barsalou-frames und lexikalische bedeutung dekompositionund wortbildungssemantik · 2019. 1....
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Barsalou-Frames und lexikalische Bedeutung ̶Dekomposition und Wortbildungssemantik
Sebastian LöbnerHeinrich-Heine-Universität DüsseldorfAllgemeine SprachwissenschaftSFB 991 The Structure of Representations in Language, Cognition and Science
IdS Jahrestagung Mannheim 14.-16.03.2017
1. Frames
1. Barsalou-Frames und die Framehypothese
Nach Barsalou (1992a, b) sind Frames möglicherweise die universelle Struktur von kognitiven Repräsentationen.
Frame-HypotheseFrames sind das allgemeine Format jedweder Konzepte in der menschlichen Kognition.
KorollarFrames sind das generelle Format der Repräsentation sprachlicher Einheiten, insbesondere das Format lexikalischer und kompositionaler Bedeutungen und syntaktischer Strukturen.
Linguistische Analyse kann Evidenz für oder gegen die Frame-Hypothese liefern.
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1. Frames
Was ist ein Frame?
Eine komplexe Bedingung für das, was er repräsentiert, seinen potenziellen „Referenten“.
• Beschreibung des Referenten anhand seiner Attribute und deren Werte; für jedes Attribut gibt es genau einen Wert;die Werte werden konkret identifiziert oder lediglich typisiert.
• Attribute sind Abbildungen, die Trägern eines bestimmten ontologischen/konzeptuellen Typs Werte bestimmten Typs zuordnen.
• Die Attribut-Werte-Zuweisung ist uneingeschränkt rekursiv.
• Primitive sind die Attribute, nicht deren Werte oder Typen von Werten.
• Frames können Constraints unterliegen: sie betreffen- mögliche Werte von Attributen- Korrelationen zwischen den Werten verschiedener Attribute.
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1. Frames
Strukturelle Eigenschaften von Frames
Darstellung z.B. durch Graphendiagramme oder Attribut-Werte-Matrizen
Wesentliche strukturelle Eigenschaften:
• Unbegrenzte Rekursivität
• Eindeutigkeit des ReferentenIhre Struktur legt eindeutig fest, was sie repräsentieren. Alle Information ist auf ein Element des Frames bezogen.
• Eindeutigkeit der AttributzuordnungEin Element in einem Frame kann ein Attribut nur einmal tragen.
• Eindeutigkeit der WertzuordnungFür ein gegebenes Element kann ein Attribut nur einen Wert zuordnen.
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1. Frames
Abstraktes Beispiel
Graphdiagramm für einen Barsalou-Frame
„zentraler Knoten“ für den Referenten, ATTRIBUTE, ihre Werte, deren ATTRIBUTE mit Werten
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ATTR1
Wert 1
ATTR2
Wert 2
ATTR3 ATTR4
Wert 3 Wert 4
1. Frames
Beispiel Dependenzstruktur
Frames anwendbar auf allen linguistischen Beschreibungsebenen: Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, Pragmatik …
Syntax Dependenzstrukturen sind FramesAttribute: syntaktische Funktionen, deren Werte: Satzkomponenten
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das Kind will ein lila Penny Board
OBJ
SUBJ
DET
DETMOD
1. Frames
2. Lexikalische Bedeutungen2.1 Nomen: Bleistift und Bleistift Bleistift: Lexem, Bleistift: Artefaktkategorie
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BleistiftHand-SchreibenFÜR
IMPLEMENT
Nomen
WORTART
maskulinum
GENUS
/blaiʃtift/
LAUTFORM SCHAFT MINE
MATERIAL
FORM
länglich
MATERIAL
FORM
ummantelt
RÄUMLICHESVERHÄLTNIS
FARBEHÄRTE
BEDEUTUNG
Bleistift
Affordanz-attribut
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen
2.2 Verben
wechseln (intransitiv, x wechselt von A zu/auf B, die Ampel wechselt von Grün auf Gelb)
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x A B
THEMA QUELLE ZIEL
wechseln
Zeit
wechseln
x
THEMA
QUELLE ZIEL
Kasusframe:Argumentstruktur
Dekomposition
B
ZUSTAND
A
ZUSTAND
vor nach
TVOR TNACHτ
≠
VERHÄLTNIS
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen
2.2 Adjektive: Farbadjektive x ist rot
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MINE SCHAFT
Bleistift
xFARBE
xFARBE rot
MINE SCHAFT
roter Bleistift
LACKIERUNG FARBE
Komposition durch Unifikation
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen
2.2 Adjektive: Farbadjektive
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xFARBE blau
MINE GEHÄUSE
gelber/blauer Kugelschreiber
FARBE
TINTEFARBE
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen
2.2 Relationale Adjektive: städtisch
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(Belege aus dem DWDS)… Mißstimmung gegen das städtische Bauwesen …… zu einem Elternabend in die Städtische Kinderklinik eingeladen …… ein von Menschen erfüllter Schauplatz städtischen Lebens …… Trier ist mit einem städtischen Zuschuß von 215000 RM …… Wegen fehlender Finanzmittel beschließt der städtische Kunstausschuß …
KindergartenTRÄGER
xFARBE Stadt
städtisch
Stadt
städischer KindergartenTRÄGER
xFARBE
städtisch
Stadt
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik
3. Wortbildungssemantik3.1 Deverbale Nomen: gehen, Gang
Frames für Argumentstrukturen
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x
A B
QUELLE ZIEL
WEGAGENS
gehen Gang 1 Gang 2
A B
QUELLE ZIEL
WEG
Gang 3
x
A B
QUELLE ZIEL
WEGAGENS
gehen
x
AGENS
gehen
QUELLE ZIEL
WEGAGENS
Ort Ort
gehen
Person
WEISEFÜR
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik
3.2 Komposita (1)
Framekomposita: Kaffeetasse
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x y z
AGENS THEMA GEFÄß
trinken
trinken
trinken
THEMA FÜR
Kaffee
trinken
GEFÄßFÜR
Tasse
trinken
GEFÄßTHEMA FÜR FÜR
Kaffeetasse
Kaffee
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik
3.3 Komposita (2)
Argumentkomposita Unifikation des Mod-N mit dem offenen Argument des relationalen Kopfs
Wertkomposita Unifikation des Mod-N mit dem Wert eines Attributs des Kopfs
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xDRUCK
Luft Druck
DRUCK
Luftdruck
Luft
Plastik
MATERIAL
Tüte
MATERIAL
Plastiktüte
Plastik
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition
4. Komposition4.1 Komposition per Unifikation Emma mach(t) (eine) Biskuitrolle
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BEDEUTUNG BEDEUTUNGBEDEUTUNG
[Biskuitrolle][Emma]
GENDER
NAME
weiblich
‘Emma’
lexikalischeBedeutungen
[mach-]
AGENS THEMA
BiskuitrolleSUBJEKT OBJEKTDependenz-
struktur
mach-
Emma
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition
4. Komposition4.1 Komposition per Unifikation Emma mach(t) (eine) Biskuitrolle
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BEDEUTUNG BEDEUTUNGBEDEUTUNG
[Biskuitrolle][Emma]
GENDER
NAME
weiblich
‘Emma’
kompositionaleBedeutung
[Emma mach(t) (eine) Biskuitrolle]
AGENS THEMA
BiskuitrolleSUBJEKT OBJEKTDependenz-
struktur
mach-
Emma
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition
4.2 Komposition ist Kokomposition
Kokomposition (Pustejovsky: „co-composition“ 1991, 1995):
kompositionales Zusammenwirken der individuellen Bedeutungskomponenten ̶̶über die allgemeine Kompositionsregel hinaus.
• Kompositionseffekte durch die Zusammenführung und Verknüpfung von Information
• Hinzukommende Frameinformation bedeutet Mehrinformation;Information aus den Kompositionskomponenten breitet sich über den ganzen Komplex aus.
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1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition 5. Kontext
5. Kontext5.1 Der Äußerungsframe
• Verknüpfung von Text undBedeutung mit dem Äußerungskontext
• Aus Ausdrücken werden Tokens im Kontext.
• Aus Bedeutungen werden Tokens im Kontext.
• Verankerungsmöglichkeit für indexikalische Ausdrücke
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Äußerung
T
B
ZEIT
ADRESSATSPRECHER
TEXT
BEDEUTUNG
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition 5. Kontext
5.2 Referenz
Bild:Emma L. , Tochter von Sebastian L.,macht eine Biskuitrolle in der Küche der Familie L., 04.09.2016, 14:40:36
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1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition 5. Kontext
5.2 Referenz: Einbettung der Äußerungin den Weltframe
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BEDEUTUNGBEDEUTUNG
SUBJEKT
Emma
Emma macht eine Biskuitrolle
Äußerung ZEITADRESSAT
SPRECHER
TEXT
[Emma]NAME
weiblich
‘Emma’
[Emma mach(t) (eine) Biskuitrolle]AGENS
GENDER
Luca L
Sebastian L
04.09.16, 14:40:36
Emma L
VATERVATER
REFERENT
ANKER
1. Frames 2. Lexikalische Bedeutungen 3. Wortbildungssemantik 4. Komposition 5. Kontext
5.2 Referenz: Einbettung der Äußerung in den Weltframe
• Verknüpfung sprachlicher Information mit Information über den Äußerungskontext und die Welt
• Zusammenführung von sprachlichem Wissen und Weltwissen wie in dem Weltframe gegeben
• Wechselseitige Informationsanreicherung in beide Richtungen
• Einheitliches Gesamt-“Frame“-work für
− Ebenen linguistischer Beschreibung
− den Kontext der Verwendung von Sprache
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Barsalou, L. W. (1992a) Frames, concepts, and conceptual fields. In A. Lehrer and E. F. Kittay (eds.) Frames, fields, and contrasts: New essays in semantic and lexical organization. Lawrence Erlbaum Associate, Hillsdale, NJ.
Barsalou, L. W. (1992b) Cognitive Psychology. Lawrence Erlbaum Associate, Hillsdale, NJ.
Barsalou, L. W. (1999) Perceptual symbol systems. Behavioral and Brain Sciences 22: 577–660.
Löbner, S. (2015) Semantik. Eine Einführung. 2. Aufl. De Gruyter, Berlin.
Löbner, S. (2014) Evidence for frames from human language. In T. Gamerschlag et al. (eds.) Frames and Concept Types. Springer, Heidelberg
Löbner, S. (2017) Frame theory with first-order comparators: Modeling the lexical meaning of punctual verbs of change with frames. In H. H. Hansen et al. (eds.) Proceedings of the 11th International Tbilisi Symposium on Language, Logic and Computation. Springer: Heidelberg, New York. LNCS series.
Petersen, W. (2007) Representation of concepts as frames. In: Skilters, J. et al. (eds.) Complex cognition and qualitative science. The Baltic International Yearbook of Cognition, Logic and Communication 2. University of Latvia, Riga.
Pustejovsky, J. (1991) The Generative Lexicon. Computational Linguistics 17: 409-441.
Pustejovsky, J. (1995) The Generative Lexicon. MIT Press, Cambridge MA.
Werning, M. (2008) The “complex first” paradox. Why do semantically thick concepts so early lexicalize as nouns? Interaction Studies 9: 67–83.