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Copyright © 2009 GOM mbH All rights reserved! Rev. A (de) 21012009 www.gom.com 1 Anwendungsbeispiel: Materialkennwerte Materialprüfung: Verbesserte Bestimmung der Fließspannung für Blechwerkstoffe GOM mbH Mittelweg 7-8 38106 Braunschweig Deutschland Phone +49 531 390 29 0 Fax +49 531 390 29 15 [email protected] GOM Branch Benelux Interleuvenlaan 15 E 3001 Leuven Belgien Phone +32 16 408 034 Fax +32 16 408 734 [email protected] GOM International AG Bremgarterstrasse 89B 8967 Widen Schweiz Phone +41 5 66 31 04 04 Fax +41 5 66 31 04 07 [email protected] GOM France SAS 10 Quai de la Borde - Bât A2 91130 Ris Orangis Frankreich Phone +33 1 60 47 90 50 Fax +33 1 69 06 63 60 [email protected] GOM UK Ltd Business Innovation Centre Coventry, CV3 2TX Großbritannien Phone +44 2476 430 230 Fax +44 2476 430 001 [email protected] Messsysteme: ARAMIS Keywords: True stress, true strain Die Materialkennwerte der – zum Beispiel bei der Konstruktion eines neuen Autos – zu verwendenden Blechwerkstoffe müssen im Prüflabor genau und reproduzierbar bestimmt und spezifiziert werden. Eine wichtige Kenngröße zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens bei der Umformung und im Crash-Fall ist dabei die Fließspannung.

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Anwendungsbeispiel: Materialkennwerte

Materialprüfung: Verbesserte Bestimmung der Fließspannung für Blechwerkstoffe

GOM mbHMittelweg 7-838106 BraunschweigDeutschlandPhone +49 531 390 29 0Fax +49 531 390 29 [email protected]

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GOM UK LtdBusiness Innovation CentreCoventry, CV3 2TXGroßbritannienPhone +44 2476 430 230Fax +44 2476 430 [email protected]

Messsysteme: ARAMISKeywords: True stress, true strain

Die Materialkennwerte der – zum Beispiel bei der Konstruktion eines neuen Autos – zu verwendenden Blechwerkstoffe müssen im Prüflabor genau und reproduzierbar bestimmt und spezifiziert werden. Eine wichtige Kenngröße zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens bei der Umformung und im Crash-Fall ist dabei die Fließspannung.

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Materialprüfung / Materialkennwerte

Verbesserte Bestimmung der Fließspannung für Blechwerkstoffe

Die Konstruktion eines neuen Autos, wie auch die Fertigung der einzelnen Blechteile, wird lange vor Produktionsbeginn durch Simulation berechnet und optimiert. Es werden dabei verschiedene Varianten durchgerechnet, in ihren Eigenschaften verglichen und so optimiert, dass das Auto möglichst kostengüns-tig, leicht und zuverlässig gebaut werden kann. Erst dann werden die Umform-werkzeuge zur Fertigung der ersten Prototypen hergestellt.

Für eine exakte Simulation des Umformprozesses ist die genaue Kenntnis der Materialeigenschaften bzw. -kennwerte wichtig. Aus falschen Kennwerten werden in der Simulation schlecht ausgelegte Umformwerkzeuge entwickelt. Beim aktuellen Umformen des Bleches wird die angestrebte Form nicht erzeugt. Es kann zudem in kritischen Stellen die Umformgrenze des Materials überschrit-ten werden, was zu lokalen Einschnürungen oder Rissen im Blech führt und eine kostspielige Umarbeitung der Tiefziehwerkzeuge erforderlich macht. Daher müssen die Materialkennwerte der zu verwendenden Blechwerkstoffe im Prüflabor genau und reproduzierbar bestimmt und spezifiziert werden.

Eine wichtige Kenngröße zur Beschreibung des Werkstoffverhaltens bei der Umformung und im Crash-Fall ist die Fließspannung, die aufzeigt, wann das Material vom elastischen in den plastischen Zustand übergeht und sich bleibend verformt.

Ermittlung der Fließspannung beim ZugversuchDer in DIN EN 10002-1 genormte Zugversuch bestimmt die Materialeigenschaf-ten unter Verwendung einer streng definierten Probengeometrie und eng eingegrenzten Versuchsparametern. Dabei werden die Belastungskraft, die Dehnung und der Querschnitt während des Versuchs kontinuierlich gemessen. Die Dehnung wird über der Messlänge des Dehnungsaufnehmers (meistens 50 oder 80 mm) integriert.

Die spezifische Spannung entspricht der Belastungskraft dividiert durch den Querschnitt der Probe im Messbereich. Die Querschnittsänderung während des Versuches wird aus der Längendehnung der Probe berechnet (VolumenkonstanzA0l0 = Anln). Nach dem Erreichen der Gleichmaßdehnung beginnt die lokale Einschnürung der Probe. Die Bestimmung des Probenquerschnittes mit Hilfe eines konventio-nellen taktilen Dehnungsaufnehmers wird nun fehlerhaft, da die Längenände-rung der Probe über der gesamten Messlänge gemittelt wird. Die stark erhöh-ten lokalen Dehnungswerte und deren räumliche und zeitliche Änderungen werden daher mit dem genormten Zugversuch nicht erfasst.

Mit dem ARAMIS System ist es dagegen möglich, für eine definierte Fläche die lokalen Verformungen in beiden Oberflächenrichtungen zu bestimmen und daraus, basierend auf der Volumenkonstanz, auch die Dickenänderung zu berechnen. Dies ergibt eine zusätzliche Information über die gleichmäßige bzw. ungleichmäßige räumliche und zeitliche Verteilung der Verformungen auf der Probenoberfläche. Der Einschnürbereich kann genauer untersucht und die lokale Querschnittsänderung im Einschnürbereich und der Umgebung kann bestimmt werden. Auch lokal auftretende Scherbänder und deren

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Veränderungen während des Zugversuches werden anschaulich visualisiert und messbar. Abb. 1 zeigt die „lokale“, mit ARAMIS erfasste Dehnung, in diesem Falle Hauptdehnung, zusammen mit dem „globalen“ Messwert eines taktilen Dehnungsaufnehmers an der gleichen Probe. Die lokalen Dehnungswerte sind für jeden Punkt der untersuchten Oberfläche über die ganze Messdauer verfügbar.

Abb. 2 stellt den mit einem taktilen Dehnungsaufnehmer ermittelten globalen Dehnungsverlauf in Funktion der Zeit im Zugversuch dar. Dieser wird mit dem im ARAMIS lokal im Einschnürbereich gemessenen Dehnungsverlauf verglichen.

Abb.1: Darstellung der lokalen Messwerte mit eingezeichneter Messlän-ge der üblichen Messauf-nehmer

Abb.2: Lokale ARAMIS-Messwerte im Einschnürbereich und weit von der Einschnürung vs. „gemittelte“ taktile Messwerte

Bei kleinen Verformungen stimmen die Messwerte gut überein. Kurz vor dem Bruch weicht die lokale Dehnung in der Einschnürung (ARAMIS-Messwerte; schwarze Linie) vom globalen Wert, gemessen mit dem taktilen Dehnungs- aufnehmer, ab. Da der Dehnungsaufnehmer die Dehnungen über seiner ganzen Messlänge integriert (rote Linie), kann er lokale Spitzenwerte nicht verfügbar machen. Sobald die Einschnürung beginnt, konzentriert sich die Verformung der Probe immer mehr in der Einschnürungszone (schwarze Linie). Bereiche weit entfernt von der Einschnürung verformen sich immer weniger, und kurz vor dem Bruch verformen sie sich überhaupt nicht mehr (grüne Linie).

Um eine möglichst lokale Messwertaufnahme (hohe Messdatendichte bei kleiner Basislänge) zu erreichen, empfiehlt sich der Einsatz des optischen Messsystems ARAMIS.

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Das ARAMIS System wird, wie in Abb. 3 dargestellt, vor der Probe bzw. der Zugmaschine positioniert.

Abb. 3: Zugmaschine mit ARAMIS System

Das Umformverhalten der Probe kann durch die Aufnahme und Auswertung einer großen Anzahl von Stereo-Bildpaaren (Synchronaufnahmen beider Kameras) mit dem entsprechenden Belastungskennwert (Kraft) während des ganzen Zugversuches bis zum Bruch erfasst und ausgewertet werden.

In den animierten Darstellungen in Abb. 4 und 5 sind die aktuellen Formen der Probe bei jeder Bildaufnahme (Stereobilder) sichtbar.

Abb. 4: Bild der linkenKamera

Abb. 5: Bild der rechten Kamera

Abb. 6: Formänderung der Zugprobe

Abb. 6 zeigt für alle Messpunkte die lokale Verformung der Zugprobe während des ganzen Zugversuches, bestimmt von den mit ARAMIS ausgewerteten Bildpaaren.

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Abb. 7 zeigt den Kraftverlauf während des Versuchs, welcher vom Messsystem von der Zugprüfmaschine übernommen und gespeichert wird.

Aus der zeitlichen Formänderung und den während des Versuchs aufgezeichne-ten Kraft-Werten wird die „wahre Spannung“ (true stress s) über der „wahren Dehnung“ (true strain e) berechnet und dargestellt (Abb. 8).

Abb. 7: Kraft-Zeit-Diagramm Abb. 8: True Strain – True Stress Diagramm

Ermittlung der biaxialen Fließspannung mit dem hydraulischen BulgeversuchZur Ermittlung der biaxialen Fließspannung mit dem hydraulischen Beulversuch wird eine Blechplatine zwischen Niederhalter und Matrize eingeklemmt und einseitig mit Öldruck beaufschlagt. Durch das kontinuierliche Erhöhen des Öldruckes wird die Probe weiter biaxial belastet und bis zum Versagen umge-formt. Die Gleichung zur Bestimmung der Fließspannung basiert auf der Membrantheorie und ist somit bevorzugt für geringe Blechdicken anwendbar.

Aufgrund des biaxialen Spannungszustandes tritt das Werkstoffversagen durch lokale Einschnürung mit nachfolgendem Riss beim Beulversuch erst wesentlich später auf als im Zugversuch (uniaxialer Spannungszustand). Dadurch kann die Fließspannung im hydraulischen Beulversuch bis zu wesentlich höheren Umformgraden als im konventionellen Zugversuch bestimmt werden.

Das ARAMIS System in Kombination mit einer konventionellen Blechprüfmaschi-ne stellt somit ein exzellentes Verfahren zur verbesserten Ermittlung der Fließspannung für Simulationsberechnungen und andere Anwendungen dar.

Abb. 9: Versuchsanordnung (schematische Darstellung)

Abb. 10: Sensoraufbau an der Prüfmaschine (ohne Schutzabdeckung)

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Abb. 11+12: Darstellung des stochastischen Musters auf der zu untersuchenden Probe

Bestimmung der VerformungFür die Erfassung des augenblicklichen Verformungszustandes des Bleches wird vor der Umformung z.B. mit Farbspray ein stochastisches Muster aufgetragen.

Durch Synchronaufnahmen mit zwei Kameras entstehen Stereo-Bildpaare (linkes und rechtes Bild). Durch den Vergleich des verformten Musters mit dem Ausgangsmuster kann jeweils der aktuelle Verformungszustand bestimmt werden. Diese Aufnahmen werden für die ganze Bildersequenz vom Anfang der Umformung bis zum Bruch durchgeführt und ausgewertet. Mit ARAMIS kann somit das Umformverhalten der Probe bis zum Riss erfasst und berechnet werden.

Die effektive Materialbelastung (Fließspannung) wird beim Beultest durch die aktuelle Probenform, die Vergleichsformänderung im Kuppenpol und den aktuellen Öldruck bestimmt.

Die animierte Darstellung in Abb. 13 zeigt die aktuelle Form des Bleches bei jeder Bildaufnahme, sowie die lokale Verformung des Bleches unter der Belastung als Film. In Abb. 14 ist die aus der Haupt- und Nebenformänderung berechnete lokale Dickenänderung dargestellt.

Abb. 13: Form der Blechprobe mit Darstellung der Vergleichsformänderung nach von Mises

Abb. 14: Dickenreduktion (berechnet aus der lokalen Flächenänderung des Musters auf der Blechoberfläche)

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Im ARAMIS-Auswertemodus können aus den Bildersequenzen Filme (z.B. als *.avi-Daten) über den Verlauf der Verformung mit den entsprechenden Mess-werten und Materialkennwerten (gemäß Abb. 13 und 14) graphisch anschaulich und detailgetreu hergestellt werden.

Die Fließkurve wird aus dem Öldruck, der lokalen Form (Krümmung) und der aktuellen Dicke des Bleches im Kuppenpol der Probe (Abbildung 15) berechnet.

Ergänzend zur Ermittlung von biaxialen Fließkurven lassen sich mit ARAMIS unter Verwendung des gleichen Messaufbaus auch Grenzformänderungskurven (FLC) genau und problemlos ermitteln. In diesem Fall erfolgt die Verformung der Probe in der Regel nicht mittels Hydrauliköl, sondern durch einen mechani-schen Stempel, wodurch die Versuchsdurchführung noch einfacher wird.

Abb. 15: Schematische Darstellung zur Berechnung der lokalen biaxialen Fließspannung

Abb. 16: Biaxiale Fließkurve

In beiden Anwendungsfällen ermöglicht ARAMIS eine hochauflösende, einfache und genaue Erfassung und Auswertung von Umformversuchen. Die Messdaten werden graphisch dargestellt und in aktuelle Materialkennwerte umgerechnet. Zudem werden lokale Effekte erfasst und dargestellt, so dass ein umfassendes Verständnis des lokalen Materialverhaltens während der Umformung ermög-licht wird.

Die ermittelten lokalen Kennwerte ermöglichen nun eine genaue Vorausberech-nung des Materialverhaltens während des Umformprozesses, so dass mit der Simulation optimale Werkzeugformen generiert werden. Zudem erlauben die neu ermittelten Kennwerte eine präzise Voraussage über das Crashverhalten der umgeformten Bleche und Strukturen.

Mit freundlicher Genehmigung von: Alcan Technology & Management Center, Neuhausen, Schweiz; Novelis Technology AG, Neuhausen, Schweiz und Hydro Aluminium Deutschland GmbH, Bonn, Deutschland