barrierefreiheit - grundlage gerechter webbasierter lernchancen
DESCRIPTION
Kapitel des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)TRANSCRIPT
#barrierfrei
#spezial #theorieforschung
Version vom 1. Februar 2011
Jetzt Pate werden! Für dieses Kapitel wird noch ein Pate gesucht,mehr InformaConen unter: hEp://l3t.eu/patenschaH
BarrierefreiheitGrundlage gerechter webbasierter Lernchancen
Klaus Reich und Klaus Miesenberger
Quelle: Ell Brown,
URL: hEp://www.flickr.com/photos/ell-‐r-‐brown/4365581799/ [2011-‐01-‐01]
E-‐Learning-‐Technologien verfügen über ein großes PotenCal um pädagogische Konzepte zu realisieren,welche individuelle Anforderungen und Interessen unterstützen. Leider behindert mangelndes Be-‐wusstsein und fehlendes Know-‐How auf Seiten von Lehrenden, Entwickler/innen und Administrator/innendie Möglichkeiten auszuschöpfen, um Barrieren in Lernmaterialien und Lernumgebungen abzubauen.Dieses Kapitel stellt grundlegende InformaConen und Hinweise zur Barrierefreiheit von webbasierten In-‐formaCons-‐ und KommunikaConstechnologien zusammen und gibt konkrete Hinweise für die Ver-‐wendung assisCver Technologien in Lehr-‐ und Lernkontexten.
2 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
1. Grundsätzliches Verständnis von Barrierefreiheit:„equality = e-‐quality“
Informations- und Kommunikationstechnologien(IKT) zeichnen sich durch die Multimedialität derDarstellung und die Multimodalität der Bedienungs-schnittstellen aus: Bei einem digitalen Dokumentwerden erst in dem Moment, in dem auf das Do-kument zugegriffen wird, die medialen Qualitäten(Darstellung) und die Modalitäten der Steuerung(Handhabung) des Dokuments entschieden. Durchdiese Trennung von Inhalt und Layout entsteht dieMöglichkeit, auf ein und dasselbe Dokument auf un-terschiedliche Art und Weise zuzugreifen, es in indivi-dueller Form zu medialisieren und die Handhabungan persönlichen Bedürfnissen auszurichten.
Zu allen Bereichen, in denen IKT zum Einsatzkommt, können Menschen mit Behinderung mittelsassistierender Technologien selbständig(er)en undselbstgesteuert(er)en Zugang finden. Das gilt abernur unter der Voraussetzung, dass die IKT-basiertenSysteme Grundsätze und Standards des barrierefreienZugangs befolgen (Miesenberger, 2004).
Assistierende Technologien bezeichnen Aus-stattungen oder Software-Produkte, die verwendetwerden, um die funktionalen Fähigkeiten von Men-schen mit Behinderungen zu erhöhen, zu erhaltenoder zu fördern. Darunter fallen Computertechno-logien wie Screenreader, Spracheingaben, Vergröße-rungssoftware oder Bildschirmtastatur. Sie helfenMenschen, selbständig und unabhängig ihre Ziele inder Gesellschaft zu erreichen. Es existieren beinahefür jede Art einer Behinderung Ansatzpunkte, umüber assistierende Technologien die Nutzung vonIKT und über diese die Teilnahme an lebenswelt-lichen Prozessen zu ermöglichen.
Für den Zugang zu Informationen auf Websitesund Lernumgebungen stehen sowohl für die Ein- alsauch die Ausgabe zahlreiche Geräte zur Verfügung,die über Bildschirm, Tastatur, Maus und Druckerhinausgehen. Assistierende Technologien benutzendie Kodierung sowie den Inhalt einer Website undmachen sie zugänglich.
In der weitreichenden Um- und Neugestaltungnahezu aller Bereiche der Lebenswelt durch IKTliegen vielfältige Anknüpfungspunkte für die Teilhabebehinderter Menschen an der Lebenswelt mittels as-sistierende Technologien. Die Realisierung von Chan-cengleichheit (engl. „equality“) in der Gesellschaft fürMenschen mit Behinderungen ist in immer größeremMaße von der Qualität der IKT, also von „E-Quality“abhängig – daraus erwächst für die Gestaltung be-sonders im Bildungsbereich eine besondere Verant-wortung (Miesenberger, 2008).
Bereits in der Gestaltung von webbasierten Lern-umgebungen und -materialien müssen die Anpassungan und die Optimierung für die Nutzbarkeit für dieEinzelnen in ihrer jeweiligen Situation und mit seinenjeweiligen Voraussetzungen beziehungsweise. Schnitt-stellengeräten beachtet werden. Anstatt der Ge-staltung einer starren, an „durchschnittlichen“Nutzer/innen orientierten Benutzerschnittstelle („In-terface“) treten Individualisierbarkeit und Adaptivitätin den Vordergrund, welche letztendlich die Ak-zeptanz und die Nutzbarkeit der Systeme für alle un-terstützen.
In der Praxis : Benutzung einer Braillezeile
Auch SehbeeinträchCge und Blinde können Beiträge aus demInternet lesen. Dazu wird der Text in einem Online-‐Foren-‐beitrag miEels einer Braillezeile, also einem Computer-‐Aus-‐gabegerät für Blinde, in BrailleschriH umgewandelt. Die aufder Braillezeile erzeugten Erhöhungen in BlindenschriHkönnen dann mit den Fingerspitzen abgegriffen werden. Dergleiche Text könnte durch ein „Screenreader-‐Programm“ al-‐ternaCv laut vorgelesen oder miEels VergrößerungssoHwaregrößer dargestellt werden.
Abbildung 1: Benutzung einer Braillezeile Quelle: Andreas Markt-‐Huter, via hEp://bilder.Cbs.at(Abdruckerlaubnis eingeholt)
Verschaffen Sie sich auf hEp://www.barrierekom-‐pass.de/tools einen Überblick über die breite PaleEevon assisCerenden Technologien.
?
Barrierefreiheit. Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen — 3
Jede/r, der/die über eine Sinneswahrnehmung (zumBeispiel visuell, auditiv, taktil) verfügt, kann mit dieserdie Informationsausgabe eines Computers wahr-nehmen, beziehungsweise die Informationseingabesteuern - unabhängig von seiner/ihrer Behinderung(Miesenberger, 2005).
Da dies aufgrund der unzähligen, auch individuellgeprägten Barrieren nicht vollständig erreicht werdenkann, spricht man auch von barrierearm oder zu-gänglich (engl. „accessible“).
2. Zahl der Menschen mit Behinderung
Im Behindertenbericht 2008 werden behinderte Men-schen als sehr heterogene Gruppe charakterisiert,die sich hinsichtlich zahlreicher Dimensionen diffe-renziert (Bundesministerium für Arbeit, Soziales undKonsumentenschutz, 2009). Laut einer im Auftragdes Sozialministeriums von der Statistik Austriadurchgeführten Mikrozensus-Erhebung (Oktober2007 bis Februar 2008) gaben 20,5 Prozent aller Be-fragten an, eine dauerhafte Beeinträchtigung zuhaben; das sind hochgerechnet 1,7 Millionen Per-sonen der österreichischen Wohnbevölkerung. Darinsind sowohl Menschen mit psychischen Problemenoder vollständig immobile Menschen als auch Men-schen mit leichten Sehbeeinträchtigungen enthalten.Die im Behindertenbericht 2008 zitierten Ergebnisseder von der EU vorgeschriebenen jährlichen „Er-hebung zu den Einkommen und Lebensbedin-gungen“ (EU-Statistics on Income and Living Condi-tions - EU-SILC) fokussieren auf subjektiv wahrge-nommene starke Beeinträchtigung bei der Ver-richtung alltäglicher Arbeiten, die mindestens schonsechs Monate andauert. Hochgerechnet wären dasauf dieser Basis circa 630.000 Personen Menschenmit Behinderungen. Die Anzahl der Personen dieeine Behinderung im Sinne des Gesetzes in Öster-reich haben, liegt bei circa 330 000. EU-Schätzungengehen von einem 10-Prozent-Anteil der Menschenmit Behinderungen an der Bevölkerung im EU-Raumaus. Sie stellen also auch 10 Prozent derWähler/innen, der Konsument/innen, der Arbeits-kräfte und auch der potenziellen Bildungsteilneh-mer/innen dar (Grill, 2005).
3. Arten der Behinderung und spezielle Bedürfnisse hin-‐sichtlich Barrierefreiheit Jeder Mensch kann in der Nutzung von webbasiertenLehr- und Lerntechnologien auf eine oder mehrereBarrieren stoßen. Wird bei Inhaltserstellung und Ad-ministration auf die speziellen Bedürfnisse behin-derter Benutzer/innen geachtet, lassen sich diese Bar-rieren beseitigen oder zumindest minimieren. Dazusind Kenntnisse unterschiedlicher Formen von Be-hinderungen und deren Effekte auf die Nutzung vonIKT und insbesondere des World Wide Web nötig.Im Folgenden lernen Sie die vier Hauptkategorienvon Behinderungen kennen: Sehbehinderungen,Hörbehinderungen, Mobilitätsbehinderungen sowieWahrnehmungs- und Lernbehinderungen.
Sehbehinderung
Menschen mit Sehbehinderungen verfügen entwederüber eine eingeschränkte Sehleistung, Farbenblindheitoder Blindheit. Die Anforderungen an die Gestaltungvon webbasierten Lernumgebungen können abhängigvon der Form der Sehbehinderung sehr unter-schiedlich sein.
Sehbehinderte Menschen arbeiten mit einem inGröße, Farbe (Kontrast), Schriftart (serifenloseSchriften), Linienart (durchgezogenen, strichliiert,punktiert, strichpunktiert), Schraffierung, Abstandund Anordnung angepassten Bildschirminhalt. Beileichten Sehbehinderungen entsteht kein großerBedarf einer Spezialisierung. Anpassungen der Ein-stellungen für die Darstellung im Betriebssystemführen zu der gewünschten Verbesserung der Nutz-barkeit. Erst bei schwerer Beeinträchtigung der Seh-leistung, die eine Vergrößerung um das mehr als 3-bis 5fache erfordert, werden die Navigation und dieOrientierung am Bildschirm stark eingeschränkt.
Zusätzlich wird bei stärkeren Sehbehinde-rungen das Verwenden der Maus schwierig (zumBeispiel Hand- und Augenkoordination, Verfolgendes Mauscursors). Daher ist ein direktes Erreichender Interface Elemente mittels Short-Cuts (be-stimmte Tastaturbefehle um schneller zu navigierenbeziehungsweise Befehle auszuführen) effizienter.Dementsprechend müssen sowohl Unterlagen zumArbeiten am Computer, als auch Informations-systeme adaptiert und diese sonst oft ausgelassenenSteuerungsmechanismen berücksichtigt werden.
F ü r Farbblinde und sehschwache Menschenist die Verwendung von stark kontrastierendenFarben hilfreich und wichtig. Informationen solltennicht durch eine Eigenschaft alleine (zum BeispielKontrast, Farbtiefe, Größe, Lage oder Schriftart) dar-gestellt werden.
Barrierefreiheit bedeutet letztlich, dass Menschenunabhängig von Behinderung, Alter und technischerInfrastruktur auf Inhalte zugreifen können.
!
4 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
Blinde Computernutzer/innen können die Mausnicht verwenden. Sie verwenden die Pfeiltasten oderspezielle Maus-Emulationen (Funktionen einer Mauswerden mittels anderer Möglichkeiten nachgestellt)auf dem Braille-Display, um den Cursor oder System-fokus zu navigieren. Für blinde Menschen sind daherShort-Cuts und Tastaturbefehle sehr wichtig.
Informationen, die nur visuell wahrnehmbar sind(zum Beispiel Bilder, Videos, Flash-Animationen),benötigen Alternativtexte, damit die Inhalte erst da-durch von Screenreaders ausgelesen und für dieblinden Nutzer/innen aufbereitet werden können.
Als Alternative zur Ausgabe auf dem Bildschirmverwenden blinde Menschen: ▸ Braille: Braille ist eine Notation, mittels derer Zei-
chensätze als Punktmuster dargestellt und überden Tastsinn ertastet werden können. Braille-Dis-plays sind Geräte, die den Text und textliche Be-schreibungen der Inhalte des Bildschirms in Blin-denschrift darstellen. Zusätzlich kann Braille mitspeziellen Druckern auch auf Papier gestanztwerden.
▸ Sprachausgabe: Die Texte bzw. textlichen Be-schreibungen des Bildschirminhaltes werden überLautsprecher ausgegeben. Die auditiven Inhaltekönnen dabei aufgenommen sein oder mittelsSprach-Syntheziser erzeugt werden.
Hörbehinderung
Menschen mit Hörbehinderung und gehörlose Men-schen können weitestgehend ungehindert am Com-puter arbeiten, da sie Informationen visuell vom Bild-schirm ablesen und gegebenenfalls Lautstärke undTöne an ihre Bedürfnisse anpassen können. Das Ver-stehen und Verarbeiten von komplexen sprach-lichen Zusammenhängen stellt ein größeresProblem dar und sollte durch ikonische Darstellung,das heißt mit Bildern, Videos oder Animationen undguter Lesbarkeit und Strukturierung von Texten, un-terstützt werden. Gebärdensprache ist eine eigen-ständige Sprache, die von gehörlosen Menschen ver-wendet wird. Übersetzungen in Gebärdensprachesind teilweise notwendig, aber ressourcenintensiv,zum Beispiel die Übersetzung und die Aufbereitungvon Lernunterlagen als Gebärdensprachvideos.
Mobilitätsbehinderungen
Bei Menschen mit Mobilitätsbehinderungen könnenBewegung und Feinmotorik beeinträchtigt sein. Spe-zielle, leicht handzuhabende Eingabegeräte (zum Bei-spiel Tastaturen, Schalter, Bedienelemente) ermög-lichen die Bedienung eines Computers. Für eine bar-rierefreie Gestaltung ist darauf zu achten, dass dieSteuerung über Spracheingabe erfolgen kann, die Ge-schwindigkeit (zum Beispiel bei erforderlichen Tasta-tureingaben) individuell einstellbar ist und Tasten-kombinationen auch hintereinander eingegebenwerden können.
Wahrnehmungs-‐ und Lernbehinderungen
Menschen mit Wahrnehmungs- und Lernbehinde-rungen (zum Beispiel Dyslexie, Störungen des Kurz-zeitgedächtnisses) können durch eine einheitlicheStrukturierung der (Lern-)Inhalte und der Navi-gation, gleichem Layout und Design sowie vor allemeine den Nutzern und den Nutzerinnen angepassteTextwahl – „leichte Sprache“ - unterstützt werden.Einfachere Sprache wird für Menschen mit geringensprachlichen Fähigkeiten verwendet, ist jedoch aucheine Forderung für die verständliche Darstellung wis-senschaftlicher Inhalte (Freyhoff et al., 1998). DasAngebot von gleichen, aber unterschiedlich aufberei-teten Informationen, zum Beispiel als Text und alsSprachaufzeichnung, kann für Menschen mit Wahr-nehmungs- und Lernbehinderungen hilfreich sein,um das Material besser zu verstehen.
4. Gesetzliche Rahmenbedingungen und Richtlinienoder Standards zur Umsetzung
Von wesentlicher Bedeutung für die Regelungen zurBarrierefreiheit in den europäischen Mitgliedsstaatenist das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union.Besondere Bedeutung kommt dabei den Antidiskri-m i n i e r u n g s r i ch t l i n i e n 2 0 0 0 / 4 3 / E G u n d2000/78/EG zu. Diese wirken prägend auf die na-tionale Gesetzgebung ein. In den DACH-Staaten(also Deutschland, Österreich, Schweiz) wird diegleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behin-derung in der Gesellschaft, darunter fällt auch dieAnteilnahme an Bildungsangeboten, durch ver-schiedene Gesetzgebungen geregelt: In Deutschlanddurch das Behindertengleichstellungsgesetz (zum Bei-
Für gehörlose Menschen ist es nicht immer einfach,Texte zu verstehen, die sich an die Sprachkonven-‐Conen der Hörenden anlehnen. Versuchen Sie umge-‐kehrt, einige Begriffe der deutschen Gebärdensprachezu erlernen und einen einfachen Satz zu bilden.
?
Für ein verCeHes Verständnis der Internetnutzungdurch Menschen mit Behinderung lesen Sie biEe„How People with DisabiliCes Use the Web“:hEp://www.w3.org/WAI/intro/people-‐use-‐web[2011-‐01-‐21]
?
Barrierefreiheit. Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen — 5
spiel § 11 BGG) und in der Schweiz durch das Bun-desgesetz über die Beseitigung von Benachteili-gungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG).In Österreich fällt „barrierefreies E-Learning“ unterzwei Gesetzestexte: das Bundes-Behindertengleich-stellungsgesetz (BGStG) sowie das E-Government-Gesetz (E-GovG). Das BGStG definiert in § 6 Abs. 5BGStG unter anderem, wann von Diskriminierunggesprochen wird, und welche Bereiche in Österreichauch vom Gesetz wegen barrierefrei zugänglich seinmüssen. In §5 BGStG wird noch speziell auf diekommunikationstechnischen Barrieren eingegangen.Für Gröblinger (2007) hat die gesetzliche Veran-kerung eines Diskriminierungsverbots, das explizitsich an die Öffentlichkeit richtende Angebote be-handelt, die Konsequenz, dass insbesondere Vorle-sungen (gegebenenfalls mit E-Learning-Anteilen) anHochschulen berücksichtigt werden müssen, da dieseebenfalls für die Öffentlichkeit zugänglich sind. ImJahr 2002 unternahm Deutschland einen weitausmassiveren Schritt in der Gesetzgebung als Öster-reich, indem die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (kurz BITV) als Ergänzung des beste-henden Behindertengleichstellungsgesetzes herausge-geben wurde. In Österreich gibt es Empfehlungenfür die Anwendung der WCAG (2.0) auf Stufe AA(das heißt alle für die Konformitätsstufe AA notwen-digen Erfolgskriterien müssen erfüllt sein). Tesar etal. (2009) übertragen die Anforderungen auf webba-sierte Lernumgebungen im Bildungsbereich undfordern auf der Basis der gesetzlichen Regelungendie barrierefreie Gestaltung von interaktiven undwebbasierten Lernangeboten.
5. Grundlegende Anforderungen – Zugangsrichtlinien
Die Barrierefreiheit von Lehr- und Lerntechnologienwird von vier Aspekten wesentlich beeinflusst (Ab-bildung 2): ▸ Die Inhalte, einerseits zum Beispiel in Form von
Webseiten, Textdokumenten, PDF-Dateien, Audiound Videodateien, andererseits in Form der richtigverwendeten Auszeichnungssprachen und validenCodes, zum Beispiel für Struktur und Darstellung,müssen zugänglich sein.
▸ Die verwendeten Technologien müssen zu-gänglich sein, zum Beispiel barrierefreie Web-browser, synchrone Kommunikationswerkzeugeund anderen Benutzeragenten.
▸ Gerade im Bereich E-Learning spielen Autoren-werkzeuge zur Erstellung von Lernmaterialien(zum Beispiel auch die Administrationsober-flächen von Lernmanagementsystemen) einewichtige Rolle bei der Barrierefreiheit. Auch siemüssen für die Benutzer/innen zugänglich seinbzw. die Erstellung von barrierefreien Inhalten un-terstützen.
▸ Die korrekte Verwendung der vom World WideWeb Consortium (W3C) entwickelten techni-schen Spezifikationen wie zum Beispiel HTML,XHTML, XML, SMIL, SVG, CSS und RDF. DieVermeidung proprietärer Technologien wird in derTendenz die Zugänglichkeit von Seiten verbessern.
Abbildung 2: Zugangsrichtlinien und technische Spezifikationen (mit Änderungen vonhttp://www.w3.org/WAI/intro/components.php)
6 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
Die grundlegenden Anforderungen an Barriere-freiheit von webbasierten Dokumenten werden in derWeb Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0festgelegt. Die WCAG werden von der Web Accessi-bility Initative (WAI) des World Wide Web Consor-tiums (W3C) herausgegeben und stellen eine derwichtigsten Richtlinien zur barrierefreien Gestaltungvon webbasierten Umgebungen dar. Sie definieren,wie Webinhalte für alle Menschen – nicht nur fürMenschen mit Behinderungen (einschließlich visu-eller, auditiver, motorischer, sprachlicher, kognitiver,Sprach-, Lern- und neurologischer Behinderungen)und ältere Menschen – barrierefreier gestaltenwerden können. Die Zugangsrichtlinien der WCAG2.0 orientieren sich an vier grundlegenden Prin-zipien, die im Verständnis der WAI die Grundlageder der Barrierefreiheit im Web darstellen: Wahr-nehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Ro-bustheit. Mit der Formulierung der WCAG 2.0 unterdiesen Gesichtspunkten wird angestrebt, die Prin-zipien der Barrierefreiheit unabhängig von heutigenund zukünftigen Techniken zu formulieren (W3C,2008). Eine Übersetzung finden Sie auf der nächstenSeite in der Textbox „In der Praxis“.
Wird eine oder mehrere der vier Prinzipien ver-letzt, wird die Zugänglichkeit der Inhalte für Men-schen mit Behinderung ganz oder teilweise un-möglich gemacht. Unter jedem der Prinzipien werdenRichtlinien und Erfolgsfaktoren für die Anwendungdefiniert. Es gibt eine große Zahl von allgemeinenUsability-Richtlinien (siehe auch Kapitel #usability),in den WCAG 2.0 werden nur jene angeführt, diesich speziell auf Problembereiche für Menschen mitBehinderung beziehen (W3C, 2008).
6. Zentrale Problema/ken hinsichtlich webgestütztenLehren und Lernens
Konzep/on
Im konkreten Design von webbasiertem Lernen sindnach Arrigo (2005) technologische und methodolo-gische Aspekte zur Sicherstellung der vollständigenZugänglichkeit von Online-Lernumgebungen und-materialien zu berücksichtigen.
I n methodischer Hinsicht steht an erster Stelledie Identifizierung der Ansprüche an Barrierefreiheitder Nutzergruppe und in einem zweiten Schritt dieIdentifizierung der Eigenschaften der Lernobjektehinsichtlich Barrierefreiheit. Letztere sollten in stan-dardisierten Beschreibungen formalisiert werden, umein Matching der Lerninhalte mit den bevorzugtenEinstellungen der Lernenden zu ermöglichen.Jeschke et al. (2008) empfehlen mittels semantischerEnkodierung die Auszeichnung nicht nur von In-halten, sondern auch aller inhaltsverbundenenAspekte, wie etwa der Navigation. Ziel ist es, präsen-tationsorientierte Informationen für die von den Be-nutzer/innen verwendeten Technologien zur Ver-fügung zu stellen, um die Inhalte passend darzu-stellen. Zur Umsetzung wird von ihnen die modellge-triebene Entwicklung von barrierefreien Lernange-boten, zum Beispiel auf der Basis der Unifying Mo-deling Language 2 (UML 2), vorgeschlagen.
In technischer Hinsicht identifizieren Karampi-peris und Sampson (2005) zwei grundsätzlicheAspekte, die es bei der Umsetzung von webbasiertemLernen zu berücksichtigen gilt: Einerseits die Ent-wicklung von zugänglichen Lerninhalten und ande-rerseits die Entwicklung von zugänglichen Schnitt-stellen und Interfaces, um die Inhalte aufrufen zukönnen. Letzteres beinhaltet auch das Design desLernmanagementsystems und seine Zugänglichkeit.Technologisch gesehen sind Webseiten die am häu-figsten genutzte Möglichkeit, Informationen undwebbasierte Lernmaterialien im Internet zur Ver-fügung zu stellen. Trotz WAI-Richtlinien, Design-for-All, Universal-Design-Prinzipien, ISO-Standards undVerordnungen beziehungsweise Richtlinien sind vieleWebseiten aber noch immer unzugänglich für Men-schen mit Behinderung (Arrigo, 2005).
Für eine verCefende Übersicht über die einzelnenKomponenten und wie diese in der Webentwicklungund -‐interakCon zusammen arbeiten, lesen Sie: ▸ EssenCal Components of Web Accessibility (Eng-‐lisch):URL: hEp://www.w3.org/WAI/intro/components[2011-‐01-‐21]▸ User Agent Accessibility Guidelines (UAAG)Overview (Englisch): URL: hEp://www.w3.org/WAI/intro/uaag.php[2011-‐01-‐21]▸ Authoring Tool Accessibility Guidelines (ATAG)Overview (Englisch):URL: hEp://www.w3.org/WAI/intro/atag.php[2011-‐01-‐21]
!
Das Projekt VIP-‐Learn hat Leitlinien zur Begutachtungvon Lernmanagement SoHware erstellt, die für eineerste Begutachtung von Lernplaqormen herange-‐zogen werden können:URL: hEp://www.e-‐learn-‐vip.org/files/products/c4ea_gl_lms_de.zip [2011-‐01-‐21]
!
Barrierefreiheit. Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen — 7
In der Praxis : Prinzipien und Leitlinien der Web Content Accessibility Guidelines 2.0Vorbemerkung: Übersetzung der folgenden Prinzipien undLeitlinien der Web Content Accessibility Guidelines 2.0 von:URL: hEp://www.barrierefreies-‐webdesign.de/wcag2/in-‐dex.html [2011-‐01-‐21]
Prinzip 1: Wahrnehmbarkeit
Mit dem Prinzip Wahrnehmbarkeit soll sichergestellt werden,dass alle FunkConen und InformaConen so präsenCertwerden, dass sie von jeder Nutzerin und jedem Nutzer wahr-‐genommen werden können.
Konkret bedeutet das: Stellen Sie TextalternaCven für alleNicht-‐Text-‐Inhalte zur Verfügung, so dass diese in anderevom Benutzer benöCgte Formen geändert werden können,wie zum Beispiel GroßschriH, Braille, Symbole oder einfa-‐chere Sprache. Stellen Sie AlternaCven für zeitbasierteMedien zur Verfügung. Erstellen Sie Inhalte, die auf ver-‐schiedene Arten dargestellt werden können (zum Beispielanderes Layout), ohne dass InformaConen oder Struktur ver-‐loren gehen.
PrakCsche Anwendungsbeispiele: Keine rein graphischen Na-‐vigaConselemente verwenden, schriHliche AlternaCve zuallen akusCschen Geräuschen anbieten, skalierbare SchriH-‐größen, Möglichkeit der individuellen Farbeinstellungen, aus-‐reichender Kontrast, zum Beispiel von Text undHintergrundfarbe keine InformaCon alleine durch Farb-‐wechsel transporCeren.
Prinzip 2: Bedienbarkeit
Zur Sicherstellung der Bedienbarkeit müssen die InterakC-‐onselemente der Anwendung von jeder Nutzerin und jedemNutzer bedienbar sein.
Richtlinien: Sorgen Sie dafür, dass alle FunkConalitäten perTastatur zugänglich sind. Geben Sie den Benutzern ausrei-‐chend Zeit, Inhalte zu lesen und zu benutzen. Gestalten SieInhalte nicht auf Arten, von denen bekannt ist, dass sie zuAnfällen führen. Stellen Sie MiEel zur Verfügung, um Be-‐nutzer dabei zu unterstützen zu navigieren, Inhalte zu findenund zu besCmmen, wo sie sich befinden.
PrakCsche Anwendungsbeispiele: Für die Verwendung sollenkeine speziellen Eingabegeräte benöCgt werden. Alle Funk-‐Conen sind über die Tastatur (ohne Maus) steuerbar. Es gibtkeine Zeitbeschränkungen. Die NavigaConsbereiche sind aus-‐
reichend groß bzw. weit genug auseinander posiConiert. ZurBedienung sollten keine bewegten Elemente (zum BeispielFlash-‐AnimaConen) verwendet werden.
Prinzip 3: Verständlichkeit
Das Prinzip Verständlichkeit besagt, dass in einer Website dieInhalte so einfach wie möglich angeboten werden sollen. Zu-‐sätzlich sollen diese in einer intuiCv erfassbaren Struktur, inder die OrienCerung leicht fällt, eingebunden werden.
Richtlinien: Machen Sie Inhalte lesbar und verständlich.Sorgen Sie dafür, dass Webseiten vorhersehbar aussehenund funkConieren. Helfen Sie den Benutzern dabei, Fehler zuvermeiden und zu korrigieren.
PrakCsche Anwendungsbeispiele: Komplexität der Inhalte anden Nutzer/innen ausrichten – möglichst „einfache“ Spracheverwenden. Visuelles Rauschen, zum Beispiel durch Farben,Ausrufezeichen, besCmmten SchriHtypen, vermeiden. Aufdie wesentlichen FunkConen beschränken sowie auf umfang-‐reiche Verwendung von HintergrundinformaConen und Zu-‐satzfunkConen verzichten. Auf Fachausdrücke, Jargon,Anglizismen verzichten. Auf übersichtlichen Satzbau achten.IntuiCve, logische Strukturierung der Inhalte oder der(Lern-‐)Umgebung vorsehen. SuchfunkCon und Verlinkungensinnvoll einsetzen. Symbole und Grafiken unterstützend ein-‐setzen. Gegebenenfalls Gebärdensprachvideos anbieten.
Prinzip 4: Robustheit
Inhalte müssen robust genug sein, damit sie zuverlässig voneiner großen Auswahl an Benutzeragenten einschließlich as-‐sisCerender Techniken interpreCert werden können.
Richtlinie: Maximieren Sie die KompaCbilität mit aktuellenund zukünHigen Benutzeragenten, einschließlich assisCe-‐render Techniken.
PrakCsche Anwendungsbeispiele: Interoperabilität und Kom-‐paCbilität zu gängigen Produkten (zum Beispiel Vorlese-‐ oderVergrößerungssoHware berücksichCgen. In der Planungs-‐phase, zum Beispiel von Lernszenarien, Online-‐Seminarenauf möglichen Zugang für assisCve Technologien achten. AufWeiterentwicklungen von Technologien achten, zum Beispielhat sich die Zugänglichkeit von einigen Lernmanagementsys-‐temen in den letzten Jahren stark verbessert .
8 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
LernplaHormen und LernumgebungenEntwickler/innen von Lernplattformen und Lernum-gebungen haben in vielen Fällen in den letzten Jahrengroße Anstrengungen hinsichtlich der Barrierefreiheitder von ihnen betreuten Produkte unternommen.
Spezialfälle bei bes/mmten Dateiformaten/Mul/media
Um die Vorteile von multimedialen Lernele-menten auch für Menschen mit Behinderung zu-gänglich zu machen, sind Zugänglichkeitsüberle-gungen schon beim Design und der Implementierungvon multimedialen Inhalten zu berücksichtigen.CANnect, ein kanadisches Konsortium von Schulenund Philanthropen, identifiziert vier Aspekte, welchedie Zugänglichkeit von multimedialen Inhalten ne-gativ beeinflussen: unzugängliche Formate, fehlendeTranskription von Audioinhalten, fehlende synchro-nisierte Untertitelung für Videodateien und fehlendeAudiobeschreibung von Videodateien (CANnect,2010). Darüber hinaus muss die Steuerung derAudio- und Videowiedergabe mittels Tastaturmöglich und der Zugriff sowie die Verständlichkeitfür Personen, die einen Screenreader verwenden, ge-geben sein. Als Alternative zu kommerziellen For-maten bietet sich die Synchronized Multimedia Inte-gration Language (SMIL) an. SMIL ist ein auf XMLbasierender, vom W3C entwickelter Standard für eineAuszeichnungssprache für zeitsynchronisierte, multi-mediale Inhalte und ermöglicht die Einbindung undSteuerung von Multimedia-Elementen wie Audio,Video, Text und Grafik in Webseiten.
CANnect nimmt einen klaren Standpunkt zu denfolgenden Technologien ein: Flash, Silverlight undJavaFX sind Plattformen für die Entwicklung vonRich Internet Applications (RIAs) und beim derzei-tigen Stand keine geeigneten Instrumente, um Textin-halte webbasiert anzubieten. Keine dieser Platt-formen verfügt über die Möglichkeiten von HTML,Inhalte zu strukturieren und barrierefrei darzustellen(URL: http://projectone.cannect.org/advice/non-html-dynamic.php [2011-01-21]).
Die Konzept ion des Portable DocumentFormat (PDF), das Erscheinungsbild eines Doku-ments auf allen Plattformen gleich aussehen zulassen, widerspricht einem wichtigen Element vonBarrierefreiheit: Die Darstellung von Inhalten solltevon Nutzer/innen an ihre individuellen Bedürfnisseangepasst werden können. Es empfiehlt sich vor derErstellung eines PDF-Dokuments zu überlegen, obnicht ein anderes Format, beziehungsweise bei Ver-wendung im Internet XML, die bessere Alternativeist. Falls das PDF-Format verwendet werden muss,sollte „tagged PDF“ verwendet werden (erst dadurch
wird das Dokument besser zugänglich), beziehungs-weise eine Nachbesserung mit dem Softwarepro-gramm Adobe Acrobat vorgenommen werden. GuteErgebnisse hinsichtlich der Zugänglichkeit von PDF-Dokumenten lassen sich beispielsweise bei der Ge-staltung des Dokuments in OpenOffice mit korrekterStrukturauszeichnung und dem PDF-Export erzielen.Die Verwendung von Lesezeichen fördert darüberhinaus die Navigation mit der Tastatur.
7.Werkzeuge und Methoden zur Überprüfung und Op-‐/mierung
Barrieren im Bereich Informationstechnik lassen sichdurch vielfältige Maßnahmen aufspüren und besei-tigen. Bitte beachten Sie, dass die barrierefreie Um-setzung von webbasiertem Lehren und Lernen Spezi-alwissen benötigt, was eventuell die Einbeziehungvon Expertinnen und Experten, zum Beispiel in derAnpassung von Learning Management Systemen, be-nötigt.
Ausprobieren
Eine grundlegende Methode die Zugänglichkeit zutesten, ist das Ausprobieren der Website mit verschie-denen Browsern, Betriebssystemen, Aus- und Einga-begeräten sowie Übertragungsraten unter Einbe-ziehung möglichst unterschiedlicher Nutzer/innen, inunterschiedlichen Situationen und mit unterschied-lichen Voraussetzungen. Als sehr effektiv hat sich dieVerwendung eines Text-Browsers (zum Beispiel LynxURL: http://lynx.browser.org/[2011-01-21]) oder dieVerwendung des WebFormators (URL: http://ww-w.webformator.de [2011-01-21], stellt den Inhalt einerInternetseite in einem separaten Textfenster dar) er-wiesen. Für Firefox gibt es die Erweiterung Fangs,die einen Screen Reader emuliert (via URL:http://addons.mozilla.org/ [2011-01-21]).
Kriterienkataloge
Die Biene-Kriterien (Barrierefreies Internet Er-öffnet Neue Einsichten) stellen einen laufend aktuali-sierten und übersichtlich dargestellten Katalog vonZugänglichkeitskriterien dar, der auch für technischweniger Versierte leicht nachvollziehbar formuliert ist(Biene Wettbewerb, 2009). Die WCAG 2.0 (W3C,2008) stehen im Zentrum zahlreicher Richtlinien und
PraxisCpp: Mit dem PDF Accessibility Checker (PAC)können Sie PDF-‐Dateien rasch bezüglich Barriere-‐freiheit testen:
URL: hEp://www.access-‐for-‐all.ch/ch/pdf-‐werkstaE/pac-‐pdf-‐accessibility-‐checker.html [2011-‐01-‐21]
!
Barrierefreiheit. Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen — 9
Spezifikationen. Sie decken einen großen Bereich vonEmpfehlungen ab, um Webinhalte barrierefreier zumachen. Von Universitäten und anderen Einrich-tungen wurden Checklisten zur barrierefreien Ge-staltung von Webanwendungen und Webauftritten er-stellt.
Automa/sierte Prüfverfahren
Automatisierte Prüfverfahren sind eine nützlicheHilfe für die Evaluierung bestehender und die Er-stellung neuer Websites. Mit ihnen lassen sichSchnelltests in kurzen Zeitabständen wiederholen,um auch die laufenden Aktualisierungen oder letztenVersionen auf formale Richtigkeit zu überprüfen.Automatische Prüfprogramme können nur unterstüt-zende Werkzeuge sein, weil durch sie lediglich dasVorhandensein zum Beispiel von Alternativtexten,Struktur- und Metadaten im Quelltext geprüft wird,nicht aber deren (Un-) Sinn oder Qualität überprüftwird (Zapp, 2004).
Hier einige Beispiele für Browser-Erweiterungenund Online-Werkzeuge, welche die Einhaltung vonWebstandards und Accessibility-Kriterien überprüfenund das Verhalten einer Webseite unter verschie-denen Anzeige- und Rezeptionsbedingungen simu-lieren: ▸ W3C-MarkUp-Validator:
URL: http://validator.w3.org/ [2011-01-21] über-prüft den Code von HTML, XHTML, SVG,MATHML, SMIL, etc. Dokumenten
▸ W3C-CSS-Validator: URL: http://jigsaw.w3.org/css-validator/ [2011-01-21] überprüft den CSS-Code
▸ HTML-Validator für Firefox: URL: https://addons.mozilla.org/de/firefox-/addon/249/ [2011-01-21]Das Firefox-Addon fügt der Quellcode-Anzeigedes Browsers den Tidy-Validator von W3C hinzu.Sehr nützlich und informativ: In einem Icon in derStatuszeile des Browsers werden fehlerfreie Seitenmit einem grünen Haken gekennzeichnet, bzw. miteinem Warnhinweis oder einem roten Symbol beiFehlern.
▸ Total Validator – http://www.totalvalidator.comHTML, Zugänglichkeit (WCAG 1.0 und 2.0;Section 508), Link-Checker, Screenshots mit sehrvielen Browsern
Good-‐/Best-‐Prac/ce-‐Beispiele
Vorbilder findet man zum Beispiel unter den Preis-trägern des BIENE-Wettbewerbs der AktionMensch. Aufschlussreich ist auch ein Blick in denQuelltext der Webseiten von Blindenbibliotheken.
Professionelle Exper/se und Beratung
Die Komplexität der Umsetzung barrierefreier Infor-mationstechnik erfordert in vielen Fällen professio-nelle Beratung begleitend zur Projektplanung und zurQualitätskontrolle. Universitäten, Verbände und In-itiativen bieten darüber hinaus Lehrgänge und Work-shops zu einzelnen Aspekten barrierefreier Informa-tionstechnik an (siehe Kapitel #telweiterbildung).
8. Ausblick
Jede Seite im Intra- oder Internet, jeder im Netz pu-blizierte Text, jeder Beitrag oder Kommentar in einerMailingliste, einem Weblog oder öffentlichen Chat,jedes auf einschlägige Plattformen hochgeladene Lernobjekt, Foto, Video oder Podcast, jeder Wiki-Eintrag und jeder Microlearning-Inhalt ist eine elek-tronische Publikation und sollte so barrierearm wiemöglich gestaltet bzw. präsentiert werden.
Durch die zunehmend interaktive Internetnutzung(Stichwort „Web 2.0“) verlagert sich die Verant-wortung für die Zugänglichkeit der so erstellten(Lern-)Inhalte zunehmend von Webdesigner/innenund Content-Entwickler/innen auf breite, im BereichWebstandards unkundige Nutzer/innenkreise undauf die Hersteller/innen von Autorenwerkzeugenund Anwendungsprogrammen.
Der Umsetzung des W3C-Standards für Acces-sible Rich Internet Applications (WAI-ARIA) undder Anwendung der Authoring Tool Acessibility Gui-delines (ATAG) kommt so noch stärkere Bedeutungzu. Ein barrierearmer Webauftritt unter Verwendungder W3C-Standards ist zeitgemäß und zukunftssicherbezüglich der eingesetzten Technologien, da dieW3C-Empfehlungen auch zukünftig Kompatibilitätmit neuen Technologien und Weiterentwicklungengewährleisten. Der höhere Aufwand, der sich zu-nächst ergeben kann, wird durch die Verbesserung
Installieren Sie den Textbrowser Lynx (URL:hEp://lynx.browser.org/ [2011-‐01-‐21]) und versuchenSie in einer beliebigen Online-‐Zeitung oder einer Lern-‐plaqorm zu navigieren.
?
Hier zwei Beispiele:▸ Universität ErlangenURL: hEp://www.vorlagen.uni-‐erlangen.de/regeln/checkliste.shtml [2011-‐01-‐21] ▸ Universität InnsbruckURL:hEp://www.uibk.ac.at/elearning/barriere-‐freiheit/ [2011-‐01-‐21].
?
10 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
der Nutzbarkeit ausgeglichen und ermöglicht einigenMenschen überhaupt erst die Nutzung der An-wendung (Krüger, 2007).
Literatur und Quellen
▸ Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/43/EG (2000). URL:http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32000L0043:DE:NOT [2010-12-01].
▸ Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG (2000). URL:http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:32000L0078:DE:HTML [2010-12-01]
▸ Arrigo, M. (2005). E-Learning Accessibility for blind students.In: Proceeding of the 3rd International Conference on ICT’s inEducation- ICTE2005 Cáceres, Extremadura (Spanien). URL:http://www.formatex.org/micte2005/143.pdf [2010-07-05].
▸ Biene Wettbewerb (2009). Kriterien der BIENE 2009. URL:http://www.einfach-fuer-alle.de/biene-2009/kriterien/ [2010-10-12].
▸ Bundesministerium für Arbeit, Soziales Und Konsumenten-schutz (2009). Behindertenbericht 2008. Bericht der Bundesre-gierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen inÖsterreich 2008. URL: http://www.bmsk.gv.at/cms/site/at-tachments/9/5/7/CH0092/CMS1237382655079/behinder-tenbericht_09-03-17.pdf [2010-06-29].
▸ CANnect (2010). Accessible Video and Audio. URL:http://projectone.cannect.org/advice/video-audio.php [2010-12-12].
▸ European Commission (2009). Study on Web accessibility inEuropean countries: level of compliance with latest interna-tional accessibility specifications, notably WCAG 2.0, and ap-proaches or plans to implement those specifications. URL:http://ec.europa.eu/information_society/activities/einclusion/library/studies/docs/access_comply_main.pdf [2010-06-29].
▸ Freyhoff, G.; Hess, G.; Kerr, L.; Menzel, E.; Tronback, B. &Van Der Veken, K. (1998). Make it Simple. European Guide-lines for the Production of Easy-to-Read Information forPeople with Learning Disability for authors, editors, infor-mation providers, translators and other interested persons.URL: http://www.inclusion-europe.org/uploads/doc/99.pdf[2010-06-29].
▸ Grill, I. (2005). Inklusive Bildung. Erste Schritte zu einer ge-meinsamen Erwachsenenbildung für behinderte und nichtbe-hinderte Menschen. URL:http://bidok.uibk.ac.at/library/handbuch-inklusiv.html[27.6.2010].
▸ Gröblinger, O. (2007). Barrierefreies E-Learning?!: Impulse zurIntegration Web Accessibility Standards im Hochschul-E-Learning-Kontext. In: Forum Neue Medien in der LehreAustria (Hrsg.), fnma-Austria Strategie 2010, 15. fnm-austriaTagung, URL: http://www.fnm-austria.at/tagung/FileStorage/view/tagungsbaende%5C/fnma-tagungband_final_print.pdf [2010-07-13].
▸ Jeschke, S.; Pfeiffer, O. & Vieritz, H. (2008). Accessibility andModel-Based Web Application Development for eLearning-Environments. In: Proceedings of the International Confe-rence on Technology Communication and Education, 218-222.
▸ Karampiperis, P. & Sampson, D. (2005). Designing learningsystems to provide accessible service. In: Proceedings of the2005 International Cross-Disciplinary Workshop on Web Ac-cessibility (W4A), 72-80.
▸ Krüger, M. (2007). Barrierefreie Gestaltung für Blinde im E-Lernen am Beispiel einer Flash-basierten Anwendung. Berlin:Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, URL:http://www.f4.fhtw-berlin.de/~s0508091/diplom.pdf [2010-06-29].
▸ Miesenberger, K. (2004). „equality = e-quality“ 'design for all'und 'accessibility' als Grundlage für eine demokratische, offeneund inklusive Gesellschaft. In: E. Feyerer; W. Pammer (Hrsg.),Qual-I-tät und Integration, Beiträge zum 8. PraktikerInnen-forum, Linz: Universitätsverlag Rudolf Trauner.
▸ Miesenberger, K. (2005). Grundlagen der Assistierenden Tech-nologien (AT). Handreichung zur Lehrveranstaltung „Assistie-rende Technologien“. Linz.
▸ Miesenberger, K. (2008). „equality = e-quality“ - Wie Chancen-gleichheit (equality) in der Informationsgesellschaft von Barrie-refreiheit als Qualitätsmerkmal neuer Technologien (e-Quality)abhängt. In: A. Bretterebner-Ziegerhofer (Hrsg.) LebenswerteLebenswelten, Graz.
▸ Nevile, L.; Cooper, M.; Heath, A.; Rothberg, M. & Treviranus,J. (2005). Learner-centred Accessibility for Interoperable Web-
Zur VerCefung – Literaturempfehlungen ▸ Hellbusch, J.E. & Mayer (2006). BarrierefreiesWebdesign. Webdesign für Menschen mit körper-‐lichen Einschränkungen. Osnabrück: Know-‐Ware. ▸ Radtke, A. & Charlier, M. (2006). BarrierefreiesWebdesign. AErakCve Websites zugänglich ge-‐stalten. Addison-‐Wesley, München.
!
Webseitenempfehlungen ▸ Einfach für Alle – AkCon Mensch IniCaCve für einbarrierefreies Web URL: hEp://www.einfach-‐fuer-‐alle.de [2011-‐01-‐21]▸ Web ohne Barrieren -‐ gemäß Paragraph 11 desBundesbehindertengleichstellungsgesetzes Infor-‐maConsportal des "AkConsbündnisses für barrie-‐refreie InformaConstechnik -‐ AbI". URL: hEp://www.wob11.de [2011-‐01-‐21]▸ Barrierefrei informieren und kommunizieren – BIKonline GemeinschaHsprojekt des DeutschenBlinden-‐ und Sehbehindertenverbands e.V. (DBSV),des Deutschen Vereins für Blinde und Sehbehin-‐derte in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und derDIAS GmbH URL: hEp://www.bik-‐online.info [2011-‐01-‐21]
!
Barrierefreiheit. Grundlage gerechter webbasierter Lernchancen — 11
based Educational Systems. Paper presented at the 14th Inter-national World Wide Web Conference in Chiba, Japan. URL:http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.59.9932&rep=rep1&type=pdf [2010-06-29].
▸ Tesar, M.; Feichtinger, R. & Kirchweger, A. (2009). Evaluierungvon Open Source Lernmanagementsystemen in Bezug auf einebarrierefreie Benutzerschnittstelle. In: A. Schwill & N. Aposto-lopoulos (Hrsg.), Lernen im Digitalen Zeitalter. DeLFI 2009 -Die 7. E-Learning-Fachtagung Informatik. URL: http://ww-w.waxmann.de/index.php?id=20&cHash=1&buchnr=2199[2010-07-13].)
▸ W3C - World Wide Web Consortium (2008). Richtlinien fürbarrierefreie Webinhalte (WCAG) 2.0. URL:http://www.w3.org/Translations/WCAG20-de [2010-06-29].
▸ W3C - World Wide Web Consortium (2008). UnderstandingWCAG 2.0. A guide to understanding and implementing WebContent Accessibility Guidelines 2.0. URL:http://www.w3.org/TR/UNDERSTANDING-WCAG20/Overview.html [2010-06-29].
▸ Zapp, M. (2004). Automatische Tests auf Barrierefreiheit.URL: http://www.bitvtest.de/infothek/artikel/lesen/automa-tische-tests.html [2010-12-12].