interessen des Eigentümers sind.Umgekehrt gilt, dass eine Beeinträchtigung der Sub-stanz oder des Erscheinungsbildes eines Kulturdenk-mals umso eher hinzunehmen ist, je unbedeutenderder Denkmalwert oder die Schwere der erkennbarenBeeinträchtigung ist und umso gewichtiger der Nut-zen der geplanten Maßnahmen für den Eigentümer ist.Hiervon ausgehend ist es vorliegend der Petentin vorallem deshalb zumutbar, ihre privaten Interessen hin-ter den öffentlichen Interessen zurückzustellen, weiles gleichwertige, aber denkmalverträglichere Alterna-tiven zur Verbesserung der Wohnverhältnisse gibt.

Die Denkmaleigenschaft nach § 2 DSchG für das Ge-bäude H-Straße wurde zu Beginn der 80er-Jahre durchdas Regierungspräsidium festgestellt. Die damalige Be -wertung ergab folgendes Untersuchungsergebnis:

Östlich der ehemaligen S.-Scheuer schließt einkleines dreigeschossiges Wohnhaus mit Ladenan. Seine Entstehung ist für die Jahre nach demGroßbrand vom 22. Mai 1762 anzunehmen.Durch Blitzschlag geriet das Gasthaus „Z. P.“in Brand, und das Feuer erfasste bis zum A.-Tor. 16 Gebäude; „darunter den Stadtfrucht-kasten, das ‚R.-Haus‘, wo 600 Malter Getreideverbrannt sind“.

Das Gebäude H-Straße präsentiert sich mit einer für die Stadt R. typischen und seit demspäten Mittelalter bewährten Konzeption. Derdreigeschossige, traufständige Außenbau wirdzur H-Straße hin im mittleren Geschoss durcheinen polygonalen Erker belebt. Der Rückseite,die durch das Gelände bedingt nur zweigeschos-sig ist, war eine offene (heute verputzte) Laubevorgelegt worden. Im Gegensatz zur Fachwerk-konstruktion der rückwärtigen Seite ist dieHauptfassade massiv. Der viergeschossige lie-gende Stuhl erhöht das Gebäude um das Dop-

pelte. Die Innenausstattung gibt einen gutenEinblick in die Wohnkultur im 18. Jahrhundert.Die Aufteilung spiegelt einen ungestörten Norm-grundriss wieder und Ausstattungsdetails wieein barockes Geländer mit gesägten Balusterntragen zur Aussagefähigkeit bei. Ein gut les -bares Beispiel für die Zimmermannskunst ist dergewaltige Dachstuhl, dessen Pfetten in die bei-den Giebel des Hauses eingebunden sind; im 1. und 2. Dachgeschoß ein liegendes Mittelge-binde, ein Mittelständer und gekreuzte Windver-bände; eine Blockstufentreppe bildet den Auf-gang. An der Erhaltung dieses den Wiederauf-bau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundertsdokumentierten und ursprüngliche Konstruktionund Gestaltung gut veranschaulichenden Bau-werk besteht aus heimatgeschichtlichen und wis-senschaftlichen Gründen ein öffentliches Inte -resse.

In der Gesamtanlagenschutzsatzung bzw. den Ört -lichen Bauvorschriften für den historischen Stadtkernsind keine Regelungen normiert, die im vorliegendenFalle hinsichtlich der Treppe zu berücksichtigen wären.

Bereits bei der gemeinsamen Ortsbesichtigung derUnteren und höheren Denkmalschutzbehörde mit derPetentin wurde auf zu beachtende denkmalschutz-rechtliche Belange hingewiesen. So wurde in einemAktenvermerk hierzu Folgendes festgehalten:

Die bestehende Struktur des Gebäudes ist zu er-halten. Dies bedeutet, dass auch das historischeTreppenhaus an seiner Originallage zu erhaltenist.Die getrennte Erschließung vom 1. und 2. Ober-geschoß könnte aus Sicht der Denkmalschutz-behörden dadurch erreicht werden, dass ein zu-sätzlicher Flur jeweils bei den innen liegendenRäumen (WC, Bad, Küche) abgetrennt wird.Skizzen dazu sind der Unteren Denkmalschutz-behörde zur Abstimmung vorzulegen.Bezüglich der Loggia im 2. Obergeschoß wurdeabgestimmt, dass die jüngeren Verkleidungenentfernt werden können. Danach ist den Denk-malschutzbehörden die Wertigkeit der Substanzmitzuteilen und das weitere Vorgehen bezüglichder Wand und der Loggia (Laubengang) abzu-stimmen.Grundsätzlich ist die historische Substanz wieFußboden, Deckenbalken, Stützen, Fensterge-wänder, Fenstersimsen, Treppen, Treppengelän-der, Lamperien etc. zu erhalten.

Der Aktenvermerk wurde an die am Ortstermin Betei-ligten jeweils zur Kenntnis weitergeleitet.

In dem nachfolgenden Bauantrag wurde dennoch inden Bauvorlagen der Abbruch von Treppen im Ge-bäude vorgesehen. Daraufhin wurden die denkmal-schutzrechtlichen Belange nochmals eingehend ge-prüft. Da die Treppe allerdings Bestandteil der Denk-malwürdigkeit des Gebäudes ist, wurde die Petentin

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nachfolgend darum gebeten, die Bauvorlagen so zuändern, dass die historische Treppe weiterhin erhaltenwerden kann. Bei einer Besprechung mit der Petentinwurde hierbei eingehend nochmals die denkmal-schutzrechtliche Beurteilung in der Sache erläutert.Die Petentin erklärte hierbei, dass sie den Abbruchder historischen Treppe und die Ersetzung durch eineneue Treppe zwingend zur besseren wirtschaftlichenAusnutzung des Gebäudes benötigt. In diesem Ge-spräch wurden ihr jedoch auch andere Möglichkeitenerläutert und skizzenhaft aufgezeichnet, die eine wei-tere Beibehaltung der historischen Treppe gewähr -leistet und gleichzeitig die Wohnsituation in den je-weiligen Geschossen gegenüber der jetzigen Situationverbessert. Hierbei zeigte sich auch, dass diese Alter-nativlösungen unter Beibehaltung der historischenTreppe selbst gegenüber der eingereichten Planungklare Vorteile haben. Die Petentin erklärte sich mitden Alternativvorschlägen jedoch nicht einverstandenund beharrte auf ihrer Planung.

Mit Schreiben vom 31. März 2009 erläuterte diehöhere Denkmalschutzbehörde nochmals eingehenddie denkmalschutzrechtliche Beurteilung und Wertig-keit. Darüber hinaus ergaben sich weitergehende Fra-gestellungen über die bauhistorische Situation zumGebäude. Hierauf wurde der Petentin vorgeschlagen,von einem in denkmalpflegerisch erfahrenen Baufor-scher eine Untersuchung vornehmen zu lassen. Diehöhere Denkmalschutzbehörde erklärte sich hierbeibereit, die sich ergebenden Kosten zu übernehmen.

Zwischenzeitlich wechselte die Petentin die ursprüng-lich beauftragten Planverfasser. Bei Gesprächen mitdem nunmehr beauftragten Architekturbüro zeigtesich, dass auch dieses der Ansicht ist, dass die geplan-ten Umbaumaßnahmen zur Verbesserung der Wohn-situation unter Beibehaltung der historischen Treppezweifelsohne möglich und auch besser, als in der ur-sprünglichen Planung vorgesehen, machbar ist. Aller-dings war die Petentin weiterhin ausschließlich dazubereit, die Maßnahmen wie ursprünglich geplant um-zusetzen und es bestand keine Bereitschaft, an derPlanung etwas zu ändern.

Nachdem die bauhistorische Untersuchung und den-drochronologische Altersbestimmung im September2009 abgeschlossen war, wurde das Ergebnis den Be-teiligten weitergereicht. Wie aus dieser Untersuchungeindeutig hervorgeht, handelt es sich um eine bauzeit-liche historische Treppe, die Bestandteil der Denk-malwürdigkeit des Gebäudes ist. Aus diesem Grundewurde nochmals mitgeteilt, dass eine Zustimmung ausdenkmalschutzrechtlicher Sicht zum Bauvorhabennicht in Aussicht gestellt werden kann.

Am 30. November 2009 erfolgte daraufhin von Seitender Petentin die schriftliche Rücknahme des Bauan-trags.

Im vorliegenden Fall können die privaten Interessenan der Verbesserung der örtlichen Wohnsituation imGebäude zwar nachvollzogen werden, dem gegenüberbesteht das öffentliche Interesse an der Beibehaltungder denkmalschutzrechtlich relevanten Innentreppen.Bei der Abwägung der privaten mit den öffentlichen

Interessen ist somit entscheidend zu beachten, dass eine denkmalgerechte Ausführung unter Beibehaltungder historischen Treppen und gleichzeitiger Verbesse-rung der Wohnsituation möglich ist. Aufgrund diesesSachverhalts ist das öffentliche Interesse höher zu be-werten als die Interessen der Petentin, da durch eineentsprechende Umplanung unter Berücksichtigungder Erhaltung der historischen Treppen eine Verbes-serung der Wohnsituation möglich ist.

Die Behörden haben im Genehmigungsverfahren derPetentin alternative Möglichkeiten erläutert und skiz-zenhaft aufgezeichnet, die eine Beibehaltung der his torischen Treppe gewährleistet und zugleich dieWohnverhältnisse in den jeweiligen Geschossen ge-genüber der bestehenden Situation verbessert hätten.

In vergleichbaren Fällen innerhalb der historischenInnenstadt von R. wurde ebenfalls die Erhaltung derhistorischen Treppen gefordert. Die vorliegende Ent-scheidung steht daher nicht nur im Einklang mit demverfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, sondernist gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Gleich-behandlung angezeigt.

Beschlussempfehlung:

Aufgrund der vorliegenden Sach- und Rechts-lage kann der Petition nicht abgeholfen wer-den.

Berichterstatterin: Bormann

4. Petition 14/4127 betr. Änderung eines Bebau-ungsplans u. a.

Die Petenten fordern, den Bebauungsplan „Ehemali-ges L.-Krankenhaus“ dahin gehend zu ändern, dassdas von ihnen bewohnte Gebäude S. Straße 54, 56und 58 auf dem Grundstücks Flst.-Nr. 11169 erhaltenbleibt. Weiter wenden sie sich gegen den Verkauf die-ses Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes S. Straße 54, 56 und 58 von der L. Stiftung an die Fir-ma D. und fordern Einsicht in die Kaufverträge, Of-fenlegung der Stiftungsstatuten der L. Stiftung sowiedie uneingeschränkte Übernahme der bestehendenMietverträge.

Hintergrund dieser Petition ist der Verkauf des Gelän-des einschließlich der darauf befindlichen Gebäudedes ehemaligen L.-Krankenhauses in M. durch die L. Stiftung an die Firma D. Aufgrund des Verkaufsund der baulichen Neuordnung des Krankenhausge -ländes mit dem geplanten Neubau von ca. 320 Woh -nungen befürchten die Petenten den Verlust ihrerWohnungen im Gebäude S. Straße 54/56/58.

Um unter städtebaulichen Gesichtspunkten eine ge-stalterisch und städtebaulich anspruchsvolle sowiewirtschaftlich tragfähige Gesamtkonzeption für dieNeugestaltung zu erreichen, wurde zunächst Ende2008 unter Mitwirkung der Stadt M. ein städtebau -licher Realisierungswettbewerb durchgeführt. Der Sie-

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gerentwurf wurde als Grundlage für die Änderung desBebauungsplans aus dem Jahr 1977 herangezogen, derfür den Bereich eine Fläche für den Gemeinbedarffestsetzte.

Für den am 10. Dezember 2009 in Kraft getretenenvorhabenbezogenen Bebauungsplan „Ehemaliges L.-Krankenhaus“ wurde am 23. Juli 2009 der Aufstel-lungsbeschluss gefasst, der am 30. Juli 2009 ortsüb-lich bekannt gemacht wurde. Da der Bebauungsplanals Bebauungsplan der Innenentwicklung im be-schleunigten Verfahren nach § 13 a Baugesetzbuch(BauGB) aufgestellt wurde, konnte auf die frühzeitigeBeteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden ver-zichtet werden, und es fand vom 7. August 2009 biseinschließlich 7. September 2009 direkt die Öffent-lichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB und in derZeit vom 11. August 2009 bis einschließlich 11. Sep-tember 2009 die Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2BauGB statt.

Das Aufstellungsverfahren verlief ohne größeres In-teresse der Öffentlichkeit. Im Rahmen der Öffentlich-keitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB wurde mitSchreiben vom 3. September 2009 lediglich die Stel-lungnahme der Petenten abgegeben. In dem Schreibenwird „Einspruch gegen den vorhabenbezogenen Be-bauungsplan erhoben, weil die Miet- und Wohnver-hältnisse für die Gebäude S. Straße 54, 56 sowie 58noch nicht geklärt sind und das Angebot eines auf fünfJahre befristeten Kündigungsschutzes grundsätzlichder unbefristeten Wohnberechtigung, die den Mie -terinnen und Mietern der oben genannten Gebäudebisher vertraglich zugestanden wurde, widerspricht.Es wird angeregt, diese Unklarheit vor dem Beschlussdes Bebauungsplanverfahrens zu beseitigen“.Der erste Entwurf eines Beschlussvorschlages für dieAbwägung, der im Ausschuss für Umwelt und Tech-nik am 3. November 2009 vorberaten wurde, lautete:„Das Mietverhältnis besteht zwischen Vermieter undMieter. Wie und ob sich beim Verkauf der Immobiliendie Mietverhältnisse verändern, ist zwischen den Ver-tragspartnern zu klären. Hierzu fanden bereits Infor-mationsveranstaltungen mit Betroffenen statt. Durchdie Bauleitplanung wird nicht in die privaten Miet -verhältnisse eingegriffen. Fragen zum Mietverhältnissind dementsprechend zwischen Mieter und Vermieterunabhängig von der Bauleitplanung zu klären.“ DerBeschlussvorschlag lautete: „Die oben genannten An-regungen sind nicht Inhalt der Bauleitplanung undwerden zurückgewiesen.“Auf die im Verlauf der Vorberatung am 3. November2009 geäußerte Bitte einer Fraktion im Gemeinderatder Stadt M. wurde mit dem Investor zur konkretenSituation der Mietverträge und sonstiger Rechte Rück-sprache gehalten und der Beschlussvorschlag u. a.durch folgende Erläuterung ergänzt: „Die Bauleitpla-nung schafft nur für den als Krankenhaus genutztenBereich eine rechtlich neue Position. Die bereits alsWohnungen genutzten Bestandteile des Plangebietessind von der Bauleitplanung nicht betroffen, da sie einerseits bereits den zukünftigen Festsetzungen ent-sprechen und andererseits auch ohne die Aufstellungeines Bebauungsplanes entfernt und durch eine an -

dere Nutzung (Klinik) auf der Grundlage des be -stehenden Bebauungsplans ersetzt werden können.Der Bebauungsplan ist damit ungeeignet, als Ersatzfür privatrechtliche Einigungen einzutreten oder alseine Absicherung bis zu einer Einigung einzutreten.“Der Satzungsbeschluss für den vorhabenbezogenenBe bauungsplan „Ehemaliges L.-Krankenhaus“ mitzugehöriger Satzung über örtliche Bauvorschriftenwurde am 24. November 2009 gefasst und ist durchortsübliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlus-ses im Amtsblatt der Stadt M. am 10. Dezember 2009in Kraft getreten.

Durch die Aufstellung bzw. die Änderung eines Be-bauungsplans wird eine neue bauliche Nutzung der imGeltungsbereich des Bebauungsplans befindlichenFlä chen vorbereitet. Es werden die planungsrecht -lichen Voraussetzungen für die Folgenutzung Woh-nen geschaffen. Wann die neue bauliche Nutzungtatsächlich realisiert wird, ist im Normalfall nur vomGrundstückeigentümer abhängig und kann nicht vonder Gemeinde beeinflusst werden. Da es sich im vor-liegenden Fall jedoch um einen mit der Gemeinde ge-schlossenen Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB handelt, musste sich die Firma D. zurDurchführung innerhalb einer bestimmten Frist ver-pflichten.

In § 1 Abs. 4 des Durchführungsvertrags wurde diesenVorgaben entsprechend geregelt: „Der Vorhabenträ-ger verpflichtet sich, die gesamte Bebauung gemäßdem Vorhaben- und Erschließungsplan bis 31. Dezem -ber 2019 abschließend herzustellen. Ausgenommenhiervon ist die Errichtung des Gebäudes auf demGrundstück S. Straße 52 (Baufeld 10 im vorhabenbe-zogenen Bebauungsplan) sowie die Errichtung des imVorhaben- und Erschließungsplanes mit S. Riegel be-zeichneten Gebäudes (Baufeld 8 im vorhabenbezoge-nen Bebauungsplan).“ Im Bereich des Baufelds 8 be-findet sich das Bestandsgebäude S. Straße 54, 56 und58, dessen Verlust die Petenten befürchten. DieseAusnahme von der Durchführungsverpflichtung fürdas Baufeld 8 ist die Reaktion der Stadt M. auf die imRahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung abgegebeneStellungnahme der Petenten. Die Stadt M. hat damitim Rahmen ihrer bauleitplanerischen Möglichkeitenden Bedenken der Petenten Rechnung getragen, dieBauleitplanung verpflichtet die Firma D. nicht, auchdas Wohnhaus in dem die Petenten wohnen zu besei-tigen und durch einen Neubau zu ersetzen.

Die Stadt M. ist mit der Bebauungsplanänderung dergesetzlichen Verpflichtung des § 1 Abs. 3 BauGBnachgekommen, wonach Bauleitpläne dann aufzustel-len bzw. zu ändern sind, wenn dies für die städtebau -liche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Imvorliegenden Fall des aufgegebenen Krankenhauseswar dieses Erfordernis gegeben, dem nun auch imSinne einer nachhaltigen Innenentwicklung der StadtM., durch die Bebauungsplanaufstellung Rechnunggetragen wurde. Die bauplanungsrechtlichen Rahmen -bedingungen haben sich durch den vorhabenbezoge-nen Bebauungsplan zudem verbessert, da das Wohn-gebäude der Petenten bzw. die Wohnnutzung nachden Festsetzungen des alten Bebauungsplans nur aus-

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nahmsweise zulässig war und nun nach den Festset-zungen des neuen Bebauungsplans allgemein zulässigist.

Im Mittelpunkt der Petition steht im Grunde abernicht die Änderung des Bebauungsplans, sondernvielmehr die Frage, was mit den Gebäuden S. Straße54, 56 und 58 und den bestehenden Mietverhältnissengeschieht. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass alleVerträge, die die Mieter mit dem ehemaligen Eigen -tümer, der L. Stiftung geschlossen haben, mit demVerkauf auf den neuen Eigentümer, die Firma D.übergegangen sind und alle Belastungen des Grund-stücks oder anderen öffentlich rechtliche Sicherungenerhalten blieben. Ob es über die vertraglichen Verein-barungen hinaus Zusagen oder Absprachen seitens derL.-Stiftung mit den Petenten gab, die nicht vertraglichfixiert oder über den Kaufvertrag weitergegeben wur-den, ist nicht bekannt. Der Bebauungsplan bzw. dasBauleitplanverfahren wäre jedenfalls nicht als Zwangs-mittel zu deren Durchsetzung geeignet gewesen.

Über die anstehenden Veränderungen wurden die Be-wohner des Wohnhauses S. Straße 54, 56 und 58 be-reits nach Abschluss des Wettbewerbs durch die Fir-ma D. mit einem Schreiben vom 19. Dezember 2008informiert. Es folgten weitere Informationsschreiben.Mit einem Schreiben vom 17. September 2009 wur-den die Bewohner darüber informiert, dass für dieDurchführung der gesamten Baumaßnahmen im Be-bauungsplan eine ausreichend lange Frist vorgesehenwurde und die Häuser S. Straße 52, 54 und 56 (Nr. 58wurde wohl versehentlich nicht genannt, es stellt je-doch eine Einheit mit 54 und 56 dar) von der gesetz-ten Frist – wie obenstehend ausgeführt – ausgenom-men sind.

Nach Auskunft der Firma D. handelt es sich bis aufdrei Ausnahmen, die als Mietvertrag für Bedienste-tenwohnungen formuliert seien, um normale Woh-nungsmietverträge mit Standardformulierungen, d. h.die Mietverträge sind zwar unbefristet, aber nichtunkündbar. Weitergehende Rechte über den Kaufver-trag, Grunddienstbarkeiten oder Baulasten lägen nichtvor. Die Firma D. stellt außerdem fest, dass eine Be-standsgarantie für das Haus zwar nicht gegeben wer-den kann, ein Neubau an Stelle des bestehendenWohnhauses jedoch eher langfristig geplant sei. ImFalle, dass die Räumung zum Abbruch des Gebäudeserforderlich würde, werde sich die Firma D. im Rah-men der Möglichkeiten um Ersatzwohnungen im eigenen Wohnungsbestand bemühen.

Bezüglich des in der Petition angesprochenen Begeh-rens, die Kaufverträge offenzulegen, handelt es sichum zivilrechtliche Angelegenheiten, auf die keinenEinfluss genommen werden kann.

Der dem Regierungspräsidium K. im Juli 2008 ange-zeigte Verkauf des Grundstücks Flst.-Nr. 11169 mitdem Wohngebäude der Petenten wurde von der Stif-tungsbehörde nicht beanstandet. Ein Verstoß gegendie Stiftungssatzung wurde nicht festgestellt.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan und der vorha-benbezogene Bebauungsplan „Ehemaliges L.-Kran-kenhaus“ ist bereits in Kraft getreten. Den Befürch-

tung der Petenten, aufgrund der Eigentumsübertragungund eines Ersatzbaus für ihr Wohngebäude Wohn -rechte zu verlieren, wäre im Übrigen auch mit einerÄnderung des Bebauungsplans nicht abzuhelfen.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Ernst

5. Petition 14/4278 betr. Fernseh- und Rundfunk-gebühren

Der Petent ist der Auffassung, dass Personen, die eineRente wegen voller Erwerbsminderung beziehen undnach Abzug ihrer festen monatlichen Kosten unter-halb der Leistungen des Grundsicherungsgesetzes lie-gen, gegenüber den Empfängern sozialer Leistungengemäß § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag(RGebStV) ungleich behandelt werden und damitdem Befreiungskatalog des § 6 Abs. 1 RGebStV zuunterstellen wären.

Die Frage des Anspruchs eines Rundfunkteilnehmersauf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht rich-tet sich nach der Vorschrift des § 6 RGebStV, derenaktuelle Fassung am 1. April 2005 in Kraft getretenist. Seitdem ist eine Befreiung von der Rundfunk -gebührenpflicht dem Grunde nach nur noch in Ver-bindung mit der Vorlage gesetzlich definierter Leis -tungsbescheide, z. B. dem Bescheid über Sozialhilfe,Grundsicherung im Alter, Arbeitslosengeld II etc. (§ 6Abs. 1 RGebStV) oder in besonderen Härtefällen (§ 6Abs. 3 RGebStV) möglich. Eine gesonderte Befreiungvon der Rundfunkgebührenpflicht wegen geringenEinkommens des Rundfunkteilnehmers ist dagegennicht mehr vorgesehen.

Ziel der Neuregelung war eine Verwaltungsverein -fachung, damit die bislang umfangreichen und schwie-rigen Berechnungen der Sozialbehörden und Rund-funkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Ein-kommens entfallen können. Stattdessen sollte – nebendem unverändert befreibaren Kreis der behindertenund kranken Menschen – für den einkommensschwa-chen Personenkreis eine bescheidgebundene Befrei-ungsmöglichkeit eröffnet werden.

Der Normgeber des Rundfunkgebührenstaatsvertrageshat die vom Petenten geschilderte Fallkonstellationnicht ungeregelt gelassen, sondern ganz bewusst ausdem Katalog der Befreiungsgründe ausgeklammert.Eine Befreiung kommt daher nur unter Maßgabe derHärtefallklausel des § 6 Abs. 3 RGebStV in Betracht.Dabei gilt nach der Rechtsprechung der Verwaltungs-gerichte, dass ein Fall besonderer Härte nicht schondann vorliegt, wenn eine der in § 6 Abs.1 RGebStVgenannten Sozialleistungen auch nur wegen gering -fügiger Überschreitung der Einkommensgrenzen nichtgewährt werden kann. Denn das Ziel der Verwal-tungsvereinfachung könnte nur schwerlich erreicht

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werden, wenn das Vorliegen eines geringen Einkom-mens allein ohne Hinzutreten besonderer Umständeschon als besonderer Härtefall i. S. von § 6 Abs. 3RGebStV angesehen würde.

Die bescheidgebundene Ausgestaltung der Befrei-ungsmöglichkeit für einkommensschwache Personenverstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleich-heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedlicheBehandlung von Empfängern der in § 6 Abs. 1RGebStV genannten Sozialleistungen gegenüber an-deren einkommensschwachen Personen, die die Vor-aussetzungen für den Empfang dieser Leistungennicht erfüllen, ist dadurch legitimiert, dass dem mitder Neuregelung der Befreiungsmöglichkeit verfolg-ten Ziel der Verfahrensvereinfachung gerade unterden bei der Rundfunkgebührenerhebung vorliegendenBedingungen einer Massenverwaltung besondere Be-deutung zukommt.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Ernst

6. Petition 14/4237 betr. Straßenbau

Gegenstand der Petition:

Der Petent, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, er-bittet die Unterstützung des Landes für sein Bemühen,eine Unterführung der Kreisstraße K 4178 unter derBahnlinie in M. zu verhindern und die bisherigen Pla-nungsüberlegungen zur Beseitigung des schienen -gleichen Bahnübergangs im Zuge der K 4178 als ver-fahrens- und ermessensfehlerhaft und somit rechts-widrig festzustellen.

Sachverhalt:

Der Petent hatte sich in gleicher Angelegenheit be -reits an den Petitionsausschuss des Landtags ge-wandt. Diese vorangegangene Petition 13/4342 hatder 13. Landtag von Baden-Württemberg in seiner 88. Sitzung am 17. März 2005 beraten; der Petitionkonnte nicht abgeholfen werden (Drucksache 13/4118,lfd. Nr. 24).

Gegenüber dem im vorausgegangenen Petitionsver-fahren 13/4342 beschriebenen Sachverhalt und an derbestehenden Absicht der Baulastträger, die niveau-gleichen Bahnübergänge in M. zu beseitigen, hat sichzwischenzeitlich nichts geändert.

Unverändert bestehen vier Varianten, die zur Beseiti-gung des niveaugleichen Bahnübergangs im Zuge derK 4178 als Lösung in Betracht kommen. Auch inso-weit ist auf die vorausgegangene Petition 13/4342 zuverweisen. Bezüglich der Kosten der Varianten 1, 2und 3 gibt es neue Erkenntnisse. Der an der Kreu-zungsmaßnahme beteiligte R.-N.-Kreis hat seine Kos -

tenschätzung präzisiert. Danach ist bei den einzelnenVarianten heute von folgenden Kosten auszugehen:

Variante 1, Unterführung der K 4178 unter die Bahn-linieDie Baukosten werden nunmehr mit 13,5 Mio. € ver-anschlagt.

Variante 2, Überführung der K 4178 über die Bahn -linieDie Baukosten werden nunmehr mit 9,25 Mio. € ver-anschlagt.

Variante 3, Südumgehung M.Die Baukosten werden nunmehr mit 17,0 Mio. € ver-anschlagt.

Variante 4, Aufstufung der I.-straßeDie Beseitigung des Bahnübergangs wäre dann unver-ändert ohne bauliche Maßnahmen, also ohne finan -zielle Aufwendungen vorgesehen.

Der Petent wendet sich unverändert gegen die Pla-nungs-Variante 1, weil diese die teuerste Variante seiund sie zudem die Interessen der betroffenen Anwoh-ner beeinträchtigen würde. Durch das Vorhaben seieine erhebliche Beeinträchtigung seines alteingeses -senen Handwerksbetriebs zu befürchten, der im Bau -bereich der Variante 1 angesiedelt ist.

Das Petitionsbegehren stützt sich auf den Verfahrens-fortgang. Der Bürgermeister von M. habe in öffent -lichen Sitzungen und gegenüber der Presse erklärt,man wolle mit dem Bau der Unterführung der K 4178unter die Bahngleise (Variante 1) spätestens im Jahr2012 beginnen. Die Träger der Straßenbaulast – R.-N.-Kreis und Gemeinde M. – hätten alle relevantenVorbereitungen zum Bau der Variante 1 getroffen.Der Petent erachtet das Vorgehen der Baulastträgerund die Absicht, die Variante 1 zu realisieren, fürrechtswidrig. Zu beanstanden sei auch das Verfahren:Sowohl die Gemeinde als auch der Kreis seien ihrerInformationspflicht nicht nachgekommen. So habeman die Öffentlichkeit nicht beteiligt, obwohl die Va-riante 1 in der Bevölkerung umstritten und als unwirt-schaftlich zu erachten sei.

Der Petent führt im Einzelnen aus, dass die Kosten derVariante 1 gegenüber den genannten Kosten aus demJahr 2005 nun erheblich ansteigen würden. Die bei an-deren Baumaßnahmen festgestellten schwierigen Bau-grundverhältnisse – Sumpfgelände und Grund was ser -vorkommen – seien nicht beachtet worden. Es drohe eine Verschwendung von Steuergeldern. Andere Alter-nativen seien nicht nur billiger in der Umsetzung, son-dern auch günstiger in der Instandhaltung. Außerdemsetze die Variante 1 eine Absenkung des Grundwasser-spiegels voraus. Durch diese Grundwasserabsenkungsei mit Gebäudeschäden und damit verbunden mitSchadensersatzansprüchen zu rechnen. Dabei geht derPetent aufgrund einer Aussage des Bürgermeisters vonKosten in Höhe ca. 45 Mio. € aus, die sich seiner An-sicht nach auf bis zu 85 Mio. € erhöhen könnten.

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Der Petent befürchtet, dass mit der Realisierung derVariante 1 vollendete Tatsachen unter Übergehungder Belange der Bürger geschaffen werden.

Rechtliche Würdigung:

Bei der Beseitigung des schienengleichen Bahnüber-gangs im Zuge der K 4178 in M. handelt es sich umeine Gemeinschaftsmaßnahme der DB Netz AG, derGemeinde M. und des R.-N.-Kreises. Die Kostentra-gung erfolgt nach § 13 Eisenbahnkreuzungsgesetz,wonach je ein Drittel der Kosten von Bund, DB NetzAG und R.-N.-Kreis getragen wird.

Die Maßnahme liegt in der Planungshoheit des R.-N.-Kreises, der Gemeinde M. sowie der DB Netz AG.Das Land Baden-Württemberg ist nicht unmittelbar,sondern gegebenenfalls lediglich über eventuelle Zu-schüsse nach der VwV-Entflechtungsgesetz (früherGVFG) an dem Vorhaben beteiligt.

Hinsichtlich der Beurteilung der Sachlage haben sichgegenüber der vorausgegangenen Petition 13/4342keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte ergeben.Die Beseitigung des Bahnübergangs im Zuge der K 4178 befindet sich nach wie vor in der Vorpla-nungsphase. Zum jetzigen Zeitpunkt ist weder eineEntscheidung der zuständigen Baulastträger – R.-N.-Kreis, Gemeinde M. und DB Netz AG – darüber ge-troffen worden, welche der Varianten weiterverfolgtwird, noch ist geklärt, welches Zulassungsverfahren(Planfeststellung oder Bebauungsplan) in Betrachtkommt. Zwischenzeitlich wurden umfangreiche Bo-denuntersuchungen beauftragt. Diese Untersuchungenderen Ergebnisse noch nicht vorliegen, dienen sowohlder Erkundung des zukünftigen Baugrunds als auchder möglichst genauen Bezifferung des Kostenrah-mens; die vom Petenten befürchtete Kostenentwick-lung bei einer Verwirklichung der Variante 1 ist des-halb spekulativ.

Es ist weiterhin offen, wie die Beseitigung der Bahn -übergänge in M. erfolgen soll.

Zum gegenwärtigen Verfahrensstand ist eine Unter -suchung aller denkbaren Varianten planerisch gebo-ten. Dazu gehört auch die Variante 1, die ohne näherePrüfung nicht von vornherein ausgeschlossen werdenkann. Im weiteren Verfahren werden dann alle unter-suchten Varianten und die jeweils berührten Belangeim rechtsförmlichen Verfahren sorgfältig untereinan-der und gegeneinander abzuwägen sein. Das rechts-förmliche Verfahren gewährt selbstverständlich denTrägern öffentlicher Belange, dem Petenten und allenbetroffenen Anliegern im Zuge der Offenlage der Pla-nungsunterlagen die üblichen Beteiligungsmöglich-keiten.

Beschlussempfehlung:

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann derPetition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatterin: Grünstein

7. Petition 14/4058 betr. Personalangelegenheitenvon Lehrern

I.

Der Petent strebt die Überprüfung und Korrektur dervon seinem Sohn im Rahmen der Zweiten Staatsprü-fung erbrachten Leistungen bzw. die Annullierungdes Nichtbestehens der Zweiten Staatsprüfung an.

II.

Der Sohn des Petenten bestand im Januar 2006 an einer Universität in Niedersachen die Erste Staatsprü-fung für das Lehramt an Gymnasien mit der Note 2,6mit den Hauptfächern Musik (Note: 1,8) und Physik(Note: 4,3). Wegen Aufnahme einer musikwissen-schaftlichen Promotion an der Universität H. trat erseinen Vorbereitungsdienst im Januar 2008 in Baden-Württemberg an. Er wurde dem Staatlichen Seminarfür Didaktik und Lehrerbildung – Gymnasien in H.und der Ausbildungsschule H.-Gymnasium in E. zu-gewiesen.

Der Petent erhebt Vorwürfe wegen angeblichen Fehl-verhaltens von Ausbildern am Seminar. Diese Be-hauptungen sind unzutreffend. Der Sohn des Petentenhat laufend Zuwendung und Unterstützung erhalten,welche jedoch aus letztlich bei ihm liegenden Grün-den nicht erfolgreich waren. So scheiterte er schließ-lich in beiden Lehrproben, einem fachdidaktischenKolloquium und dem Prüfungsteil Dokumentation mitPräsentation. Der Petent meint, dass es sich bei derBenotung der Prüfungsleistungen nur um „einen Irr-tum oder eine Verwechslung“ handeln könne. BeideLehrproben seien souverän durchgeführt worden, wasauch die beteiligten Schüler bestätigt hätten. Eine de-taillierte Begründung für die Misserfolge sei nicht ge-geben worden. Dies ist nicht zutreffend. Als Beispielseien die tragenden Gründe für das Scheitern derLehrprobe im Fach Physik wiedergegeben: „Lernzielenur in Ansätzen und nur teilweise erreicht; Planungnur teilweise umgesetzt, Alternativen fehlten; Fach-sprache vage und unpräzise; Fachniveau auch fürKlasse 7 zu niedrig; viele fachliche Fehler bleiben un-korrigiert; experimentelle Schwächen: Sichtbarkeit,Dokumentation, Aufbau, fehlende Erklärungen; Prä-sentationstechnik mangelhaft, nicht schülerorientiert.“Im Übrigen schien der Sohn des Petenten selbst nach-denklich geworden zu sein und wandte sich mit einerMail an seinen Physikausbilder: „Ich möchte mich aufdiesem Wege für Ihre bisherigen Bemühungen bedan-ken. Ich habe mir viele Gedanken über meine bisheri-gen Leistungen im Fach Physik gemacht und bin zurEntscheidung gekommen, dass ich alle mir angebote-nen Hilfestellungen zur Bewältigung meines Referen-dariats in Anspruch nehmen möchte. Ich denke, dassmeine erbrachten Leistungen während der Prüfungs-phase keineswegs den Ansprüchen eines Lehrersgenügten, sodass ich Sie freundlichst bitten möchte,mit mir gemeinsam Zielperspektiven zu finden, umdie Ausbildung doch noch erfolgreich beenden zukönnen. Ich weiß, dass ich über mein Ziel hinausge-schossen bin und möchte mich in aller Form für mein

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Verhalten entschuldigen.“ Sein Ausbilder bot ihmnoch am selben Tage umfassende Unterstützung an;der erste Schritt hierzu müsste allerdings vom Sohndes Petenten selbst kommen. Dieser meldete sich abernicht mehr.

Die Vorwürfe des Petenten, „aus subjektiven und per-sönlichen Gründen“ seien Entscheidungen zum Nach-teil seines Sohnes getroffen worden, sind insgesamtunzutreffend. Im Zusammenhang mit den Prüfungs -ergebnissen führte die Seminarleiterin auf Wunschdes Sohnes des Petenten mit ihm eingehende Ge-spräche, nachdem er den Entschluss gefasst hatte, sichzum 31. Juli 2009 aus dem Vorbereitungsdienst ent-lassen zu lassen. Sie machte ihm deutlich, dass erhiermit die Chance aufgeben würde, in einer Verlän-gerung des Vorbereitungsdienstes die entsprechendenPrüfungsteile zu wiederholen; er verzichte auf die Mög-lichkeit, den Vorbereitungsdienst mit einem ZweitenStaatsexsamen abzuschließen. In diesen Gesprächenbrachte der Sohn des Petenten abgesehen von seinerEnttäuschung über den Misserfolg in der Prüfungauch andere, persönliche Gründe vor, so seine Promo-tion und die Überlegung, als Musiker in die Bundes-wehr einzutreten. Nachdem er seinen Vorbereitungs-dienst keinesfalls am H.-Gymnasium in E. fortsetzenwollte, hatte das Seminar für ihn bereits ein anderesGymnasium in der Nähe seines Wohnortes vorge -sehen. Die Seminarleiterin vermittelte ihm eindring-lich die Bedeutung seiner Entscheidung; selbstver-ständlich aber könne ihn niemand daran hindern, sei-nen Vorbereitungsdienst abzubrechen.

Er stellte hierauf mit Schreiben vom 1. Juli 2009 einen Entlassungsantrag, nahm diesen jedoch mitSchreiben eines von ihm eingeschalteten Rechtsan-waltsbüros zurück, in welchem gleichzeitig Wider-spruch gegen den Bescheid des Landeslehrerprü-fungsamts über das Nichtbestehen der Zweiten Staats-prüfung eingelegt wurde. Gleichzeitig erklärten seineRechtsanwälte, es bestehe Einverständnis, „dass derVorbereitungsdienst vorläufig bis zur Klärung derSach- und Rechtslage bezüglich des Prüfungsergeb-nisses ruht.“ Versuche des Regierungspräsidiums, denRechtsanwälten die geltende Rechtslage zu vermit-teln, scheiterten. Letztmalig mit Schreiben vom 9. Ok -tober 2009 führte das Regierungspräsidium aus: „Esist nicht möglich, Herrn K. bis zum Ausgang des ge-gen das Nichtbestehen des Zweiten Staatsexamenseingeleiteten Widerspruchsverfahrens zu beurlauben.Entweder er tritt den Dienst sofort an, oder er lässtsich entlassen, und zwar ohne Gewährung einer Wie-dereinstellungszusage.“ Dem wurde ohne nähere Be-gründung damit widersprochen, es sei „im Beamten-recht manches möglich“.

Der Sohn des Petenten trat nach den Sommerferien2009 seinen Vorbereitungsdienst nicht wieder an, ohne hierüber das Regierungspräsidium oder das Lan-deslehrerprüfungsamt zu informieren oder gar um Ge-nehmigung nachzusuchen. Im Verlauf des MonatsOktober 2009 verschaffte sich das Regierungspräsi -dium durch eigene Internetrecherche und einen Anrufbei der Kultusverwaltung Nordrhein-Westfalen davonKenntnis, dass er bereits am 17. August 2009 dort den

Dienst als Vertretungslehrer an der Verbandsschule E.angetreten hatte. Hierauf wurde er wegen unerlaubtenFernbleibens vom Dienst entlassen, da er ab Antrittdes Dienstes in Nordrhein-Westfalen dem hiesigenVorbereitungsdienst unentschuldigt und ungenehmigtferngeblieben ist. Die Entlassungsverfügung ist in-zwischen bestandskräftig.

Der Petent strebt nunmehr als Lösung an, das Prü-fungsergebnis annullieren zu lassen, um so seinemSohn in einem anderen Bundesland die Möglichkeitzu eröffnen, das Zweite Staatsexamen doch noch ab-zulegen. Nur so habe dieser noch die Hoffnung, denangestrebten Lehrerberuf auszuüben, und das sechs-jährige Lehramtsstudium mit dem Ersten Staats -examen sei nicht vergebens. Eine Wiederholungsprü-fung in Baden-Württemberg komme ohnehin nicht inBetracht, da nach seiner Meinung von einer landes-weiten Befangenheit auszugehen sei. Der Petent be-ruft sich in diesem Zusammenhang auf angeblicheFormfehler im Zusammenhang mit dem ersten Prü-fungsdurchgang; gemeint ist wohl eine behauptete un-zureichende Begründung. Dies ist jedoch nicht zutref-fend. Alle Prüfungsentscheidungen sind, wie rechtlichgeboten, mit schlüssigen und nachvollziehbaren tra-genden Gründen versehen.

Ein Widerspruch gegen eine Prüfungsentscheidunghat keine aufschiebende Wirkung. Es ist allein Sachedes Sohnes des Petenten, wenn er nicht, wie geboten,den verlängerten Vorbereitungsdienst antritt und indiesem die nicht bestandenen Prüfungsteile wieder-holt. Eine Entlassung mit Wiedereinstellungszusagekam nicht in Betracht: Berücksichtigungsfähig wäreneine längerfristige Erkrankung oder andere vergleich-bar schwerwiegende persönliche Gründe. Es war je-doch dem Sohn des Petenten durchaus zuzumuten,den Vorbereitungsdienst fortzusetzen und die nichtbestandenen Prüfungsteile zu wiederholen.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatterin: Haller-Haid

8. Petition 14/4193 betr. Einkommensteuer 2005 bis2007 und 2009

Die Petentin wendet sich dagegen, dass der Steuerfallan das Finanzamt Ba. abgegeben wurde und sie künf-tig dort zur Einkommensteuer veranlagt wird. Fernerbeschwert sich die Petentin über die Vorgehensweisedes Finanzamtes M.-N. und bittet darum, dass ihrSteuerfall von einem anderen Finanzamt in der Nähevon M. bearbeitet wird.

Sachverhalt:

Die Petentin ist 47 Jahre alt und lebt seit dem 1. Sep-tember 1999 dauernd getrennt von ihrem Ehemann.Sie ist als Sachbearbeiterin bei einer Versicherung

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tätig und erzielt Einnahmen aus nichtselbstständigerTätigkeit. Sie ist Eigentümerin zweier Einfamilien-häuser in M. Das eine bewohnt sie seit März 2006selbst zusammen mit ihrem Lebensgefährten undihren beiden Söhnen. Das andere ist seit Mai 2006vermietet.

1. Örtliche Zuständigkeit

Die Petentin wurde seit dem Veranlagungszeitraum2000 bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007beim Finanzamt M.-N. geführt. Zum 1. September2008 wurde die Petentin von ihrem Arbeitgeber nachN. versetzt. Zunächst bewohnte sie dort ein Zimmer.Seit dem 1. Januar 2009 hat die Petentin in der Näheihrer neuen Arbeitsstelle – in Cr. bei Ba. – einen Zweit -wohnsitz angemeldet. Es handelt sich dabei um eineWohnung in einem Zweifamilienhaus, das der Le-bensgefährte der Petentin im Jahr 2008 erworben hat.

Im Rahmen der Bearbeitung der Einsprüche gegen dieSteuerbescheide 2006 und 2007 teilte die Petentin mitSchreiben vom 14. März 2009 mit, dass sie wegen derVerlagerung des Arbeitsplatzes nach N. nur noch anden Wochenenden an ihrem Hauptwohnsitz in M. sei.Wegen des überwiegenden Aufenthalts der Petentinam Zweitwohnsitz kam das Finanzamt zu dem Ergeb-nis, die örtliche Zuständigkeit sei beim Finanzamt Ba.zu sehen. Am 14. September 2009 wurde deshalb dieAktenabgabe in die Wege geleitet. Das Finanzamt Ba.hat die Akten der Petentin ab dem VZ 2006 übernom-men. Auch die am 9. Oktober 2009 noch beim Fi-nanzamt M.-N. eingegangene Steuererklärung für dasJahr 2008 wurde am 19. Oktober 2009 an das Finanz-amt Ba. weitergeleitet.

2. Einsprüche wegen Einkommensteuer 2006 und 2007

Die Petentin erhob Einwendungen gegen die Vorge-hensweise des Finanzamtes M.-N. bei der Ermittlungder Bemessungsgrundlage für die Abschreibung desvermieteten Gebäudes in M. für die Einkünfte ausVermietung und Verpachtung. Die Petentin trug vor,es sei keine Kaufpreisaufteilung vorzunehmen, da siedas Objekt einschließlich Grund und Boden vermiete.Ferner seien die vom Finanzamt für den Grund undBoden angesetzten Werte sowie die angesetzten Qua-dratmeter nicht zutreffend. Im Übrigen war sie derAuffassung, dass Aufwendungen für das selbstge-nutzte Haus, die im Falle einer Vermietung Erhal-tungsaufwand – also Werbungskosten – darstellenwürden, als außergewöhnliche Belastungen zu be -rücksichtigen seien. Über die Einsprüche ist bishernoch nicht abschließend entschieden.

3. Bearbeitung durch das Finanzamt M.-N.

Die Petentin führt an, ihre Steuererklärungen seien inder Vergangenheit vom Finanzamt M.-N. unzutref-fend bearbeitet worden. Sie beantragt deshalb, dassihr Steuerfall künftig von einem anderen Finanzamt inder Umgebung von M. bearbeitet wird. Als „Beweis“für die unzutreffende Bearbeitung verweist die Peten-tin auf die rechtsirrige Änderung des Einkommen -

steuerbescheids für das Jahr 2005 und die Schätzungder Besteuerungsgrundlagen für den Grundsteuermess-bescheid.

So gab die Petentin in der Einkommensteuererklärung2005 die im Zusammenhang mit der Vermögensaus-einandersetzung entstandenen Kosten in Höhe von4.000 Euro als Scheidungskosten an. Das Finanzamtberücksichtigte diese Kosten erklärungsgemäß beiden außergewöhnlichen Belastungen. Im Rahmen derBearbeitung der Steuererklärung 2006 legte die Peten-tin auch Belege aus dem Jahr 2005 vor. Daraus warersichtlich, dass die in der Einkommensteuererklä -rung 2005 berücksichtigten Kosten keine Scheidungs-kosten, sondern nichtabziehbare Kosten der Vermö-gensauseinandersetzung waren. Das Finanzamt werte-te die Nichtvorlage der Belege bei Abgabe der Steuer -erklärung 2005 als Verletzung der Mitwirkungspflich-ten und änderte daraufhin den bereits bestandskräf -tigen Einkommensteuerbescheid 2005 nach § 173Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung, wobei es die außer-gewöhnlichen Belastungen um 4.000 Euro kürzte. Derhiergegen von der Petentin eingelegte Einspruch hatteErfolg und führte zur Rücknahme des geänderten Ein-kommensteuerbescheids 2005. Nach Abwägung allerUmstände kam die Rechtsbehelfsstelle des Finanz -amtes zu dem Ergebnis, die Verletzung der Mitwir-kungspflicht seitens der Petentin trete aufgrund dernicht eindeutigen Steuererklärungsvordrucke zurück.So unterscheiden die Vordrucke für die Steuer erklä -rung 2005 nicht eindeutig zwischen Scheidungskostenund Kosten der Vermögensauseinandersetzung. Daherhätte eine Änderung des bestandskräftigen Steuer -bescheids 2005 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenord-nung nicht erfolgen dürfen.

Bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung2006 stellte das Finanzamt ferner fest, dass die Peten-tin bei dem vermieteten Gebäude das Dachgeschossausgebaut und so die Wohnfläche vergrößert hatte.Hierüber wurde die Grundstückswertstelle des Fi-nanzamtes informiert. Eine Erweiterung der Wohn-fläche hat auch Auswirkungen auf die zu entrichtendeGrundsteuer, weshalb der Grundsteuermessbescheidnach einer Erweiterung der Wohnfläche entsprechendzu ändern ist. Das Finanzamt forderte deshalb die fürdie Ermittlung der Wohnfläche erforderlichen Unter-lagen bei der Petentin an. Die Petentin reichte die vonder Grundstückswertstelle geforderten Unterlagennicht ein und lehnte einen Ortsbesichtigungsterminab. Die Grundstückswertstelle schätzte daraufhin an-hand der Vorgaben der II. Berechnungsverordnung dieGesamtwohnfläche und änderte den Grundsteuermes-sbescheid ausgehend von der geschätzten Fläche. Erstim daran anschließenden Einspruchsverfahren legte diePetentin die erforderlichen Unterlagen vor und derGrundsteuermessbescheid wurde entsprechend zu ihrenGunsten geändert.

Rechtliche Würdigung:

1. Örtliche Zuständigkeit

Durch die Begründung des Wohnsitzes in Cr. und auf-grund der Tatsache, dass sich die Petentin nach eige-

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nen Angaben überwiegend in Cr. aufhält, liegt die ört-liche Zuständigkeit für das Besteuerungsverfahrenzweifelsfrei beim Finanzamt Ba. Die Aktenabgabewar daher zutreffend.

So ist nach § 19 Abs. 1 der Abgabenordnung für dieBesteuerung natürlicher Personen das Finanzamt ört-lich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtigeseinen Wohnsitz hat. Hat ein Steuerpflichtiger mehre-re Wohnsitze, ist der Wohnsitz maßgebend, an demsich der Steuerpflichtige überwiegend aufhält. Beiverheirateten Steuerpflichtigen, die nicht dauernd ge-trennt leben, ist der Wohnsitz maßgeblich, an demsich die Familie überwiegend aufhält. Da sich die Pe-tentin nach eigenen Angaben überwiegend in Cr. undnur noch gelegentlich in M. aufhält, ist die Zuständig-keit für die Besteuerung auf das Finanzamt Ba. über-gegangen. Eine Regelung, nach der sich der Steuer-pflichtige aussuchen darf, welches Finanzamt für sei-nen Steuerfall zuständig ist, gibt es nicht. Auch dieAusnahmeregelung für verheiratete Steuerpflichtigekommt im Fall der Petentin nicht zur Anwendung, dasie von ihrem Ehemann bereits seit längerem dauerndgetrennt lebt. Das Zusammenleben mit dem Lebens-gefährten, mit dem die Petentin nicht verheiratet ist,ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht vonBedeutung.

2. Einsprüche wegen Einkommensteuer 2006 und 2007

Wechselt die örtliche Zuständigkeit auf ein anderesFinanzamt, ist dieses Finanzamt für den gesamtenSteuerfall zuständig. Das gilt auch, soweit die Bear-beitung von Steuererklärungen oder Einsprüchen zumZeitpunkt der Aktenabgabe noch nicht abgeschlossenwar. In diesem Fall wird das neue Finanzamt auch fürdiese noch nicht abgeschlossenen Vorgänge zustän-dig. Die Einwendungen der Petentin in den noch nichtabgeschlossenen Einspruchsverfahren gegen die Steuer -bescheide 2006 und 2007 sind daher vom FinanzamtBa. zu bearbeiten. Aufgrund der bereits erfolgtenvollständigen Abgabe der Steuerakten für Veranla-gungszeiträume ab 2006 an das Finanzamt Ba. inBayern ist es nicht möglich, zu den Einwendungender Petentin im Einzelnen Stellung zu nehmen.

3. Bearbeitung durch das Finanzamt M.-N.

Die Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen unddie Erstellung des Grundsteuermessbescheids durchdas Finanzamt M.-N. sind nicht zu beanstanden. Inden beiden von der Petentin erwähnten Fällen hat diePetentin ihre Mitwirkungspflichten verletzt. Deshalbkonnte den Anliegen der Petentin in beiden Fällen erstim Einspruchsverfahren entsprochen werden.

Kosten im Zusammenhang mit einer Ehescheidungsind nur insoweit als außergewöhnliche Belastungenzu berücksichtigen, als sie auf die Scheidung selbstentfallen. Kosten, die im Zusammenhang mit der Ver-mögensauseinandersetzung anlässlich einer Eheschei-dung entstehen, sind dagegen nicht steuermindernd zuberücksichtigen. Die von der Petentin in der Einkom-mensteuererklärung 2005 angegebenen Kosten warenim Zusammenhang mit der Vermögensauseinander-

setzung entstanden. Die Nichtabzugsfähigkeit dieserKosten wurde durch die Vorlage der Rechnungen mitder Steuererklärung 2006 erst nachträglich bekannt.Da das Finanzamt bei der Bearbeitung der Steuer -erklärung 2005 keinen Anlass hatte, die glaubhaft ge-machten Angaben der Petentin anzuzweifeln, lagendem Grunde nach die Voraussetzungen für eine Än-derung des bestandskräftigen Steuerbescheids 2005nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung vor. Im Ein-spruchsverfahren kam die Rechtsbehelfsstelle des Fi-nanzamtes nach genauer Prüfung und Abwägung allerUmstände zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis,die Verletzung der Mitwirkungspflicht seitens der Pe-tentin trete aufgrund der nicht eindeutigen Steuer -erklärungsvordrucke zurück und hob den geändertenSteuerbescheid 2005 zugunsten der Petentin wiederauf. Eine die Petentin benachteiligende Bearbeitungs-weise kann hierin nicht gesehen werden.

Auch die nach der Wohnflächenerweiterung durchden Dachgeschossausbau erforderliche Änderung desGrundsteuermessbescheids war zunächst zutreffend,da die Petentin die angeforderten Unterlagen nichteinreichte und eine Ortsbegehung verweigerte. Da imEinspruchsverfahren die für die Ermittlung der genau-en Wohnfläche und daran anknüpfende Änderung desGrundsteuermessbescheids erforderlichen Unterlagenvon der Petentin eingereicht wurden, konnte derGrundsteuermessbescheid im Einspruchsverfahren zu -gunsten der Petentin geändert werden. Auch hier wur-de das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Nelius

9. Petition 14/4191 betr. Beschwerde über dieLandwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG)

I. Gegenstand der Petition

Der Petent bittet um Überprüfung der seiner Auffas-sung nach bürgerunfreundlich und rechtlich bedenk -lichen Arbeitsweise der Landwirtschaftlichen Berufs-genossenschaft (LBG) Baden-Württemberg. Diese habe ihm innerhalb weniger Wochen mehrere Be-scheide geschickt, in denen unzutreffenderweise be-hauptet würde, dass er in B. bzw. in Sch. einen forst-oder landwirtschaftlichen Betrieb führe, der für ihn eine Beitragspflicht bei der LBG auslöse.

II. Ergebnis der rechtlichen Überprüfung

Von der „Landschaftspflege Bi GbR“ aus B. wurdeder LBG eine Aufstellung zugesandt, welche Grund-stücke auf der Gemarkung Sch. zum 1. Mai 2008 alsSchafweide zur Nutzung übernommen wurden. Unteranderen waren der Petent und seine Ehefrau als Ei-gentümer aufgeführt. Am 19. Mai 2009 wurde des-

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halb an die Anschrift des Petenten ein Fragebogen ge-sandt, um zu klären, in welcher Weise und durch wendie benannten Grundstücke von insgesamt 100 Ar vordem 1. Mai 2008 bewirtschaftet oder gepflegt wur-den. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 wurde der Pe-tent an die Beantwortung des Schreibens vom 19. Mai2009 erinnert.

Mit Datum vom 25. August 2009 hat die LBG demPetenten den Bescheid über die Zuständigkeit derLBG sowie – unter Beachtung der Verjährungsfristendes § 25 SGB IV – den Beitragsbescheid für die Ge-schäftsjahre 2004 bis 2008 übersandt. Allerdings hatder Sachbearbeiter der LBG darin aufgrund einesVersehens fälschlicherweise B. (dem Sitz der „Land-schaftspflege Bi GbR“) und nicht Sch. (auf deren Ge-markung sich die benannten Grundstücke befinden)als Betriebssitz angegeben.

Gegen diese Bescheide hat der Petent am 3. Septem-ber 2009 Widerspruch eingelegt mit der Begründung,dass er auf der Gemarkung B. keine Grundstücke be-sitze. Mit Schreiben vom 8. September 2009 hat dieLBG den Eingang des Widerspruchs bestätigt undmitgeteilt, dass die zum Beitrag veranlagten Grund-stücke auf der Gemarkung Sch. liegen.

Soweit der Petent ausführt, dass er nicht Eigentümerder Grundstücke ist, trifft dies nicht zu. So haben dieErmittlungen der LBG beim zuständigen Grundbuch-amt ergeben, dass der Petent Miteigentümer einesGrundstücks auf der Gemarkung Sch. mit 26,04 Arist. Nachdem die Nutzung mit Gebäude- und Frei -fläche, Verkehrsfläche und Waldfläche angegebenwurde, war eine weitere Rückfrage beim Vermes-sungsamt R. notwendig. Von dort wurde der LBG einAuszug aus dem Liegenschaftskataster überlassen.Daraus erfolgte die Klassifizierung der 26,04 Ar Ge-samtfläche in 21,89 Ar Gebäude- und Freifläche – dienicht zur Beitragsveranlagung herangezogen werden –und 4,15 Ar beitragspflichtigen Wald.

Unternehmer landwirtschaftlicher Unternehmen biszu einer Größe von 0,25 ha können nach § 5 SGB VIIvon der Versicherung befreit werden. Da das als Waldklassifizierte Grundstück des Petenten nur 0,0415 haumfasst, hat die LBG den Petenten mit Schreiben vom18. Januar 2010 ausdrücklich darauf hingewiesen,dass er sich von der Versicherungspflicht befreien las-sen kann und ein entsprechendes Antragsformularübersandt. Gleichzeitig wurden die den Beitragsbe-scheiden für 2004 bis 2007 beigefügten Beitrags -berechnungen berichtigt, weil sich die von der LBGgetroffene Annahme, ein weiteres Grundstück mit 11 Ar befinde sich im Miteigentum des Petenten, alsunrichtig herausstellte. Dies hatte jedoch keine Aus-wirkungen auf die Beitragshöhe. Ebenfalls mit Schrei-ben vom 18. Januar 2010 hat die LBG gegen über demPetenten ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dassan ihn mehrere Bescheide erlassen wurden, ohne indi-viduell auf die vorliegenden Besonderheiten im Falldes Petenten einzugehen.

Nachdem der Petent gegenüber der LBG auch bestrit-ten hatte, dass die 4,15 Ar Fläche als Wald einzustu-fen sei, hat zwischenzeitlich eine nochmalige Ermitt-

lung der LBG beim Staatlichen Forstamt R. ergeben,dass es sich bei dem Flächenanteil von 0,0415 ha umGehölz und nicht – wie der LBG durch das Vermes-sungsamt in R. mitgeteilt worden war – um Wald imSinne des Landeswaldgesetzes Baden-Württemberghandelt. Die LBG hat daraufhin festgestellt, dass vomPetenten kein Unternehmen im Sinne der gesetzlichenUnfallversicherung betrieben wird und hat deshalbden Zuständigkeitsbescheid vom 20. November 2008und die Beitragsbescheide für die Geschäftsjahre2004 bis 2008 vom 20. November 2009 und 18. Januar2010 zurückgenommen.

Abschließend ist festzustellen, dass die Vorgehens-weise der LBG insoweit nicht korrekt war, als seitensder Sachbearbeitung eine Verwechslung bezüglichder Lage der Grundstücke sowie deren eigentums-und beitragsrechtlichen Zuordnung erfolgt ist und essomit zu einer wiederholten unzutreffenden Bescheid -erteilung gekommen ist. Allerdings hat es der Petentauch versäumt, die Anfrage der LBG vom 19. Mai2009 zu beantworten und damit frühzeitig zu einerKlärung des Sachverhaltes beizutragen.

Dem Anliegen des Petenten ist letztlich Rechnung ge-tragen. Er ist auch nicht beschwert, da er keinerleiBeitragszahlungen leisten muss. Die LBG war imRahmen des Verfahrens bemüht, die strittigen Punktezu klären, was ihr schließlich durch das Mitwirkendes Petenten gelungen ist. Insofern hat sich die Peti -tion erledigt.

Beschlussempfehlung:

Nachdem dem Anliegen des Petenten ent-sprochen wurde, wird die Petition für erle-digt erklärt.

Berichterstatterin: Neuenhaus

10. Petition 14/4000 betr. Beschwerde über das So-zialamt

Die Petentin wandte sich zunächst schriftlich an denPetitionsausschuss des Deutschen Bundestags, vondort wurde das Schreiben zuständigkeitshalber an denPetitionsausschuss des Landtags von Baden-Württem-berg gesandt.

Als Betreff nennt die Petentin eine Beschwerde gegendas Sozialamt der Stadt B. sowie gegen zwei nament-lich benannte Mitarbeiterinnen des Sozialamtes. Sieschildert Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mitihrem Mietverhältnis und Probleme beim Umgang mitihrem Vermieter. Im Verlauf des Streits mit dem Ver-mieter wurde von diesem veranlasst, dass zwei Be -amte des örtlichen Polizeivollzugsdienstes die Peten-tin aufsuchten, was die Petentin offenbar auch demSozialamt der Stadt zurechnet und was sie zu der Frage veranlasst, ob eine Angestellte des Sozialamtesund ein Vermieter ohne Grund die Polizei einschaltenkönnen.

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I. Sachverhalt

Die Petentin steht seit Jahren im Sozialleistungsbezug.Die Geldleistungen im Rahmen des Zweiten BuchesSozialgesetzbuch (SGB II) werden von der Arbeits -agentur der Kreisstadt R. bzw. vom Landkreis R. er-bracht. Im Rahmen der Beantragung dieser Leistungenhat die Petentin auch Kontakt zu den Bediensteten desSozialamtes der Stadt B. Bei allen beteiligten Behör-den sind keine Schwierigkeiten oder Unregelmäßig-keiten im Zusammenhang mit den Leistungen bekannt,es sind auch keine Rechtsbehelfsverfahren anhängig.Es gibt keine streitigen rechtlichen Fragen oder Dif-ferenzen im Rahmen der Leistungsgewäh rung nachSGB II oder SGB XII. Insoweit ist der Petition keinkonkretes Begehren zu entnehmen, was Ansprüche anöffentliche Stellen anbelangt. Gegenstand der Petitionist nur vordergründig das Sozialamt der Stadt B.

Die im Petitionsschreiben geschilderten Streitigkeitenzwischen der Petentin und ihrem Vermieter sind aus-schließlich privatrechtlicher Natur, die öffentlicheVerwaltung ist in keiner Weise beteiligt. Auch der polizeiliche Einsatz war ausschließlich durch denVermieter angestoßen, indem er mit vorgeschobenenArgumenten ein Tätigwerden der örtlichen Polizei-vollzugsstelle erzwungen hat. (Offenbar wollte er diePolizei zur Unterstützung für die Schlüsselübergabeeinsetzen. Nachdem dies abgelehnt wurde, äußerte erdie Vermutung, die Petentin würde möglicherweisedeswegen nicht zu vereinbarten Terminen erscheinen,weil sie hilflos in ihrer Wohnung liege. Daraufhinüberzeugten sich die Beamten davon, dass die Peten-tin wohlauf war. Der Polizeieinsatz erschöpfte sichaber in einem kurzen Besuch von zwei Beamten ander Wohnungstür der Petentin). Das Sozialamt derStadt B. war an diesem Einsatz in keiner Weise betei-ligt und hatte davon auch keine Kenntnis.

Das Sozialamt der Stadt war jedoch im Jahr 2007 beider Wohnungssuche der Petentin behilflich, nachdemdiese mehrmals, auch schriftlich, gebeten hatte, siebei der Wohnungssuche zu unterstützen, da ihre eige-ne Suche bislang erfolglos gewesen war. Daher ge-währte eine der Mitarbeiterinnen des Sozialamtsschließlich Unterstützung bei der Wohnungssuche – was über die eigentlichen Aufgaben des Sozialam-tes hinausgeht – und stellte den Kontakt her zu demVermieter, der dem Sozialamt bekannt war, da erschon mehrmals Wohnungen an Leistungsempfängervermietet hatte. Das Mietverhältnis gestaltete sich auf-grund verschiedener Umstände mit der Zeit schwierig,und die genannte Mitarbeiterin des Sozialamtes wurdevom Vermieter gebeten, an einem Gespräch mit derPetentin vermittelnd teilzunehmen, wozu sie sich auchbereit erklärte.

Aufgrund dieser vermittelnden Tätigkeit der Mitarbei-terin des Sozialamtes wird das Sozialamt von der Pe-tentin offenbar auch mit dem Polizeieinsatz in Ver-bindung gebracht.

Die zweite Mitarbeiterin, die von der Petentin kriti-siert wird, befindet sich derzeit im Mutterschutz. Siewar zum Zeitpunkt des Vorfalls jedoch schon seitüber 10 Jahren im Sozialamt tätig und hat ihre Auf -

gaben immer sachlich und mit menschlichem Engage-ment ausgeführt. Während der ganzen Zeit hat es bis-lang keine solche Beschwerde über sie gegeben.

II. Ergebnis der rechtlichen Überprüfung

Da keine leistungsrechtlichen Fragen bzw. Ansprüchestreitig sind, ist die Petition im Grunde gegenstands-los. Die Streitigkeiten der Petentin mit ihrem Vermie-ter sind rein privatrechtlicher Natur. Auch an dem Polizeieinsatz, der vom Vermieter veranlasst wurde,waren die Stadt bzw. ihre Bediensteten nicht beteiligtund hatten davon keine Kenntnis. Die Beschwerde ge-gen zwei Mitarbeiterinnen der Stadt B. ist insoweitnicht begründet. Nach Auskunft des Dienstvorgesetz-ten der Mitarbeiterinnen gibt es keinen Anlass, amVerhalten und an der Aufgabenerfüllung der benann-ten Mitarbeiterinnen zu zweifeln.

Beschlussempfehlung:

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann derPetition nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Oelmayer

11. Petition 14/4217 betr. Strafvollzug

Der 60-jährige Petent befindet sich seit dem 12. Sep-tember 2008 in Haft in der Justizvollzugsanstalt R.,wo er mehrere von verschiedenen Gerichten verhäng-te Freiheitsstrafen, u. a. wegen mehrerer Betrugstaten,verbüßt. Das Ende der Strafzeit ist auf den 28. Feb -ruar 2011 notiert.

Der Petent beanstandet, von der JustizvollzugsanstaltR. bei der Versorgung mit einer neuen Brille benach-teiligt zu werden. Die Anstaltsleitung habe ihm wegenbestehender Pfändungen verweigert, die von ihm ge-wünschte Brille von seinem Eigengeld zu bezahlen(1.). Außerdem habe man abgelehnt, den Petenten zuden von ihm bevorzugten Optikergeschäften aus zu -führen, obwohl er die gewünschte Brille dort zu ei-nem geringeren Preis erhalten könnte (2.).

Zu 1.:

Aufgrund einer augenärztlichen Brillenverordnungwar der Petent im Juli 2009 zu einem Augenoptikerausgeführt worden. Dort hatte er sich eigenmächtigfür eine Brille mit einer Ausstattung – u. a. getöntenGläsern – entschieden, die das medizinisch Notwendi-ge überstieg und daher erheblich mehr kosten sollte.Gefangene haben die Kosten einer Sehhilfe selbst zutragen. Medizinisch nicht erforderliche Ausgabenwürden daher den berechtigten Interessen der Gläubi-ger, die im Fall des Petenten Forderungspfändungenin Höhe von rund 17.000 Euro bewirkt haben, in un-vertretbarer Weise zuwiderlaufen. Die Bezahlung einersolchen Brillenausstattung mit Eigengeld des Petentenkonnte daher nicht genehmigt werden.

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Zur Lösung des Problems schlug der zuständige Voll-zugsleiter dem Petenten vor, den nötigen Betrag unterZurückstellung anderer Bedürfnisse von seinem (un-pfändbaren) Hausgeld anzusparen. Dies hat der Petentabgelehnt.

Aus der neuesten augenärztlichen Untersuchung vom22. Januar 2010 ergibt sich ausdrücklich, dass der Petent aus medizinischen Gründen keine getöntenBrillengläser benötigt.

Zu 2.:

Den Petenten zu den von ihm gewünschten Optiker-geschäften auszuführen, ist aus Sicherheitsgründennicht möglich, da sich diese in der Innenstadt von R.in einer Fußgängerzone befinden. Parkmöglichkeitenbestehen nur in größerer Entfernung, sodass ein län-gerer Fußweg durch die belebte Fußgängerzone un-vermeidlich wäre. Dies ist unter dem Gesichtspunktder Sicherheit nicht vertretbar. In einem gewissenRahmen müssen daher die Mehrkosten, die durch denBesuch eines anderen Optikergeschäfts entstehen, inKauf genommen werden.

Die Vorgehensweise der Justizvollzugsanstalt ist nichtzu beanstanden.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Oelmayer

12. Petition 14/4258 betr. Unterbringung im ZfP,Gnadengesuch

Der Petent ist aufgrund gerichtlicher Anordnung imZentrum für Psychiatrie S. untergebracht. Mit der Pe-tition begehrt er eine Überprüfung seiner Medikationund eine Verlegung in eine Wohngruppe.

Der Petent befindet sich seit 14. Mai 1998 in statio -närer Behandlung im Zentrum für Psychiatrie S.,zunächst einstweilig nach § 126 a StPO. Mit Urteilvom 20. Juli 1999 ordnete das Landgericht T. wegenTotschlags seine Unterbringung nach § 63 StGB an.Laut Urteil hatte der Petent am 30. April 1998 imPflegeheim S. einem Mitbewohner im Verlauf einesStreites so stark gegen den Hals geschlagen und denKopf des Geschädigten mehrmals kräftig gegen eineTischkante geschlagen, dass dieser an den Folgen einer massiven Hirnblutung starb.

a) Zu den Vorwürfen bezüglich der medikamentösenTherapie teilt das Zentrum für Psychiatrie S. mit,dass die verabreichte Medikation aufgrund der psy-chotischen Symptomatik notwendig und sachge-recht ist. Eine tragfähige Krankheits- und Behand-lungseinsicht ist bei dem Petenten nicht vorhanden.Im Zentrum für Psychiatrie S. akzeptiert er die Me-dikation jedoch überwiegend widerspruchslos. Essind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die ord-

nungsgemäße ärztliche Behandlung im ZfP S. inZweifel ziehen.

b) Der Petent äußert den Wunsch, dass er in die Frei-heit in eine Wohngruppe in St. oder Umgebungwolle. Das Zentrum für Psychiatrie S. hat mitge-teilt, dass seit Herbst 2009 Planungen für eine Be-urlaubung des Petenten zu einer extramularen Be -lastungserprobung (zur Vorbereitung einer späterenbedingten Entlassung) im Raum St. stattfinden.Trotz der problematischen Vorgeschichte des Pe-tenten hat das ZfP S. eine geeignete psychiatrischeNachsorgeeinrichtung in St. ausfindig gemacht, dieden Petenten grundsätzlich aufnehmen würde. Da-zu bedarf es noch der Klärung der Fragen der re-gionalen Zuständigkeit der Einrichtung und derspäteren Kostenübernahme.

Beschlussempfehlung:

Die Petition wird mit diesen Ausführungenfür erledigt erklärt. Darüber hinaus kann derPetition bei dieser Sach- und Rechtslagenicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Oelmayer

13. Petition 14/4169 betr. Gesetzesänderung, § 9 aLJKG

Der Petent begehrt die Aufhebung von § 9 a des Lan-desjustizkostengesetzes (LJKG) und damit die Ein-stellung des Projekts „Forderungsmanagement für dieJustiz“.

Mit § 9 a LJKG hat der Landtag von Baden-Württem-berg die datenschutzrechtliche Ermächtigungsgrund-lage für die Beteiligung privater Unternehmen beimForderungseinzug für die Justiz geschaffen (LT-Drs.14/2896 und 14/3328). Auf Grundlage dieser aus-drücklichen gesetzlichen Ermächtigung sind die mitder Beteiligung Privater beim Forderungseinzug ver-bundenen Eingriffe in das Grundrecht auf informatio-nelle Selbstbestimmung der Schuldner rechtlich zu -lässig. Die Gerichtskostenschuldner werden rechtzei-tig vor der Datenübermittlung auf diese spezielle ge-setzliche Regelung besonders hingewiesen. Sie müs-sen deshalb damit rechnen, dass ihre einem Gerichtoffenbarten persönlichen Daten im Rahmen des Ein-zugs von Justizforderungen an ein privates Unterneh-men übermittelt werden, falls sie ihrer Zahlungs-pflicht weiterhin nicht nachkommen sollten.

In dem auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt werdenim Bereich des staatlichen Forderungsmanagementsfür die Justiz Effizienzsteigerungsmöglichkeiten durchEinbindung privater, auf Forderungseinziehung spe-zialisierter Unternehmen untersucht. Gegenstand desProjektes ist der Einzug niedergeschlagener Forderun-gen und die Abwicklung von Prozess- oder Verfah-renskostenhilfefällen. Die Landesregierung hat überdas Pilotprojekt zuletzt mit Schreiben vom 29. Juni2009 berichtet (LT-Drs. 14/4744).

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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 6408

Inzwischen wurde noch im 3. Quartal 2009 der Pro-duktivbetrieb aufgenommen und sind die von der Lan -desoberkasse Baden-Württemberg (LOK) seit 1. Ja-nuar 2006 niedergeschlagenen Forderungen, mehr als60.000 Fälle, an die Firma i. F. GmbH übergebenworden. Die aufgrund von § 9 a Abs. 5 LJKG durch-geführte Vorabinformation der Schuldner hat bereitszu Zahlungseingängen in Höhe von rd. 140.000 Eurogeführt. Schon daran zeigt sich, dass es lohnt, nieder-geschlagene Forderungen nach gewisser Zeit wiederaufzugreifen.

Nach ersten belastbaren Zahlen zum Einziehungser-folg erfüllt das Projekt schon in der Anfangsphase dieErwartungen. Bereits beim ersten Durchlauf der ver-schiedenen Mahnstufen konnten – Stand: 25. Januar2010 – Zahlungseingänge in Höhe von rd. 107.000Euro realisiert werden. Und täglich werden es ca.3.500 € mehr.

Der Petent ist von dem Projekt unmittelbar betroffen.Eine von der LOK zunächst niedergeschlagene Kos -tenforderung aus einem gerichtlichen Verfahren wurdeim Rahmen des Projekts an die Firma i. zur wei terenBearbeitung abgegeben. Von dort erhielt der Petent eine erneute Zahlungsaufforderung über 367,– Euro,die Anlass für die Petition war. Durch die Niederschla-gung erlischt der Anspruch nicht; die weitere Rechts-verfolgung ist gerade nicht ausgeschlossen.

Dem Petenten kann auch im Interesse einer Gleichbe-handlung mit anderen Kostenschuldnern zugemutetwerden, die gegen ihn seit längerer Zeit bestehendeKostenforderung zu begleichen. Auf Antrag kann dieFirma i. dem Petenten Zahlungserleichterungen be-willigen.

Das Projekt wird auf einer eigenständigen belastbarenRechtsgrundlage durchgeführt. Gründe, die gegen dieFortführung des Projekts sprechen könnten, sind auchnach dem weiteren Vorbringen des Petenten nicht er-sichtlich.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatterin: Razavi

14. Petition 14/4273 betr. Befristung der Wirkun-gen der Abschiebung, Aufenthaltstitel

Der Petent begehrt, dass die Wirkungen seiner Ab-schiebung befristet und ihm die Möglichkeit gegebenwird, die durch die Abschiebung entstandenen Kostenerst nach seiner Einreise in das Bundesgebiet zu er-statten.

Der Petent, ein 41-jähriger kosovarischer Staatsan-gehöriger, reiste im Mai 1999 in das Bundesgebietein. Nach mehreren erfolglosen Asylverfahren wurdeer im Dezember 2007 in den Kosovo abgeschoben.Hierdurch sind Kosten in Höhe von 2.009,43 Euro

entstanden, die das zuständige Regierungspräsidiummit Leistungsbescheid vom März 2009 geltend ge-macht hat.

Zum Zeitpunkt der Abschiebung hatte der Petent miteiner damals noch mit einem Deutschen verheiratetenkosovarischen Staatsangehörigen eine Beziehung, ausder ein im Januar 2007 geborenes Kind hervorgegan-gen ist, für welches er die Vaterschaft anerkannt hat.Im September 2008 schloss der Petent im Kosovo mitder Kindesmutter, nachdem sich diese von ihremdeutschen Ehemann hat scheiden lassen, die Ehe. DieEhefrau wohnt zusammen mit dem gemeinsamenKind in einem anderen Bundesland und besitzt, abge-leitet von ihrem früheren deutschen Ehemann, eineNiederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 des Aufent-haltsgesetzes (AufenthG).

Im September 2008 beantragte der Petent bei der Aus-länderbehörde des anderen Bundeslandes die Befris -tung der Abschiebungswirkungen. Er machte geltend,dass er mit seiner Ehefrau und seinem Kind zusam-menleben wolle.

Die Ausländerbehörde beteiligte vor ihrer Entschei-dung die untere Ausländerbehörde in Baden-Würt-temberg, in deren Zuständigkeitsbereich der Petentzum Zeitpunkt der Abschiebung gewohnt hatte. Diesemachte ihr Einvernehmen zur Befristung der Abschie-bungswirkungen davon abhängig, dass vor der Wie-dereinreise die Abschiebungskosten erstattet werden.Darauf teilte der Petent mit, er könne diese Kostenerst begleichen, wenn er im Bundesgebiet einer Er-werbstätigkeit nachgehe und beantragte zugleich, sei-ne Wiedereinreise nicht von der Zahlung der Abschie-bungskosten abhängig zu machen. Im April 2009lehnte die Ausländerbehörde des anderen Bundeslan-des den Antrag auf Befristung der Abschiebungswir-kungen u. a. mit der Begründung ab, die ba den-würt-tembergische Ausländerbehörde habe das erforder -liche Einvernehmen nicht erteilt. Über die dagegen er-hobene Klage ist noch nicht entschieden.

Im September 2009 beantragte der Petent ein Visumzur Familienzusammenführung. Die Entscheidung überdiesen Antrag steht ebenfalls noch aus.

Strafrechtlich ist der Petent bislang ein Mal in Er-scheinung getreten: Im Februar 2003 erfolgte eineVerurteilung zu 30 Tagessätzen wegen gefährlicherKörperverletzung.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer,der abgeschoben worden ist, nicht erneut in das Bun-desgebiet einreisen und sich darin aufhalten. DieseWirkungen werden auf Antrag in der Regel befristet(§ 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG).

Für die Entscheidung über den Antrag auf Befristungder Abschiebungswirkungen ist die Ausländerbehördedes anderen Bundeslandes zuständig, bei der der Petentden Antrag gestellt hat. Nach § 72 Abs. 3 AufenthGdürfen jedoch Befristungen nach § 11 Abs. 1 Satz 3AufenthG von einer anderen Behörde nur im Einver-nehmen mit der Behörde, die die Maßnahme angeord-net hat, geändert werden. Auch die erstmalige Befris -tung einer Wiedereinreisesperre durch eine andere

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Behörde als diejenige Behörde, die die aufenthaltsbe-endende Maßnahme verfügt hat, bedarf in sinnge mäßerAnwendung von § 72 Abs. 3 AufenthG des Einverneh-mes (Nr. 72.3.1.3 der Verwaltungsvorschrift zum Auf-enthaltsgesetz [AufenthG-VwV]).

Zwar erfolgte die Abschiebung des Petenten durchdas Regierungspräsidium. Nach § 9 Abs. 2 der Ver-ordnung der Landesregierung und des Innenministe -riums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsge-setz, dem Asylverfahrensgesetz und dem Flüchtlings-aufnahmegesetz sowie über die Verteilung unerlaubteingereister Ausländer (Aufenthalts- und Asyl-Zu-ständigkeitsverordnung – AAZuVO) sind für die Ent-scheidung über Befristungsanträge von Ausländern,die ohne Ausweisung abgeschoben oder zurückge-schoben wurden, jedoch die unteren Ausländerbehör-den zuständig. Die Befristung der Abschiebungswir-kungen bedarf daher des Einvernehmens mit der ba -den-württembergischen unteren Ausländerbehörde, dieihrerseits bei noch offenen Abschiebungskosten dieZustimmung des Regierungspräsidiums, welches dieAbschiebung durchgeführt hat, einholen muss.

Die Wirkungen der Abschiebung werden in der Regelbefristet, d. h. von der Regelbefristung darf nur abge-sehen werden, wenn im konkreten Einzelfall beson -dere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, dieSperrwirkungen unbefristet bestehen zu lassen. Solchebesonderen Umstände liegen vor, wenn der Ausländerin so hohem Maße eine Gefährdung öffentlicher Inte -ressen darstellt, dass eine dauernde Fernhaltung vomBundesgebiet geboten ist. Ein solcher Fall kann nachder Rechtsprechung auch angenommen werden, solan-ge der Ausländer die Kosten der Abschiebung nichtbezahlt hat. Es besteht ein durchgreifendes und ge-wichtiges öffentliches Interesse, dem abgeschobenenAusländer erst dann wieder die Einreise in das Bun-desgebiet zu ermöglichen, wenn das vorangegangeneVerfahren zur Aufenthaltsbeendigung vollständig ab-gewickelt ist und die Allgemeinheit nicht mehr mitden Kosten belastet ist, die durch die Abschiebung desbetreffenden Ausländers entstanden sind.

Dementsprechend schreibt Nr. 11.1.4.4 AufenthG-VwV vor, dass die Befristung davon abhängig ge-macht werden soll, dass die Zurückschiebungs- oderAbschiebungskosten oder sonstige während seinesAufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland fürden Ausländer aufgewandten öffentlichen Mittel er-stattet werden, zu deren Erstattung der Ausländer ver-pflichtet ist. § 66 Abs. 1 AufenthG bestimmt, dass derAusländer u. a. Kosten, die durch die Abschiebungentstehen, zu tragen hat. Lediglich bei deutschverhei-rateten Ausländern tragen finanzielle Erwägungen dieAblehnung eines Regelbefristungsantrags für sich allein nicht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Abgesehen davon sind keine gewichtigen Gründe gel-tend gemacht worden, die ein Abweichen vom Regel-fall rechtfertigen würden. Hinzu kommt, dass es derPetent nach seiner Einreise angesichts der gegenwär -tigen Wirtschaftslage schwer haben wird, eine Er-werbsmöglichkeit zu finden und die hohe Wahr-scheinlichkeit besteht, dass er seinen Zahlungsver-pflichtungen nicht nachkommen kann. Es liegt viel-

mehr nahe, dass er – wie seine Ehefrau – auf öffent -liche Leistungen angewiesen sein wird. Bereitswährend seines früheren Aufenthalts im Bundesgebietging der Petent keiner Erwerbstätigkeit nach. Sein Lebensunterhalt wurde mit Leistungen nach demAsyl bewerberleistungsgesetz bestritten. Angesichts derfehlenden Sicherung des Lebensunterhalts hat der Pe-tent auch aktuell keinen Anspruch auf Erteilung einerAufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennach-zugs (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG).

Auch der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe undFamilie steht dieser Entscheidung nicht entgegen. Eskann dem Petenten bzw. der Ehefrau und dem Kindzugemutet werden, die familiäre Lebensgemeinschaftim gemeinsamen Heimatland zu begründen.

Der Petent hat den überwiegenden Teil seines Lebensim Kosovo verbracht und sich von seiner Einreise imJahr 1999 bis zu seiner Abschiebung im Jahr 2007 allein aufgrund erfolgloser Asylverfahren im Bundes-gebiet aufgehalten. Ein schützenswertes Vertrauen aufeinen Daueraufenthalt in Deutschland konnte er dahernicht entwickeln, sodass ihm ein Leben im Kosovo – jedenfalls solange die Abschiebungskosten nochnicht beglichen sind – zumutbar ist.

Das Gleiche gilt für die familiäre Lebensgemeinschaftdes Petenten. Die Ehefrau hält sich zwar bereits seitelf Jahren im Bundesgebiet auf. Ihre Niederlassungs-erlaubnis erhielt sie jedoch nur aufgrund einer Ehemit einem Deutschen, die inzwischen wieder geschie-den ist, und zu einem Zeitpunkt, zu dem sie bereitsmit dem Petenten zumindest ein Verhältnis hatte. Diewirtschaftliche Integration ist ihr trotz des langjähri-gen Aufenthalts im Bundesgebiet bislang nicht gelun-gen, da sie ihren und den Lebensunterhalt des Kindesausschließlich mit öffentlichen Mitteln bestreitet. Voneiner tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebietkann daher im Ergebnis nicht ausgegangen werden.Auch der erst dreijährigen Tochter ist trotz ihres Auf-wachsens in Deutschland die Herstellung der fami-liären Lebensgemeinschaft im Kosovo oder ein Ver-bleib in Deutschland bei ihrer Mutter ohne den Peten-ten – jedenfalls solange die Abschiebungskosten nochnicht beglichen sind – zuzumuten.

Im Übrigen war dem Petenten und seiner Ehefrauzum Zeitpunkt der Eheschließung im September 2008durchaus bewußt, dass die erfolgte Abschiebung zu -nächst einem gemeinsamen Zusammenleben im Bun-desgebiet entgegenstehen wird. Das beweist die um-gehende Antragstellung hinsichtlich der Befristungder Wirkungen der Abschiebung nach der Heirat. In-soweit war die Ehe von Anfang an geprägt von denausländerrechtlichen Beschränkungen, denen sie un-terliegt.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatterin: Razavi

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15. Petition 14/4274 betr. Gerechte Bezahlung imSchuldienst des Landes

Die Petentin wurde am 5. September 2008 als Grund-und Hauptschullehrerin unbefristet in den öffentlichenSchuldienst eingestellt. Sie begehrt mit ihrer Petition eine höhere Einstufung als Stufe 2 der Entgeltgruppe 11des TV-L. Sie begründet dies mit einem Vergleich zurBeamtenbesoldung.

Die am 20. Juni 1961 geborene Petentin erlangte 1977die Mittlere Reife und absolvierte danach eine Ausbil-dung als medizinisch-kaufmännische Arztassistentin.In den Jahren von 1982 bis 1991 war die Petentin so-dann bei verschiedenen privaten Arbeitgebern alsArzthelferin tätig, ehe sie von 1992 bis 1997 in Er -ziehungsurlaub ging. Von 1998 bis 1999 arbeitete sieerneut als Arzthelferin. Im Anschluss an diese Be-schäftigung holte die Petentin an einer GewerblichenSchule ihre Fachhochschulreife nach, bevor sie imSeptember 2001 an der Pädagogischen Hochschuleihr Lehramtsstudium aufnahm. Dieses beendete sieam 4. Juli 2005 mit der ersten Staatsprüfung für dasLehramt an Grund- und Hauptschulen. Am 1. Februar2006 wurde die Petentin sodann zum Vorbereitungs-dienst für das Lehramt an Grund- und Hauptschulenmit den Ausbildungsfächern Deutsch und Englischzugelassen, den sie im Juli 2007 erfolgreich ab-schloss. Von September 2007 bis September 2008war sie als Lehrbeauftragte an der PH tätig.

Bei ihrer unbefristeten Einstellung in den öffentlichenSchuldienst zum 5. September 2008 mit einem halbenDeputat (14/28 Wochenstunden) war sie 47 Jahre alt.Als Laufbahnbewerberin mit erster und zweiter Lehr-amtsprüfung wurde sie in die Entgeltgruppe E 11 ein-gruppiert. Zunächst erfolgte eine Zuordnung zur Stufe 1,nach Vorlage entsprechender Nachweise über die ein-jährige Tätigkeit an der PH eine Zuordnung zur Stufe2. Seit Beginn des Schuljahres 2009/2010 beträgt dasDeputat der Petentin 15/28 Wochenstunden. Der mo-natliche Bruttoverdienst bei diesem Beschäftigungs-umfang betrug in Entgeltgruppe 11 Stufe 2 im Feb -ruar diesen Jahres 1.528,74 €. Eine weitere Deputats-aufstockung für das kommende Schuljahr 2010/ 2011auf 21/28 Wochenstunden wurde bereits am 19. Janu-ar 2010 bewilligt. Die o. g. Tätigkeit am Seminar führtsie seither im Rahmen eines 400-Euro-Jobs fort.

Die Petentin hat ihr Anliegen, die Zeiten ihrer Arzt -helferinnentätigkeit sowie des Referendariats eben-falls auf die Stufenzuordnung anzurechnen, in derVergangenheit bereits mehrfach erfolglos sowohl derSozialministerin, dem Finanzminister, dem Kultus -minister, dem Ministerpräsidenten sowie der Bundes-familienministerin vorgetragen.

Eine Verbeamtung der Petentin konnte aufgrund ihresLebensalters von 47 Jahren bei der Einstellung nichtvorgenommen werden.

Nachdem sie bereits im ersten Jahr des Vorberei-tungsdienstes das 45. Lebensjahr vollendet hatte, hät-te ihr bewusst sein müssen, dass eine spätere Verbe-amtung aufgrund ihres Lebensalters nicht möglichsein würde.

Die Höchstaltersgrenze für eine Verbeamtung wurdevom Finanzministerium in der Verwaltungsvorschriftzu § 48 Landeshaushaltsordnung auf das vollendete40. Lebensjahr festgelegt. Nur für besonders begrün-dete Ausnahmefälle hat das Finanzministerium allge-mein die Einwilligung erteilt, auch Bewerberinnenund Bewerber bis zum vollendeten 45. Lebensjahr inein Beamtenverhältnis zu übernehmen. Auch dieseAltersgrenze hatte die Petentin bei ihrer Einstellungzum Schuljahr 2008/2009 bereits überschritten. Siewurde daher als tarifbeschäftigte Lehrkraft in Entgelt-gruppe 11 eingestellt. Streitig ist lediglich die Stufen-zuordnung innerhalb dieser Entgeltgruppe.

Nach dem TV-L haben familienstand- und kinderbe-zogene Elemente, die sich früher zu Zeiten des BATim Ortszuschlag niedergeschlagen hatten, keine Be-deutung mehr für das monatliche Entgelt; dasselbegilt für das Lebensalter der Beschäftigten.

Hinsichtlich der Stufenzuordnung wird vielmehr aufdie bereits erworbene Berufserfahrung in der übertra-genen Tätigkeit abgestellt.

Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 TV-L kommt es beider Einstellung darauf an, ob der bzw. die Beschäftig-te bereits eine einschlägige Berufserfahrung von min-destens einem Jahr in einem früheren Arbeitsverhält-nis erworben hat. Eine einschlägige Berufserfahrungim tarifrechtlichen Sinne kann nur dann angenommenwerden, wenn die frühere Tätigkeit der derzeitigen inder Wertigkeit der Eingruppierung entspricht. Ent-scheidend ist, dass beide Tätigkeiten von Aufgaben-zuschnitt und Niveau zumindest gleichartig sein müs-sen. Der Petentin wurde folglich das Jahr, in dem sieals Lehrbeauftragte an der PH tätig war, bei der Stu-fenzuordnung angerechnet, weshalb sie der Stufe 2zugeordnet werden konnte.

Zeiten einer Berufstätigkeit, die vor dem für die Ein-stellung in Entgeltgruppe 11 maßgeblichen Abschlussliegen, können hingegen keine Berücksichtigung fin-den, da sie das Merkmal der Gleichwertigkeit nichterfüllen. Die Zeiten der Petentin als Arzthelferin ent-sprechen weder vom Aufgabenzuschnitt noch vomNiveau der jetzigen Lehrertätigkeit und scheiden da-her für eine Anrechnung bei der Stufenzuordnung aus.

Auch eine Berücksichtigung als förderliche Zeiteni. S. d. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L kommt hier unter meh-reren Aspekten nicht in Betracht. Bei der Petentinhandelt es sich um eine Grund- und Hauptschullehre-rin. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Einstel-lungsquoten kann bei dieser Lehrergruppe nicht, wievon § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L gefordert, von einem be-sonderen Personaldeckungsbedarf ausgegangen wer-den. Auch ist die Berufserfahrung als Arzthelferin fürdie jetzige Unterrichtstätigkeit als Lehrkraft nicht för-derlich im tariflichen Sinne. Förderliche Zeiten liegenin erster Linie dann vor, wenn die frühere Tätigkeitmit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusam-menhang steht und Kenntnisse sowie Fertigkeiten fürdie Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundigvon Nutzen sind. In Verbindung mit dem Merkmalder Deckung des Personalbedarfs müssen diese Zeitenletztlich Voraussetzung für die Entscheidung zur Ein-

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stellung des/der Beschäftigten gewesen sein. DieArzt helferinnentätigkeit steht weder im sachlichenZusammenhang mit der jetzigen Tätigkeit als Lehr-kraft noch waren diese Vorerfahrungen ausschlag -gebend für die Einstellung in den öffentlichen Schul-dienst.

Die Anerkennung der Zeit des Referendariats als ein-schlägige Berufserfahrung ist ebenfalls aus tarifrecht-lichen Gründen nicht möglich. Ausbildungszeiten füreinen berufsqualifizierenden Abschluss erfüllen dasErfordernis der einschlägigen Berufserfahrung grund -sätzlich nicht. Auch die Regelung des § 44 Nr. 2 a TV-L kommt im Fall der Petentin aus zweierlei Grün-den nicht zum Tragen. Nach dieser Vorschrift wirddie zur Vorbereitung auf den Lehrerberuf abgeleisteteZeit des Referendariats oder des Vorbereitungsdiens -tes im Umfang von sechs Monaten auf die Stufenlauf-zeit der Stufe 1 angerechnet, wenn das Arbeitsverhält-nis der Lehrkraft ab dem 1. März 2009 oder späterneu begründet wurde. Zum einen wurde die Petentinbereits im September 2008 eingestellt und damit deut-lich vor dem Stichtag des 1. März 2009, zum anderenführt diese Regelung nur zu einer Verkürzung derLaufzeit in Stufe 1. Die Petentin wurde jedoch bereitsder Stufe 2 zugeordnet.

Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass sich die ver-gleichsweise niedrige monatliche Nettovergütung hiervor allem aus der von der Petentin gewählten Steuer-klasse V ergibt. Überdies wirkt sich bei der Petentinihr zusätzliches 400-Euro-Beschäftigungsverhältnismit dem Land bei der Ermittlung der monatlichenNettovergütung mindernd aus, da dieser Zusatzver-dienst bei der Erhebung der Lohnsteuer für die Haupt-tätigkeit als Lehrkraft Berücksichtigung findet.

Schließlich ist zu beachten, dass die Petentin eineTeilzeitbeschäftigung ausübt. Bei einem vollen Depu-tat würde die Petentin ab März 2010 ein monatlichesBruttoentgelt von 2.889,06 € erhalten.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatterin: Razavi

16. Petition 14/4283 betr. Schulwesen

Die Petentin begehrt, das Thema ‚Kinderrechte‘ imSachkundeunterricht der Grundschule und im Poli-tikunterricht der weiterführenden Schulen zu veran-kern, damit die Kinder und Jugendlichen zu mündigenBürgern erzogen werden und gerechte Demokratiepraktiziert werden kann.

Die baden-württembergischen Bildungspläne von 2004für die allgemein bildenden Schulen basieren aufschulformspezifischen Bildungsstandards. Diese be-nennen fachliche und überfachliche Kompetenzen fürein Fach oder einen Fächerverbund und weisen auchverpflichtende Inhalte aus. Die Bildungsstandards be-

schreiben, was Schülerinnen und Schüler am Ende eines Bildungsabschnittes können sollen.

In allen Schularten der allgemein bildenden SchulenBaden-Württembergs wurden einzelne Fächer zuFächerverbünden zusammengefasst, weshalb es dieFächer ‚Heimat- und Sachunterricht‘ in der Grund-schule und ‚Politikunterricht‘ in den weiterführendenSchulen als alleinstehende Fächer nicht mehr gibt.

Das Thema ‚Kinderrechte‘ ist in Baden-Württembergals verpflichtender Inhalt in den Bildungsstandardsdes Fächerverbundes ‚Mensch, Natur und Kultur‘ inden Klassenstufen 3/4 vorgesehen. Im Kompetenzfeld„Kinder dieser Welt: Sich informieren, sich verständi-gen, sich verstehen“ werden die Kenntnisse von Be-sonderheiten, Unterschieden und Gemeinsamkeitenvon Kulturen und der Rechte von Menschen undGruppen als zu erreichende Kompetenzen festgelegt.Diese Kompetenzen sollen anhand des Themas ‚Kin-derrechte‘ erreicht werden. Das Thema ‚Kinderrechte‘wird spiralcurricular, also auf höherem Niveau underweitert, in den weiterführenden Schulen aufgegrif-fen und zu Inhalten wie ‚Menschenrechte‘, ‚Jugend-schutz‘ und ‚Demokratie leben‘ ausgeweitet. ‚Kinder-und Menschenrechte‘ werden auch im Zusammen-hang mit verwandten Themen, wie z. B. ‚Gewaltfrei-heit‘, ‚Toleranz und Frieden‘ und ‚Lebensformen vonKindern in anderen Ländern kennen und verstehenlernen‘, behandelt. Leitgedanken und Kompetenzenzu diesen Themenfeldern sind in den Bildungsplänender weiterführenden Schularten verankert. Sie werdenvor allem in Ethik, evangelischer und katholischerReligion und in den Fächerverbünden ‚Welt-Zeit-Ge-sellschaft (WZG)‘ in der Hauptschule, ‚Erdkunde-Wirtschaftskunde-Gemeinschaftskunde (EWG)‘ in derRealschule und ‚Geographie-Wirtschaft-Gemeinschafts -kunde (GWG)‘ im Gymnasium behandelt.

Es gehört zu den vordringlichsten Aufgaben derSchule, junge Menschen zu selbstverantwortlichemund demokratischem Handeln in der Gesellschaft zubefähigen. Neben der Vermittlung von Kenntnissenüber politische, historische, gesellschaftliche undwirtschaftliche Strukturen und Entwicklungen gehtes vor allem darum, bei Schülerinnen und Schülerndie Erfahrung von Zugehörigkeit, Anerkennung undVerantwortung in schulischer Gemeinschaft zu ent-wickeln. In diesem Zusammenhang wird Schülerin-nen und Schülern Demokratie in unmittelbarer schu-lischer Mitwirkung z. B. über die Schülermitverant-wortung, den Klassenrat, eine Schulverfassung, Ko-operationen mit außerschulischen Partnern oder Pa-tenschaften altersgemäß ebenso erfahrbar gemacht,wie als Gesellschafts- und Regierungsform. Unter-richtsziel ist es dabei, die Konflikt-, Kritik- und Ent-scheidungsfähigkeit als Voraussetzung für demokra-tisches Handeln zu fördern.

Mit den Bildungsplänen von 2004 wurden den Schu-len darüber hinaus Freiräume eröffnet, um im Rah-men des Schulcurriculums demokratischen Kompe-tenzerwerb durch konkrete Schulentwicklungsprojek-te, Schulprogramme und die Beteiligung an Wettbe-werben einzuüben und zu vertiefen.

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Zusammenfassend wird festgestellt, dass dem Anlie-gen der Petentin auf der Grundlage der Bildungsplänebereits entsprochen wird, da sowohl das Thema ‚Kin-derrechte‘, als auch die Themen ‚Menschenrechte‘und ‚Demokratie leben‘ bereits in den Standards,Kompetenzen und Inhalten der baden-württembergi-schen Bildungspläne von 2004 der allgemein bilden-den Schulen aufgenommen wurden und im Unterrichtumgesetzt werden.

Beschlussempfehlung:

Mit den oben gemachten Ausführungen,wird die Petition für erledigt erklärt.

Berichterstatterin: Razavi

17. Petition 14/4232 betr. Beschwerde über das Re-gierungspräsidium, Stellenbesetzungsverfahren

Der Petent ist Hauptschullehrer. Er begehrt Antwortauf seine zwei Schreiben vom 28. September 2009 so-wie 10. November 2009, die er auf dem Dienstweg andas zuständige Regierungspräsidium gerichtet hat undmit denen er die Gründe in Erfahrung bringen möchte,aus denen er im Hauptschulbeförderungsverfahrennicht zum Zuge gekommen ist.

Die Einführung eines Beförderungsamtes in A 13 für Hauptschullehrkräfte erfolgte im Rahmen derQualitätsoffensive Bildung zum 1. September 2009.Durch die Schaffung eines Beförderungsamtes wurdesowohl ein Leistungsanreiz für bereits im Schuldiensttätige Hauptschullehrkräfte geschaffen als auch dieAttraktivität des Berufs der Hauptschullehrerin bzw.des Hauptschullehrers für Berufseinsteiger erhöht.Insgesamt wird im Beförderungsamt für Hauptschul-lehrkräfte ein wichtiger Baustein zur Stärkung derHauptschulen gesehen.

Die Kultusverwaltung stand angesichts von 2.711 Be-förderungsstellen, die zum 1. September 2009 zur Ver -fügung standen, vor der Herausforderung, eine Aus -wahlentscheidung zwischen rund 10.500 Hauptschul-lehrkräften zu treffen.

Die Vergabe der Beförderungsstellen erfolgte auf dreiWegen:

1.267 Beförderungsstellen sollten im Ausschreibungs-verfahren vergeben werden. Die Beförderung nach A 13 ist hier mit der Übernahme einer besonderenAufgabe verbunden (insbesondere im pädagogischenBereich).

1.185 Beförderungsstellen wurden den Regierungs-präsidien zur Vergabe im konventionellen Beförde-rungsverfahren zugewiesen. Neben der Leistung derLehrkräfte wurde das von der Rechtsprechung alsHilfskriterium anerkannte Dienstalter herangezogen,da das Dienstalter als Auswahlkriterium mehr als dasLebensalter auch die Erfahrung der Hauptschullehr-kräfte in ihrem Tätigkeitsbereich widerspiegelt.

259 Beförderungsstellen sollten über ein Sonderkon-tingent vergeben werden, in dem ein bestimmter Perso-nenkreis, der Funktionen außerhalb der Schule wahr -nimmt, berücksichtigt werden konnte.

Der Petent greift schwerpunktmäßig das Ausschrei-bungsverfahren auf. Er hatte sich auf eine ausge-schriebene Stelle an seiner Schule im Regierungsbe-zirk S. beworben. Seine dienstliche Leistung wurdevon der zuständigen Schulleitung mit 2,0 beurteilt.

Beförderungen sind gemäß § 11 des Landesbeamten-gesetzes nach Eignung, Befähigung und fachlicherLeistung vorzunehmen. Für die Ausschreibungsstellegab es zwei Mitbewerber. Diese Mitbewerber wurdenim Ranking auf Platz 1 und 2 gesetzt, da sie besser alsder Petent für die Wahrnehmung der ausgeschriebe-nen besonderen Aufgabe geeignet waren. Bei derAusstellung der Beförderungsurkunden wurde durchein bedauerliches Verwaltungsversehen für beide Mit-bewerber des Petenten eine Ernennungsurkunde aus-gefertigt. Bei ca. 1.000 Ernennungen allein durch daszuständige Regierungspräsidium wurde der Fehlererst bemerkt, nachdem die Ernennungsurkunden be-reits an beide Lehrkräfte ausgehändigt waren.

Dass der Petent im Rahmen des Ausschreibungsver-fahrens nicht befördert wurde, ist unabhängig von die-sem Versehen nicht zu beanstanden, da die Mitbewer-ber beide für die Wahrnehmung der Aufgabe bessergeeignet waren.

Des Weiteren greift der Petent das konventionelle Be-förderungsverfahren auf. Der Petent stellt dar, dass ersich im Rahmen des konventionellen Verfahrens nichtbeworben hätte, da sein Schulleiter ihn zu einem Ver-zicht aufgefordert hätte (sinngemäße Äußerung desSchulleiters nach Auskunft des Petenten: „Ich hattenie eine Eins in meinen Beurteilungen und deshalbvergebe ich auch keine Eins, Sie brauchen sich alsogar nicht erst zu bewerben.“). Der Schulleiter bestrei-tet dies. Es war die freie Entscheidung des Petenten,nicht am konventionellen Beförderungsverfahren teil-zunehmen. Mit der im Rahmen des Ausschreibungs-verfahrens erstellten dienstlichen Beurteilung von 2,0wäre der Petent allerdings auch im konventionellenVerfahren nicht zum Zuge gekommen, da hierfür eine1,0 Voraussetzung war.

Das zuständige Regierungspräsidium hat dem Peten-ten mit Schreiben vom 25. Januar 2010 die Gründedargelegt, weshalb er nicht befördert werden konnteund sich für die verspätete Antwort entschuldigt. Einefrühere Beantwortung des Schreibens war aufgrund hoher Arbeitsbelastung nicht möglich.

Der Petition konnte teilweise abgeholfen werden, so-weit der Petent Antwort auf seine Schreiben habenwollte. Im Übrigen kann der Petition nicht abgehol-fen werden. Ein Anspruch auf Beförderung bestehtnicht, da die Auswahlentscheidung im Beförderungs-verfahren zugunsten der besser geeigneten Mitbe-werber des Petenten nicht zu beanstanden und diedienstliche Leistung für eine Berücksichtigung imkonventionellen Beförderungsverfahren nicht ausge-reicht hat.

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Beschlussempfehlung:

Soweit der Petent eine schriftliche Beant-wortung seines Anliegens gewünscht hat,wird die Petition für erledigt erklärt. ImÜbrigen kann der Petition nicht abgeholfenwerden.

Berichterstatter: Sakellariou

18. Petition 14/4369 betr. Strafvollzug

Der 35-jährige Petent verbüßt in der Justizvollzugsan-stalt S. H. eine Vielzahl von Freiheitsstrafen, haupt -sächlich wegen Vermögensdelikten. Der gemeinsameZweidritteltermin datiert auf den 30. August 2012,das Strafende ist auf den 10. Dezember 2012 notiert.

Soweit der vorgenannten Petition ein konkretes Anlie-gen entnommen werden kann, wendet sich der Gefan-gene gegen seine Behandlung im Vollzugsalltag, ins-besondere dagegen, dass ihm seitens der Justizvoll-zugsanstalt und ihrer Bediensteten regelmäßig vorge-halten werde, er sei ein Betrüger.

Weiterhin beschwert sich der Petent über einen Be-diensteten der Justizvollzugsanstalt S. H., der zu Un-recht eine Disziplinarmeldung über ihn verfasst habe.Auch insofern fühlt sich der Petent ungerecht behan-delt.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Petent – wie alleGefangenen auch – von den Bediensteten der Justiz-vollzugsanstalt S. H. angemessen behandelt wird. Dasdie Delinquenz des Petenten im Bereich der Vermö-gens-, insbesondere der Betrugsdelikte, im Rahmendes Behandlungsauftrags der Justizvollzugsanstalt of-fen angesprochen und auch in Vollzugsplänen festge-halten wird, bedarf keiner weiteren Rechtfertigung.Der Petent wird im Rahmen des Resozialisierungsauf-trags auch weiterhin mit seiner Delinquenz konfron-tiert werden müssen. Das er hierbei explizit als „Be-trüger“ bezeichnet wird, dürfte seine persönliche Deu-tung der Vorgänge sein.

Was die Beschwerde des Petenten über einen in derKüche eingeteilten Bediensteten der Justizvollzugsan-stalt anbelangt, räumt der Petent in seinem Schreibenselbst ein, dass er am 30. Januar 2010 bei einem Dieb-stahl aus der Anstaltsküche, in welcher er zu jenemZeitpunkt beschäftigt war, auf frischer Tat ertapptwurde. Dies zog eine Disziplinarmeldung nach sich.Gegen den Petenten wurde eine siebentägige Frei-zeitsperre einschließlich des Entzugs der Teilnahmean Gemeinschaftsveranstaltungen sowie des Entzugsdes Radio- und Fernsehempfangs verhängt. Weiterhinwurde dem Petenten für sieben Tage die zugewieseneArbeit entzogen sowie eine Hausgeld- und Einkaufs-sperre in Höhe von 20 € ausgesprochen und die Ab -lösung von der Küchenarbeit bei weiterem Fehlver-halten angedroht. Diese Vorgehensweise stellt keineaußergewöhnliche Härte dar, sondern entspricht der invergleichbaren Fällen.

Die übrigen vom Petenten im Schreiben vom 10. Fe-bruar 2010 vorgebrachten Vorwürfe in Bezug auf Be-dienstete der Justizvollzugsanstalt S. H. sind haltlos.Die Vorgehensweise der Justizvollzugsanstalt S. H.ist aus hiesiger Sicht nicht zu beanstanden.

Beschlussempfehlung:

Der Petition kann nicht abgeholfen werden.

Berichterstatter: Sakellariou

19. 05. 2010 Der Vorsitzende:

Döpper