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Begleitmaterial

Amberger Welttheater 2019 - Handreichung

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Deß gwesten Pfaltzgrafen Glück und Unglück

„Wer Glück und Unglück wissen wil /

Der schau deß Pfaltzgrafen spil.“

Winterkönig – König einen Winter lang. Was heute fast poetisch klingt, war in Wirklichkeit ein

Schicksal, das zu seiner Zeit nicht von ungefähr mit dem Rad der Fortuna verbunden wurde. Als

„geschichtsträchtigste und auch überregional bedeutsamste Figur aus der Stadthistorie“1 war

Friedrich V. in Amberg bereits 2003 anlässlich der Bayerischen Landesausstellung in den Focus

gerückt. Seine Geschichte wird im „Amberger Welttheater“ aus einer spezifisch Amberger

Perspektive dargestellt. Entstanden ist das unkonventionelle Stück, das zwischen Historischem

Stadtschauspiel, Musical und Rockoper changiert, als Auftragswerk anlässlich der 975-Jahr-

Feier der Stadt Amberg im Jahre 2009. Das Kulturreferat der Stadt Amberg freut sich, dieses

außergewöhnliche Spektakel nach der Aufführungsserie von 2014 erneut auf die Bühne

bringen zu können und möchte Sie mit dieser Handreichung beim Theaterbesuch mit Ihrer

Klasse unterstützen. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen mit dem „Herbst des Winterkönigs“

und stehen Ihnen bei Fragen und Anregungen gerne zur Verfügung!

Erstellt von:

Barbara Cosima Frey Zeughausstraße 1a 92224 Amberg E-Mail: [email protected] Telefon: 09621/10-1884 https://welttheater.amberg.de

1 Johannes Reitmeier im Interview mit der Amberger Zeitung, 11.04.2009

Amberger Welttheater 2019 - Handreichung

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Inhalt

1. Die Handlung .............................................................................................................................................4

2. Besetzung ...................................................................................................................................................5

3. Theater im 16. / 17. Jahrhundert ...........................................................................................................7

4. Die Spielebenen .........................................................................................................................................8

5. Die Sprache – unser Dialekt ................................................................................................................. 10

6. Amberg zur Zeit Friedrichs V. .............................................................................................................. 11

7. „The Wedding“ – Eine Liebesheirat? .................................................................................................. 12

8. Die Protestantische Union .................................................................................................................... 14

9. Die Krönung zum böhmischen König und die Folgen ..................................................................... 15

10. Der „erste Medienkrieg der Geschichte“ ......................................................................................... 19

11. Das Gespräch über das Stück ............................................................................................................ 23

Anhang

Quellen / Literaturliste

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1. Die Handlung

Friedrich, geächteter Kurfürst von der Pfalz, böhmischer König ohne Reich, großer Verlierer der Schlacht am Weißen Berg, gelangt im Gefolge des schwedischen Kriegstrosses in die Reichsstadt Nürnberg. Als Kaufmann verkleidet begibt er sich, nur in Begleitung seines alten Kammerdieners Jan, in seine Geburts- und vormalige Residenzstadt Amberg. Geleitet von der Ahnung seines nahen Todes und der Sehnsucht, noch einmal an den Ort glücklicher und glanzvoller Tage zurückzukehren, wird er auf dem Marktplatz Zeuge eines demütigenden Schauspiels. Eine Truppe fahrender Komödianten bringt eine derbe Mundartposse zur Aufführung, ein grellbuntes Schmähstück über den tiefen Fall des unglücklichen Winterkönigs und führt das Elend des entmachteten Fürsten als boshafte Moritat vor: Friedrich erscheint als naiver Dummkopf, Elisabeth Stuart als eingebildete Nörglerin, Stadthalter Christian von Anhalt als habgieriger Despot, Abraham Scultetus als skrupelloser Fanatiker. Geleitet werden sie allesamt von den sieben Todsünden, die als allegorische Figuren immer wieder ins Geschehen miteinbezogen sind. Während die belustigte Zuschauermenge den Stationen des Spiels grölend Beifall spendet, muss Friedrich mit ansehen, wie seine Person der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Unter enormem Leidensdruck versucht Friedrich, immer noch unerkannt, die Zerrbilder der Possenreißer zu verscheuchen. Doch seine Versuche, die wahren Ereignisse zu schildern, gehen im Gelächter der Menge unter. Seiner Würde beinahe beraubt, verlässt er eilends den Ort des Geschehens. Der Winterkönig ist endgültig im Herbst seines Lebens angekommen.

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2. Besetzung

Inszenierung Astrid Vosberg

Musikalische Leitung und Einstudierung Günter Werno Ausstattung Antje Adamson

Regieassistenz Jürgen Huber Ausstattung Antje Adamson

Friedrich V. Andy Kuntz

Jan, sein alter Kammerdiener Reinhold Escherl Der Spielansager Jürgen Huber Elisabeth Stuart Joanna Nora Lissai

Christian von Anhalt, Statthalter von Amberg Axel Meinhardt Abraham Scultetus, Hofprediger Georg Lorenz

Schauspieler als Friedrich Stefan Gericke

Schauspielerin als Elisabeth Luise Schwarz Schauspieler als Christian von Anhalt Eduard Ströhl

Schauspieler als Abraham Scultetus Andreas Schönberger Die Habsucht Thomas Wilhelm

Die Hoffart Angela Pröls Der Neid Korbinian Wedel

Die Trägheit Stephanie Dotzler Die Völlerei Reiner Schirm Die Wollust Corinna Schuster

Der Zorn Bernhard Bamler

Musik Vanden Plas

sowie Mitglieder der Freudenberger Bauernbühne, der Haagerthaler Bauernbühne, der Stadtwache Amberg und der Knappschaftskapelle Amberg.

Johannes Reitmeier (Text)

wurde in Bad Kötzting im Bayerischen Wald geboren. Dem Studium der Theaterwissenschaft, Kunst- und Literaturgeschichte in München folgten ein zweijähriges Volontariat im Pressebüro der Bayerischen Staatsoper und erste Berufserfahrungen als Lehrbeauftragter für Operndarstellung an der Hochschule für Musik München. Dazu kamen Assistenzen bei bedeutenden Regisseuren wie Götz Friedrich, Jean-Pierre Ponnelle, Nikolaus Lehnhoff und August Everding. Als freiberuflicher Regisseur arbeitete er am Staatstheater Darmstadt, an den Theatern Coburg, Landshut, Passau, Regensburg, Ingolstadt, Hof, Hildesheim, Trier und zahlreichen Freilichtbühnen wie den Opernfestspielen in Zwingenberg und Heidenheim. Es entstanden Inszenierungen in allen Sparten des

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Musik- und Sprechtheaters. Von 1996 bis 2002 war Reitmeier Intendant des Südostbayerischen Städtetheaters, von 2002 bis 2012 leitete er als Intendant das Pfalztheater Kaiserslautern. Mit Beginn der Spielzeit 2012/13 übernahm er das Tiroler Landestheater Innsbruck als Intendant. Von 2006 bis 2008 war Johannes Reitmeier auch Intendant der Kreuzgangspiele Feuchtwangen. Außerdem arbeitet er als Autor für zahlreiche historische Festspiele wie die „Landshuter Hochzeit“ und „Agnes Bernauer“ (Straubing) und hat für seine Arbeit zahlreiche Preise erhalten: 1991 wurde Johannes Reitmeier der Kulturpreis Bayerischer Wald, der Kulturförderpreis Ostbayern, der Kulturpreis des Bayerischen Waldvereins sowie 2007 der Waldschmidtpreis verliehen. Für seine Verdienste um die Festspieltradition in Ostbayern und vor allem für seinen „zündenden bayerischen Sprachwitz“ ehrte ihn der Oberpfälzer Kulturbund 2008 mit dem Nordgaupreis des Oberpfälzer Kulturbundes. Sein Schaffen wurde vom Bezirk Oberpfalz mit der Bezirksmedaille ausgezeichnet.

Roger E. Boggasch (Musik)

studierte an der Hochschule der Künste Berlin Dirigieren, Klavier und Tonsatz. Als Kapellmeister, Generalmusikdirektor und Chefdirigent war der gebürtige Berliner an verschiedenen deutschen Bühnen tätig. Mit seinen deutschen Erstaufführungen der Verdi-Opern „Alzira“ und „Oberto“ avancierte Roger Boggasch zum international gefragten Interpreten der italienischen Oper. Mit der Oper „Antigona“ des tschechischen Komponisten Joseph Myslivecek debütierte der vielseitige Dirigent am Nationaltheater Prag. Als Komponist machte Roger Boggasch zur Jahrtausendwende mit dem großen Historien-Musical „Nostradamus“ überregional auf sich aufmerksam. Neben dem Bereich der Bühnenkomposition konnte er sich auch als Regisseur etablieren. Hier lag sein besonderes Augenmerk auf Schauspielproduktionen mit hohen musikalischen

Anforderungen. Sehr gefragt war auch die pädagogische Arbeit von Roger Boggasch sowohl im Bereich der Amateurfestspiele als auch in der professionellen Nachwuchsförderung. Für die Kammeroper Schloss Rheinsberg übernahm er mehrfach die musikalische Leitung und Einstudierung u. a. an der Seite des Regisseurs Harry Kupfer, um jungen Sängerinnen und Sängern den Einstieg in das Berufsleben zu ermöglichen. Festspielgemeinschaften wie Tirschenreuth oder Kötzting profitierten von Roger Boggaschs langjähriger Erfahrung als Musiker und Regisseur. Die „Bettleroper“, eine Auftragskomposition der Waldfestspiele Kötzting, wurde zu einem viel beachteten Erfolg des bayerischen Mundarttheaters. Das „Amberger Welttheater“ war eine Auftragskomposition für die Stadt Amberg – 2009 und 2014 übernahm er auch die musikalische Einstudierung des Werkes. Im Mai 2015 erlag Boggasch wenige Wochen vor seinem 50. Geburtstag einem Krebsleiden.

Weitere Biografien finden Sie unter https://welttheater.amberg.de sowie im Programmheft,

das ab der Premiere am 24. Mai 2019 erhältlich ist.

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3. Theater im 16. / 17. Jahrhundert

In der Geschichte der Bühnenkunst war das Mittelalter ein eher düsteres Zeitalter: Von der starken katholischen Kirche wegen seiner heidnischen Wurzeln verpönt, waren sämtliche Spielformen weitgehend verbannt. Dadurch entstand jedoch eine regelrechte Subkultur der „Fahrenden Leute“, die oft Schauspieler, Hofdichter, Akrobaten, Musiker und Tänzer in einem waren. Als „Unbehauste“ entzogen sie sich der kirchlichen Kontrolle, genossen aber auch keinerlei Rechte. Etwa ab dem 13. Jahrhundert wurde die dramatische Kunst allmählich in den Dienst des religiösen Kults gestellt – Mysterien- und Passionsspiele, die nun oftmals die ganze Stadt zum Schauplatz hatten und nicht mehr ausschließlich in lateinischer Sprache verfasst waren, erlebten eine Hochblüte. Ab dem 15. Jahrhundert etwa entwickelten sich eigenständige, weltliche Spiele: Im Rahmen von Brauchtumsfesten entstanden die so genannten „Fastnachtsspiele“, die eine kritisch-spöttische Sicht auf den Alltag enthielten, derb-komische Szenen vorstellten und oft auch kirchliche und staatliche Autoritäten in grotesken Verzerrungen zu demontieren. Wenig später brachte der Humanismus der Renaissance ein völlig anderes Verhältnis zum Theaterspiel mit sich: Das neu erwachte Interesse an der Antike ließ auch die klassischen Handlungsdramen sich wieder entfalten – Theater zur reinen Erbauung der Zuschauer also. Daneben entstanden aber auch Dramen, die der moralischen Bildung der Zuschauer dienen sollten, die „Humanistendramen“. Im Kampf der Konfessionen zwischen Reformation und Gegenreformation wurde das Theater zum propagandistischen Mittel: Die Jesuiten übernahmen das „Schultheater“ von den reformatorischen Lagern und schmückten die Dramen um Tugenden und Laster historischer Persönlichkeiten mit allem denkbaren Bühnenzauber und möglichst vielen Akteuren, Tänzern und Musikern aus. Quelle: Andrea Gronemeyer: Schnellkurs Theater. Köln: DuMont, 1995

Welttheater – Theatrum Mundi

Die Vorstellung von der Welt als einer großen Bühne, auf der jeder Mensch die ihm von Gott zugedachte Rolle spielt, beherrscht das Zeitalter des Barock. Ein berühmtes Beispiel für diese Sichtweise ist Calderon de la Barcas allegorisches Schauspiel „El gran teatro del mundo“ („Das große Welttheater“), welches auch die Grundlage für Hugo von Hofmannsthals „Das Salzburger große Welttheater“ wurde.

Habt ihr eine Idee, warum das Amberger Welttheater „Welttheater“ heißt?

Harald Mohr schrieb in der OWZ 2009:

„Autor Johannes Reitmeier hat das Werk als so genanntes „Welttheater" konzipiert. Dabei wird sozusagen die wirkliche Welt zum Theater im Gegensatz zur „Theaterwelt". Die wirkliche Welt wird im Stück durch Schauspieler verkörpert, die ihrerseits Schauspieler spielen. Wandernde Komödianten nämlich, die es früher tatsächlich gab und die das „Weltgeschehen" mangels Fernsehen und Printmedien auf den Plätzen der Städte einfach nachspielten, sozusagen die „Tagesschau" auf dem Marktplatz.“

http://www.oberpfalznetz.de/owz/1674667-132-winterkoenig_zu_besuch,1,0.html#top

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4. Die Spielebenen

Der Autor zeigt das Leben Friedrichs V. in mehreren geschickt miteinander verwobenen Ebenen: Einmal in der „realen Jetzt-“ Ebene, in der Friedrich in das Spiel der Komödianten einzugreifen versucht, außerdem in zwei Versionen der Rückblende – dem Spiel der Komödianten einerseits, das andererseits durch Friedrichs Erinnerungen konterkariert wird.

Wie werden die Hauptfiguren (Friedrich V., Elisabeth, Christian von Anhalt, Abraham Scultetus) als agierende Figur in Friedrichs Erinnerung, wie im Spiel der Komödianten dargestellt?

„Mit 18 Jahren soll es einen dramatischen Wendepunkt im Leben Friedrichs V. gegeben haben: In einer Sitzung der protestantischen Union in Heidelberg erlitt der junge Kurfürst einen Fieberanfall, den er fast nicht überlebt hätte. Die Krankheit soll seine Persönlichkeit radikal verändert haben. Nach der Fieberattacke zeigte er sich nur noch kraftlos, schläfrig und melancholisch. An seiner Stelle übernahm deshalb sein Kanzler, Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg, fast vollständig die Regierungsgeschäfte. Friedrich V. vertraute diesem Fürsten nahezu uneingeschränkt, der damit zwischen 1614 und 1618 faktisch die politischen Geschicke der Kurpfalz lenkte.“

http://www.wittelsbacher2013.de/ausstellung/wer-war-eigentlich/winterkoenig-friedrich-v/

Die allegorischen Figuren: Die sieben Todsünden

Eine Allegorie ist die bildliche Darstellung eines abstrakten Sachverhaltes – im Theater könnte man auch sagen: Eine Personifizierung. Im Gegensatz zum Symbol verweist die Allegorie nicht auf das Gemeinte, sondern sie ist das Gemeinte selbst. Eine besonders bekannte Personifizierung ist die Justitia, die Frau mit den Waagschalen, die die Gerechtigkeit veranschaulicht.

Kennst du andere bekannte Allegorien?

Allegorische Figuren sind ein weiteres Merkmal des klassischen „Welttheaters“. In „Der Herbst des Winterkönigs“ werden die historischen Figuren im Spiel der Komödianten durch die sieben Todsünden geleitet, wodurch sie lächerlich und verachtenswert erscheinen. Mit dem Begriff Todsünde werden in der Lehre der Katholischen Kirche bestimmte, besonders schwerwiegende Sünden bezeichnet. Davon grenzt die Tradition der römisch-katholischen Kirche die „lässliche Sünde“ als minderschweres, geringfügiges Vergehen ab. Bestimmte Vergehen bilden als „himmelschreiende Sünden“ eine Unterkategorie der Todsünde, die als Steigerung wahrgenommen wird.

Den Todsünden stehen die Tugenden gegenüber. Zu ihnen gehören die drei theologischen Tugenden Glaube, Liebe Hoffnung und die vier Kardinaltugenden Tapferkeit, Gerechtigkeit, Klugheit und Mäßigkeit.

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Such’ dir eine Todsünde / Tugend aus und stelle sie pantomimisch dar! Die Klassenkamerad(inn)en müssen raten, welche du gewählt hast.

� Allegorien in der Kunst, zahlreiche Abbildungen und Erklärungen finden Sie unter: http://www.kunstdirekt.net/Symbole (Navigation am unteren Bildrand!)

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5. Die Sprache – unser Dialekt

„Jede Region liebt ihren Dialekt, sei er doch eigentlich das Element, in welchem diese Seele ihren

Atem schöpfe.“ (Johann Wolfgang von Goethe) Möglichst authentisch sollen die Charaktere im „Herbst des Winterkönigs“ gezeigt werden. Neben den historischen Figuren, die in Hochsprache sprechen, kommt hier ein großer Part auch der Amberger Bevölkerung zu, die von den rund 80 Laiendarstellern aus Amberg und Umgebung dargestellt werden und Dialekt sprechen. Autor und Regisseur Johannes Reitmeier ist es besonders wichtig, die Laiendarsteller mit dabei zu haben:

„Als gebürtiger Oberpfälzer kenne ich die Mentalität und den Sprachduktus - bei regionalen Unterschieden lasse ich mir freilich von Einheimischen helfen - meiner Landsleute so gut, dass sich meine Studien nicht erst vom fernen Kaiserslautern aus starten muss. Ich habe 40 Jahre fast ausschließlich in Bayern gelebt, eine Menge bayerisches Theater gemacht und das Volk auch fast immer zu Wort kommen lassen. Die Authentizität bringen stets die Darsteller mit ein.“ Amberger Zeitung, 11.04.2009 http://www.oberpfalznetz.de/zeitung/1787824-100-amberg_hat_einen_neuen_reitmeier_verdient%E2%80%9C,1,0.html

Galt es lange Zeit als verpönt, Dialekt zu sprechen und in der Schule gar als „verboten“, hat sich der Ruf des Dialektsprechens spätestens seit einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung im Zusammenhang mit der Pisa-Studie 2005 deutlich positiv gewandelt. So stand im November 2013 auch in der Amberger Zeitung zu lesen:

„Dialekt gehört nach Auffassung des Bildungsexperten Klaus Wenzel zur „Entfaltung regionaler, sozialer und kultureller Identität" von Schülern. Lehrkräfte sollten daher gerade im Deutschunterricht Zeit bekommen, um die Mundart systematisch zu pflegen und zu reflektieren, sagte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) am Montag in München. Besonders geeignet seien dafür Theateraufführungen in Mundart oder Projektunterricht, in dem etwa die Herkunft einzelner Wörter untersucht werde.“

Amberger Zeitung, 19.11.2013. Den vollständigen Artikel finden Sie unter http://www.oberpfalznetz.de/zeitung/3934083-100-mundart_systematisch_pflegen,1,0.html

Habt ihr die Szenen, in denen Mundart gesprochen wurde, verstanden? Wird bei euch zuhause Oberpfälzisch gesprochen? Gibt es in der Klasse jemanden, der einen anderen Dialekt hat, oder kann jemand einen anderen Dialekt gut nachmachen?

Übung: Ein neutraler Text wird an die Schüler/innen ausgegeben. Jede/r darf diesen nun in einen anderen Dialekt/Akzent „übersetzen“ und vorlesen.

� Eine umfangreiche Handreichung zum Thema „Dialekte in Bayern“ / „Dialekt im Unterricht“ finden Sie unter http://www.isb.bayern.de/schulartspezifisches/materialien/d/dialekte-in-bayern/download/

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6. Amberg zur Zeit Friedrichs V.

„Zum Zeitpunkt der Geburt Friedrichs konnte niemand ahnen, dass er 1619 zum König von Böhmen gewählt und so zu einer der wichtigsten Figuren der europäischen Politik und zum Auslöser des Dreißigjährigen Krieges werden sollte. Allerdings prädestinierte ihn seine Herkunft für ein hohes Amt. Als Kurfürst war der Pfälzer Wittelsbacher Anführer der protestantischen Union. Seine Mutter war die Tochter Wilhelms des Schweigers von Nassau-Oranien. 1613 heiratete Friedrich die englische Königstochter Elizabeth Stuart. Mit dieser Heirat trat er erstmals glanzvoll als europäischer Fürst in Erscheinung. Im Jahr 1618 hatten die nichtkatholischen böhmischen Stände mit dem "Prager Fenstersturz" die Herrschaft der katholischen Habsburger in Böhmen vorläufig beendet und damit die bedeutendste Macht auf dem Kontinent herausgefordert. Dieser offene Aufstand markiert den Anfangspunkt des Dreißigjährigen Kriegs. Nun suchten die böhmischen Stände Verbündete und wählten den Führer der deutschen Protestanten, Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, zum neuen König von Böhmen. 1619 wurde Friedrich im Veitsdom auf dem Hradschin, der Prager Burg, gekrönt. Doch die Königsherrschaft währte nur ein Jahr, weshalb Friedrich auch mit dem Spottnamen "Winterkönig" in die Geschichte eingehen sollte. Die Niederlage in der Schlacht am Weißen Berg 1620 setzte seinen politischen Ambitionen ein Ende. Sieger blieben Kaiser Ferdinand II. und Friedrichs wittelsbachischer Verwandter, der katholische Herzog Maximilian I. von Bayern. Friedrich musste Prag überstürzt verlassen und floh mit seiner Familie nach Holland.

Das kurpfälzische Fürstentum der Oberen Pfalz (seit 1329 durch den Hausvertrag von Pavia kurpfälzisch), das erst 1628 an Bayern fiel, umfasste nur einen Teil des heutigen Regierungsbezirks Oberpfalz. Die Pfälzer Wittelsbacher machten Amberg zum Herrschaftszentrum und begründeten so den Aufstieg der um 1600 ca. 4000 Einwohner zählenden Stadt als Regierungs- und Residenzsitz des Territoriums. Das Stadtbild zu Beginn des 17. Jh. wurde von den repräsentativen kurfürstlichen Bauten wie Schloss, Zeughaus, Marienkirche oder kurfürstlicher Regierungskanzlei und den großen bürgerlichen Bauten des 15. Jh. wie der Martinskirche oder dem Rathaus geprägt. Die Amberger Befestigung, die Ende des 16. Jh. ihre an markanten Stellen noch heute bestehende Form annahm, zeigt eindrucksvoll das Zusammenwirken von kurfürstlicher Stadtherrschaft und Stadtgemeinde. Im Amberger Schloss residierte zwischen 1595 und 1619 mit Christian von Anhalt ein scharf antikatholischer, kalvinistischer Statthalter, bei dem die Fäden der kurpfälzischen Politik zusammenliefen und der die böhmische Königswahl Friedrichs V. maßgeblich einfädelte. Zwar waren die Beziehungen zwischen den pfälzischen Landesherren und den Bewohnern der Oberen Pfalz im Großen und Ganzen durchaus gut, doch kam es vereinzelt auch zu Auseinandersetzungen, so im Amberger Lärmen von 1592. Dank der reichen Eisenerzlagerstätten entwickelte sich die Oberpfalz zu einem Eisenzentrum von europäischer Bedeutung.“ Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5. – 2.11. 2003

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7. „The Wedding“ – Eine Liebesheirat?

„Heiraten in höheren Ständen, zumal im Königtum, wurden zu dieser Zeit mit sorgfältiger Berechnung und meist ohne jede Rücksicht auf die Belange der Betroffenen arrangiert. Die Neigung von Braut und Bräutigam spielte kaum eine Rolle. […] Der Hof betrachtete daher ungläubig Friedrichs Versuche, Tag für Tag die Gesellschaft Elizabeths zu finden, und auch sie ließ erkennen, dass sie gerne mit ihm zusammen war. Ihre leidenschaftliche Liebe zueinander sollte sich nicht nur in schwierigen Zeiten als Quell des Trosts erweisen, sie wurde auch […] ein ihren Niedergang beschleunigender Faktor.“

Rosalind K. Marshall: Elizabeth Stuart – Die Winterkönigin. In: Der Winterkönig. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2003.

„Die Hochzeit des jungen Kurfürsten Friedrich V. mit der englischen Königstochter Elizabeth Stuart war ein Ereignis von außerordentlicher Bedeutung. Auf politischer Ebene bewirkte diese spektakuläre Allianz zwischen dem anglikanischen England und der kalvinistischen Kurpfalz eine erhebliche Stärkung des protestantischen Machtbereichs und damit auch der „Union". Durch die Heirat entstand nicht nur eine dynastische Verbindung Englands mit dem kalvinistischen Führer der protestantischen Union im Reich, sondern auch mit der Familie der Statthalter in den reformierten Niederlanden (über Friedrichs Mutter Louise Juliane von Nassau-Oranien). Für Friedrich, den Anführer der Union, eröffnete sich dadurch die Möglichkeit des Anspruchs auf eine führende Rolle in der europäischen Politik. Aber auch gesellschaftlich war die Hochzeit ein eindrucksvolles Ereignis. Die beiden 16-Jährigen, die sich allem Anschein nach auch über die politische Zweckebene hinaus sehr zugetan waren, gaben sich am Valentinstag des Jahres 1613 das Ja-Wort. Friedrich, der aufgrund seines gebildeten und vornehmen Wesens am Hof von London einen hervorragenden Eindruck gemacht hatte, und Elizabeth, die als Schönheit gefeiert wurde, bildeten ein "Traumpaar" im modernen Sinne.“ Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5. – 2.11. 2003

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Trotz aller Vorteile gab es auch Vorbehalte gegen die Verbindung. So hätte Elisabeths Mutter, Königin Anna, ihre Tochter lieber an der Seite des französischen oder des spanischen Königs gesehen. Zum anderen weckten die prunkvollen und schier unbezahlbaren Hochzeits-Feierlichkeiten den Unmut der kurpfälzischen Bevölkerung.

Wie wird die Hochzeit in der Amberger Bevölkerung aufgenommen / im Spiel der Komödianten dargestellt?

Spielansager

„Invidia – stehet ihm zur Seiten. Luxuria – nimmt seine Hand!

Zur Hochzeit beide ihn geleiten Mit Lisabeth von Engelland!“

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8. Die Protestantische Union

„Im Zuge des Konfessionalisierungsprozesses nach dem Beginn der Reformation bildeten sich im 16. Jh. in Europa drei große Konfessionen heraus, der Katholizismus, das Luthertum und der Kalvinismus (bzw. die reformierte Kirche). Der Kalvinismus unterschied sich in zentralen Aspekten von den beiden anderen Konfessionen. Seit 1561 waren die Pfälzer Kurfürsten zumeist Kalvinisten. Überall in Europa führte die Bilderfeindlichkeit der Kalvinisten zu schweren Bilderstürmen. Die kalvinistischen Kirchen zeichnen sich durch demonstrative Leere aus. Während sich die Konfessionen heftig bekämpften, waren Stimmen, die zum Ausgleich mahnten, in der Minderheit.“ Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5. – 2.11. 2003

Zwar galten seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) das katholische und das lutherische Glaubensbekenntnis als gleichberechtigt, dennoch war das Verhältnis der drei Konfessionen mehr und mehr angespannt. Auch die Politik Kaiser Rudolfs II. wurde von den Protestanten misstrauisch beobachtet: In ihren Augen vertrat der Kaiser weniger die Interessen des Reichs, sondern vielmehr die der katholischen Kirche und der Habsburger. 1608 lud der Ansbacher Markgraf Joachim Ernst die protestantischen Fürsten Süddeutschlands zu einer fünftägigen Tagung ein. Friedrich der IV. wurde dabei von seinem Bevollmächtigten Christian von Anhalt vertreten. Beschlossen wurde ein zunächst auf 10 Jahre befristetes Defensivbündnis. Relativ schnell jedoch gab es innerhalb der Union zwei Lager, die sich alles andere als einig waren: Gegen die zur Mäßigung ratenden Städte setzte sich die harte Position Christians von Anhalt durch, der ab 1610 als Kanzler die kurpfälzische Außenpolitik bestimmte. Als Friedrich V. 1610 die Nachfolge seines Vaters antrat, sah er sich selbst als Führer der protestantischen Union. Als Reaktion auf die Union gründeten katholische Fürsten und Städte 1609 die katholische Liga unter Führung Maximilians von Bayern.

Bei Verhandlungen über eine Verlängerung der Union konnte man sich lediglich auf weitere drei Jahre, also bis Mai 1621, verständigen. Mehr und mehr sahen sich die Städte als Spielball der kurpfälzischen Ambitionen, den jungen Kurfürsten Friedrich V. auf den böhmischen Thron zu bringen. Mit diesem Versuch, die Machtverhältnisse im Reich zugunsten des Protestantismus zu verschieben, steuerte die Union auf die offene Auseinandersetzung mit dem Kaiser zu. Nachdem Friedrich am 26. August 1619 tatsächlich zum böhmischen König gewählt worden war, ließ sich der Bruch innerhalb des protestantischen Lagers nicht mehr vermeiden. Am 12. September 1619 riet eine von Württemberg angeführte Mehrheit innerhalb der Union Friedrich davon ab, die Wahl anzunehmen. Der Pfälzer ignorierte die Warnungen, obwohl ihm spätestens jetzt klar sein musste, dass er sich isoliert hatte. Unter französischer Vermittlung schlossen Union und Liga am 31. Juli 1620 den Ulmer Vertrag, ein Neutralitätsabkommen, das sich aber nicht auf Böhmen erstreckte. Damit konnten Kaiser und Liga gegen Friedrich vorgehen, ohne dass die Union eingriff. Beim Unionstag in Heilbronn wurde die Auflösung der Union am 24. April 1621 förmlich vollzogen. Die mit dem Ulmer Vertrag verbundene Hoffnung, den Krieg auf Böhmen beschränken zu können, sollte sich nicht erfüllen. Bereits 1622 flammten die Kämpfe in der Kurpfalz auf – eine weitere Etappe des Dreißigjährigen Kriegs, der weite Teile des Reichs verwüstete.

Kennt ihr weitere Beispiele für Religionskriege, auch in unserer Zeit? Wisst ihr, wodurch sich Katholizismus, Kalvinismus und Luthertum unterscheiden?

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9. Die Krönung zum böhmischen König und die Folgen

Die ständische Wahlmonarchie Böhmen, die seit 1526 von den Habsburgern regiert wurde, geriet zu Beginn des 17. Jahrhunderts in eine schwere Krise. Die Landstände Böhmens wollten ihre Macht nicht durch die absolutistisch denkenden Habsburger einschränken lassen, und im evangelischen böhmischen Adel hatte sich eine starke Opposition gegen die Rekatholisierungsbestrebungen Kaiser Rudolfs II. und seiner Parteigänger formiert. Der Böhmische Ständeaufstand gipfelte 1618 in den zweiten Prager Fenstersturz. Am 26. August 1619 wurde Friedrich V. von der Pfalz schließlich als erster böhmischer König mit den Stimmen aller in der Böhmischen Konföderation zusammengeschlossenen Länder gewählt. Der Kandidat selbst erfuhr von der auf ihn gefallenen Wahl drei Tage später in Amberg. Erst zwischen dem 24. und dem 28. September entschloss sich Friedrich dann, die Wahl anzunehmen. Gegen die Annahme der Krone sprach die Konfrontation mit den mächtigen Habsburgern und der katholischen Liga. So war auch Friedrichs Schwiegervater, der sich selbst als „größten Friedensfürsten Europas“ sah und zwischen katholischem und protestantischem Lager zu vermitteln versuchte, alles andere als begeistert. Auch die pfälzischen Räte und die restlichen Mitglieder der protestantischen Union rieten Friedrich eindringlich davon ab, die Wahl zum böhmischen König anzunehmen. Elisabeth hingegen soll laut häufigen späteren Behauptungen ihren Gatten maßgeblich dazu ermuntert haben, seine Wahl zu akzeptieren, damit sie künftig eine ihrer königlichen Abstammung würdige Position einnehmen könne. Lässt sich diese Mutmaßung auch nicht belegen, so steht doch fest, dass sie ihn zumindest nicht davon abhielt. „Lieber esse ich Sauerkraut von der Königstafel als Luxusspeisen am Kurfürstenhof“ – soll Elisabeth gesagt, ihn also zur Annahme der Königskrone gedrängt haben. Andere Quellen wiederum lassen auch bei ihr religiöse Beweggründe vermuten: „Weil Gott alles dirigirt und sonder Zweifel dieses alles so geschickt hat, stelle ich Euch anheim, ob ihr die Krone zu akzeptieren für ratsam befinde. In diesem Fall bin ich bereit, dem göttlichen Ruf zu folgen und dabei zu leiden, was Gott verordnen wird. Ja im Notfall setzte ich alle Kleinodeien und was ich sonst in der Welt habe, daran." Zit. in: Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5. – 2.11. 2003

Friedrich selbst sah im Aufstand der Böhmen keine Rebellion, sondern den Kampf gegen die Unterdrückung der Religionsfreiheit. Seine Beweggründe zur Annahme der Königskrone Böhmens sollen auch ausschließlich religiöser Natur gewesen sein. Christian von Anhalt werden überwiegend finanzielle Überlegungen unterstellt: Amberg war ein wichtiges Zentrum des Eisenerzbergbaus, die Oberpfalz galt als Zentrum der europäischen Blechschmiedekunst. Da die erzeugten Schwarzbleche jedoch sehr schnell rosteten, wurden sie zum Schutz vor Korrosion verzinnt. Und Zinnerz wurde vor allem auch in Böhmen gefördert.

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Darstellerin der Elisabeth:

Weil, oans mei liaba Mo, moaßt wissn: Mecht liaba Kraut mit’m Kine fressn Als mit am Fürschtn Ganserln essn!

Elisabeth

[…] wem, wenn nicht mir, gebührte königlicher Rang. Und dir auch will ich die Krone aus vollem Herzen gönnen.

Ein Schauspieler als Anhalt

I bscheiß mein Herrn, wäi’s ma grad passt! Und waar i no a so verhasst! Press meine Hüttn aus af’s Bluad! I scheffe Gold und Geld und Guad, Des Statthaltern is ma a Last! A Reichsminista waar i gern!

Christian von Anhalt

Friedrich, sollst nun König werden, Brichst des Kaisers Macht auf Erden! Gottes höchstes Gnadentum Führe dich zu Preis und Ruhm Dass auch Anhalts Macht und Ehre Sich dank deiner Huld vermehre, Sein Geschlecht erstrahl’ im Licht, Sei der Lohn für Freundespflicht.

Darsteller des Scultetus

I kimm af Prag und nacha Mäin alle Böhm af Calvin schwörn! Da huift koa Wuisln und koa Plärrn! Und dann reiss i mit eigne Händ Im Veitsdom de Buidln vo da Wänd! Scultetus

Herr, nun gilt’s vor allen Dingen, Habsburg in die Knie zu zwingen!

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Darsteller des Friedrich (fast blöd)

Ja, ja – i machs eich alle recht! Weil i ja aa Kine werdn mecht! Friedrich

Was Ihr in Amberg sagtet, war gelogen, Mit Schmeichelreden hat man mich betört. In Böhmen ward ich um mein Glück betrogen! Hätt ich nur damals nicht auf Euch gehört!

Ein Besserwisser aus dem Volk

„Genügen!“ – Des kamma wohl sagn! Vollkraigt hat er’n ned sein Kragn! Ein schlechtes Weibsbild

So gehjts bei dene groußn Herrn! S’muaß ois und allweil mehra werdn! Spielansager

O Ehrgeiz! Du verfluchte Sucht! Hier sieht man dein vergifte Frucht…

Wie nimmt die Bevölkerung die Krönung auf? Wie wird die Krönung durch die Komödianten dargestellt? Welche Beweggründe/Argumente haben Friedrich, Elisabeth und Christian von Anhalt?

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Der Regierungsantritt Friedrichs in Böhmen war mit großen Schwierigkeiten verbunden. In Prag gerieten der König und sein durch deutsche Kalvinisten geprägter Hof bald in die Kritik und bekamen die Ablehnung der Bevölkerung, eines Teils der Geistlichkeit und des Adels zu spüren. Das Königspaar sprach kein Wort Tschechisch und hatte die Hofämter vorwiegend mit auswärtigen Vertrauten besetzt, während die Landesämter in der Hand des einheimischen Adels waren. Die Staatsfinanzen waren in einem desolaten Zustand; um ein funktionsfähiges Heer aufzustellen, trieb Friedrich die Pfalz in den finanziellen Ruin. Besonders verheerend wirkten sich auch die Versuche von Friedrichs Hofprediger Abraham Scultetus, das Land mit aller Gewalt dem Kalvinismus zuzuführen und der maßgeblich von ihm initiierte Bildersturm im Prager Veitsdom auf das Verhältnis der böhmischen Untertanen zu ihrem neuen König aus.

Elisabeth

… Ihr habt in Eurem heiligen Zorn die Kruzifixe und Altäre im Dom St. Veit von den Wänden abgerissen ... Scultetus

Wie es die Regel Calvins uns gebietet ... Elisabeth

Damit habt Ihr die Böhmen in Aufruhr gegen uns versetzt!

Gegen das 1620 einmarschierende Heer der Habsburger und der katholischen Liga hatte Friedrich nicht den Hauch einer Chance, die Schlacht am Weißen Berg wurde ein völliges Fiasko. Friedrich floh mit seinem Gefolge Hals über Kopf ins Exil, letztendlich nach Den Haag. 1621 verhängte Kaiser Ferdinand II. die Reichsacht über ihn. Mit dem Spottnamen „Winterkönig“ ging Friedrich in die Geschichte ein.

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10. Der „erste Medienkrieg der Geschichte“

Die Ereignisse um Friedrich V. fanden reichen Niederschlag in der zeitgenössischen medialen Öffentlichkeit. In bisher ungeahntem Ausmaß nahmen sich Flugblätter und Flugschriften des Themas an. Somit ist auch das Entstehen einer politisch-publizistischen Öffentlichkeit eng mit der Figur Friedrichs V. verknüpft. Über das Schicksal des „Winterkönigs“ wurden Flugblätter nicht nur in deutscher und tschechischer Sprache gedruckt, sondern auch auf Französisch, Englisch, Niederländisch, Italienisch und in lateinischer Sprache. Auch der Sprachstil variierte, je nach Zielpublikum; es gab Gedichte, Lieder, dramatische Dialoge, Monologe, Bildrätsel u.v.m. Die Geschichte des Flugblattes reicht in die Anfänge des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts zurück. Besonders im Kampf um die Reformation erfreuten sich die gedruckten Nachrichten zu propagandistischen Zwecken größter Beliebtheit. Verteilt wurden sie von fahrenden Händlern, Ausrufern und Moritatensängern. „Friedrich V. von der Pfalz fesselte die Aufmerksamkeit der zeitgenössischen Publizistik seit seiner glanzvollen Hochzeit mit Elizabeth Stuart bis zu seinem Tod 1632. Auch später noch waren seinem Schicksal vereinzelte Blätter gewidmet. Er gehörte zu den beliebtesten Protagonisten des Dreißigjährigen Krieges. Auf den Seiten der Flugblätter fand er mehr Platz als zum Beispiel Wallenstein. Die Flugblätter, die mehr oder weniger neutral über ihn […] berichten, sind selten. Viel öfter trifft man das mediale Bild von Friedrich, das die Propagandisten aller an den Konflikten dieser Zeit teilnehmenden Parteien im publizistischen Federkrieg bildeten.“ Jana Hubková: Friedrich V. von der Pfalz in den illustrierten Flugblättern und Flugschriften seiner Zeit, S.109 in: Der Winterkkönig. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2003.

� Eine Vielzahl an Karikaturen und Abbildungen zum „Winterkönig“ finden Sie im Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2003, dem auch eine CD-ROM beiliegt.

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Spottschrift auf den Winterkönig Friedrich V. Die Gestalt des Postillion, der den geflohenen Kurfürsten überall

sucht, gehört zu den bekanntesten publizistischen Motiven des Dreißigjährigen Krieges.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Postillion_sucht_den_Winterk%C3%B6nig8.5-19.jpg

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Zum Flugblatt „Deß gewesten Pfaltzgrafen Glück und Unglück“:

Friedrich V. auf dem Glücksrad der Fortuna, das von dem einflussreichen Mitglied des pfälzischen Oberrats Ludwig Camerarius (links) und Friedrichs Hofprediger Abraham Scultetus gedreht wird. Als Kurfürst steigt Friedrich auf das Rad, als König thront er auf diesem, als Friedrich verliert er Krone, Zepter und Hosenbandorden und wird schließlich von Vertretern der Generalstaaten tropfnass aus dem Wasser gezogen. (Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5. – 2.11. 2003)

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Deß Pfaltzgrafen Urlaub, Bild aus einer Spottschrift auf Friedrich. Der vom Betrachter aus gesehen rechte heruntergerutschte Strumpf ist eine Anspielung auf den bei der Flucht aus Prag verlorenen Hosenbandorden. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/Des_Pfalzgrafen_UrlaubC-P_001.jpg

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11. Das Gespräch über das Stück

Wenn Sie mit Ihrer Klasse nach dem Besuch der Vorstellung über die Inszenierung sprechen, hier ein paar Tipps: Beginnen Sie, um ins Gespräch zu kommen, mit den sehr allgemeinen Fragen, z.B. Hat es euch gefallen?, Was hat euch nicht gefallen? Oder: Wen würdet ihr gerne spielen? usw. Fragen Sie jedoch weiter nach. Warum hat dir das gefallen? Warum nicht? So können Sie erreichen, dass differenzierter und deutlicher beurteilt wird, und die Schüler lernen dabei, ihre Aussagen zu begründen.

Um tiefer in die Welt des Theaters eindringen zu können und um die Sehgewohnheiten der Schüler zu erweitern und zu schulen, können verschiedene Bereiche des Theaters angesprochen werden, wie z.B.

Bühnenbild und Kostüm:

Welche Akzente setzt das Bühnenbild? Was sagt es über Zeit und Ort aus? Welche Wirkung hat es auf mich? Stehen die Kostüme mit dem Bühnenbild im Einklang? Was sagen sie über Zeit und Ort aus? Was sollen sie verstärken? Ist eine Verbindung zwischen dem Charakter der Figur und seinem Kostüm zu erkennen?

Musik:

Wie würdet ihr die Musik beschreiben? Hat die Musik die Handlung unterstützt? Fandet ihr die Musik passend?

Schauspiel:

Wie war die schauspielerische Leistung? Waren die Figuren schlüssig? Habe ich den Schauspielern ihre Figuren geglaubt? Konnte ich die Handlungen der Figuren nachvollziehen, waren sie psychologisch begründet? Wie war die Sprache? Wie der körperliche Ausdruck?

Inszenierung:

Ist mir die Intention der Regisseurin klar geworden? Welchen Schwerpunkt hat sie gesetzt? Gab es Besonderheiten? Wie wurden z. B. Zeitsprünge verdeutlicht? Gab es eine Aussage des Stücks? Wie lautet diese?

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Quellen und weiterführende Literatur (Auswahl):

Stephan Lippold: Didaktisches Begleitmaterial zur Bayerischen Landesausstellung „Der Winterkönig“ Amberg, Stadtmuseum, 9.5.-2.11.2003 Peter Wolf, Michael Henker, Evamaria Brockhoff, Barbara Steinherr, Stephan Lippold (Hg.): Der Winterkönig. Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2003. Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst / Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg 2003 Peter Bilhöfer: Nicht gegen Ehre und Gewissen. Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz – der Winterkönig von Böhmen. Rhein-Neckar-Kreis, Bausteine zur Kreisgeschichte Nr. 7, Heidelberg, 2004 Stefan Helml: Die Oberpfalz im 30jährigen Krieg – der Deutschland und Europa in seinen Bann zog. Amberg, 1990 Johannes Laschinger (Hg.): Der Winterkönig. Königlicher Glanz in Amberg. Vortragsreihe des Stadtarchivs Amberg zur Landesausstellung 2003. Amberg, 2003. Die Oberpfalz wird bayerisch. Ausstellungskataloge der Staatlichen Archive Bayerns, herausgegeben von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Amberg, 1978 Andrea Gronemeyer: Schnellkurs Theater. Köln: DuMont, 1995

Interessantes im Internet:

http://www.hdbg.de/winterkoenig/german/start.htm Internetseite zur Bayerischen Landesausstellung 2003. http://www.hdbg.de/winterkoenig/german/LehrerhandreichungWinterkoenig.pdf … und hier finden Sie die Lehrerhandreichung zur Landesausstellung 2003. http://www.isb.bayern.de/schulartspezifisches/materialien/d/dialekte-in-bayern/download/ Umfangreiche Handreichung zum Thema Dialekt im Unterricht. http://www.the-wedding-1613.uni-hd.de/tagung.html Historisches Seminar der Universität Heidelberg mit umfangreichem digitalem Begleitmaterial.