arbeit in der defensive? globalisierung und die beziehungen zwischen arbeit und kapital in der...

28
Thomas Haipeter / Josep Banyuls Arbeit in der Defensive? Globalisierung und die Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie I. Einleitung Das Automobil hat seit seinen Anfängen den Erfindungsgeist seiner Ingenieure und die Emotionen seiner Kunden beflügelt. Das Auto ist nicht nur das technisch kom- plexeste Massenprodukt, das auf dem Markt für Konsumgüter angeboten wird. Es hat auch wie keine andere Ware die Phantasie, den Geschmack und die Konsumkul- tur der Menschen geprägt – nicht nur in den entwickelten Industrieländern. Nir- gendwo sonst hört man so viele sachkundige Menschen über die Ästhetik des De- signs und die Perfektion technischer Details sprechen wie auf einer Automobilmesse oder in einem Autosalon. Das Auto ist das Symbol für das Zeitalter des Massenkon- sums, das wir trotz aller Differenzierungen seit seinen Anfängen noch längst nicht verlassen haben. Doch Automobile prägen nicht nur den Konsum entwickelter Volkswirtschaf- ten, sie haben auch einen dominierenden Einfluss auf die Organisation der Produk- tion und die Regulierung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben. Dies gilt für Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen. In der Automobilindustrie wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Massenproduktion erfunden; ihre Grundlage war und ist die Technologie des Fließbands, ein neuartiges Niveau der Arbeitsteilung zwischen Kopf- und Handarbeit und die weitgehende Integration aller wichtigen Produktionsschritte in den Werken der Endhersteller. Zugleich entwickelte sich die Branche in der Nachkriegszeit zum wichtigsten Austragungsort der Auseinanderset- zungen und Vereinbarungen über Löhne, Arbeitszeiten und soziale Standards. Hier waren die Gewerkschaften am besten organisiert, hier arbeitete die Avantgarde der deutschen Betriebsräte. Die Tarifabschlüsse, die in der Metallindustrie über Löhne und Arbeitszeiten erzielt wurden, hatten eine hohe Ausstrahlungskraft auf den Rest der deutschen Wirtschaft – und sie wurden vornehmlich in der Automobilindustrie erkämpft. In der Diskussion über die „New Economy“ zu Anfang des neuen Jahrtausends ist die Bedeutung, die die Automobilindustrie als Kernbranche der Old Economy auch heutzutage noch hat, zu Unrecht in den Hintergrund gedrängt worden. Man

Upload: thomas-haipeter

Post on 15-Jul-2016

213 views

Category:

Documents


1 download

TRANSCRIPT

Thomas Haipeter / Josep Banyuls

Arbeit in der Defensive? Globalisierung und die Beziehungenzwischen Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie

I. Einleitung

Das Automobil hat seit seinen Anfängen den Erfindungsgeist seiner Ingenieure unddie Emotionen seiner Kunden beflügelt. Das Auto ist nicht nur das technisch kom-plexeste Massenprodukt, das auf dem Markt für Konsumgüter angeboten wird. Eshat auch wie keine andere Ware die Phantasie, den Geschmack und die Konsumkul-tur der Menschen geprägt – nicht nur in den entwickelten Industrieländern. Nir-gendwo sonst hört man so viele sachkundige Menschen über die Ästhetik des De-signs und die Perfektion technischer Details sprechen wie auf einer Automobilmesseoder in einem Autosalon. Das Auto ist das Symbol für das Zeitalter des Massenkon-sums, das wir trotz aller Differenzierungen seit seinen Anfängen noch längst nichtverlassen haben.

Doch Automobile prägen nicht nur den Konsum entwickelter Volkswirtschaf-ten, sie haben auch einen dominierenden Einfluss auf die Organisation der Produk-tion und die Regulierung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben. Dies gilt fürVergangenheit und Gegenwart gleichermaßen. In der Automobilindustrie wurde zuBeginn des letzten Jahrhunderts die Massenproduktion erfunden; ihre Grundlagewar und ist die Technologie des Fließbands, ein neuartiges Niveau der Arbeitsteilungzwischen Kopf- und Handarbeit und die weitgehende Integration aller wichtigenProduktionsschritte in den Werken der Endhersteller. Zugleich entwickelte sich dieBranche in der Nachkriegszeit zum wichtigsten Austragungsort der Auseinanderset-zungen und Vereinbarungen über Löhne, Arbeitszeiten und soziale Standards. Hierwaren die Gewerkschaften am besten organisiert, hier arbeitete die Avantgarde derdeutschen Betriebsräte. Die Tarifabschlüsse, die in der Metallindustrie über Löhneund Arbeitszeiten erzielt wurden, hatten eine hohe Ausstrahlungskraft auf den Restder deutschen Wirtschaft – und sie wurden vornehmlich in der Automobilindustrieerkämpft.

In der Diskussion über die „New Economy“ zu Anfang des neuen Jahrtausendsist die Bedeutung, die die Automobilindustrie als Kernbranche der Old Economyauch heutzutage noch hat, zu Unrecht in den Hintergrund gedrängt worden. Man

könnte sagen, die Branche ist heute dynamischer denn je. Die Automobilindustriezeichnet nicht nur für etwa 50% des deutschen Außenhandelsüberschusses verant-wortlich; sie finanzierte in den letzten Jahren kontinuierlich allein etwa ein Drittelaller Ausgaben für Forschung und Entwicklung und ein Viertel aller Investitionen inAnlagekapital in Deutschland; 5 Millionen Arbeitnehmer sind in Deutschland in ei-nem weiteren oder engeren Umfeld des Automobils beschäftigt (VDA 2006). Auchin punkto Leitfunktion der Branche für die Gestaltung und Regulierung der Arbeithat sich wenig verändert. Seit Anfang der 90er Jahre experimentieren die Automo-bilunternehmen mit neuen Produktionsmodellen, die den gesamten Entwicklungs-und Herstellungsprozess betreffen, von der Fertigung einzelner Komponenten (z.B.Anlasser oder Bremsen) bis hin zum komplexen Endprodukt. Diesen Prozess be-zeichnet man als Wertschöpfungskette. Er schließt alle Arbeiten des Endherstellersund der Zulieferer ein, die einen Beitrag zum Endprodukt Automobil abliefern.Neue Formen der sozialen Regulierung von Arbeit wurden entwickelt, die in vielenanderen Branchen Verbreitung fanden. Dazu zählen flexible Arbeitszeitregelungen,Vereinbarungen zur Sicherung der Beschäftigung und hochdifferenzierte Tarifver-träge für unterschiedliche Beschäftigungsgruppen.

Um einen Eindruck der Neuerungen zu geben: Ein Unternehmen wie Volkswa-gen, um den größten europäischen Automobilproduzenten als Beispiel zu nehmen,würde heute von einem Betrachter, der sich dort das letzte Mal in den achtziger Jah-ren umgeschaut hat, kaum wiedererkannt werden. Die Beschäftigungszahlen in denFabriken haben abgenommen, viele Produktkomponenten werden nicht mehr vonVolkswagen selbst produziert, um die Werke haben sich Industrieparks entwickelt,aus denen die Zulieferer ihre Produkte direkt „on demand“ an die Montagebändervon VW liefern. Die Produkte sind in „Produktklassen“ zusammengefasst, die vielebaugleiche Teile enthalten, und der Produktionsanteil ausländischer Werke hat sichstark erhöht. Zugleich gibt es für die deutschen Werke Standortsicherungsvereinba-rungen, die zwischen dem Unternehmen, der Gewerkschaft und den Betriebsrätenabgeschlossen werden; die Beschäftigten arbeiten in einer Vielzahl flexibler Arbeits-zeitmodelle eng angepasst an den Takt der Nachfrage; es gibt ein kaum mehr über-schaubares Dickicht unterschiedlicher Tarifbedingungen für einzelne Beschäfti-gungsgruppen und Tochterunternehmen; und die Einkommensdifferenz zwischendem Haustarifvertrag für die VW AG und dem Flächentarifvertrag für die Metallin-dustrie schmilzt langsam ab.

Diese – zugegeben holzschnittartige – Beschreibung zeigt einige der Veränderun-gen, die im weiteren Verlauf dieser Abhandlung noch eingehender zu diskutierensind. Die in ihren Auswirkungen wichtigste Veränderung ist ohne Zweifel die wach-sende Internationalisierung der Produktion. Sie verläuft in der Automobilindustrieso dynamisch und ist dort so eng mit neuen Organisationskonzepten verbunden,dass die Branche zu einem Vorreiter der Globalisierung wurde. Deshalb lassen sichdie Auswirkungen der Globalisierung in diesem Bereich hervorragend studieren.Kaum ein anderes Phänomen erregt derzeit die Gemüter in Wissenschaft und Politik

374 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

in ähnlicher Weise. Denn mit der Globalisierung ist unweigerlich die Frage verbun-den, wo auf dem Globus eigentlich die Produkte entwickelt und produziert werden.Die Tatsache, dass ein Unternehmen in Deutschland oder Frankreich residiert, sagtinzwischen nur noch wenig darüber aus, wo die Produkte erzeugt werden, die es un-ter seinem Namen verkauft. Mit der Produktion aber entscheidet sich, wo Beschäfti-gung angesiedelt wird, wo Wertschöpfung stattfindet und wo die Menschen die Ar-beit erhalten, von der sie leben können. Deshalb wird die Globalisierung als Schick-salsfrage empfunden.

Die Globalisierung beeinflusst aber nicht nur die Beschäftigung generell, son-dern auch die Standards der Löhne und Arbeitszeiten, die Regeln, unter denen Men-schen arbeiten können, und die Macht der Akteure, die diese Standards miteinanderaushandeln. Die mit der Globalisierung verbundenen Neuerungen und Gefahrensind kaum zu unterschätzen. Das hängt mit den neuen Möglichkeiten zusammen,die sich für Unternehmen mit der Globalisierung ergeben. Die wachsende Mobilitätdes Kapitals eröffnet den Kapitaleignern die Möglichkeit, ihr Kapital in den Län-dern mit den günstigsten Verwertungsbedingungen anzulegen; sie können zwischenLändern mit unterschiedlichen Systemen der Beziehungen zwischen Kapital und Ar-beit und höchst differenten Arbeitsstandards wählen. Dieser Sachverhalt wird neu-deutsch als Regime Shopping bezeichnet. Auf diese Weise können Kapitalbesitzereine systematische Konkurrenz zwischen Ländern als Standorten für Produktion, In-vestitionen und Beschäftigung in Gang setzen und die organisierten Interessen vonKapital und Arbeit zu „Anpassungen“ bei der Festlegung der Arbeitsstandards zwin-gen (siehe Streeck 1998).

In der Forschungsliteratur weichen die Einschätzungen über die Konsequenzender Globalisierung für die Arbeitsbeziehungen und die Arbeitsstandards weit von-einander ab. Es gibt eine pessimistische Sichtweise, in der davon ausgegangen wird,dass die Globalisierung zwangsläufig zu einer Erosion zumindest solcher Institutio-nen der Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit (und der damit verbundenen Ar-beitsstandards) führe, die nicht im freien Spiel der Marktkräfte entstanden seien.Nur die Systeme seien zukunftsfähig, die den Unternehmen nicht durch gesell-schaftliche Macht aufgezwungen wurden, weil sie nun aus diesen fliehen könnten(siehe Kitschelt et al. 1999). Dem gegenüber steht eine optimistische Sichtweise, inder die Stabilität auch „koordinierter“ – und nicht nur aus dem freien Spiel derMarktkräfte entstandener – Entwicklungspfade betont wird. Sie ergäbe sich daraus,dass sich Volkswirtschaften wechselseitig auf die Produktion von Gütern spezialisie-ren würden, für die sie Wettbewerbsvorteile haben, so dass es keine Notwendigkeitgäbe, die etablierten Systeme der Arbeitsbeziehungen und Arbeitsstandards zu ver-ändern (siehe Hall/Soskice 2001).

Die Unterschiedlichkeit der Bewertung signalisiert eine bislang offene For-schungsfrage, und dieser wollen wir im Folgenden nachgehen. Wie entwickeln sichArbeitsstandards und Arbeitsbeziehungen im Zeitalter der Globalisierung? Als Bei-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 375

spiel und Untersuchungsfelder dienen uns vier europäische Länder: Deutschland,Italien, Spanien und Ungarn.1

II. Globalisierung als globale Reorganisation der Wertschöpfungsketten

1. Entwicklungshomogenität und Dominanz der Endhersteller

In der Automobilindustrie hat die Globalisierung eine besondere Form, die sie vonanderen Mustern der Globalisierung unterscheidet. Diese Form kann als globale Re-organisation der Wertschöpfungsketten bezeichnet werden. Sie beruht auf drei zen-tralen Elementen: der internationalen Vernetzung der Produktion, der internen Re-organisation der Unternehmen sowie der Restrukturierung der Wertschöpfungsket-ten. Damit sind Entwicklungen benannt, die sich für die letzten 10 bis 15 Jahre beiallen bedeutenden Endherstellern und den an sie mehr oder weniger direkt ange-schlossenen Zulieferunternehmen beobachten lassen. Die Endhersteller werden inder Fachliteratur und im Folgenden auch als OEM, Original Equipment Manufac-turers, bezeichnet.

Ihre Homogenität gewinnt diese Entwicklung nicht zuletzt dadurch, dass dieAutomobilherstellung inzwischen – nach einem Jahrzehnte währenden und längstnicht abgeschlossenen Konzentrationsprozess – durch gerade noch zwei Handvollmehr oder weniger global operierender OEM geprägt wird. Dieser Konzentrations-prozess hat zur Folge, dass die strategischen Entscheidungen weniger Unterneh-menszentralen den Charakter der Industrie global prägen, das heißt an allen Stand-orten der jeweiligen Unternehmen zugleich. Die Konzentration fördert auch dieVerbreitung von Managementkonzepten und Leitbildern zwischen den Unterneh-men im Sinne wechselseitigen mimetischen Lernens, was in den Unternehmendurch systematisches Vergleichen im Rahmen des Benchmarking weiter unterstütztwird.

Damit soll nicht gesagt werden, dass zwischen den Unternehmen keine Unter-schiede mehr bestünden und sie sich in Richtung eines gemeinsamen Produktions-modells im Sinne eines „One-Best-Way“ bewegen würden, wie er in der Diskussionum die „Lean Production“ propagiert wurde (Womack et al. 1992). Dazu sind diehistorischen Entwicklungspfade der einzelnen Unternehmen wie auch die institutio-nellen Umwelten zwischen den einzelnen Unternehmenssitzen zu unterschiedlich.Vielmehr existieren in der Automobilindustrie mehrere Produktionsmodelle, die je-weils eng mit den Endherstellern verbunden sind und auch die Zulieferketten prä-

376 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

1 Die Länderstudien wurden im Rahmen eines EU-finanzierten Projekts mit dem Titel „Dy-namics of National Employment Models“ durchgeführt, das vom Institut Arbeit und Qua-lifikation an der Universität Duisburg-Essen koordiniert wird. In diesem Zusammenhangdanken wir herzlich unseren KollegInnen Elisabetta Della Corte und Paolo Caputo aus Ita-lien sowie László Neumann und Andras Tóth aus Ungarn für ihre Länderberichte.

gen (Boyer/Freyssenet 2003). Allerdings sind die Unterschiede nicht so groß, dasssich keine übergreifenden Gemeinsamkeiten feststellen ließen. Die wohl wichtigsteGemeinsamkeit besteht darin, dass fast alle Produktionsmodelle der Endherstellerseit den 90er Jahren einen großen Globalisierungsschub erfahren haben, der aufneue Weise mit der internen Reorganisation der eigenen Firma und der Zulieferbe-ziehungen verbunden ist (Pries 1999).

Die zentrale Stellung der OEM in den Wertschöpfungsketten ist ein Charakteris-tikum der Globalisierung in der Automobilindustrie (siehe auch Faust et al. 2004).Ihre Stellung beruht darauf, dass die OEM nach wie vor die führende Rolle bei derEntwicklung der Produkte und der Definition der Produktstandards spielen, ob-wohl die Bedeutung der Zulieferer bei Produktentwicklung und Produktionsumfän-gen gewachsen ist. Entwicklungen wie die Reduzierung der Wertschöpfungstiefe beiden OEM und die enge logistische und entwicklungstechnische Anbindung der Lie-feranten an die Endhersteller und die damit verbundene Aufwertung zumindest derersten Reihe der Lieferanten zu so genannten „Systemlieferanten“ haben die Positionder Lieferanten eindeutig gestärkt. Dennoch ist durch diesen Prozess bislang – undfür die absehbare Zukunft – die Dominanz der OEM bei der Entwicklung der Pro-dukte nicht in Frage gestellt worden. Es sind daher weiterhin die OEM, die dieDynamik und Richtung der Globalisierung in der Branche bestimmen, während dieZulieferer den Pfaden ihrer Endhersteller folgen.

Dieses Globalisierungsmuster unterscheidet sich grundlegend von dem andererBranchen, beispielsweise der IT-Hardware-Produktion. Dort ist die Globalisierungvor allem durch die zentrale Rolle der global operierenden Zulieferer geprägt, denenes gelungen ist, die Standards für wichtige Module des Endproduktes zu definieren.Die Funktion der Endhersteller beschränkt sich inzwischen weitgehend auf Ent-wicklung und Vertrieb. Die Produktion des Endproduktes erfolgt durch Vertrags-produzenten, die an Niedriglohnstandorten produzieren, so dass eine Entkopplungvon Entwicklung und Produktion stattgefunden hat. Dieses Muster der Globalisie-rung ist in der Literatur frühzeitig als „Wintelismus“ bezeichnet worden (Borrus/Zysman 1997).

Seine potenziellen Effekte auf die nationalen Arbeitsbeziehungen unterscheidensich von denen der Automobilindustrie erheblich. Ein wichtiger Punkt ist, dass im„Wintelismus“ die Kostenkonkurrenz mit Niedriglohnstandorten für die entwickel-ten kapitalistischen Volkswirtschaften nur eine geringe Rolle spielt, weil das Grosder Produktion bereits von den strategischen Zulieferern an Vertragshersteller mitSitz in Niedriglohnstandorten vergeben wurde. In dieser Situation ist eine Niedrig-lohnstrategie kaum geeignet, relevante Produktionsumfänge in die entwickeltenLänder zurückzuholen. Deshalb hält sich der Druck der Globalisierung auf die Ar-beitsstandards in den entwickelten Volkswirtschaften in Grenzen und beschränktsich auf die von hoch qualifizierten Beschäftigten besetzten Funktionsbereiche derEntwicklung oder des Vertriebs (Jürgens et al. 2003). In der Automobilindustriehingegen ist neben der Entwicklung auch die Produktion noch immer stark in den

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 377

entwickelten Industrieländern selbst konzentriert. Damit erhält die Kostenkonkur-renz zu Niedriglohnstandorten als Bedrohungsfaktor für die Sicherheit der Beschäf-tigung in den Produktionsbereichen automatisch ein weit höheres Gewicht in denArbeitsbeziehungen.

2. Von der Internationalisierung zur Globalisierung

Wie stellt sich der Übergang von der Internationalisierung zur Globalisierung in un-seren vier Vergleichsländern dar? Ein wichtiger Indikator für den Wandel ist die star-ke Zunahme ausländischer Direktinvestitionen und ausländischer Produktionskapa-zitäten. Im Falle der deutschen OEM ist der Anteil der Auslandsproduktion an derGesamtproduktion in den letzten zehn Jahren von 32% auf 46% gestiegen. Ebensoist die Anzahl der ausländischen Betriebe im Besitz deutscher Zulieferer und End-hersteller in den letzten 15 Jahren gewachsen. Diese Indikatoren belegen, dass dieInternationalisierung zu einem elementaren Bestandteil der Markt- und Produk-tionsstrategien deutscher Automobilunternehmen geworden ist (Pries 1999). Eineähnliche Entwicklung gilt auch für FIAT, dem einzigen italienischen Endhersteller.Seit Anfang der neunziger Jahre hat sich FIAT von einem vorrangig nationalen zu ei-nem multinationalen Unternehmen entwickelt, das viele neue Auslandstandorte inden sogenannten „emerging markets“ gründete und in der Herstellung die Strategieeines „Weltautos“ mit baugleichen Standardmodulen verfolgt.

Spanien und Ungarn sind als Empfängerländer ausländischer Direktinvestitio-nen ohne heimische Großkonzerne gleichsam Spiegelbilder dieser Entwicklung. DieAutomobilindustrie hat sich dort, von kleinen Ausnahmen abgesehen, erst mit derAnkunft multinationaler Firmen entwickelt. In Spanien gab es eine erste Welle aus-ländischer Direktinvestitionen in den 50er Jahren, als mit dem Ende der striktenAutarkiebestrebungen im Francismus einige europäische Unternehmen dort ersteBetriebsstätten errichteten, um auf dem spanischen Markt Fuß zu fassen. Eine zwei-te Welle startete in den 70er Jahren mit Ankunft der amerikanischen OEM – zu-nächst Ford und dann General Motors. Diese wandten in ihren Fabriken konse-quent die Organisationsprinzipien der Massenproduktion nach amerikanischemVorbild an. Die dritte Welle schließlich erreichte Spanien in den 80er und 90er Jah-ren, als VW die Firma SEAT übernahm. Die Strategie lautete Markterschließungund Nutzung der spanischen Arbeitkostenvorteile. Im Zuge dieser Wellen habensich auch nahezu alle großen Zulieferunternehmen in Spanien eingefunden.

Spanien verlor dann in den 90er Jahren nach dem Wegfall des „Eisernen Vor-hangs“ seine Position als europäisches Billigproduktionsland an die mitteleuropäi-schen Länder. Vor allem Tschechien, die Slowakei, Polen und Ungarn wurden zuwichtigen Produktionsstandorten der Automobilindustrie. Seit Mitte der 90er kon-zentrieren sich die Investitionen europäischer Endhersteller (und auch der Töchterder amerikanischen OEM) in neue Fertigungsstätten vollständig auf die Länder des

378 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

ehemaligen Ostblocks. In Ungarn sind Audi, Suzuki und GM als Endherstellerpräsent und mit ihnen zahlreiche große Zulieferunternehmen.

Die Internationalisierung der Produktion steht in enger Verbindung mit derEntwicklung neuer Produktstrategien. Alle OEM arbeiten seit Mitte der 90er Jahrean der Umsetzung von Plattformen und Modulen, bei denen es darum geht, ver-schiedene Produkte verschiedener Marken mit baugleichen Komponenten auszu-statten, mit dem Ziel, trotz wachsender Produktvielfalt die Skalenvorteile hoherStückzahlen zu realisieren. Ein weiterer Vorteil dieser Strategie ist die Zunahme derProduktionsflexibilität zwischen den Werken, die auf die Produktion bestimmteroder mehrerer Plattformen ausgelegt sind. Diese Form globaler Flexibilität ist einzentraler Baustein des vom ehemaligen VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz entwickel-ten Konzepts eines mit dem Markt „atmenden“ Unternehmens (Hartz 1996).

Die Voraussetzung dafür ist die Angleichung der technologischen und organisa-torischen Standards zwischen den Standorten. Die alten Formen der Arbeitsteilungin den multinationalen Unternehmen, die auf der relativen Eigenständigkeit vonKonzernmüttern und ihren ausländischen Tochtergesellschaften und teilweise auchauf einem starken technologischen Gefälle sowohl der Produktionsanlagen als auchder Produkte beruhte, wurden von einer neuen Arbeitsteilung abgelöst, die sichdurch die Möglichkeit einer umfassenden Parallelproduktion teilweise baugleicherProdukte an technologisch gleichwertigen Standorten auszeichnet. Die damit ver-bundene Herausbildung globaler Produktionsnetzwerke zwischen Produktions-standorten markiert eine entscheidende Differenz zwischen traditioneller Interna-tionalisierung und neuartiger Globalisierung.

Eine wichtige Begleiterscheinung globaler Produktionsnetzwerke ist der globaleLeistungsvergleich (Benchmarking) zwischen Produktionsstandorten nach zentralenKriterien wie Kosten und Qualität. Der Leistungsvergleich wiederum liefert dieGrundlage für eine neuartige Standortkonkurrenz zwischen den Betrieben. Der Er-folg in der Standortkonkurrenz wird in den Unternehmen inzwischen als wichtigsteQuelle für den Erhalt oder den Ausbau der Standorte betrachtet, ist mit ihm dochimmer mehr die Verteilung von Investitionen, Produkten und damit auch von Ar-beitsplätzen verknüpft (am Beispiel VW siehe Haipeter 2000). Ähnliche Formen derKonkurrenz entwickeln sich mittlerweile auch zwischen den Forschungs- und Ent-wicklungsstandorten, wobei hier die Abhängigkeit von der Qualifikation derBeschäftigten höher ist als in den Produktionsstätten, so dass Verlagerungen bislangnur begrenzt stattfinden.

3. Interne Reorganisation der OEM

Spätestens seit der tiefen Branchenkrise der frühen neunziger Jahre wurde in westli-chen Automobilunternehmen die „japanische Herausforderung“ und mit ihr dasvom MIT entwickelte Konzept der „Lean Production“ (Womack et al. 1992) zum

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 379

zentralen Thema der Diskussion. Die Endhersteller haben darauf sehr unterschied-lich reagiert. Bei allen sind jedoch seither umfangreiche Reorganisationsbemühun-gen feststellbar, die bis heute nicht abgeschlossen sind. Reorganisation scheint zueiner Daueraufgabe geworden zu sein.

Ein wichtiger gemeinsamer Aspekt dabei ist die Reduzierung der ehemals vielstu-figen Hierarchien im mittleren und unteren Management, ein weiterer die Dezen-tralisierung operativer Entscheidungen in Geschäftseinheiten, die als eigenständige„Profit Center“ oder als „Business Units“ geführt werden. Die Gründung verant-wortlicher Geschäftseinheiten schuf eine wichtige organisatorische Voraussetzungfür die oben beschriebene Standortkonkurrenz, denn die Geschäftseinheiten könnennun miteinander und mit externen Wettbewerbern in Konkurrenz gesetzt werden.Im Gegenzug dazu wird die strategische Entscheidungskompetenz in den Konzern-zentralen zentralisiert und in vielen Fällen auch im Rahmen einer „Finanzialisie-rung“ (Kädtler/Sperling 2001) auf neue Weise durch finanzwirtschaftliche Zielvor-gaben und Renditeziele geprägt. Die „Finanzialisierung“ ist ihrerseits Ausdruck derGlobalisierung, allerdings nicht der Globalisierung der Produktion, sondern derGlobalisierung der Finanzmärkte, die in Deutschland von einem grundlegendenWandel des Finanzsystems begleitet war (siehe dazu die Beiträge in Windolf 2005).

Ein wichtiger Aspekt der Reorganisation ist die Steigerung der Flexibilität. Hierist zunächst auf die interne Flexibilität zu verweisen. Vor allem in Deutschland stehtdie Flexibilität der Arbeitszeit im Vordergrund. Deutsche Automobilunternehmenbilden national und international die Avantgarde der Arbeitszeitflexibilisierung. In-zwischen gehören Arbeitszeitkonten in allen Formen und Varianten bis hin zum Le-bensarbeitszeitkonto, das bei VW mit dem „Zeitwertpapier“ erfunden wurde, zumAlltag in der deutschen Automobilindustrie (dazu Haipeter/Lehndorff 2002). Flexi-ble Arbeitszeiten findet man auch in den Unternehmen und Werken in Italien, Spa-nien und Ungarn, wobei dort die Ausgleichszeiträume für Schwankungen der Regel-arbeitszeit, die ja letztlich das Ausmaß der Variabilität der Arbeitszeit bestimmen,selten ein Jahr übersteigen, also deutlich unter deutschen Standards liegen.

Bei der funktionalen Flexibilität der Arbeitsorganisation ist das Bild weniger ein-heitlich. In deutschen Unternehmen ist die Prozessorientierung durch räumlicheoder teilweise auch fachliche Integration indirekter und planender Funktionen indie Fertigung angestiegen. Innovative Formen der Gruppenarbeit mit hoher Polyva-lenz und Autonomie sind allerdings auf hoch automatisierte Bereiche beschränkt. Inden Bereichen manueller Fertigung bietet sich ein differenziertes Bild, wobei „re-striktive“ Formen der Gruppenarbeit mit hoher Arbeitsteilung und geringen Auto-nomiespielräumen überwiegen (Kuhlmann 2004; Schumann 1998). VergleichbareDifferenzierungen existieren auch in Spanien, wo die Standorte durch die Strategiender OEM geprägt sind. Während amerikanische Hersteller versuchen, mit ihren„standardisierten Produktionssystemen“ globale Standards der Organisation durch-zusetzen, zeichnen sich die französischen und deutschen Hersteller eher durch dasFehlen dominanter Modelle aus. In Italien hat Fiat demgegenüber seit den 90er Jah-

380 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

ren sehr konsequent eine Neugestaltung der Arbeitsorganisation nach japanischemVorbild betrieben. Die „integrierte Fabrik“ ist durch flächendeckende Teamarbeitcharakterisiert. Sie wurde erstmals in dem Greenfield-Werk Melfi angewandt undspäter auf die anderen Werke des Konzerns übertragen und zum Konzept der „mo-dularen Fabrik“ weiter entwickelt. Ähnlich stellt sich die Situation in Ungarn dar,wo die Errichtung neuer Werke direkt mit der Einführung von Gruppenarbeit, zu-meist nach japanischem Vorbild, genutzt wurde.

Zudem ist zu beachten: In allen Ländern nimmt die externe Flexibilität durchLeiharbeit oder befristete Beschäftigung zu. Während die Zunahme der Leiharbeitin Deutschland durch Betriebsräte und Gewerkschaften oft noch begrenzt werdenkann, hat sie in anderen Ländern wie Spanien mittlerweile erhebliche Dimensionenerreicht. Im Jahr 2000 waren in Spanien 12% der Beschäftigten der Automobilindu-strie nur befristet eingestellt.

4. Die Reorganisation der Wertschöpfungskette

Die Reorganisation der Wertschöpfungskette ist der dritte zentrale Aspekt der Glo-balisierung in der Automobilindustrie. Sie umfasst sowohl die Verringerung derWertschöpfungstiefe bei den OEM als auch die Entwicklung neuartiger Beziehun-gen zwischen Zulieferern und Endherstellern. Beide Aspekte werden durch zwei do-minierende Trends geprägt, die Modularisierung und das Outsourcing (Jürgens2004). Modularisierung beruht auf der oben bereits angesprochenen neuen Strategiedes Produktaufbaus als Summe von kombinierten Einzelkomponenten, die als Mo-dule bezeichnet werden. Die Verlagerung der Verantwortung für Entwicklung undProduktion dieser Module ist eine entscheidende Triebkraft für die Verringerung derWertschöpfungstiefe bei den OEM, die auf diese Weise Entwicklungskosten und In-vestitionsrisiken auf Zulieferer verschieben.

Im Gegenzug müssen die Zulieferer neue Kompetenzen entwickeln. Dies betrifftsowohl die Modulentwicklung als auch die Fähigkeit, eine eigene Wertschöpfungs-kette mit eigenen Zulieferern aufzubauen. Unternehmen, denen dies gelingt, wer-den als Modul- oder Systemlieferanten bezeichnet. Ihre neue Schlüsselrolle an derSchnittstelle zu den OEM beruht auf einer wachsenden Differenzierung zwischenden Zulieferern und dem Entstehen einer Zulieferkette mit mehreren Stufen. Diesbedeutet freilich nicht, dass es keine kleinen Zulieferer mehr gäbe, die ein Produkt-monopol haben und direkt an die Endhersteller liefern.

Zugleich hat sich die Wertschöpfungstiefe bei den OEM deutlich verringert. Ge-gen Ende der 80er Jahre betrug der Grad der vertikalen Integration bei Ford, Opel,Daimler-Benz, BMW oder VW noch zwischen 42% und 50%. Bis 1995 war er be-reits um durchschnittlich 10% gefallen, und 2004 erreichte er etwa 30% bei Daim-ler und BMW und 20% bei Audi (Gmeiner 2005). Fiat hat den Anteil seiner inter-nen Wertschöpfung inzwischen auf 25% reduziert. Einer international vergleichen-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 381

den Studie zufolge liegt das durchschnittliche Niveau der Fertigungstiefe derzeit bei35%. Bis zum Jahr 2015 ist demnach ein weiterer Rückgang auf etwa 23% zu erwar-ten, der sich vor allem auf die Felder Rohbau, Chassis, Antriebsstrang und Motorenkonzentrieren wird. Nur bei Herstellern von Luxusautomobilen wird die Fertigungs-tiefe höher bleiben (Mercer/Frauenhofer 2004).

Die Reduzierung der Fertigungstiefe führt unweigerlich zu einem wachsendenDruck auf die interne Komponentenfertigung der Endhersteller, die nun als eigen-ständige Geschäftseinheiten in der Konkurrenz mit externen Anbietern bestehenmüssen. Gelingt ihnen dies nicht – oder wird die Fertigungstiefe aus anderen Grün-den verringert –, werden diese Einheiten entweder als eigenständige Unternehmen„ausgegründet“ – so bei GM (Delphi), Ford (Visteon) oder Fiat (Magnetti Marelli,Comau) –, von Zulieferern gekauft – so geplant für Opel Kaiserslautern – oder voll-ständig geschlossen. Dementsprechend verschieben sich in allen Ländern unseresSamples die Wertschöpfungs- und Beschäftigungsziffern zugunsten der Zulieferer.

Zwischen Zulieferern und Endherstellern haben sich also neue Formen netz-werkartiger Zusammenarbeit entwickelt, die sowohl auf der Kooperation bei der Au-tomobilentwicklung als auch auf der engen logistischen Verzahnung im Rahmenvon Just-In-Time-Konzepten beruhen. Vor allem die logistische Integration ist ver-antwortlich dafür, dass große Zulieferer in der Nähe der Endhersteller eigene Auslie-ferungslager oder sogar Produktionsstätten errichten und damit den Endherstellernauf ihren Pfaden der Internationalisierung folgen. Vielfach sind in diesem Zusam-menhang Industrieparks in enger Anbindung an die Werke der OEM entstanden.Weitergehende Formen der Integration durch direkte Übernahme von Investitions-und Produktionsverantwortung in den Werken der Endhersteller sind noch in derExperimentierphase und wenig verbreitet (dazu Jürgens 2003).

Allerdings darf das Bild der Vernetzung auch nicht überzeichnet werden. Koope-ration ist bislang allenfalls ein Teilmoment der Beziehungen zwischen OEM undZulieferern. Die Marktmacht der Endhersteller ist ungetrübt, denn sie bestimmennach wie vor über die Konkurrenzbedingungen in der Branche und können einenstarken Preisdruck auf die Zulieferer ausüben. Nach Angaben von Kinkel und Lay(2005) sehen sich 43% der Zulieferer auf der ersten Stufe der Zulieferkette einer ste-ten Preiskonkurrenz ausgesetzt, während nur 23% von ihnen vorrangig in einerQualitätskonkurrenz und 20% in einer Innovationskonkurrenz stehen. Laut Ge-schäftsbericht des Verbandes der Automobilindustrie beeinträchtigen die Kostensen-kungsprogramme der Endhersteller inzwischen die Beziehungen zwischen OEMund Zulieferern in erheblichem Umfang (VDA 2006). Nach Expertenangaben inunseren Interviews hat der Preisdruck verschiedene Dimensionen: Zulieferer müs-sen zu Produktivitätszuwächsen während des Produktlebenszyklus beitragen; Ange-bote für neue Produkte sollen signifikante Preisnachlässe enthalten; die Dauer vonKontrakten wird verkürzt; Verträge werden von den OEM während der Laufzeit zuihren Gunsten verändert; und OEM erwarten in zunehmendem Maße die Grün-dung von kostengünstigen Auslandsstandorten und stützen darauf ihre Kostenkal-

382 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

kulationen. Der wachsende Preisdruck verstärkt Unterschiede entlang der Wert-schöpfungskette, denn Systemlieferanten können zumindest einen Teil des Drucksan ihre Unterzulieferer weitergeben. Je kleiner der Zulieferer und je unspezifischersein Produkt, umso mehr ist er Objekt des Preisdiktats.

III. Industrielle Beziehungen unter den Vorzeichen der Globalisierung

1. Neue Themen der Kollektivverträge

Welche Konsequenzen sind mit dem beschriebenen globalen Trend für die Arbeits-beziehungen und die Arbeitsstandards in den Ländern unseres Untersuchungssam-ples verbunden? Kommt es zu einer allgemeinen Erosion der lebendigen Arbeit?Oder dominieren nationale Entwicklungspfade, die durch unterschiedliche Institu-tionen, Akteure und Interessen bedingt sind?

Löhne und Arbeitszeiten als die klassischen und nach wie vor zentralen Themender Kollektivverträge in der industriellen Produktion weisen in unseren Vergleichs-ländern in eine ähnliche Richtung. Würden Tarifverträge nur unter diesem Aspektbetrachtet, läge der Schluss nahe, dass die Arbeitsstandards stagnieren und dass diesetwas mit der Globalisierung zu tun hat. Denn in allen Vergleichsländern lassen sichseit Mitte der 90er Jahre kaum noch Verbesserungen aus Sicht der Arbeitnehmerfeststellen. Die Reallöhne stagnierten oder wuchsen allenfalls moderat. Nur in Un-garn sind die Reallöhne in den letzten Jahren stärker angestiegen, allerdings ausge-hend von einem sehr niedrigen Niveau. Noch trüber ist das Bild bei den Arbeitszei-ten. Die kollektiv geregelten Arbeitszeiten blieben seit Mitte der 90er Jahre weitge-hend konstant; eine Reduzierung als Ausdruck der Durchsetzungsfähigkeit organi-sierter Arbeiternehmerinteressen hat es seitdem in keinem der Vergleichsländergegeben.

Mit Blick auf die zentralen Themen der Kollektivverträge befinden sich die Ge-werkschaften also in der Defensive gegenüber den Unternehmen und Arbeitgeber-verbänden. Doch dieser Eindruck zeichnet ein zu einfaches Bild. Denn in den letz-ten Jahren sind eine Reihe neuer Themen hinzugekommen, die für kollektivvertrag-liche Arbeitsstandards nicht irrelevant sind und als tarifvertragliche „Innovationen“beschrieben wurden (so Bosch 2004). Die einzige Ausnahme davon bildet Ungarn.Dort konzentrieren sich Kollektivverhandlungen nach wie vor auf Lohnfragen. Diesliegt zum einen an der Bedeutung von Lohnsteigerungen auf der Basis sehr niedrigerReallöhne, zum anderen aber auch daran, dass es den Arbeitgebern dort bislanggelungen ist, andere Themen im Bereich der unternehmerischen Dispositionsrechtezu halten.

Das dominierende neue Thema in unseren Vergleichsländern ist die Arbeitszeit-flexibilisierung. Hier kommt der deutschen Automobilindustrie eine Vorreiterrollezu. Flexible Arbeitszeiten sind in Deutschland weit verbreitet. Spätestens Mitte der

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 383

neunziger Jahre hatten alle großen Unternehmen der Branche Arbeitszeitkonten fürAngestellte und Arbeiter eingeführt; seitdem wurden die Ausgleichszeiträume undObergrenzen der Zeitkonten stetig erweitert – beispielsweise hin zu „Mittelfristkon-ten“ in der Produktion zur Bewältigung von Produktzyklen. Diese Konten werdenauf der Grundlage tariflich festgelegter Ausgleichszeiträume für Schwankungen derRegelarbeitszeit durch Vereinbarungen zwischen Betriebsräten und Managementausgestaltet. Deshalb kann man für die deutsche Automobilindustrie auch von einerregulierten Flexibilität sprechen (Haipeter/Lehndorff 2002). In Italien werden, wiein Deutschland, die Rahmenbedingungen für die betriebliche Flexibilisierung inFlächentarifverträgen zwischen den Tarifparteien vereinbart. Auch hier ist die zeitli-che Flexibilität in den Betrieben beliebt und sehr verbreitet, aber in geringerem Aus-maß als in Deutschland. Ähnliches gilt für Spanien, wo ebenfalls Flexibilität in denOEM und bei den großen Zulieferern praktiziert wird, aber auf Ausgleichszeiträumevon etwa einem Jahr beschränkt ist. Anders als in Italien und Deutschland werdendie entsprechenden tariflichen Regelungen in Spanien auf Unternehmensebeneausgehandelt. Und anders als in Italien und Deutschland hat Arbeitszeitflexibilisie-rung hier in die nationale Zulieferindustrie noch kaum Eingang gefunden; dortdominieren traditionelle Standardarbeitszeiten.

Neben der Arbeitszeitflexibilisierung gibt es auch Einzelregelungen zur funktio-nalen Flexibilität und zur Arbeitsorganisation. In Deutschland wird über diese The-men zumeist auf betrieblicher Ebene verhandelt. In einzelnen Fällen, wie bei derVW-Tochtergesellschaft „Auto 5000“, konnten jedoch Standards für eine innovativeArbeitspolitik mit starker Mitbestimmung tariflich festgeschrieben werden (dazuSchumann et al. 2006). Insgesamt steht dieses Thema einer „qualitativen Tarifpoli-tik“ aber nicht im Zentrum der gewerkschaftlichen Aufmerksamkeit. Die Situationist in Italien ähnlich, wo die Gewerkschaften bislang zwar versucht haben, auf tarifli-cher Ebene Gestaltungsnormen für die Arbeitsorganisation zu verankern, dies bis-lang aber nicht gelang. Anders in Spanien. Dort spielt funktionale Flexibilität einebesondere Rolle in Tarifverträgen, sei es über Lohnanreize für Flexibilität oder überandere Maßnahmen der Stärkung der Polyvalenz der Beschäftigten. Im Vergleich zuDeutschland ist allerdings anzumerken, dass in Deutschland Polyvalenz auch des-halb kaum ein Thema in Tarifvereinbarungen ist, weil sie bereits durch das Systemder Berufsbildung in einem hohen Maße fachlich gewährleistet wird. Und schließ-lich ist in die neuen Entgeltrahmenvereinbarungen der deutschen Metallindustriefunktionale Flexibilität als Eingruppierungs- und Leistungskriterium aufgenommenworden, so dass es dafür nun auch finanzielle Anreize gibt. Insgesamt sind die neuenEntgeltrahmentarifverträge zusammen mit den Qualifizierungstarifverträgen, dieindividuelle Weiterbildungsansprüche regeln, als zentrale Innovationen zu werten,die die deutsche Automobilindustrie zu einem Vorreiter bei der Entwicklung inno-vativer Themen machen.

Die angesprochenen Innovationen belegen, dass die Akteure der Tarifpolitikauch im Zeitalter der Globalisierung noch in der Lage sind, Reformen im Tarifver-

384 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

tragssystem zu entwickeln und umzusetzen, die die Arbeitsbedingungen der Be-schäftigten verbessern. Dies gilt für die Steigerung der individuellen Zeitautonomiein flexiblen Arbeitszeitsystemen, für neue Formen der Weiterbildung und auch fürdie verbesserte finanzielle Honorierung betrieblicher Anforderungen. Bislang alsosprechen die Innovationen für eine anhaltende Vitalität des Systems der industriel-len Beziehungen. Allerdings ist bei dieser Einschätzung zu bedenken, dass offen-sichtlich nur solche Reformen eingeführt worden sind, die mit den Wettbewerbs-und Verwertungsinteressen der Unternehmen kompatibel sind. Flexible Arbeitszei-ten stärken nicht nur die individuelle Zeitautonomie, sondern dienen auch der Stei-gerung der Produktionsflexibilität, und möglicherweise gilt Letzteres mehr als Erste-res. Deshalb sind die Reformen zwar intelligente Anpassungen an veränderte Rah-menbedingungen; sie sind zugleich aber auch Anzeichen für eine wachsende Durch-setzungsschwäche der Gewerkschaften. Der nur geringe Lohnanstieg und das Endeder Arbeitszeitverkürzungen vermitteln den Eindruck, dass die Gewerkschaftenkaum mehr in der Lage sind, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen gegen dieInteressen der Unternehmen und ihrer Verbände durchzusetzen. Die kollektivenBeschäftigteninteressen sind in eine Defensive geraten.

2. Tarifkonflikte in der Regimekonkurrenz: De- und Re-Zentralisierungen

Eine zweite wichtige Dimension ist die Eigendynamik der Ebenen, auf denen Tarif-verträge ausgehandelt werden. Verstärkt sich mit der wachsenden Verhandlungsstär-ke der Arbeitgeber auch das Gewicht der Unternehmen als Aushandlungsebene ge-genüber zentralisierten Tarifverhandlungen? Oder ist eine solche Entwicklung nichtfeststellbar? Diese Frage lässt sich für die deutsche Automobilindustrie recht eindeu-tig beantworten. Der Trend geht in Richtung Dezentralisierung des vormals von Flä-chentarifverträgen dominierten Systems, die zentral zwischen den Tarifparteien Ge-werkschaft und den Arbeitgeberverbänden verhandelt wurden. Inzwischen spielt dieEinzelvereinbarung auf Betriebsebene eine immer größere Rolle, und zwar deshalb,weil die Parteien im Betrieb (Betriebsrat und Management) inzwischen mehr Rege-lungsbefugnisse haben und weil Tarifvereinbarungen verstärkt auf der Ebene vonEinzelunternehmen stattfinden.

Der erste der beiden Trends hängt eng mit der Ausweitung der Flexibilisierungder Arbeitszeit seit den 80er Jahren zusammen, in deren Rahmen den Betriebspar-teien weitgehende Gestaltungsrechte für die Organisation schwankender Regelar-beitszeiten zugestanden worden waren. Dieser Trend zur „Verbetrieblichung“(Schmidt/Trinczek 1999) findet noch im geordneten Rahmen der Tarifnormenstatt, weil es dabei nur um eine Ausgestaltung der Normen geht. Dies gilt für denzweiten Trend nicht mehr, die betriebsbezogene Unterschreitung von Flächentarifver-tragsnormen. Sie wird durch Öffnungen in den Flächentarifverträgen ermöglichtund bedarf einer Zustimmung der Tarifparteien. Im Zentrum dieser Vereinbarun-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 385

gen steht die Sicherung von Standorten und Beschäftigung. Sie haben damit einenunmittelbaren Bezug zu Globalisierung, Standortkonkurrenz und Auslagerungs-druck. Die Tariföffnung ist auch eine defensive Reaktion der Gewerkschaft (eineForderung der Arbeitgeber war sie ohnehin). Seit den 90er Jahren hatten sich be-triebliche Beschäftigungsbündnisse rasch ausgebreitet, die nicht mehr mit den Flä-chentarifvertragsnormen in Einklang standen und so zu einer „wilden“ Erosion derTarifstandards führten. Deshalb – und wegen eines starken politischen Drucks –stimmte die IG Metall im Jahr 2004 zu, die bereits bestehenden tariflichen Härte-fall- und Sanierungsklauseln auszuweiten auf Fälle, in denen keine betrieblichenNotsituationen bestehen. Seitdem sind nach Gewerkschaftsangaben für über 15%der tarifgebundenen Betriebe Abweichungen von den Flächentarifvertragsnormenausgehandelt worden. Ob die damit verbundene Dezentralisierung noch als „kon-trolliert“ oder „organisiert“ zu betrachten ist, wie einige Beobachter meinen, darf alsoffene Forschungsfrage betrachtet werden.

Ganz anders ist die Situation in Italien. In derselben Zeit, als in Deutschland ers-te Anzeichen einer Dezentralisierung spürbar wurden, kam es in Italien zu einer stär-keren Formalisierung, einer engeren Koordination zwischen den Akteuren und zurEtablierung eines stabileren, zweigliedrigen Systems von Flächentarifverträgen undbetrieblichen Vereinbarungen (Regiala/Regini 2004). Die Gründzüge dieses Systemsähneln dem früheren deutschen, da Flächentarifverträge Vorrang vor betrieblichenVereinbarungen haben und in betrieblichen Vereinbarungen nur Umsetzungen oderbesondere Themen verhandelt werden. Diese Struktur hängt erheblich vom Einflussdes Staates ab, denn sie ist im Rahmen eines tripartistischen Sozialpaktes geschaffenworden, dessen inhaltlicher Kern die Beschäftigungspolitik war. Daraus erklärt sichauch der Preis einer zurückhaltenden Lohnpolitik, den die Gewerkschaften für dasEntgegenkommen der anderen Akteure zu zahlen hatten. Anders als in Deutschlandist diese Lohnpolitik damit nicht allein das Ergebnis der Globalisierung der Bran-che, sondern auch eines unmittelbaren politischen Drucks. Hinzu kommt, dass Fiatim Krisenprozess hohe finanzielle Zuwendungen durch den Staat bekommen hat,der seinerseits auf den Erhalt der Beschäftigung pocht.

In Spanien waren die Tarifverträge der Endhersteller und der großen ausländi-schen Zulieferer von Beginn an auf Firmenebene angesiedelt. Bei den einzelnen Zu-lieferern herrscht eine komplexe Gemengelage aus Firmentarifverträgen, sektoralenTarifverträgen und regionalen Tarifverträgen. Die Arbeitsstandards der Firmentarif-verträge mit den multinationalen Konzernen sind deutlich höher als die der Kollek-tivverträge mit den Zulieferern. Dennoch drängen die spanischen Gewerkschaften –wegen des Widerstandes der Arbeitgeber bislang ohne Erfolg – auf den Abschlussüberbetrieblicher Tarifverträge auch bei den Großunternehmen. Die duale Strukturdes spanischen Kollektivvertragssystems ist seit Jahren stabil. Seine hohe Reichweitemit Blick auf die Bindekraft der Tarifverträge erklärt sich aus der Praxis der „Allge-meinverbindlichkeitserklärung“ durch den Staat. Allerdings existiert in diesem Rah-men eine spürbare Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Branchentarifen. Insge-

386 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

samt lässt sich im spanischen Fall weder von einer De- noch von einer Re-Zentrali-sierung des Kollektivvertragssystems sprechen.

Auch in Ungarn sind die Arbeitsbeziehungen, die nach der Transformationspha-se durch einen rapiden Rückgang der Bedeutung der Gewerkschaften gekennzeich-net waren, inzwischen stabil. Allerdings hat sich hier ein hochgradig dezentrales undvoluntaristisches System etabliert, das auf Firmentarifverträgen beruht und sichnicht auf staatliche Rahmenregelungen stützen kann. Die einzige staatliche Rah-mensetzung besteht in der Vereinbarung von Mindestlöhnen zwischen Gewerk-schaften, Arbeitgeberverbänden und Staat auf nationaler Ebene. Auf Branchenebenehingegen findet keine kollektivvertragliche Regulierung statt, weil die Gewerkschaf-ten zersplittert und schwach sind und weil sich der Wirtschaftsverband der Branchedeshalb weigern kann, als Tarifpartei aufzutreten und Tarifverträge mit den Gewerk-schaften abzuschließen. Die Arbeitgeber verfolgen die erklärte Strategie, die Ge-werkschaften auf Branchenebene zu marginalisieren und allenfalls als Einzelunter-nehmen Vereinbarungen abzuschließen. Dies gilt für etwa 50% der Beschäftigtender Branche. Die Vereinbarungen konzentrieren sich auf größere Unternehmen undvor allem auf die multinationalen Konzerne.

In vergleichender Perspektive ist festzuhalten, dass die Unterschiede zwischenden Tarifsystemen in der Automobilindustrie unseres Ländersamples hoch sind.Auch die Entwicklungstrends lassen auf den ersten Blick nicht viele Gemeinsamkei-ten erkennen. Einer Dezentralisierung in der deutschen Automobilindustrie stehtdie Re-Zentralisierung in Italien und die relative Stabilität in Spanien und Ungarngegenüber. Allerdings lässt sich in diesem Rahmen eine Defensive der Gewerkschaf-ten in allen Systemen nicht von der Hand weisen. In Deutschland ist die Dezentrali-sierung eindeutig auf eine geringer gewordene Durchsetzungsfähigkeit der Gewerk-schaft zurückzuführen; in Italien gelang die Re-Zentralisierung nur um den Preis derEinbindung in einen nationalen Angebotskorporatismus, der zur Lohnzurückhal-tung zwingt; in Spanien scheitern die Gewerkschaften bei der Errichtung überbe-trieblicher Tarifverträge für die internationalen Großunternehmen und sind einerwachsenden Konkurrenz der Tarifstandards in der Zulieferindustrie ausgesetzt; undin Ungarn sind die Gewerkschaften weder in der Lage, flächendeckende kollektiveArbeitsstandards zu vereinbaren noch den Arbeitgeberverband zum Abschluss vonBranchentarifverträgen zu zwingen. Diese Ergebnisse verweisen direkt auf diekollektiven Akteure der industriellen Beziehungen, denen wir uns nun zuwenden.

3. Kollektive Akteure und ihre Strategien

In Deutschland ist die Schwächung der Tarifparteien eine gewichtige Entwicklungim System der industriellen Beziehungen. Sowohl die – regionalen – Arbeitgeberver-bände als auch die IG Metall haben in den letzten Jahren erhebliche Mitgliederver-luste hinnehmen müssen. Der Mitgliederschwund ist gewiss nicht einzig der Globa-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 387

lisierung geschuldet; dagegen spricht beispielsweise, dass er auch in anderen Bran-chen wie dem Einzelhandel zu verzeichnen ist, in denen die Globalisierung keinenennenswerte Rolle spielt. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass dieserMitgliederschwund auf Seiten der Arbeitgeberverbände nicht zuletzt davon her-rührt, dass im Zuge von Reorganisation und Standortkonkurrenz die Durchset-zungsfähigkeit der einzelnen Unternehmen gegenüber den Arbeitnehmervertretun-gen wächst und sie dadurch weniger auf die Verhandlungsstärke ihres Verbandes an-gewiesen sind (dazu auch Traxler 1999). Seit Mitte der 80er Jahre ist in der Metallin-dustrie der Organisationsgrad der Arbeitgeberverbände nach der Beschäftigtenzahlum fast 20% auf noch knapp 60% gesunken, der nach der Zahl der Unternehmengar um mehr als 30% auf nur noch etwa 25%. Weil in Deutschland die Mitglied-schaft im Arbeitgeberverband über die Tarifbindung eines Unternehmens entschei-det, sank diese entsprechend seit Mitte der 90er Jahre um mehr als 10% (Haipeter/Schilling 2006). Es sind vor allem kleinere Unternehmen auf den unteren Stufen derWertschöpfungskette, die den Verband verlassen.

Ein weiterer entscheidender Faktor zur Erklärung dieser Entwicklung ist die Or-ganisationsschwäche der Gewerkschaft. Je schwächer die IG Metall als Verhand-lungspartei in einem Betrieb ist, desto leichter fällt den Unternehmen der Austrittaus dem Arbeitgeberverband. Zwar ist der Organisationsgrad der IG Metall bislangim Vergleich sowohl zu anderen Branchen als auch zu den anderen Sampleländernmit über 70% sehr hoch. Er ist jedoch stark rückläufig; allein für den Zeitraum von1995 bis 2003 sank er um etwa 8% bezogen auf die gesamte Metallindustrie (Haipe-ter/Schilling 2006). Nach Informationen der IG Metall ist es allerdings in den letz-ten Jahren zumindest regional gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen. Verantwort-lich dafür dürften nicht zuletzt die Versuche der Gewerkschaft sein, auf die Öffnungder Flächentarifverträge mit einer betriebsnahen und beteiligungsorientierten Tarif-politik zu reagieren, wobei innerhalb der Gewerkschaft noch um den genauentarifpolitischen Kurs gerungen wird (dazu Huber et al. 2006).

Die italienischen Arbeitgeberverbände waren schon immer weniger kohärent alsdie deutschen. In der italienischen Automobilindustrie existiert eine Reihe von Ver-bänden, die sich nach unterschiedlichen Mitgliedergruppen ausrichten. Unterschie-de in der Unternehmensgröße spielen z.B. eine große Rolle. Dasselbe gilt für die Ge-werkschaften, die entlang von politischen und beruflichen Kriterien organisiertsind. Ihr Organisationsgrad liegt mit rund 38% leicht über der der Gesamtwirt-schaft. In den 80er und 90er Jahren haben die Gewerkschaften nach verlorenen Ar-beitskämpfen starke Mitgliederverluste hinnehmen müssen. Diese halten noch im-mer an, sind aber inzwischen rückläufig. Trotz dieser Schwäche konnten die Ge-werkschaften in den branchenweiten Tarifverhandlungen im Rahmen des nationa-len Beschäftigungspaktes auch insofern eine neue Rolle spielen, als es ihnen währendder Fiat-Krise in den letzten Jahren gelang, erstmals einen überbetrieblichen Streikgegen die Reorganisationspläne des Managements zu organisieren. Die Ausrichtungdabei war jedoch eindeutig defensiv gegen die Absenkung von Arbeitsstandards

388 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

gerichtet. Dem entspricht, dass es den Gewerkschaften trotz anhaltender Versuchenicht gelingt, Vereinbarungen über Themen wie die Arbeitsorganisation durchzuset-zen.

In Spanien ist die Mitgliedschaftsbasis der Organisationen recht stabil, differen-ziert sich aber stark entlang der Wertschöpfungskette. So haben die Gewerkschafteneinen Organisationsgrad von etwa 57% bei den OEM, aber nur von 15% bei denvornehmlich nationalen Zulieferfirmen. Dies spiegelt die duale Struktur der indu-striellen Beziehungen in der spanischen Automobilindustrie wider. Dabei spielt derArbeitgeberverband der Endhersteller, ANFAC – der streng genommen insofern einreiner Wirtschaftsverband ist, als er gar nicht als Tarifpartei auftritt –, eine immerwichtigere Rolle bei der Koordinierung und Artikulierung der Interessen seiner Mit-glieder, die er als Verband gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit geltendmacht. Begünstigt wird sein Einfluss durch das hohe Maß an Homogenität der ge-stellten Forderungen. Zu ihnen zählt die Klage über die Rigidität der Arbeitsgesetz-gebung, insbesondere des Arbeitszeitgesetzes, wie auch die Forderung nach mehrFlexibilität und einer Variabilisierung der Löhne. Die Gewerkschaften ihrerseits ver-suchen nicht, die Forderungen der Arbeitgeber zu blockieren und sie an deren Um-setzung zu hindern. Ihre Strategie zielt im Gegenteil darauf ab, von den Unterneh-men für die Durchsetzung ihrer Interessen Konzessionen mit Blick auf Beschäfti-gungssicherung, Investitionen oder Beteiligungsrechte zu erwirken. Es geht ihnenum die Partizipation an Veränderungen, die als notwendig für die Zukunft der Be-schäftigung und der Branche insgesamt betrachtet werden. Insofern haben sie sich,wie ihre deutschen und italienischen Schwesterorganisationen auch, erkennbar einerkooperativen Modernisierungs- und Beschäftigungsstrategie zugewandt. Allerdingswerden die bislang erzielten materiellen Erfolge als gering eingeschätzt. Insbesonde-re wird selbstkritisch festgestellt, dass eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungenim Zuge einer wachsenden Intensivierung der Arbeit nicht aufgehalten werdenkonnte.

Die Verbände in Ungarn sind, wie schon betont, relativ schwach. Ein Arbeitge-berverband existiert nicht. Der Verband MGSZ ist ein Wirtschaftsverband, der aller-dings eine wichtige Rolle bei der Aushandlung nationaler Mindestlöhne spielt. An-sonsten verweigert er sich branchenbezogenen Verhandlungen mit den Gewerk-schaften. Dahinter steht die Strategie einer Marginalisierung der Gewerkschaftenund einer möglichst weitgehenden Erhaltung und Festigung der Prärogativen desManagements in Fragen, die über Tarifverträge kollektiv geregelt werden könnten.Dass dies bislang weitgehend gelingt, erklärt sich vor allem aus der Lage der Gewerk-schaften, die ihre starken Mitgliederverluste, die sie während der Transformations-phase erlitten haben, nicht ausgleichen konnten. So verlor allein die größte Gewerk-schaft der Metallindustrie, Vasas, durch den Rückgang von 600.000 auf 60.000 etwa90% ihrer Mitglieder in den 90ern – womit sie immer noch die wichtigste Gewerk-schaft blieb. Als weiteres Problem kommt hinzu, dass sich die Gewerkschaftsmit-gliedschaft fast vollständig auf die Arbeiter konzentriert. Das zentrale strategische

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 389

Ziel der Gewerkschaften ist mithin der Kampf für höhere Löhne. Andere Themenspielen eine nur untergeordnete Rolle. Vor dem Hintergrund hoher Wachstumsra-ten waren die Gewerkschaften in diesem Kampf in den letzten Jahren zumindest inden OEM und bei den internationalen Zulieferern auch recht erfolgreich, wobeisich diese Erfolge allerdings auf einem sehr niedrigen Lohnniveau abspielten; zudemsind die Unterschiede zwischen den Lohnstandards entlang der Wertschöpfungsket-te und, damit verbunden, zwischen den einzelnen Regionen des Landes, sehr ausge-prägt. Gewerkschaften in kleineren und arbeitsintensiveren Betrieben gerade imOsten des Landes sind inzwischen einer starken Lohnkonkurrenz mit Rumänienausgesetzt.

Aufs Ganze gesehen sind die kollektiven Akteure in unserem Sample in den letz-ten Jahren schwächer geworden oder so stark bzw. so schwach geblieben, wie sie eszuvor bereits waren. Dies gilt sowohl für die Gewerkschaften als auch für die Arbeit-geberverbände. Dabei ist zu beachten, dass sich die Schwäche der Arbeitgeberver-bände wesentlich aus der Schwäche der Gewerkschaften erklärt. Die Schwäche derGewerkschaften ist daher der Ausgangspunkt für die Schwäche der organisierten In-teressen in der Branche insgesamt. In diesem Rahmen haben alle Gewerkschaften– auch die ungarischen, für die eine starke betriebliche Orientierung ohnehin gilt –eine Strategiewende hin zu einer Politik der kooperativen Modernisierung und Be-schäftigungssicherung – oder zumindest einer stärkeren Wettbewerbsorientierung –vollzogen. Für die deutschen Gewerkschaften trifft dies hinsichtlich der betriebli-chen Standort- und Beschäftigungssicherung zu, für die italienischen hinsichtlichder Teilnahme am nationalen Beschäftigungspakt und für die spanischen hinsicht-lich des Versuchs einer stärkeren Mitgestaltung der Modernisierung. Die damitverbundenen Erfolge sind sowohl mit Blick auf den Zugewinn an Einfluss als auchauf die Stärkung der Organisationen bislang eher bescheiden ausgefallen.

4. Fragmentierungen entlang der Wertschöpfungskette

Die Differenzierung von Arbeitsstandards und Arbeitsbeziehungen entlang derWertschöpfungskette ist im bisherigen Text bereits des Öfteren angeklungen; jetztwollen wir sie genauer untersuchen. Es gibt viele Hinweise auf einen allgemeinenTrend der Fragmentierung entlang der Wertschöpfungskette.

In Deutschland sind in diesem Zusammenhang drei Entwicklungen von Belang.Die erste bezieht sich auf die interne Komponentenfertigung der Endhersteller. Sieist in den letzten Jahren zu einem erheblichen Teil aus den Betrieben der Endherstel-ler und damit aus ihren Arbeitsbeziehungen und Arbeitsstandards ausgelagert wor-den. Der verbleibende Fertigungsumfang unterscheidet sich in den Arbeitsstandardszwar noch nicht von dem in anderen Unternehmensbereichen, aber der Druck aufdie Standards ist in der Komponentenfertigung besonders hoch, weil hier das Ausla-gerungsrisiko am größten ist. Die zweite Entwicklung bringt eine Vergrößerung der

390 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

Differenzen in den Arbeitsbedingungen zwischen Groß- und Kleinunternehmenentlang der Wertschöpfungskette. Kleinere Zulieferunternehmen greifen sehr vielhäufiger zu vom Normaltarif abweichenden Tarifvereinbarungen bzw. nutzen denAustritt aus dem Arbeitgeberverband als Mittel zur Senkung der Lohnkosten. Unddrittens schließlich gelingt es Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden immer weni-ger, die Interessenunterschiede entlang der Wertschöpfungskette zu integrieren, wassich an den zunehmenden Verbandsaustritten kleinerer Zulieferer zeigt.

Auch in Italien wächst die Kluft zwischen Groß- und Kleinunternehmen. Wie inDeutschland schließen beide auch in Italien gemeinsame Branchentarifverträge ab,die Minimalstandards definieren. Aber auch in Italien ist der Druck auf die Zuliefe-rer hoch, und die Unterschiede zwischen den Unternehmen in übertariflichen undnicht von den Tarifverträgen abgedeckten Standards steigen an. Allerdings ist es inItalien – als einzigem Land unseres Samples – den Gewerkschaften gelungen, einenräumlichen Tarifvertrag für einen Industriepark, den des Fiat-Standortes Melfi, ab-zuschließen und darin gemeinsame Standards für die durch eine Just-In-Time Logis-tik vernetzten Unternehmen in Fragen der Arbeitszeitregulierung, variabler Lohnbe-standteile und der Koordination von Interessenvertretungen festzulegen. DieserTarifvertrag blieb jedoch bislang ohne Nachahmer.

In Spanien ist die Fragmentierung entlang der Wertschöpfungskette noch sehrviel stärker ausgeprägt als in Italien oder Deutschland. Die Aushandlungssystemeund mit ihnen die Tarifbedingungen unterscheiden sich grundlegend zwischen denOEM und den nationalen Zulieferern. Während die Gewerkschaften mit den OEMFirmentarifverträge mit vergleichsweise hohen Arbeitsstandards abschließen,herrscht bei den kleinen Zulieferern unterschiedlicher Branchen eine Mischung ausregionalen und sektoralen Tarifverträgen mit niedrigeren und heterogenen Stan-dards vor. In dieser Konstellation ist der Branchenwechsel ein beliebtes Mittel zurSenkung der Arbeitsstandards. Darüber hinaus sind bei den Zulieferern eine gerin-gere Regulierungsdichte, eine höhere Unsicherheit der Beschäftigungsverhältnisseund geringere Leistungsregulierungen zu konstatieren.

Die Situation in Ungarn unterscheidet sich von der in den anderen Vergleichs-ländern dadurch, dass eine überbetriebliche Tarifregulierung nicht existiert und un-ternehmensbezogene Vereinbarungen auf ausländische Unternehmen oder auf großeungarische Firmen beschränkt sind. Kleinere Unternehmen auf den unteren Stufender Wertschöpfungskette kennen in der Regel keine kollektivvertraglichen Vereinba-rungen. Abhängig von ihrer regionalen Verortung sind die kollektiven Arbeitsstan-dards (dies meint in Ungarn die Lohnstandards) in diesen Betrieben deutlich niedri-ger als in den Unternehmen mit kollektivvertraglicher Vereinbarung. Unterschiedekönnen sich auch aus der Primärmacht bestimmter Beschäftigter oder Beschäftigten-gruppen ergeben. Grundsätzlich existieren in Ungarn jedoch weder die Regulierun-gen noch die Akteure, die es bräuchte, um ökonomischem Druck in der Wertschöp-fungskette zu begegnen und Schutz vor niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbe-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 391

dingungen zu bieten, freilich mit Ausnahme der auf nationaler Ebene vereinbartenMindestlöhne.

Alle vier Länder unseres Samples weisen mithin deutliche Anzeichen für eineFragmentierung der industriellen Beziehungen entlang der Wertschöpfungsketteauf. Als übergreifende zentrale Faktoren der Fragmentierung lassen sich der Kosten-druck durch OEM und Systemlieferanten, das Gewicht von Kleinunternehmen unddie Schwäche der Gewerkschaftsorganisation auf den unteren Stufen der Wertschöp-fungskette ausmachen. Kleinere Unternehmen sind weniger in der Lage, einen Ge-gendruck auf die Forderungen der OEM und der großen Zulieferer zu entwickeln,und die Gewerkschaften sind kaum imstande, in den Betrieben den Erhalt bran-chenweiter Arbeitsstandards entweder zu garantieren oder überhaupt zu erreichen,weil sie in den Kleinunternehmen ihre stärksten Organisationsdefizite aufweisen.

5. Die Internationalisierung der industriellen Beziehungen

In einem Umfeld global integrierter Produktionssysteme gewinnt die Frage der In-ternationalisierung industrieller Beziehungen und der Herstellung transnationalerSolidarität eine entscheidende Bedeutung für die Aufrechterhaltung nationaler undbranchenbezogener Arbeitsstandards. Internationale Mindeststandards oder eine in-ternationale Koordination der Tarifpolitik könnten wichtige Instrumente zur Bewäl-tigung der Effekte einer systematisierten Standortkonkurrenz sein. Aus Gründen,die an dieser Stelle nicht zu diskutieren sind, existiert eine solche Harmonisierung inEuropa bislang nicht. Dies gilt auch für die Metallindustrie, wo die IG Metall zu-mindest erste Ansätze einer tarifpolitischen Koordinierung entwickelt hat, allerdingsohne erkennbaren Einfluss auf die jeweilige konkrete Tarifpolitik – einschließlich ih-rer eigenen (Schulten 2004). Deshalb ist die einzige zumindest potenziell wirkungs-volle Ebene transnationaler Arbeitsbeziehungen die der Europäischen Betriebsräte(EBR). Die Großunternehmen der Automobilindustrie gehören zur Avantgarde beider Gründung von EBR. Alle europäischen Hersteller einschließlich der amerikani-schen Unternehmen General Motors und Ford mit ihren bedeutenden europäischenTochterunternehmen haben die EBR entweder vor der Europäischen Richtlinie oderin der freiwilligen Phase nach Artikel 13 der Richtlinie eingeführt.

Die entscheidende Frage lautet allerdings, ob sich die EBR tatsächlich als effekti-ve Koordinations- und Verhandlungsgremien haben etablieren können, als Gre-mien, die zur Erhaltung der Arbeitsstandards in der Standortkonkurrenz beizutra-gen in der Lage sind. Die Literatur zu diesem Thema, die sich generell in Pessimistenund Optimisten unterteilen lässt (Müller/Hoffmann 2001), ist auch mit Blick aufdie Automobilindustrie geteilter Meinung (dazu Hancke (2000) für eine pessimisti-sche, Helbig (2000) und Whittall (2000) für eine optimistische Sichtweise). Wegender unklaren Interpretationslage haben wir eine eigene Fallstudie zur Wirkungsweiseeines europäischen Betriebsrates durchgeführt. Wir haben dazu den EBR bei Gene-

392 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

ral Motors ausgewählt, weil dieser als Beispiel für ein effektives transnationales Ver-handlungsgremium gilt (dazu Marginsson et al. 2004).

Die Ergebnisse unserer Fallstudie zeichnen ein differenziertes Bild des EBR beiGM. Dem EBR ist es offensichtlich gelungen, im Verlauf eines langfristigen undkonfliktreichen Lernprozesses ein gemeinsam geteiltes Verständnis internationalerSolidarität zu entwickeln und in konkrete Verhandlungsstrategien gegenüber derUnternehmensseite umzusetzen. Dieses Verständnis internationaler Solidarität be-ruht auf zwei Prinzipien: der fairen Verteilung von Konzessionen in der Standort-konkurrenz zwischen den Standorten und dem Festhalten an bestehenden Tarifver-trägen als unterer Linie von Konzessionen. Auf dieser Grundlage gelang es demEBR, sich von einem reinen Informations- und Beratungsgremium – als das es nachder Europäischen Richtlinie konzipiert war – zu einem Verhandlungsgremium zuentwickeln und in mehreren Rahmenvereinbarungen mit dem europäischen Mana-gement von GM verbindliche und einklagbare Mindeststandards zu erkämpfen, diein der Restrukturierung nicht unterschritten werden dürfen. Wichtige Vorausset-zungen für diesen Erfolg waren die Existenz einer europäischen Managementebenebei GM, die Entwicklung eines integrierten europäischen Produktionsnetzwerkessowie die Tatsache, dass es sich bei GM um ein amerikanisches Unternehmen han-delt, wodurch die Dominanz einzelner nationaler Vertretungen im EBR erschwertwurde. Dabei ist zu betonen, dass die Erfolge des EBR auch nach Aussage ausländi-scher Mitglieder wesentlich auf der Durchsetzungskraft der professionellen undverhandlungserprobten deutschen Betriebsräte beruhten.

Trotz seines im Vergleich zu anderen EBR der Automobilindustrie wohl einzigar-tigen Erfolges stellt aber auch der EBR von GM kein Allheilmittel gegen den Druckauf Arbeitsstandards und Interessenvertretungen dar, der aus der Regimekonkurrenzerwächst. Denn zum einen bleibt ein erhebliches Machtgefälle zwischen EBR undManagement bestehen. Der EBR kann nur versuchen, die gerechte Verteilung vonKonzessionen zu fördern, Konzessionen selber verhindern kann er nicht. Deshalb istdie internationale Solidarität stets fragil, und auf lange Sicht dürfte das Ziel der Ein-haltung tariflicher Mindeststandards nur schwer ohne Hilfe von außen, etwa durchbranchenweite Koordinierung von Tarifverträgen, zu erreichen sein. Zum anderenbietet der EBR nur eine europäische Lösung. Die von General Motors für die nächs-ten Modellgenerationen ins Auge gefasste globale Vernetzung der Produktionsstruk-turen über gemeinsame Plattformen übersteigt die Koordinierungsfähigkeiten desEBR.

IV. Zusammenfassung: Brüche, Pfadabhängigkeiten und dieDefensive der Arbeit

Die Globalisierung in Form einer globalen Reorganisation der Wertschöpfungsketteist der dominierende Trend in der Automobilindustrie aller Länder unseres Untersu-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 393

chungssamples. Outsourcing bei den OEM, Preisdruck auf die Zulieferer, Regime-konkurrenz und wachsender Renditedruck üben in allen Ländern Druck auf die be-stehenden Arbeitsstandards und auf die Akteure der industriellen Beziehungen aus.Die Globalisierung kann Gewinner rasch in Verlierer verwandeln. Galt Spanien inden 80er Jahren wegen seiner Kostenvorteile und der Nähe zu den anderen europäi-schen Märkten noch als attraktiver Investitionsstandort, so ist dieser Ruf in den 90erJahren auf die EU-Beitrittsländer Mittel- und Osteuropas wie etwa Ungarn überge-gangen. Und heute lernen auch diese Länder, dass komparative Kostenvorteile einevertrackte Sache sind, weil sie relativ sind und es in Osteuropa im Zweifel noch billi-gere Arbeitskräfte gibt. In globalen Fertigungsnetzwerken geht es also allen gleich.Der hauptsächliche Unterschied zwischen den Ländern liegt in dieser Situation beiund in den großen Forschungs- und Entwicklungszentren, die zumeist an denHauptsitzen der OEM und der großen Zulieferer konzentriert sind. Zwar hat auchhier in gewissem Maße eine Aufwertung anderer Regionen oder Standorte stattge-funden, doch sind die für die Entwicklung benötigten territorialen Ressourcen inForm von Qualifikationen und Wissensnetzwerken nicht so beliebig an andererStelle reproduzierbar wie in der Produktion.

Ein anderer Unterschied gründet in der Tatsache, dass Interessenvertretungen anKonzernsitzen häufig einen direkteren Draht zu „ihrem“ Management haben undihnen dies Vorteile bei der Beschäftigungs- und Standortsicherung gegenüber ande-ren Standorten einträgt. Wenn sie erfolgreich sind, zahlen sie dafür allerdings zu-meist den Preis hoher Konzessionen. Zugleich wird auf diese Weise das Instrumentinternationaler Solidarität ausgehöhlt, das die Interessenvertretungen ansonsten undderzeit vor allem über die EBR zur Eindämmung der Standortkonkurrenz nutzenkönnten. Der EBR von GM ist gerade deswegen bislang erfolgreich gewesen, weil erdiese Formen nationaler Dominanz überwinden konnte. Dies deutet auf die Gren-zen hin, denen sich eine Strategie nationaler Standortsicherung als Lösung für dieFolgeprobleme der Globalisierung ausgesetzt sieht.

Insgesamt ist der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, dass mit der globalenReorganisation der Wertschöpfungsketten Beschäftigte und Interessenvertretungenin die Defensive geraten sind, und zwar unabhängig von der Stellung eines Landes inder Wertschöpfungskette. Worin sich die Länder aber unterscheiden, ist die Art undWeise, in der die Defensive organisiert wird sowie die Effekte, die letztlich für dieArbeitsstandards damit verbunden sind. An dieser Stelle kommen die nationalen In-stitutionen der Arbeitsbeziehzungen als wichtige Variable ins Spiel, die in den Län-dern unseres Samples ganz verschiedene institutionelle Formen haben. Die Antwor-ten auf die Frage, ob Arbeitsstandards erhalten und eingespielte Systeme der Arbeits-beziehungen bewahrt werden können oder sich verändern oder gar erodieren, sinddaher in erster Linie nationaler Natur. Allerdings sind sie keinesfalls eindeutig. Er-schwert wird die Lage nicht nur dadurch, dass die jeweiligen Systeme sich von unter-schiedlichen Ausgangspunkten in unterschiedliche Richtungen entwickeln, sondernvor allem auch dadurch, dass der Grad des Wandels im einen Fall inkrementeller und

394 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

im anderen Fall fundamentaler Natur sein kann. Mehr noch, fundamentaler institu-tioneller Wandel ist keinesfalls immer das Ergebnis klar erkennbarer Brüche oderVerwerfungen, sondern kann ebenso aus einer Vielzahl gradueller Veränderungspro-zesse resultieren, die in ihrer Summe fundamentale Konsequenzen haben (Streeck/Thelen 2005). Deshalb ist es relativ leicht zu sagen, dass Institutionen sich verän-dern, aber relativ schwer zu bestimmen, ob diese Veränderungen einen Bruch mitder Vergangenheit bedeuten.

Mit Blick auf unsere vier Länder ergibt sich folgendes Bild: Deutschland weistunter den vier Vergleichsländern traditionell das weitest entwickelte System der Ar-beitsbeziehungen in Bezug auf Inhalte und Dichte von Arbeitsstandards sowie aufdie Organisation und Durchsetzungsfähigkeit der kollektiven Akteure auf, und zu-gleich sind genau hier Arbeitsbeziehungen und Arbeitsstandards in der Automobil-industrie durch die Globalisierung am stärksten unter Veränderungsdruck geraten.Der Wandel in Deutschland ist eher fundamentaler als gradueller Natur, auch wenner nicht die Form eines eindeutigen Bruches hat, sondern vielmehr als Verkettungmehrerer Elemente graduellen Wandels zu werten ist. Zwar haben die Tarifparteienin den Tarifvereinbarungen durchaus die Fähigkeit zur Innovation bewiesen, dochbeschleunigen diese Innovationen, allen voran die Verbetrieblichung im Rahmender Arbeitszeitflexibilisierung und, mehr noch, die Öffnungsklauseln für Tarifab-weichungen, eine Dezentralisierung des Systems der Kollektivverhandlungen. Über-betriebliche Arbeitsstandards werden in betrieblichen Bündnissen zunehmend un-terlaufen. Zu dieser Entwicklung tritt als weiteres Element die Schwäche der Ver-bände hinzu. Insbesondere kleine Unternehmen können den Arbeitgeberverbändenden Rücken kehren, weil sie wegen der Schwäche der Gewerkschaften keinen nen-nenswerten Widerstand von deren Seite zu befürchten haben. Ursache dafür ist häu-fig ihre prekäre Stellung in der globalisierten Wertschöpfungskette, was wiederumzu einer wachsenden Fragmentierung der Arbeitsstandards entlang der Wertschöp-fungskette führt. Allerdings wäre es verfrüht, diese Entwicklung schlicht als Erosiondes Systems zu interpretieren. Denn erkennbar ist in der Branche auch, dass die Ge-werkschaft die wachsenden Konflikte auf betrieblicher Ebene zu einer zumindestpunktuellen Revitalisierung nutzen könnte. Das Ergebnis wäre ein dezentraleres undkonfliktreicheres System mit heterogeneren und fragmentierteren Kollektivnormenund mit Inseln starken gewerkschaftlichen Einflusses, die durchaus auch anwachsenkönnten.

In Italien und Spanien ist der Einfluss der Globalisierung zwar ebenfalls erkenn-bar; er hat aber weniger deutliche Folgewirkungen, was vor allem an der aktiverenRolle liegt, die der Staat dort im System der Arbeitsbeziehungen spielt. In Italienkam es in den 90er Jahren, ganz entgegen der deutschen Erfahrung, zu einerRe-Zentralisierung von Kollektivverhandlungen auf Branchenebene. Die industriel-len Beziehungen sind deshalb heute stabiler als in den 80er Jahren. Diese Rekon-struktion der Arbeitsbeziehungen ist als ein Pfadwechsel zu betrachten, dessen Dy-namik von der nationalen Ebene ausging. Er gründet indes weniger in einer gewach-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 395

senen Stärke des gewerkschaftlichen Durchsetzungsvermögens als vielmehr in derStrategie des Staates, die Tarifparteien in einen nationalen Angebotskorporatismuszu integrieren, der Italien als Standort in einer globalisierten Welt stärken soll. Defacto zahlen die Gewerkschaften für ihre Integration den Preis moderater Lohnan-stiege, was wiederum ihre Stellung bei den Beschäftigten schwächt. In der Automo-bilindustrie profitieren die Gewerkschaften in gewisser Weise von der wichtigenRolle des Staates bei Fiat, der bislang die systematische Nutzung der internationalenStandortkonkurrenz durch das Management zumindest abgemildert hat. Allerdingsmacht sich auch hier der Kostendruck entlang der Wertschöpfungskette immerstärker bemerkbar, und eine Tendenz zur Fragmentierung der Arbeitsstandards istunverkennbar.

Die Fragmentierung ist in Spanien ein traditioneller Bestandteil der Arbeitsbe-ziehungen in der Automobilbranche. Das System hat einen dualen Charakter, dersich durch eine stärkere gewerkschaftliche Präsenz und unternehmensbezogene Kol-lektivverträge bei den multinationalen Konzernen und eine schwache Präsenz derGewerkschaften sowie eine Mischung aus sektoralen, regionalen und firmenbezoge-nen Tarifverträgen bei den Zulieferern auszeichnet. Im Zuge der globalen Reorgani-sation der Wertschöpfungskette hat sich der Druck auf die Zulieferer verstärkt, aufden diese nicht selten mit einem Wechsel der Branchentarifverträge reagieren. DieZunahme der Fragmentierung erweist sich damit als ein wichtiges Element graduel-len Wandels in der spanischen Automobilindustrie. Dass die Tarifbindung trotzdemhoch ist, liegt an der aktiven Politik der Allgemeinverbindlichkeitserklärung durchden Staat. Auch bei den Endherstellern sind Vorzeichen zumindest gradueller Verän-derungen erkennbar. Dazu zählen sowohl der wachsende Kostendruck, der aus derStandortkonkurrenz zu mittel- und osteuropäischen Standorten entsteht, als auchdie Hinwendung der Gewerkschaften zu eher produktivistischen Strategien koope-rativer Modernisierung.

In Ungarn schließlich scheinen die Veränderungen am wenigsten ausgeprägt zusein. Doch dieser Eindruck täuscht, denn die Automobilindustrie ist dort seit derTransformationsphase globalisiert; der spezifische Verlauf der Transformation erklärtsich wesentlich aus dem Zusammenbruch der heimischen Produktion und der do-minierenden Stellung, die daraufhin die multinationalen Konzerne eingenommenhaben. In diesem Zusammenhang hat sich ein neuer Entwicklungspfad herausgebil-det, der sich durch schwache Gewerkschaften, unternehmensbezogene Tarifverträgemit geringer Deckungsrate und eine starke Fragmentierung der Arbeitsstandardsentlang der Wertschöpfungskette auszeichnet. Dieser Pfad ist vor allem deshalb sehrstabil, weil es keine kollektiven Akteure gibt, die das Interesse hätten oder in derLage wären, an dem voluntaristischen Charakter des Systems der Arbeitsbeziehun-gen etwas zu ändern. Deshalb ist in Ungarn der Schutz gegen die Folgewirkungender globalen Standortkonkurrenz am geringsten ausgeprägt. Zwar scheint die unga-rische Beschäftigung bislang durchaus von der Globalisierung profitiert zu haben.Doch sollte sich die Standortkonkurrenz zu Regionen mit noch niedrigeren Lohn-

396 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

standards ausweiten, kann unter den gegebenen institutionellen Rahmenbedingun-gen der Gewinner langfristig auch zu einem Verlierer der Globalisierung werden.

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Perspektiven der Arbeits-beziehungen? Finden sich im Vergleich möglicherweise auch Ansatzpunkte für eineÜberwindung der Defensive der Arbeit in den Arbeitsbeziehungen? An dieser Stellesind zumindest zwei Punkte in Betracht zu ziehen. Der erste Punkt betrifft die Rolledes Staates in den Arbeitsbeziehungen. Unter den Vorzeichen der Globalisierungkann sich die Politik des Nationalstaates zu einem entscheidenden Stabilisator fürdie Arbeitsbeziehungen entwickeln. Der Nationalstaat wird durch die Globalisie-rung in seiner Reichweite keinesfalls so beschnitten, dass er nicht mehr handlungsfä-hig genug wäre, um Folgeprobleme der Globalisierung anzugehen. Dies zeigt sich anden Beispielen Italiens und Spaniens in unserem Sample. In Italien gelang es in denneunziger Jahren unter maßgeblichem Einfluss des Staates immerhin, das Systemder Arbeitsbeziehungen zu restrukturieren und damit nachhaltig zu stärken. Und inSpanien sorgt die vom Staat deklarierte Allgemeinverbindlichkeit dafür, dass die Ta-rifbindung der Unternehmen und damit die Durchsetzungsfähigkeit von Tarifnor-men trotz relativ schwacher kollektiver Akteure auf beiden Seiten der Arbeitsbezie-hungen nach wie vor hoch sind. Ohne staatliche Einflussnahme wären in beidenLändern die Arbeitsstandards deutlich stärker fragmentiert und der gewerkschaftli-che Einfluss stärker reduziert. Das Beispiel Ungarn macht deutlich, dass sich Institu-tionen der Arbeitsbeziehungen unter bestimmten Bedingungen ohne staatliche In-tervention kaum entwickeln können. Und für Deutschland gilt, dass ein Instrumentwie die Allgemeinverbindlichkeit, das zwar existiert, aber vom Staat nicht genutztwird, zumindest das Problem der Tarifflucht und den davon ausgehenden Druck aufbeide Tarifparteien deutlich relativieren und damit zu einer Stärkung der Arbeitsbe-ziehungen und der Arbeitsstandards beitragen würde.

Der zweite Punkt betrifft die Politik der Gewerkschaften und die Dynamik derArbeitsbeziehungen zwischen den Ländern. In Deutschland, Spanien und Italien –in Ungarn sind sie dafür organisatorisch kaum gerüstet – verfolgen die Gewerkschaf-ten seit mehreren Jahren eine mehr oder weniger ausgeprägte Strategie der Wettbe-werbsorientierung im Rahmen eines Wettbewerbskorporatismus, mit deren Hilfe siedie Interessen ihrer Mitglieder unter den Bedingungen der Globalisierung sichernwollen. Nicht mehr die für die Automobilindustrie lange Zeit typische kämpferischeDurchsetzung von Lohn- oder Arbeitszeitinteressen, sondern die kooperativeDurchsetzung von Beschäftigungsinteressen steht im Vordergrund, gepaart mit demVersuch, stärkeren Einfluss auf die betriebliche Rationalisierung im Sinne einer ko-operativen Modernisierung zu gewinnen. Die Schwerpunkte dieses Wettbewerbs-korporatismus können auf nationaler Ebene – wie in Italien –, auf Branchenebene –wie in Deutschland – oder auf Unternehmens- und Betriebsebene – wie in Spanienund Deutschland – liegen. In der deutschen Automobilindustrie als mit Abstandgrößter der nationalen Einzelbranchen unseres Samples ergibt sich daraus eine Ver-bindung aus Lohnzurückhaltung und Beschäftigungssicherung. In den Flächentarif-

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 397

verträgen wurden seit den 90er Jahren weit unterdurchschnittliche Lohnzuwächsefestgelegt, und in den betrieblichen Beschäftigungsbündnissen können diese Tarif-normen noch unterschritten werden.

Über die Erfolge des Wettbewerbskorporatismus für die Beschäftigungssiche-rung oder die Mitgliedergewinnung der Gewerkschaften ließe sich streiten. Sicheraber ist, dass daraus gravierende Probleme für die Dynamik der Arbeitsbeziehungenzwischen den Ländern erwachsen. Unter den Bedingungen des Wettbewerbskorpo-ratismus können Strategien der internationalen Solidarität und möglicherweise dereuropäischen Koordinierung der Tarifpolitik nicht gedeihen, weil tarifpolitische Ko-ordinierungsregeln, wie sie in der Metallindustrie vom Europäischen Metallgewerk-schaftsbund (EMB) formuliert wurden, kontinuierlich der Gefahr ausgesetzt sind,national unterlaufen zu werden (dazu Schulten 2004). Zugleich werden die Arbeits-beziehungen und Arbeitsstandards in einen Sog des wechselseitigen Unterbietens ge-zogen. Besondere Verantwortung kommt dafür dem Land mit den stärksten Akteu-ren und den höchsten Regulierungsstandards zu. Dieses Land, Deutschland, nimmtzwangsläufig eine Vorbildfunktion für die anderen europäischen Länder ein. Wenndort, am Stammsitz wichtiger Automobilkonzerne, eine Strategie der Wettbewerbs-sicherung durch die Gewerkschaften betrieben wird, bleibt den Akteuren in anderenLändern mit geringeren Handlungsressourcen kaum etwas anderes übrig, als dieseStrategie zu imitieren. Wenn aber in Deutschland die Gewerkschaft auf internatio-nale Koordinierung und gemeinsame Ausrichtung der Tarifpolitik als Gegengewichtzur Standortkonkurrenz glaubhaft dringen würde, könnten auch die kleinerenAkteure in den anderen Ländern dieser Devise folgen.

Literatur

Borrus, Michael und John Zysman, 1997: Globalization with Borders: The Rise of Wintelismas the Future of Global Competition, in: Industry and Innovation 4, S. 144-166.

Bosch, Gerhard, 2004: The Changing Nature of Collective Bargaining in Germany: Coordina-ted Decentralization, in: Harry C. Katz, Wonduck Lee und Joohee Lee (Hrsg.), The NewStructure of Labor Relations: Tripartism and Decentralization, Ithaca, New York,S. 84-118.

Bosch, Gerhard, Thomas Haipeter, Erich Latniak und Steffen Lehndorff, 2007: Demontageoder Revitalisierung? Das deutsche Beschäftigungsmodell im Umbruch, in: Kölner Zeit-schrift für Soziologie und Sozialpsychologie 2, S. 318-339.

Boyer, Robert und Michel Freyssenet, 2003: Produktionsmodelle. Eine Typologie am Beispielder Automobilindustrie, Berlin.

Faust. Michael, Ulrich Voskamp und Volker Wittke, 2004: Globalization and the Future of Na-tional Systems: Patterns of Industrial Reorganization and Relocation in an Enlarged Euro-pe, in: dies. (Hrsg.), European Industrial Restructuring in a Global Economy. Fragmenta-tion and Relocation of Value Chains, Göttingen, S. 19-84.

Gmeiner, Susanne, 2005: Konzentrationsprozess in der Automobilindustrie. Konsequenzenfür das Verhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer, Aachen.

Haipeter, Thomas und Gabi Schilling, 2006: Arbeitgeberverbände in der Metall- und Elek-troindustrie: Tarifbindung, Organisationsentwicklung und Strategiebildung, Hamburg.

398 Thomas Haipeter / Josep Banyuls

Haipeter, Thomas und Steffen Lehndorff, 2002: Regulierte Flexibilität? Arbeitszeitregulierungin der deutschen Automobilindustrie, WSI-Mitteilungen 55, S. 649-655.

Hall, Peter A. und David Soskice (Hrsg.), 2001: Varieties of Capitalism. The InstitutionalFoundations of Comparative Advantage, New York.

Hancké, Bob, 2000: European Works Councils and Industrial Restructuring in the EuropeanMotor Industry, in: European Journal of Industrial Relations 6 (1), S. 35-59.

Hartz, Peter, 1996: Das atmende Unternehmen. Jeder Arbeitsplatz hat einen Kunden, Frank-furt a.M./ New York: Campus.

Helbig, M., 2000: Die Richtlinie über Europäische Betriebsräte in der Anwendung: das Bei-spiel Volkswagen, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2), S. 244-261.

Huber, Berthold, Oliver Burkhard und Hilde Wagner (Hrsg.), 2006: Perspektiven der Tarifpo-litik. Im Spannungsfeld von Fläche und Betrieb, Hamburg.

Jürgens, Ulrich, 2004: An Elusive Model – Diversified Quality Production and the Transforma-tion of the German Automobile Industry, in: Competition and Change, Vol. 8, No. 4,S. 412-423.

Jürgens, Ulrich, 2003: Industriegovernance und Produktionskonzepte, in: Weert Canzler undGert Schmidt (Hrsg.), Das zweite Jahrhundert des Automobils. Technische Innovation,ökonomische Dynamik und kulturelle Aspekte, Berlin, S. 15-42.

Jürgens, Ulrich et al., 2003: Paradigmenkonkurrenz der Industriegovernance zwischen alterund neuer Ökonomie, in: Industrielle Beziehungen 10 (3), S. 393-417.

Kädtler, Jürgen und Hans-Joachim Sperling, 2001: Worauf beruht und wie wirkt die Herr-schaft der Finanzmärkte auf die Unternehmen?, in: SOFI-Mitteilungen 29, S. 23-43.

Kinkel, Steffen und Gunther Lay, 2005: Automobilzulieferer in der Klemme. Vom Spagat zwi-schen strategischer Orientierung und Auslandsorientierung, in: Ludger Pries und MarkusHertwig (Hrsg.), Deutsche Automobilproduktion im globalen Wandel. Altindustrie imRückwärtsgang oder Hightech-Branche mit Zukunft?, Berlin, S. 59-74.

Kitschelt, Herbert et al. (Hrsg.), 1999: Continuity and Change in Contemporary Capitalism,Cambridge.

Kuhlmann, Michael, 2004: Modellwechsel? Die Entwicklung betrieblicher Arbeits- und So-zialstrukturen in der deutschen Automobilindustrie, Berlin.

Marginson, Paul, Mark Hall, Aline Hoffmann und Torsten Müller, 2004: The Impact of Euro-pean Works Councils on Management Decision Making in UK and US-based Multinatio-nals: A Case Study Comparison, in: British Journal of Industrial Relations 42/2,S. 209-233.

Mercer Management Consulting, Frauenhofer Institut für Produktionstechnik und Automati-sierung und Frauenhofer Institut für Materialfluss und Logistik, 2004: Future AutomotiveIndustry Structure (FAST 2015) – die neue Arbeitsteilung in der Automobilindustrie,Frankfurt a.M. (VDA).

Müller, Torsten und Aline Hoffmann, 2001: EWC Research: A Review of Literature. WarwickPapers in Industrial Relations, No. 65, University of Warwick.

Pries, Ludger, 1999: Auf dem Weg zu global operierenden Konzernen? BMW, Daimler-Benzund Volkswagen – Die drei Großen der deutschen Automobilindustrie, München/Mering.

Regiala, Ida und Marino Regini, 2004: Collective Bargaining and Social Pacts in Italy, in:H. Katz, W. Lee und H. Lee (Hrsg.), The New Structure of Labour Relations. Tripartismand Decentralisation, Ithaca/London, S. 59-83.

Schmidt, Rudi und Rainer Trinczek, 1999: Der Betriebsrat als Akteur der industriellen Bezie-hungen, in: Walther Müller-Jentsch (Hrsg.), Konfliktpartnerschaft. Akteure und Institu-tionen der industriellen Beziehungen, München/Mering, S. 103-128.

Schulten, Thorsten, 2004: Solidarische Lohnpolitik in Europa. Zur politischen Ökonomie derGewerkschaften, Hamburg.

Arbeit und Kapital in der Automobilindustrie 399

Schumann, Michael, 1998: Frisst die Shareholder-Value-Ökonomie die Modernisierung derArbeit?, in: Hartmut Hirsch-Kreinsen und Harald Wolf (Hrsg.), Arbeit, Gesellschaft, Kri-tik. Orientierungen wider den Zeitgeist, Berlin, S. 19-30.

Schumann, Michael et al. (Hrsg.), 2006: Auto 5.000: ein neues Produktionskonzept. Die deut-sche Antwort auf den Toyota-Weg?, Hamburg.

Streeck, Wolfgang, 1998: Industrielle Beziehungen in einer internationalisierten Wirtschaft,in: Ulrich Beck (Hrsg.), Politik der Globalisierung, Frankfurt a.M., S. 169-202.

Streeck, Wolfgang und Kathleen Thelen, 2005: Introduction: Institutional Change in Advan-ced Capitalist Economies, in: Wolfgang Streeck und Kathleen Thelen (Hrsg.), BeyondContinuity. Institutional Change in Advanced Capitalist Economies, Oxford: UniversityPress, S. 1-39.

Traxler, Franz, 1999: Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände: Probleme der Verbandsbil-dung und der Interessenvereinheitlichung, in: Walther Müller-Jentsch (Hrsg.), Konflikt-partnerschaft: Akteure und Institutionen der industriellen Beziehungen, 3. Aufl., Mün-chen/Mehring, S. 57-78.

VDA (Verband der Automobilindustrie), 2006: Auto Jahresbericht 2006, Frankfurt a.M.Whittall, Michael, 2000: The BMW European Works Council: A Case of European Industrial

Relations Optimism?, in: European Journal of Industrial Relations 6 (1), S. 85-108.Windolf, Paul (Hrsg.), 2005: Finanzmarktkapitalismus. Analysen zum Wandel von Produk-

tionssystemen, Wiesbaden.Womack, James P., Daniel T. Jones und Daniel Ross, 1992: Die zweite Revolution in der Auto-

mobilindustrie. Konsequenzen aus der weltweiten Studie des Massachusetts Institute ofTechnology, Frankfurt a.M.

400 Thomas Haipeter / Josep Banyuls