bemerkungen zu dem vorstehenden aufsatze des herrn martin

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19 freier i~aturforseher auf eine Erseheinung zu lenken, die jedenfalls eine welt gr0ssere Reihe yon Naturk0rpern durehl~iuft, als man gegenw~irtig vermuthen darf. Und sieherlieh diirften genaue Forsehungen hieriiber h0ehst anziehende~ so wie fur die Wissensehaft fruehtbringende Resultate darbieten. Berlin, im November 1852. Bcmerkungen zu dem vorstehcndcn Aufsatze des Herrn Martin. You Dr. (L W. L. 61oger. Die soeben dargelegten, h~chst anziehenden 13eobacbtungen, unter- stiitzt dureh eine bedeutende ZahI iiberzeugender Beweisstiieke in den wohlzubereiteten B~Igen der yon ttrn. M. w~ihrend ihres Farbenweeh- sels erlegten Exemplare, werden und haben eines sehr iiberraschenden Eindruekes n ieht verfehlen k0nnen. Denn sie stellen ganz ohneZweifel~ wenn auch zun~iehst bloss fiir den bezeichneten engeren Kreis yon Arten, eine h0chst merkwiirdige und ftir die Melsten gewiss eben so uner- wartete, als mehrseitig beziehungsreiche Th a t s a eh e aus dem Leben tier ¥ogelwelt lest. Sie legen zum ersten Male in bestimmter, klarer Weise einen bisher nur theilweise geahnten Vorgang im Gefieder mancher VOgel dar: einen Vorgang, dessen eigenthiimliche und sicherlich hohe physiologisehe Bedeutung zwar Jedem vorweg einleuchten muss, und der nunmehr bald auch fiir die Vertreter dieses Faches insbeson- dere einen Gegenstand wichtiger Untersuchungen bilden wird; dessen einstige leitende, diagnostiseh-beriehtigende und sonst einflussreiehe spe- eifiseh-o r n i t h o I o gi s eh e Beziehung auf die geuauere Bestimmung der Begriffe yon ,Art, klimatiseher Ab~inderung~ u. s. w. sieh aber fiir's Erste sehwerlieh aueh nur ungefiihr m6ehte ermessen lassen. Demnaeh verspreehen diese Beobaehtungen, als Grundlage fiir Weiteres, mit der Zeit eben so wiehtig im Allgemeinen, wie im Besondern zu werden. Ja es diirfte seit geraumer Zeit auf dem gesammten Gebiete der Orni- thologie kaum eine Frage aufgetaueht sein, welehe einer gr~sseren Be- aehtung wiirdig erseheinen k0nnte. Solehe Erfahrungen werden also naeh dem, was ihnen zufolge nun ftir diesen einen Fall unl~iugbar fest- steht, yon selbst iiberall zur genauesten ferneren Priifung, Erweiterung und Beleuehtung auffordern. 2 -

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freier i~aturforseher auf eine Erseheinung zu lenken, die jedenfalls eine welt gr0ssere Reihe yon Naturk0rpern durehl~iuft, als man gegenw~irtig vermuthen darf. Und sieherlieh diirften genaue Forsehungen hieriiber h0ehst anziehende~ so wie fur die Wissensehaft fruehtbringende Resultate darbieten.

B e r l i n , im November 1852.

Bcmerkungen zu dem vorstehcndcn Aufsatze des Herrn Martin. You

Dr. (L W. L. 61oger.

Die soeben dargelegten, h~chst anziehenden 13eobacbtungen, unter- stiitzt dureh eine bedeutende ZahI iiberzeugender Beweisstiieke in den wohlzubereiteten B~Igen der yon ttrn. M. w~ihrend ihres Farbenweeh- sels erlegten Exemplare, werden und haben eines sehr iiberraschenden Eindruekes n ieht verfehlen k0nnen. Denn sie stellen ganz ohneZweifel~ wenn auch zun~iehst bloss fiir den bezeichneten engeren Kreis yon Arten, eine h0chst merkwiirdige und ftir die Melsten gewiss eben so uner- wartete, als mehrseitig beziehungsreiche Th a t s a eh e aus dem Leben tier ¥ogelwelt lest. Sie legen zum ersten Male in bestimmter, klarer Weise einen bisher nur theilweise geahnten Vorgang im Gefieder mancher VOgel dar: einen Vorgang, dessen eigenthiimliche und sicherlich hohe p h y s i o l o g i s e h e Bedeutung zwar Jedem vorweg einleuchten muss, und der nunmehr bald auch fiir die Vertreter dieses Faches insbeson- dere einen Gegenstand wichtiger Untersuchungen bilden wird; dessen einstige leitende, diagnostiseh-beriehtigende und sonst einflussreiehe spe- eifiseh-o r n i t h o I o gi s eh e Beziehung auf die geuauere Bestimmung der Begriffe yon ,Art, klimatiseher Ab~inderung ~ u. s. w. sieh aber fiir's Erste sehwerlieh aueh nur ungefiihr m6ehte ermessen lassen. Demnaeh verspreehen diese Beobaehtungen, als Grundlage fiir Weiteres, mit der Zeit eben so wiehtig im Allgemeinen, wie im Besondern zu werden. Ja es diirfte seit geraumer Zeit auf dem gesammten Gebiete der Orni- thologie kaum eine Frage aufgetaueht sein, welehe einer gr~sseren Be- aehtung wiirdig erseheinen k0nnte. Solehe Erfahrungen werden also naeh dem, was ihnen zufolge nun ftir diesen einen Fall unl~iugbar fest- steht, yon selbst iiberall zur genauesten ferneren Priifung, Erweiterung und Beleuehtung auffordern.

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Um so dringender bleibt aber freilich aueh zu.wtinsehen, dass Versuehe zu solcher ,Beleuchtung ~ yon der einen~ wie yon der andern Seite her nicht etwa theilweise in das Gegentheil hiervon umschlagen: dass sie also nicht einseitig zu weir gehen und so in die Gefahr ge- rathen, dureh Uebertreibung des Einen, oder dureh Verweehseln und Zu- sammettwerfen desselben mit dem Anderen, zu verdunkeln und zu ver- wirren, was sie theils e rkl/iren wollen, theils weiter a ufkl~iren sollen.

Indess werden solehe ~Iissgriffe bei einiger Vorsieht ]eieht genug zu vermeiden sein. Diess wird gesehehen, wean matt sieh, gleieh Hrn. Martin, iiberall zua~ichst bloss an wirkliehe, erfahrungsm~issig klar er- kannte, siehtlieh und wo m6glieh ,handgreiflieh" naehweisbare T h a t- s aehe t t h~ilt: wenn man also vor Allem s ic aufsueht, priift und die sieher ermittelten immer zahlreicher sammelt, ttm so allm~ihlieh zu eitter verlassbaren, umfassenderen Grund!age ffir das Weitere zu gelangen; aber nieht, ittdem mart sieh yon dem Interesse der Saehe an sieh und vott ihrer Neuheit sogleieh aueh zum Aufbauen weitgreifender Theorien oder S~steme yon blossett M6gliehkeitett fortreissen l~isst, deren grosser Theil dana vielleieht entsehieden der Wirkliehkeit und naturgem~issen Wahrheit widersprieht. Dean inverschiedenen, obwohlvielleieht gleieh- artig scheinettdett Fallen k~nnen bekanntlieh aueh h~ehst versehiedene, ja einander v611ig entgegengesetzte Behauptungett auf gleieh-riehtigett Erfahruttgen beruhen, also thats~iehlieh gleieh-wahr sein. Selbst die etttsehiedenste Wirkliehkeit in dem eittett Falle setzt daher vielleieht noeh kaum die naturgem~isse M0gliehkeit des Gleiehen, viel wettiger eine Wahrseheinlichkeit desselbett oder gar seine Wirkliehkeit~ in dem attderett voraus. Beide werdett mithin so lange seharf zu unterseheiden und bestimmt aus einander zu halten sein, bis man e r f a h r u n g s - m~is s i g klar eittzusehen vermag: ob, wo und wieweit sie theilweise zusammenfallen oder nieht.

Derartige Verschiedenheiten oder Gegettstitze linden aber voraus- siehtlieh auch bier Anweltdung', wo es sieh um Beatttwortung der Frag- hattdelt: ob uttd wo entweder blosse V e r f i i r b u n g des Gefieders ohn e Friihlings-Nlauser Statt findet? oder wo mit derselbett und d u r e h dieselbe ? arid ob vielleieht sogar, (was allerdings jetzt um so zweifel- halter werden muss!) theilweise die letztere ohne die erstere?

Es war zwar ebea, wie wir jetzt sehen, ein Pehler der bisherigen Ansieht tiber die Friihlingsmauser: dass sie alle bedeutende Ver~inde- rung'en in der Fiirbuttg des Gefieders, (insoweit diese nieht auf blossem Reinerwerden desselben dureh Abnutzung verdeekender missf~irbiger Federkanten beruhett,) zu Guttsten des Federweehsels .in Einen Topf

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zusammeawarf". Aber dieserIrrthum war um so eher zu entschuldigen, je mehr er zuv~rderst jedenfalls die gr6ssere Wahrseheinlichkeit fiir sieh hatte. Erst der neuestenErfahrung blieb esvorbehalten, deniiber- zeugenden I~'achweis zu fiihren: dass auch hier~ wie freilich nicht selten anderswo, das Wahrseheinliehe nieht ebenso das Wahre ist. Denn in der That erweist uns hier die Wahrheit oder Wirklichkeit Etwas als gesehehend und regelm~issig bestehend, was friiher die Einbildungskraft nicht~ oder kaum~ zu denken gewagt haben wtirde.

Ein sehr vieI weniger zu entsehuldigender Fehler wiirde es jedoeh sein~ wenn gegenwtirtig, naehdem ein soleher hSehst Uberrasehender Beweis allerdings theilweise gefiihrt ist, man ebenso nun wieder Alles gleieh in den anderen ,Topf znsammenwerfen" wollte. Dahin wiirde aber z. B. jeder Versueh geh~ren, da, wo eine Mauserung und mit ihr Ver~inderung der Farbe nnd Zeiehnung, ja vielleieht aueh der Feder- bildung, wirldieh Start findet~ nunmehr den Federweehsel zu bestreiten, um den ganzen Vorgang lediglieh dureh Berufung auf die, jetzt hier vorliegende Thatsaehe einer blossen Verfinderung der f~irbenden Stoffe (theilweises Zurtiekweiehen oder sonstiges Versehwinden derselben, und wiederum theilweise Verst~irkung) erkl~iren zu wollen. Datum vor Allem ,T h a t s a eh e n" ] und zwar, wo m6glieh, fiir jeden einzelnen Fall, oder mindestens ftir jeden Hauptfall der Art: folglieh bei gr~sseren Grnppen etwa fiir eine oder mehrere Species.

Es giebt im Reiehe der befiederten Welt sehr viele, auf dieses Feld geh~rige Erseheinungen~ die auf keine andere Weise mSglieh sind oder gewesen sein wtirden~ als: dutch entsehiedenen Weehsel des Ge- fieders. Der einfaehste Beweis dafiir liegt eben sehon darin~ dass sie erweislieh nur auf diesem Wege erfolgen. Denn h~itte es fiiglieh einen kiirzeren, minder sehwierigen nnd weniger tief eing'reifenden gegeben: dana wiirde ihn die Natur, die iiberall die einfaehsten und kiirzesten Wege so vortrefflieh zu finden weiss~ ohneZweifel aueh gew~ihlt haben. Gerade die erstaunliehe Einfaehheit ihrer Mittel fiir den oder jenen, be- stimmten und so oft h~ehst grossartigen Zweek bleibt es ja tiberall haupts~iehlieh, was ihr ganzes Wirken so bewundernngswiirdig maeht.

Und nun kehren wir zu den Untersuehungen und Bemerknngen des Hrn. Martin znriiek, dem als tiiehtigem Praktiker und ruhig denkendem Beobaehter jede Uebertreibung fern liegt.

Die verh~iltnissm~issig geringe Abreibung der Federkanten im Herbste undWinter, gegen die viel st~irkere und rasehere sp~iterhin, erkl~irt sieh theils aus der alsdann herrsehenden viel geringeren W~irme und Troeken- heir der Atmosph~ire, theils ans der geringeren Th~itigkeit und Beweg-

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lichkeit der VOgel, schon als Foige der kiirzeren Tage. Doch finder sie aueh dann jederzeit mehr oder weniger Statt, und verseh0nert also die VOgel aueh w~ihrend dieses Zeitraumes in mehr oder weniger sicht- licher Weise. Im Fr'~uhlinge und Sommer allerdings nimmt sie raseh in gleichem Verh~iltnisse zu, wie jene ~iusserenVerh~i|tnisse sieh ~indern~ und wie gleiehzeitig die Th~itigkeit der VOgel selbst ill jeder Hinsieht sehnell zunimmt. Es wird aber kaum zu bezweife]n sein, dass das Abreiben, indem es bereits gegen das Friihjahr hin den Haupttheil der Fedem aueh ftir die Einwirkung des Lichtes bei dem L~ingerwerden der Tage mehr oirenlegt und freimaeht, jedenfaUs zugleieh derjenigen organisehen Wirkung entgegengekomme, welehe sieh nunmehr aus dem Innern des Vogelk0rpers heraus vorbereitet, um die f~irbenden Stofre im Gefieder zu vermehren, ihre Vertheilung zu regeln, sie also sehiirfer gesondert hervortreten zu lassen, u. s. ~v.

Es bleibt unverkennbar, dass, wenn man bei manchen V0geln, (zumal bei denFliegensehn/ippern und mehreren kleinen andern~) bfsher eine doppelte ~Iauser annalam und ihnen demgemiiss einen Federweehset im Friihlinge zusehrieb, diess ja eben gar kein Ergebniss wirklieher Beobaehtung, mitbin iiberhaupt kein E r f a h r u n g s s a t z war. Es ging vielmehr lediglieh aus reiuer Folgertmg hervor, wie man sie maehen zu miissen oder weuigstens maehen zu diirfen glaub'te, die aber~ wie wit jetzt sehen~ auf mehr oder weniger unriehtigen Voraussetzungen beruhte. Man ,glaubte" eine Friihlingsmauser annehmen zu miissen, obwohl sie bei ihnen gewiss ~iemand beobaehtet hatte: bloss, well man sieh ohne dieselbe theils die so bedeutend andere F~irbung, theils (bei einigen Gattungen, wo sieh diese wenig iindert~) die Frisehe und gute Erhal- tung des Gefieders, nieht zu erkl~iren wusste. Der Irrthum lag mithin zuv0rderst an der bisherigen Voraussetzung, ,dass die bereits fertige Feder eines Vogels keiner weiteren Lebensth~itigkeit mehr f~ihig sei". Der jetzt erfolgte Naehweis, dass letztere wirktieh noeh l~inger fort- dauere und namentlieh bei der Anregung des Begattungstriebes mit grosser/(raft neu erwaehen k0nne~ maeht also jetzt far alle solehe Fiille eine neue Pr~ifung n/Jthig, die gewiss in vielen dersell~en zu einer Be- riehtigung ftihren wird. Aber diese ,Prtifung" muss ebenfalls wieder bestimmt e r f a h r u n g s m ~ i s s i g gesehehen. Eine neue Voraussetzung, dass ein Mausern kurz vorher und die Fortpflanzung bald naohher sieh nieht vertragen sollten, well beide Arten yon Th~tigkeit in so naher Vereinigung dem Orgauismus zuViel zumuthen wtirden, - - darf auf die neue Untersuehung selbst ttberhaupt keinen Einfluss haben. Zumal aber

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darf sie diess vollends in Betraeht der Thatsaehe nieht , dass in zahl- reichen Fiillen ja doch wirklieh Beides kurz naeh einander Start findet. *)

Hr. Martin hat iibrigens, wie man sieht, die H a I s b a n d - F 1 i e g e n- f~ inge r offenbar zu auffallend spiiter Zeit, vom 2. bis 22. Mai~ theils noeh unverfiirbt, thefts im Verfiirben begriffen gefunden. Andere~ dar- unter ich selbst, hubert sie dagegen in anderen Jahren bereits am bei- nahe einen vollen Monat friiher sch0n rein-ausgefiirbt beobaehtet. (So erlegte ieh vor einer Iiingeren Reihe yon Jahren einmal wiihrend einer Zeit yon gerade 2 Woehen, yore 8. bis 21. April, drei herrliehe Miinn- chert in diesem Zustande; und zwar in einer Gegend, welehe n0rd- lieher liegt, als Galizien. Es war im n0rdliehen Theile Oberschlesiens, nur 2 - - 3 Meilen welt yore Gebirge.) Es wird aber no'thwendig sein, hierauf sehon desshalb aufmerksam zu maehen~ weft ein soleher Umstand leicht unbegrtindete Zweifel an der Vert~irbung selbst erregen k0nnte, wenn in der Folge Maneher die VOgel sehon bedeutend friiher ausge- fiirbt antr~ife: wo er dann freilieh, trotz aller Sorgfalt~ aueh kein ¥ e r - f/irben mehr bei ihnen wahrnehmen wiirde. Die bedeutende Abwei- ehung yon der sonstigen Regel fiir dieses Jahr, die auffallende Ver- sp/itung, hat jedoeh ihren Grand ohne Zweifel nur in der besonderen Eigenthiimliehkeit des verflossenen Winters uud grtihlings. Ersterer trat bekanntlieh im stidlieheren Europa nicht bloss friiher ein, als bei uns: (z. B. in Turin mit fusshohem Schnee auf den D/ichern volle 8 Tage friiher, als derselbe hier in Berlin zum ersten Male 1 - -2Zo l l hoeh fiel D sondern er war auch strenger und yon l/angerer Dauer: so dass uns die Rauheiten unseres,Nachwinters" diessmal aus dem Stiden zukamen~ statt, wie soust~ aus dem 0steu und Norden. Diess hat offenbar viele Zug- vogel weiter fortgetrieben, als gewi~hnlieh, ohne sie in gleiehem Maasse eine h0here W/irme finden zu lassen. Darum hatte es den Riickzug de~ meisten, ganz besonders aber der zarteren~ auf doppelte Weise mehr als gewOhnlich verzOgert, oder~ wo er sehon begonneu hatte, wieder unterbrochen; and bei manchen Arten war es leieht ersichtlieh~ dass eine bedeutende Zahl der Individuen unterweges dutch K~ilte oder Nahrungs- mangel umgekommen sein musste.

Den k l e i n e n Fliegenfiinger (M. parva) babe ieh hie selbst ge - funden; aueh verandert er sieh nieht in so auffallendem Grade, wie die

~) So geh'.Ort z. B. offenbar viel Aufwand yon Bildungsstoff und yon Erre- gung tirtlicher LebensthiiLigkei~ dazu~ um bei den M~innehen yon Machetes (Trynga) pugnax den gewaltigen Federkragen am Halse zu erzeugen. Lind doch geschieht aueh diess gerade zu einer Zeit, welehe sehon sonst ihre Kriifte in jeder Be- ziehung am stiirksten in Anspruch nimmt, oder bald nachher nehmen soil.

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beiden schwarzenArten. Docb wird es yon Interesse bleiben, in Gegen- den, we er h~iufiger lebt, (z. B. in der Provinz Preussen~) jetzt Weiteres iiber seine Verschtinerung zu ermitteln.

In Betreff des tiberall h~iufigen s c h w a r z r i i e k i g e n aber haben wir uns bisher wohl Alle g|eichm~issig insofern get~iuseht, dass wir die vielen sehwarzgefleekten im Frtihlinge nicht als noch im Verf~irben be- griffen angesehen~ sondern sie einfaeh weg fiir jiingere Individuen ge- halten haben.

Nun sehliesslieh noeh einige Worte fiber die neue Erfahrung mehr im Allgemeinen.

Die genauere ph~'siologisehe Untersuehung und dynamisehe Bedeu- tung eines derartigen Farbenweehsels wird billigerweise aueh den P h y - s i o 1 o g e n yon Faeh zufallen.

Die O r n i t h o l o g e n selbst werden ihnen dazu meist nnr das Material zu /iefern haben. Und diese Aufgabe wird ohne Zweifel mit sehr viel geringeren Sehwierigkeiten verbunden sein, als die son- stige, ornithelogisehe Beobaehtung selbst: weil mit dem Erlangen des fragliehen Gegenstandes (dutch Erlegen) meistens aueh die M6gliehkeit zu weiterem Beobaehten desselben absehneidet. Gltiekliehe Ausnahmen hiervon wird es wenig geben: zum Theil sehon, weil man V6gel, zumal um diese Zeit, nieht h~iufig genug lebend fangen kann und noeh weniger die gefangenen leieht am Leben erh~ilt; noeh mehr abet, well in der Gefangensehaft gewtihnlieh aueh die wiehtigsten mitwirkenden ~iusseren Einfltisse doeh aufll(iren. (So besonders eine fortw~ihrende, unbesehr~inkte Wirkung der freien Luft, des Liehtes, der Sonne etc.) Beobaehter mehr im S ii den werden aus mehrseitigen Grtinden mit grtisserem Erfolge zur L~sung dieser neuenAufgabe lh~itig sein k~nnen, als diess in der Regel bei uns m6glieh sein diirfte. Man wird sieh daher mit ihnen hierzu in Verbindung setzen miissen. I~lieht minder wiehtige, ja vielleieht sogar noeh beweisendere Beitr~ige werden hi~ehst wahrseheinlieh Solehe zu liefern im Stande sein, welehen Gelegenheit zu Beobaehtungen he e h i m N o r d e n zu Theft wird: und zwar immer mehr und mehr, je weiter naeh dem Polarkreise zu hinauf, ganz vorzugsweise jedoeh innerhalb desselben. Denn gerade dort, we freilieh die Zahl vorkommender Vogelarten sehr abnimmt, steigert sieh um so bedeutender nnd raseher der Einfluss jener, yon aussen her mitwirkenden Ursaehen. So der Ein- fluss des Liehtes, vermOge des beinahe fortw~ihrenden Sonnenseheines bei der, hierdureh bewirkten, ausserordentliehen L~inge der Tage; des- gleiehen die hohe, ebenfalls hiervon herriihrende W~irme; u. s.w. Aueh das gleiehzeitige inhere ,Agens" , der Fortpflanzungstrieb, wird bier-

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dureh jedenfalls nicht geschw~cht~ sondern wahrscheinlich ehenfalls noch erh~ht: well die Kiirze des Somrners dort urn so weniger ein Ver- schieben derartiffer Gesch~ifte verstattet.

Die Betrachtung dieser Yerh~Itnisse leitet uns dann~ im sehr natiir- lichen Zusammenhange der Dinge, yon selbst auf den ffrossen Einfluss hin, welchen voraussichtlich das weitere Verfolgen dieser neuen Beo- hachtungen (iiber das Umfarben) rnit der Zeit auf die L~isnng einer wich- tigen, vielseitigen, daher ohnehin doch irnrner wieder auftauchenden ande- ren Frage haben wird.

Es ist: die aber die mannichfachen, unter versehiedenen Umst~inden so entgegengesetzten E i n f l i i s s e des Kl ima 's .

Ftir s i c ganz besonders muss die hier besprochene neue Erfahrung so ausnehrnend wichtig erscheinen, wie kaurn ftir irgendwelche andere Beziehung sonst. (Ueberdiess bilden ja alle diese rnehrfachen Beziehun- gen, rnit einander verbunden, ein zusarnmenh~ingendes, allseitig in ein- ander greifendes, also gleichsarn organisch-verzweigtes 6anzes.) Es kann far diesen, eben so bedeutenden, als vielfach schwierigen Punkt, fiir die endliche sichere Entscheidung tiber alas wahre Sein, Wesen und Bestehen oder Fortbestehen der immer grOsser werdenden Zahl so ge- nannter ,~klirnatischer Arten (Species !)~': h0chst wahrscheinlich gar Nichts g'eben, was in gleichern Maasse geeignet sein oder werden rn~chte, einst zur schliesslichen Entscheidung hiertiber den Ausschlag geben zu helfen, als: diese Umfarbung, - - und zwar Verst~irkung" nnd VerschOnerung der Farben selbst, wie der Zeichnung, - - o h n e Wechsel des 6efieders. Denn sic zeigt ja deutlich ein fast pl0tzliches Hervortreten derselben Erscheinung, welche sonst das Klima unter gleichen Umst~inden, und als Folge theilweiser gleicher Ursachen~ erst binnen welt langerer Zeit und bei solchen Individuen hervorruft, deren Voreltern vielleicht seit vielen Jahrhunderten oder Jahrtausenden fortwahrend rnehr oder weniger den- selben Einfliissen ausgesetzt gewesen s ind , die also bereits rnit einer vererbten Hinneigung zu solchen Abweichungen ins Leben getreten sind.

In Betracht dessen, und lediglich irn HinbIick auf die Sache, abge- sehen yon dem frtiheren Wirken und Strehen tier Person, wird man es daher ,,natiirlich" finden mOgen, wenn gerade derjenige, der sich einst fast ein Jahrzchent lang vorzugsweise mit dern letztgenannten 6egen- stande befasst hat, um dann das Ergebniss dieser speciellen Studien zu allgerneiner Kenntniss zu bringen, ~) jetzt sich gedrungen ftihlte, ein- rnal wieder das Wort zu nehrnen, urn die tiberraschend neue nnd so

~) S. ,,Das Ab~indern der VOgel (and S/iugethiere) durch Einfluss des KI ima's" 1833.

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eigenthiimlich bezeichnende, verwandte Erfahrung nach Gebiihr freund- lich willkommen zu heissen.

Billigermaassen wird man hierbei jedoch auch nicht unterlassen dUrfen, yor Allem historisch gereeht gegenAndere, Fr~here zu werden.

Es wird mithin daran zu erinnern sein~ dass bereits l~ngst Manehem wohl der Gedanke nahe gelegen hat, eine so genannte ,fertige", d. h. seit einiger Zeit vollst~ndig ausgebildete Vogelfeder darum nicht gerade ein- ftir allemal schoa als gleiehsam wieder abgestorbenes ,pflanzliehes Gebilde auf thieriseh-organischem Boden" zu betraehten, dessen orga- nisches eigenes Leben so vOllig geschlossen weire, dass lediglich nur fiussere (meehanisehe, physikalische und ehemische)Einflfisse noeh eine Wirkung auf dasselbe auszuiiben vermOchten: wfihrend der organiseh- lebendige Boden, aus welehem es hervorgewaehsen ist, jetzt nur im buehstiibliehen Sinne des Wortes und auf gleichfalts rein mechanisehe Weise noeh sein ,Triiger" ware.

Vielmehr bezweifelte diess z. B. Naumann, wo er die Verseh0ne- rung besehreibt, welehe im Friihlinge und Vorsommer mit den rothen Brustfedern des Bluth~inflings vor sieh geht und sie nunmehr aus dem sehr triiben, unseheinbaren Grau- oder Blauroth, wie sie im Herbste es zeig- ten~ zu einer so feurigen und gliinzendea Praehtfarbe ausbitdet. Er spraeh da sehon die Meinung aus: dass Alles diess wohl nieht solehen physikalisehen und ehemisehen Einfltissen allein zuzusehreiben sein werde ; dass vielmehr ein Zufluss neuer, dureh jene iiusseren Wirkungen jedoeh in ihrer Entwiekelung gleiehfalls begiinstigter S~fte und ffirbender Stoffe aus dem K6rper des Thieres in diesen Theil des Gefieders wohl einen gewissen, ja vielleieht sehr wesentliehen Antheil an dessen auffallender Umf~irbung und Versehi~nerung haben m/Jge. Aehnliehes glaubten err wie Andere, hinsichtlieh des iihnliehen Vorganges beim Karmin-Girlitze, dem Birken-Zeisige und mehreren anderen finkenartigen V6geln mit rothen, oder seh~n rosenfarbigen Seheitel- und Brustfedern. Pallas~ weleher in dieser Beziehung namentlieh die ausserordentliehe Seh6nheit der miilmliehen Birkenzeisige in den ~stliehen Theilen Sibiriens besprieht, sehien ebenfalls bereits einer solehen Ansieht zugeneigt. I%eh mehr aber war ohne Zweifel Faber der Meinung, dass ganz besonders gerade fihnliehe Yeriinderungen der Ffirbung ohne Mauser, wie nun Hr. Martin sie geftmden hat, nieht bloss vorkommen k6nnten, sondern aueh wirklieh vorkommen. .Jeh kann mieh gegenwfirtig, naeh so langer Zeit und bloss aus dem Gediiebtnisse, der besonderen F~ille nieht mehr erinnern, wo Faber diess annahm und gesehen zu haben glaubte. (Aueh m a g e r damit vielleieht nieht iibera/l Reeht gehabt haben. Aber wer yon Alle~

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h~itte nieht bisweilen geirrt? selbst bei Fragen~ we die Untersuehung wahrlieh sehr viei weniger sehwierig war, als sie bei der hier vorlie- genden ist und ffrossentheils bleiben wird.) Es d~irfte jetzt also wohl der M/ihe lohnen, dass irgend Jemand sich die Aufgabe stellte, das hierher Geh0rige aus Faber's Aufs~/tzen und Schriften zusammenzutragen. Es w/irde immerhin das Gute haben~ manehe Leitpunkte fiir weitere Untersuehungen zu bezeichnen.

Was aber dieBedeutunff einer solehen Verf~rbunff der I~ing'st,,fer- t i g " dastehenden Feder f/ir die Frage fiber klimatische ¥ariet~ten be- trifft: so m0ge es genfigen, hierbei an diejenigen zu erinnern, welche (bekanntlieh nieht bless nach meiner Ueberzeugung~ sondern auch nach der so maneher Anderen) als solehe bei der weissen Bachstelze, und noeh h~iufiger~ wiewohl in minder auffallendem Grade bei der gelben, hervortreten.

Bei ihnen dreht sich Alles, - - daher aueh die Fraffe: ob Species, oder nieht? - - zuv~rderst urn helleres oder dunkleres Grau auf dem Scheitel~ Riicken etc., und ferner um Grau oder Schw~irzlieh und wirk- liches, vollst~indiges Schwarz; dann theilweise zugleieh um lichtes Grau oder Grauweiss und wirkliches~ reines Weiss~ mit sch~irferem Abschnei- den and weiterem Siehausbreiten des Letzteren. Alles diess kommt nun aber~ wie wir jetzt sehen, bei dem Trauer- und noch mehr beim Halsbald-Fliegenf~inger binnen der fiusserst kurzen Zeit yon einigen Wochen so~ oder so, an Einem und demselben Individuum vor. Und was bei ihnen geschieht, kann ohne Zweifel bei den Baehstelzen um so mehr schon desshalb noeh weir leichter gesehehen, weft bei diesen jedenfalls eine doppelte Mauser ungleich weniger aufblosser,,Annahme" oder ,,Voraussetzung" beruht, als bei jenen. Mithin wird es jetzt nicht bloss denkbar, sondern in hohem Grade wahrscheinlich, class eia und derselbe Voffel, den man im Sommer mit sehwarzem Riicken etc., oder mit schwarzem Kopfe, erlegt hat und nun unausgestopft als vermeinte Species ,Trauer- und schwarzktiptige Bachstelze (Motaeilla lugubris und Budytes melanocephalus)" paradiren lasst, vielleicht noch ffegen Ende Winters nichts Anderes gewesen sein k0nne, oder wirklich gewesen sein m~ge, als: eine weisse und gelbe; vielleicht ein wenig ~ilter und schi~ner, als manche andere, jedoch nicht so, dass irgend Jemand sie far ,Etwas Anderes ~, d. h. specifisch Verschiedenes, angesehen haben wtirde.*) Wie soil hiernaeh also nicht ein wesentlieh verschiedenes Klima der Wohnl/inder Aehnliches noch weit mehr bewirken? - -

*) Auch bier werden nur allein ,,erfahrungs,n~issig klar erkannte, nachweis- bare T h a t s a e h e n" etwaige zu beffirchtende ,,Missgriffe" vermeiden lassen.

Anmerk. d. Herausgebers .

Was diess betrifft, so seheinen librigens den gesammten deutsehen and wohl aueh den meisten niehtdeatsehen Ornithologen die sehr zahl- reiehen, ~usserst wiehtigen Beobaehtungen des Hrn. Staatsrath AI. v. Nordmann fjetzt zu Helsingfors) nnbekannt geblieben zu sein, welehe derselbe in Bezug auf derartige Wirkungen des Klima's w~hrend seiner mehrj~hrigen friiheren Stellung zu Odessa gemaeht , auf wiederholten Reisen im slidliehen Russland gewonnen nnd bereits vor l~nger als 10 Jahren im zoologisehen Theile von Demidoffs ,Voyage dans laRussie m6ridionale ~ niedergelegt hat. Sie bilden einen fortlaufenden~ iiberatl best~tigenden Commentar zu demjenigen~ was meine Arbeiten zu ihrer Zeit hieriiber geliefert oder angeregt haben. Ieh babe oder hatte daher soeben dem Heraasgeber unseres vorliegenden ,ornithologisehen Jour- nals" empfohlen, dass er dieselben flit letzteres in auszugsweiser Ueber- setzung mittheilen m0ehte. Noeh um Vieles wiinsehenswerther aber miisste es nattirlieh bleiben, dass Hr. v. i~. diess jetzt, wo irgend mt~g- lieh, selbst than midge: and zwar unter Beriieksiehtigung der nunmeh- rigen Beobaehtungen des I-Irn. Martin. Denn gerade solehen Beobaeh- tern, dis gauze Reihen yon Jahren hindureh abweehselnd unter sehr versehiedenen Klimaten praktisehe Naturstudien getrieben haben, gehiihrt in solehen Fragen eine vorwiegende Stimme. Wer sollte diese also mehr haben, als Hr. v. N., der als geborner Finnl~nder seine gesammte Jugendzeit im ]Norden verlebt and dann ein Dutzend Jahre fief genug im Stiden gewirkt hat, gegenw~irtig abet wiederum die nordisehe Hei- math b e w o h n t ? - Hoffen wir also~ . . . . ! ~ " )

B e r I i n, im November 1852.

~) Dem vorstehenden Wunsehe eines warmen alten Freundes des Hrn. Staatsrath yon Nordmann kann f/Jr die gegenw~rtige neue Zeitsehrif~ nur die gleiehe, herzliche Bitte hinzufiigen~ D e r H e r a u s g e b e r.