aufsätze zur biblischen landes- und altertumskunde, band 1

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1/fi I u Martin Noth Aufsätze zur biblischen Landes- und Altertumskunde herausgegeben von Hans Walter Wolff A -2'2j Band I I / I ----- Archäologische, exegetische und topographische Untersuchungen zur Geschichte Israels Neukirchener Verlag

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  • 1/fi I u

    Martin Noth

    Aufstze zur biblischen Landes-und Altertumskunde

    herausgegeben von Hans Walter Wolff

    A -2'2j

    Band I

    A ~~u I / ~ I -----

    Archologische, exegetische und topographische Untersuchungen zur Geschichte Israels

    Neukirchener Verlag

  • 1971 Neukirchenc:r Verlag des Erziehungsvereins GmbH, Neukirchen-Vluyn - -. . Alle Re~te, au~ die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotografischen und akusto-mechanischen Wiedergabe und der bersetzung vorbehalten. Umschlaggestaltung: Kurt Wolft; Kaiserswerth ~tb:erstellung: H. Veenman & Zonen n.v., Wageningen, Niederlande .. Prmted m the Netherlands - ISBN 3 7887 0285 0

    Vorwort

    Noch zu Lebzeiten Martin Noths wurde der Wunsch immer lebhafter, die Studien des groen Gelehrten zur biblischen Archologie und pa-lstinensischen Topographie der nachwachsenden Generation von For-schern und Studenten gesammelt zugnglich zu machen. Whrend Martin Noth im Jahre 1967 zum letzten Male zur Weihnachtszeit in Deutschland weilte, konnte ich seine Zustimmung zu einem entsprechen-den Plan gewinnen. In den Monaten bis zu seinem pltzlichen Tode am 30. Mai 1968 konnten wir das Projekt brieflich soweit klren, da die hiermit vorgdegten beiden Bnde bis in Einzelheiten der Gruppierung der Aufstze den Vorstellungen ihres Autors entsprechen.

    Dem Neukirchener Verlag gebhrt Dank, da er sich bereitgefunden hat, das groe Werk, das hchste Anforderungen an seine Kufer und Leser stellt, verlegerisch zu betreuen. Der Verlag ehrt damit den Be-grnder des Neukirchener Biblischen Kommentars.

    Martin Noths Aufstze zur biblischen Landes- und Altertumskunde markieren einen groen Fortschritt der Palstina-Wissenschaft. Sie ge-hren zum unentbehrlichen Handwerkszeug aller Fachgelehrten des Alten Testaments, wollen sie doch fast ausnahmslos ein besseres Ver-stndnis alttestamentlicher Texte und bestimmter Phasen der Geschich-te Israels ermglichen. Wesentliche Partien gehen nicht weniger die gyptologen und die Assyriologen an, wie die Reihen der Studien zu den Wegen der Pharaonenheere und zu den Mari-Texten schon auf den ersten Blick zeigen. Darber hinaus aber sind die Aufstze vorzg-lich geeignet, alle archologisch interessierten Kreise am Beispiel bibli-scher Altertumskunde in ein sachgemes Forschen einzufhren und Ergebnisse zu vermitteln, auf denen knftige Studien aufbauen knnen und mssen. Nicht zuletzt gelten diese Bnde den Theologen. Martin Noth sah die Gefahr des Mibrauchs der Archologie durch die Theolo-gie; zugleich sah er aufrichtige theologische Forschung gefhrdet durch unsachgem betriebene Archologie. Seine theologische und archo-logische Leidenschaft in dieser Sache hat er wiederholt in grundstz-lichen Ausfhrungen dargelegt. Sie sind seinem Willen entsprechend an denAnfang dieser Sammelbnde gestellt worden. Alle Einzeluntersuchun-gen werden damit in das rechte Licht gerckt.

  • VI Als Martin Noth in den Tagen vor Pfingsten 1968 whrend

    Exkursion nach Subeita im Negeb sdlich von Beerseba unerwartet aus dem kleinen Kreis der Anwesenden und dem sehr groen Kreis der aller Welt lebenden Mitarbeiter und Schler hinweggenommen wurde. lag der Verlagsvertrag zu diesem Sammelwerk aufseinemJerusalemer Schreibtisch. Er hat diesen Vertrag nicht mehr unterzeichnen knnen. Viele, die in den kommenden Jahren nach Palstina reisen, werden Martin Noths Grab auf dem evangelischen Friedhof in Bethlehem auf-suchen. Es war sein Wunsch, dort beigesetzt zu werden, wenn er in Palstina sterben wrde. Dem Land seiner Forschung gehrte wie dem Alten Testament seine groe Liebe.

    So stellen seine Aufstze zur biblischen Landes- und Altertumskunde sein eigentliches Vermchtnis an die gelehrte Welt dar. Denn um dieses Zweiges seiner wissenschaftlichen Lebensarbeitwillen lie sich Martin Noth 1964 von seinen Lehrverpflichtungen an der Universitt Bonn beurlauben und dann vorzeitig emeritieren. Nur knapp vier Jahre sollten ihm. als Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts fr Altertums-wissenschaft des Heiligen Landes inJerusalem noch vergnnt sein. Den~ noch: wie reich ist die Ernte, die er seit seinem Aufsatz ber "Das Krongut der israelitischen Knige und seine Verwaltung" von 1927 in einer ber vierzigjhrigen Wirksamkeit auf diesem Gebiete eingebracht hat!

    Dr. Hanns-Martin Lutz hat die mhevolle Arbeit der Herrichtung der Erstdrucke fr diese Bnde geleistet. Darber hinaus trug er die Hauptlast aller Korrekturarbeiten und fertigte auch die Register an. Ihm gilt dafr der lebhafte Dank des Herausgebers und aller Leser.

    Herrn Dr. Erhard Gerstenherger verdanke ich die bersetzung dei Aufsatzes ber den sechsten Band der Mari-Texte. Zu dem "''"'"= ber den Hintergrund von Richter 17-18, der in englischer Sprache in der Muilenburg-Festschrift verffentlicht wurde, konnte mir Martin Noth selbst noch rechtzeitig seine eigene ursprngliche deutsche Fassung zur Verfgung stellen.

    Heidelberg, im Mrz 1969

    VII

  • Inhalt

    Teil I Der Ertrag der Archologie fr die Geschichte Israels

    Grundstzliches zur geschichtlichen Deutung archologischer Befunde auf dem Boden Palstinas . . . . . . . . . . . 3 ( Palstinajahrbuch 34, 1938, S. 7-22).

    Hat die Bibel doch recht? . . . . . . . . . . . (Festschrift fr Gnter Dehn, Neukirchen 1957, S.7-22).

    Der Beitrag der Archologie zur Geschichte Israels ( Vetus Testamenturn Supplements 7, 1960, S. 262-282).

    Teil II Exegetica

    Der Wallfahrtsweg zum Sinai (Nu 33) ( Palstinajahrbuch 36, 1940, S.5-28)

    17

    34

    53

    55

    Nu 21 als Glied der "Hexateuch"-Erzhlung . . . . . . . . 75 ( Zeitschriftfr die alttestamentliche Wissenschaft 58, 1940/41, 8.161-189). a) Die Ostjordanischen Kmpfe Nu 2121-35 76 b) Das "Itinerar" in Nu 2110-20 84 c) Die Erzhlungen in Nu 211-9 91 d) Zusammenfassung . . . . . 93 Anhang: Der Gebrauch von ,,r.!M im Alten Testament 94

    Der Schauplatz des Meereswunders . . . . . (Festschrift fr Otto Ei.feldt, Halle 1947, 8.181-190).

    102

  • X

    Die Einnahme von Jerusalem im Jahre 597 v.Chr. (Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 74, 1958, 8.13~157).

    I. (Interpretation des Chronikberichts) . . . . . . . . . . II. (Vergleich der entsprechenden alttestamentlichen Angaben

    mit dem Chronikbericht) . . . . . . . . . . . . . . . III. (Verlauf der Ereignisse im Jahre 598/597 v.Chr.) IV. (Chronologische Schlufolgerungen) . . . . . V. (Einige Nebenfragen)

    Der Hintergrund von Ri 17-18 .. (Israels Prophetie Heritage: Festschrift .fr J.Muilenburg, New York 1962, 8.68-85).

    Samuel und Silo . . . . . . . . . ( Vetus Testamenturn 13, 1963, S. 390-400).

    Teil III Zur Geschichte und Topographie einzelner Stmme Israels . . . . . . . . . . . Das. Kro~gut der israelitischen Knige und seine Verwaltung ( Zeztschrift des Deutschen Palstina- Vereins 50, 1927, S.211-244). l. Die alttestamentlichen Nachrichten . . . . . . . . . 2. Die samarischen Ostraka 3. Die knigliche Krongutsve~~l~~ ~nd die .alig~m~~e La~des~

    verwaltung .................... . Exkurs ber die Zahlzeichen auf den Ostraka . . . . . .

    Die Ansiedlung des StammesJuda auf dem Boden Palstinas ( Palstinajahrbuch 30, 1934, S. 31-47).

    Zur historischen Geographie Sdjudas . . . . . . . (Journal ofthe Palestine Oriental Society 15, 1935, S.35-50). l. Das Land "Gosen" . . . . . . . . . . . . . 2. Die Stadt Klljath Sepher = Debir

    111

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    116 121 126 131

    133

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    159 164

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    183

    197

    197 204

    Bethel und Ai . . . . . . . . . 210 ( Palstinajahrbuch 31, 1935, S.7-29).

    Studien zu den historisch-geographischen Dokumenten des Josua-Buches . . . . . 229 (Zeitschrift des Deutschen. P~l~ti~a~ V;rdns. 5B, i9~, s.ia5-25s)

    l. Die Form der Grenzbeschreibungen 2. Die Grenzen Manasses und Ephraims 3. Eine galilische Ortsliste? . . . . . 4. Die israelitischen Siedlungsgebiete im Ostjordanland

    Die fnf Knige in der Hhle von Makkeda ( Palstinajahrbuch 33, 1937, S.22-36).

    Die Geschichte des Namens Palstina . . .. (Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 62, 1939, S.125-144).

    Die topographischen Angaben im Onomastikon des Eusebius (Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 66, 1943, S.32-63)

    Der alttestamentliche Name der Siedlung von chirbet fumrn (,Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 71, 1955, S.111-123).

    Teil IV Beitrge zur Geschichte des Ostjordanlandes

    Das Land Gilead als Siedlungsgebiet israelitischer Sippen ( Palstinajahrbuch 37, 1941, S.50-101). . .. 1. Das Land Gilead im engeren Sinn und seine ltesten ISraelin-

    sehen Bewohner . . . . . . . . . . . 2. Die Ausdehnung der Bedeutung des Namens Gilead und der

    israelitischen Siedlung auf das Land nrdlich des J abbok 3. Die Rolle des Landes Gilead unter den ersten Knigen 4. Das Land Gilead als Teilgebiet des Staates Israel 5. Das Land Gilead in der Vorstellungswelt der Israeliten

    Israelitische Stmme zwischen Ammon und Moab . . . ( Zeitschrijtftlr die alttestamentliche Wissenschaft 60, 1944, S.ll-57). 1. Die Anfangsstadien der Ansiedlung von Ruben-Gad . . . 2. Die sptere Erweiterung des Kulturlandbesitzes von Ruben-Gad 3. Ruben-Gad in der berlieferten Stmmegeographie

    XI

    229 241 251 262

    281

    294

    309

    332

    345

    347

    354

    365 373 380 387

    391

    394 414 423

    Die Nachbarn der israelitischen Stmme im Os1jordanlande 434 (Beitrge zur Biblischen Landes- und Altertumskunde = Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 68, 1946-51, S.1-50). 1. Die Stdte im Land Basan 435 2. Die Aramer . . . 449 3. Ammon und Moab 463

  • XII

    Jabes-Gilead. Ein Beitrag zur Methode alttestamentlicher Topo-graphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 (Zeitschrift des DeutschenPalstina-Vereins 69, 1953, S.28-41).

    Gilead und Gad . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 (Zeitschrift des Deutschen Palstina- Vereins 75, 1959, S.14-73). I. Allgemeines . . . . . . 489 2. Vorlufige Orientierung . 490 3. Gilead sdlich des Jabbok 504 4. Das nrdliche Gilead 519 5. Gad . . . . . . . . . 533

    Teil I

    Der Ertrag der Archologie fr die Geschichte Israels

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  • Grundstzliches zur geschichtlichen Deutung archologischer Befunde. auf dem Boden Palstinas

    Die archologische Arbeit in Palstina ist begonnen worden mit dem Ziel, konkrete Spuren der uns literarisch berlieferten Geschichte des Landes, besonders seiner biblischen Geschichte, aufzufinden und so fr die literarische berlieferung eine Besttigung ihrer Verllichkeit zu gewinnen; und es wird auch immer eine der wichtigen und schnen Aufgaben dieser Arbeit bleiben, den Hintergrund der biblischen Ge-schichte des Landes aufZuhellen und so die Ereignisse, die sich da ab-gespielt haben, fr unsere Erkenntnis plastisch und anschaulich zu ma-chen. Die Anfnge der palstinischen Archologie standen nun freilich, wie das zunchst kaum anders sein konnte, noch stark im Zeichen ber-eilter und mehr aufS Geratewohl gegebener biblischer Deutungen der gemachten Funde, die sich zu einem guten Teillngst als irrig erwiesen haben. Inzwischen aber ist im Laufe ihrer Arbeit die palstinische Ar-chologie mit innerer Folgerichtigkeit zu einer Wissenschaft geworden, die auf eigenen Fen steht und die Deutung ihrer Funde aus der ver-gleichenden bersicht ber das gesamte archologische Material aus Palstina und seinen Nachbarlndern gewinnt, zunchst ohner Rck-sicht auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein literarischei ber-lieferungen1. Und das ist gut so; denn wir besitzen auf diese Wese zwei voneinander unabhngige Gruppen von Quellen fr die Geschichte des Landes, die sich miteinander vergleichen und wechselseitig prfen lassen und einander ergnzen. Von hier aus kann die Frage der geschichtlichen Deutung archologischer Befunde, d.h. die Frage der sachgemen Be-ziehung der Angaben -der literarischen berlieferung auf die Ergeb-nisse der Ausgrabungsarbeit, von einer breiteren Basis aus und somit unter sehr viel besseren und gnstigeren Voraussetzungen aufgenommen werden, als es frher der Fall war, solange noch die Archologie nur die Rolle einer ergnzenden Hilfswissenschaft spielte. - Wir stellen die Frage hier fr die Zeit der im Alten Testament berlieferten Geschichte. Zwar reicht das in jngster Zeit in Palstina I gefundene archologische Mate-rial vielfach in sehr viel frhere Zeiten, nmlich bis ins dritte und vierte

    1 VgL als Symptom die Mglichkeit eines Werkes wie des Biblisch= Reallexikons von K. GALLING (1937), das grundstzlich d= Ertrag der Ausgrabungen zur Grundlage des Ganz= macht.

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  • 4 Zur geschU:htlU:ken Deutung archologischer Befuruk 8

    Jahrtausend v.Chr., zurck, und so hat die Kulturgeschichte dieser Zeiten jetzt stark an Interesse gewonnen; aber fr diese Zeiten existiert jene Frage ja kaum, da es hier an literarischer berlieferung berhaupt fehlt. Auf der anderen Seite ist das zur alttestamentlichen Geschichte gehrige Material ebenfalls durch allerlei bedeutsame Funde neuerdings vermehrt worden; und zudem haben diese Funde Deutungen erfahren, die es notwendig erscheinen lassen, grundstzliche Erwgungen ber das Deuten archologischer Funde anzustellen.

    Die Frage, die- durchaus sachgem -in aller Regel gestellt wird, ist diese: Weiche archologischen Funde sind geeignet, auf dieses oder jenes Stck der uns literarisch berlieferten Geschichte bezogen zu wer-den? Bei welchen Funden ist eine solche Beziehung vielleicht ohne wei-teres evident? Man wird nicht leugnen knnen, da in der Beliebtheit dieser Fragestellung noch etwas nachklingt von jenem Drang nach dem Auffinden biblischer Spuren aus den Anfangszeiten der Archologie. Da epigraphische Funde in Palstina zu den seltenen Ausnallmen gehren, kann diese Frage in der Regel nur beantwortet werden auf der Basis der archologischen Datierung; wenn ein archologisch datierter Befund mit einer chronologisch und sachlich passenden literarischen Nachricht kombiniert werden kann, dann liegt in der Tat die Aufeinanderbezie-hung beider sehr nahe. Da es hier die verschiedensten Grade von Wahr-scheinlichkeit und Mglichkeit gibt, ist klar; denn wenn auch die pa-lstinische Archologie in der .letzten Zeit sehr sichere und feine Me-thoden der Datierung ausgebildet hat2, so bleibt doch natrlich bei der zeitlichen Ansetzung eines Ausgrabungsbefundes selbst in den am besten bekannten Kulturperioden ein gewisser Spielraum.

    Neben die bezeichnete Frage mu man nun aber die andere, um-gekehrte, ebenso sachgeme und notwendige Frage stellen: Welche im Alten Testament literarisch berlieferten geschichtlichen Nachrichten sind berhaupt geeignet, zur Deutung archologischer Funde heran-gezogen zu werden, und welche sind es ihrer Natur nach nicht? Es ist klar, da auf diese Frage keine allgemeingltige und einfache Antwort gegeben werden kann, sondern da die Sachlage von Fall zu I Fall ge-prft werden mu. Es empfiehlt sich daher, um nicht in das Uferlose zu geraten, die Errterung der gestellten Frage an einem ganz bestimmten, eng umgrenzten Gebiet vorzufhren. Wir whlen dazu den Haupt-vorgang der ltesten israelitischen Geschichte, soweit sie sich auf dem Boden des palstinischen Kulturlandes abgespielt hat, den Vorgang der Landnahme der israelitischen Stmme. Denn einmal liegen hier die Dinge besonders schwierig; mit dem Aufkommen des Knigtums- in-Israel und der Ausbildung fester staatlicher Formen beginnt ja nicht nur

    1 Besonders die von FL. PETRIE als Datierungskriterium in die palstinische Archolo-gie eingeiuhrte Untersuchung der an allen alten Siedlungssttten in so reichem Mae vorhandenen Keramik liefert heute sehr sichere Ergebnisse.

    9 Zur geschichtlichen Deutung archologischer Bifunde 5

    geschichtlich eine neue Epoche, sondern setzt auc~ eine neue Ar~ ge-schichtlicher berlieferung im Alten Testament em, deren geschicht-liches Verstndnis sehr viel weniger problematisch ist als das der lteren berlieferung, deren Beziehung auf archologische B~funde daher auch einfacher ist. Sodann aber sind gerade in jngster Zelt Funde gemacht undgedeutet worden, die sich aufjeneslteste Stadium isr~elitischer Ge-schichte beziehen oder jedenfalls daraufbezogen worden smd.

    Die Landnahme der israelitischen Stmme ist ein Vorgang, der nicht nur das Thema eines o-anzen Komplexes literarischer berlieferungen bildet sondern auch -"'so mu man erwarten- archologisch in irgen-deine~ Form greifbar sein wird. Denn bei diesem Vorgang, wie er auch im einzelnen verlaufen sein mag, sind jedenfalls Stdte zerstrt worden, neue Siedhmgen entstanden, mit einem neuen Bevlkerungselement gewi auch neue Erscheinungen kulturellen Lebens aufgeko=en u. dgl. Nun ist.lngst bekannt, da dieser Vorgang zeitlic~ und sac?lich im gr~en Ganzen zusammenfllt mit dem archologu;ch bestmJ.mbaren Uber-gang von der Bronzezeit zur Eisenzeit. Es liegt nat.rlich nahe, ber. diese allgemeine Feststellung hinaus nunmehr auch E~elbefunde rmt _be-stimmten literarischen Einzelnachrichten zu kombnneren und auf diese Weise vielleicht sogar archologisch das festzustellen, was sich aus der literarischen berlieferung allein leider nicht hat mit Sicherheit ent-nehmen lassen nmlich die genaue Zeit und mglichst auch den Einzel-verlauf dieses Landnallmevorgangs. Hierbei aber mu die grundstzliche Frage erhoben werden, wieweit die alttestamentlichen Landnameber-lieferungen geeignet sind, auf archologische Fund~ b?zoge~ zu werden.

    Da ist nun zunchst folgendes zu beachten. Die literansehe Analyse der alttestamentlichen Landnahmeberlieferung hat gezeigt, da als Grundbestand der berlieferungjeweils dieEin z e 1 erzhlung zu betrach-ten ist. Das z usarmnenfassen der Einzelerzhlungen zu Er-Jzhlungsreihen ist zwar gewi schon sehr alt und reicht in seinen Anfngen wahrscheinli~h noch in das Stadium der mndlichen berlieferung zurck und Ist jedenfalls mit dem Beginn der schriftlichen ~ufzeichnung _schon da; aber es ist doch ein sekundrer Vorgang, der mcht mehr unrmttelbar an den zu berichtenden Ereignissen orientiert ist, sondern an dem forma-len Interesse, sei es auch noch so schlicht und unreflektiert, das Ganze der Erzhlun!!Sreihe abzurunden durch mglichst sichtbare Beziehungen, die zwischen "'den Einzelelementen hergestellt werden. Das ergibt dann sofort ein redaktionelles Konstruieren von Zusammenhngen, die durch die originale berlieferung nicht gegeben ware~. Dieser Proze ~at ~ der alttestamentlichen Literatur mancherlei Stadien durchlaufen bis hin zu jener grozgigen deuteronomistischen Redaktion der lteren Ge-schichtsberlieferung, in der die alten Landnahmeerzhlungen zusam-mengefat erscheinen zu einer einfachen, geschlossenen, planvollen Ge-schichte, nach der erst die beiden ostjordanischen Amoriterknige be-

    -------------

  • 6 Zur geschichtlichen Deutung archiW/ogischer Befunde 10

    z.wungen und ihres Landes beraubt und dann das gesamte Westjordan-land auf einmal besetzt und verteilt .wurde, .worauf dann - aufgebaut auf die einzelnen alten Richtergeschichten - die ebenfalls sehr einfache und gesetzmige Geschichte des Gesamtvolkes in der "Richterzeit" folgt. Daraus ergibt sich, da, .will man sicher gehen, nur der Grund-bestand der Einzelberlieferungen zur Deutung archologischer Tat-bestnde herangezogen .werden kann, nicht die sekundren und daher jedenfalls nicht zweifelsfrei als geschichtlich bezeugten Erzhlungs-zusammenhnge.

    Sodann aber mu vor allem jeweils die Eigenart der Einzelberliefe-rung scharf in das Auge gefat .werden. Die Einzelberlieferungen ber die Landnahmezeit im Alten Testament sind im allgemeinen entweder Heldenerzhlungen oder aber tiologische Traditionen.

    Der Inhalt einer Heldenerzhlung ist in aller Regel ein erfochte-tener Sieg, d.h. aber ein Ereignis, das als solches selbst archologisch greifbare Spuren kaum hat hinterlassen knnen. Hchstens seine Aus-wirkungen, etwa die Zerstrung der Stadt des besiegten Feindes, kn-ten archologisch noch festgestellt .werden. Aber von solchen Auswirkun-gen ist in den alten Heldenerzhlungen merkwrdig selten die Rede, ein Umstand, der .wohl nur der Tatsache entspricht, da den israelitischen Stmmen in jener ltesten Zeit .wohl je und dann das Besiegen einer kanaanischen Streitmacht in offener Feldschlacht, aber kaum das Bezwingen einer der festen kanaanischen I Stdte des Landes gelang!!. Wo die berlieferung doch einmal mit dem Bericht ber einen Sieg in der Schlacht die Nachricht von der Zerstrung der feindlichen Stadt Verbindet, erhebt sich schon die Frage, ob diese Verbindung zur echten, ursprnglichen Tradition gehrt oder nicht vielmehr zu einer grere Zusammenhnge konstruierenden Redaktion. Ein Beispiel finden .wir inJos ll. Hier haben .wir die alte Tradition von einem Siege israelitischer Stmme ber die kanaanischen Stadtknige von Hasor und Macion am Wasser von Merom; in Anschlu daran .wird berichtet, da die Knigs-stadt Hasor daraufhin eingenommen und verbrannt .wurde. Da die Sttte des alten Hasor bekannt ist (teil waf;fF.F sdwestlich des l}.le-Sees4 , mte diese Einscherung an Ort und Stelle nachweisbar sein, und dieser archologische Befund bese dann eine unmittelbare Beziehung zu der berlieferung vonJos ll. Aber die Nachricht ber die Folgen des Sieges von Merom einschlielich der Einscherung von Hasor erweist sich in Jos 11 durch die Art ihrer Anknpfung so deutlich als ein literarisch

    -.Wahrscheinlich wurde von ihnen dieser Versuch auch kaum untemo=en. Wo

    israelitische Stmme bereits in vorstaatlicher Zeit in den Besitz kanaanischer Stdte ge-langt sind, geschah es wohl meist nur so, da sie in entstandene Lcken des Stadtstaaten-systems einrckten; vgL das Beispiel von Sunem und dazu ALT, PJB 20 (1924) S.34ff. [jetzt: KlSchr III, 1959, S.169ff.], sowie NoTH, PJB 30 (1934) S.45ff. [u.S. 194ff.].

    VgL GARSTANG,]oshua]udges (1931) S.381ff.

    11 Zur geschichtlichen Deutung archiWlogischer Befunde 7

    sekundres Elements, da man den Schlu ziehen mu, da sie nicht mit zum alten Bestand der Tradition, sondern zu einer spteren Redak-tion gehrt, die den Sieg am Wasser von Merom in den groen Zu-sammenhang der Landnahme der israelitischen Stmme einordnet und ihm die Bedeutung der entscheidenden Eroberung Galilas gibt. Wohl setzt diese redaktionelle Notiz ihrerseits den Zustand des Zerstrt- und Verbranntseins der Stadt Hasor voraus6 ; das ist die einzige sicher J fest-stellbare Beziehung zwischen literarischer berlieferung und archolo-gischem Befund. ber die Umstnde hingegen, unter denen die Zer-strung der Stadt erfolgte, haben wir nach alledem keine authentische Tradition, also keine Nachricht, die zur unmittelbaren Erklrung des archologischen Befundes an der Sttte des alten Hasor dienen knnte ..

    Besondere Beachtung verdienen in unserem Zusammenhang d1e tiologischen berlieferungen, d.h. diejenigen Erzhlungen, deren Grundlage nicht ein bestimmtes einmaliges Ereignis, sondern ein dau-ernder Tatbestand bildet, der - von der Entstehung der berlieferung aus betrachtet - "bis auf den heutigen Tag"7 vorhanden ist, und zu des-sen Erklrung die volkstmliche berlieferung dieses oder jenes ge-schichtliche Ereignis berichtet, das ihn herbeigefhrt habe. Eine tiolo-gische berlieferung antwortet also auf die Frage: Warum ist das so? Der Tatbestand, der erklrt .werden soll, etwa die Tatsache, da eine Stadt in Trmmern liegt, ist somit die eigentliche, primre Grundlage einer solchen berlieferung; und von dieser Grundlage aus kann in der Tat die Beziehung zu einem archologisch feststellbaren Tatbestand her-gestellt .werden. Die Erklrung selbst hingegen, also - um bei dem ange-fhrten Beispiel zu bleiben - die Aussage ber Zeit, Umstnde, Ver-anlassung des Vorgangs der Zerstrung der Stadt, ist das sekundre Element in einer tiologischen Tradition und daher nicht ohne .weiteres als authentisch zu betrachten. Sie ist der volkstmlichen Freude am Er-zhlen und Erklren entsprungen und knpft etwa an andere bekannte geschichtliche Vorgnge oder auch an eine sonst bekannte geschichtliche

    5 VgL NoTH, Das BuchJosua (1938) S.43. . ... In der Tat sind die Spuren einer im Laufe der Sptbronzezeit erfolgten Emasche-

    rung innerhalb der groen Umwallung wie auch auf dem eigentlichen teil waf9>s fest-gestellt worden (vg1. GARSTANG a.a.O. S.197f. 383). Wenn der Tatbestand auch noch nicht vllig geklrt ist, so scheint doch dieses Ereignis archologisch vor das ~nde der Sptbronzezeit datiert werden zu mssen. Literarisch ist das Bestehen des spatbronze zeitlichen Hasor zuletzt fr die Zeit Sethos' I. ( 1318 v .Chr.) bezeugt. Denn das Vorkom-men des Namens Hasor in Sethos' I. Listen eroberter palstinischer Orte (vgl. NoTH, ZDPV 60, 1937, S.213.226f. [u. Bd. II S.25. 34] setzt doch wohl das Bestehen von Hasor als besiedelter und befestigter Stadt voraus, wohingegen die Erwhnung des Namens Hasor im Papyrus Anas~ I (21,7 GARDINER) nichts bew~t, da si~ lediglich das Bekanntsein dieses Namens in Agypten zur Voraussetzung hat.- Eine Datierung des Ereignisses von Jos l1lff. und damit etwa der israelitischen Landnahme _ber~pt ~eh der Zerstrung des sptbronzezeitlichen Hasor ist nach dem Gesagten mcht angangig .

    Das Vorko=en dieser Formel ist eines der einfachsten und sichersten Kennzei-chenfrdas Vorliegen tiologischer berlieferungen (vgL ALT, ZAWBeih 66, 1936, S. 19f.), wenn auch kein unbedingt notwendiges Element.

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  • 8 Zur geschichtlichen Deutung archalogischer Befunde 12

    Gestalt an. Es ist damit fr den Einzelfall natrlich noch gar nicht er-wiesen, da eine solche tiologische Erklrung sachlich unzutreffend sei; wohl aber ist zu bedenken, da sie nicht die Grundlage der berliefe-rung, sondem eine Zutat ist, auf die historische Schlufolgerungen nicht aufgebaut werden knnen. Es ist klar, was das fr die Verwendbarkeit tiologischer berlieferungen zur geschichtlichen Erklrung archologi-scher Befunde bedeutet; da es hier auf historisch sicher zu ermittelnde Vorgnge ankommt, mssen die in tiologischen ber-jlieferungen gege-benen . ~rklrungen vorhandener Tatbestnde aus der Beweisfhrung ~usscherden, wenn anders man einen sicheren Weg gehen will.- Es hat srch nun nachgerade herausgestellt, da die alttestamentliche berliefe-rung ber die Landnahmezeit zu einem verhltnismig !1Toen Teil aus :iologischen Traditionen besteht; und gerade die jn;ten archolo-gischen Funde zur Landnahmezeit sind zu einem guten Teil auf Grund solcher tiologischer Traditionen gedeutet worden.

    Wir beginnen kurz mit dem auffalligsten und berraschendsten Fall der in diesem Jahrbuch nicht noch einmal ausihrlich errtert zu werde~ braucht8 Die im Herbst 1933 begonnene Ausgrabung auf dem Ruinen-h~gel bei dir dubwn, der mit Recht allgemein fr die Ortslage der Stadt Ai von J os 7 und 8 gehalten wird, hat schnell zu der sicheren archolo-gischen Feststellung gefhrt, da die Sttte in der frhen Bronzezeit und dann ers~ wieder teilweise im Anfang der Eisenzeit besiedelt gewesen ist. I!as s~hemt dem Inhalt vonJos 7.8 glatt zu widersprechen, wonach Ai eme biS an das Ende der spten Bronzezeit besiedelt gewesene kanaani-sche Knigsstadt gewesen sein mte, die dann die Israeliten bei ihrer ~andna~e zerstrt htten. Dieser scheinbare Widerspruch lst sich Jedo:h, wre an dem angefhrten Orte frher im einzelnen ausgefhrt wor-den ISt, wenn man erkennt, da in Jos 7. 8 eine tiologische berliefe-rung vorliegt9, deren Ausgangspunkt lediglich das Zerstrtsein und viel sptere teilweise Wiederbesiedeltsein einer alten Stadt war, deren Ruine man unter der Bezeichnung h-'ai = "der Trmmerhaufen" kannte. Von hi~r aus hat sich dann die volkstmliche berlieferung von dem d:ama~chen yorgang des Untergangs dieser Stadt gebildet, die also rucht einfach eme "Erfindung", sondem die Erklrung eines vorgefunde-nen Tatbestandes ist, freilich darin irrt, da sie den Untergang jener ~ten Stadt ungefhr acht Jahrhunderte zu spt datiert; aber natr-li_ch ka:m nur das geschulte Auge eines Archologen, nicht hingegen das emes einfachen Volkserzhlers einer vorhandenen Ruine ansehen wie lange die hier einst besiedelt gewesene Stadt nunmehr schon in T~- _ mem liegt. Es mu betont werden, da sich der tiologische Char~ter von Jos 7.8 aus der Art dieser berlieferung selbst ergibt und da die

    8 I

  • 10

  • 12 .(ur geschichtlichen Deutung archologischer Befunde 17

    Ein besonders gelagerter Fall liegt in Megiddo vor. Bei den Aus-grabungen auf dem teil el-mutesellim hat sich nunmehr folgender Tat-bestand ergeben21 : Die 7. Siedlungsschicht, in deren Palast jngst ein aufSehenerregender Elfenbeinfund gemacht worden ist22, ist um l150 v.Chr. zerstrt worden, wie sich aus dem Fund der Basis einer Statue Ramses' VI. in den Trmmern dieser Schicht ergeben hat. Es folgt dar-auf eine Lcke in der Siedlungsgeschichte. Mit der nchsten, 6., Schicht aber setzt eine im Vergleich mit den vorangegangenen Schichten arm-selige, rohe Kultur ein, der Beginn der Eisenzeit. Die Keramik dieser 6. Schicht gleicht derjenigen, die in den dem 12./11. Jahrhundert angeh-rigen Schichten in Silo, Bethel, I Ai, Gibea ( tell el-fl) u.a. gefunden wor-den ist

    23 ALBRIGHT hat daraus den Schlu gezogen, da um 1100 v.Chr.

    Megiddo eine israelitische Stadt ("an Israelite settlement") geworden sei. Doch fragt es sich, was der Ausgrabungsbefund in diesem Falle be-sagen kann und was nicht.

    Wir knnen aus der literarischen berlieferung mit ziemlich groer Sicherheit entnehmen, da Megiddo whrend der sogenannten Richter-zeit und auch noch zur Zeit des Knigtums Sauls von Israel politisch un-abhngig gewesen ist und wahrscheinlich erst unter David dem nun-mehrigen Reich Israel einverleibt wurde24. ber Fragen politischer Zu-gehrigkeit oder Abhngigkeit aber kann eine Beobachtung an der Ke-r~ ohnehin nichts ergeben25 Nun hat nach dem Ausgrabungsergeb-ms rmt der offenbar gewaltsamen Zerstrung der 7. Schicht fr Megiddo die Zeit der alten, reich entwickelten kanaanischen Stadtstaatenkultur ein Ende gefunden. Wenn dann an der Stelle der zerstrten alten Stadt und wohl noch einmal in dem ueren politischen Rahmen des ber-kommenen Stadtstaatenwesens ein neues Leben begann (6. Schicht), so geschah das nunmehr nach dem in ganz Palstina und Syrien eingetre-tenen Zerfall der alten Stadtstaatenkultur in einfacheren und rmeren Verhltnissen, vielleicht auch mit einerneuen Untertanenbevlkerung die an s.telle der alten untergegangenen, ausgestorbenen oder abgewan~ derten erngerckt wre. Und es lt sich nicht bestreiten, da diese neue Untertanenbevlkerung aus dem Kreise der israelitischen Stmme ge-

    21 Vgl. QDAP 6 (1938) S.218ff.; 7 (1938) S.45f.- AJSL 51 (1934/35) S.l36.26I; 53

    (1936/37) S.265; 54 (1937) S. 76f.- MOli (1936/37) S.94.269f.; 12 (1937/38) S. I80ff. 22 _vgi. dazu besonders den Bericht von THOMSEN in MO 12 (1937/38) S.180ff. (mit Abbildungen).

    23 Vgl. ALB~~HT, BASOR 68 (1937) S.25. In der 7., vor allem aber in der 6. Schicht

    ~de auch Philisterke~ gefunden (vgl. ALBRIGHT, BASOR 62 , 1936, S.29)~ - , , Zu Sauls !vfachtberer~ gehrten nach 2 Sam 2 9 die groen Stdte an der Jesreel-

    E~ene noch nrcht .. Na~. Ri I 27f. gelangte Megiddo mit den anderen dort genannten ~tdten erst ~ter ISraelitische Herrschaft, als "Israel stark geworden war", d.h. schwer-li~ vor Da~d. Y gl. ~~eh I Kn 412, wonach Megiddo unter Salomo zu einem Gauge-horte, der nrchtrsraelitrsche, nur dem Reiche Israel einverleibte kanaanische Gebiete umfat.

    Das ist wohl auch die Meinung von ALBRIGHT a.a.O.

    18 Zur geschichtlichen Deutung archologischer Befunde 13

    kommen sein knnte26. Aber nicht einmal das beweist der vorgefhrte archologische Befund mit Sicherheit. Denn die Frage ist doch die: Haben die israelitischen Stmme die westjordanische eisenzeitliche Kera-mik ihrerseits mit sich in das Land hereingebracht? Oder handelt es sich um eine Tonware, die im Lande hergestellt I wurde, nachdem die reiche sptbronzezeitliche Kultur mit ihren mannigfachen Beziehungen zu den Nachbarkulturen im Sturm der geschichtlichenEreignissedes 13. und 12. Jahrhunderts untergegangen war, eine Tonware also, die auch von den nunmehr sehaft gewordenen israelitischen Stmmen hergestellt und ge-braucht wurde, die mithin am Lande und nicht an einem bestimmten Be-vlkerungselement haftete? Mir scheint, da die zweite Alternative die richtige ist. Dann aber besagt der archologische Befund auf tell el-mutesellim wohl etwas sehr Wichtiges fr die Geschichte und Kultur-geschichte der Stadt Megiddo, aber nichts Sicheres fr die Geschichte der israelitischen Stmme27

    Nun knnte man gegen alles Gesagte folgenden Einwand erheben. Wenn schon der Charakter der in Frage kommenden alttestamentlichen literarischen berlieferung und das Vorhandensein verschiedener Mg-lichkeiten in der Deutung eines archologischen Befundes keine Gewhr dafr bietet, da die an verschiedenen Orten nachzuweisende gewalt-same Zerstrung bronzezeitlicher Siedlungen und der Kulturbergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit im Einzelfalle unmittelbar mit der Land-nahme der israelitischen Stmme zusammenhnge, so wird man doch praktisch auf diese Erklrung hinauskommen mssen, da nach allem, was wir weni!!Stens in groben Umrissen ber die Geschichte Palstinas in jener Zeit

    0

    wissen, diese Erklrung die einleuchtendste, wenn nicht aardie einzig mgliche bleibt; und von hier aus knnten dannjene tio-logischen berlieferungen des Alten Testaments, selbst wenn sie fr sich allein betrachtet historisch nicht ohne weiteres verwertbar sein sollten, doch nachtrglich eine Art indirekter Besttigung wenigstens der Haupt-zge ihres Inhalts erhalten. Dazu ist folgendes zu sagen:

    1. Die Landnahme israelitischer Stmme ist keineswegs das einzige bedeutendere Ereignis, das um die Wende von der Bronze-/zeit zur

    26 Man vergleiche -dazu auch die o.S.6 Anm.3 erwhnten hnlichen, wenn auch nicht ganz gleichen Vorgnge.

    Nur nebenbei sei darauf hingewiesen da ALBRIGHT (BASOR 62, 1936, S.26-31; 68, 1937, S.25) den zwischen der 7. und 6. Schicht li~genden -~tus in ~er Siedlun~geschichte von Megiddo zur Datierung des Deboralied~ (Ri :J) heranzreht. Da di~ poetische Formulierung in Ri 5 19, die Schlacht gegen SISera hab~ stattgefun~en "ber Thaanach, am Wasser von Megiddo", das damalige Unbesiedeltsem von ~egxddo .vor-aussetze, scheint mir freilich nicht sicher. Aber es lt sich natrlich auch nrcht erwersen, da diese Ansetzung unzutreffend sei. Nicht angngig aber ist es j~~lls, na~ der Schlacht gegen Sisera auch andere im Richterbuch berlieferte Erergrusse zu datieren, da die Anordnung der berlieferungen im Richterbuch und die .ilir beigegebe.~e C:hro-nologie der spteren Redaktion zu verdanken sind und schwerlich aus ursprungltcher Tradition stammen.

  • 14 .

  • 16 :(ur geschichtlichen Deutung archologit;her Befunde 22

    betin knnte dafr sprechen, da die Zerstrung der sptbronzezeitlichen Schicht das Werk des Hauses Joseph war. Freilich steht diese Feststel-ung vorerst noch einigermaen isoliert da; und es ist natrlich nicht zu bestreiten, da jene Zerstrung auch auf andere Weise erfolgtseinkann. Erst weitere entsprechende archologische Beobachtungen im Siedlungs-bereich des Hauses] oseph auf dem samarischen Gebirge mten die Deu-tungjener Einscherung von Lus (Bethel) als Folge der Landnahme des Hauses Joseph besttigen32

    Wir mssen uns mit der Erkenntnis bescheiden, da wir ber die er-whnten geschichtlichen Vorgnge auch auf Grund der archologischen Arbeit weniger und jedenfalls weniger Sicheres wissen, als wir hufig wahrhaben wollen, und da die Deutung archologischer Befunde auf Grund der literarischen berlieferungen wegen der Eigenart der letzte-ren sehr viel problematischer und komplizierter ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

    32 Da die israelitischen Stmme schwerlich, wie es die sptere Redaktion der-alt~berlieferung erscheinen lt, gemeinsam und gleichzeitig auf dem Boden Palstinas sehaft geworden sind, knnen nicht ber das ganze Land verstreute Einzelbeobachtun-gen, sondern nur Beobachtungsreihen innerhalb eines bestimmten Einzelgebietes wie des Siedlungsbereiches eines israelitischen Stammes archologische Daten liefern, die auch unabhngig von zugehrigen literarischen berlieferungen denVerlauf des Landnahme-vorganges deutlich zu machen geeignet wren.

    Hat die Bibel doch recht?

    Die herausfordernd klingende berschrift dieser Zeilen ist gemeint im Sinne einer Frage an eine Betrachtungsweise, wie sie in dem weit ver-breiteten und vielgelesenenBuch von W.KELLER, UnddieBibelhatdoch recht (1955) einen sehr bezeichnenden und wirksamen Ausdruck gefun-den hat. Es ist nicht die Absicht, in eine Einzelauseinandersetzung mit dem Inhalt dieses Buches einzutreten. Dieses Buch ist ein Beispiel !Ur eine Auffassung, die auch sonst gegenwrtig sich Geltung verschafft1 und die, wie der ungeheure Erfolg des Buches von W. KELLER zeigt, auf eine aroe Empfnglichkeit in weiten Kreisen trifft. Das ist ein berraschen-der, aber zugleich auch ein alarmierender Sachverhalt. Da "die Ar-chologie" (in einem etwas vagen Sinne) heute ein weitreichendes In-teresse findet, kann man gewi als erfreulich bezeichnen; und ebenso er-freulich ist es, da "die Archologie" jetzt viel zu bieten hat, was all-gemeine Aufmerksamkeit verdient. Das gilt auch und nicht zum wenig-sten fr den speziellen Bereich der Archologie, der in irgend eine Sach-

    -- ' beziehung zur biblischen berlieferung gebracht werden kann und mu. Die Arbeit der Altertumswissenschaft im vorderen Orient hat ja eine ihrer Wurzeln gerade in dem Wunsch gehabt, die biblische Welt und Umwelt zu erforschen. Inzwischen haben sich lngst die verschiedenen Zweige der altvorderorientalischen Archologie zu selbstndigen Wis-senschaften entfaltet, die sich ihre eigenen Gesetze erarbeitet haben und diesen Gesetzen folgen. Mit um so grerem Vertrauen auf gesicherte Ergebnisse dieser Forschungsarbeit kann jetzt der Versuch unternom-men werden, ihren Ertrag fr die biblische berlieferung zu erheben. Nun ist es freilich nicht so, da man die Ergebnisse der Altertumswissen-schaft des vorderen Orients nur mit der erforderlichen Sachkenntnis dar-zustellen und auf der anderen Seite zur Kenntnis zu nehmen brauche, um das Resultat dann zu fixieren in pauschalen Formulierungen, da "die Bibel doch recht habe" und "die Archologie die berlieferung der Bibel besttige". Geht man den Dingen auf den Grund, so zeigt sich

    1 So ist beispielsweise auf den Umschlag der deutschen bersetzung des Buches von W.F.ALBRIGHT, Die Religion Israels im Lichte der archologischen Auslp'lbun~en (1956), gewi ohne Wissen des Autors, der lapidare Satz gesetzt worden: "D1e Archao-logie besttigt die berlieferung der Bibel".

  • 18 Hat die Bibel doch recht? 7

    schnell, da das Verhltnis zwischen der Arbeit der altvorderorientali-schen Archologie und der biblischen berlieferung keineswegs so ein-fach, sondern im Gegenteil hchst kompliziert ist und da ein viiig falscher Eindruck entsteht, wenn dieses Verhltnis in so kurzen Stzen formuliert wird. Solche Stze sind nur aufrechtzuerhalten, I wenn auf beiden Seiten aus der Flle der Erscheinungen eine Auswahl getroffen wird und nur solche Flle herausgegriffen werden, in denen eine wirk-liche oder auch nur vermeintliche bereinstimmung konstatiert werden kann, whrend eine verlliche Bestimmung des Verhltnisses doch nur erzielt werden kann, wenn auf beiden Seiten eine grndliche und um-fassende bersicht ber das gesamte zur Zeit zur Verfgung stehende Material zugrunde gelegt wird.

    Von zwei Seiten her ergeben sich Fragen. Zunchst von der Seite der Bibel her. Was ist vom Inhalt der Bibel berhaupt archologisch beweis-bar? W.KELLER hat seinem Buch einen Untertitel gegeben: "Forscher beweisen die historische Wahrheit." Vielleicht soll dieser Untertitel den Obertitel einschrnken in dem Sinne, da nur die "historischen" Mit-teilungen der Bibel durch die Archologie "besttigt" werden knnen. Das wre eine sachlich in der Tat gerechtfertigte Begrenzung. Nun ent-hlt die Bibel- und das gilt vor allem fr das Alte Testament - ein Flle von geschichtlichen berlieferungen, die durchaus verstanden sein wol-len als Nachrichten ber geschichtliche Vorgnge, die sich in der ge-schichtlichen Welt abgespielt haben und die daher auch in auerbibli-schen Quellen und Befunden einen Niederschlag gefunden haben kn-nen; und es ist eine legitime wissenschaftliche Aufgabe, diesen auer-biblischen Stoff mit heranzuziehen bei der Behandlung der biblischen Geschichtsberlieferung. Man kann dann streiten ber den Grad von Wichtigkeit, der dieser Aufgabe zukommt. Es scheint mir fr das sach-geme Verstndnis der Bibel nicht unwesentlich zu sein, die V erwurze-lung der biblisch berlieferten Geschichte in der "Welt"-Geschichte ihrer Zeit konkret zu erforschen, ohne da gegen einen solchen Versuch der Vorwurf eines "geschichtlichen Materialismus"2 zu erheben wre. Aber das Wesentliche des Inhalts "der Bibel" wre damit noch nicht erfat.

    Hlt man sich nach dem soeben Gesagten nun an das besondere Ele-ment der biblischen Geschichtsberlieferung, dann erhebt sich von der Archologie aus die Frage, was sie "beweisen" oder "besttigen" kann. Nun mu zunchst der Begriff der "Archologie" etwas genauer defi-niert werden. Archologie im eigentlichen und engen Sinne hat es mit den materiellen berresten vergangeuer geschichtlicher Zeiten zu. tun -die sie sucht und auffindet und deutet und nach Mglichkeit datiert: Meist wird es sich dabei um Bauwerke und Grber und deren Inventar

    1 Vgl. die Besprechung des Buches von W.Km.um durch G.BoRNX.UW in der Frank-furter Allgemeinen Zeitung vom 11. Februar 1956.

    8 Hat die Bibel doch recht? 19

    handeln. Das mag im folgenden als "stumme Archologie" bezeichnet werden. Davon zu unterscheiden ist das Auffinden von Inschriften und sonstigen Schriftdenkmlern und deren Interpretation, die im wesent-lichen eine Aufgabe der Philologie und Geschichtswissenschaft ist. Bei-des hngt natrlich zusammen, schon deswegen, weil in der Regel Schriftdokumente im V er lauf archologischer Ausgrabungen ans Licht kommen. Auerdem knnen schriftliche Mitteilungen zur Deutung von Befunden der stummen Archologie, mit denen zusammen sie aufgefun-den werden, dienen und um-!gekehrt. Aber zur Klrung schwieriger Beziehungen empfiehlt es sich doch, beides voneinander zu trennen.

    Was kann die stumme Archologie fr das Verstndnis der biblischen Geschichtsberlieferung leisten? Sie kann sehr viel leisten, und sie hat sehr viel geleistet. Eine Erklrung der alttestamentlichen berlieferung, die ihre Ergebnisse nicht stndig heranzge, mte heute als vllig ver-altet und unsachgem bezeichnet werden. Die israelitische Geschichte hat, so wahr sie eine reale Geschichte war, auf ihrem Schauplatz, d.h. im Lande Palstina, ihre konkreten Spuren hinterlassen. An Hand siche-rer archologischer Kriterien lassen sich unter den berresten der lan-gen und bewegten Geschichte des Landes diejenigen bestimmen, die aus israelitischer Zeit stammen. Meist handelt es sich um den Nachla der israelitischen Ansiedlungen. Nur mit Hilfe der Archologie lt sich ge-nau ermitteln, wo sie gelegen haben, wie gro sie etwa waren, wie man sich ihr Aussehen zu denken hat. Darber hinaus hat die Archologie ein Bild von der groen Welt des alten Orients, von ihrem Leben und ihrer Kultur erstehen lassen; und inmitten dieser Welt und in vielflti-gen Beziehungen zu ihr hat Israel seine Geschichte gehabt. Erst eine genaue Kenntnis dieser groen archologischen Hinterlassenschaft kann viele Aussagen der alttestamentlichen berlieferung sachlich richtig ver-stehen lehren. Die Archologie erfllt dabei nicht die Aufgabe einer "Be-sttigung" von Nachrichten, die einer "Besttigung" gar nicht bedrfen, sondern die sehr wichtige Aufgabe einer Verdeutlichung und einer kon-kreten Interpretation. Da die zahlreichen palstinischen Ortschaften, die in der alttestamentlichen berlieferung vorkommen, einmal existiert haben und bewohnt gewesen sind, bezweifelt niemand; aber die Frage ihrer genauen Lokalisierung kann nur auf Grund archologischer Be-funde sicher beantwortet werden. Das ist am einfachsten mglich in den zwar zahlreichen, aber doch zahlenmig beschrnkten Fllen, in denen sich in der in Betracht kommenden Gegend nicht nur die berreste einer in biblischer Zeit bewohnten Siedlung, sondern mit ihnen verbunden zu-gleich der alte Name noch erhalten hat. In anderen Fllen bedarf es u. U. komplizierter Erwgungen, um zu einem sicheren oder wenigstens wahr-scheinlichen Resultat zu gelangen. Dabei kann es statt zu einer "Be-sttigung" vielmehr zu einer Korrektur der biblischen berlieferung kommen. Ich denke an die groe Otrsliste inJos 1521-63; 1821-28. Ihre

  • 20 Hat die Bihel doch recht? 9 archologische Interpretation ergibt, da sie nicht ein konstruktives Ge-bilde ist, sondern einen geschichtlich realen Bestand an Siedlungen im sdlichen Westjordanland wiedergibt, da sie aber nicht, wie die alt-testamentliche berlieferung will, aus der Josua-Zeit, sondern erst aus der Knigs-Zeit stammt3.

    Auch indirekt leistet die Archologie eine unentbehrlich gewordene Hilfe bei der Erklrung alttestamentlicher Texte. Der in 1 Kn 6. 7 berlieferte Annalenauszug ber die salomonischen Bauten inJerusalem, besonders ber I den salomonischen Tempel, kann zwar hinsichtlich sei-ner Geschichtlichkeit nicht in Frage gestellt werden und hat insofern eine "Besttigung" nicht ntig. Aber er ist in vielen seiner Angaben dun-kel und erklrungsbedrftig. Unmittelbar kann in diesem Falle die Ar-chologie nicht helfen. Denn an Ort und Stelle- die Lokalisierung ist in diesem Falle kein Problem - hat sich vom Tempel ebensowenig etwas erhalten wie von den anderen salomonischen Bauten, oder es ist jeden-falls das, was sich etwa erhalten haben sollte, nicht mehr zugnglich, da der Bereich der "Salomo-Stadt" im Laufe der Jahrhunderte immer von neuem berbaut worden ist. Aber die Archologie hat eine so detaillierte Kenntnis der altorientalischen Sakralarchitektur vermittelt, da mit ihrer Hilfe ein wenigstens wahrscheinliches Bild vom salomonischen Tem-pel, der offenkundig bestimmten Traditionen der altorientalischen Sa-kralarchitektur folgte, erarbeitet werden kann4. Problematisch werden die Dinge erst da, wo die Frage auftaucht, ob

    nicht bestimmte in der biblischen berlieferung berichtete geschicht-liche Vorgnge archologisch nachgewiesen und ntigenfalls "be-sttigt" werden knnen. Es ist von vornherein klar, da es sich nur um eine begrenzte Auswahl von Vorgngen handeln kann, fr die archo-logische Indizien zu erwarten sind. In erster Linie kommt das Errichten und das Zerstren .von Bauten und Baukomple..'l:en in Frage. Es gibt Flle, in denen die berlieferung einer "Besttigung" nicht bedarf, son-dern im Gegenteil ihrerseits archologische Befunde zu erklren vermag und von diesen dann eine Illustration und Verdeutlichung empfangt. Die Annalennotiz in 1 Kn 919 ber den Bau von "Magazin-Stdten" und "Streitwagen-Stdten" durch Salomo vermag die in Megiddo in der Schicht der salomonischen Zeit durch amerikanische Ausgrabungen auf-gedeckte groe Anlage von Pferdestllen eindeutig zu erklren in dem Sinne~ da es sich hierbei um "Stlle Salomos" handelt, deren Ausma allerdings erst durch den Ausgrabungsbefund ber die wortkarge Anna-lennotiz hinaus deutlich geworden ist. Die Gre der Katastrophe dc~s StaatesJuda in den Jahren 598/597 und 589-587 v.Chr., die die berlie-

    s ':"gL zuletzt. FR. M. CR?.ss, jr., ~d

  • 22 Hat die Bibel doch recht? 11

    seiner Hinterlassenschaft an Tonscherben und sonstigen Kleinfunden so gut bekannt, da man archologisch ziemlich sicher und genau datieren kann. Die Voraussetzungen fr eine Kombination von berlieferungs-angaben und archologischen Feststellungen und damit fr eine ,,Be-sttigung" der berlieferung oder wenigstens bestimmter berliefe-rungselemente von archologischer Seite scheinen also durchaus gegeben zu sein. Man wird eine solche "Besttigung" vor allem an denjenigen Orten suchen, die in der alttestamentlichen Landnahmeberlieferung genannt werden und deren bergang in israelitischen Besitz in der Land-nahmezeit nicht wohl zu bezweifeln ist, deren Lage auf der anderen Seite sicher bekannt ist.

    Ein solcher Fall liegt bei Bethel vor. In Ri 122-26 ist eine berlie-ferung erhalten, nach der "das Haus Joseph" Bethel eingenommen hat; und es ist ziemlich sicher anzunehmen, da Bethel von Anfang an zum josephitischen oder genauer ephraimitischen Besitz gehrt hat. Das alte Bethel hat an der Stelle des heutigen Ortes betin gelegen, in dessen Na-men sich der alte Name I erhalten hat. 1934 und 1954 haben amerikani-sche Ausgrabungen an Ort und Stelle stattgefunden5 Sie konnten rum-lich nur von sehr begrenztem Ausma sein, da der heutige Ort sich ber die alte Ortslage ausdehnt; aber sie haben gleichwohl zu wichtigen Er-gebnissen gefhrt. Fr die in Betracht kommende Zeit ist folgender Be-fund ermittelt worden. Die sptbronzezeitliche Siedlung ist gegen Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr. wenigstens teilweise durch Feuer zerstrt und dann wieder aufgebaut worden. Eine groe Feuersbrunst hat dann in den letzten Dezennien des 13. Jahrhunderts v.Chr. die sptbronzezeitliche Stadt vernichtet und damit zugleich der reichen bronzezeitlichen Kultur ein Ende gemacht. Die an derselben Stelle begrndete frheisenzeitliche Siedlung zeigt das stark vernderte Gesicht einer rmlichen Kultur. Die frhe Eisenzeit ist in vier bereinander liegenden Schichten vertreten, von denen die beiden ersten -etwa im Laufe des 12.Jahrhunderts v. Chr.-wiederum durch Feuer zerstrt worden sind. Nun liegt es gewi nahe, den Haupteinschnitt in der Geschichte der Stadt, so wie sie sich im ar-chologischen Befund widerspiegelt, mit ihrem bergang in israelitischen Besitz in Zusammenhang zu bringen; und das haben denn die Aus-grber auch sogleich getan. Es ist freilich zu bedenken, da der Bruch zwischen Sptbronzezeit und Frheisenzeit sich an Ausgrabungspltzen in Syrien-Palstina auch sonst zeigt, und zwar auch da, wo ein Zusam-menhang mit der israelitischen Landnahme nicht in Frage kommt, da er also auf einem Gesamtwechsel in der Landeskultur beruht; und e8 ist weiter zu bedenken, da es in Bethel, wie anderwrts, vorher unanach-

    5 Vgl. die vorlufigen Ausgrabungsberichte - ein abschlieender Bericht ist noch nicht erschienen- von W.F.ALBRIGHT in BASOR 55 (1934) 8.23-25 und 56 (1934) 8.2-15 und vonJ.L.KEI.so ebenda 137 (1955) S.S-10, auerdem den zusammenfassen-den AufSatz vonJ.L.KELso in Bib!Arch 19 (1956) S.36-43.

    12 Hat die Bibel doch recht? 23

    her Zerstrungen durch Feuer gegeben hat, ber deren -kriegerische oder auch nicht kriegerische - Ursachen wir einfach nichts wissen, so da man bei dem Versuch, einen archologischen Befund der genannten Art mit einem bestimmten geschichtlichen Ereignis in Verbindung zu bringen, immer auch mit anderen Mglichkeiten rechnen mu. Aber es wre wohl bertriebene Skepsis, wenn man es nicht wenigstens fr wahr-scheinlich halten wollte, da der Bruch in der Geschichte der Stadt Bethel zwischen Sptbronze- und Frheisenzeit mit der israelitischen Inbesitznahme zusammenhngt. Ist damit die alttestamentliche ber-lieferung "besttigt"? In Ri 1 22-26 wird berichtet, da die Stadt Bethel dem HauseJoseph nicht durch kriegerische Gewalt, sondern durch Ver-rat in die Hnde fiel. Dementsprechend ist denn auch nur davon die Rede, da die Bewohnerschaft mit dem Schwert "geschlagen" wurde, aber nicht davon, da die Stadt zerstrt und verbrannt worden wre. Da das Haus Joseph die Stadt in Besitz nahm, wird nicht gesagt, aber wohl als selbstverstndlich vorausgesetzt. Es bleibt also eine Diskre-panz; und man mu annehmen, da entweder die J osephiten Bethel doch mit Gewalt eingenommen und dabei zerstrt haben und also die Erzhlung in Ri 1 22-26 mit Rcksicht auf ihr tiologisches Ziel den Vorgang nachtrglich entstellt hat oder aber da die I berlieferung Ri 122-26 "recht hat", dann aber die israelitische Einnahme von Bethel keine archologischen Spuren hinterlassen hat, die archologisch nach-gewiesenen Katastrophen also andere, uns unbekannte Ursachen ge-habt haben&. Mit der letzteren Mglichkeit aber fiele eine archologische "Besttigung" der berlieferung aus.

    Und nun die so viel errterten Flle J ericho und Ai. Die Josua-berlieferung berichtet ausfhrlich ber die israelitische Einnahme von Jericho (Jos 6; vgl. auch Jos 2) und Ai (Jos 8). Es kann nicht wohl be-zweifelt werden, da die Josua-berlieferung die beiden auch sonst be-kannten Stdte Jericho und Ai meint?. Ihre Lage ist sicher bekannt; Jericho hat auf dem Ruinenhgel teil es-sul!n am nordwestlichen Ende

    sEsist ganz willkrlich, mitJ.L.KELSO (Bib!Arch., a.a.O. S.39f.) zu sagen, da ,.die Truppen Josuas die letzte bronz7eitliche Stadt ~ 13.JahrJ:tund~ ze~trt:' htten -denn in der ganzenjosua-berlieferung ko=t eme Nachricht uber eme Einnahme von Bethel nicht vor - und die erste oder zweite frheisenzeitliche Einscherung von Bethel auf den Vorgang von Ri I 22-26 zurckzuluhren - d~ erstens ist, wie gesagt, ~ Ri I 22-26 von einer Zerstrung der Stadt berhaupt nicht die Rede, und sodann will Ri I 22-26 verstanden sein im Sinne einer ersten und einmaligen Inbesitznahme der Stadt durch das Hausjoseph und nicht im Sinne einer spteren Episode in der Geschich-te einer bereits von ,.den Truppenjosuas" eroberten Stadt.

    7 Um schwierigen Schlufolgerungen zu entgehen, hat man gelegentlich angenom-men, in Jos 8 handle es sich ursprnglich nicht um Ai, sondern um das benachbarte Bethel (diese Annahme liegt wohl auch der in der vorigen Anmerkung angefhrten Behauptung KEI.sos von der Einnahme von Bethel durch die TruppenJosuas zugrunde). Aber diese Annahme bedeutet ein willkrliches Abgehen von den Aussagen der alttesta-mentlichen berlieferung, das auch durch die Absicht nicht gerechtfertigt ist, die ber-lieferung mit den archologischen Tatbestnden unter allen Umstnden in Einklang zu bringen.

  • 24 Hat die Bibel doch recht? 13

    der heutigen Oase von Jericho und Ai auf dem Ruinenhgel et-tell bei dem heutigen Dorfe dir dubwn gelegen. An beiden Orten haben Aus-grabungen stattgefundens. An beiden Orten haben die Ausgrabungen ergeben, da in der Sptbronzezeit - und das ist die Zeit, die fr den Inhalt der Josua-berlieferung geschichtlich in Frage kommt - eine ummauerte Siedlung nicht bestanden hat. Auf et-tell hat sich eine frh-bronzezeitliche feste Stadt nachweisen lassen und dann nach einer Sied-lungspause whrend der ganzen Mittel- und Sptbronzezeit eine kleinere fiiiheisenzeitliche Siedlung. Gewi ist nicht das ganze Ruinenfeld aus-gegraben worden; aber so weit haben die mehrere Jahre lang betriebe-nen Ausgrabungen den Tatbestand doch geklrt, da mit Sicherheit ge-sagt werden kann, da jedenfalls nicht eine ansehnliche befestigte Stadt, wie sie inJos 8 vorausgesetzt wird, in der Mittel- und Sptbronzezeit an dieser Stelle existiert hat. In Jericho aber haben die nach dem zweiten Weltkriege wieder aufgenommen Ausgrabungen gezeigt, da die frher fr sptbronzezeitlich gehaltene Ummaue-!rung, um deren Datierung man sich sehr intensiv bemht hatte, um ein archologisches Datum fr die israelitische Landnahme zu gewinnen, in Wirklichkeit aus der Frh-bronzezeit stammt und da eine sptbronzezeitliche Mauer nicht zu finden ist. Dabei ist der tell es-sultn so grndlich und vielfltig untersucht worden, da dieses archologische Ergebnis als endgltig betrachtet wer-den mu. Zwar sind auf dem tell einige sptbronzezeitliche berreste zutage gekommen, die beweisen, da Jericho nach seiner starken Be-siedlung in der Frh- und Mittelbronzezeit auch in der Sptbronzezeit nicht ganz unbewohnt gewesen ist. Aber eine Ummauerung hat es in dieser Zeit offenbar nicht mehr gehabt; und gerade auf eine sptbronze-zeitliche Ummauerung kme es im Blick aufJos 6 an. Es geht m.E. nicht an, diesen archologischen Befund mit der Annahme zu korrigieren, da die berreste des sptbronzezeitlichen Jericho durch "Wind und Was-ser" "hinweggeblasen und hinweggewaschen" worden seien9. Das ist eine ad hoc aufgestellte These, die als solche schon bedenklich ist und auerdem den V erzieht darauf bedeutet, den tatschlichen archologi-schen Befund auf dem tell es-sultn mit der Josua-berlieferung zu kom-binieren. Aber ist der Inhalt dieser These denn berhaupt sachlich an-nehmbar? Es ist mir kein sonstiger Fall bekannt, in dem archologisch nachgewiesen oder wenigstens wahrscheinlich gemacht werden knnte, da fast eine ganze Schicht einer bronzezeitlichen Stadt, auch wenn sie viele Jahrhunderte lang ungeschtzt auf der Oberflche eines Ruinen-

    8 Der abschlieende Bericht ber Ai ist]. MARQUET-KRAUSE, Les fouilles d'Ay (et-T~ll) 1933-1935 I/II (1?49). _Die Geschichte der Ausgrabungen des alten Jericho, die nnt demjabre 1907 begmnt, ISt lang und bewegt und braucht hier nicht dargestellt zu werden. Wichtig sind fr das Folgende in erster Linie die jngsten, noch im Gang be-findlichen Ausgrabungen, ber die die Ausgrberin K.M.KENYoN vorlufige Berichte in PEQ von Jahrgang 83 (1951) ab verffentlicht hat.

    9 So W.F.ALBRIGliT, Recent Discoveries inBib1e Lands (1955) 8.46.87.

    14 Hat die Bibel doch recht? 25

    hgels gelegen hat, durch Witterungseinflsse abgetragen worden wre. Und dies nun gerade in dem regenarmenJordangraben! Natrlich kann Wind die zu Staub zerfallenen berreste alter Lehmziegelbauten teil-weise verschwinden lassen. Aber es geht ja gerade um die Mauem eines sptbronzezeitlichen Jericho, die unter ihrem Lehmziegelauf~au :in ansehnliches Steinfundament gehabt haben mten; und auch die Hau-ser einer solchen Stadt wren auf Steinfundamenten errichtet gewesen. Es scheint mir unmglich, ein solches fast vlliges Verschwinden eines vermeintlichen sptbronzezeitlichen befestigten Jericho anzunehmen. Dann aber mu der archologische Befund auf dem tell es-sultn so ak-zeptiert werden, wie er tatschlich vorliegt; und es mu konstatiert wer-den, da im Falle Jericho ebenso wie im Falle Ai die ko~eten Fakten der Ausgrabungsergebnisse mit dem Inhalt der Josua-Uberlieferung nicht in Einklang zu bringen sind.

    Es ist mithin festzustellen, da die biblische berlieferung von Jos 6 undJos 8 durch die Archologie keine ,,Besttigung" gefunden hat. "Be-sttigt" worden ist durch die Ausgrabungsergebnisse vielmehr die aus form- und berlieferungsgeschichtlichen Erwgungen schon vor der Er-mittlung dieser Ergebnisse aufgestellte These, da wir es in Jos 6. 8 mit "tiologischen" berlieferungen zu tun haben, deren Ausgangspunkt der Zustand der Zerstrtseins der beiden Stdte und nicht der Vorgang ihrer Zerstrung war.

    Anders ist die Lage im Falle Hazor. InJos 1 I 1-15 haben wir die Er-zhlung von einem israelitischen Sieg ber den Knig von Hazor und von der anschlieenden Einnahme und Zerstrung der Knigsstadt Hazor. Die An-!setzung von Hazor auf dem im obersten Teil des Jordangrabens sdwestlich des ble-Sees gelegenen heutigen tell wa#f4 war schon immer gut begrndet und ist durch die im Herbst 1955 an Ort und Stelle be-gonnenen israelischen Ausgrabungen als unzweifelhaft richtig erwiesen worden. Die bisher bekannt gewordenen Ergebnisse dieser noch im Gang befindlichen Ausgrabung sind bereits hchst bedeutsam. Sie wer-den gewi durch den weiteren Gang der Arbeit differenziert, ergnzt und vielleicht auch korrigiert werden, aber in den im hiesigen Zusammen-hang wichtigen Punkten sind sie wohl schon als endgltig und gesichert zu betrachtenlO. Es hat sich gezeigt, da innerhalb einer mchtigen rechteckigen Umwallung eine groe bronzezeitliche Stadt gelegen hat, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts v.Chr. zerstrt worden ist, und da dann, anscheinend nach einer noch nicht genau bestimmten Siedlungs-pause, auf einem begrenzten Teil des bronzezeitlichen Stadtareals in der Sdwestecke eine in mehreren Schichten nachgewiesene eisenzeitliche Siedlung angelegt worden ist. Es liegt auf der Hand, da dieser Befund zu den Mitteilungen von Jos 111-15 sehr gut pat. Die in Jos ll10b be-

    lo V gl. den ersten zusammenfassenden Bericht des Ausgrbers Y. Y ADIN inBib!Arch I 9 (1956) 8.2-12.

  • 26 Hat tiie Bibel dnch recht? 15 tonte groe Bedeutung des vorisraelitischen Hazor ist durch die unge-whnlich weiten Ausmae der bronzezeitlichen Siedlung auf dem tell wa#sili verifiziert worden11 Die archologische Datierung der Zerst-rung dieser bronzezeitlichen Siedlung fhrt in der Tat in die wahr-scheinliche Zeit der israelitischen Landnahme. Die inJos II Ilb.l3 stark hervorgehobene Einscherung des eroberten Hazor ist bisher anschei-nend n?ch nicht durch die Feststellung einer Brandschicht besttigt wor-den. Hier knnte man sich nun tatschlich mit der Annahme helfen da die Brandasche auf der Oberflche der zerstrten und zu einem gr'oen Teil berhaupt nicht und in einem kleinen Teil vielleicht erst nach einer lngeren Pause wieder besiedelten Ortslage mit der Zeit vom Wmde ver-weht worden ist. Bei Hazor kann man also- mit dem Vorbehalt der noch bestehenden Vorlufigkeit des Ausgrabungsergebnisses - anscheinend in der Tat von einer archologischen Besttigung der biblischen ber-lieferung s~rechen. Sollte es ein Zufall sein, da die formgeschichtliche Analyse bei Jos lll-15 denn auch nicht wie bei Jos 6 und Jos 8 zu dem Ergebrus gefhrt hat, da es sich um eine "tiologische" berlie-ferung handle?

    Die vorgefhrten Beispiele haben gezeigt, da die allgemeine Aussage v?n "der archologischen Besttigung der biblischen berlieferung" mcht verantwortet werden kann, da vielmehr das Verhltnis zwischen Ausgrabungsergebnissen und biblischen Nachrichten sehr verschieden und gegebenenfalls sehr kompliziert sein kann und in jedem einzelnen Fall sehr genaugeprft werden mu.

    Eindeutiger ist teilweise die Beziehung zwischen altorientalischen Schriftdenkmlern und der biblischen berlieferung. Solche Schrift-denkmler stam-imen meist nicht vom Schauplatz der Geschichte Is-raels; denn Palstina hat sich bisher als auerordentlich arm an Schrift-denkmlern aus altorientalischer Zeit erwiesen. Aber sonst sind aus der weiten W:It ~es alten_Orien~ ungezhlte Schriftdenkmler bekannt ge-w:orden, ~e die Geschichte dieser Welt in helles Licht gerckt haben; und die Geschichte Israels hat die vielfltigsten unmittelbaren und mittel-~aren B:ziehungen zur altorientalischen Geschichte gehabt. Die schrift-hebe Hinterlassenschaft kann nun im Unterschied von der stummen Archologie" Auskunft geben ber geschichtliche Vorgnge, 'Ereignisse und Gestalten und steht schon in dieser Hinsicht der biblischen berlie-ferung viel nher als die "stumme Archologie". Eine einfache Bezie-hung ist berall da gegeben, wo in der altorientalischen Literatur die N~en. von biblischen Personen und Orten genannt werden oder ge-schichthche Vorgnge berichtet werden, die auch in der Bibel vorkom-men. Wo die Dinge so einfach liegen, handelt es sich meist darum, da

    11 Die Be~eu~g d:S ?I?nzezeitli

  • 28 Hat die Bibel doch recht? 17 ngend mit der Lckenhaftigkeit unserer Kenntnis, die ganz von derzeit-lichen und rumlichen Verteilung des Bestandes an verfgbaren Schrift-denkmlern abhngt. hnlich mu aber auch in der Frage der rum-lichen Ansetzung der Erzvter argumentiert werden. Die Bevlkerungs-schicht mit den fraglichen Namen hat eine verhltnismig weite Ver-breitung gehabt und tritt, wie schon gesagt, auer im Zweistromland auch in Syrien-Palstina auf. Die Vorgeschichte und der Ausgangspunkt dieser Schicht ist nicht sicher aufzuklren. In keinem Falle ist mit der Mglichkeit, die im Hinblick auf die Erzvter interessant wre, zu rechnen, da sie erst im Zweistromland erschienen wre und dann teil-weise den Weg nach Syrien-Palstina geno=en htte14. Da sie vor-wiegend aus dem Zweistromland bekannt ist, hat wieder seinen Grund in der Quellenlage. Es kann also an Hand der Namen nicht sicher er-wiesen werden, da die Erzvter aus dem Zweistromland stammen. Nun ist zwar der Erzvtername Jakob - abgesehen von anderen Vorkom-men - in seiner Vollform "Jakob-ei" (Jabff,ub-ila) einmal in einem ~chrift~okum.ent von dem Ruinenhgel schghir ba;:;r aufgeta.uchtls, der rm Gebiet des oberen chabr nur knapp 100 km stlich der Stadt Harran liegt, die ilirerseits in der Erzvtergeschichte eine Rolle spielt als Heimat der Verwandten der Erzvter16. Aber abgesehen von der Tatsache, da derselbe Name "Jakob-ei" auch anderwrts nachzuweisen ist, wird man angesichts der obigen Ausfhrungen Bedenken haben mssen, dieser Tatsache zuviel Gewicht beizumessen.

    Gewisse Rechtsbruche, die in der Erzvterberlieferung voraus-gesetzt sind, haben berraschende Analogien gefunden in Schriftdoku-menten aus dem 15.Jahrhundert v.Chr., die in den Ruinen der alten Stadt Nuzu ausgegraben worden sind17 Nuzu liegt im Osttigrisland in der Nhe der heutigen Stadt kerkk. J Es scheint nahezuliegen, aus diesem Sachverhalt den Schlu zu ziehen, da die Erzvter ihre Rechtstraditio-nen aus dem Zweistromland mitgebracht haben und sich damit im Ein-klang mit der alttestamentlichen berlieferung (vgl. Gn ll28ff. u..) als aus dem Zweistromland stammend erweisen. Zugleich knnte dieser Sachverhalt vielleicht eine Datierung der Erzvter in das 15. Jahrhun-dert v.Chr. begrnden. Gleichwohl wird man mit einer solchen Schlu-

    10 Diese M?glichkeit ist, soviel ich sehe, nie ernstlich erwogen worden. und das mit Recht; denn m _Syrien-;"alstina sind die in Betracht kommenden Namen ein wenig fr-her ~e":.eugt als_ un ZweiStromland, auerdem ist es ganz unwahrscheinlich, da Elemen-te, c;tie un ~w~tromlande Fu gefut hatten oder Fu zu fassen im Begriff waren, nach S~e~-Pal';~Stu;ta abgewandert wren. Eher denkt man gelegentlich an die umgekehrte ~oglichke1t emer Wanderung von Syrien-Palstina nach dem Zweistromland. -Auch ~ese ~e, cJ!e brigens im hiesigen Zusammenhang uninteressant ist, scheint niir rucht nchng zu sem.

    ~~~j.M.Nonr, Geschichte und Altes Testament, S.l42 Anm.2 [u. Bd. II S.225 16 Gn li 31; 12 5 und (speziell fr Jakob) 27 43. 17

    Vgl. u.a. C.H.GoRDoN, BASOR 66 (1937) S.25-27 BiblArch 3 (1940) S 1-12 R. DE VAux, RB 56 (1949) S.22ff. ' '

    18 Hat die Bibel doch recht? 29

    folgerungdoch vorsichtig sein mssen. Der Tatbestand der genannten Beziehung ist dabei gar nicht zu bezweifeln. Aber man mu damit rech-nen, da die Rechtstraditionen, auf die durch die Dokumente von Nuzu ein Schlaglicht fllt, weiter verbreitet gewesen sind. In aller Regel haben solche Traditionen eine lngere Lebensdauer und sind nicht festzulegen auf eine Periode, fr die sie gerade inschriftlich bezeugt sind. Sodann aber mu man ohnehin, wenn man die Verbindung mit dem Milieu der Erzvter herstellen will, annehmen, da diese Rechtstraditionen rum-lich weit ber den engen Bereich von Nuzu hinaus verbreitet waren. Denn da die Erzvter einmal im Osttigrislande gewesen seien, wird nirgends mitgeteilt und, soviel ich sehe, auch von niemandem angenom-men. Die aus Nuzu bekannten Rechtstraditionen mten also wenigstens bis zur Euphratgegend verbreitet gewesen sein. Der Euphrat ist an der nchstgelegenen Stelle etwa 200 km von Nuzu entfernt, und die in der Erzvterberlieferung genannten Orte, "Ur in Chalda" und Harran, liegen noch um mehr als das Doppelte weiter von Nuzu ab. Nun spricht gar nichts gegen die Annallme- vielmehr vieles dafr-, da die in Nuzu ans Licht geko=enen privatrechtliehen Regelungen in einem weiten und vielleicht sogar sehr weiten Gebiet gegolten haben. Mit Wahr-scheinlichkeit lassen sich die Trger dieser Ordnungen besti=en. Nuzu war nach Ausweis der dort aufgefundenen Schriftdenkmler von Chur-riern ("Horitern") bewohnt; und es liegt sehr nahe, anzunehmen, da wir es bei den besonderen Rechtsverhltnissen von Nuzu mit churri-schen Rechtstraditionen zu tun haben. Nun haben die Churrier vor al-lem im eigentlichen Mesopotamien zwischen den Mittellufen von Euphrat und Tigris gewohnt; sie haben aber auch mindestens seit der Mitte des II. Jahrtausends v.Chr. in Syrien-Palstina einen nicht un-wesentlichen Teil der Landesbevlkerung gebildet. Wenn die fraglichen Rechtstraditionen nicht lediglich eine lokale Angelegenheit in Nuzu wa-ren - und das mu angeno=en werden, wenn berhaupt eine Bezie-hung zur Erzvterberlieferung in Frage ko=t -, dann liegt bei weitem am nchSten die Vermutung, da sie berall da anzutreffen waren, wo Churrier lebten. Wie aber soll man unter diesen Umstnden noch genau besti=en, wann und wo die Erzvter sie kennenlernen und berneh-men konnten?

    Die altorientalischen Schriftdenkmler haben macherlei Vergleichs-material zur alttestamentlichen Erzvterberlieferung geliefert; aber sie haben bisher noch nichts erbracht, was eine geschichtliche Einordnung der Erzvter ermg-Jlichte. Nur eine Analyse der alttestamentlichen berlieferung selbst kann bis jetzt zu Aussagen ber die Erzvterge-schichte fhrenls.

    18 Grundlegend dafr ist immer noch A.ALT, Der Gott der Vter (1929), wieder-abgedruckt in Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel I (1953) S.lff.

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  • l f

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    30 Hat die Bibel doch recht? 19

    Da es auch viele Flle einer eindeutigen und unbezweifelbaren Be-ziehung zwischen altorientalischen Nachrichten und biblischer berlie-ferung gibt, wurde bereits gesagt. Als Beispiel dafr sei das letzte be-kannt gewordene Schriftdokument angefiihrt, das in diesen Sachzusam-menhang gehrt. Es handelt sich um ein weiteres Stck der sogenannten "babylonischen Chronik", das in einigen spteren Abschriften von Aus-zgen aus diesem Annalenwerk vorliegt, die unter den Keilschrifttafeln des Britischen Museums identifiziert und danach verffentlicht worden sind

    19 Diese Auszge betreffen- mit einer kleineren und einer groen

    Lcke- die Zeit von 626-556 v.Chr., also einen wesentlichen Teil der Lebensdauer des neubabylonischen Reiches. An zwei Punkten ist die Beziehung zur alttestamentlichen berlieferung besonders deutlich nm-lich bei der Schlacht von Karkemisch und bei der ersten Einna~e von Jerusalem durch die Babylonier.

    ber eine "Schlacht von Karkemisch" schien bisher nur aus einer Be-merkung inJer 46 2 etwas bekannt zu sein, wo in der redaktionellen Ein-fhrung des Prophetenwortes J er 46 3ff. die Rede ist von "dem Heer des Pharao Necho, des Knigs von gypten, das am Euphrat-Flu in Kar-k~misch stand, das der Knig Nebukadnezar von Babylonien schlug im VIertenJahre des KnigsJojakim von Juda, des Sohnes desJosia". Da-mit lie sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Notiz in 2Kn 24 7 kombinieren, die in losem Anschlu an den Bericht ber die Regie-rungszeit des Knigs Jojakim und ohne eine genaue Zeitangabe, nur offenbar bezogen auf die Zeit Jojakims, meldet: "Der Knig von gyp-ten zog nicht weiter hinaus aus seinem Lande; denn der Knig von Ba-bylonien hatte zwischen dem Bach gyptens und dem Euphrat-Flu alles eingeno=en, was dem Knig von gypten gehrt hatte". Das konnte man als eine Folge der in Karkemisch gefallenen Entscheidung verstehen. Dazu kam schlielich der archologische Befund auf dem tell von Karkemisch, der eine Zerstrung und Einscherung der Stadt um 600 v.Chr. auswies, auerdem aber in den Kleinfunden der um 600 zu Ende gegangenen Schicht allerlei Spuren einer gyptischen Anwesenheit in der letzten Zeit sowie in der Brandschicht Hinweise auf einen statt-gehabten Kampf enthielt20 Gleichwohl ist in der letzten Zeit vielfach eine "Schlacht von Karkemisch" im Jahre 605 v.Chr. bezweifelt wor-den, indem man die beiden Relativstze in Jer 46 2 als nicht streng zu-~~engehrig ansah, sondern den ersten auf eine Anwesenheit der Agypter am Euphrat im Zusammenhang mit den letzten Kmpfen um das assyrische Erbe21, den zweiten aber auf eine zu unbesti=ter Zeit und I an einem unbesti=ten Ort geschlagene Schlacht zwischen_ Baby-

    u Chronicles of Chaldaean Kings (626-556 B.C.) in the British Museum by D.J. WISEMAN (1956).

    :: Vgl. L. ~OOLLEY, Carchemish II (1921) besonders S. 123-129. Vgl. 2Kon 2329; 2Chr 3520; vgl. dazu M.Nonr, Geschichte Israels (1956) S.251f.

    20 Hat die Bibel doch recht? 31

    Ioniern und gyptern bezog22. In diesem Punkte hat nun. die neue "~abylonische Chronik" vllige Klarheit gebracht. Es h_at m der ;rat 1m Jahre 605 v.Chr., und zwar im f~~n So=er~, die ~ntscheldm:gsschlacht zwischen Babyioniern und Agyptern be1 bzw. m. KarkemiSch stattgefunden und zwar mit so grndlichem Erfolg, da rm Anschlu daran die aU: der Katastrophe entko=enen gypter auf ihrer Flucht in der Provinz Hamath vllig aufgerieben werden konnten _:md ~as ganze Hatti-Land" d.h. Syrien-Palstina, von den Baby1omern em-genom:.~n wurde. Die nchternen Mitteilungen ~er "Chronik" lassen noch etwas von dem dramatischen Verlauf der Dmge erkennen. Schon in den beiden Jahren vorher hatten die Babyionier .!n der Eup~atGegend auf Karkemisch zu, den Hauptsttzpunkt ~er Agypter, opene.rt, und zwar im Endergebnis nicht eben sehr erfolgreich. Dann gelang rm Jahre 605 v. Chr. der groe Schlag, der ~adurch ~och k~mpliziert ~de, da - offenbar bald nach der Entscheidung be1 und m Karkemisch -den ko=andierenden Kronprinzen Nebukadnezar die Nachricht vom Tode seines Vaters am 8. Tage des Monats Ab24 erreichte, die ihn zwang, sofort nach Babyion zurckzukehren und d~rt die Herrschaf~ an-zutreten so da er erst gegen Ende des Jahres25 wieder auf dem Kriegs-schaupl~tz erscheinen konnte. Damit wird die ~istorische Z_uverlssig-keit und inhaltliche Einheitlichkeit der redaktiOnellen Notiz von Jer 46 2 besttigt26; und diejenigen, die trotz der vorgebrachten ~edenken an der Wirklichkeit und Bedeutung der Schlacht von KarkemiSch vom Jahre 605 v.Chr. festgehalten haben27, haben recht behalten.

    Auch die in 2Kn 2410-17 berichtete erste Einnahme von Jerusalem durch die Babyionier mit ihren Folgen wird in dem neuen Stck der "babylonischen Chronik" verzeichnet28 Eine _"~es.ttigung" b~a~che~ die alttestamentlichen Mitteilungen nicht, da s1e m ihrer Zuverlass1gke1t ohnehin nicht zu bezweifeln sind. Wohl aber bietet die "Chronik" einige sehr erwnschte ergnzende Nachrichten. Diese betreffen vor. allem die Datierung. Der Passus in der "Chronik" lautet: "Im 7. Jahr,~ Mo~at Kislew, bot der Knig von Akkad seine Truppen auf und marsc~erte rn-das :tfatti-Land und bezog Lagergegen die Stadt von Juda, und rm Mo-

    V gl. die Zusamm~ung dieser Bedenken bl;i W. RunoLPH,Jeremia (194 7) S. 231. Danach auch die vorsichtigen Formulierungen bet NoTH a.a.O. S.254.

    oa Ein Datum wird in der "Chronik" nicht genannt; aber die folgenden Angaben der "Chronik" fhren auf die obige Zeitbestimmung. . .

    Das istjulianisch der 15./16. August 605 v.Chr. Diesesgenaue Datum ISt dam1t erst-malig bekannt geworden.

    20 Julianisch handelt es sich dabei um die ersten Monate des Jahres 604. Auch einige der beiJosephus, Contra Ap. I 19 135 NIESE, erhaltenen Angaben des

    Berossos erweisen sich als richtig. 21 Vgl. vor allem W.F.AI.muGHT,jBL 51 (1932) S.86ff. Die zweite Einnahme vonJerusalem, die mit der Zerstrung der Stadt und der Be-

    seitigung der Selbstndigkeit des Staatesjuda endete, kommt in den bisj:tzt bekannten Teilen der "babylonischen Chronik" nicht vor, da zwischen 594 und 5:J7 v.Chr. noch eine zeitliche Lcke klafft.

  • 32 Hat die Bihel doch recht? 20

    nat Adar, am 2. Tage, eroberte er die Stadt und nahm den Knig gefan-gen. Einen Knig nach seinem Herzen bestellte er in I (ihr); ihren (scil. der Stadt) schweren Tribut nahm er entgegen und lie (ihn) nach Baby-Ion bringen." Neu daran ist das Datum der Einnahme von Jerusalem im letzten Monat des Regierungsjahres. Das fhrt julianisch auf Mitte Februar des Jahres 597 v.Chr. Von diesem Datum aus lassen sich dieju-dischen Knigsregierungen vorher und nachher genauer bestimmen29 Auffllig ist, da Nebukadnezar zu seinem Feldzug gegen Juda und Jerusalem erst so spt im Jahre aufgebrochen ist. Das Truppenaufgebot erfolgte nach der "Chronik" erst im Monat Kislew, d.h. im Nov./Dez. 598, und so konnten die babylonischen Truppen erst mitten im Winter vor Jerusalem erscheinen. Das ist eine ungewhnliche Jahreszeit fr einen Feldzug3. Was Nebukadnezar veranlat haben mag, um diese Jahreszeit aufzubrechen und nicht bis zum nchsten Frhjahr mit sei-nem Feldzug zu warten, ist nicht bekannt. Jedenfalls mu ihm die ju-dische Angelegenheit so dringend erschienen sein, da er ihre Erledi-gung nicht aufschieben zu drfen glaubte. Warum das so war, kann nur hypothetisch vermutet werden. Sollte der Tod des Knigs Jojakim der Anla gewesen sein? Wenn Jojachin im Anfang des Monats Adar ge-fangengenommen und abgesetzt wurde und wenn er bis dahin 3 Monate regiert hatte (so 2Kn 248), dann war sein Vater Jojakim, dessen Nach-folge er angetreten hatte, im Anfang des Monats Kislew gestorben; und die Nachricht von seinem Tode- oder vielleicht auch nur von seinem zu erwartenden Tode- konnte Babyion so schnell erreichen, da Nebukad-nezar noch im gleichen Monat seine Truppen, d.h. zweifellos nur einen kleineren Teil seiner Armee, zu einem Feldzug nach Juda aufbieten konnte, um inJerusalem mit Gewalt die Nachfolgefrage in seinem Sinne zu regeln. In dem so knapp formulierten "Chronik"-Bericht wird aus-drcklich vermerkt, da Nebukadnezar einen Knig "nach seinem Herzen" einsetzte. Der Knig Jojachin und, da dieser nur drei Monate in einer winterlichen Jahreszeit regiert und schwerlich schon etwas We-sentliches unternommen hatte, vor allem wohl sein Vater Jojakim war also nicht "nach dem Herzen" Nebukadnezars gewesen. Nebukad-n~zar hatte zwar diesen, solange er lebte, nicht abgesetzt, ergriff bei sememTodeaber schnell, ehe ein neuer Knig sich inJerusalem fest in den Sattel setzen konnte, die Gelegenheit, einen Mann als Knig ein-zusetzen, den er aus Grnden, die wir nicht kennen, fr einen Mann "nach seinem Herzen", also fr einen treuen Vasallen, hielt. Da Ne-bukadnezar zugleich, zumal J ojachin in J erusalem kurzen Widerstand geleistet hatte, noch einen "schweren Tribut" mitnahm (so auch.2Kn

    :: Vpl. dazu di~.A~tihrungen von D.N.FREEDMAN, Bib!Arch 19 (1956) S.54ff. . E~ so ungewohnlich spter Feldzugsbeginn ko=t nach der "Chronik" auch schon m ~e1 ~dc:ren Jah:= Nebukadnezars vor und hat auch da offenbar besondere Grunde, die m dem emen Fall offenkundig, in dem anderen aber unbekannt sind.

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    1 21 Hat die Bihel doch recht? 33

    2413) und auer dem Knig und seiner Familie auch noch einen we-sentlichen Teil derJerusalemer Oberschicht deportierte (2Kn 2414-16), ist nicht verwunderlich, auch wenn sein eigentliches Ziel die Einsetzung eines neuen Knigs war31 I

    Nebukadnezar ahnte nicht, da der damals von ihm eingesetzte "K-nig nach seinem Herzen" - es war der aus dem Alten Testament wohl-bekannte Knig Zedekia- eine Reihe von Jahren spter, allerdings nach lngerem Schwanken, die Vasallentreue brechen wrde. Die neue "Chro-nik" ermglicht nun auch eine sichere Datierung des Falles von Jeru-salem, der die Zerstrung von Heiligtum, Palast und Stadt und das Ende der staatlichen Selbstndigkeit von Jerusalem und Juda mit sich brachte. Nach dem neuen Datum der Einsetzung Zedekias begann das I. Regierungsjahr dieses Knigs im Frhjahr (Mrz) 597 v.Chr. Sein 11. Regierungsjahr, in das nach 2Kn 25 2 die Eroberung von Jerusa-lem durch die Babyionier fiel, begann also im Frhjahr (Mrz) 587 v.Chr. NachJer 39 2 (vgl. 52 6) fiel die Stadt am 9. Tage des 4. Monats32, also im Sommer des Jahres 587 v. Chr.

    Die Beziehungen zwischen biblischer berlieferung auf der einen und stummer" oder sprechender" Archoloo-ie auf der anderen Seite sind

    " " r;,- -verschiedenster Art. Sie knnen zuverlssig nur so bestimmt werden, da der Sachverhalt in jedem einzelnen Fall genau geprft wird. Dazu aber gehrt nicht nur eine grndliche bersicht ber das archo-logische Material, sondern ebensosehr ein intimes Vertrautsein mit der biblischen berlieferung und ihren Problemen.

    31 Von Kampfhandlungen im LandeJuda ist weder in der babylonischen "Chronik" noch in der alttestamentlichen berlieferung die Rede, ebensowenig von Zerstrungen injerusalem, die schwerlich in der Absicht Nebukadnezars liegen konnte~, wenn es ihm in erster Linie darum ging, einen treuen Vasallenknig in J erusalem emzusetzen, der fr ihn wichtig sein mute vor allem zur Flankensicherung seiner Anmarschstrae ~eh gypten, in deren Nhe der StaatJuda lag. Denn nach der Schlacht von ~ken:xsch war fr Nebukadnezar eine der wichtigsten Aufgaben die Verteidigungsemes synsch-palstinischen Besitzes gegen gypten. .

    32 Die Textberlieferung ist nicht ganz sicher; statt des "4. Monats" ISt auch der "5. Monat" textlich bezeugt. In 2 Kn 25 fehlt im berlieferten Text leider die Monats-angabe, offenbar auf Grund eines sekundren Textverlustes.

  • Der Beitrag der Archologie zur Geschichte Israels

    Nachdem durch jahrzehntelange unermdliche archologische Arbeit der alte vordere Orient in erstaunlicher Weise umfassend bekannt ge-worden und damit die geschichtliche Welt des Alten Testaments in hel-les Licht getreten ist, kann die wissenschaftliche Erforschung des Alten Testaments nicht mehr ohne stndige Rcksicht aufdie Ergebnisse der vorderorientalischen Archologie getrieben werden. Speziell der Gegen-stand der im. Alten Testament erzhlten Geschichte des Volkes Israel hat durch die Erschlieung der geschichtlichen Umwelt Israels reichen Gewinn empfangen. Die materiellen berreste des geschichtlichen Le-bens zusammen mit den zahllosen aufgefundenen Schriftdenkmlern aus dem altorientalischen Bereich haben fr die Geschichte Israels einen so deutlichen Hintergrund geschaffen, da unsere Kenntnis der Ge-schichte Israels mit ihrer Verflechtung in die altorientalische Gesamt-geschichte wenigstens in den Grundlinien gesichert zu sein scheint. Das ist denn auch fr die sptere und spteste Geschichte Israels tatschlich der Fall, nicht hingegen fr die Frhgeschichte. Fr diese bestehen gerade auf Grund des Ertrags der archologischen Arbeit sehr erhebliche Meinungsverschiedenheiten, die darauf zurckzufhren sind, da die Frage strittig ist, was die Altorientalistik mit ihren bisherigen Ergebnis-sen fr die Klrung der Probleme der israelitischen Frhgeschichte an gesicherten Beitrgen wirklich erbracht hat.

    Es scheint mir nun nicht sachgem zu sein, diese Meinungsverschie-denheiten resigniert hinzunehmen mit der Erklrung, da es nun ein-mal verschiedene traditionelle Arten einer Sicht der Dinge gebel. Die geschichtliche Wirklichkeit ist nur eine gewesen; I sie mit allen zu Gebote

    ~~etwa G.~~~.WRIGHT im "Vox;vort zur d_eutschen Ausgabe" seines Buches "Biblische Archaolog~e (1958), wo von emer verschiedenen "kulturellen und wissen-schaftlichen. Atmosphre" di~ Re~e ist ~d wo auf verschiedene "Schulen" Bezug ge-no=en wird. Ich mae nur kem Urteil darber an, ob es zutreffend ist von einer ,,Albright School" zu sprechen. Das sehr blich gewordene Reden von ~iner Alt:. Schule" aber sollte c;ndlich aufhren (vgl. auch K.ELLIGER, ThLZ 84, 1959, Sp:' 96). Von A.ALT haben VIele- sei es durch persnliche Beziehung, sei es durch sein literari-sches Lebenswerk- grndlich methodisch arbeiten gelernt. Aber eine Schule" hat er nie ~den wollC?; und "Schulmeinungen" einer "Alt-Schule" gibt ~nicht. Die Ergeb-~e ~er Arbeiten von A. ALT woll~ der gesamten Wissenschaft und nicht einer "Schu-le dienen und wollen auch allgememer sachgemer Kritik ausgesetzt sein.

    263 Der Beitrag der Archiiologie zur Geschichte Israels 3 5

    stehenden Mitteln zu erforschen, ist unsere Aufgabe. Die Methode dabei kann nur die sachgeme historisch-kritische Methode sein, wobei der Begriff "kritisch" nicht im Sinne irgend einer voreingenommenen grundstzlichen Skepsis2 zu verstehen ist, sondern im Sinne einer Arbeits-weise gewissenhaften "Unterscheidens" der verschiedenen Gegenstnde und Erscheinungen, mit denen es die Forschung zu tun hat.

    Noch immer haben Meinungsverschiedenheiten in der Wissenschaft auflngere Sicht zu Fortschritten der Erkenntnis gefhrt, wenn man sie nicht einfach bestehen lie, sondern versuchte, sie zu verhandeln und sie auszutragen. Unter diesem Gesichtspunkt mchte ich die folgenden Aus-fhrungen verstanden wissen, nicht unter dem Gesichtspunkt der Ver-teidigung irgend einer Position.

    Als man sich wissenschaftlich mit den greifbaren und sichtbaren Spu-ren der biblischen Geschichte in Palstina und in den benachbarten Ln-dern zu beschftigen begann, ging man vor allem von Lokalisierungen biblischer Orte aus, sei es auf Grund mehr oder weniger I zutreffender Traditionen, sei es auf Grund mehr oder weniger gut begrndeter Orts-namengleichungen; und man versuchte, die jeweils an Ort und Stelle etwa noch vorhandenen berreste aus der Vergangenheit geschichtlich zu deuten und sie mit biblischen und auerbiblischen Nachrichten in Ver-bindung zu bringen. Das geschah vielfach aufs Geratewohl und hat zu vielen Fehlinterpretationen gefhrt, so lange es noch an sicheren Ma-stben fr die Beurteilung des Alters archologischer Objekte fehlte. Das hat sich inzwischen grndlich gendert. In mhevoller Kleinarbeit hat die vorderorientalische und speziell auch die palstinische Archologie Methoden der Datierung archologischer Objekte, besonders der Kera-

    - ,_ mik, aber auch sonstiger Kleinfunde sowie baulicher berreste, aus-gebildet, die es gestatten, mit groer Sicherheit und Genauigkeit die Zeit-stufe bestimmter berreste der Vergangenheit festzustellen, und zwar zurck bis in das II. und III. Jahrtausend v.Chr., d.h. zurck bis in Zei-

    s So wenig es gut ist, selbst voreingeno=en zu sein, so wenig gut ist es auch, bei an-deren eine Voreingenommenheit zu unterstellen. Seitdem W.F.ALmuGHT sich einmal in einer Auseinandersetzung Init meinen Ausfhrungen in PJB 34 (1938) S. 7-22 des Ausdrucks"sonihilistican attitude"bedient hat (BASOR 74, 1939, S.l2), ist es man-cherorts blich geworden, die Methode der wissenschaftlichen Arbeiten zur Frhge-geschichte Israels von A.ALT und vor allem von mir als "Nihilismus" zu charakterisie-ren. Ohne da ich mir die Mhe gemacht htte, Vollstndigkeit zu erstreben, zitiere ich folgende Stellen: J. BRIGHT, Early Israel in Recent History Writing (1956) S.l5. 52. 54. 64. 67.72.82.83.87; W.F.STINESPRING, ]BL 76 (1957) S.249 (in einer zustimmenden An-zeige des Buches von BRIGHT); G. E. WRIGHT, JBL 77 (1958) S.4 7. Ich kann nicht finden, da das eine sachgeme Form der Auseinandersetzung sei. Denn erstens ist die Ver-wendung des Begriffs "Nihilismus" im vorliegenden Falle sachlich einfach falsch. Sodann aber kann ich es nicht fr wissenschaftlich halten, Init einem weltanschaulichen oder so-gar weltanschaulich-politischen Schlagwort eine wissenschaftliche Methode abzutun, die- ob berzeugend oder nicht berzeugend- jedenfalls wissenschaftlich begrndet ist. Auch J.HEMPEL scheint in den "Nihilismus"-Chor einstimmen zu wollen. Er spricht allerdings von dem ,,Nihilimismus NoTH's" (ZAW 70, 1958, S.169). Ob das etwas noch Schlimmeres ist?

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    ten, die weit vor dem Beginn der biblischen Geschichte liegen. Natr-lich gibt es noch Lcken der Kenntnis und daher auch noch Unsicher-heiten und Mglichkeiten der Verbesserung und Verfeinerung des chro-nologischen Systems; aber da, wo es sich nicht um gegebenenfalls mehr-deutige isolierte Einzelfunde, sondern um ganze Fundkomplexe handelt, sind wesentliche Irrtmer in der Datierung kaum noch mglich. So ist ein imposantes und solides Gebude einer archologisch fundierten und datierten Kulturgeschichte des alten Orients und damit Palstinas er-richtet worden, das zugleich durch die aus dem Schutt der Vergangen-heit mit an das Licht gekommenen Schriftdenkmler verschiedenster Art die wesentlichen Elemente der politischen Geschichte des alten Orients mit einschliet.

    In den damit gegebenen festen Rahmen mu nun die Geschichte Is-raels sachgem eingefugt werden. Das kann nur so geschehen, da die alttestamentlichen Nachrichten, die fr die ltere Zeit fast die einzigen Quellen fr die Geschichte Israels sind, in Beziehung gesetzt werden zu dem, was archologisch ber die altorientalische Geschichte bekannt ist. Dabei ergeben sich wie bei jeder wissenschaftlichen Aufgabe bestimmte Probleme. Zur Zeit liegen diese Probleme vor allem auf dem Gebiet der sachlichen Zusammengehrigkeit zwischen alttestamentlich berliefer-ten Erscheinungen und Vorgngen und archologisch ermittelten Be-funden. Nachdem die Archologie die Datierungsprobleme im allgemei-nen so glnzend gelst hat, da kaum noch damit zu rechnen ist, da Erscheinungen I aus ganz verschiedenen Zeiten falsch mit einander kom-biniert werden, besteht jetzt die Gefahr, da allzu ausschlielich mit dem Zeitfaktor gerechnet wird und da demgegenber die Frage nach der Sachbeziehung in den Hintergrund rckt. Dabei wird leicht bersehen, da die Geschichte sehr viel mannigfaltiger ist, als die erhaltene ber-lieferung uns zu erkennen erlaubt, da vor allem das II. vorchristliche Jahrtausend im alten Orient eine beraus bewegte Geschichte gehabt hat, von der wir jetzt vieles wissen, aber bei weitem nicht alles, was uns fr die Anfange Israels, die in diese Zeit fallen, zu wissen wichtig wre. Es mu also von Fall zu Fall genau geprft werden, ob Dinge, die zeitlich zusammenfallen oder zusammenzufallen scheinen, auch sachlich in einer unmittelbaren Verbindung mit einander gestanden haben. Das Rech-nen mit dem Zeitfaktor kann nach zwei verschiedenen Seiten hin ent-wickelt werden. Entweder kann eine alttestamentlich berlieferte Epoche auf Grund gewisser Indizien archologisch datiert werden. Ober aber es kann, wenn eine Gleichzeitigkeit aus anderen Grnden mindestens wahrscheinlich ist, versucht werden, auf Grund archologischer efu"nde einen Vorgang der alttestamentlich berlieferten Geschichte zu ver-deutlichen u