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BIS Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen Jg. 4 // Nr. O4 // Dezember 2O11 // Erweiterter Horizont. Multilinguale semantische Suche Verbunden im Netz. Chemnitzer Raritäten online Geld ist genug da. Die Münzsammlung der UB Leipzig Früher war mehr Lametta. Historische Weihnachtsfotografien

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Bibliotheken in Sachsen // 1

BISDas Magazin der Bibliotheken in Sachsen

Jg. 4 // Nr. O4 // Dezember 2O11 //

Erweiterter Horizont. Multilinguale semantische Suche

Verbunden im Netz. Chemnitzer Raritäten online

Geld ist genug da. Die Münzsammlung der UB Leipzig

Früher war mehr Lametta. Historische Weihnachtsfotografien

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„Glück und Gesundheit“. Diese letzte Zeile ist imEditorial unseres Weihnachtshefts 2010 versehent-lich weggefallen. Um dieses Jahr ganz sicher zugehen, wünsche ich Ihnen und Ihren Familien selbi-ges gleich zu Beginn.

Ich hoffe, dass Ihr persönliches Jahr 2011 auch ohneunseren ausdrücklichen Glückwunsch ein glückli-ches war. Für die Bibliotheken in Sachsen darf mandas trotz aller Widrigkeiten des Alltags behaupten.Wie der aktuelle Jahrgang des Bibliotheksmagazinsvielfältig belegt, ist es den Wissenschaftlichen Bib -liotheken abermals gelungen, durch die Entwicklunginnovativer Dienste den Kundennutzen zu mehrenund in der Fachwelt Impulse zu setzen. Genanntseien die Fortschritte in der Digitalisierung von Kul-turgut und beim Aufbau umfassender Kataloge (dis-covery systems), das massenhafte Angebot von E-Books nach dem Modell des kundengesteuertenErwerbs (patron-driven acquisition) oder einesemantische Suchfunktion auf der Basis offenerDaten (linked open data), die in diesem Heft erst-mals vorgestellt wird. Im Bereich der ÖffentlichenBibliotheken errangen die Flaggschiffe Dresden undChemnitz im Leistungsvergleich BIX mit Rang einsund drei fast schon traditionell vordere Plätze unterden deutschen Großstadtbibliotheken. Für dieBibliothekslandschaft insgesamt von Bedeutungwaren die Kampagne zum Ehrenamt (siehe das letz-te BIS-Sonderheft) und zum Sächsischen Biblio-thekspreis sowie die Initiativen zur Modernisierungder landesweiten Servicestruktur, die im Zuge der

Diskussion um ein Sächsisches Bibliotheksgesetzentstanden sind.

Dass das Internet speziell für die nachwachsendeGeneration inzwischen die maßgebliche Quelle fürdie Recherche, Nutzung und Verteilung von Infor-mationen ist, bedeutet für das klassische Biblio-theksnetz eine gewaltige Herausforderung. Ange-sichts der drastisch veränderten Mediennutzung undwachsenden Wettbewerbs gilt es, zügig die Voraus-setzungen zu schaffen, um die Bibliotheken tat -sächlich als die fachkompetenten, ideologiefreien,attraktiven und anregenden Kulturzentren bewah-ren zu können, die sich Bibliothekare und Benut zergleichermaßen wünschen. Nur was sich ändert,bleibt! Dieses Motto eines längst vergangenen Deut-schen Bibliothekartags, frei nach Wolf Biermann,gilt heute mehr denn je. Gefragt sind eine differen-zierte Aufgabendefinition und Produktbildung anjedem einzelnen Standort, gelebte Zusammenarbeitund die Stärkung zentraler Koordinierungs- undDienstleistungsfunktionen; und schließlich wohlauch eine neue Semantik für „Bibliothek“, die in deröffentlichen Berichterstattung zuverlässig aus demSpitzweg-Klischee herausführt.

Für interessante Beiträge wird mit-hin auch im nächsten Jahrgangunseres Bibliotheksmagazins ge -sorgt sein. Ich wünsche Ihnen eineanregende Lektüre und für 2012 –siehe oben.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 207

EDITORIAL

ACHIM

BONTE

Liebe Leserinnen und Leser,

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INHALT

Brilliante Erweiterung des Horizonts Achim Bonte/Robert Glaß 210Eine mutlinguale semantische Suche Jens Mittelbachfür den SLUB-Katalog

Mirakel, Nürnberger Prozessionsgesänge und Matthias Eifler 214ein sorbisches „Schätzchen“’Ein Erschließungsprojekt zu Kleinsammlungenan der Universitätsbibliothek Leipzig

Die Spur der Vorbesitzer finden 218Interview zur Ausstellung „NS-Raubgut in der Universitätsbibliothek Leipzig“

Verbunden im Netz Katrin Kropf 220Raritäten der Stadtbibliothek Chemnitz online präsentiert mit der SLUB Dresden

Bibliothek und Sparkasse Thomas Bürger 223Horst Köhler erhielt in Großenhain die Karl-Preusker-Medaille

Die SLUB in 3D Jens Mittelbach 224Virtuelle Räume und reale Dienstleistungen

Sächsischer Bibliothekspreis 2011 Elke Ziegler 228Ein Innovationspreis für die Stadtbibliothek Pirna

Briefprojekt Lehnert Marcel Hartwig / 230Erschließung eines Handschriftenbestandes Hans-Joachim Hermesin der Universitätsbibliothek Chemnitz 2008– 2010

Lesestark –auch im Alter Danuta Springmann 234Die „Generation Plus“ in den Städtischen Bibliotheken Dresden

Der Buchsommer Sachsen 2011 Ute Helbig 238„Beim Lesen tau ich auf“ – eine Erfolgsstory

Treffpunkt Bibliothek 240Ein Bilderbogen

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Zukunft für die SLUB Michael Golsch 242Größere Gestaltungsspielräume durch Budgetierung

Sommerkurs für Handschriftenkultur Ulrich Johannes Schneider 246Der erste Alfried Krupp-Sommerkurs an der UB Leipzig

Bunt sind schon die Wände Katrin Örtl 248Renovierte Stadtbibliothek in Radebeul-West mit einem Familienlesetag wiedereröffnet

Geld ist genug da! Christoph Mackert 250Aktuelle Erschließungsinitiativen für die Münzsammlung der Universitätsbibliothek Leipzig

Gut vorbereitet sein auf etwas, Michael Vogel 254das nie passieren soll …Dresdner Kultur- und Wissenschaftseinrichtungengründeten einen Notfallverbund

Sächsischer Werkstatttag Eberhard Blücher 256für Bestandserhaltung 2011Ein Bericht

Junge Schreiber auf Lessings Spuren Marion Kutter 258Oder Bühne frei für die Stadtbibliothek Kamenz

„ … früher war mehr Lametta!“ (Loriot) Anne Spitzer 260Neue Ausstellung zu 100 Jahre Weihnachtsfotografie in der SLUB Dresden

BIS – BESONDERE SAMMLUNGEN IN SACHSEN25 Jahre „Rosa Archiv Leipzig“ und Bibliothek Jürgen Zehnle 263

Sachsens Schokoladenseite Uwe Hessel 265Leckereien aus der Bibliothek im Industriemuseum

Leipziger Bibliotheken und Archive feiern ein Fest Ulrich Johannes Schneider 266Warum?

BIS kompakt 267

Autoren 273

Autorenhinweise / Impressum 274

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Bestandsnachweise zu gedruckten wie elektroni-schen Medien, zu Büchern, Zeitschriften und Auf-sätzen, Tonträgern und Filmen, Noten und grafi-schen Dokumenten (Fotos, Karten, Zeichnungen).Zugleich organisiert er mit einem bequemenAuthentifizierungs- und Autorisierungsverfahren(Shibboleth) den Zugriff auf alle online verfüg -baren Ressourcen.

Seit seiner Einführung wird der neue SLUB-Katalogfunktional wie inhaltlich kontinuierlich weiterent-wickelt. Letzte technische Verbesserungen betrafenzum Beispiel die Literaturverwaltungs- und Export-funktionen oder die individuelle Einschränkung vonSuchergebnissen. Im Datenbestand wuchs der Kata-log unter anderem durch die Berücksichtigung derbislang separaten Aufsatztiteldaten aus der „Sächsi-schen Bibliografie“ oder die Übernahme von über200.000 E-Book-Titeldaten nach dem Konzept derPatron-driven acquisition (kundengesteuerter Er -werb von Nutzungslizenzen).

Die wachsenden Möglichkeiten des sogenanntenSemantic Web, der Bereicherung des World WideWeb um die Dimension der Bedeutung von Infor-mationen, inspirierten im Sommer 2010 dazu, mitHilfe eines speziellen Werkzeugs drei besonders

Mit der Einführung ihres neuen SLUB-Kata-logs auf der Basis der Discovery-SoftwarePrimo der Firma Ex Libris hat die Sächsi-

sche Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbi-bliothek Dresden (SLUB) im Dezember 2010 diezunehmend unzulängliche Welt der traditionellenelektronischen Bibliothekskataloge hinter sichgelassen. Innerhalb von neun Monaten entstand einübergreifendes Katalogfrontend, das auf älterenSystemen aufsetzt (zum Zweck des Data Harvestingoder auch zur Inanspruchnahme der lokalen Benut-zerverwaltung), zugleich aber davon weitgehendunabhängig ist. Eine besondere Herausforderungbedeutete der Anspruch, Primo nicht „out of thebox“, das heißt als gesichtsloses Fertigprodukt ein-zusetzen, sondern als Herzstück des gesamtenInformationsangebots individuell zu gestalten undweitgehend in die allgemeinen Webseiten zu inte-grieren. Auch die Ausleihbenutzerverwaltung solltemöglichst bruchlos in das Gesamtkonzept finden.Der SLUB-Katalog bietet heute unter einer attrak-tiven Benutzeroberfläche ein sehr gutes Trefferran-king, Rechtschreibkorrektur, vielfältiges Drilldown,flexible Sortieralgorithmen und weitere, von Such-maschinen gewohnte Funktionen. Über den Daten-bestand des alten LIBERO-OPAC erheblich hin-ausreichend, integriert er rund 65 Millionen

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Brillante Erweiterung

des HorizontsEine multilinguale semantische Suche für den SLUB-Katalog

VON ACHIM BONTE, ROBERT GLASS UND JENS MITTELBACH

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anspruchsvolle Aufgaben im SLUB-Katalog anzu-packen: Erstens die unterschiedliche Erschließungs-tiefe der integrierten Dokumente. Während zumBeispiel lizenzierte E-Journals im Volltext durch-sucht werden können, stehen für den gedrucktenKernbestand der Bibliothek nur die klassischenMetadaten (bibliographische Beschreibung, einigeSacherschließungsdaten) zur Verfügung. Zweitensdie in Bibliotheken fast immer unzureichende the-matische Suche, die von Benutzern eigentlichbevorzugt, gegenüber titelgenauen Abfragen aber inder Regel sehr viel schlechter bedient wird. ImErgebnis recherchieren nicht wenige Bibliotheks -benutzer zunächst in Internetsuchmaschinen oderbei On line-Buchhändlern, bevor sie mit dem ermit-telten Titelmaterial „ihren“ Bibliothekskatalogbefragen. Beinahe als Nebeneffekt sollte drittensder Tatsache Rechnung getragen werden, dass vieleBenutzer einer wissenschaftlichen Bibliothek zwarfremdsprachige Dokumente verstehen, aber mit derfremden Sprache nicht aktiv arbeiten können. Zielwar mithin, bei Eingabe von „Automatikgetriebe“zum Beispiel auch Texte zu „automatic transmissi-on“ zu finden.

SLUBsemanticsEin dezidiert kooperativer Ansatz mit Öffnung auchgegenüber innovativen High-Tech-Unternehmenzählt seit einigen Jahren zum Markenzeichen derDresdner Bibliotheksstrategie. Während die meistjungen Firmen ihre Ideen testen und sich erste Refe-renzen erarbeiten, profitiert die Bibliothek vonderen besonderer Innovationskraft und Einsatzbe-reitschaft. Im intensiven Austausch der auf beidenSeiten beteiligten Experten entstehen auf dieseWeise besonders passgenaue Produkte. Entspre-chend wäre auch die hier vorgestellte semantischeSuche ohne die enge Zusammenarbeit mit demDresdner Unternehmen „Avantgarde Labs“ keines-

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schlagen werden, unabhängig von der Originalspra-che. Der Benutzer spart damit Übersetzungsauf-wand in externen Quellen und eine mehrfache Ein-gabe von gleichen Suchanfragen. Darüber hinauswird er auf bislang verdeckte Inhaltsbeziehungen zuanderen Bibliotheksbeständen hingewiesen underhält so während der Katalogsuche reichlich Gele-genheit, kontinuierlich hinzu zu lernen bzw. sichvon den Funden neu anregen zu lassen. Seit demamerikanischen Soziologen Robert Merton (1910 –2003) kennen wir dieses Phänomen in der interna-tionalen Wissenschaft als Serendipity. Serendipitysteht für das ursprünglich gar nicht Gesuchte, dassich als unerwartete, bereichernde Entdeckungerweist. Der SLUB-Katalog wird in diesem Sinnenicht nur zu einem noch mächtigeren Auskunfts-mittel, sondern buchstäblich zu einem Ort des Ent-deckens und Lernens.

Die magisch wirkende Funktionsweise von SLUBse-mantics ist Resultat eines so einfachen wie einleuch-tenden Prinzips – des Rückgriffs auf große, sozialgepflegte und netzwerkartig angelegte Informations-strukturen zum Zweck der automatischen Anreiche-rung und Verknüpfung von Katalogdaten. In unse-ren Bibliothekskatalogen weisen bibliografischeRepräsentationen von Objekten – abgesehen vonwenigen, mit viel Aufwand gepflegten Normdatenwie SWD-Schlagworten oder Personennormdaten– gewöhnlich kaum Verknüpfungen und fast garkeine semantische Relationen auf. Obgleich LinkedOpen Data (d.h. frei verfügbare Daten im WWW)heute ein gängiges Schlagwort ist, lässt sich diesergrundsätzliche Mangel nicht etwa durch die bloßeBereitstellung der bibliografischen Daten als soge-nannte offene RDF-Tripel beheben, da die notwen-digen Verknüpfungen fehlen, um wirklich semanti-sche Qualität zu erzielen. Der hier vorgestellte

wegs möglich gewesen. Avantgarde Labs ist aus forschungsstarken Lehrstühlen der TechnischenUniversität Dresden hervorgegangen und beschäf-tigt sich seit 2008 mit Datenintegration, DataMining und Softwareentwicklung. Die Gestaltungder Benutzeroberfläche lag in den bewährten Händen des Webdesigners und SLUB-Mitarbeiters Thomas Jung.

Im Mittelpunkt der neuen Anwendung mit demaufschlussreichen Namen „SLUBsemantics“ stehtdie Idee, den Benutzer seine Anfrage völlig zwanglosformulieren zu lassen – in seiner Muttersprache, mitseinem persönlichen Wortschatz – und ihm allesemantisch relevanten Katalogeinträge in geordne-ter Form zurück zu liefern. Das bedeutet konkret,dass die Terme aus der Suchanfrage nicht zwingendin den Metadaten der relevanten Katalogisate vor-handen sein müssen. Die Software erkennt automa-tisch inhaltliche Zusammenhänge und gibt struktu-rierte, auf Wunsch auch grafisch aufbereiteteTrefferlisten aus. Gibt der Benutzer zum Beispiel dasWort „Bank“ ein, werden ihm sowohl relevanteKatalogeinträge zu (einzelnen) Kreditinstituten, derBankenkrise oder dem Eurosystem als auch zumSitzmöbel, einer Sandbank oder einzelnen Personen,wie dem Historienmaler Heinrich Bank, vorgeschla-gen. Sucht er „Hauptstadt Belgien“, werden auch alleTreffer mit „Brüssel“ berücksichtigt. Lautet die Ein-gabe „Once upon a time in the west“, erhält erzugleich Treffer zum deutschen Filmtitel „Spiel mirdas Lied vom Tod“, zum Regisseur Sergio Leoneoder zu „Zwei glorreiche Halunken“, einem anderenItalo-Western Sergio Leones. Die einzelnen mögli-chen Bedeutungen und Kontexte eines Wortes wer-den als Konzepte bezeichnet. Alle Ressourcen desSLUB-Katalogs, die einen Bezug zu den gefundenenKonzepten haben, werden als Ergebnismenge vorge-

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DAS SEMANTISCHE WEB

Die Idee des "semantischen Web" geht auf Tim Berners-Lee zurück, den Erfinder des World Wide Web. Siewirbt für die Entwicklung von Technologien, mit denen Computer die Inhalte von Musik, Bildern und Videosbesser verarbeiten können sollen. Ziel ist, nicht nur die Bedeutung einzelner Wörter zu erkennen, sondernauch die Beziehungen zu anderen Bedeutungen. Daraus ergeben sich hierarchische Klassen von Bedeutun-gen, die miteinander in Beziehung stehen oder sich gegenseitig ausschließen. Beispiel: Eine Bibliothek ist einGebäude, aber weder Kirche noch Hotel.

Solche semantischen Klassifizierungen werden den Inhalten als Metadaten hinzugefügt. Dafür sind die WebOntology Language (OWL) sowie das Resource Description Framework (RDF) entwickelt worden, zwei maschi-nenlesbare Sprachen zur formalen Beschreibung von Multimedia-Inhalten. Das heutige Web besitzt bislangnur zu einem sehr geringen Teil solche semantischen Beschreibungen.

Das Problem ist daher, die etwa 98 Prozent Webinhalte anzureichern, die noch keine semantischen Beschrei-bungen aufweisen. SLUBsemantics bietet für den Bestand der SLUB eine softwaretechnische Lösung, dienicht zuletzt unter Beteiligung der Anwender (social tagging) sukzessive verbessert werden soll.

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vier Millionen Katalogisate der SLUB Berücksichti-gung finden, sondern auch die im SLUB-Katalogverfügbaren lizenzierten Volltexte. Der Recall, alsodie Anzahl der gefundenen Dokumente, würdesprunghaft steigen; ebenso die Precision, die Genau-igkeit, mit der ein Dokument zur formuliertenSuchanfrage passt, da bei Volltextdokumenten dasErgebnis der Termextraktion und -anreicherung perse um ein Vielfaches besser ausfällt als bei reinbibliografischen Daten.

Schließlich soll das bislang noch gezielt anzuwählen-de SLUBsemantics mittelfristig mit dem einfachenSuchschlitz und der Standardfacet-tierung des SLUB-Katalogs vereintund damit für jede Katalogsucheautomatisch produktiv werden. Aufder Basis von SLUBsemantics arbei-ten die SLUB und Avantgarde Labsgegenwärtig mit internationalenPartnern an der Vorbereitung einesEU-Drittmittelprojekts. Über des-sen Inhalt und technische Detailsvon SLUBsemantics wird es imnächsten Jahr einen ausführlichenBeitrag in der Fachpresse geben. Fürdie Leserinnen und Leser von BISlautet unsere Empfehlung schonheute: SLUBsemantics aufrufenund testen. Sie werden beeindrucktsein.

Ansatz stellt bibliografische Daten mittels Data-Mining-Technologien in einen thematischen Kon-text. Der Kontext stammt aus dem größten sozialerzeugten Informationsnetzwerk, das die Mensch-heit bislang erschaffen hat, der freien Enzyklopädie„Wikipedia“. Die Vorteile dieses Netzwerks liegenauf der Hand: Es wird pausenlos von Millionen vonMenschen mit Spezialwissen aktualisiert und erwei-tert, es ist in allen Sprachen verfügbar und bildet dasMenschheitswissen so umfassend und so detailliertab wie keine andere Ressource auf diesem Planeten.Allein die englischsprachige Version enthält überdrei Millionen Artikel, gefolgt von der deutschenmit über einer Million. Jedes Ereignis, jede Erfin-dung, jeder Sachverhalt erscheint innerhalb vonMinuten nach Bekanntwerden in Form eines Arti-kels oder Textabschnittes einschließlich Links zuverwandten Themen und Einordnungen in Katego-rienbäume in der Wikipedia. Von hier aus finden dieInformationen dank der neuen Technologie denWeg in den SLUB-Katalog.

Der neue Ansatz der multilingualen Suchtechnolo-gie vergrößert die Menge relevanter Suchergebnissedramatisch. Bei Orientierung und Auswahl hilfteine grafische Visualisierung, die ein mehrfacheshierarchisches Einschränken der Suchergebnisseunterstützt. Mit dem intuitiv zu bedienenden Ent-scheidungsbaum kann sich der Benutzer zielgerich-tet seinen Interessen nähern. Bei der Anfrage „Bank“würde die Auswahl in der höchsten Hierarchieebeneetwa „Wirtschaft“, „Wissenschaft“ und „Kultur“anbieten. In einer tieferen Hierarchieebene entschei-det sich der Anwender zwischen „Sozialwissen-schaft“, „Politikwissenschaft“ und „Naturwissen-schaft“ für eine konkrete Interpretation. Dabeiwerden in Echtzeit die relevanten Katalogeinträgeeingeschränkt und entsprechend ihrer aktuellenRelevanz neu sortiert.

AusblickSLUBsemantics ist seit Mitte Dezember in einerBeta-Version auf der Webseite der SLUB verfügbarund eröffnet in der Welt der Katalogrecherche einenneuen Horizont. Die bereits in der ersten Ausgabeerstaunlich präzise Suchfunktion wird in den näch-sten Monaten konsequent weiterentwickelt. Nebender Verbesserung der Anreicherungs- und Suchalgo-rithmen sollen die Benutzer systematisch in dieDatenoptimierung einbezogen werden, womit dieautomatisch erzeugten Anreicherungskonzeptedurch menschliche Intelligenz auf Plausibilitätgeprüft und inhaltlich ergänzt würden. Dieses Kon-zept des sogenannten User Tagging wird funktionie-ren, sofern die Benutzer hinreichende Beteiligungs-anreize, das heißt eine spielerisch zu bedienendeOberfläche sowie eine sichtbare Qualitätssteigerung,erhalten.

Ihre volle Macht kann die Lösung zudem entfalten,wenn bei der Anreicherung nicht allein die knapp

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ROBERT

GLASS

ACHIM

BONTE

JENS

MITTELBACH

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Dr. Christoph Mackert berichtet. Beteiligt sindacht Einrichtungen, die über Klein- und Kleinstbe-stände an mittelalterlichen Handschriften verfü-gen. Neben vier Einrichtungen in Leipzig (Bundes-verwaltungsgericht, Deutsches Buch- und Schrift-museum, Stadtbibliothek und StadtgeschichtlichesMuseum) sind dies die Bibliotheken der Vereinig-ten Domstifter in Naumburg und Zeitz, das Pfarr-archiv in Jauernick sowie das Museum SchlossRochlitz (zum Projekt vgl. www.ub.uni-leipzig.de/projekte/handschriften/kleinsammlungen). DieErschließung der Handschriften führt Matthias Eif-ler durch. Die vorbereitenden Arbeiten zur Papier-analyse und die Eingabe der Ergebnisse in dieDatenbank „Manuscripta Mediaevalia“ (http://www.manuscripta-mediaevalia.de) werden von derwissenschaftlichen Hilfskraft Anita Schorchtdurchgeführt. Bereits jetzt stehen in dieser Daten-bank die bislang angefertigten Beschreibungen fürWissenschaftler und alle Interessierten online zurVerfügung. Auch eine Digitalisierung der Codicesist geplant. Da es sich um der Forschung bislang völ-lig unbekannte Bestände handelt, bietet der Pro-jektbestand wie im oben genannten Beitrag an ge-kündigt einen „reichen Fundus für Neuentdeckun-gen“. Mittlerweile wurden die Bestände von dreiKooperationspartnern vollständig bearbeitet, sodass erste Ergebnisse vorgestellt werden können.

Schloss Rochlitz 2001 wurde bei Sichtungsarbeiten in Schloss Roch-litz eine kleinformatige mittelalterliche Handschriftentdeckt, über deren Provenienz nichts bekannt ist.Während zunächst zu erwarten war, dass es sich um

Seit September 2010 wird am Handschriften-zentrum der UB Leipzig ein von der Deut-schen Forschungsgemeinschaft (DFG) geför-

dertes Pilotprojekt zur Erschließung von Klein-sammlungen mittelalterlicher Handschriften inSachsen und dem Leipziger Umland durchgeführt.Über die Vorgeschichte und Ziele des Projekts hatan dieser Stelle vor einem Jahr (vgl. BIS 2010/4, S.250 – 253) der Leiter des Handschriftenzentrums

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Mirakel, NürnbergerProzessionsgesänge und einsorbisches „Schätzchen“Ein Erschließungsprojekt zu Kleinsammlungen an der Universitätsbibliothek Leipzig

von MATTHIAS EIFLER

Textende der Exempel-

sammlung des Lauren-

tius Muschesele

(Rochlitz, Schloss,

Inv.-Nr. Roc_681, 225r).

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einen Codex aus der Region handeln würde, führtedie Erschließung zu einem anderen Ergebnis. DieWasserzeichen belegen, dass der Band um 1455/65in den südlichen Niederlanden entstanden ist. Aufdieses Entstehungsgebiet weist auch einer der ent-haltenen Texte: Er ist außer in dieser Handschriftnur im Bistum Cambrai überliefert, das Gebiete imheutigen Nordfrankreich und südlichen Belgienumfasste. Es handelt sich um eine Sammlung von 49Exempla zu Wundern und Christus- und Marien-sowie Teufelserscheinungen, die sich im Zusammen-hang mit der würdigen oder nachlässigen Feier desStundengebets ereigneten. Kompiliert wurden unteranderem Texte der Zisterzienser Konrad von Eber-bach und Caesarius von Heisterbach, aber auch Aus-schnitte aus dem Werk der Mechthild von Hacke-born und dem „Bienenbuch“ des DominikanersThomas von Chantimpré. Die Sammlung kann demweitgehend unbekannten Autor Laurentius Mu -schesele zugeschrieben werden, der 1432 oder 1433seine Profess im Kartäuserkloster Herne ablegte,dort seit 1437 Prior war und am 3. Dezember 1471oder 1477 starb. Die von ihm kompilierte Exempel-sammlung zum Stundengebet ist außer in der Roch-litzer vollständig nur in einer Handschrift in Cam-brai und fragmentarisch in einem Codex in Brüsselerhalten. Kleine Textvarianten im ersten und um -fangreichsten Text, den Meditationen über dasLeben Christi aus der Feder des in der Toskanalebenden Franziskaners Johannes de Caulibus, zei-gen, dass der Codex für ein Männerkloster angelegtwurde, in dem die Heiligen Martin und Basiliusbesonders verehrt wurden. Vielleicht stammt er ausder Kartause in Sint-Martens-Lierde (Provinz Ost-flandern), die dem heiligen Martin geweiht war undseit ihrer Gründung enge Beziehungen zur KartauseHerne unterhielt, wo Laurentius Muschesele tätigwar.

Leipzig, Stadtbibliothek, Becker-Sammlung Carl Ferdinand Becker (1804 – 1877), ein begabterPianist und Organist an der Leipziger Nikolaikirche,hatte sich schon in jungen Jahren dem Studium derMusikgeschichte und der Sammlung von Musikalienzugewandt. 1856 stiftete er seine umfangreicheSammlung, die damals 3.277 Drucke und Hand-schriften umfasste, der neugegründeten Musikabtei-lung der traditionsreichen Leipziger Stadtbiblio-thek. Teil dieser Kollektion ist die ca. 550 Bändeumfassende „Choralsammlung“, die Stücke des 15. bis 19. Jahrhunderts, darunter auch drei mittelal-terlichen Handschriften, enthält.Bereits im Jahr 1829 gelangte Becker in den Besitzeines Prozessionale (Signatur: II 1 8° 1). Der 74 Blät-ter umfassende Band kann durch die Wasserzeichenauf das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts datiertwerden. Eine genauere Untersuchung des Inhaltsmacht deutlich, dass der Band für die Nürnberger St.Lorenzkirche angefertigt wurde, die vor allem durchihre berühmten Kunstwerke (z.B. den EnglischenGruß des Veit Stoß von 1517/18) bekannt ist. So

wird die Route für die Bittprozession am 25. Aprilbeschrieben, die die Örtlichkeiten Nürnbergs wider-spiegelt: Von der Pfarrkirche St. Lorenz führte derWeg durch 15 Pfarr- und Klosterkirchen und Kapel-len unter anderem zur zweiten großen StadtkircheSt. Sebaldus. An den folgenden Bitttagen ging manzu den außerhalb der Stadttore gelegenen Kapellen,die von der Lorenzkirche abhängig waren. Auch wei-tere Hinweise zeigen, dass die Handschrift aus derLorenzkirche stammt: Erwähnt werden der heiligeAbt Deocarus von Herrieden, dessen Reliquien seit1316 in der Kirche aufbewahrt wurden, sowie dasKirchweihfest am Sonntag vor dem Fest Maria Mag-dalena (22. Juli). Die eingefügten Rubriken regelnden Wechselgesang zwischen dem chorus und denscholares, wurden also für den Schulmeister, denKantor und die Schüler der benachbarten Latein-schule von St. Lorenz angelegt, vielleicht unterJohann Rumpfer, der von 1503 bis 1510 Schulleiterwar. Da sich keine Nürnberger Prozessionalien ausdieser Zeit erhalten haben, ist die Handschrift als

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Gesänge bei der

Prozession von der

St. Lorenz- zur

St. Sebaldkirche in

Nürnberg (Leipzig,

Stadtbibliothek,

Becker-Sammlung,

II 1 4° 1, 19r).

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Cares Noten für die Ausbildung der Chorknaben immehrstimmigen Gesang aufzeichnete. Ende des 17.Jahrhunderts wurde am Ende eine weitere Lage mitder Kyrielitanei angefügt. Die Namenseinträge imPergamentcodex und die eingefügten Papierlagenzeigen, dass das spätmittelalterliche Chorbuch imMerseburger Dom bis in die Mitte des 18. Jahrhun-derts weiterbenutzt wurde. Die Handschrift ermög-licht eine Rekonstruktion der hier über Jahrhunder-te kontinuierlich gepflegten Liturgie und einen Ein-blick in die Geschichte der Musikpflege in Merse-burg in der frühen Neuzeit. Über die Inhaber derChoralistenstellen (1790 waren es sechs Stellen) warbislang nur sehr wenig bekannt, da sie erst ab 1717in Akten des Domstiftsarchivs nachgewiesen sind.Deshalb sind die Namenseinträge in diesem Codexals ein wichtiges personengeschichtliches Zeugnisanzusehen.

Jauernick, Pfarrarchiv, Depositum im Bistumsarchiv Görlitz Der kleine Ort Jauernick bei Görlitz gilt als ältestePfarrei der Oberlausitz und war seit 1242 demZisterzienerinnenkonvent St. Marienthal als Klo-sterdorf verbunden. Im Verlauf der Jahrhunderteentstand hier eine Sammlung von circa 220Büchern, die heute als Depositum im BistumsarchivGörlitz aufbewahrt wird. Der bis in das Mittelalterzurückreichende, von den jeweiligen Pfarrern erwei-terte Bestand ist die bislang einzige bekanntegeschlossen vor Ort erhaltene katholische Pfarrbi-bliothek in dem durch die Reformation geprägtenmitteldeutschen Raum. Erhalten sind auch sechsmittelalterliche Handschriften, die Teil des Erschlie-ßungsprojektes sind.

Mindestens eine Handschrift (Signatur: Nr. 1) warseit 1463 kontinuierlich im Besitz der JauernickerPfarrkirche. Es handelt sich um eine 1404 angefer-tigte Abschrift der Sammlung von HeiligenlebenLegenda aurea des Dominikaners Jacobus de Voragi-ne († 1298). Der Codex wurde auf Papier geschrie-ben, das auch in Böhmen verwendet wurde und ent-hält Zusatzkapitel zu böhmischen Heiligen wieProcopius und Wenzel. Dies deutet darauf hin, dasser sehr wahrscheinlich in Böhmen oder der Lausitzentstanden ist. Nach der Mitte des 15. Jahrhundertswar der Band im Besitz des Magisters JohannesErmelrich, der nach einem Studium der Theologiean der Universität Leipzig spätestens 1439 als Pfar-rer in Jauernick und von 1446 bis 1462 als Pfarrer inLöbau nachgewiesen ist. Wie ein Stiftungsvermerkam Ende der Handschrift zeigt, gaben nach Ermel-richs Tod am 19. März 1463 seine Nachlassverwalterden Band an seine erste Pfarrkirche in Jauernick.Dass sie dabei vermerkten, dass keiner seiner Nach-folger den Band der Pfarrkirche entfremden dürfe,zeigt, wie wertvoll ein Codex im Mittelalter war.Einen bemerkenswerten Fund hielt ein anderer Bandaus Jauernick (Signatur: Nr. 2) bereit. Es handelt sichum einen Sammelband, in dem ein Schreiber 1510

eine für die Erforschung der Nürn-berger Liturgie- und Stadtgeschich-te im Spätmittelalter zentrale Quelleanzusehen.

Einen repräsentativen Band mitprachtvollem Einband aus Merse-burg (Signatur: II 1 2° 1) erwarbBecker hingegen vielleicht erst nach1845. Der 110 Blätter umfassendeCodex besteht aus drei Teilen. Derumfangreichste, Ende des 15. oderAnfang des 16. Jahrhunderts aufPergament kopierte Teil enthältAuszüge aus dem Graduale (Alle-luiaverse für die Messe) und einigeAusschnitte aus dem Antiphonar

(Gesänge für das Stundengebet). Dass der Band fürdie Feier der Liturgie im Merseburger Dom St.Johannes der Täufer und Laurentius entstand,beweisen die für Merseburg charakteristischenFeste – etwa die Translation der Heiligen Kunigun-de (9. September) und die Ankunft der Reliquiendes Heiligen Laurentius (15. November). DerCodex enthält auch die am Gründonnerstag gesun-genen Klagelieder des Propheten Jeremia sowie eineam Karsamstag am Grab des Herrn aufgeführtelateinische Osterfeier, die aus einen Dialog zwischenden Frauen am Grabe und dem Engel sowie einem„Jüngerlauf “ zum Grabe besteht. Wohl zeitnah zurEntstehung wurde der Band in einer MerseburgerEinbandwerkstatt gebunden, die sowohl für denDom als auch für das benachbarte Benediktiner -kloster tätig war.

Bemerkenswert ist vor allem das „Nachleben“ dieserPergamenthandschrift. Zwischen 1556 und 1740trugen circa 72 Choralisten des MerseburgerDoms – fest angestellte besoldete Sänger, die für dieAusgestaltung des Gottesdienstes und die musikali-sche Ausbildung der Domschüler zu sorgen hatten –ihre Namen auf den Seitenrändern, zwischen denNotenzeilen und in den Initialen ein. Dadurchwurde angegeben, wer im jeweiligen Jahr „Alleluia-Schütze“ war, also welcher Choralist zum ersten Maleinen der komplizierten Alleuiaverse singen durfte.

Heute kennt man den Begriff „Schütze“ in derBedeutung „Anfänger, junger Schüler“ noch ausdem Wort „ABC-Schütze“. Mancher Choralist tatsich besonders hervor, etwa Antonius Conrad ausBremen, der 1587/88 gleich 18 Einträge hinterließ;andere Namen finden sich hingegen nur einmalig.Gleich mehrere Jahre hintereinander (1588 – 96)durfte etwa Nicolaus Krumpholz singen, der späterCollaborator (also Hilfslehrer) am Domgymnasium wur de. Es wurden aber auch Namen ausgestrichen,vie lleicht durch missgünstige Nachfolger. Dass derCodex auch der musikalischen Ausbildung desNachwuchses diente, zeigt eine 1609 eingefügtePapierlage, in welcher der Unterkantor Johannes

216 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Klagelieder des Jeremia

am Gründonnerstag, mit

Einträgen der „Alleluia-

Schützen“ des Merse-

burger Doms (Leipzig,

Stadtbibliothek,

Becker-Sammlung,

II 1 2° 1, 69r) (Detail).

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im Zuge seines Studiums Texte kopierte, die zumErlernen der lateinischen Sprache geeignet waren.Den größten Raum nimmt am Beginn ein Psalteri-um mit Kommentaren der Kirchenväter ein. Es fol-gen zwei Texte der klassischen Antike: Die Remediaamoris (Heilmittel gegen die Liebe) des römischenDichters Ovid († um 17 n. Chr.) sowie die KomödieAndria (Das Mädchen von Andros) des griechischenDichters Terenz († 159/158 v. Chr.). Am Schluss ste-hen zwei Texte mit explizit christlichem Inhalt: EinGedicht über die Passion des Herrn aus der Federdes italienischen Humanisten Philippus Beroaldus(† 1505) sowie die Dichtung De laudibus Christi derspätantiken Dichterin Faltonia Betitia Proba († um366). Ein Eintrag auf Blatt 233r zeigt, dass der Ovid-Text 1510 in Luckov, also sicher im Dominikaner-kloster in Luckau, abgeschlossen wurde. Dortbestand spätestens seit dem 15. Jahrhundert einOrdensstudium, an dem die Dominikaner der Mark-grafschaft Meißen Grundkenntnisse in den Siebenfreien Künsten erwerben konnten. Der Codex ist dieeinzige bislang bekannte erhaltene Handschrift die-ses Klosters, dessen Bibliothek nach der Klosterauf-lösung 1555 verloren ging. Der Schreiber verrät nurdie Anfangsbuchstaben seines Namens (Ze. oder Ie.)und kann unter den bekannten Studenten des Klo-sters nicht nachgewiesen werden. Die von seinerHand eingetragenen Glossen zwischen den Zeilenund am Rand (Interlinear- und Marginalglossen)zeigen, dass er die Texte intensiv durcharbeitete. ImOvid-Text fügte er auch deutsche Sprichwörter ein,die vielleicht der Lehrer mit einem Augenzwinkernseinen Schülern diktiert haben mag, um den trocke-nen Lateinunterricht aufzulockern. So heißt es etwa:Zcwee hunde vber eyn beyn trogen selden vbereyn(Blatt 232r, übersetzt: Zwei Hunde an einem Kno-chen vertragen sich selten).

Einen spektakulären Fund in ganz unspektakuläremGewand hielt der Codex am Rand eines Verses derKomödie des Terenz bereit. Auf Blatt 257r findetsich am rechten oberen Seitenrand ohne direktenTextbezug ein slawischer Eintrag. Prof. Dr. EduardWerner vom Institut für Sorabistik der UniversitätLeipzig, der um Rat gebeten wurde, konnte bestäti-gen, dass mit diesem Satz das älteste derzeit bekann-te sorbische Textzeugnis aufgefunden worden ist.Der niedersorbische Eintrag lautet: Ach moyo lubalupka / biß weßola thy sy / my luba (übersetzt: Achmein liebes Schätzchen, sei fröhlich, du bist mirlieb). Er wurde nicht vom Hauptschreiber, sondernvon einer wenig jüngeren Hand, wohl kurz nach1510, eingetragen. Sehr wahrscheinlich handelte essich um einen sorbischen Studenten, dem beimLesen der Komödie des Terenz dieser Satz einfiel,ohne dass wir wissen, ob sein Verslein einer konkre-ten Person galt. Der Fund des niedersorbischen Ein-trags ist bedeutsam, da die bislang bekannten älte-sten Textzeugnisse des Sorbischen (der Bautzener„Bürger Eyd Wendisch“ und die Übersetzung desNeuen Testaments durch Mikławš Jacubica) aus der

Mitte des 16. Jahrhunderts stammen. Der aus zehnWörtern bestehende Satz in der Luckauer Hand-schrift ist somit fast 40 Jahre älter und als kostbaresZeugnis der sorbischen Sprache und Kultur in derNiederlausitz anzusehen. Bemerkenswert ist, dass essich um einen weltlichen Text handelt, während diebislang bekannten ältesten sorbischen Texte aus demBereich des Verwaltungsschriftgutes, der Rechtspfle-ge und der katechetischen Literatur stammen.

Bereits in der ersten Projektphase hat das Erschlie-ßungsprojekt zu zahlreichen Entdeckungen geführt.Sicher schlummern noch in manchen anderenBibliotheken und Archiven im mitteldeutschenRaum solche Schätze, die es zu bergen und zuerschließen gilt. Wer von bislang unbekanntenBeständen an handgeschriebenen Büchern des Mit-telalters weiß, wird gebeten, sich anden Leiter des Handschriftenzen-trums Dr. Christoph Mackert([email protected], Tel.0341-97-30509) zu wenden. ÜberHinweise würden wir uns freuen.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 217

MATTHIAS

EIFLER

Beginn des kommen -

tierten Psalteriums

(Jauernick, Pfarrarchiv,

Depositum Görlitz,

Bistumsarchiv, Nr. 2, 2r).

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mende Titel nicht geprüft werden, da die Büchervermisst oder ausgeschieden sind.

Wie ermittelten Sie die Herkunft der Bücher undwelche Probleme traten dabei auf?

K. Weigand: Wenn sich im Buch eine Spur des Vor-besitzers findet, zum Beispiel ein Exlibris, ein Stem-pel, ein handschriftlicher Namenszug oder eineWidmung, fängt die spannende Arbeit der Prove-nienzforschung an. Neben der ersten Recherche imInternet und der Sekundärliteratur führte der Wegauch in verschiedene Archive. Für den KPD-Funk-tionär Karl Ferlemann, dessen beschlagnahmteBibliothek 1933 in die UBL gelangte, liegen die auf-schlussreichen Dokumente im Bundesarchiv Berlin.Nach der Auswertung der Archivalien konnte eineumfassende Darstellung seines Schicksals rekonstru-iert werden. Allerdings ist die Quellenlage für vieleVorbesitzer nicht so ergiebig und im besten Fallekönnen nur die Lebensdaten ermittelt werden.

Haben Sie bereits Bücher an Besitzer bzw. rechtmä-ßige Erben restituieren können?

C.Reuß: Restitutionen erfolgten bereits 2001 nachden ersten Recherchen durch Frau Nitzsche und2008 an die Erben des Leipziger jüdischen Sprach-wissenschaftler Victor Armhaus. Für die im gegen-wärtigen Projekt ermittelten Eigentümer laufen dieAnfragen beim Bundesamt für zentrale Dienste undoffene Vermögensfragen in Berlin sowie für jüdischeProvenienzen bei der Jews Claims Conference.

Wie geht die UBL weiter mit den Büchern um, die alsNS Raubgut identifiziert wurden?

C. Reuß: Alle als Raubgut identifizierten Bücher, dienicht restituiert werden können oder wo die recht-mäßigen Erben uns die Bücher überlassen, werdenals geschlossene Sammlung aus dem normalenBestand herausgezogen und im Bereich Sonder-sammlung der UBL aufgestellt. Im OPAC erfolgtdie Kennzeichnung, dass es sich bei diesen Titelnum „NS-Raubgut“ handelt. Außerdem werden alleTitel, auch die restituierten, in unserer Projektdaten-bank weiterhin verzeichnet bleiben. Alle Titel, wobisher keine Erben ermittelt werden konnten, wer-

Am 27. November 2011 wurde die Ausstel-lung „NS-Raubgut in der Universitätsbiblio-thek Leipzig“ eröffnet. Hannah Neumann,

Studentin der HTWK Leipzig und zeitweise alsPraktikantin im Projekt beschäftigt, sprach mitdem Projektteam Cordula Reuß, Kathy Weigandund Susanne Seige:

Das Projekt NS- Raubgut an der UBL lief zwei Jahre.Wie kam es zu der Beschäftigung mit der Geschichteder Bibliothek im Nationalsozialismus und speziellzur Suche nach NS Raubgut im Bestand?

C. Reuß: Bereits 2001 gab es finanziert über dieKoordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magde-burg ein Pilotprojekt. Die KulturwissenschaftlerinGrit Nitzsche konnte über einen Werkvertrag beiStichproben am Bestand der UBL erste Bücherermitteln, die unrechtmäßig erworben wurden undauch einige Bände restituieren. Seit 2006 beschäf -tigte ich mich gemeinsam mit dem ehemaligenBereichsleiter für Buchbearbeitung, Peter König,mit der Geschichte der UBL im Zeitraum 1850 –1950. Die Sichtung des bisher unerschlossenen haus-eigenen Archivs brachte wichtige Erkenntnisse zurErwerbung von Literatur über die Geheime Staats-polizei Leipzig sowie Archivalien zur Erwerbungvon beschlagnahmter Literatur im Tausch mit derPreußischen Staatsbibliothek Berlin. Diese und wei-tere archivalische Quellen waren die Grundlagedafür, 2008 ein entsprechendes Projekt bei derArbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung inBerlin zu beantragen.

Bei wie vielen Büchern konnten Sie feststellen, dasssie Raubgut sind und wie sind Sie vorgegangen, umdie Bücher im Bestand aufzufinden?

K. Weigand: Bis jetzt konnten 4.350 Titel eindeutigals NS-Raubgut identifiziert werden, dabei weisen617 Bücher Hinweise auf Vorbesitzer auf. Mit Hilfeder Verfasser- und Titelangaben aus den Polizei -zugangslisten, die sogenannten „Feldkamp-Listen“(Dublettenlisten der Preußischen Staatsbibliothek)und den Libri-prohibiti-Listen (separiert gestellteverbotene Literatur) wurde in den alten Katalogennach dem heutigen Standort der Bücher recher-chiert. Allerdings konnten etwa 350 in Frage kom-

218 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Die Spur der Vorbesitzer finden Interview zur Ausstellung „NS-Raubgut in der Universitätsbibliothek Leipzig“

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den in der Lost Art Datenbank der Arbeitsstelle fürKulturgutverluste Magdeburg eingespielt.

Der materielle Wert der meisten Bücher ist wohlnicht besonders hoch, wie schätzen Sie dagegen denideellen Wert ein?

S. Seige: Die in den Magazinen der UBL wiederauf-gefundenen Bücher, die mittels der in ihnen enthal-tenen individuellen Spuren auf ihre Vorbesitzer verweisen, dienen uns in vielerlei Hinsicht alsGedächtnisspeicher. Mehrere Ebenen der Erinne-rung sind in ihnen verwahrt. In ihrer Eigenschaft alsin der NS-Zeit unrechtmäßig an die UBL gekom-menes Kulturgut erinnern sie uns an die Verbrechender Vergangenheit. Sie sind uns heute mahnendeZeugen vergangener Ungerechtigkeit und Willkür.Sie erinnern an die Personen, die sie lasen und mitihnen lebten und damit an deren Ideen, Träume undWünsche. Sie verraten uns durch diverse Eintragun-gen von Lesern oder Institutionen ihren Weg bis zudem Standort, an dem sie heute stehen. So erzählensie uns etwas über unsere eigene Vergangenheit undspiegeln das Hier und Jetzt. Wir möchten, dass fürdie Besucher der Ausstellung der ideelle Wert derBücher, deren materieller Wert ja zumeist gering ist,in seinen verschiedenen Bedeutungsschichten nach-vollziehbar wird.

Das Projekt wird mit einer Ausstellung für die Biblio-theksbenutzer und die Öffentlichkeit abgeschlossen,welche Exponate werden dort zu sehen sein? Waserfahren Besucher über das Schicksal der Besitzer?

S. Seige: Im Vordergrund der Ausstellung steht diePräsentation der von uns recherchierten Bücher, dieals „NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut“an die UBL gekommen sind. Die Ausstellungwurde am 27. November eröffnet und läuft bis zum 18. März 2012. Begleitend zur Ausstellung ist einKatalog erschienen. Eingangs wird die Position der UBL während derZeit des Nationalsozialismus erläutert. Die Auswer-tung des hauseigenen Archivs förderte viele interes-sante Dokumente zutage. Zum Beispiel gibt es mehrere Anordnungen, die die zunehmende Regle-mentierung des Alltags im Sinne des Nationalsozia-lismus und die fortschreitende Ausgrenzung jüdi-scher Mitbürger aus der Gesellschaft belegen. EinTeil der von uns ermittelten Provenienzen – unter-teilt nach Personen und Parteien, Vereinen undanderen Organisationen, zum Beispiel Kommuni-sten, Sozialdemokraten, Menschen jüdischer Her-kunft, Freimaurern, Zeugen Jehovas oder Arbeiter-bildungsvereinen – werden dann gezeigt. Die fürunsere Arbeit so wichtigen Herkunftsnachweise wieStempel, Exlibris oder handschriftliche Signaturensollen für die Besucher einsehbar sein. Für einzelnePersonen, wie der Kommunist und aktive Wider-standskämpfer Karl Ferlemann oder der am Leipzi-ger Amtsgericht tätige jüdische Übersetzer Victor

Armhaus wird es durch die Fülle des vorhandenenMaterials als Fallbeispiele eigene Vitrinen geben.Mittels Fotografien, Lebensdaten und persönlichenDokumenten versuchen wir an das Schicksal derPersonen, die hinter den Büchern stehen, zu erin-nern.

In den letzten Jahren sind im Bibliothekswesen eini-ge Projekte und auch Ausstellungen zu NS-Raubgutdurchgeführt worden. Wie sehen Sie den gegenwär-tigen Stand der Forschungen? Welche offenen Fra-gen und Anknüpfungspunkte ergeben sich aus derBearbeitung und den gewonnenen Erkenntnissen?

C.Reuß: Ja, es gibt inzwischen viele Bibliotheken,die sich mit diesem Thema aktiv auseinandersetzen,und auch eine gute Zusammenarbeit zwischen die-sen Bibliotheken. Ich glaube, die Suche nach NS-Raubgut aus dem Erwerbungszeitraum 1933 –1945 ist auch wissenschaftlich gut untersucht. Die„Handreichungen“ des Beauftragten der Bundesre-gierung sowie die Checkliste zum Auffinden vonNS-Raubgut sind wichtige Hilfsmittel für dieArbeit am Projekt. Trotzdem gibt es immer nochEinrichtungen, auch große Bibliotheken, die sichder Suche nach NS-Raubgut bisher verschließen.Anderseits bezieht sich die Suche häufig nur aufden Zeitraum von Erwerbungen bis 1945. Wirkonnten, ähnlich wie dies die Zentral- und Landes-bibliothek Berlin mit ihrem Projekt gegenwärtigtut, zeigen, dass NS-Raubgut durch den Bezug vonDubletten über die Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände, Antiquariatskäufe und denTausch zwischen Bibliotheken oder Abgaben vonInstitutsbeständen bis in die Gegenwart vorkommtund deshalb auch zeitlich uneingeschränkt zuuntersuchen ist. Meines Erachtens zeichnet sich unsere Ausstellungdadurch aus, das wohl zum ersten Mal die ganzeBreite der durch die Nationalsozialisten verfolgtenPersonen und politischen und religiösen Organisa-tionen mit Beispielen belegt werden kann unddadurch eine neue Qualität erreicht wird.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 219

v.l.n.r. Kathy Weigand

(Diplombibliothekarin),

Cordula Reuß (Fachrefe-

rentin & Projektleiterin

NS-Raubgut), Susanne

Seige (wissenschaftliche

Hilfskraft), Hannah

Neumann (Praktikantin &

Studentin Masterstudien-

gang Bibliotheks- und

Informationswissenschaft

an der HTWK Leipzig.

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Bereitstellung wertvoller historischer Bestände. Eshandelt sich um gemeinfreie Werke, die keinemUrheberrecht mehr unterliegen und damit freizugänglich und verwendbar sind. Sie stellen außer-dem einen wichtigen Beitrag für Forschung und kul-turelle Identität vergangener Epochen dar.

Primäre Aufgabe der Öffentlichen Bibliotheken istzwar die Versorgung der Bevölkerung ihres Einzugs-gebietes mit aktuellen Medien und Informationen,

Die Digitalisierung leistet einen wertvollenBeitrag zur Bestandsschonung und erleich-tert die Zugänglichkeit: Was digital vorliegt,

muss nur noch in besonderen Fällen im Originalbereitgestellt werden und kann in virtuelle For-schungsumgebungen integriert werden.1

Mit diesem Ansatz und dem Gedanken des transpa-renten, freien Zugangs zu Wissen als bedeutendesKulturgut beteiligt sich auch die StadtbibliothekChemnitz seit Mai diesen Jahres an der digitalen

220 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Verbunden im NetzRaritäten der Stadtbibliothek Chemnitz online präsentiert mit der SLUB Dresden

von KATRIN KROPF

Auch das Kuvert des gehört natürlich zum

Digitalisat des Briefes von Richard

Wagner an seinen Trompeter Queisser.

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doch auch hier schlummern große Schätze, die derÖffentlichkeit nicht vorenthalten werden dürfen.

Jedoch fehlt es den meisten kommunalen Bibliothe-ken an finanziellen und technischen Voraussetz -ungen sowie an Erfahrung in organisatorischen Ab -läufen, um selbstständig, bestandsschonend undgleichzeitig qualitativ hochwertig digitalisieren zukönnen. Allein können sie sich beispielsweise nichtdem Förderprogramm „Erschließung und Digitali-sierung handschriftlicher und gedruckter Überlie -ferung“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) anschließen.2

Einen guten Weg fanden die Stadtbibliotheken imRegierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz: Die zum TeilWissenschaftlichen Stadtbibliotheken in Koblenz,Mainz, Trier und Worms, allesamt mit einem be -trächtlichen Fundus historischer Bestände, koope-rieren seit Sommer 2010 im Bereich der Digitalisie-rung mit den Wissenschaftlichen Bibliotheken vorOrt und präsentieren im Rahmen eines DFG-Pro-jektes ihre Digitalisate gemeinsam im rheinland-pfälzischen Digitalisierungsportal dilibri (www.dilibri.de).Ein anderer möglicher Weg ist, für die einzelnenDigitalisierungsvorhaben Sponsoren sowie einenfachlich starken, erfahrenen Partner zu suchen. Die-sen Weg schlug die Stadtbibliothek Chemnitz ein.Mit fachlicher Unterstützung der Sächsischen Lan-desbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB) ist eine forschungsrelevante digita-le Sammlung für den Chemnitzer historischenBestand im Entstehen.

Kostbarkeiten der Stadtbibliothek ChemnitzDer historische Bestand der Stadtbibliothek Chem-nitz umfasst circa 160.000 Bände aus acht Jahrhun-derten. Zu den besonderen Schätzen gehören mittel-alterliche Handschriften, Inkunabeln und Druckedes 16. und 17. Jahrhunderts. Einen wesentlichenTeil machen außerdem die Drucke zur bedeutsamenIndustriegeschichte Chemnitz im 19. und frühen20. Jahrhundert aus. Im Zuge der Restaurierungendieser wertvollen Bestände sollen künftig weitereDigitalisate ausgewählter Objekte entstehen. Denüberschaubaren Anfangsbestand der digitalen his -torischen Bibliothek bilden Originalbriefe vonRichard Wagner und dem Barockdichter Paul Fle-ming. Nach derzeitigem Stand sind weltweit nurvier Fleming-Briefe erhalten. Eine weitere Hand-schrift, auf welche die Stadtbibliothek besondersstolz ist und die seit diesem Jahr auch in Gänzeonline zur Verfügung steht, ist eine reich illumin -ierte Biblia Latina von 1277, zugleich das ältesteObjekt im Bestand der Chemnitzer Stadtbibliothek.

Im Jahre 2008 beziehungsweise 2009 wurdenReprintausgaben der Biblia Latina sowie der „Ma -schinenfabrik von Richard Hartmann in Chemnitz“hergestellt. Die in diesem Zuge entstandenen Digi-talisate konnten durch die Stadtbibliothek weiter -

genutzt werden, bedurften jedoch noch weitererBearbeitung, um den qualitativen Anforderungender Digitalen Sammlungen der SLUB gerecht zuwerden. Randschnitte wurden bei den einzelnen Bild dateien entfernt und Farben optimiert. DieAnforderungsparameter sahen außerdem Farbscansmit mindestens 400dpi im qualitätsverlustfreienTIF-Format vor. Das erforderte hausinterne Nach-scans der historischen Briefe. Ein solches Vorgehensoll jedoch die Ausnahme bleiben und ist in denRäumen der Stadtbibliothek nur bei Titeln geringenUmfangs mit Dimensionen bis zum Großquart-Format zu realisieren. Bevor jedoch überhaupt Digitalisate hergestellt wer-den, ist eine Dublettenkontrolle im Internet unab-dingbar. Sie erübrigt sich bei unikalen Materialienwie Handschriften, ist aber gerade bei Druckwerkenaus dem 19. und frühen 20. nötig, um Doppeldigita-lisierungen gleicher Ausgaben zu vermeiden.

Kooperation mit der SLUBMit dem Dresdner Digitalisierungszentrum (DDZ)der SLUB Dresden konnte die Stadtbibliothekeinen erfahrenen Partner für das Hosting und dieAufbereitung der Digitalisate gewinnen. Unter derAdresse http://www.slub-dresden.de/sammlungen/digitale-sammlungen erhielt die Stadtbibliothekeine eigene Kollektion unter dem Titel „HistorischeBestände der Stadtbibliothek Chemnitz“. Gleichzei-tig erscheinen die Digitalisate der Stadtbibliothekauch in den thematischen Kollektionen, wie zumBeispiel den „Saxonica“ oder „Technikgeschichte“. Die SLUB hat die Stadtbibliothek Chemnitz mitviel „Know-How“ auf diesem für Öffentliche Biblio-theken relativen Neuland begleitet. Die SLUB fühltsich verantwortlich, auf diese Weise auch Öffent -liche Bibliotheken im Land zu unterstützen. Ein

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 221

Zoom in eine reich

illuminierte digitali -

sierte Seite der Biblia

Latina (Online-Ansicht

in den Digitalen Samm-

lungen).

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geschützt, deren Rechteinhaber aber unbekanntsind. Hierzu zählen auch solche Werke, deren Rech-teinhaber nur mit unverhältnismäßig großem Auf-wand zu ermitteln sind.“ 3. In Deutschland werdenurheberrechtlich geschützte Werke erst 70 Jahrenach dem Tode des Urhebers gemeinfrei (§ 64UrhG) und somit für ein frei zugängliches Digitali-sat überhaupt erst relevant. Eine weitere Herausforderung sind die Kosten derDigitalisierung. Nach wie vor ist die Stadtbibliotheksowohl bei den Digitalisierungen als auch bei denBuchrestaurierungen auf Spenden angewiesen. Eskann auch vorkommen, dass ein Werk zwar einenSpender für die Restaurierung findet, aber dieKosten für die Digitalisierung, gerade bei Werkenmit größerem Umfang, vom Spender nicht über-nommen werden. Die Bibliothek bewirbt deshalbintensiv, dass Digitalisierung zur Bestandsschonung,zur Transparenz sowie zur Erreichbarkeit der wis-senschaftlich relevanten Werke eine sinnvolle Er -gänzung zum Originalwerk darstellt.

Weitere Digitalisate aus dem Bereich der Industrie-geschichte, vorwiegend mit regionalem Bezug, sindbereits im Herstellungsprozess. Sie umfassen eineJubiläumsschrift der renommierten Chemnitzer Seifenfabrik Günther & Haußner von 1912, welche auf sehr ansprechende und reich illustrierteWeise Einblicke in das damalige Fabrikleben undden Herstellungsprozess der beliebten Seife mit dem darauf abgebildeten Elefanten gibt, sowieeinen umfassenden Führer mit Stadtplan durchChemnitz von 1865. Für das kommendes Jahr plant die Stadtbibliothek außer-dem – mit etwa 40 historischenStadtplänen von Chemnitz des 17. bis frühen 20. Jahrhunderts –einen umfangreichen Beitrag zumKartenforum.

1 Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten. - URL: http://www.allianz-kulturgut.de/original-und-digital/ 2 „Das Programm „Erschließung und Digitalisierung handschriftlicherund gedruckter Überlieferung“ richtet sich an bestandshaltendewissenschaftliche Informations- und Serviceeinrichtungen in Deutsch-land (wissenschaftliche Bibliotheken bzw. Archive) [...]“ s. DFG-Merk-blatt 12.15: „Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher undgedruckter Überlieferung“3 s. hierzu Steinhauer, Eric W.: Retrodigitalisierung und orphan works -ein Versuch zur Quadratur des Kreises. - URL: http://www.opus-bay-ern.de/bib-info/volltexte/2009/653/pdf/BT%20Erfurt%20Orp-han%20works%20Steinhauer.pdf

besonderer Dank gilt hierfür Achim Bonte, SusanneBaudisch und Simone Georgi.

Erreichbarkeit und Vernetzung Die persistente URL gewährleistet ein schnellesAuffinden und die Zitierbarkeit eines Digitalisatssowie die Anbindung an das Zentrale VerzeichnisDigitalisierter Drucke (ZVDD). Sie bietet For-schern einen weiteren Zugang zu den Digitalisatender Stadtbibliothek. Ferner sind diese natürlich imOPAC der Stadtbibliothek verzeichnet und somitauch im Südwestdeutschen Bibliotheksverbund(SWB) recherchierbar. Geplant ist außerdem, dieseSammlung über die SLUB in der EuropäischenDigitalen Bibliothek Europeana auffindbar zumachen.

Die Kunden der Stadtbibliothek werden auf neueDigitalisate auch in Form von Medientipps auf derBibliothekshomepage aufmerksam gemacht. KleineTexte mit entsprechendem Link weisen hierbei vorallem auf die Bedeutung des einzelnen Werkes hin,was gerade auf dem Feld der regionalen Beständeeinen transparenten Beitrag zum Kulturleben derStadt darstellen kann. Eine Verbesserung desZugriffs bietet die Möglichkeit, ein RSS-Feed fürjede einzelne Kollektion abonnieren zu können. Miteinem solchen dynamischen Lesezeichen bleibenInteressenten über Neuzugänge der ChemnitzerKollektion auf dem Laufenden, ohne aktiv in denjeweiligen Datenbanken danach recherchieren zumüssen.

Ausblick mit HerausforderungenEin Digitalisierungsprojekt, so klein es zu Beginnauch sein mag, kann einer Bibliothek Problemebereiten. Neben der Auswahl der zu digitalisieren-den Werke sind vor allem rechtliche Fragen zu klä-ren. Gerade bei Werken aus dem frühen 20. Jahr-hundert kann die Klärung urheberrechtlicherFragen besonders zeitintensiv sein, da viele dieserTitel anonym oder als so genannte „orphan works“erschienen sind. „Orphan works oder verwaisteWerke sind Werke, die zwar urheberrechtlich

222 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

KATRIN

KROPF

Medientipp auf der

Homepage der

Stadtbibliothek

Chemnitz.

In regelmäßigen „Schatzkammer“-Veranstaltungen

werden „Sorgenbücher“ und restaurierte Schätze

der Stadtbibliothek vorgestellt und parallel Digitali-

sate per Leinwand präsentiert. Dies soll bei den

Besuchern ein Verständnis wecken, dass sich

Originalerhalt und technische Reproduktion sinnvoll

ergänzen und keineswegs ausschließen.

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Am 31. Oktober 2011, dem Reformations-tag, strahlte Großenhain in schönsterOktobersonne. Die Alte Lateinschule

neben der großen Marienkirche hatte geöffnet, umdie Jubiläumsausstellung über den wohl berühmte-sten Sohn der Stadt, Karl Benjamin Preusker, zupräsentieren. Und auch die Preusker-Bibliotheköffnete ihre Türen weit und lud ein zum Stöbernund Flanieren im Lese- und Kräutergarten. Aufge-schlagen lag in der historischen Amtsstube Preus-kers das Goldene Buch der Stadt zum Eintrag desBundespräsidenten a.D. Prof. Horst Köhler. Mitder Preusker-Medaille des Jahres 2011 ehrten dieStadt Großenhain und der Dachverband der Insti-tutionen- und Personalverbände des deutschenBibliothekswesens „Bibliothek & InformationDeutschland“ (BID) den früheren Bundespräsi-denten, der sich sehr erfolgreich für die Bibliothe-ken engagiert hatte.

In das Goldene Buch trug sich schließlich die Fraudes früheren Staatsoberhaupts, Eva Luise Köhler,ein, da ihr Mann kurzfristig aus persönlichen Grün-den absagen musste. Nach der Begrüßung durchOberbürgermeister Müller hielten die SächsischeStaatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Prof.von Schorlemer, wegen einer kurzfristigen Aus-landsreise vertreten durch Prof. Thomas Bürger,und Prof. Claudia Lux, Präsidentin des BID, dieFestansprachen. Sie erinnerten daran, dass es inDeutschland bereits seit Martin Luthers Eintretenfür die Stadtbibliotheken öffentliche Bibliothekenfür gelehrte Bildungsschichten gab. Jedoch erst mitPreuskers Einsatz für eine „Volkswohlfahrt in Bezugauf Wissenschaft, Kunst und Leben“, für Schul- undVolksbüchereien, für Gewerbe- und Sonntagsschu-len wurden immer breitere Schichten erreicht undneue Grundlagen für die Demokratisierung vonGesellschaft und Politik geschaffen (vgl. auch denBeitrag über den Bildungsstrategen Preusker in BIS 2011/2, S. 122 – 124).

Claudia Lux erinnerte an die Weimarer Biblio-theksrede des Bundespräsidenten am 24. Oktober2007 und die weit reichenden Folgen unter ande-rem auf die Bibliotheksgesetzgebung in Deutsch-land, die Förderung der „Allianz Schriftliches Kul-turgut erhalten!“ und die Lesekultur in öffentlichenBibliotheken. Frau Köhler hielt die wunderbare Dankes rede, in der Horst Köhler den Bibliothekenseine künftige politische Unterstützung zusicherte.Mit großem Vergnügen habe er gelesen, dass Preus-ker nicht nur die erste öffentliche Volksbücherei,sondern auch die Straßenbeleuchtung und die Spar-kasse eingeführt habe. Damit habe er praktischeVorsorge für die Bildung und die Risikovorsorgeinsbesondere der ärmeren Bevölkerungsschichtengetroffen und sei zudem ein Vorbild für alle ehren-amtlich Engagierten in Deutschland.

Monika Ziller, Vorsitzende des Deutschen Biblio-theksverbandes, würdigte am Ende der Veranstal-tung im eindrucksvoll renoviertenGroßenhainer Kulturschloss diePreisverleihung als Höhe- undSchlusspunkt der diesjährigen Veranstaltungswoche „TreffpunktBibliothek“.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 223

Bibliothek und SparkasseHorst Köhler erhielt in Großenhain die Karl-Preusker-Medaille

von THOMAS BÜRGER

THOMAS

BÜRGER

Preusker freut sich mit:

Eva Luise Köhler (rechts) und

Claudia Lux bei der Preisver -

leihung in Großenhain.

(Foto: Klaus-Dieter Brühl)

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nell in erster Linie physisch recht gleichartigeMedien, die den Kunden in langen Regalreihen dar-geboten werden. Das Problem der Unübersichtlich-keit ergibt sich hier also naturgemäß in schärfererForm. Gedruckte Übersichtspläne, in denen dieVerteilung der Medienbestände entsprechend derjeweiligen Ordnungsprinzipien schematisch darge-stellt werden, sind in Bibliotheken gang und gäbe.Schon seit geraumer Zeit bieten Bibliothekennatürlich Übersichtspläne auch online an, die einemehr oder weniger ausgeprägte Funktionsvielfaltaufweisen und im günstigsten Falle direkt an denBibliothekskatalog angebunden sind, so dass derRegalstandort eines dort gefundenen Buches miteinem Klick angezeigt werden kann.3 Gewöhnlichsind solche Übersichtspläne und Standortanzeigenzweidimensional und verharren, auch wenn sie imvirtuellen Raum des Internets angeboten werden, inder Sphäre der physisch greifbaren Objekte. Dasheißt, sie machen sicht- und auffindbar, was im rea-len Raum tatsächlich einen Platz einnimmt:gedruckte Bücher oder andere physische Medien,betretbare Gebäudeteile, Einrichtungsgegenständeoder Orte, an denen Dienstleistungen von Personenerbracht werden.

Damit verhalten sich solche Rauminformationssy-steme auf typische Weise. Neue Medienformen ori-entieren sich, ehe sie ihr eigenes Potential hinsicht-lich Funktionalität und Ästhetik ausschöpfen,anfangs bekanntermaßen immer an herkömmlichenTypen. Im 15. Jahrhundert präsentierten sich dieersten gedruckten Bücher als Nachahmungen derilluminierten Handschriften. Zum Anfang des

Öffentliche Gebäude, ob nun Kaufhäuser oderBibliotheken, sind aufgrund ihrer Größe,ihrer oft originellen Architektur und der

Vielfalt ihres Angebotes tendenziell unübersichtli-che Räume, die mithilfe von Leitsystemen undGrundrissplänen erschlossen werden müssen.Anders als in Kaufhäusern, in denen die Juwelier-Abteilung schon aus der Ferne leicht vom Damen-moden- oder Sportartikel-Bereich zu unterscheidenist, umfasst das Angebot von Bibliotheken traditio-

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Die SLUB in 3DVirtuelle Räume und reale Dienstleistungen

von JENS MITTELBACH

PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP

Jens Mittelbach ist Leiter der Abteilung Benutzung und Information der SLUBDresden und koordiniert das Projekt „Die SLUB in 3D“, in dessen Rahmen diejunge Cottbuser Firma mapongo1 und die SLUB zusammen ein innovativesGebäudeinformationssystem aufbauen. Das Kooperationsmodell der Public Pri-vate Partnership zwischen einer öffentlichen Institution und einem jungen, ide-enreichen Startup-Unternehmen hat sich einmal mehr als äußerst tragfähigerwiesen. Anders als beim klassischen Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnissind hier beide Partner in die aktive Entwicklung einbezogen. Bei der Konzeptio-nierung des Systems konnte auf die Erfahrungen der mapongo-Mitarbeiter mitdem IKMZ Cottbus zurückgegriffen werden, für das eine erste Version des 3D-Gebäudeinformationssystems erstellt wurde. Die SLUB Dresden schöpfte ausihren Erkenntnissen, die sie in einem Vorgängerprojekt in Zusammenarbeit mitder TU Dresden sammeln konnte. Ein Teil der Ideen ist bereits 2005 an ganzanderer Stelle entstanden – nämlich bei der Entwicklung eines Standortwegwei-sers für die Philologische Bibliothek der FU Berlin, an der Jens Mittelbach inner-halb seines Bibliotheksreferendariats maßgeblich beteiligt war. Dieses Systemwird inzwischen unter dem Namen V:SCOUT von einer Berliner Firma erfolgreichvertrieben.2 Die mapongo-Lösung stößt auf zunehmendes Interesse. Sie wirdunter anderem im neuen IKMZ in Potsdam (Golm) eingesetzt.

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21. Jahrhunderts kommt die für die digitale Präsen-tation angefertigte Literatur noch immer häufig inder linearen, zweidimensionalen Form des gedruck-ten Buches oder Aufsatzes daher. Informationssyste-me zur Erschließung von Räumen können indesmehr, als lediglich auf räumliche Objekte hinzuwei-sen. Zunächst einmal können sie den realen Raumvirtuell nachbilden – und zwar weitaus besser alsgedruckte Lagepläne. Als eine der ersten Bibliothe-ken in Deutschland hat die Sächsische Landesbiblio-thek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden(SLUB) diesen ersten Schritt getan, indem sie ihrenNutzern ab 2005 ein Standortinformationssystemangeboten hat, das die Dreidimensionalität desBibliotheksgebäudes im „Cyberspace“ nachzeichne-te. Um eine echte 3D-Anwendung, die ein dreh-,kipp- und zoombares Gebäudemodell erzeugt, han-delte sich das von Studierenden am Lehrstuhl fürMediengestaltung der TU Dresden entwickelteSystem freilich noch nicht. Auch hatte es in denersten Jahren keine Anbindung an den Katalog derSLUB (ein Makel, der 2010 behoben werden konn-te). Dennoch bedeutete die perspektivische Darstel-lung der verschiedenen Gebäudeebenen mit ihrenRegalen, Arbeitsplätzen und sonstigen Raumele-menten eine Entwicklung hin zu einer Anschaulich-keit, zu einer „Erlebbarkeit“, wie sie reale Objektebesitzen. Indem Gebäudevisualisierungen die dritteRaumdimension einbeziehen, wird beim Benutzerder Aufbau eines mentalen Modells des Gebäudesund seiner Angebote unterstützt.4

Ebenso wie der Hypertext die Dimensionalität einesin gedruckter Form vorliegenden Textes übertrifft,geht auch eine virtuelle Realität über die Möglich-keiten des realen, an die Naturgesetze gebundenenRaumes hinaus. Virtuelle Raumpräsentationen kön-nen eine das Räumliche transzendierende Dimensi-on besitzen, indem sie den virtuellen Raum desInternets in die Raumdarstellung eines Gebäudemo-dells einbeziehen oder besser: hineinziehen. Raum-darstellung verweist dann nicht mehr nur auf realeRaumgegebenheiten, sondern auch auf Korrelatio-nen, Extensionen und Assoziationen dieser Raumge-gebenheiten in der digitalen Welt. Das Gebäudemo-dell wird so zum Erkundungsinstrument, über dassich das gesamte Spektrum moderner bibliothekari-scher Angebote erschließt. Man benutzt es z.B. nichtmehr nur zur Orientierung im realen Gebäude, zumAuffinden eines bestimmten Buches, eines Arbeits-platzes oder einer Kopierstation, sondern auch zurthematischen Suche nach Literatur und Dienstlei-stungen, zum Zugriff auf digitale Bücher ohneStandort in der physischen Welt, zum elektroni-schen Buchen eines Arbeitsraumes oder zum Bezah-len seiner Kopiergebühren.

Kooperation: SLUB und mapongoGenau diesen Weg will die SLUB Dresden nun mitihren neuen, seit 2011 im Einsatz befindlichen 3D-Modellen der Zentralbibliothek und der Bereichs bi-bliothek DrePunct beschreiten. Die junge CottbuserFirma mapongo entwickelt in Kooperation mit der

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 225

Standortanzeige eines Buches im

SLUB-Katalog mit QR-Code zur

Anzeige von Standortinformationen

auf mobilen Geräten.

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guration des Layouts und der Designfarben des 3D-Viewports zulässt und der in Zukunft auch zur auto-matisierten Erzeugung der Regalbeschriftungen ver-wendet werden kann.

Die beschriebenen Funktionen zeigen, dass dasSystem, indem es eine virtuelle Realität erzeugt, kon-zeptuell über herkömmliche Lösungen hinausgeht.Auf diese Weise laden die Modelle zum spielerischenErkunden der Bibliotheksgebäude ein – auch von zuHause aus. Dennoch handelt es sich bis hierher nochimmer lediglich um die Visualisierung von Gege-benheiten des realen Raums. Das Produkt ist abervom Skopus viel weiter angelegt. Die 3D-Modellesollen – entsprechend dem integrativen Informati-onsvermittlungsansatz der SLUB Dresden, der sichauch in der vollständigen Vereinigung der SLUB-Webseite und dem SLUB-Katalog manifestiert –sowohl die physischen, standortgebundenen Dienst-leistungen als auch die digitalen Services erschließenund damit die Kluft überwinden, die sich zwischender traditionellen Buch-Bibliothek und der Digita-len Bibliothek im virtuellen Raum des Netzes heuteaufgetan hat. Die Modelle sollen Orientierungschaffen in den tendenziell unübersichtlichen realenBibliotheksräumen und sie sollen als zusätzlicher,integrierter Einstieg in die Welt bibliothekarischerInformationen dienen, und zwar nach dem Prinzipeiner mimetischen Oberfläche, eines Tangible UserInterface, über das Daten durch „greifbare“ Objektepräsentiert werden.6 Das Bibliotheksgebäude istdann gleichsam Metapher, die verschiedenen Funk-tionsbereiche in ihm eröffnen, indem man sieansteuert, den Zugriff auf die Gesamtheit derDienstleistungen.

Potentiale nutzenEntsprechend sind bereits in der derzeitig angebo -tenen Open-Beta-Version der virtuellen SLUB-Modelle bestimmte Services wie die elektronischeRaumbuchung eingebunden. In der Fortentwick-lung der Software wird auf dieses zweite Potentialvon 3D-Gebäudeinformationssystemen besonderesAugenmerk gelegt. So wird in einer nächsten Soft-

SLUB ein innovatives Gebäudeinformationssystem,das sich gegenüber anderen Systemen am Marktdurch eine Reihe von Merkmalen abhebt. Es ist eineWeiterentwicklung einer bereits seit einiger Zeit imIKMZ in Cottbus eingesetzten Lösung und reali-siert als erste und derzeit einzige Lösung die Gebäu-de-Repräsentationen als echte 3D-Visualisierungen.Mit dem konsequenten Setzen auf Dreidimensiona-lität folgen mapongo und die SLUB Dresden einemTrend, der sich auch im Bereich der Straßennavigati-onssysteme abzeichnet: 3D-Karten, die sich auf dieEgo-Perspektive des Benutzers einstellen lassen,erschließen sich viel intuitiver, weil sie die Lebens-wirklichkeit realer abbilden. Nicht von ungefährwerden Webanwendungen, die multimediale Inhaltemit den drei Dimensionen von Raumobjekten verei-nen, als neues Paradigma des Internets prognosti-ziert.5

Weitere Alleinstellungsmerkmale der mapongo-Lösung sind die für die direkte Anzeige im SLUB-Katalog generierten Vorschaubilder: Jedes Mediumin den für Benutzer frei zugänglichen Bereichenwird im Katalog mit einer perspektivischen Vor-schau seines Regalstandortes dargestellt, die für eineerste Orientierung oft schon ausreicht. Der zuneh-menden Verbreitung mobiler Endgeräte wird durchdie Einbindung von sogenannten QR-Codes Rech-nung getragen, mit dessen Hilfe sich eine Standort-karte für das gesuchte Medium auf Smartphones,Tablet-PCs oder PDAs holen lässt. Die Pflege derStandortinformationen erfolgt in einem intuitivbedienbaren Editor, der eine individuelle Konfi -

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Vorschau auf den

Standort für jedes

Freihandexemplar.

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ware-Version ein Information-Layer-Konzept imple-mentiert, wie es beispielsweise von Google Earthbekannt ist. Um die Belegung von Raumressourcenintuitiver darzustellen, wird als eine Informations-ebene die vierte Dimension der Zeit in Form einesSchiebereglers hinzugefügt, mit dessen Hilfe dieVerfügbarkeit von Räumen innerhalb der vom jewei-ligen Zeitpunkt aus nächsten 14 Tage überprüft undfreie Kapazitäten gefunden werden können. Ist derWeg vom Medienexemplar im Katalog hin zurAnzeige des Standortes im 3D-Modell als Standard-funktion bereits jetzt verwirklicht, soll in Zukunftauch umgekehrt von den thematischen Gruppen,wie sie sich in der Medienaufstellung und demzufol-ge auch im virtuellen Modell präsentieren, einSprung in den Katalog möglich sein. Dort werdennatürlich dann nicht nur die physischen, sondernauch die thematisch einschlägigen elektronischenMedien angezeigt, die, ihrer Natur gemäß, miteinem Klick sofort aufgerufen werden können.

Die 3D-Modelle werden vor allem aber auch eineReihe mobiler Anwendungsmöglichkeiten eröffnen.Der Gedankensprung von der statischen Standortin-formation in Form einer Karte zur automatischenRoutenberechnung und dynamischen Navigation istja nicht weit. Abhängig davon, inwiefern praktikableLösungen zur Standortbestimmung innerhalb vonGebäuden zur Verfügung stehen (GPS-Signale drin-gen gewöhnlich nicht durch Betondecken, es müs-sen also andere Möglichkeiten gefunden werden),wird diese Funktion mit hoher Priorität entwickelt.Neben weiteren Funktionsverbesserungen auch imBereich des Backends ist ein weiteres Entwicklungs-ziel die Umsetzung eines Augmented-Reality-Kon-zepts. Nutzer werden in absehbarer Zeit die Biblio-theksgebäude der SLUB Dresden nicht mehr nur

unmittelbar mit ihren Augen betrachten, sondernauch durch ihre mit einer Kamera ausgestattenmobilen Geräten. So wird sich ihnen hinter derEbene des Sichtbaren eine multidimensionale Ebeneder Tiefeninformation zeigen, die in vielen Fällendas Herantreten an ein Regal, das Herausnehmeneines Buches und das Blättern darin und schließlichauch die bisher noch immer oft umständliche undlangwierige Nachverfolgung der im Buch gefunde-nen Informationen erübrigt, weil diese Prozesse imvirtuellen Raum des Netzes nachgebildet werden. Unmittelbar nächstes Projektziel ist jedoch dieUmstellung der Software auf Flash 11 und dieBereitstellung einer Lösung für mobile Geräte ohneFlash Engine. Ein Flash-11-Proto-typ existiert bereits, der sich durchatemberaubende Schnelligkeit im3D-Rendering auszeichnet. Bis zumersten Quartal 2012 wird er in denproduktiven Betrieb überführt.

1 Firmenwebseite: http://www.mapongo.de.2 Vgl. Sabrina Hoppmann, Finden statt suchen: Die arTec GmbH undihr visuelles Rauminformationssystem V:SCOUT, BIT online, 14(2011), 196-197.3 Eine gebräuchliche Lösung ist z.B. das Produkt BIBMAP der FirmaAriso.4 Vgl. Ulrike Wissen, Virtuelle Landschaften zur partizipativenPlanung: Optimierung von 3D Landschaftsvisualisierungen zurInformationsvermittlung, IRL-Bericht, 5 (Zürich: vdf Hochschulverlag,2009), 103.5 Vgl. Arthur Kunz, Web-3D-Welten systematisch erzeugen (Hamburg:Diplomica Verlag, 2010), 1. Die Bedeutung von 3D für das Interneterhöht sich auch signifikant durch die Entwicklung kostengünstigerHard- und Softwarelösungen zur Erzeugung von 3D-Welten, vgl. z.B.Nic Fleming, Vom Spielzeug zum 3-D-Scanner, Technology Review,2011 <http://heise.de/-1353197> [zugegriffen 5 November 2011].6 Vgl. Eva Hornecker, Tangible User Interfaces als kooperationsunter-stützendes Medium (Bremen, 2004), 1 <http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:46-diss000009071>.

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JENS

MITTELBACH

Dieser QR-Code führt

zu einer Präsentation

der Projekthintergrün-

de, der Entwicklungs-

ziele und der Umset-

zung im Rahmen einer

Public Private Partner-

ship.

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tung Lenk GmbH und 2011 selbst mit dem Unter-nehmerpreis des Mittelstandes geehrt, stockte denPreis mit einem Firmengutschein um die gleicheSumme auf.

In seiner Begrüßung stellte Herr Flemming den amgleichen Tage erschienenen „Bericht zur Lage derBibliotheken 2011“ des Deutschen Bibliotheksver-bandes vor. Danach stehen die Bibliotheken in Sach-sen im Ländervergleich durchweg gut da. Oberbür-germeister Hanke hielt denn auch mit seinem Stolzüber seine „Vorzeigebibliothek“ nicht hinter demBerg (vgl. den nebenstehenden Abdruck). Der stell-vertretende Direktor der Kulturstiftung des Freistaa-tes Sachsen, Dr. Manuel Frey, würdigte die erfolgrei-chen Beitrage der öffentlichen Bibliotheken zurBildungsarbeit im Freistaat.

In seiner Laudatio zeigte sich Prof. Dr. Thomas Bür-ger, Generaldirektor der SLUB Dresden, begeistertdarüber, dass der Sommerleseclub für Kinder in densächsischen Bibliotheken so erfolgreich ist. Allein inPirna hatten sich im Sommer 2011 nicht weniger als370 Kinder beteiligt. Dabei waren die ehrenamtli-chen Helfer unermüdlich und unentbehrlich. Des-halb sei es richtig und konsequent, das jüngste The-menheft des Magazins der Bibliotheken in Sachsen(BIS Jg. 4, Heft 3, Sept. 2011) und nun auch denSächsischen Bibliothekspreis 2011 der ehrenamtli-chen Arbeit zu widmen. In der Sächsischen Zeitungvom 22. Oktober hatte Herr Bürger mit einem Per-spektivenbeitrag („Warum es sich für uns lohnt, Zeitzu spenden“) den Freiwilligen in den Bibliothekengedankt. In Deutschland seien rund 23 Millionen

Der Innovationspreis des LandesverbandesSachsen im Deutschen Bibliotheksverband(DBV) e.V. stand in diesem Jahr unter dem

Motto „Ehrenamt in sächsischen Bibliotheken“.Aus zahlreichen guten Bewerbungen wurde dieStadtbibliothek Pirna mit ihrem Projekt „Vorlese -paten für Krabbel- und Vorschulkinder“ als Preis-trägerin gewählt. Am Tag der Bibliotheken, dem 24. Oktober, war esso weit: Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kulturwaren dabei, als Prof. Dr. Arend Flemming, Vorsit-zender des Landesverbandes Sachsen, die Urkundeund das Preisgeld von 1.000 EUR überreichte. Jür-gen Lenk, Geschäftsführer der Bibliothekseinrich-

Sächsischer Bibliothekspreis 2011Ein Innovationspreis für die Stadtbibliothek Pirna

von ELKE ZIEGLER

Gaby Langmann erhält die Preise von

Prof. Flemming und Jürgen Lenk.

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GRUSSWORT DES OBERBÜRGERMEISTERS DER GROSSEN KREISSTADT PIRNA, KLAUS-PETER HANKE

Mein allerherzlichster Glückwunsch geht am heutigen Tag anPirnas Stadtbibliothek und das gesamte ehrenamtliche und fest -angestellte Mitarbeiter-Team! Mit dem diesjährigen sächsischenBibliothekspreis ausgezeichnet zu werden, ist für unsere Stadteine überwältigende Würdigung.Dieses Haus ist zu Sachsens Vorzeigebibliothek geworden. Zwischen all den Regalen voller Bücher ist dynamisches Lebenentstanden und das nicht nur durch hauptamtliche Angestellte,sondern durch ehrenamtliches Engagement. Die stillen verstaub-ten Lesesäle mit den strengen verfinsterten Mienen der Bibliothe-kare gehören der Vergangenheit an. Junges Leben muss in seinenAnfängen an die verschiedenen Lernangebote herangeführt

Menschen ab 14 Jahren in Vereinen, Verbänden,Initiativen und Kirchen ehrenamtlich tätig. In den8.200 öffentlichen Bibliotheken Deutschlands ar -beiteten im Jahr 2010 mehr als 50.000 Ehrenamtli-che. Unter den neuen Bundesländern stehe Sachsenmit durchschnittlich einer ehrenamtlichen Kraft proöffentlicher Bibliothek an der Spitze, jedoch sei hiernoch erkennbar Potential vorhanden. Schließlichkönnten Leseförderprojekte nur mit Ehrenamtli-chen aufrechterhalten und ausgebaut werden.

Frau Langmann, Leiterin des GeschäftsbereichsBibliothek der Kultur- und TourismusgesellschaftPirna mbH, nutzte die Gelegenheit, dem Stadtrat zudanken. Mit dem renovierten Renaissancehaus inder Dohnaischen Straße 76 hatte die Stadt eines derschönsten Häuser der Bibliothek gewidmet. Damit

werden. Wie so etwas funktionieren kann, wird in diesem Haus aufwunderbar beeindruckende Art und Weise deutlich!Ich freue mich an diesem Tag mit Ihnen gemeinsam über dieseWürdigung. Sie ist für Pirna neben Dank und Anerkennungzugleich auch Ansporn, in der Bibliotheksarbeit die kreativenneuen Wege weiter zu beschreiten. Ich danke den ehrenamtlichenUnterstützern der vielen Projekte und den Mitarbeitern der Kultur-und Tourismusgesellschaft für ihren engagierten Einsatz. Ihre Kreativität und ihr Einsatz haben diesen Preis erst möglichgemacht. Für die zahlreichen weiteren Projekte wünsche ichgenügend kreativen Freiraum bei der Entstehung und viel Kraft beider Durchführung.

seien Buch und Bibliothek dort, wo sie hingehörten:im Zentrum, ganz nah am Bürger. Aber auch dieAltstadt profitiere davon, denn alle Generationenbesuchten die Bibliothek. Auch die Touristen nutz-ten die Gelegenheit, das historische Gebäude, denGewölbekeller und den ausgebauten Dachbodenmit seinem Ausblick auf die Stadt zu besichtigen.

Frau Langmann dankte ihren hauptamtlichen undden fünf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen für die kreative Zusammenarbeit. In der Woche nach der Preisverleihung bewarben sichgleich drei weitere Helferinnen, eintoller Erfolg. Kein Wunder, dass dieKinder das ABC-Lied mit großemVergnügen schmetterten.

ELKE

ZIEGLER

Oberbürgermeister Hanke (2.v.l.) freut sich

mit den ehrenamtlichen Helferinnen.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 229

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Die Bibliothek, die Martin Lehnert seinen Erbenhinterließ, hatte den Umfang von 2.200 Bänden.Unmittelbar nach der Wende wurde sie durch dieUniversitätsbibliothek Chemnitz vom Sohn Leh-nerts, Norbert Lehnert, erwor ben. Sie befand sichzunächst in der Zweigbibliothek Zwickau undwurde im Zuge der Konzentration der UniversitätChemnitz-Zwickau auf den Standort Chemnitz imJahre 1996 nach Chemnitz verlagert. Sie ist seitherin der heutigen „Campusbibliothek I Geisteswissen-schaften“ im dortigen Magazin aufgestellt, nach wievor als geschlossene Samm lung. Lehnerts Bücher bil-den die typische Arbeitsbibliothek eines Gelehrten.Die Gelehrtenbibliothek enthält große Anteile anBesprechungsexemplaren und wohl auch etlicheGeschenke. Die entscheidende Besonderheit dieserBibliothek bestand aber nicht in den Büchern, son-dern in den darin aufbewahrten Korrespondenzen.

Martin Lehnert betrieb eine ausgedehnte internatio-nale Korrespondenz mit Fachkollegen. Ihre Buch-produktion hatte er überwiegend in seiner Samm-lung; die Schreiben an ihn – so stellte es sichspätestens in Zwickau heraus – verwahrte er in denentsprechenden Büchern seiner Korrespondenzpart-ner. Durchschläge seiner ei genen Briefe dagegenhaben sich höchst selten in den Büchern der Emp-fänger angefunden. Das Briefprojekt Lehnert hatteexakt diese in den Büchern aufgefundenen Schrei-ben im Fokus. Dabei handelte es sich um Autogra-phen im Wortsinne (in Form von Briefen, Postkar-ten, Ansichtskarten und ähnlichem) wie auch umManuskripte, Sonderdrucke, Vortragsankündigun-gen oder ähnliches.

Die Überführung der Korrespondenz desAnglistischen Literaturwissenschaftlers Mar-tin Lehnert (1910 – 1992) in einen digitalen

Bestand sowie Erschließung durch eine Datenbankwurde erstmals im Jahr 2004 bei der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG) als Projekt beantragt.Als „Briefprojekt Lehnert“ ist der Antrag schrittwei-se weiter vorangetrieben worden. Das Bewilligungs-schreiben der DFG vom 6. Dezember 2007 erreich-te den Antragssteller (Dr. Hermes) quasi als Niko-lausgeschenk. Gefördert wurde das BriefprojektLehnert über 24 Monate durch eine halbe BAT IIa(O)-Stelle und durch eine Pauschale für studenti-sche Hilfskräfte sowie (bescheidene – weil beschei-den beantragte) Sachmittel.

Der Shakespeare-Forscher Martin Lehnert Zunächst aber einiges zur Person Martin Lehnertund zu seinem bibliothekarischen Nachlass: Angli-sten ist der Name Lehnert in aller Regel vertraut,zumindest dann, wenn sie in ihrem Studium Alteng-lisch belegt hatten. Martin Lehnerts AltenglischesElementarbuch, erstmals 1949 bei Göschen erschie-nen und mittlerweile in der 10. Auflage von 1990,hat ungezählten Anglisten-Generationen den Wegins Altenglische eröffnet. Wobei es unverhältnismä-ßig wäre, diesen rastlos produzierenden Gelehrtenauf dem Lehrstuhl für Anglistik (1951 – 1975) derBerliner Humboldt-Universität auf sein Altengli-sches Elementarbuch festzulegen – eigentlich wardieses „nur“ ein Jugendwerk. Martin Lehnert istebenso bekannt geworden als Shakespeare-Forscherund langjähriger Präsident der Deutschen Shake-speare-Gesellschaft-Ost.

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Briefprojekt Lehnert Erschließung eines Handschriftenbestandes in der Universitätsbibliothek Chemnitz 2008– 2010

von MARCEL HARTWIG und HANS-JOACHIM HERMES

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Die Katalogisierung der Lehnert-BibliothekDie neuen Besitzer der Lehnert-Bibliothek vergabenzunächst numerus-currens-Signaturen und katalogi-sierten die Bücher in Zettelform. Zwischenzeitlichwaren sie als Imagekatalog ins Netz gestellt; mittler-weile sind aber diejenigen Bücher, die die beschrie-benen „Einlagen“ enthielten, komplett im elektroni-schen Katalog der Universitätsbibliothek (OPAC)verzeichnet und ersetzen den bisher im Netz bereit-gestellten Imagekatalog. Noch in Zwickau wurdeeine Trennung der Bücher von ihren eingelegtenBlättern durchgeführt in der Form, dass die Einla-gen in separate Umschläge gegeben wurden bei ein-deutiger Verzeichnung der jeweiligen, ursprüngli-chen Buchsignatur. Nach Abschluss des Projektsergaben sich folgende Zahlen: Es wurden 3.038 Ein-zelfunde festgestellt; an persönlichen Briefen, Kar-ten oder Ansichtskarten fanden sich 726. Danebentauchten 37 Manuskripte von Essays, Reden oderRezensionen auf, 332 Sonderdrucke sowie schließ-lich 22 zeitgenössische Fotografien.

Das hier aufgesetzte Briefprojekt Lehnert hatte alsKernanliegen die Erschließung dieser eingelegtenTexte und ihre möglichst unkomplizierte Nutzung.Zwei wesentliche Ausführungsschritte lagen hierdem Antragsteller am Herzen: Von den vorliegen-den Dokumenten sollten professionelle Beschrei-bungen aus einer Datenbank abrufbar sein undzugleich sollte in einem weiteren Speicher vonjedem Dokument ein „Image“ in Form eines hoch-auflösenden Scan bereitgestellt werden. Zu beidenVorhaben gaben DFG-Gutachter Empfehlungen,darunter diejenige, ausschließlich Standard-Daten-

formate zu nutzen. So seien „proprietäre Lösungen“abzulehnen; dies bedeutet, dass die autorisiertenDokumentbeschreibungen in die Autographen-Datenbank Kalliope eingespielt wurden, wo sie seitProjektende aufrufbar sind (http://kalliope.staatsbi-bliothek-berlin.de/). Zu Beginn des Projekts warenweniger als 10 Handschriftdatensätze von und anLehnert in Kalliope zu finden. Bei Projektstart stell-ten die verantwortlichen Datenbank-Mitarbeiter(zugleich Mitarbeiter in der Staatsbibliothek zu Ber-lin – Preußischer Kulturbesitz) dem Team in Chem-nitz ein Client genanntes Programm zur Verfügung,das die relevanten Erschließungs daten zu erfassenhilft. Einzugeben waren Daten wie Absender,Absendeort und -datum, aber in Regesten auch rele-vante Briefinhalte. Hierzu gehören Primär- undSekundärauto ren, sonstige Personen, erwähnte lite-rarische Titel, Einzelwörter – z.B. als Teil von Ety-mologien. Die Erfassung orientierte sich an den„Regeln zur Erschließung von Nachlässen undAutographen“ (RNA) und an den in Kalliope übli-chen Verfahrensweisen (z.B. Normdatenan bin-dung). Die Daten sind ab Entstehung im SystemKalliope/Berlin abgelegt und werden vor Ort admi-nistriert. Zugang zu Kalliope ist auch über dieHomepage der UB Chemnitz zu erreichen.

Der zweite Schritt im Projekt, das Scannen, geschahin Chemnitz, aber auch die Speicherung der digita-len Dokumente. Denn ein Gros der Funde ist aufkurzlebigem Papier verfasst. Sie können daher nurnoch in Ausnahmefällen für die Einsichtnahme frei-gegeben werden. Aus diesem Grund wurde die Kor-respondenz im Teilnachlass Lehnert komplett über

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Denn die Briefeinlagen in Lehnerts Hausbibliothekerfolgten nicht nach dem Zufallsprinzip. Annotatio-nen auf den Funden deuten auf ein System Lehnerts,das auf eine rein fachliche Zuordnung der Korre-spondenz und der entsprechenden Ablage deuten.Daher ist die Archivierung der Funde nicht nachKategorie sondern dem Fachbereich des übergeord-neten Buchtitels geordnet. Im Findbuch ist daherstets auch ein Verweis auf das zugeordnete Buchanhand des jeweiligen numerus currens zu finden.Damit ist dem Lehnertforscher die Möglichkeit ein-geräumt, den vollständigen Kontext eines Brief-wechsels zu ergründen.

Durch die Bereitstellung des Nachlasses reagiert dieUB Chemnitz auch auf einen Bedarf der anglisti-schen Forschung, die derzeit ihre gesamtdeutschenWurzeln aufarbeitet. Aktuelle Publikationen, zumBeispiel Barbara Korte et al. Britische Literatur inder DDR (2008), Ulf Morgenstern Anglistik an derUniversität Leipzig (2006) sowie Sabine Schleierma-cher und Udo Hagen Wissenschaft mach Politik(2009), deuten zudem darauf hin, dass die DDR-Anglistik nun auch ins Zentrum des Forschungsin-teresses der deutschen Hochschulgeschichte gerücktist. Besonders wertvoll am Teilnachlass Martin Leh-nerts sind daher die Korrespondenzen aus dem Wis-senschaftsbetrieb und zwischen den Mitgliedern derShakespeare-Gesellschaft. Diese zeichnen ein facet-tenreiches Bild der Spannungen und Kooperationenzwischen den Hochschulen nach der Gründung derDDR und der Bundesrepublik bis nach dem Mauer-fall im Jahr 1989. In diesen Briefen wird entgegen generalisierenderThesen, die Martin Lehnert gern als einen Profiteursorgloser Entnazifizierungsarbeiten und Sympathi-santen des DDR-Regimes deuten, ein weitaus facet-tenreicherer Akademiker und Privatmensch deut-lich. Neben Briefentwürfen aus Lehnerts Feldpost,Manuskripten und Gutachten zur Entnazifizierungvon Hochschulkollegen lassen sich vor allem dieZwänge nachlesen, denen Lehnert in den Kriegs-und Nachkriegsjahren ausgesetzt war.

Besonderen Einblick geben die Korrespondenzenzudem zu den Umständen einzelner HauptwerkeLehnerts. Hierunter finden sich auch Details zu denbekanntesten und erfolgreichsten Arbeiten Leh-nerts, etwa seiner Übersetzungsarbeit an Beowulf(1967) sowie Geoffrey Chaucer: Ausgewählte Canterbury Erzählungen (1962) oder das bereitserwähnte Altenglisches Elementarbuch (1950).Darüber hinaus war Lehnert sozial sehr engagiert,was sich ebenso in der Korrespondenz widerspiegelt.Er verfasste internationale Dissertationsgutachten,tauschte Forschungsinteressen mit westdeutschenWissenschaftlern aus und arbeitete an internationa-len Forschungsbeiträgen auch aus dem wesentlichenAusland.Einen erheblichen Teil des hier beschriebenen Teil-nachlass betrifft die Geschichte der deutschen

Vollscans digitalisiert. Kopien dieser Digitalisierungwurden zur Bereitstellung für die wissenschaftlicheÖffentlichkeit an die Digitale Bibliothek Göttingenweitergereicht. Der Grund: Kalliope ist für dieÜbernahme von Images noch nicht ausgelegt.Zusätzlich galt es, die gescannten Dokumente alsdigitales Repositorium in die Verantwortung derUniversitätsbibliothek Chemnitz zu überführen.Zugleich waren hier auch die geltenden rechtlichenVorschriften zu beachten, insbesondere diejenigenzum Persönlichkeits- und Urheberrecht. Die Imagesder Briefe müssen daher entsprechend der Praxis imHandschriftenbereich der Bibliotheken behandeltwerden.Nach Projektende sind unter „Martin Lehnert“ bzw.„Lehnert, Martin“ insgesamt 156 Treffer in Kalliopevorhanden; wer unter „Lehnert“ einsteigt, bekommt254 Treffer, darunter aber klarerweise einige, die mitMartin Lehnert gar nichts gemein haben. Wer mitden in Kalliope angebotenen Beschreibungen dereinzelnen Dokumente noch nicht zufriedengestelltist und einzelne Dokumente ansehen möchte, kannsich beim Lesesaalpersonal der UB Chemnitz mel-den. In der Regel wird diesem Benutzer bzw. derBenutzerin der Zugang zumindest zum digitalenObjekt eröffnet.

Bereitstellung des Teilnachlasses von MartinLehnert für die wissenschaftliche ÖffentlichkeitDer Zugang zum Teilnachlass Lehnerts ermöglichteinen genaueren Einblick in die gefundenen Auto-graphen. Ein über den Internetauftritt der UBChemnitz bereitgestelltes Findbuch erleichtert dieNavigation durch die Digitalisate. In der nach Pro-jektabschluss vorliegenden Verzeichnungsstufe istder Teilnachlass nun in 17 Abschnitte gegliedert.

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Shakespeare-Gesellschaft. Denn mit der Teilung derShakespeare-Gesellschaft in Ost und West wurdeMartin Lehnert im Jahr 1963 in Weimar zum Präsi-denten der Shakespeare-Gesellschaft (Ost) gewählt.Wie die Funde zeigen, brachte Lehnert insbesonderein dieser Zeit die deutsche Shakespeare-Forschungvoran. Neben Sonderdrucken und Manuskripten zuEssays und Vorträgen, lassen sich insbesondere Reak-tionen auf die beiden Monographien ShakespearesSprache und wir (1963) und Shakespeares Gestal-tungsprinzipien (1975) finden. Wie die Korrespon-denz in seinem Teilnachlass außerdem zeigt, warLehnert bestrebt, die Bande zwischen den Gesell-schaften aufrechtzuerhalten, pflegte viele internatio-nale und westdeutsche Kontakte zur Anglistik undder Shakespeare-Forschung und setzte sich wieder-holt für die philologische Modernisierung vonShakespeare-Neuausgaben ein.

Als besonders eifriger Briefeschreiber zeigt sich Leh-nert im Ruhestand. Nach seiner Ablösung als Präsi-dent der Shakespeare-Gesellschaft-Ost im Jahr 1985konzentrierte er sich als Ehrenpräsident der Gesell-schaft stärker auf die Shakespeare-Forschung. Jedochwaren dem eifrigen Forscher nicht mehr vieleLebensjahre vergönnt. Immer wieder ist von schwe-ren Erkrankungen zu lesen. Schließlich starb Leh-nert am 4. März 1992 in Berlin. Heute lobt dieShakespeare-Gesellschaft einen aus dem NachlassLehnerts finanzierten Martin-Lehnert-Preis aus, derzur Förderung von Nachwuchswissenschaftlernbestimmt ist.

Wie die hier aufgezeigten Aspekte des Lehnert-Archivs deutlich machen, stellen die in der UBChemnitz einzusehenden Digitalisate nicht nur

einen bloßen Datenspeicher im kulturellenGedächtnis Deutschlands dar. Vielmehr kann dasArchiv als ein Fenster in die internationale Wissen-schaftsarbeit der DDR gelten. Das Lehnert-Archivspiegelt eben nicht nur die Verhältnisse zwischenden Shakespeare-Gesellschaften Ost und West, ihreAnnäherungen und ihre Abweichungen, wider. Esunterstützt ebenso die autobiografische Forschungrenommierter DDR-Wissenschaftler und weitererKorrespondenzpartner Lehnerts. Das Archiv istsomit ein Wissensspeicher sowohl für die wissen-schaftliche Forschung der Hochschulgeschichte desFachbereichs Anglistik als auch ihrer Institutionen,wie etwa der HU zu Berlin. Es lässt Lehrplanschwer-punkte der DDR-Anglistik nachvollziehen underlaubt Einblicke in die Arbeit der Akademie derWissenschaften. Abschließend ist das Lehnert-Archiv als Startpunkt für eine Lehnert-Forschungfestzuhalten. Es ist somit ein Ausgangspunkt füreine Wissenschaftsgeschichte der DDR, ihrerHochschulthemen, Arbeit und Funktionen.

Einen ersten Einstieg zur Recherche ermöglicht hier-für die Datenbank Kalliope und das online bereitge-stellte Findbuch. Hochschulmitar-beiter können darüber hinaus dieEinblicknahme in die Digitalisatevor Ort in der UB Chemnitz bean-tragen. Das Fundament für ein weiteres Kapitel der Hochschulge-schichte aus dem sogenannten Drit-ten Reich und der DDR ist mit demLehnert-Archiv fertig- und bereitge-stellt. Nun bleibt abzuwarten, wel-chen Beitrag es in zukünftigen For-schungsbeiträgen zu leisten vermag.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 233

MARCEL

HARTWIG

HANS-

JOACHIM

HERMES

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234 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Lesestark-auch im AlterDie „Generation Plus“ in den Städtischen Bibliotheken Dresden

von DANUTA SPRINGMANN

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In Dresden ... sind heute etwa 40 Prozent allerMenschen älter als 50 Jahre. Allein in den letz-ten fünf Jahren hat sich ihr Anteil um fast sechs

Prozent erhöht. Bis 2020 wird noch einmal einZuwachs von fast 15 Prozent in diesem Altersbe-reich prognostiziert! Dies ist die Ausgangslage fürdas Vorhaben „Generation Plus“, beschrieben in derTagungsdokumentation der LandeshauptstadtDresden über „Lebenslanges Lernen, Seniorenbil-dung und gesundes Altern im europäischen Kon-text“ vom 7. Mai 2010.

Am Anfang war die Lesebrille „Wo ist meine Lesebrille?“ – so beginnt die 74-jähri-ge amerikanische Autorin Lyla Ward ihr heiteresPlädoyer für einen entspannten Umgang mit demAlter. Dass man gar nicht so alt sein muss, um solchwertvolles Zubehör wie eine Lesebrille schmerzlichzu vermissen, erfahren die Bibliotheksmitarbeiter inihrer täglichen Praxis. Die Nachfrage nach Ersatzle-sebrillen in Bibliotheksfilialen fiel mit dem Beginndes neuen Projekts „Generation Plus“ zusammenund rief unsere erste Aktion auf den Plan: Beschaf-fung von Lesebrillen. Schnell wurde eine Lösunggefunden. Die Firma Fielmann reagierte auf unsereAnfrage nach einer Spende aufgeschlossen undsponserte jeder der 21 Bibliotheksfilialen zwei Lese-brillen-Sets in drei gängigen Stärken. Inzwischen istes eine Selbstverständlichkeit: Hat ein Leser odereine Leserin seine Lesebrille vergessen, so liegt eineLeihbrille bereit.

Wer ist die „Generation Plus“? Neben den Zielgruppen Kinder und Jugendlichewenden sich die Städtischen Bibliotheken Dresdenseit einigen Jahren verstärkt auch wieder denErwachsenen zu. Das Jahr 2009 der StädtischenBibliotheken stand zum Beispiel im Zeichen desMannes. Nun rückt die „Generation Plus“ (auchbezeichnet als junge Senioren, aktive Alte) ins Zen-trum unserer Aufmerksamkeit. Im Jahr 2020 werdenauf fünfzig Erwerbstätige fünfzig Nichterwerbstäti-ge, das heißt Kinder und Ältere, kommen. Die For-derung nach verstärkter Eigenverantwortung, Selb-ständigkeit und Aktivität auch im hohen Alter wirddaher für die jetzigen Älteren zum Gebot der Stun-de. Nach unserem Verständnis sind es Menschen, dieüber ein gewisses Plus an Zeit, Erfahrung, Reifesowie möglicherweise finanzieller Sicherheit verfü-gen und die bestrebt sind, möglichst lange körper-lich und geistig aktiv zu bleiben. Sie nehmen gernAngebote an, die diesen Wunsch unterstützen undfördern. Darunter auch Bibliotheksangebote?Nutzungsstatistiken verschiedener Bibliotheken undauch der Städtischen Bibliotheken Dresden zeigen,dass die älteren Menschen die Bibliothek wenigernutzen als andere Altersgruppen. Viele von ihnen unterschätzen Bibliotheken als zu jugend- und ausbildungsorientiert bzw. entwik-keln Berührungsängste angesichts der Zunahme virtueller Dienstleistungen. Andere haben veraltete

Bibliotheken in Erinnerung und kennen die neuenAngebote noch nicht.

Die neue Zielgruppe zeichnet sich durch eine starkeHeterogenität aus und kann nicht allein anhand vonAltersangaben umschrieben werden. Für statistischeAuswertungen kommen die 50- bis 80-Jährigen inBetracht. Eine Altersgrenze nach oben und nachunten wird für die „Generation Plus“ bewusst nichtfestgelegt. Eine weitere Gruppe bilden die Hochbetagten. Zuihnen zählen Menschen mit hohem Alter, aber auchErwachsene mit fehlender Mobilität. Sie werden seit20 Jahren von unserem Sachgebiet „Soziale Biblio-theksarbeit“ kontinuierlich betreut. Darüber berich-tete Julie Steinert im BIS-Themenheft „Ehrenamt“(vgl. BIS 2011/3, S. 194 – 199).

Medienangebote – für Ältere ganz anders?Weiterbildung und Lernen im Alter prägen heuteviele Lebensentwürfe. In der Nacherwerbsphase nut-zen junge und alte Senioren die Freizeit nach sehrindividuellen Bedürfnissen. Für diese Zielgruppengenügen standardisierte Angebote nicht. Deshalbwerden für sie die Bestände und deren Präsentationeiner Prüfung unterzogen, Bestandslücken ergänztund manches ins rechte Licht gerückt.Ältere Leserinnen und Leser interessieren besondersMedien zu Zeit- und Kulturgeschichte, Politik undGesellschaft, klassische Kunst und Musik, Gesund-heit, Fitness, Reisen, Sinnsuche, Freizeit, Garten undHeimatkunde. Bei den Medientypen geht es inerster Linie um Bücher, danach folgen Hörbücher,DVD und Zeitschriften. Bei den Genres rückenBiografien, Erlebnisberichte, Briefsammlungen undReportagen in den Vordergrund.

Bereits lange vor Beginn des „Generation-Plus“-Pro-jekts wurden deshalb stark nachgefragte Bestands-gruppen wie die zu Gesundheit, Haus & Garten,Rund um Dresden, Biografien, Erlebnisberichte,Reiseberichte und Großdruckbücher in neuen Rega-len separat aufgestellt. Diese sind mit bebildertenSchildern und der Überschrift „Generation Plus“ausgestattet worden. Es wird auf das Aktuelle, aberauch auf das Besondere und Verborgene aufmerk-sam gemacht, um mit Neuem an das Bekannte anzu-knüpfen. Hier ist außerdem Platz für speziellesInformationsmaterial (meist Broschüren) von ande-ren Institutionen und Vereinen. Die tägliche Pflegesolcher Präsentationen ermöglicht es den Mitarbei-tern, genauer herauszufinden, was die Älteren wirk-lich interessiert. Nicht immer jedoch erzeugt eineseparate Medienpräsentation die erwünschte Wir-kung. Eine direkte Ansprache kann Nutzer, die nichtzu den Älteren gezählt werden möchten, durchausabschrecken. Daher bleibt es für Bibliothekare eine Herausforde-rung, die angestrebte Wirkung dieses sensiblenBereiches durch eine gekonnte Titelauswahl undPräsentation langzeitig abzusichern. Mit ihren

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 235

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Weitere Bibliotheksfilialen reagieren sehr individu-ell auf einzelne oder Gruppennachfragen. DieBibliothek Weißig beispielweise bietet für Ältereneben Einführungen in die Katalogrecherche auchInterneteinführungen an.

Veranstaltungen und Lesekreise Es fällt auf, dass Veranstaltungen für Erwachsenebesonders von Menschen jenseits der Fünfzig gernaufgesucht werden. Einige meiden Veranstaltungs-besuche in den Abendstunden und sind dankbar fürAngebote zu früheren Tageszeiten.Seit vielen Jahren bietet das Sachgebiet „SozialeBibliotheksarbeit“ eine thematisch offene Veranstal-tungsreihe mit dem Titel „Literatur am Vormittag“im World Trade Center an. Als Pendant dazu wurdein der Bibliothek Gruna die Reihe „Literatur amNachmittag“ geschaffen. In beiden Fällen könnendie Älteren bequem einen Veranstaltungsbesuch inder Bibliothek mit alltäglichen Erledigungen verbin-den und gleichzeitig ihren SicherheitsbedürfnissenRechnung tragen.

Eine Veranstaltungsreihe entstand in Kooperationmit der Volkshochschule und findet in acht Biblio-theken statt. Wie in den anderen Städten auch trägtsie den Namen „Aperitif “ und zeichnet sich in derThemenwahl durch einen starken Bezug auf Vorlie-ben und Bedürfnisse von Älteren aus.

Ein Novum ist die Etablierung von Lesezirkeln undLiteraturkreisen. Dabei bieten Bibliotheken denanspruchsvollen Leseinteressierten in erster LinieRäume an. Organisatorische und fachliche Hilfewird nur dann geleistet, wenn der Wunsch danachbesteht. Auf Initiative von Bibliotheken entstehenauf diese Art und Weise neue kulturelle und sozialeNetzwerke für Ältere, literarische Aktivitäten in derStadt werden unterstützt und gefördert. Seit etwa einem Jahr versammeln sich an jedem ersten Montag des Monats lesefreudige Senioren inder Bibliothek Johannstadt. Die Bibliothek Blase-witz geht erste Schritte in diese Richtung und kannsich ihres Erfolgs sicher sein: Weit über ein DutzendInteressenten warten bereits auf den ersten Treffihres zukünftigen Literaturkreises.

Medienwünschen ist die „Generation Plus“ oft denBibliotheken voraus. Es ist dieses „Plus an Zeit,Erfahrung und Reife“, welches ihr erlaubt, den aktu-ellen Informationen aus Massenmedien und Fach-presse sofort nachzugehen und aus eigenem Wissenzu schöpfen. Wir wollen auf aktuelle Nachfragenund bei Vormerkungen schnell reagieren. Die Suchenach innovativen Wegen steht auf der Tagesordnungder AG „Erwachsene“.

Bibliotheksführungen für Erwachsene Neue Technologien und virtuelle Angebote fordernältere Nutzer heraus, zusätzliche Kompetenzen zuerwerben. Die Haupt- und Musikbibliothek imWorld Trade Center reagiert mit regelmäßigenBibliotheksführungen speziell für Erwachsene, diesich vor allem an die „Generation Plus“ richten.Jeden 1. Mittwoch im Monat gibt es bei einemRundgang ein erstes Kennenlernen der Informati-ons- und Medienangebote, Erläuterungen zu Sam-melschwerpunkten, Medienarten und Dienstlei-stungen. Außerdem erhalten die Teilnehmer eineEinführung in die Katalogrecherche. Jeden 3. Mitt-woch im Monat können die bisher erworbenenKenntnisse mit einer Einführung in die Online-Angebote der Städtischen Bibliotheken Dresdenergänzt werden.

236 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

LESETIPPS

Lebenslanges Lernen, Seniorenbildung und gesundes Altern im europäischenKontext: Tagungsdokumentation 7. Mai 2010 [Hrsg.: Landeshauptstadt Dresden, Die Oberbürgermeisterin, GeschäftsbereichSoziales, WHO-Projekt „Gesunde Städte“. Red.: Claudia Kasimir-Glaeser]. 1. Auflage – Dresden, 2010. – 41 Seiten

WAHL, HANS-WERNER / ANDREAS KRUSE:Zukunft Altern: individuelle und gesellschaftliche Weichenstellungen. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 2010. – XI, 568 Seiten

WARD, LYLA:Wo ist meine Lesebrille?: mein amüsantes Leben zwischen Jugendwahn undSeniorenteller.München: Blanvalet, 2010. – 284 Seiten

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Kinder führen ihre GroßelternIn Kindertagesstätten, Altenhilfeeinrichtungen undMehrgenerationenhäusern finden Begegnungen zwi-schen Alt und Jung in familiärer Atmosphäre und inalltäglichen Situationen – beim Kochen, Backen,Basteln, Erzählen – statt. Bibliotheken können undwollen mit diesen Einrichtungen nicht in einenWettstreit treten. Für sie erweisen sich naturgemäßBücher als beste Vermittler zwischen Alt und Jung. Wie ältere Bibliotheksbesucher und Ehrenamtlichefünf- bis achtjährigen Kindern vorlesen, wurde imletzten BIS-Themenheft „Ehrenamt“ vorgestellt.Das Projekt „Lesestark!“ ist inzwischen um dreiJahre verlängert worden. Hier geschieht das, was invielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wün-schenswert ist: Generationen finden zueinander.Ältere Ehrenamtliche agieren als Vorlesepaten fürKinder (insbesondere aus benachteiligten Familien)und fördern damit die Freude am Lesen bei dernachwachsenden Generation. Eine neue Variante sind Veranstaltungen von undmit Kindern für Großeltern. In der BibliothekGruna tritt dabei ein Kindergarten als Partner auf.Ihm wurde angeboten, traditionelle Großeltern-nachmittage anders als gewohnt zu gestalten unddiese gelegentlich in der Bibliothek stattfinden zulassen. Dafür wurden gemeinsam mit dem Kinder-garten Vorschulkindergruppen ausgewählt, die inder Bibliothek schon einige Jahre regelmäßig zuGast sind. Dort kennen sie sich gut aus und sind soin der Lage, ihren Großeltern die Bibliothek zu zei-gen. Vielleicht kommt dadurch eine neue Form vonBibliotheksführungen zustande, bei der Kinder ihreTalente entdecken und sich trauen, selbst eine Führung zu übernehmen.

Vernetzung mit Initiativen der StadtVor dem Hintergrund neuer gesellschaftlicher unddemografischer Entwicklung sind in den letztenzwanzig Jahren in Dresden mehrere Initiativen fürältere Bürger entstanden. Das Projekt „GenerationPlus“ erleichtert es den Städtischen Bibliotheken,mit ihnen in Kontakt zu treten und ein gemeinsamesNetzwerk zu schaffen. Initiativen fanden statt bezie-hungsweise sind geplant mit kreativen Gruppen wieder Seniorentheatergruppe „Ohne Verfallsdatum“,dem Theater SENIORA, mit der Schreibwerkstattder Ökumenischen Seniorenhilfe, den Vereinen wie„Mediengemeinschaft ARTOS“, der Senioren -hörfunkredaktion des SAEK beim Medienkultur-zentrum und der Redaktion der überregionalenZeitschrift „60plusminus“. Die langjährige Zu sam-menarbeit mit Staatsoperette, Seniorenakademie,Volkshochschule und den Museen der Stadt wirdderzeit ebenfalls geprägt durch besondere Hinwen-dung zu Älteren. Vernetzungen sind ein Gewinn fürdie Städtischen Bibliotheken und ihre Partner.

Ein erstes Resümee Im laufenden Bibliotheksentwicklungsplan von2011 bis 2013 ist die Arbeit mit Senioren ein wichti-

ger Grundstein. Für das Projekt „Generation Plus“kann eine erste Halbzeitbilanz gezogen werden.Manche Aktivitäten, das zeichnet sich schon jetztab, finden eine Fortsetzung. Manche überstehenvielleicht die Phase des Ausprobierens nicht. Diesentspricht aber auch dem Sinn und Zweck eines Projekts, Neues zu wagen und eigene Möglichkeitenauf einem wenig bekannten Terrain auszuloten. Ein ganzheitlicher Blick auf die Bibliothek für Älte-re ist noch vonnöten. Er beginnt beim Überdenkeninnenarchitektonischer Lösungen, geht über dasgenauere Berücksichtigen des Medienverhaltens derZielgruppe und endet unter anderem bei der Schaf-fung eigener, auch virtueller, Empfehlungssysteme.Die Veröffentlichung der Lese- und Hörtipps vonBibliotheksmitarbeitern im Magazin „60plusminus“ist einer der Schritte auf diesemWeg. Der Anfang zeigt: Bibliothekari-sche Arbeit für Ältere ist ein weitesFeld, Chance und Herausforde-rung.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 237

Vom 4. bis 18. Oktober

2011 warben 100

City-Light-Plakate

in Dresden für ein

Ehrenamt in den

Städtischen

Bibliotheken.

DANUTA

SPRINGMANN

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chen entliehen 6.535 Bücher. Fast 400 Leseclub-Kidsmeldeten sich als neue Benutzer in ihren Bibliothe-ken an. Von den Bibliotheken wunderbar organisier-te, von den örtlichen Sponsoren (Fleischer, Bäcker,Getränkehändler, Buch- und Schreibwarenlädenusw.) einfallsreich unterstützte Ab schlusspartys undmit Stolz entgegengenommene Zertifikate bildetenüberall ein gelungenes Finale. Viele tolle Bilder dazugibt es auf der Internetseite www.buchsommer-sach-sen.de/ galerie. All das zeigt, dass der Sommerlese-club immer weiter an Popularität gewinnt.

Die Regionalstellenleiter der Sächsischen Bildungs-agentur unterstützen das Projekt aus bildungspoliti-scher Sicht in hohem Maße und sind an einer engenZusammenarbeit unter dem Aspekt der aktivenLeseförderung interessiert.Der Deutsche Bibliotheksverband – LandesverbandSachsen e.V. sucht zur Zeit intensiv nach einemGroßsponsor, um den Buchsommer Sachsen zu -künftig dauerhaft etablieren und erweitern zu kön-nen. Für nächstes Jahr haben bisher bereits 60Bibliotheken ihre Teilnahme und damit ihr Interessean der Weiterführung des Projektes bekundet.Der Erfolg lässt auf eine Fortsetzung 2012 hoffen . . .

Der Buchsommer Sachsen 2011 ist zu Ende.Dieses Jahr lockten 26 Bibliotheken wäh-rend der Ferien ein junges Publikum mit

dem Leseclub in ihre Räumlichkeiten. Zum zweitenMal hieß es für die elf bis 16 -Jährigen „Beim Lesentau ich auf “, also ran an die spannende Lektüre . . . !Auf den Starterpartys machten originell gestalteteRegale, gefüllt mit brandneuen Büchern, Lust aufsLesen in den Ferien. Der Ablauf ist bekannt: Die Mädchen und Jungenmelden sich im Club an, lesen in den Ferien dreiBücher (manche auch mehr), lassen sich das Geleseneim Logbuch bescheinigen und erhalten auf dengelungenen Abschlusspartys ihr Zertifikat – unter-schrieben vom jeweiligen Regionalstellenleiter/in derSächsischen Bildungsagentur und vom Bibliotheks-leiter/in. Die Leseclubbeteiligung wird meist auchauf angemessene Weise im Unterricht honoriert.

In der Vorbereitungsphase auf den Buchsommer2011 wurde der Kontakt zwischen der Landesfach-stelle für Bibliotheken und den Regionalstellen der Sächsischen Bildungsagentur zum Buchsommer-Projekt weiter vertieft. Die Landesfachstelle für Bibliotheken hatte alsKoordinator im Februar zu einer Fortbildungsveran-staltung zum Buchsommer eingeladen, auf der dieProjektbibliotheken von 2010 ihre Erfahrungen andie Neueinsteiger weitergeben konnten. Die Landes-fachstelle koordinierte und realisierte die gesamteProjektwerbung bis hin zur Auslieferung der Mate-rialien an die Bibliotheken. So konnte die Organisa-tion des Projektes optimiert werden.

Die Vergleichszahlen sprechen für sich2010 waren es sieben Projektbibliotheken mit 700Teilnehmern, davon 240 Jungen und 460 Mädchen.2.500 Bücher wurden entliehen und 230 Neukun-den konnten als Bibliotheksbenutzer gewonnen

werden. Beim diesjährigen Buch-sommer-Projekt stiegen die Zahlenauf 26 Bibliotheken (inklusiveZweigstellen der Großstadtbiblio-theken) mit 2.000 Teilnehmern.Die 761 Jungen und 1.239 Mäd-

238 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Der Buchsommer Sachsen 2011„Beim Lesen tau ich auf“ – eine Erfolgsstory

von UTE HELBIG

BUCHSOMMER ERSTMALS AUCH IN DRESDEN

In diesem Sommer fand der Buchsommer erstmals invier Stadtteilbibliotheken Dresdens statt. Das Projektrichtete sich vorrangig an Schüler der Klasse fünf biszehn. Es startete am 1. Juli 2011 und ging über diegesamten Sommerferien.Mehr als 150 Jugendliche haben in den vier Bibliothe-ken am Buchsommer teilgenommen und waren zurAbschlussparty am 27. August 2011 in diemedien@age eingeladen. Anja Stephan, Leiterin derBildungsagentur, Regionalstelle Dresden überreichtegemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Flemming, Direktorder Städtischen Bibliotheken, die Zertifikate. Zu Gast waren außerdem der Schauspieler JürgenStegmann, DC#Mark und die Live-Band „Gruppe 12“.

UTE

HELBIG

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Begeisterte Buchsommer-Kids der Stadtbibliothek Lichtenstein. // Werbeplakat für den Buchsommer in Glauchau.

Strahlende Gesichter nach der Übergabe der Zertifikate in den Städtischen Bibliotheken Dresden. // Regalenthüllung in Leipzig –Plagwitz.

Die Sieger mit der Direktorin der Stadtbibliothek Chemnitz Frau Beer und der Leiterin der Regionalstelle Chemnitz Frau Kurth.

Die große Schar der Buchsommer-Kids in der Stadtbibliothek Chemnitz. // Erfolgreiche Buchsommer-Teilnehmer in Glauchau.

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240 // Bibliotheken in Sachsen

Treffpunkt BibliothekAm 24. Oktober 2011 wurde in ganz Deutschland der „Tag der Bibliotheken“ begangen.Im Anschluss daran startete zum vierten Mal die bundesweite einwöchige Aktionswoche

unter dem Motto „Treffpunkt Bibliothek – Information hat vieleGesichter“. In Sachsen waren zahlreiche Bibliotheken mit einem bunten Programm dabei.

// 1 // Andreas Steinhöfel signiert in der Haupt- und Musikbibliothek sein neuestes Kinderbuch „Rico, Oskar und der Diebstahlstein“. // 2 // Claudia Puhlfirst

liest mörderische Geschichten in der Stadtbibliothek Dommitzsch. // 3 // „Der Arzt Ihres Grauens“ – eine medizynische Lesung mit U.S. Levin in der Stadtbi-

bliothek Lichtenstein. // 4 // 5 // 7 // Stadtbibliothek Chemnitz: Ein Spitzensportler zu Gast: Joleik Schaffrath vom Basketballverein Chemnitz 99 liest für Kin-

der. Ringvorlesung „Mein Buch“: Der kleine Robert / Le Petit Robert. Büchnerpreisträger Volker Braun liest aus „Die hellen Haufen“.

// 1 // Haupt- und Musikbibliothek Dresden

// 2 // Stadtbibliothek Dommitzsch // 3 // Stadtbibliothek Lichtenstein

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Bibliotheken in Sachsen // 241

// 6 // Matthias Stiehler spricht über „Die neuen Leiden des starken Geschlechts“ in der Bibliothek der HTW Dresden. // 8 // 9 // Stadtbibliothek Bautzen:

Leser erleben Lausitzer Autoren bei Kaffee und Kuchen. Tag der offenen Tür: „Kostbarkeiten“ – Schätze und Superlative aus dem Altbestand. // 10 // Schreib-

werkstatt, Mini-Kino und Buchstabenspaß für die Kleinen in der Stadtbibliothek Kamenz. // 11 // Stadtbibliothek Großenhain: BID-Präsidentin Frau Prof. Lux,

DBV Vorsitzende Frau Ziller, Frau Köhler, Oberbürgermeister Herr Müller und Generaldirektor Herr Prof. Bürger (SLUB).

// 4 // Stadtbibliothek Chemnitz

// 6 // Bibliothek der HTW Dresden // 7 // Stadtbibliothek Chemnitz

// 5 // Stadtbibliothek Chemnitz

// 8 // Stadtbibliothek Bautzen // 9 // Stadtbibliothek Bautzen

// 10 // Stadtbibliothek Kamenz // 11 // Stadtbibliothek Großenhain

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Dazu zählen: • Der forcierte Ausbau der Digitalen Bibliothek:Umfassende Digitalisierung der eigenen und sächsi-scher Sammlungen, Implementierung von Digitali-sierungsworkflows in den größeren Häusern, verbes-sertes Retrieval durch Einsatz von OCR, Entwick-lung interaktiver Präsentationsoberflächen.

• Der Aufbau der dringend benötigten elektroni-schen Langzeitarchivierung digitaler Objekte fürden Freistaat: Dazu hat die SLUB bereits strategi-sche Partnerschaften begründet und einen Drittmit-telantrag zur Anschubfinanzierung (EuropäischerStrukturfonds für regionale Entwicklung – EFRE)eingereicht. Bereits im September 2010 warenHandlungsbedarf und -möglichkeiten sowie dieNotwendigkeit zur dauerhaften Haushaltfinanzie-rung in einem Strategiepapier für das SMWKbeschrieben worden.

• Die Anreicherung der traditionellen Suchmög-lichkeiten: Semantic Web bzw. Open Linked Data.Ein Drittmittelprojekt zur automatisierten Tiefener-schließung von Datenbankinhalten läuft erfolgreichseit Januar 2011. Mit der im Dezember 2011 freige-schalteten semantischen Suche hat die Bibliothekauf diesem Feld Maßstäbe gesetzt (vgl. BIS, diesesHeft, S. 210 – 213).

• Die Referenzierung von Forschungsdaten und dieErweiterung des landesweiten Dokumenten- und Pu -blikationsservers Qucosa im Sinne von Open Access.

• Die weitere Automatisierung von bibliotheka -rischen Prozessroutinen mit entsprechender Perso-nalumwidmung aus medienbearbeitenden Back -office-Funktionen in medienentwickelnde bzw.-vermittelnde Bereiche.

Sachsens Staatsbibliothek will sich dauerhaft unterden besten deutschen wissenschaftlichen Bibliothe-

Rahmenbedingungen entscheiden über Wett-bewerbsfähigkeit und damit über denErfolg. Das gilt nicht nur in der Privatwirt-

schaft, sondern zunehmend auch für Institutionender öffentlichen Hand. Rahmenbedingungen stecken das Aktionsfeld einesUnternehmens ab und reichen dabei von den kon-kreten politischen Gegebenheiten über Demografie,Konjunktur und technischen Fortschritt bis zurRechtsform und zur Organisation. Nicht wenigedieser Konditionen tragen exogenen Charakter indem Sinne, dass sie dem einzelnen Marktakteurkeine Veränderungsspielräume eröffnen. Gleichzei-tig gilt jedoch auch: Schwierige Rahmenbedingun-gen sind kein Alibi für schlechtes Management.

In einer sich immer schneller drehenden Welt darfder betriebsorganisatorische Rahmen nicht statischsein. Erfolgreiches Agieren auf hoch dynamischenInformations- und Wissensmärkten – und hier kommen die Bibliotheken ins Spiel – erfordert imGegenteil möglichst flexible betriebsorganisatori-sche Voraussetzungen. Die SLUB ist sich dieserZusammenhänge bewusst und weiß sich ihnen ver-pflichtet. Unterstützt wird sie dabei vom Sächsi-schen Landtag, der sich im Januar 2011 einstimmigzu notwendigen Anpassungen in der Organisations-und Rechtsform des Hauses bekannt hatte (vgl. BIS2011/1, S. 9 – 11), und von den Staatsministerienfür Wissenschaft und Kunst (SMWK) und fürFinanzen (SMF).

Leistungsführerschaft als UnternehmensvisionIn den letzten Jahren hat die SLUB bereits vermehrtnationale sowie internationale Sichtbarkeit erreicht.Sie stellt sich auf dieser Basis für die Zukunft aufund folgt dabei einem dem Wissenschafts- und demFinanzministerium Anfang 2011 übergebenen Strategie papier. Auf klar definierten Wachstumsfel-dern strebt das Haus konsequent dauerhafte Lei-stungsführerschaft an.

242 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Zukunft für die SLUB Größere Gestaltungsspielräume durch Budgetierung

von MICHAEL GOLSCH

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ken etablieren und so ihre Kooperations- und Dritt-mittelfähigkeit weiter ausbauen. Sie setzt dabeierfolgreich auf Know-How-Transfer durch Entwick-lungspartnerschaften mit privatwirtschaftlichen Lei-stungsführern, darunter auch Startups aus demUmfeld der sächsischen Hochschulen. Das 2009gemeinsam mit Schweitzer Fachinformationen ent-wickelte Dresdner Erwerbungsmodell (kontinuierli-che Lieferungen nach abgestimmten Erwerbungs-profilen im Kontext mit automatisiertem Einspielender Erwerbungsdaten) wird inzwischen schrittweisezu einer Shelf-Ready-Belieferung ausgebaut. Im Seg-ment der E-Books zählt die SLUB zu den erstenAnwenderinnen einer konsequent nachfragegetrie-benen Erwerbungspolitik. Bei der sogenanntenPatron Driven Acquisition (PDA) werden über dieKatalog-Suchmaschine die Titeldaten von rund200.000 aus der E-Book-Library von SchweitzerFachinformationen angeboten. Abgestuft nachZugriffen entscheidet ausschließlich der Nutzerüber den Kauf des Einzeltitels. Für Standards und Routinen verfolgt das Haus auchkünftig eine Strategie des konsequenten Outsour-cings. Das gilt für Erwerbungs- und Erschließungs-aufgaben wie auch für einfache Benutzerservices(z.B. Medienrückstellung, Kopier- und Scandienste). Die genannten Entwicklungsziele der SLUB sind fürden nachhaltigen Erfolg Sachsens als Bildungs- undWissenschaftsland unabdingbar. In besonderemMaße gilt dies auch für die Technische UniversitätDresden, die den Status einer Exzellenzuniversitätanstrebt. Es liegt daher im unmittelbaren Interessedes Freistaates, der Bibliothek rasch die flexiblenrechtlichen und organisatorischen Rahmenbedin-gungen zu schaffen, die sie für die erfolgreicheUmsetzung ihrer Unternehmensvision zwingendbenötigt.

Bibliothekscontrollig und Neues Steuerungsmodellals Schlüssel zur BudgetierungDezentrale Ressourcenverantwortung erfordert einebetriebswirtschaftlichen Grundsätzen und ökono-mischer Vernunft folgende Transparenz im Umgangmit den zugeordneten Budgets. Wie andere Bundes-länder auch setzt Sachsen hierbei auf das NeueSteuerungsmodell (NSM), für das inzwischen meh-rere Pilotanwendungen bestehen. Im Hochschulbe-reich findet die Neue Hochschulsteuerung (NHS)im Kontext mit dem Sächsischen HochschulgesetzAnwendung.

Im Mai diesen Jahres hatte eine Arbeitsgruppe ausVertretern des Wissenschafts- und des Finanzmini-steriums unter Federführung der SLUB die Einfüh-rung des Neuen Steuerungsmodells (NSM) zurraschen Haushaltsflexibilisierung der Bibliothekvorgeschlagen (vgl. BIS 2011/2, S. 85 – 87). DieStaatssekretäre der beteiligten Ministerien, Dr.Henry Hasenpflug (SMWK) und Hansjörg König(SMF) waren diesem Vorschlag gefolgt und hattendie Umsetzung in zwei Ausbaustufen beauftragt. Ein

zunächst noch kamerales NSM-Basiscontrollingwird der Bibliothek bereits zum 1. Januar 2012signifikante Haushaltsflexibilisierungen eröffnen.Im zweiten Schritt erfolgt dann in 2012 die Weiter-führung zum kaufmännischen Rechnungswesen.

Dass die Bibliothek ihr NSM-Basiscontrolling sorasch umsetzen konnte – der Testbetrieb begannschon am 1. Oktober 2011 – resultiert ganz erheb-lich aus ihrem seit 2007 sukzessiv aufgebauten Con-trolling, das konsequent auf den Output der biblio-thekarischen Hauptprozesse fokussiert. Mit demEinbeziehen landesweit definierter Produkte (z. B.für die Öffentlichkeitsarbeit) und sogenannter inter-ner Tätigkeiten (Overhead und Querschnittaufga-ben) konnte das NSM an diese Vorarbeiten ohneweiteres anknüpfen. Neu zu implementieren wareneine produktbezogene Zeiterfassung und ein Systemzur Kostenverrechnung. Bei der Zeiterfassung kommt die für die sächsischeLandesverwaltung entwickelte Software proweb.saxzu Einsatz, mit der seit dem 1. Oktober alle Beschäf-tigten der SLUB täglich ihre geleisteten Stundenden Produkten zuordnen. Vor der Weiterverarbei-tung werden die Daten anonymisiert. Die Kosten-verrechnung basiert auf nach Laufbahngruppengestaffelten pauschalen Stundensätzen, in die nebenden Personalausgaben auch anteilige Sachausgabenund kalkulatorische Ausgaben einfließen. Auf dieseWeise lassen sich Stundensätze ermitteln, mit denendann der unmittelbare Zeitaufwand und der Anteilan Overhead und Querschnitttätigkeiten je Produktbewertet werden. Die Investitionsausgaben findenüber einen pauschalen Investitionszuschlag Berück-sichtigung. Einnahmen werden den Produktenzugeordnet und den jeweiligen Ausgaben gegen-übergestellt.

Der Leistungskatalog der SLUBKern des Neuen Steuerungsmodells ist auch in derSLUB der spezifische Produktkatalog des Hauses,der den Output als Ergebnisse standardisierterArbeitsabläufe zusammenfasst.Bei der Erarbeitung ihres Produktkatalogs ließ sichdie Bibliothek von zwei Prämissen leiten: Steue-rungsrelevanz erhalten und Kleinteiligkeit vermei-den. Für die Aggregation der an sich hochkomple-xen, arbeitsteiligen Prozesse galt es, das rechte Maßzu finden. Mit der Zahl der Produkte steigen derErfassungs- und der Verrechnungsaufwand, währendumgekehrt eine zu starke Zusammenfassung dieSteuerungstransparenz einschränkt. Insofern ist derim Sommer diesen Jahres von einer Arbeitsgruppedes Hauses mit Unterstützung durch die SyncworkAG erarbeitete Produktkatalog notwendigerweiseein Kompromiss. Er weist in sieben Produktberei-chen (Bestandsentwicklung, Bestandserhaltung,Mediennutzung, Information/Auskunft, Präsentati-on, Staatsbibliothekarische Koordinierungsaufgabenund Drittmittelprojekte) insgesamt 37 spezifischeProdukte der SLUB aus, die unter dem Lemma

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 243

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und Referatsgrenzen erbrachten und durch die Stun-denerfassung gemessenen Leistungen ein. Die Pro-duktdefinition erfolgt über Leistungssteckbriefe,mit denen die Produktbestandteile ausführlichbeschrieben und klar abgegrenzt worden sind. Fürdie Ermittlung der zugehörigen Produktmengen –das NSM-Rahmenhandbuch spricht von „Ge -schäftsanfällen“ – werden einschlägige Reportingsy-steme der Bibliothek genutzt, so zum Beispiel dieBibliothekssoftware (Lokalsystem) Libero für dieklassischen Bibliotheksaufgaben oder die für dieDigitalisierung programmierte Sharepoint-Anwen-dung. Eine individuelle Erfassung durch die Mitar-beiterInnen (beispielsweise durch die ungeliebtenStrichlisten) ist nicht vorgesehen.

Umfassende Beteiligung aller BeschäftigtenDie Einführung des Neuen Steuerungsmodells unddie damit verbundene Budgetierung betreffen alleBeschäftigten und bedürfen daher auch der Beteili-gung der gesamten Belegschaft.

Dies unter drei Aspekten: • Für den Erfolg ist aktive Mitwirkung der Beschäf-tigten essentiell. Wenn nicht das Know-How unddie Arbeitserfahrungen möglichst vieler in die kon-krete Ausgestaltung einfließen, bleiben NSM undBudgetierung lebensfremd und werden rasch zuBelastungen.

„landesweite Produkte“ um fünf weitere nach denVorgaben des NSM-Rahmenhand buches definierteProdukte komplettiert werden.

Dem fortschreitenden Medienwandel wurde in derBestandsentwicklung und –erhaltung mit einerzusätzlichen Untergliederung in physische und elek-tronische Medien Rechnung getragen (vgl. Abbil-dung oben). Dass die im elektronischen Segmentbereits absehbare Aufhebung traditioneller Grenzenzwischen den Medienarten Buch, Zeitschrift undDatenbank zugunsten einer Kategorie „Full TextResources“ auch zur entsprechenden Weiterent-wicklung des Produktkatalogs führen wird, stehtaußer Frage. Die Zahl der in der Bestandsentwick-lung gebildeten Produkte wird sich damit noch ein-mal reduzieren. Ebenso werden staatbibliothekari-schen Koordinierungsaufgaben des Hauses und dieDrittmittelprojekte bei Bedarf fortzuschreiben sein. Die unmittelbaren Serviceleistungen der Bibliotheksind in den Produktbereichen Mediennutzung,Information/Auskunft und Präsentation zusam-mengefasst, deren zentrale Anordnung im Produkt-katalog kein Zufall ist. Die Webpräsentation wirdals Benutzungsservice gleichfalls hier verortet.

Der Produktkatalog der SLUB spiegelt nicht dieOrganisationsstruktur der SLUB wider. In die Pro-dukte fließen die arbeitsteilig über die Abteilungs-

244 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Webpräsenz

Leihgaben

Ausstellungen

Benutzerberatung

Auftragsrecherchen

SLUB LEISTUNGSKATALOG: PRODUKTE

Bestandsentwicklung Bestandserhaltung Mediennutzung Information /Auskunft

Präsentation

BestandsentwicklungMonographien

BestandsentwicklungZeitschriften

BestandsentwicklungSonderbestände(inkl. Bibliografien)

BestandsentwicklungDatenbanken

BestandsentwicklungPublikationsdienst

BestandsentwicklungMonographien

BestandsentwicklungZeitschriften

BestandsentwicklungSonderbestände(LoBla, Fotos, Karten, Hand-schriften, Noten, AV-Medien)

Digitalisierung

Datensicherungund Archivierung

Restaurierung

Prävention

Physische Medien Elektronische Medien (Online)

Physische Medien Elektronische Medien

Magazin- undFreihanddienste

Ausleihservice

Lieferservice(inkl. Fernleihe)

Buchsemester-/Handapparate

Foto- undRechtemanagement

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• Ebenso wichtig sind Transparenz und Kommuni-kation des gesamten Vorhabens im Kontext mit denEntwicklungszielen der Bibliothek. Die andernfallsfehlende Akzeptanz schlägt sich ebenfalls negativauf die Ergebnisse nieder.

• Und schließlich muss sich das Ganze auch im Ver-ständnis der Belegschaft lohnen. Für die Beschäftig-ten der SLUB, die unter anerkannt widrigen Rah-menbedingungen ihr Haus in der Spitzengruppe desdeutschen Bibliothekswesens etabliert haben, warendie im Frühsommer von den beteiligten Ministeriengetroffenen Flexibilisierungszusagen von besondererBedeutung.

Bei der Evaluierung der SLUB Anfang des Jahresdurch die Syncwork AG hatten die externen Beraterfast ausnahmslos positive Erwartungen der Beschäf-tigten an den Budgetierungsprozess festgestellt. Eswäre fatal gewesen, die MitarbeiterInnen diesbezüg-lich zu enttäuschen. Generaldirektion und Personal-rat haben daher von Projektbeginn an erfolgreichauf umfassende Beteiligung gesetzt. In der Zusam-mensetzung der Arbeitsgruppen für Produktbil-dung, Stundenrechnung, Kostenrechnung/Control-ling und proweb.sax spiegelt sich dies ebenso widerwie in der abteilungsübergreifenden breiten Debatteder Produkte und der Leistungssteckbriefe. Beson-dere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang

auch dem dreimonatigen Test der individuellenZeiterfassung zu. Der Personalrat ist durch seinen Vorsitzenden in derProjektlenkungsgruppe und in den Staatssekretärs-runden (SMWK und SMF) vertreten und war mitjeweils zwei Mitgliedern an allen Arbeitsgruppenbeteiligt. Die Dienstvereinbarung zwischen Gene-raldirektion und Personalrat zur Einführung desNeuen Steuerungsmodells ist am 30. November2011unterzeichnet worden.

Nächste Schritte auf dem Weg zur BudgetierungSeit Mitte November läuft das sogenannte Auditie-rungsverfahren für das NSM-Basiscontrolling derSLUB. Dabei prüft die WIBERA Wirtschaftsbera-tung AG dessen formale Konformität mit den Vor-gaben des NSM-Rahmenhandbuches. Von einerpositiven Evaluierung ist auszugehen, so dass demStart zum 1. Januar 2012 nichts im Wege stehtMit dieser ersten Ausbaustufe auf dem Weg zur Bud-getierung werden für die SLUB auch die bereitserwähnten Haushaltflexibilisierungen verbundensein. Neben der umfassenden Deckungsfähigkeitinnerhalb des Haushalts (Hauptgruppen 4 – 8) ist esder Bibliothek künftig möglich, im Haushaltjahrnicht verbrauchte Mittel einer periodenübergreifen-den Kapitalrücklage zuzuführen. Außerdem könnenbei Kostenneutralität im Gesamthaushalt Anzahlund Wertigkeit des Gesamtsolls der Stellen jährlichum bis zu 10 % überschritten werden. Das sindwichtige Erfolge auf dem Weg zur umfassendenBudgetierung, die der Bibliothek dringend benötig-te Gestaltungsspielräume eröffnen.

Bei ihrer Bewertung des bisherigen Projektverlaufshaben sich die Staatssekretäre von SMWK undSMF, Dr. Henry Hasenpflug und Hansjörg König,am 25. November erneut dazu bekannt, das NSM-Basiscontrolling der SLUB in der zweiten Ausbau-stufe zügig in ein kaufmännisches Rechnungswesenzu überführen und sich in diesem Zusammenhangfür die Gründung eines Staatsbetriebs ausgespro-chen. Damit einhergehen muss die Verankerungeiner budgetierten SLUB im Doppelhaushalt2013/2014. Erste Vorüberlegungen – beispielsweise zum Anfor-derungskatalog an eine neue Haushalts- und Con-trollingsoftware als ERP-System (Enterprise Resour-ce Planning) sind bereits geleistet und werden in dieweitere Entwicklung einfließen. Ein knappes Jahrnach dem Antrag der Regierungsfraktionen imSächsischen Landtag zur Zukunft der SLUB siehtsich die Bibliothek auf gutem Wege, im Interesseihrer Wettbewerbsfähigkeit alle kameralen Restrik-tionen vollends und auf Dauer abzustreifen. Nebenden Beschäftigten des Hauses istdies der breiten Unterstützung zudanken, die Sachsens Staatsbiblio-thek in Politik und Landesverwal-tung genießt.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 245

MICHAEL

GOLSCH

Stand: 02.11.2011

StaatsbibliothekarischeKoordinierungs -aufgaben

Externe Projekte(Drittmittel-projekte)

LandesweiteProdukte

Bestandsentwicklungim Sachsenkonsortium

BIS – Das Magazin der Bibliothe-ken in Sachsen

Regionale Datenbank information /Databases on demand (DBoD)

Publikationsserver Qucosa

BiFoSa – Portal fü� r bibliothekari-sche Fortbildung in Sachsen

Deutsche und Europäische DigitaleBibliothek (DDB undEuropeana)

Koordination bibliothekarischerInfrastruktur

ElektronischeLangzeitarchivierung

Landesstelle fü� r Bestandserhal-tung

Provenienzrecherche(Wettin)

Tiefenerschließung

NS-Raubgut

eBooks on DemandEoD

VD 18

DFG-Viewer

AllgemeineÖffentlichkeitsarbeit

Publikationen

Sonderveranstaltungen

Ausbildung

Fort- und Weiterbildung

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die bislang keine wissenschaftlichen Erschließungs-daten vorhanden sind, so dass die Teilnehmendendie schrittweise Enträtselung handschriftlicher Über lieferungszeugnisse authentisch erleben konn-ten.Der Kurs, der auf eine frühere Anregung von Prof.Dr. Ursula Kundert (damals Nachwuchsbeauftragtedes Mediävistenverbands) zurückging, wurde vomLeiter des Handschriftenzentrums, Dr. ChristophMackert, in Kooperation und Abstimmung mit demMediävistenverband vorbereitet und organisiert.Weitere ReferentInnen waren Dr. Ulrike Bodemann(Bayerische Akademie der Wiss.), Prof. Enno Bünz(Univ. Leipzig), Dr. Falk Eisermann (Staatsbiblio-thek zu Berlin), Prof. Michael Elmentaler (Univ.Kiel), Dr. Timo Licht (Univ. Heidelberg), Prof.Hans Ulrich Schmid (Univ. Leipzig), und Dr. des.Marek Wejwoda (Univ. Leipzig).

Die ThemenDie behandelten Themenbereiche während derKurswoche waren unter anderem: LateinischePaläographie, Deutschsprachige Schriftkultur desMittelalters, Lokalisierung von Handschriftendurch Schreibsprachenbestimmung, Bibliotheksge-schichte im geistlichen und weltlichen Bereich,Buchmalerei, Kodikologie, Wasserzeichen- und Ein-bandkunde, Besitzeinträge und Provenienzgeschich-te, Nebeneinander von Handschrift und Frühdruckim 15. Jahrhundert.Die Nachmittagsübungen wurden von den Lehren-den des jeweiligen Vormittags sowie vom Team desLeipziger Handschriftenzentrums betreut, das der-zeit aus vier WissenschaftlerInnen sowie vier Hilfs-kräften besteht. Ein nicht unwichtiges Nebenpro-

Die Alfried Krupp von Bohlen und HalbachStiftung hat der Universitätsbibliothek Mit-tel für fünf Sommerkurse zur Handschrif-

tenkultur zur Verfügung gestellt (vgl. BIS 2011/1,S. 24 – 25), von denen der erste nun stattgefundenhat. Vom 25. September bis 1. Oktober 2011 wur-den 20 Alfried Krupp-StipendiatInnen (ausgewähltaus 180 Be werberInnen) in einer intensiv gefülltenWoche von ausgewiesenen FachwissenschaftlerIn-nen und dem Team des Handschriftenzentrums derUB Leipzig in zentrale Themenbereiche der mittel-alterlichen Handschriftenkunde eingeführt.

Die TeilnehmerDie TeilnehmerInnen (zehn Frauen, zehn Männer)kamen aus Deutschland, Schweiz, Österreich, Italienund Polen. Alle StipendiatInnen waren entwederMasterstudierende oder Promovierende und konn-ten exzellente Leistungen im bisherigen akademi-schen Werdegang vorweisen. Die Auswahl hatte sichaußerdem daran orientiert, eine international zu -sammengesetzte Kursgruppe zu bilden, in der mög-lichst viele mediävistische Fächer vertreten waren.Die Teilnehmenden lernten im Lauf der Woche zen-trale Aspekte des mittelalterlichen Buchs durch eineKombination von vorlesungsartigen Lehreinheitenam Vormittag und vertiefenden praktischen Übun-gen an Originalen am Nachmittag kennen. Für dieNachmittagsworkshops hatte sich die TeilnehmerIn-nen zu Beginn am Sonntagnachmittag eine Origi-nalhandschrift ausgesucht, die im Lauf der Wocheunter den verschiedenen Gesichtspunkten der Lehr-einheiten bearbeitet werden konnte. Bei der Zusam-menstellung der Handschriftenauswahl war daraufgeachtet worden, nur solche Stücke anzubieten, für

246 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Sommerskurs fürHandschriftenkulturDer erste Alfried Krupp-Sommerkurs an der UB Leipzig

von ULRICH JOHANNES SCHNEIDER

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dukt der Kursarbeit war, dass die Bearbeitung derOriginalhandschriften in vielen Fällen substanzielleneue Erkenntnisse zu den Leipziger Handschriftenerbrachte.Ergänzt wurde das Programm durch eine Exkursionin die Dombibliothek Merseburg, durch die die Teil-nehmenden eine gewachsene kirchliche Sammlungvon hohem Alter kennenlernen konnten.Eine Auswertung der anfangs verteilten Evaluations-bögen und eine gemeinsame Feedbacksitzung er -brachte eine außerordentlich positive Bewertung desKurses. Alle Teilnehmer waren sich darin einig, dassder Kurs einem wachsenden Defizit der universitä-ren Ausbildung begegnet, indem er jungen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern wichtige Kom-petenzen vermittelt, sich selbständig und kritischmit handschriftlichen Originalzeugnissen auseinan-dersetzen.

Besonders positiv hervorgehoben wurden bei derEvaluierung die Organisation im Vorfeld sowie wäh-rend der Kurswoche, die Kombination von Vorle-sungsunterricht und praktischen Übungen, dieGelegenheit, das theoretisch Vorgestellte an uner-schlossenen Handschriften anzuwenden, die Betreu-ung und Hilfestellung durch das Team des Hand-

schriftenzentrums, die offene und lockere Arbeits-und Gesprächsatmosphäre bei gleichzeitig an -spruchsvollem Programm und intensiver fachlicherAuseinandersetzung mit den Stücken sowie dieinterdisziplinäre und internationale Zusammenset-zung der Kursgruppe und der Lehr- und Betreuungs-personen.Der Kurs war auch für die Veranstalter ein großerErfolg. Das hohe Niveau in der Kursgruppe bestätigtden Ansatz, den Kurs möglichst offen anzubietenund frei von allen materiellen Zugangshürden zuhalten, also keine Kursgebühr zu erheben und Fahrt-und Übernachtungskosten zu übernehmen.Die bereits bewilligten vier Alfried-Krupp-Sommer-kurse werden in den Jahren 2012 den Orient und2013 – 2015 die Antike, die Frühe Neuzeit und dieBibliotheks- und Sammlungsgeschichte zum Themahaben. Der große Erfolg des ersten Alfried KruppSommerkurses – und der dahinter stehende Bedarfan so einer Fortbildung – wird die UB Leipzig aberveranlassen, den Sommerkurs zurHandschriftenkultur des Mittelal-ters zu wiederholen. Der AlfriedKrupp von Bohlen und HalbachStiftung gebührt für den Anstoßdieser Entwicklung großer Dank.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 247

Stipendiatinnen und

Stipendiaten des ersten

Alfried Krupp-Sommerkurs

für Handschriftenkultur,

Leipzig 2011 mit Dozenten

und Organisatoren, unter

anderen in der ersten

Reihe rechts U. Kundert

und C. Mackert (mit Buch).

ULRICH

JOHANNES

SCHNEIDER

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Veränderung. Die Wände brauchten frische Farbe,der Fußboden einen neuen Belag. Und wenn schonalle Regale raus müssen, dann könnte die Bibliothekauch „vom Inneren“ her neu gestaltet werden. Denn:Zunehmend nutzen junge Familien die RadebeulerStadtbibliothek, sind Kinder im Vorschul- und Erst-lesealter eifrige Bibliotheksbesucher. Leseförderungfür die Jüngsten haben sich beide Zweigstellen inRadebeul Ost und West schon lange auf ihre Fahnengeschrieben; dies sollte nun auch in der Raumgestal-tung in Radebeul-West zum Ausdruck kommen.Zudem sollten die Bestände übersichtlicher präsen-tiert, Sitzecken zum Anlesen geschaffen, die Biblio-thek familienfreundlich eingerichtet werden.Gesagt, geplant, getan. Die Stadt Radebeul bewillig-te Gelder in Höhe von 18.000 Euro für neue Möbel.Der Vermieter sagte die Renovierungskosten zu.

Ideen und UmsetzungAb 11. Juli blieb die Bibliothek geschlossen. Undtatsächlich: am 11. September konnten wir wiederöffnen. Dazwischen viel Arbeit, Schweiß, Muskel -kater – auch im Kopf. Jeder der umgebaut hat, weiß,wie unabwägbar manches ist. Wie Pläne auf demPapier nett aussehen und dann an der Realität …nein nicht scheitern, sondern angepasst werden.

Beispiel 1: Farbige Wände wollten die Kolleginnenaus West. Die Firma „Atelier 2“ übernahmen dieGestaltung. „Nein, so kräftig kann das gar nichtgemeint sein!“, dachten wir. War es aber. „Was, undauch die Decken? Huch!“ „Äh, wie jetzt FÜNF Far-ben? In EINEM Raum?“ Skepsis war angesagt.Doch das Ergebnis verblüffte, erstaunte, erfreute –selbst die ausführende Malerin. Was für ein tolles,völlig neues Raumgefühl! Rot, blau, orange, grünund gelb. Und im Souterrain strahlt scheinbarimmer die Sonne.

Bei einem Fest fragt sich der Veranstalterüblicherweise: Hält das Wetter? ReichenKaffee und Kuchen? Bei dem Familienlese-

tag in der Stadtbibliothek Radebeul-West fragtenwir Mitarbeiter uns außerdem: Was werden unsereLeserinnen und Leser zu den Neuerungen sagen?Was zu den Farben? Zur Burg? Zur verändertenAufstellung? ...

Doch halt! Beginnen wir von vorn:1996 zog die Stadtbibliothek Radebeul-West in denNeubau im Ledenweg 2. Viel Zeit ist seitdem ver-gangen; vor allem jedoch sind viele Besucher durchdie Räume gezogen. Zeit für Renovierung. Zeit für

248 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Bunt sind schon die Wände

Renovierte Stadtbibliothek in Radebeul-West mit einem Familienlesetag wiedereröffnet

von KATRIN ÖRTL

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Beispiel 2: Die Kinderliteratur sollte aus dem Sou-terrain geholt, mit der Aufstellung der Regale signa-lisiert werden: Kinder willkommen! Der Vorschlagder Firma Schulz Speyer für die Gestaltung ebenjenes Bereiches war eine Burg. Platz für Bücher inWänden und Fenstern, eine Zugbrücke als Ablageund Torbögen um den Raum für die Kinder abzu-grenzen. Uns gefiel der Vorschlag. Doch gefällt erauch den Kindern? Diese Sorge war mehr als unbe-rechtigt. Die Begeisterung bei Groß und Klein istnicht zu übersehen. Und das In-den-Raum-Füh-rungskonzept geht auf: die Kinder betreten dieBibliothek und gehen schnurstracks geradeaus durchden ersten Bogen, stehen mitten im Kinderbereich.Die Größeren mit Vergnügen in leichter Bückhal-tung; die ganz Kleinen ohne die Raumteilung wahrzu nehmen. Neue Sitzelemente laden zum Verweilen ein, bietenRuhezonen und Leseplätze. Ein Teil der Sachlitera-tur wurde thematisch aufbereitet und bietet mitThemen wie „Eltern & Kinder“, „Alter“, „Basteln“,„Feiern & Spielen“ eine leichtere Orientierung fürdie Leserinnen und Leser. Der größere Teil der Sach-literatur wurde im Souterrain aufgestellt. Dortwurde durch die räumliche Trennung vom Kinder-bereich ein ruhigerer Bereich mit Arbeits- und Lese-plätzen geschaffen. Alles in allem tragen die neuenalten Räumlichkeiten so der Aufgabe als Familienbi-bliothek viel besser Rechnung.

Grund zum FeiernDas Ergebnis kann sich sehen lassen und wurde miteinem Familienlesetag der Öffentlichkeit übergeben.Nach all dem Planen und Ändern, nach Schleppenund Schieben, Buckeln und Räumen endlich Zeitzum Feiern: So begrüßten wir Bibliotheksmitarbei-terinnen zur Eröffnung nicht nur die offiziellenGäste, sondern eine Menge Leserinnen und Leser,

die neugierig auf das Ergebnis waren. Oberbürger-meister Bert Wendsche ließ es sich nicht nehmen,die Tür als erster zu öffnen.

Für die großen Besucher gab es im Hof vor derBibliothek Kaffee und selbstgebackenen Kuchen.Mit den kleinen Besuchern wurden Bücherwürmergebastelt und vorgelesen. Das Puppentheater„Glöckchen“ erfreute im Foyer mit zwei Vorstellun-gen und dem Puppenspiel „Kasper und der RäuberZappzerapp“. Doch das Hauptaugenmerk galt selbstverständlichden Veränderungen im Inneren: Mit vielen „Ah!“sund „Oh!“s nahmen „unsere“ großen und kleinenLeserinnen und Leser „ihre“ Biblio-thek wieder in Beschlag. Freude aufbeiden Seiten. Und: Das Wetterspielte mit. Auch der Kuchen reich-te. Nur manchmal die Plätze imSchatten nicht ...

KATRIN

ÖRTL

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kann sich Leipzig nicht mit Berlin (circa 500.000Objekte), München und Dresden (jeweils circa300.000 Objekte) oder Gotha (circa 130.000 Ob -jekte) messen, direkt hinter diesen vier ganz Großenaber findet die UBL ihren Platz in der Riege derbedeutenden numismatischen Adressen in Deutsch-land.Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass dieLeipziger Bestandszahlen nicht durch das massen-haft verfügbare Münz- und Papiergeld des 20. und21. Jahrhunderts nach oben getrieben sind. ImGegenteil: Der Bestand der UBL ist ein im eigentli-chen Sinn historischer, der die Geldgeschichte undMünzprägung von ihren Anfängen im 6. Jahrhun-dert v. Chr. bis in das ausgehende 19. Jahrhundert inbeeindruckender Fülle und Breite dokumentiert,und zwar nicht nur konzentriert auf Europa. Tat-sächlich handelt es sich um eine universell angelegteLehr- und Schausammlung, die beispielsweise auchkostbare numismatische Zeugnisse aus Asien unddem Orient, aus Amerika und Australien umfasst.Objekte aus dem 20./21. Jahrhundert fallen demge-genüber zahlenmäßig wenig ins Gewicht und betref-fen in erster Linie den Bereich der Medaillenkunst.Anders als sonst üblich, ist in Leipzig die Münz-sammlung dabei freilich keine eigenständige Institu-tion oder Teil eines Museenverbands, sondern ineinen bibliothekarischen Zusammenhang eingebet-tet. Und anders als die anderen großen Kabinettegeht der Leipziger Bestand nicht auf eine fürstlicheSammlung zurück.

Wie kommt eine Bibliothek zu einer solch bedeuten-den Münzsammlung? Der besondere Rang der Leipziger Münzsammlungverdankt sich einer gezielten Erwerbungspolitik inder Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Engage-

Münzen in einer Bibliothek? Und zwar jen-seits des Kleingelds in den Kassen derBenutzungsschalter? Münzen als Teil des

historischen Altbestands? Die Universitätsbiblio-thek Leipzig hat auch das zu bieten. Zu ihrenumfangreichen Sondersammlungen – bekanntlichder mit Abstand größte historische Bestand anhandschriftlichen und gedruckten Materialien inden fünf ostdeutschen Ländern – gehört auch einveritables Münzkabinett.Die Münzsammlung der UB Leipzig bildet in mehr-facher Hinsicht eine große Ausnahmeerscheinung.Groß im wahrsten Sinne des Wortes: Circa 83.000Objekte lagern in der Leipziger Sammlung unddamit deutlich mehr, als so manches Landesmünz-kabinett hierzulande vorzuweisen hat. Natürlich

250 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Geld ist genug da!Aktuelle Erschließungsinitiativen für die Münzsammlung der Universitätsbibliothek Leipzig

von CHRISTOPH MACKERT

Porträt Ernst Gotthelf

Gersdorf.

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ment eines einzelnen Mannes: Nachdem die Univer-sitätsbibliothek bereits im 18. Jahrhundert vereinzeltMünzgeschenke von Universitätsangehörigen erhal-ten hatte, war es der erste hauptamtliche Biblio-theksleiter Ernst Gotthelf Gersdorf (1804 – 1874),der ab 1841 einen systematischen Bestandsaufbauunternahm. Gersdorf, dessen numismatische Inter-essen bekannt sind (er fungierte unter anderen alsHerausgeber der Zeitschrift „Blätter für Münzfreun-de“), verschaffte der Bibliothek nicht nur einen jähr-lichen Etat in Höhe von 20 Talern für den Ankaufvon Münzen, sondern konnte den Bestand vor allemdurch drei Großerwerbungen in den 1850er Jahrenmassiv vermehren und damit auf fast das Niveau desheutigen Umfangs heben:

• 1852 gelang ihm der Ankauf der mehr als 51.000Objekte umfassenden Münzsammlung des LeipzigerPatriziers Karl Friedrich von Posern-Klett, die eineder bedeutendsten Privatsammlungen vor allem mit-telalterlicher Münzen darstellte,• 1853 konnten bei der Versteigerung des Münzka-binetts der Leipziger Ratsbibliothek umfangreicheErgänzungserwerbungen vorgenommen werden,und

• 1858 erhielt die Universitätsbibliothek als testa-mentarische Schenkung das circa 26.500 Objekteumfassende Münzkabinett des Dresdner FinanzratsFerdinand von Reiboldt, dessen Schwerpunkte vorallem im Bereich der antiken und frühneuzeitlichenMünzen lagen und das damit den Bestand idealergänzte.

Parallel erfolgten kontinuierlich kleinere Ankäufeund Schenkungen, wobei vor allem die Erwerbungvon Münzfunden aus dem mitteldeutschen Bereichbesonders erwähnenswert ist. 1856 wurde beispiels-weise der Fund von Paunsdorf bei Leipzig angekauft,weitere Erwerbungen betrafen Teile der Funde vonZwickau, von Seega, von Mödesse oder von Gerings-walde – um nur einige zu nennen.Am Ende von Gersdorfs Amtszeit umfasste dasLeipziger Münzkabinett deutlich über 80.000 Ob -jekte. Die Stücke waren geordnet und auf Tablettsausgelegt. Ein von Gersdorf begonnener, systema-tisch angelegter Bandkatalog erschloss den Bestand.In den folgenden Jahrzehnten wurde die Münz-sammlung weiter ausgebaut, wenn auch zumeist indeutlich bescheidenerem Umfang. Größere Erwer-bungen erfolgten beispielsweise unter dem Biblio-

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 251

Chinesisches

Messergeld

5./6. Jh. v. Chr..

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theksdirektor Ludwig Krehl (Direktor ab 1874), alsdie berühmte Sammlung orientalischer Münzen desVicekanzlers der Preußischen Gesandtschaft inKonstantinopel Otto Blau (gest. 1879) angekauftwurde, sowie 1925, als die Universitätsbibliothekdie hinterlassene Münzsammlung des LeipzigerMedizinprofessors Sandor Kästner erhielt, welchemehr als 2.000 Münzen des 19. und frühen 20. Jahr-hunderts umfasste. Bis um 1935 war das Kabinettauf einen Bestand von mindestens circa 92.000Objekten angewachsen.

Anhaltende KriegsfolgenDer Zweite Weltkrieg brachte für das LeipzigerMünzkabinett einen katastrophalen Einschnitt, des-sen Auswirkungen bis heute reichen. Schmerzlichsind zum einen gravierende Kriegsverluste: Circa10.000 Münzen fehlen heute gegenüber dem Vor-kriegsstand. Wann sie abhandengekommen sind, istunklar. 1942 war die Sammlung ausgelagert worden,1945 wurde sie als Beutekunst in die Sowjetunionverbracht, 1958 erfolgte die Rückgabe, allerdingszunächst nach Ostberlin, wo die Leipziger Münzensechs Jahre lang zwischenlagerten, bevor sie 1964wieder der Leipziger Universität übergeben wurden.In Leipzig wurden die Münzen für mehrere Jahrenur einfach eingelagert. Möglichkeiten, Bestände zuentnehmen, boten sich auf diesem stationenreichenWeg also viele, und manches spricht dafür, dass dieempfindlichsten Verluste auf deutschem Bodenerfolgt sind. Fast noch schwerwiegender war derSchaden durch die Vernichtung der Bestimmungs-leistung von gut 90 Jahren: Bei ihrer Rückkehr nachLeipzig waren die Münzen in einigen Kisten zusam-mengeschüttet und der Bezug zu den Erschlie-ßungsdaten im Bandkatalog damit unwiderruflichzerstört. Denn die bisherige Zuordnung hatte sichnaturgemäß auf die inhaltlich-systematische Auslagein Schränken und auf Tabletts bezogen.

Initiativen zur besseren Sichtbarkeit der SammlungBis heute wird die Leipziger Münzsammlung nichtgemäß ihrer Größe und Bedeutung wahrgenommenund genutzt. Selbst in Fachkreisen gilt die LeipzigerSammlung oft noch als Geheimtipp. Der Grunddafür ist der Umstand, dass die Neuerschließung desBestands noch immer nicht abgeschlossen ist unddass die vorliegenden Erschließungsdaten (circa 50 % des Gesamtbestands sind wieder aufgearbeitet)zum überwiegenden Teil nur in Form eines internenZettelkatalogs vorliegen. Die Sammlung ist also zuwenig sichtbar. Dies wiederum erklärt sich aus dergänzlich unzureichenden Personalausstattung fürdie Betreuung der Sammlung, für die nur ein Bruch-teil einer Personalstelle ausgewiesen ist – andereMünzkabinette dieser Größenordnung verfügenüber durchschnittlich zwei Vollzeit-Mitarbeiter.

Die fehlenden Personalkapazitäten haben uns frei-lich nicht davon abgehalten, vor einigen Jahren eineInitiative zu starten, um die Münzsammlung besser

252 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Klaus Thieme: Braktea-

ten der Markgrafschaft

Meißen und ihrer

Nachbarn zwischen

Saale und Neiße,

Leipzig: Universitäts-

verlag, 2011.

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für die wissenschaftliche Nutzung aufzubereiten.Diese Initiative hatte vor allem zwei Stoßrichtun-gen: zum einen ausgewählte und besonders wichtigeBestandssegmente durch Katalogpublikationen ver-fügbar zu machen, zum anderen die Gesamterschlie-ßung des Bestands voranzutreiben. Wichtige Teiler-gebnisse dieser Initiative liegen nun vor.

KatalogpublikationenNachdem bereits 2008 ein Katalog der Provinzialrö-mischen Prägungen vorgelegt werden konnte (er bil-dete den ausstehenden 2. Band zu den 1993 erschie-nenen Autonomen griechischen Münzen), sind nunim November 2011 zwei Veröffentlichungen er -schienen, die ein Herzstück des Leipziger Bestandsvorstellen: die sächsischen Münzen des Mittelalters.Klaus Thieme, der seit den späten 1960er Jahrenüber vier Jahrzehnte lang an der Neuordnung und -bestimmung der Münzen beteiligt war (zumeist auffreiwilliger Basis), hat einen umfangreichen Katalogder mittelalterlichen Pfennige der MarkgrafschaftMeißen und der angrenzenden Gebiete erarbeitet,der gleichzeitig ein altes Forschungsdesiderat besei-tigt. Denn dem eigentlichen Katalogteil ist eine aus-führliche historische Einführung beigegeben, dieerstmals die mittelalterliche Prägung dieser soge-nannten Brakteaten im heutigen Ostmitteldeutsch-land systematisch untersucht. Ewald Hausmann wie-derum, ebenfalls seit Jahrzehnten als engagierterFreiwilliger intensiv mit der Leipziger Münzsamm-lung befasst, hat den Anschlussband verfasst, der dieZeit der Groschenprägung in Sachsen behandeltund das 14./15. Jahrhundert abdeckt. Auch seinemGroschenkatalog ist eine ausführliche historischeStudie beigegeben. Mit diesen beiden Katalogenwird ein besonders intensiv nachgefragtes und quali-tativ herausragendes Segment des Münzkabinetts invorbildlicher Weise erschlossen – und zugleich dernumismatischen Forschung in Sachsen ein wichtigerneuer Anstoß gegeben.

GesamterschließungFür die Erschließung der Münzsammlung musste dieUB Leipzig in den vergangenen 40 Jahren vornehm-lich auf engagierte Freiwillige oder geringfügigBeschäftige zurückgreifen. Diese numismatischbegeisterten Ehrenamtlichen sind auch heute einunverzichtbarer Bestandteil der Arbeit an derSammlung. So beachtlich es ist, wie weit die Neube-stimmung der Sammlung mit diesen Kräften voran-getrieben werden konnte, so klar ist doch auch, dassein Abschluss der Arbeiten in mittelfristiger Per-spektive zusätzlicher Mittel in beachtlichem Um -fang bedarf. Daher hat die UB Leipzig sofort dieGelegenheit ergriffen, die sich Anfang des Jahresdurch eine Ausschreibung der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG) bot: Erstmals wardarin die Erschließung und Digitalisierung „objekt-bezogener Sammlungen“ als Fördermöglichkeitangeboten worden. Zum 31. Januar hat die UBLeipzig einen DFG-Antrag eingereicht, mit dembinnen 7,5 Jahren der Gesamtbestand erschlossenund digital präsentiert werden könnte. Die Begutachtung des Antrags dauert noch an, seineChancen sind schwer einzuschätzen, da die Aktions-linie der DFG offenbar ein über-wältigendes Echo gefunden hat,doch wenn das Vorhaben realisiertwerden könnte, wäre eine erstklassi-ge numismatische Sammlung erst-mals vollständig online verfügbar.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 253

CHRISTOPH

MACKERT

Ewald Hausmann:

Münzen der Groschen-

zeit der Markgrafschaft

Meißen und des Kur-

fürstentums Sachsen,

Leipzig: Universitäts-

verlag, 2011.

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Die Aufgabe, die Kunst- und Wissenschaftsschätzenachhaltig für künftige Generationen zu sichernund zu bewahren, bedarf dennoch weiterer Anstren-gungen und hoher Professionalität (vgl. BIS 2010/4,S. 222 – 224).

Die ZieleIm Hochwasserjahr 2002 funktionierte die Koope-ration zwischen den Kultureinrichtungen gut, es gabvielfältige Unterstützungen und Hilfsaktionen.Diese Kontakte und Kooperationen wurden beibe-halten, ausgebaut und werden nun innerhalb desDresdner Notfallverbundes weiter professionalisiert.Ein wichtiger Beitrag ist deshalb der Dresdner Not-fallverbund von zunächst elf Kultur- und Wissen-schaftseinrichtungen, der weiteren Institutionenoffen steht. Diese elf Partner haben sich unter Beibehaltungihrer jeweiligen institutionellen und inhaltlichenEigenständigkeit zu einem Notfallverbund ihrer in Dresden gelegenen Archive, Bibliotheken undMuseen zusammengeschlossen. Sie erklärten damitihre Bereitschaft, im Notfall (Gefährdung oderSchädigung von Kulturgut durch Brand, Wasser,Unwetter, technische Defekte oder andere unvor-hersehbare Ereignisse) ihre personellen und sachli-chen Ressourcen zu bündeln und die zum Schutzdes Kulturgutes zu leistenden Aufgaben in gegensei-tiger Unterstützung zu bewältigen.

Vor allem aber wollen die Experten dieser Partner-einrichtungen präventiv wirksam werden, Erfahrun-gen an andere Einrichtungen weitergeben undbereits im Vorfeld möglicher Schadensfälle Hand-lungsabläufe vereinbaren, um den Schutz wertvollenKulturgutes weiter zu stärken. Dazu gehören auchder kontinuierliche Kontakt zu den professionellenRettungskräften – insbesondere der Feuerwehr,gemeinsame Notfallübungen, die Unterstützung bei

Die Kulturstadt Dresden besitzt einmaligeSammlungen in Archiven, Bibliothekenund Museen. Die Zeugnisse aus Kunst, Kul-

tur und Wissenschaft wurden über Jahrhundertezusammengetragen und ziehen Touristen und Wis-senschaftler aus aller Welt nach Dresden. Viele Kul-turgüter sind von unschätzbarem Wert. Die Experten in Archiven, Bibliotheken undMuseen tragen die Verantwortung für die Zukunftihrer Sammlungen. Beispielsweise sind raumklima-tisch optimale Bedingungen einzustellen und zuüberwachen, Sicherheitskonzepte zu durchdenkenund umzusetzen und Restauratoren müssen für denOriginalerhalt sorgen. Durch Verfilmung und Digi-talisierung werden in Bibliotheken und ArchivenInformationen langfristig gesichert, die Originalevieler historischer Dokumente geschont undzugleich optimal zugänglich gemacht.

Erfahrungen aus einem Schreckensjahrzehnt Im letzten Jahrzehnt hatten u.a. das Jahrhundert-hochwasser 2002 in Sachsen, der Brand der Herzo-gin-Anna-Amalia-Bibliothek Weimar 2004 und derEinsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 unwieder-bringliche Verluste an Kulturgütern zur Folge. Gerade Sachsen hat aber im Jahr 2002 auch eineunbeschreibliche Hilfe und Solidarität erfahren, dieunvergessen bleiben wird.

Die Aufgabe Vor Naturkatastrophen und unvorhersehbarenUnglücksfällen muss die kulturelle und wissen-schaftliche Überlieferung bestmöglich geschütztwerden. Rund 1 Milliarde EUR wurden in Sachsenin den Hochwasserschutz investiert und in Dresdenwurden für mehrere Hundert Millionen EUR inden letzten 20 Jahren Archive, Bibliotheken undMuseen renoviert oder neu gebaut. Die baulichenRahmenbedingungen sind in Dresden also sehr gut.

254 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Gut vorbereitet sein auf etwas,

das nie passieren soll …Dresdner Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen gründeten einen Notfallverbund

von MICHAEL VOGEL

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der Erstellung von Gefahrenabwehrplänen oder dieAbstimmung von Benachrichtigungsketten.

Verbünde auch in anderen Städten und RegionenNotfallverbünde gibt es bereits in mehreren deut-schen Städten, z.B. in Weimar, Magdeburg, Münsteroder Hannover. In anderen Städten befinden sichNotfallverbünde in Gründung, so in Stuttgart oderFrankfurt a. M.. Auch in Sachsen steht in Leipzigeine weitere Verbundgründung kurz vor demAbschluss (vgl. BIS 2010/3, S. 225) und in der Lau-sitz laufen zur Zeit Gespräche potentieller Partnerfür einen spartenübergreifenden Notfallverbund.

Die Dresdner Initiative und PartnerInitiiert wurde der Notfallverbund Dresden von derSächsischen Landesbibliothek - Staats- und Univer-sitätsbibliothek Dresden (SLUB) sowie den Staatli-chen Kunstsammlungen Dresden (SKD). Bislang gehören ihm folgende Partner an:

• Sächsischer Landtag• Landeshauptstadt Dresden• Staatliche Kunstsammlungen Dresden• Sächsische Landesbibliothek –

Staats- und Universitätsbibliothek Dresden• Sächsisches Staatsarchiv –

Hauptstaatsarchiv Dresden• Landesamt für Denkmalpflege• Staatsbetrieb Staatliche Schlösser, Burgen

und Gärten Sachsen• Technische Universität Dresden• Stiftung Deutsches Hygiene-Museum• Verkehrsmuseum Dresden gGmbH• Senckenberg Naturhistorische Sammlungen

Dresden

Der Verbund steht weiteren Kultureinrichtungender Stadt Dresden offen.

Der Schritt in die ÖffentlichkeitNach der Unterzeichnung der „Vereinbarung zurgegenseitigen Unterstützung in Notfällen“ stelltesich am 23. September der Notfallverbund auf derLandespressekonferenz im Sächsischen Landtag derÖffentlichkeit vor. In ihren Statements erläutertenDr. Matthias Rößler, Präsident des SächsischenLandtags, Dr. Ralf Lunau, Bürgermeister und Beige-ordneter für Kultur der Landeshauptstadt Dresden,Prof. Dr. Thomas Bürger, Generaldirektor der Säch-sischen Landesbibliothek – Staats- und Universitäts-bibliothek Dresden, Michael John, Leiter Techni-scher Dienst der Staatlichen KunstsammlungenDresden und Andreas Rümpel, Leitender Direktordes Brand- und Katastrophenschutzamtes der StadtDresden, die Entstehung sowie die Aufgaben unddie Ziele des spartenübergreifenden Dresdner Not-fallverbundes.

Ausgestaltung der VerbundarbeitDer Verbund wird mit sofortiger Wirkung im prä-ventiven Bereich wirksam werden. Parallel laufennoch abschließende Abstimmungen mit den Trä-gern der einzelnen Einrichtungen zu den Einsatz-möglichkeiten in Notfällen. Am 10. November2011 werden sich die Partner zu ihrer ersten Arbeits-sitzung nach Abschluss der Vereinbarung treffen.Dann werden der Vorsitzende gewählt und die näch-sten Arbeitsschritte bis zum Jahresende und für dasJahr 2012 abgestimmt werden. Zu planen sind u. a.Termine für gegenseitige Besichtigungen der Liegen-schaften, das Vorgehen bei der Erstellung vonGefahrenabwehrplänen und der Austausch und Testder Notrufnummern. Abschließendbleibt zu wünschen, dass für denNotfallverbund der Ernstfall nie-mals eintreten möge. Und dochlohnt es sich, auf diesen möglichenErnstfall gut vorbereitet zu sein.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 255

MICHAEL

VOGEL

Landtagspräsident

Dr. Matthias Rößler (4.v.l.)

und Bürgermeister

Dr. Ralf Lunau (5.v.l.) mit

den Repräsentanten des

Notfallverbunds Dresden.

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und die Perspektiven der konservatorischen undrestauratorischen Bearbeitung der geschädigten Köl-ner Archivalien als „nationale Aufgabe“. So werdenauch im Archivzentrum Hubertusburg zum Teilschwerst geschädigte Bestände unter Nutzung derdort vorhandenen Technik (z.B. Gefriertrocknungs-anlage, „Reine Werkbänke“) durch Kölner Personalbearbeitet. Restauratoren der SLUB Dresden habenbereits im vergangenen Jahr vier geschädigte KölnerSchreinsbücher restauriert und an das StadtarchivKöln übergeben. (vgl. BIS 2010/1, S. 64)„Der SicherheitsLeitfaden Kulturgut (SiLK) derKNK“ wurde von Alke Dohrmann und Almut Sie-gel (KNK – Konferenz Nationaler Kultureinrich-tungen) vorgestellt. Der Leitfaden soll das Bewusst-sein für das Thema Sicherheit und den Kulturgut-schutz in Museen, Bibliotheken und Archiven schär-fen und den Mitarbeitern helfen, ihre Einrichtungim Bereich Sicherheit zu evaluieren. Hierzu sindrelevante Themen in Schwerpunkten zusammenge-fasst, welche einführend erläutert werden. Übereinen Online-Fragekatalog kann durch eine Risiko-analyse die eigene Einrichtung eingeschätzt undüber eine sofortige Auswertung beurteilt werden.Zur Vertiefung ist das jeweilige Thema noch miteinem Wissenspool angereichert. Der Sicherheits-Leitfaden als hilfreiches Instrument für die Praxiskann online und anonym unter http://www.konfe-renz-kultur.de/SLF/index1.php genutzt werden.

BundesprojekteIn ihrem Vortrag „Die Koordinierungsstelle desBundes – Stand und Perspektiven“ sprach UrsulaHartwig über den Stand und die Perspektive der vonihr geleiteten Koordinierungsstelle zur Erhaltungdes Schriftlichen Kulturgutes und zog eine positiveBilanz zu den im Jahr 2010 durch den Bund geför-derten 31 Bestandserhaltungsprojekten und erläu-terte die Fördergrundsätze „Modellprojekte Feuerund Wasser“ für das Jahr 2012. Die auf Initiative von

Auch auf dem alljährlich von der sächsischenLandesstelle für Bestandserhaltung organi-sierten Werkstatttag, am 20. September im

Archivzentrum Hubertusburg des SächsischenStaatsarchivs, waren Notfallvorsorge und -verbündeThema der Veranstaltung. Almut Märker (UB Leip-zig) und Michael John (Staatliche Kunstsammlun-gen Dresden) stellten die in Dresden und Leipziggegründeten bzw. in Gründung befindlichen Not-fallverbünde vor und betonten die Bedeutung sol-cher Verbünde als Beitrag zum Schutz von Kultur-gut. Folgende Vorträge ergänzten den Werkstatttag:

Unglücksnach- und -vorsorgeUlrich Fischer (Stadtarchiv Köln): „Aktuelles zurkonservatorischen und restauratorischen Bearbei-tung Kölner Archivalien“. Im Fokus des Vortragsstand insbesondere der komplizierte Abschluss derBergungsarbeiten im Grundwasserbereich der Ein-sturzstelle, die Planung und der Bezug des neuenRestaurierungs- und Digitalisierungszentrums fürdie Dokumente aus dem eingestürzten Kölner Stadt-archiv in Porz, sowie der Architekturwettbewerbund die Visionen für das neue Kölner Stadtarchiv.Außerdem gab es Informationen über den Stand

256 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Sächsischer Werkstatttag fürBestandserhaltung 2011Ein Bericht

vonEBERHARD BLÜCHER

Präsentation einer

schwerst geschädigten

Archivalie.

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Kulturstaatsminister Bernd Neumann von Bundund Ländern eingerichtete und bei der Staatsbiblio-thek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz angesie-delte Koordinierungsstelle nahm am 1. August 2011ihre Arbeit auf. Sie soll die Koordination vonBestandserhaltungsmaßnahmen, die Evaluationbereits vorliegender Forschungsergebnisse underfolgversprechender Techniken und die Erarbei-tung eines nationalen Bestandserhaltungskonzeptsbewerkstelligen und greift damit wesentliche Aspek-te aus der Denkschrift „Zukunft Bewahren“ der„Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten“ auf, dievon Vertretern der Allianz im Jahr 2009 Bundesprä-sident Horst Köhler überreicht worden war. Über die vom Bund im Jahr 2010 gefördertenBestandserhaltungsprojekte in sächsischen Biblio-theken berichtete der Landesbeauftragte fürBestandserhaltung in Sachsen, Michael Vogel. DieLandesstelle hatte sich mit koordinierten Projektan-trägen für sieben sächsische Bibliotheken an demAntragsverfahren beteiligt. Für vier sächsischeBibliotheken wurden Projekte im Gesamtumfangvon 25.000 Euro bewilligt – darunter die Restaurie-rung von zwei Notenhandschriften in der Stadtbi-bliothek Löbau (Depositum) und konservatorischeBearbeitung nach dem Neiße-Hochwasser mikro-biologisch kontaminierter Bestände im KlosterMarienthal, Ostritz.

Blick in die Praxis der BestandserhaltungUlrike Müller (Archivzentrum Hubertusburg) schil-derte in ihrem Vortrag „Einführung der seriellenProzesse im Archivzentrum Hubertusburg – Kon-servierung und Restaurierung des Bestandes AmtChemnitz“ die Bearbeitung von Dokumenten mitgleichem beziehungsweise ähnlichem Schadensbild.Detailliert wurden die einzelnen Arbeitsabläufe vonden notwendigen Vorarbeiten, also der Sichtungund der Schadensanalyse, bis zu den restauratori-schen Schritten der Wässerung und des maschinel-len Anfaserns bis zur Trocknung erläutert. Sie ver-deutlichte, dass trotz der heterogenen Art desBestandes hier durchaus beachtliche Mengen seriellbearbeitet werden können. Die dazu notwendigentechnischen Voraussetzungen konnten die Teilneh-mer der Veranstaltung am Nachmittag bei einerFührung besichtigen.

ZeitungsarchivierungDer Vortrag von Eberhard Blücher (SLUB Dresden)„Historische Zeitungen im Sächsischen Mikrofilmar-chiv und dessen Geschichte, Umfang und bevorste-hender Teilumzug nach Hubertusburg“ gab einenÜberblick über die Entwicklung der Mikroverfil-mung von Zeitungen an der SLUB und ihren Vor-gängereinrichtungen und den damit verbundenenProblemen wie der Unvollständigkeit von Zeitungs-reihen in den Bibliotheken aufgrund unzureichenderPflichtexemplarreglungen der Vergangenheit. Dar-über hinaus wurde über den Stand der Vorbereitun-gen zum bevorstehenden Teilumzug des „Sächsischen

Mikrofilmarchivs“ nach Hubertusburg berichtet. Unter dem Titel „Mikrofilm und E-Paper – neuesteEntwicklungen bei der Archivierung und Benutzungvon Zeitungen in der DNB“ referierte Jörg Räuber(DNB Leipzig). Die DNB lässt seit dem 1. Januar2011 nicht mehr alle Zeitungen der rund 450 Tages-zeitungen, die seit 1990 als Mikrofilm und nicht imOriginal gesammelt wurden, wie bisher verfilmen.Vielmehr übernimmt sie, soweit das möglich ist,diese in Form der sogenannten E-Paper von den Zei-tungsverlagen (aktuell 294 Ausgaben von Tageszei-tungen und 16 Sonntagsausgaben) und stellt sie inihren Lesesälen in Frankfurt am Main und Leipzigin digitaler Form zur Verfügung. Dies entsprichtdem gesetzlichen Auftrag der DNB. Aus urheber-rechtlichen Gründen können diese digitalen Zeitun-gen in keiner Form weitergegeben werden. Sie dür-fen auch in den Lesesälen nicht kopiert werden.Etwa 150 Zeitungen werden derzeitig noch verfilmt,weil noch keine E-Paper Ausgaben verfügbar sind.

Mit einer engagierten Führung von Thomas-SergejHuck (Leiter des Archivzentrums Hubertusburg)durch das Archivzentrum erhielten die Teilnehmerabschließend einen sehr interessanten Einblick indie Werkstätten und Magazine, in deren beachtlichetechnische Ausstattung und in die Funktionsweiseeinzelner Anlagen. Zu den 43 Teil-nehmern des Werkstatttages zähl-ten neben den Vertretern aus sächsi-schen Bibliotheken, Archiven undMuseen auch Fachkollegen ausNRW, Thüringen und Berlin.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 257

EBERHARD

BLÜCHER

oben: Erläuterung

von Schadensbildern.

unten: Die Nassbe -

handlungsstrecke des

Archivzentrums.

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258 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Junge Schreiber aufLessings Spuren Oder Bühne frei für die Stadtbibliothek Kamenz

von MARION KUTTER

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Zum 20. Tag der Sachsen vom 2. bis 4. Septem-ber 2011 in Kamenz hatte die Stadtbiblio-thek Kamenz einen außergewöhnlichen Auf-

tritt. Das traditionelle und größte sächsische Ver-einsfest bot den Rahmen und die Kulisse für dieAuszeichnungsveranstaltung des Kami-Schreib-wettbewerbs. Die Bibliothek hatte im Mai 2011 dieSchüler der dritten und vierten Klassen der Kamen-zer Grundschulen aufgerufen, sich eine Abenteuer-geschichte für das dicke und lustige MaskottchenKami zum 20. Tag der Sachsen auszudenken. Daslebensgroße grüne Männchen besuchte die Kamen-zer Grundschulen, stellte den Wettbewerb vor undwar dann auch bei der Auszeichnungsveranstaltungdabei. Die Schüler hatten zwei Monate Zeit, denvorgegebenen Textanfang „Die Vögel erwachenund die Lessingstadt wird munter …“ zu ergänzen.87 Schüler (ein Drittel der Kamenzer Dritt- undViertklässler) reichten phantasiereiche Texte mitamüsanten Überschriften ein und charakterisierendas Maskottchen als mutig, hilfsbereit, sportlichund entdeckungsfreudig. Kami schleckt gern Eisund isst viel Wurst. Sein liebster Aufenthaltsort istder Krabat-Spielplatz in Kamenz. Kamis Eltern hei-ßen Kamelie und Kamelo, seine Freundin erhieltden Namen Kamina. In vielen Geschichten geisternElfen, Zwerge und andere märchenhafte Gestaltenumher. Manches Abenteuer besteht Kami sogar mitdem Oberbürgermeister der Stadt. In ihren Textenformulierten die Kinder Hoffnungen und Wünscheebenso wie Einblicke in ihre Lebensrealität. Dabeispielten erfreulicherweise der Bibliotheksbesuchoder das Lesen eine Rolle.

Auszeichnung der GewinnerDie Jury – bestehend aus der Ideengeberin des Wett-bewerbs, der Kamenzer Autorin Birgit Richter, undder Görlitzer Journalistin Anett Böttger sowie derLeiterin der Stadtbibliothek Marion Kutter – be -wertete mit tatkräftiger Unterstützung der Prakti-kantin Tina Schütze die Originalität, Kreativitätund sprachliche Umsetzung der Texte. Die geplanteAuszeichnungsveranstaltung kam in Zusammenar-beit mit dem Schauspieler und Leiter des Steinhaus-theaters Bautzen e.V., Michael Linke, zustande, derein improvisiertes Theaterstück schrieb, das sowohlfür den Kamenzer Oberbürgermeister RolandDantz als auch den Landtagspräsidenten Dr. Mat-thias Rößler eine kleine Rolle vorsah. Im Rahmendieses Theaterstücks erhielten die Gewinner ihreAuszeichnung. Die kleinen Autoren trugen amSchluss stolz eine Urkunde, ein signiertes Buch undeinen Plüsch-Kami nach Hause und träumten viel-leicht davon, ein Schriftsteller zu werden, wie z.B.Gotthold Ephraim Lessing (1729 bis 1781), der inKamenz das Licht der Welt erblickt hat.

Hat sich der Aufwand gelohnt?Die Antwortet lautet: Ja, unbedingt. Denn dadurchkann die öffentliche Wahrnehmung der Stadtbiblio-thek Kamenz in ihrer breitenwirksamen Bedeutung

als generationen- und bildungsübergreifender Infor-mations- und Medien-Allrounder verbessert wer-den. Das gilt auch für die Wahrnehmung bei ande-ren Kultur- und Bildungspartnern. Im Zuge derVorbereitung und Durchführung des Wettbewerbserzielte die Stadtbibliothek zum einen durch ver-schiedene Pressebeiträge eine breite Öffentlichkeits-wirkung und fand zum anderen nicht nur in denSchulen und Elternhäusern engagierte Mitstreiter,sondern auch innerhalb der StadtverwaltungKamenz, insbesondere beim Projektbüro zum Tagder Sachsen (Planung des Auftritts), beim VerlagFernEdition Wien (Sponsor der Buchpreise), beimSächsischen Landtag (Bühne) und dem Klostertor-Café in Kamenz (Eis-Gutscheine). Für die Stadtbi-bliothek Kamenz ist der Schreibwettbewerb nichtnur mit einer erfreulichen Bilanz verbunden gewe-sen, sondern auch mit der Erkenntnis, dass es mehre-re gute Gründe gibt, über Mindeststandards undVerbuchungstheke hinaus zu den-ken. Denn welche andere Kultur-einrichtung hat so viel Potential zubieten, wenn es darum geht, dieLiebe zu Büchern und Geschichtenzu wecken?

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 259

MARION

KUTTER

Geschichte von Josefine

Sperling, Kamenz, neun

Jahre.

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überstanden und ist eine ebenso unverwechselbarewie unentbehrliche Größe im Festkreis des Jahresgeblieben. Bis heute ist es DAS Fest der Familie undwurde wohl in jeder auch durch Fotografien in viel-fältiger Weise festgehalten. Das spätere Betrachtenweckt Erinnerungen und lässt den Vergleich mitdem Begehen der Festtage in vorhergehenden Gene-rationen möglich werden. Rituale entwickeln sichund schon in der alljährlichen Wiederkehr des Lieb-gewordenen und Gewohnten liegt für viele ein ver-

bindendes Glücksmo-ment. Eine solchebe ständige Größe ist bisheute etwa der Weih-nachtsbaum geblieben,den jede Familie auf ihreganz eigene Weise zu

Kurz vor dem ersten Advent wurde dieses Jahrim Buchmuseum der SLUB Dresden eineAusstellung eröffnet, die einem alljährlich

ebenso sehnlich herbeigewünschten wie von man-chen auch gefürchteten Ereignis gewidmet ist:Weihnachten. Die Exposition trägt den Titel „O dufröhliche? – 100 Jahre Weihnachtsfotografie“.Trotz anhaltender Säkularisierung der Gesellschafthat das Weihnachtsfest den Wandel der Zeiten undalle historischen Umbrüche bis heute unversehrt

260 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

„ ... früher war mehr Lametta!“ Neue Ausstellung zu 100 Jahre Weihnachtsfotografie in der

O DU FRÖHLICHE? – 100 JAHRE WEIHNACHTSFOTOGRAFIE

Ausstellung im Buchmuseum der SLUB vom 25.11.2011 bis 5.2.2012Öffnungszeiten: täglich 10 –18 Uhr (außer 24. – 26.12.2011, 31.12.2011, 1.1.2012)

Selbstporträt des

Roßweiner Fotografen

Willy Hanisch, in einer

Weihnachtsbaumkugel

gespiegelt, 1932.

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schmücken weiß. Ein anderes wiederkehrendes Mo -ment der Einstimmung auf das nahende Fest ist fürmanchen der Besuch des Weihnachtsmarktes.Die Deutsche Fotothek verfügt über eine erstaun -liche Anzahl von historischen Fotografien mit weih-nachtlicher Motivik. Die meisten kamen mit voll-ständig erworbenen Fotografennachlässen in denBestand, andere sind ob ihres Alters oder der beson-deren fotografischen Qualität auch gezielt erworbenworden.Eine Auswahl und Kommentierung dieser Fotogra-fien kann aber nicht allein auf die stimmungsvoll bie-dermeierlich anmutende Weihnacht konzentriertsein. Die präsentierten Bilder, von denen ein beträcht-licher Teil von Amateuren aufgenommen worden ist,erzählen in gewisser Weise eine Kulturgeschichte desWeihnachtsfestes bis weit in die zweite Hälfte des 20.

Jahrhunderts hinein. Weihnachten konnte fast über-all stattfinden: in der Familie, in der Firma, im Wai-senhaus und manchmal sogar im Kriegsgefangenenla-ger. Nicht immer war und ist es ein fröhliches Fest.Doch versuchte man augenscheinlich unter allenUmständen, zumindest die Kinder zu erfreuen, sie zubeschenken und im Kreise der Familie ein paargemütvolle Stunden zu verbringen, in denen die Sor-gen und Nöte des Alltags in den Hintergrundgedrängt wurden und das Fest seinen ganz eigenenZauber entfalten konnte. Denn bei allem, was dasLeben oft schwer macht, bleibtWeihnachten mit seiner frohen Bot-schaft in allen Wechselfällen desLebens und der Weltgeschichte auchdas Fest der ewigen Hoffnung aufeine friedvolle Zukunft.

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 261

(Loriot) SLUB Dresden von ANNE SPITZER

ANNE

SPITZER

Familienporträt unterm

Weihnachtsbaum in Dres-

den, 1949.

Fotograf: Hildegard Jäckel

Weihnachtsfeier französischer

Kriegsgefangener in einer

Turnhalle in Roßwein, 1941.

Fotograf: Willy Hanisch.

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262 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

Die Redaktion

wünscht allen

Leserinnen

und Lesern

frohe Weihnachten

und ein gutes

neues Jahr!

VEB-Angestellte mit Schokoladenweihnachtsm

ännern, 1954. Fotografen: Roger Rössing & Renate Rössing, SLUB/DF

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BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 263

selbst gestürzt wurde, ahnte bei der Übergabe derBeglaubigungsurkunde keiner. Auch wenn es damalswie heute immer noch schwer ist, unsere Existenzaufrecht zu erhalten, so haben wir von Anfang undbis heute unsere politische und finanzielle Unabhän-gigkeit und somit Selbständigkeit bewahrt. Es man-gelt zwar an Vielem (Einrichtungsgegenstände wieRegale, Archivschachteln, usw.) doch das wird auchkünftig nicht der Grund sein, Fördermittel zu bean-tragen und auszuschöpfen.

Themenschwerpunkte des Archiv und der BibliothekDas „Rosa Archiv Leipzig“ beschäftigt sich in ersterLinie mit der Aufarbeitung der Geschichte derSchwulen und Lesben in der sowjetischen Besatzungs-zone und Ostdeutschland von 1945 – 1989. Besonde-res Augenmerk gilt hierbei der 2010 ge gründeten AG„STASI und die Homosexuellenverfolgung“.Das zweite Hauptaufgabengebiet ist das Sammeln,Archivieren und Ausleihen von historischen Publi-kationen um 1860 bis 1945 zu sexualwissenschaft -lichen Themen, insbesondere des Urningtums. Der dritte Themenschwerpunkt ist das immer nochwichtige Thema „AIDS und HIV“, zu dem Hunder-te Publikationen in der Bibliothek vorhanden sind.

Der Bestand des Archivs und der Bibliothek Derzeit umfassen die schwulen, lesbischen und wei-teren Bestände folgende Materialien:• über 500 Spiel- und Dokumentarfilme

und weitere Aufzeichnungen• über 1.500 Veröffentlichungen zum Thema HIV

und AIDS• über 5.000 wissenschaftlich und belletristische

Publikationen ab 1860• über 7.500 digitale Medieneinheiten • über 10.000 Szene-Zeitungen, -Zeitschriften

und -Magazine (circa 250 Titel)

Das „Rosa Archiv Leipzig“ beging 2011 mitseiner Bibliothek das 25-jährige Bestehen. Eswurde von seinem Gründer Jürgen Zehnle,

der es heute noch betreibt, am 1. Februar 1986 inder Leipziger Waldstraße 44 gegründet, wo es bis1994 ansässig war. Nach vielen vergeblichen Versuchen, eine selbständi-ge Organisation zu schaffen (siehe „Karl-Heinrich-Ulrich-Gesellschaft“) die das Archiv, die Bibliothekund einen Veranstaltungsort in sich vereinen undoffen für alle Interessierten sein sollte, brachten auchAngliederungsversuche an verschiedene damals„gesellschaftlich anerkannte“ Gruppierungen wiedie Pirkheimer-Gesellschaft oder den Kulturbundkeinen Erfolg, da man für die knapp 850.000Schwulen und Lesben Ostdeutschlands keinenBedarf sah.Als sich dann Mitte 1989 der Verband der Freiden-ker (ff. VdF) gründete, sahen wir unsere Chance undbereits am 22. September haben wir durch den VdFunsere „staatliche Anerkennung“ erhalten. Dassdiese schon sechs Wochen später keinen Pfifferlingmehr wert war, da die Mauer sich öffnete und dasdiktatorische Regime Ostdeutschlands vom Volk

BIS – BESONDERE SAMMLUNGEN IN SACHSEN

25 Jahre „Rosa Archiv Leipzig“

und Bibliothek von JÜRGEN ZEHNLE

„Bunt, unkonventionell, vielfältig so könnte man dieSammlungen beschreiben, die sich künftig unterdieser Rubrik vorstellen. Es geht dabei nicht nur umSammlungsinhalte und -objekte, sondern auch um dasEngagement der Menschen, die sich aus ganzunterschiedlichen Beweggründen einem bestimmtenThema widmen. Die Redaktion behält sich die Auswahlder Sammlungen vor. Wie im gesamten Heft, müssenVeröffentlichungen nicht mit der Meinung derRedaktion übereinstimmen.“

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264 // BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4

• über 12.500 Zeitungsartikel aus Hetero-Zeitungen von um 1900 bis heute

• über 15.000 Dokumente, Plakate, Faltblätter, Werbung, Dinge aus Nachlässen, Autographen, Aktenseiten (z.B. aus Stasiakten) und vieles mehr.

Die Bestände sollen in den nächsten Monaten digi-talisiert werden und damit auch im Internet zur Ver-fügung stehen. Weitere Dienstleistungen künftigunter: www.service.rosa-archiv.de.

Karl-Heinrich-Ulrichs-GesellschaftIm Vorfeld der Errichtung des „Karl-Heinrich-Ulrichs-Zentrum“ und anläßlich der 25-jährigenExistenz des „Rosa Archiv Leipzig“ wurde am 19.Oktober 2010 der Förderverein „Karl-Heinrich-Ulrichs-Gesellschaft“ e.V. (ff. KHU-G) mit Sitz inLeipzig ins Leben gerufen.Um 1985/86 wurde die Ur-Initiative der KHU-Gdamals von der STASI mit der „OPK Verbund“ undmit der Hilfe schwuler Spitzel und IMs erfolgreichzersetzt und niedergeschlagen.

Die KHU-G trägt den Namen des Mannes, der sichim 19. Jahrhundert mit zahlreichen Schriften gegendie gesetzliche, gesellschaftliche und moralische Dis-kriminierung Konträrsexueller wandte und sich alsJurist unter anderem dafür einsetze, die entsprechen-den Paragraphen unwirksam zu machen. Mit dieserNamensgebung wollen wir den Mann unvergessenmachen, der von 1825 – 1895 überwiegend inDeutschland lebte, sich als Schwulenaktivist enga-gierte und heute in der Szene als erster Vorkämpferfür die Rechte der „Urninge“ und „Urninden“ gilt.Die KHU-G konnte 2011 zusammen mit dem„Rosa Archiv Leipzig“ am 17. Mai das neue „Karl-Heinrich-Ulrichs-Zentrum“ in der Leipziger Innen-stadt eröffnen, in dem das umfangreiche Archiv mitseiner Bibliothek integriert wurde. Der 17. Mai istfür Urninge ein historisches Datum, das jedes Jahrals „heimlicher“ Geburtstag begangen wurde, deraber in erster Linie an den Paragraphen 175 desStrafgesetzbuches erinnern soll, für den Menschennicht nur ins Gefängnis kamen, sondern gefoltertund ermordet wurden. In der neueren Zeit ist dieserTag der internationale Tag gegen Homophobie.

AIDS-Arbeit vor der Wende und heuteAIDS, als ein Phänomen des „dekadenten“ und „aus-sterbenden“ Kapitalismus, gab es im Osten nicht, da

der antibolschewistische Schutzwall (der ja eigent-lich gebaut wurde, um die Bürger abzuhalten, in denWesten zu fliehen) alle Ostbürger vor dieser „Seucheschützte“. Als man endlich nach Mitte der achtzigerJahre begann, das Thema zaghaft öffentlich zumachen, versuchte die Staatsführung es aber weiter-hin mit Verharmlosung, Vertuschung und Verheimli-chung der wirklichen Situation im Ostblock.Das „Rosa Archiv Leipzig“ begann schon Anfangder 1988er Jahre damit, Material zu HIV und AIDSzu besorgen, und da es im Osten nichts zu diesenThemen gab, geschweige denn eine Selbsthilfegrup-pe, musste man sich im Westen darum bemühen. Heute kaum noch vorstellbar, denn diese „illegaleKontaktaufnahme“ mit dem Westen und das Be -schaffen von vom Osten nicht genehmigten Publika-tionen waren gesetzlich illegal und somit strafbareHandlungen. Jürgen Zehnle ließ sich davon nichtirritieren, schrieb Verlage, Professoren, AIDS-Hilfenund Privatpersonen an und wurde für seine Mühereichlich belohnt: Das „Rosa Archiv Leipzig“ fülltesich auf diese Weise schnell mit Publikationen zuHIV, AIDS und verwandten Themen.Es gab im Osten Deutschlands noch überhauptkeine AIDS-Hilfe, da machte das Rosa Archivbereits AIDS-Info-Tage und die ersten fanden eineWoche lang, nämlich vom 22. bis 28. Januar 1990,statt. Diese erste AIDS-Info-Woche fand in denRäumen des Rosa Archiv statt und es konnten Refe-renten aus Berlin Ost und West, aus Leipzig und ausNürnberg für Vorträge und Präsentationen gewon-nen werden.Seit 2010 organisiert die AG „AIDS-Info Leipzig“des „Rosa Archiv Leipzig“ die „Leipziger AIDS-Info-Wochen“ (LAIW), die das Thema HIV undAIDS durch Informationen und Präsentationeneiner breiten Öffentlichkeit näher bringen soll.

Hauptaktivitäten 2011 und 2012Ab 2012 in Planung: • Digitale Erfassung der Bestände und OPAC-

Anschluß• Vorbereitung der Wanderausstellung

„STASI und die Homosexuellenverfolgung“• 3. LAIW vom 11.11. – 12.12.

(Leipziger AIDS-Info-Wochen)Im Jahr 2011:• 25 Jahre Rosa Archiv – Jubiläum

und Eröffnung des „Karl-Heinrich-Ulrichs-Zentrum“.

ROSA ARCHIV LEIPZIG

Postanschrift: Rosa Archiv Leipzig · PF 100165 · 04001 LeipzigHausanschrift: Karl-Heinrich-Ulrichs-Zentrum · c/o Rosa Archiv Leipzig ·Nikolaistraße 16 · 04109 LeipzigTelefon: (0176) 75 22 33 30 · Telefax: (03212) 175 0 175E-mail: [email protected]

www.rosa-archiv.de Karl-Heinrich-Ulrichs

JÜRGEN

ZEHNLE

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Seit 2005 besitzt die Sächsische Landesbiblio-thek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB) einen Schatz: Die Schen-

kung einer „Bibliotheca gastronomica“ von WalterPutz aus Baden-Baden.Die Handschriften und Drucke vom 16. bis zum 21.Jahrhundert bieten Einblicke in die hohe Kunst derGastronomie. Sie sind über die Kataloge der Bib -liothek zugänglich (http://www.slub-dresden.de/sammlungen/sonstige-spezialbestaende/sammlung-putz/). Mehr als 400 Bände können schon in derDigitalen Bibliothek gelesen und betrachtet werden(http://www.slub-dresden.de/sammlungen/digita-le-sammlungen/kollektionen/).

Alte Rezeptbücher mit traditionellen und längst ver-gessenen Zubereitungshinweisen für allerlei Speisenfinden sich genauso, wie Speisekarten, Grafiken undLehrbücher für den angehenden oder erfahrenenKonditor, Hotelier oder Gastronomen.Die Sammlung Putz ist eine Fundgrube auch für denVerein für Wissenschaftler und ingenieurtechnischeMitarbeiter Dresden e.V. (WIMAD), der sich mitder Geschichte von Schokolade, Süß- und Backwa-ren und deren Verpackung befasst. Der Verein hatden Bestand unter diesen Aspekten durchgesehenund ausgewertet. Einige Spitzenstücke sind nunauch in der Ausstellung „Das süße Herz Deutsch-lands – Sachsens Schokoladenseite“ im Industriemu-seum Chemnitz zu sehen (bis 15. April 2012).So ist im „Neuen Alamodischen Koch – Büchlein“von 1689 die Läuterung von Zucker mittels Eiweißbeschrieben. Der zur Verfügung stehende Zuckerhatte noch nicht die Reinheit, die heute üblich ist.Das Bautzener Buch „Drey Neue Curieuse Tractät-gen, von Dem Tranck Cafe, Sinesischen The, undder Chocolata“ von 1692 enthält einen der frühe-sten Nachweise, dass Kakao für die Marzipan- undBackwarenzubereitung verwendet wurde. Ein„Koch- Back- und Konfiturenlexikon“ von 1794listet 16 Schokoladenrezepte auf, darunter Anwei-sungen zum Backen von „Baben, Stollen (welcheauch Stritzel, Weggen und Christbrode genanntwerden)“.

Das typische Dresdner Erzeugnis Russisch Brot(auch Patience) taucht erst 1898 in einer Publikati-on auf. Für dieses Jahr ist erstmals die industrielleProduktion bei den Gebrüdern Hörmann belegt.Jedoch gab es nach Büchern in der Sammlung Putzaus den Jahren 1689, 1784 und 1874 schon viel frü-her Buchstabengebäcke oder dressierte Schokola-denbuchstaben.Ebenso gab es Vorläufer der erstmals 1839 in einerAnzeige angebotenen Milchspeiseschokolade derDresdner Schokoladenfabrik Jordan & Timaeus.Auf Grund der Experimentierfreudigkeit von Zuk-kerbäckern, Hofkonditoren und Schokoladefabri-kanten sowie sicher mancher Laien wurden offen-sichtlich schon lange vorher die Grundlagen dafürgelegt.Die „Bibliotheca gastronomica“ desSammlers Walter Putz in der SLUBDresden birgt noch manche Ent-deckungen zur Kultur- und Indu-striegeschichte der Lebensmittel-produktion und -zubereitung.

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Sachsens SchokoladenseiteLeckereien aus der Bibliothek im Industriemuseum

von UWE HESSEL

UWE

HESSEL

links: Das Kränzchen

in der Küche, Kochbuch

von Marie Beeg,

München 1897.

rechts: Leipziger Buch

über Tee, Kaffee und

Schokolade aus dem

Jahr 1695.

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HTWK –aktuell gehalten wird (http://bibliothe-ken-leipzig.de). Es folgten Zusammenkünfte zurGründung eines Notfallverbunds, der demnächstauch juristisch lebensfähig werden wird. Und alsBeiprodukt der gemeinsamen Aktivitäten entstanddie Idee zum Straßenfest, die von den bis zu 4.000Leipziger Bürgerinnen und Bürgern, die sich in derBeethovenstraße einfinden, sehr gut angenommenwurde. Das Fest soll künftig alle zwei Jahre stattfin-den, um den von allen Beteiligten getragenen Auf-wand nicht zu groß werden zu lassen. Hauptsponso-ren des Straßenfestes sind die großen LeipzigerBibliotheken und Archive (Deutsche Nationalbi-bliothek, Leipziger Städtische Bibliotheken, Univer-sitätsbibliothek, Staatsarchiv) und ihre Freundes-kreise. Das Fest 2011 wurde auch gefördert durchden Rotary Club Leipzig-Centrum und das Ameri-kanische Generalkonsulat – das ebenfalls mit einemStand vertreten war.

Archive und Bibliotheken haben ein Interesse anKontakten auch außerhalb der Öffnungszeiten undder von ihnen genutzten Gebäuden – egal, ob es sichum öffentliche oder ehrenamtliche Einrichtungenhandelt. Das Leipziger Straßenfest trägt dazu bei,diese Kontakte zu knüpfen oder zu vertiefen. In die-sem Sinne wird es auch künftig zu den gemeinsamenAktivitäten gehören, mit denen sich Archive undBibliotheken in Leipzig verbinden. Bei aller Arbeitgilt nämlich: Es macht uns selbst großen Spaß!

Am Anfang standen hitzige Diskussionen. Dieeinen wollten ein Fest, um ihr Image zu ver-bessern. Musik, Bühnendarbietung, Kaffee

und Kuchen, Bier und Bratwurst – was man eben somit Archiven und Bibliotheken verbindet! Dieanderen wollten sehr viel ernster die einzelnen Ein-richtungen vorstellen und aktiv Werbung für ihrejeweiligen Häuser betreiben. Herausgekommen isteine Mischung aus beidem. Im August 2011 fandbereits zum dritten Mal das „Straßenfest der Leipzi-ger Bibliotheken und Archive“ (http://www.biblio-thekenfest-leipzig.de) statt. Auf einer von Platanengesäumten Straße im Leipziger Musikviertel, direktvor der Bibliotheca Albertina, dem Hauptgebäudeder Universitätsbibliothek Leipzig, gab es eineBühne für Musikkapellen (die Leipziger bevorzu-gen Swing), Stände für Essen und Trinken, Bänke,und circa 30 Tische, auf denen die einzelnen Ein-richtungen ihre Informationsmaterialien und vieleMitmachangebote präsentierten. Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter beantworteten sachkundig diezahlreichen Fragen der neugierigen Besucher.

Die Zusammenarbeit der Leipziger Bibliothekenund Archive begann mit demgemeinsamen Bibliothekenführer,der gedruckt wurde und im Inter-net – durch die Studierenden desStudienganges Bibliotheks- undInformationswissenschaft an der

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Leipziger Bibliotheken

und Archive feiern ein Fest

Warum?

von ULRICH JOHANNES SCHNEIDER

ULRICH

JOHANNES

SCHNEIDER

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Meinung junger Leser war gefragtDie Leipziger Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz wird seit Januar 2010saniert. Mit Abschluss der Bauarbeiten isteine Teilneuausstattung der Bibliothek vor-gesehen. Rund 1,2 Millionen Euro sollenfür Regale, Sitzmöbel, Tische und Stühle,für Arbeits- und Leseplätze, Informations-und Beratungstheken sowie Ausstellungs-vitrinen investiert werden, so entschied derStadtrat im Dezember 2010. Die LeipzigerStädtischen Bibliotheken starteten deshalbvom 23. April bis zum 30. Juni eine Befra-gung zum Aussehen und zur Gestaltungder neuen Kinder- bzw. Jugendbibliothek,die sich an Kinder und Jugendliche richte-te. Insgesamt kamen 226 ausgefüllte Frage-bögen zurück. 101 Kinder (bis 13 Jahre)und 125 Jugendliche (13 – 22 Jahre) betei-ligten sich, davon kannten über zwei Drit-tel der Befragten die Bibliothek bereitsoder benutzten sie regelmäßig.Auf die offene Frage, was es in der neuenKinderbibliothek geben müsste, antworte-ten 66 % der Kinder, dass sie sich genügendSitzmöglichkeiten oder „Sitzecken“ wün-schen, 36 % wollen eine thematische Auf-stellung der Bücher, gefolgt von der Bitte(30,7 %), viele e-Medien bereitzustellen. Auch den Jugendlichen ist eine gemütlicheAtmosphäre wichtig. Sofas oder Sessel soll-ten auf jeden Fall vorhanden sein, sagen42,4 % der Befragten, gefolgt von demWunsch (37,6 %), eine große Auswahl anBüchern bereitzustellen. An dritter Stelle(21,6 %) steht die Bitte nach aktuellen e-Medien.

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BIS

KOMPAKT

Auf die Multiple Choice Frage, was man in der Bibliothek machen möchte, standdie Antwort „Bücher ausleihen“ (Kinder81,2 %, Jugendliche 95,2 %) und die Ant-wort „lesen“ (Kinder 82,2 %, Jugendliche93,6 %) an vorderster Stelle. 60, 4% der Kinder wollen außerdem Musikoder Hörbücher hören und 45,5 % sehendie Bibliothek als Treffpunkt mit Freun-den. 86,4 % der Jugendlichen ist es wichtig,auch andere Medien ausleihen zu könnenund 44,8 % freuen sich auf das Surfen imInternet.Den Jugendlichen wurde auch die Fragenach einem Farbwunsch gestellt. Sie favori-sieren grün, gelb und orange.Die Auswertung der Fragebögen lag in denHänden der Auszubildenden des 3. Lehr-jahres. Für die Umsetzung der Vorschlägeund Wünsche sind nun die MitarbeiterIn-nen der Leipziger Stadtbibliothek gefragt.An die ekz, die mit der Ausstattung derneuen Stadtbibliothek beauftragt ist, wur-den die Ergebnisse bereits vermittelt. Aufjeden Fall umgesetzt wird der dringlicheWunsch nach gemütlichen Bereichen mitbequemen Sitzmöbeln. Die Eröffnung derneuen Leipziger Stadtbibliothek ist imHerbst 2012 mit einem Fest geplant.

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Kassenautomat in der Haupt- und MusikbibliothekMit der Einführung eines Kassenautoma-ten gibt es seit 8. August ein neues Service-angebot in der Haupt- und Musikbiblio-thek der Städtischen Bibliotheken Dresden.Ob Versäumnis- oder Mahngebühr, Trans-port- oder Jahresnutzungsgebühr, alle sichauf dem Benutzerkonto befindlichen Be -träge, können nun selbstständig beglichenwerden. Der Kassenautomat akzeptiertauch EC-Karten und verfügt über eineGeldwechselfunktion. Bitte Benutzeraus-weis nicht vergessen.

Lesen gegen GewaltIn der ersten Novemberwoche hat die Au -torin Anja Tuckermann in der Stadtbiblio-thek Chemnitz für Schulklassen aus dreiihrer Romane gelesen. Gewalt in ihren unterschiedlichen Facet-ten wird in den Kinder- und Jugendroma-nen der Autorin auf vielfältige Weisebehandelt. Durch die eindringlich vorge-tragenen Texte gaben Anlass zur Diskus-sionen der Kinder und Jugendlichen mitihren Lehrern.2002 entstand in Zusammenarbeit zwi-schen der Stadtbibliothek und dem Krimi-nal-präventiven Rat der Stadt Chemnitzdas Projekt „Lesen gegen Gewalt“, das seit-her jährlich im November stattfindet. Indiesem Rahmen werden Lesungen organi-siert, Klassensätze angeschafft und sach -liche Informationen zum Thema bereit -gestellt. Seit 2010 wird das Projekt vomLokalen Aktionsplan für Demokratie, To -leranz und ein weltoffenes Chemnitz ge -fördert.

Traumberuf VerlegerDieser Buchtitel war Thema eines Abendsmit Klaus-G. Saur am 2. November in derSächsischen Landesbibliothek – Staats- undUniversitätsbibliothek Dresden (SLUB).Saur gehört zu den erfolgreichsten deut-schen Verlegerpersönlichkeiten des 20.Jahrhunderts. Auf nicht weniger als 8.600Buchtitel kann er zurückschauen. Seit1958 besucht er regelmäßig die LeipzigerBuchmesse. Prof. Dr. h. c. mult. Klaus G.Saur ist Mitglied des Präsidiums des Goe-the-Instituts und zahlreicher Aufsichtsgre-mien.In seiner Autobiographie „TraumberufVerleger“ beschreibt er eindrucksvoll dieHöhepunkte, aber auch die Risiken desVerlegerberufs. Thomas Bürger sprach mitKlaus G. Saur über seine Erinnerungen,über die Geschichte und Zukunft desBuches, über die Verlags- und MessestadtLeipzig, für die er sich besonders engagiert.

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KOMPAKT

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5. Chemnitzer LeseadventDie Adventszeit ist für viele die hektischsteZeit des Jahres. Für etwas Ruhe und Besin-nung lädt seit nunmehr fünf Jahren dieStadtbibliothek Chemnitz zu Lesungen ein.Bekannte Chemnitzer Persönlichkeitenlesen unter dem Motto „Ankommen, An -kunft und Advent“ Geschichten und tra-gen ihre Gedanken dazu vor. Den Lese -advent moderiert die Pfarrerin DorotheeLücke, Schüler der Städtischen Musik -schule bieten den musikalischen Rahmen.Die Lesungen finden während der Öff-nungszeiten am späten Nachmittag in derBibliothek statt. Der Eintritt ist frei. DieReihe wird gemeinsam vom EvangelischesForum, der Kultur und Bildungseinrich-tung des Kirchenbezirks Chemnitz, undder Stadtbibliothek organisiert.Den Abschluss und Höhepunkt des wö -chentlichen Adventsveranstaltungsreigensbilden die Lesungen namhafter und erfolg-reicher Künstler. So gastierten in den ver-gangenen Jahren die Schauspieler OttoMelies und Dieter Bellmann, die Chanson-sängerin Gisela May und die Schriftstelle-rin Sabine Ebert in der Zentralbibliothek. In diesem Jahr berichtet die Reiseschrift-stellerin und Dokumentarfilmerin CarmenRohrbach von einer Nilreise von Abu Sim-bel bis Alexandria. Das Konzept kommtbei den Bibliotheksbesuchern gut an undbietet in der Vorweihnachtszeit einen Mo -ment des Innehaltens und der Reflexion.

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Geld zur Erhaltung von SchätzenIn der 450-jährigen Geschichte der Sächsi-schen Landesbibliothek – Staats- und Uni-versitätsbibliothek Dresden (SLUB) gelang-ten zahlreiche wertvolle Stücke in denBestand der Bibliothek, deren Bewahrung,Pflege und Erhaltung besondere Aufmerk-samkeit gilt. Den mit dieser Aufgabe ver-bundenen finanziellen Aufwand kann dieSLUB als öffentliche Einrichtung jedochnicht allein tragen. Die Bibliothek wirbtdaher auf ihren Webseiten um Buchpatenfür Restaurierungen und Spenden für beispielsweise Einbandreparaturen undSchutzbehältnisse. Letztere können bereitsmit einer Spende ab 25 Euro beschafft wer-den. Für ihre Spende bzw. die Übernahmeeiner Buchpatenschaft können Interessen-ten ein entsprechendes Online-Formularauf der Webseite nutzen. Eine im Buch -museum aufgestellte Spendenbox bietetBesuchern und Gästen der SLUB die Mög-lichkeit für eine Bargeldspende. In diesemJahr kamen so bisher rund 1.500 Euro anSpendengeldern zusammen, mit denen dieRestaurierung von zwei Bänden mit bota-nischem Inhalt sowie die Beschaffung von14 Schutzbehältnissen ermöglicht werden.Die SLUB dankt allen Buchpaten undSpendern!

Über 200.000 E-Books neu im SLUB-Katalog Angemeldete BenutzerInnen der Sächsi-schen Landesbibliothek – Staats- und Uni-versitätsbibliothek Dresden (SLUB) könnenseit November auf über 200.000 E-Bookszugreifen, die im Wege eines neuen Kon-zepts, der sogenannten kundengesteuertenErwerbung (patron-driven acquisition(PDA)) zusätzlich angeboten werden.Dazu nimmt die SLUB von Verlagen oderGroßbuchhändlern E-Book-Titel in ihrenKatalog auf, für die sie nur bezahlt, wennsie tatsächlich benutzt werden. Bei geringerNachfrage wird eine Gebühr entrichtet, beistärkerem Zuspruch wird der Titel auto-matisch fest in den Bestand übernommen.Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit„Schweitzer Fachinformationen“ und derFirma „Massmann“ um gesetzt. Das großePaket entspricht zwei kompletten Jahres-neuzugängen der Bibliothek. 17.550 Titeloder knapp 9 % stammen aus dem laufen-den Jahr, 21 % sind nicht älter als ein Jahr,60 % nicht älter als fünf Jahre. Vor allemweil die angelsächsischen Verlage bei derDistribution digitaler Fachinformationenweit fortgeschritten sind, überwiegen dieenglischsprachigen Titel derzeit noch klar(94 %), gefolgt von deutschsprachigen (6 %), andere Sprachen bleiben die Aus-nahme. Inhaltlich überwiegen zunächstThemen aus Naturwissenschaften undTechnik.

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Neuer Fördervereinsvorsitzenderan der UB LeipzigEnde Oktober 2011 ist in der Mitglieder-versammlung des Fördervereins Bibliothe-ca Albertina e.V. Dr. Hinrich Lehmann-Grube zum Vorstandsvorsitzenden ge -wählt worden. Stellver treten der Vorsitzen-der bleibt Dr. Michael Jaenisch (HJW+Partner), Kassenwart Reinhold Genzi(Sachsenbank). Prof. Ludwig Stockinger istebenfalls neu in den Vorstand gewählt wor-den, dem außerdem noch Siegfried Herr,Hassan Soilihi Mzé und Prof. Ulrich Jo -hannes Schneider angehören.Lehmann-Grube war zwischen 1990 und1998 Oberbürgermeister der Stadt Leipzigund kennt die Bibliotheca Albertina aus der Zeit, als er an seinem Buch „Von derMacht“ (erschienen 2010) gearbeitet hat.Er will sich nun dafür einsetzen, das öffent-liche Profil der zweitältesten BibliothekDeutschlands zu schärfen und in Leipzigund Umgebung noch bekannter zu ma -chen. „Die Schätze der Bibliotheca Alber-tina sind auch Leipziger Schätze“, meintLehmann-Grube, „Leipziger Bürger sindherzlich eingeladen, sich dafür zu engagie-ren; neue Mitglieder sind willkommen.“Der Förderverein organisiert neben regel-mäßigen Informationen exklusive Führun-gen und Exkursionen, einen traditionellenNeujahrsempfang, ein Sommerfest undgelegentlich einen „Blick hinter die Kulis-sen der Bibliotheca Albertina“. Im Rahmendieser Reihe zeigte am Dienstagabend Dr. Christoph Mackert, Kustos der Münz-sammlung, einige besondere Stücke, ange-fangen bei einem kleinen Geldstück ausder Zeit von Krösus (6. Jahrhundert v.Chr.) bis zu den Gulden und Talern aus derZeit Augusts des Starken. Der Förderver-ein wird noch in diesem Jahr den Druckeines Münzkatalogs finanziell unterstüt-zen.

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Damit nie die Luft aus geht …Pünktlich mit Semesterbeginn konnten dieStudenten der Sächsischen Landesbiblio-thek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB) einen neuen Service nut-zen. Im Eingangsbereich neben den Fahr-radstellplätzen steht ihnen stationär einekompakte Fahrradluftpumpe zur Verfü-gung. Die Idee eines Nutzers wurde binnenkurzer Zeit umgesetzt und erfreut mittler-weile viele Biker. Die Fahrradluftpumpe istfür alle Ventile geeignet. Das Pumpen istnach wie vor Handarbeit aber Bewegungist auch wichtig nach einem langen Tag inder SLUB.

Dresdner Musiknoten im InternetNach dreijähriger Arbeit und mit Förde-rung der Deutschen Forschungsgemein-schaft (DFG) hat die Sächsische Landes -bibliothek – Staats- und Universitätsbiblio-thek Dresden (SLUB) ein weiteres wichtigesDigitalisierungsprojekt erfolgreich abge-schIossen. 1.750 Notenhandschriften vonfast 200 deutschen und europäischenKomponisten stehen nun im Internet, dar-unter autographe Kompositionen vonAntonio Vivaldi, Georg Philipp Telemann,Johann Friedrich Fasch und Jan DismasZelenka.Das Projekt „Die Instrumentalmusik derDresdner Hofkapelle zur Zeit der säch-sisch-polnischen Union. Erschließung,Digitalisierung und Internetpräsentation“begann im Juli 2008. Bearbeitet wurde derNotenbestand aus „Schrank II“, in dem dasInstrumentalrepertoire der Dresdner Hof-kapelle und der Nachlass des Violinvirtuo-sen und kursächsischen KonzertmeistersJohann Georg Pisendel aufbewahrt wur-den. Das nach dem Siebenjährigen Kriegnicht mehr genutzte Material gelangteüber die einstige Königliche Privat-Musi-kaliensammlung in den Bestand der heuti-gen SLUB. Alle Werke sind nun nach neuestem For-schungsstand im internationalen Quellen-lexikon der Musik katalogisiert. Die Datensind frei recherchierbar (http://opac.rism.info/) und mit den Digitalen Samm-lungen der SLUB verlinkt (www.slub-dres-den.de/sammlungen/digitale-sammlungen/kollektionen). Dort können die Noten amBildschirm eingesehen und als pdf-Dateienkostenlos heruntergeladen werden.Die musikalische Öffentlichkeit ist nuneingeladen, diese Schätze neu zu entdek-ken. Viele unbekannte Meister, etwa ausItalien, Frankreich und Böhmen, sind indem Repertoire enthalten. Das Spektrumreicht von der Solosonate über das Konzertbis hin zur groß besetzten Orchestersuite.In seiner Gesamtheit demonstriert derumfangreiche Bestand eine beeindrucken-de Vielfalt an barocker Instrumentalmusikaus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.Ausführliche Informationen zur Bestands-geschichte und zu den Ergebnissen unterwww.schrank-zwei.de.

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Christoph Hein: „Weiskerns Nachlass“Am 21. September stellte Christoph Heinsein eben erschienenes Buch „WeiskernsNachlass“ im übervollen Lesesaal derHaupt- und Musikbibliothek der Städt -ischen Bibliotheken Dresden vor. Im Mittelpunkt der Geschichte stand deram universitären Alttag krankende Akade-miker Rüdiger Stolzenburg. Seit 15 Jahrenauf einer 20 Stundenstelle, muss er seinGeld durch Vorträge und diverse Publika-tionen vermehren, damit es zum Lebenreicht. Und dann kommt auch noch eineSteuernachforderung von einigen tausendEuro. Ein sensationeller Nachlassfundinnerhalb seines Forschungsgebietes er -scheint wie ein Licht am Horizont oder istalles nur eine Fälschung? Christoph Hein erweist sich wieder alsbrillanter Chronist der heutigen Gesell-schaft. Die Moderation gestaltete SylviaKindelberger, Lektorin der StädtischenBibliotheken Dresden. Die Lesung wareine Gemeinschaftsveranstaltung der Städ-tischen Bibliotheken Dresden und demBuchHaus Loschwitz.

Strehlaer Lesekönige gesuchtAm 3. November hieß es für die Grund-schüler in Strehla beim Vorlesen in derBibliothek alles zu geben. Man konnte dieAnspannung der Kinder richtig spüren,denn Lesen vor Publikum will geübt seinund Mancher nahm zum 1. Mal am Wett-bewerb teil. Die Texte waren je nach Klas-senstufe unterschiedlich lang und die Juryhatte es zum Teil nicht leicht, die Lese -könige zu küren. Voller Stolz nahmen diesedann ihre tollen Buchpreise in Empfang.

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Der Tag der Bibliotheken und die Bibliotheca AlbertinaDer 24. Oktober ist ein Tag von besonde-rer Bedeutung für die Bibliotheca Alberti-na, die Hauptbibliothek der Leipziger Uni-versitätsbibliothek. Am 24. Oktober 1891wurde das Bibliotheksgebäude in der Beet-hovenstraße feierlich eingeweiht. An die-sem Tag konnte 2002 die stark kriegs -zerstörte Bibliothek nach zehnjährigerBauzeit vollständig wiederhergestellt undim Inneren modernisiert ihren Nutzernübergeben werden. In diesem Jahr jährtesich die 125. Wiederkehr der Einweihungder Bibliotheca Albertina, Anlass fürUlrich Johannes Schneider am 24. Okto-ber 2011 über „Bücher als Bilder“ zu spre-chen.In seinem Vortrag zeigte der Direktor derUniversitätsbibliothek an Beispielen vonfrühen Drucken aus dem großen Bestandder Bibliothek, womit die Buchherstellerdamals zu kämpfen hatten. Wie soll einegedruckte Seite eigentlich aussehen? Wannwurde die erste Seitenzahl gedruckt? Wel-chen Sinn hat es heute, noch von „Seiten“,beispielsweise im Internet, zu reden? – Fra-gen, die auch die Zuhörer beschäftigten.

Neue Fotobände in der Edition„Sammlung Deutsche Fotothek“Nach zwei Bänden über ErmenegildoAntonio Donadini bzw. Eugen Nosko sindin der mit der Sächsischen Zeitung veran-stalteten Fotobuchreihe „Sammlung Deut-sche Fotothek“ zwei neue Werke erschei-nen. Das eine widmet sich dem re nom-mierten Fotografen Christian Borchert,das zweite zeigt Schiffs- und Reisefotogra-fien zwischen 1909 und 1914 des Bord -fotografen Oswald Lübeck. Während derNachlass Christian Borcherts bereits seit2004 in der Bilddatenbank der Fotothekverfügbar ist, konnte die Digitalisierungund Erschließung der Arbeiten OswaldLübecks im September dieses Jahres in derDeutschen Fotothek der Sächsischen Lan-desbibliothek – Staats- und Universitäts -bibliothek Dresden (SLUB) abgeschlossenwerden.

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iPhone-App der TU Bergakademie FreibergAm 3. Oktober 2011 präsentierte die TU Bergakademie zum Tag der offenen Türim Sächsischen Landtag die derzeit wohlmodernste Universitäts-App Deutsch-lands. Das Programm „myTU“ hilft vom Stun-denplan über die Literatursuche bis zumMensaangebot, den Uni-Alltag mobil zuplanen und bietet daneben Informationenwie den Uni-Newsletter und den Veran-staltungskalender. Bestandteil der App istauch ein digitaler Campusplan Freibergs:ein Klick auf eine entsprechende Vorlesunggenügt, um den aktuellen und den Ort derVorlesung auf der Karte anzuzeigen. Ein besonderes Highlight bildet die inte-grierte Katalogrecherche der Universitäts-bibliothek. Die App greift auf die Daten-bank der Bibliothek zu und ermöglicht soeine umfassende Literatursuche inklusiveAnzeige, ob die gefundenen Exemplareausleihbar sind oder nicht. Sollte ein Buchentliehen sein, so kann man sich dieses alsFavorit markieren und die Verfügbarkeit zueinem späteren Zeitpunkt erneut prüfen.Weitere Features wie die Information derBenutzer/-innen über die Bereitstellungeines vorgemerkten Mediums oder überentstandene Mahngebühren als Push-Nachrichten sind derzeit in Arbeit. Dass sich die mobile Katalogrecherchebereits einiger Beliebtheit erfreut, beweisendie gut 6.000 Abfragen in den ersten sechsWochen. Entwickelt wurde und wird die App vonInformatikstudenten der TU Bergakade-mie Freiberg : „Uns kam die Idee für eineBergakademie-App während einer Vorle-sung, als wir uns wieder einmal fragten,was es in der Mensa zu essen gibt“, erinnertsich Christian Parthum, der zusammen mitSergej Kukshausen die App programmierthat. Dann ging es weiter: „Man könnte jaauch den Stundenplan aller Studiengänge

implementieren und sogar eine Karte vonFreiberg mit Räumen und Gebäuden derBergakademie integrieren, haben wir unsüberlegt. So kam der Stein ins Rollen“, fügtSergej Kukshausen hinzu. Beide studiereninzwischen im dritten Semester Ange-wandte Informatik. Im nächsten Jahr soll die App auch für dasAndroid-Betriebssystem zur Verfügungstehen, so dass die mobilen Services derTU Bergakademie Freiberg und ihrer Uni-versitätsbibliothek sicher einen noch brei-teren Nutzerkreis finden werden.Weitere Informationen inklusive Link zumDownload unter: http://mytu.tu-freiberg.de.

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KOMPAKT

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Bibliothekskatalog wird mobilUnterwegs nachsehen, ob das neuesteBuch des Lieblingsautors gerade verfügbarist, oder schnell einmal ins eigene Nutzer-konto einloggen und die Leihfristen ver-längern. Ab sofort ist dies einfacher möglich, denn der Online-Katalog derStädtischen Bibliotheken Dresden stehtjetzt in einer für mobile Endgeräte opti-mierten Version zur Verfügung. Nutzervon Smartphones wie dem iPhone oderTablet-Computern wie dem iPad erhaltennach dem Aufruf des Kataloges automa-tisch eine für Mobilgeräte optimierte Dar-stellung. Dies erfolgt geräteunabhängigund funktioniert somit auch auf den weitverbreiteten Android-Systemen. Das Installieren einer so genannten „App“ist nicht erforderlich. Einzige Vorausset-zung sind ein aktueller mobiler Browsersowie eine Internetverbindung.

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AUTOREN

EBERHARD BLÜCHERAbteilung und Landesstelle für BestandserhaltungSächsische Landesbibliothek –Staats- und UniversitätsbibliothekDresden01054 [email protected]

DR. ACHIM BONTEStellvertreter des GeneraldirektorsSächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

PROF. DR. THOMAS BÜRGERGeneraldirektor Sächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

MATTHIAS EIFLERHandschriftenzentrumUniversitätsbibliothek LeipzigBeethovenstr. 604107 [email protected]

ROBERT GLASSData Integration ConsultantAvantgarde Labs GbRLöbauer Straße 1901099 [email protected]

MICHAEL GOLSCHStellvertreter des GeneraldirektorsSächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

MARCEL HARTWIGWissenschaftlicher AngestellterSeminar für AnglistikUniversität SiegenAdolf-Reichwein-Str. 257068 [email protected]

UTE HELBIGSächsische Landesfachstelle für BibliothekZwickauer Str. 5609112 [email protected]

DR. HANS-JOACHIM HERMESLtd. BDir., Dozent (a.D.)Hagenkamp 15248308 [email protected]

UWE HESSELMitglied WIMAD e.V.Hebbelstr. 901157 [email protected]

KATRIN KROPFBibliothekarinKommunaler Eigenbetrieb „Das TIETZ“Stadtbibliothek ChemnitzMoritzstraße 2009111 [email protected]

MARION KUTTERLeiterinStadtbibliothek KamenzLessingplatz 301917 [email protected]

DR. CHRISTOPH MACKERTLeiter HandschriftenzentrumStellvertretender Leiter SondersammlungenUniversitätsbibliothek LeipzigBeethovenstr. 604107 [email protected]

DR. JENS MITTELBACHAbteilungsleiter Benutzung und InformationSächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

HANNAH NEUMANNStudentin im MasterstudiengangBibliotheks- und Informationswissenschaft an der HTWK Leipzig Praktikantin im Projekt NS-RaubgutLandwaisenhausstr. 5 04179 [email protected]

KATRIN ÖRTLStadtbibliothek RadebeulSidonienstraße 1c01445 [email protected]

PROF. DR. ULRICH JOHANNESSCHNEIDERDirektorUniversitätsbibliothek LeipzigBeethovenstr. 604107 [email protected]

DR. ANNE SPITZERLeiterin des Referates Medienbearbeitung

Abt. Deutsche FotothekSächsische Landesbibliothek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

DR. DANUTA SPRINGMANNLektorin für Kunst und Geistes-wissenschaftenStädtische Bibliotheken Dresden Freiberger Straße 33 01067 [email protected]

DR. MICHAEL VOGELLandesbeauftragter für BestandserhaltungSächsische Landesbibliothek –Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB)01054 [email protected]

JÜRGEN ZEHNLEGründer und LeiterRosa Archiv LeipzigNikolaistraße 1604109 [email protected]

ELKE ZIEGLERLeiterin ÖffentlichkeitsarbeitStädtische Bibliotheken DresdenFreiberger Straße 3301067 [email protected]

BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen [2O11] Nr. 4 // 273

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„BIS: Das Magazin derBibliotheken in Sachsen“bringt in der Regel nurOriginalbeiträge. Grund-sätzlich dürfen nurArbeiten eingereichtwerden, die nicht gleich-zeitig an anderer Stellezur Veröffentlichungvorgeschlagen oderbereits veröffentlichtworden sind. Für denInhalt der Beiträge sinddie Autoren verantwort-lich. Alle Artikel werdenparallel online publiziert.

„BIS : Das Magazin derBibliotheken in Sachsen“erscheint viermal jährlich.Redaktionsschlüsse:20.01., 20.04., 20.07.,20.10.

Gestaltung des Artikels• Es gilt die neue deut-sche Rechtschreibung.• Abkürzungen im Textsollten vermieden werden.• Lange Texte sind zugliedern und mit Zwischenüberschriften zu versehen.

Fußnoten | Quellenanga-ben | Literaturhinweise• Notwendige Zitatstellenund Belege geben Sie bittemöglichst im Text an.• Keine Fußnoten• Alle verwendetenQuellen unbedingt nach-weisen (Urheberrecht)• Literaturhinweise bittemit vollständigen Angaben

Umfang• Maximal 24.000 Zeichen(mit Leerzeichen) ohneAbbildungen.

Impressum

BIS : Das Magazin derBibliotheken in SachsenJahrgang 4.2011ISSN 1866-0665

HerausgeberSächsische Landesbibliothek –Staats- und Universitäts-bibliothek Dresden (SLUB)Zellescher Weg 18, 01069 Dresden

In Verbindung mit:Sächsische Landesfach-stelle für Bibliotheken Landesverband Sachsenim Deutschen Bibliotheks-verband

RedaktionDr. Achim Bonte(verantw.), Michael Golsch, Jenny Herkner, Dr. Konstantin Hermann,Katrin MatteschkE-Mail: [email protected]

Die Inhalte und die in denBeiträgen veröffentlichenMeinungen spiegeln nichtin jedem Fall die Meinun-gen der SLUB Dresdenoder der Redaktion wider.Nachdruck und sonstigeVervielfältigung derBeiträge sind nur mitGenehmigung der Redak-tion gestattet.

RedaktionsbeiratElke Beer(Stadtbibliothek Chemnitz),Prof. Dr. Thomas Bürger(SLUB Dresden), Dr. Arend Flemming(Städtische Bibliotheken Dresden), Waltraud Frohß(Sächsische Landesfach-stelle für Bibliotheken),

Prof. Dr. Ulrich JohannesSchneider(UniversitätsbibliothekLeipzig), Petra-Sibylle Stenzel(Bibliothek der Hoch -schule für Technik und Wirtschaft Dresden), Dr. Barbara Wiermann(Bibliothek der Hochschule für Musik undTheater Leipzig)

Gestaltungkomplus GmbHDantestraße 3569115 Heidelbergwww.komplus.de

DruckMerkur Druck- & Kopier-zentrum GmbH Hauptmannstraße 404109 Leipzigwww.merkurdruck.de

Jahresabonnement39 Euro inkl. MWSt. undVersandkosten im InlandAnsprechpartnerin: Jenny Herkner, Sächsische Landesbiblio-thek – Staats- und UniversitätsbibliothekDresden (SLUB), 01054 Dresden, Tel.: +49 351 4677-152,E-Mail: [email protected]

Elektronische Ausgabeunter www.bibliotheksmagazin.de

Autorenhinweise

Textvorlagen | Bilder |Grafiken• Führen Sie die Bilderbitte inhaltlich im Text mit.• Textvorlagen erbitten wirals unformatierte Word-oder PDF-Datei.• Grafiken, Fotos oderScreenshots sind aus-drücklich erwünscht undsollten in separatenDateien gesendet werden (Formate: TIFF, JPG, Auflösung mindestens 300 dpi)

Autorenvorstellung• Von jedem Autor werdender volle Name, Titel undAnschrift sowie ggf.Position und Institutionerbeten. Autoren vonAufsätzen bitten wiraußerdem um ein Foto.

Die Redaktion behält sichdas Recht vor, eingesen-dete Artikel nicht abzu-drucken oder kleinereKorrekturen vorzuneh-men. GrundlegendeÄnderungen sind nur imEinvernehmen mit demAutor möglich. Die Redak-tion behält sich das Rechtzur Kürzung vor. NachErscheinen Ihres Aufsat-zes erhalten Sie zweiBelegexemplare.

Titelbild: Thomas Jung

Umschlag innen:Treppenhaus der HTWK Leipzig.Fotograf: Dale Askey

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