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„N E U E S L E B E N“ Das Magazin für Strauss-Liebhaber und Freunde der Wiener Operette Heft 48 (2015 / Nr. 1) Herausgegeben von der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft e.V.

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„N E U E S L E B E N“ Das Magazin für Strauss-Liebhaber und Freunde der Wiener Operette

Heft 48 (2015 / Nr. 1)

Herausgegeben von der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft e.V.

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„N E U E S L E B E N“ Titelbild: Johann Strauss (Sohn): NEUES LEBEN, Polka française für das Pianoforte, op. 278 – Klavierausgabe – Privatbesitz Werner Abel, Titelblatt Johann Strauss (Sohn) widmete Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha im Herbst 1863 die Polka „Neues Leben“, die er persönlich in einer Prachthandschrift im Wiener „Palais Coburg“ überreichte und die dem Herzog nach Coburg übersandt wurde. Für die Widmung bedankte sich Herzog Ernst II. 1864, als der Notendruck bei Has-linger erschien, mit der Verleihung der „Silbernen Verdienstmedaille für Kunst und Wissenschaft“. Um seine dritte Frau, Adele Strauss, geb. Deutsch, heiraten zu können, wurde Johann Strauss (Sohn) 1887 durch Naturalisation Bürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha und damit Deutscher. Seine zweite Ehe wurde durch Dekret Ernst II. getrennt. In Coburg heiratete er Adele standesamtlich und kirchlich. Auch wenn er bis zu seinem Lebensende in Wien lebte und wirkte, war und blieb er bis zu seinem Tod 1899 Coburger. Adele, der er in inniger Liebe zugetan war, starb mehr als dreißig Jahre nach ihm in Wien, ebenfalls als Coburger Bürgerin. Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ wurde 1975 in Hamburg gegründet und hat seit 1991 ihren Sitz in Coburg.

HERAUSGEBER:

D E U T S C H E J O H A N N S T R A U S S G E S E L L S C H A F T

Eingetragener gemeinnütziger Verein, Amtsgericht Coburg, VR 667, FA Coburg, Steuer-Nr. 212/107/60110 Bankverbindung (neu): Sparkasse Coburg - Lichtenfels, IBAN: DE06 7835 0000 0040 5989 22; BIC: BYLADEM 1 COB, Internet: www.djsg.de E-Mail: [email protected]

Vorstand: 1. Vorsitzender: Dr. Ingolf Roßberg, Dresden 2. Vorsitzender: Albrecht Tauer, Coburg Schatzmeister: Dr. Michael Mahlert, Ulm Beisitzer und Pressereferent: Manfred Drescher, Bamberg Beisitzer: Jonas Geelhaar, Coburg

Friedhelm Kuhlmann, Hamburg Rudolf Maeder, Baar (CH)

Als beratende Mitglieder des Vorstandes fungieren: Werner Abel, Darmstadt; Prof. Dr. Norbert Linke, Borken; Prof. Christian Pollack, Wien; Prof. Helmut Reichenauer, Wien; Inge Röhre, Ürzig (Mosel); Norbert Rubey, Wien; Dr. Eduard Strauss, Wien

Geschäftsstelle: c/o Albrecht Tauer, Lahmstr. 33, 96450 COBURG (Tel. 09563 / 721 902, Fax 09563 / 721 904)

Redaktion: Dr. Ingolf Roßberg (verantwortlich), Manfred Drescher, Jonas Geelhaar, Rudolf Maeder Namentlich gekennzeichnete Beiträge sind Beiträge der jeweiligen Autoren. Sie geben deshalb nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers, des Vorstandes oder der Redaktion wieder. Angegebene Internetlinks wurden zu Redaktionsschluss – für dieses Heft war dies der 31. Mai 2015 – sorgfältig geprüft: Gleichwohl wird für diese und für etwa auf diesen Seiten vorhandene weiterführende Links (Hyperlinks) jede Haftung abgelehnt. Schutzgebühr je Ausgabe: 8,00 € (zzgl. Versandkosten) Die Mitglieder der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ erhalten die Magazine „Neues Leben“ im Rahmen ihrer Mitgliedschaft kostenfrei.

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„N E U E S L E B E N“

Das Magazin für Strauss-Liebhaber und Freunde der Wiener Operette

Heft 48 (2015, Nr. 1)

Herausgeber: D E U T S C H E J O H A N N S T R A U S S G E S E L L S C H A F T e.V.

Druck: DCT GmbH, Nicolaus Zech Straße 64-68, 96450 COBURG Tel. 09561 – 83450 Fax 09561 – 834545

ISSN der Druckfassung: 1438 – 065X ISSN der Internetfassung: 2194 – 5527

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Inhaltsverzeichnis

Neuer Partner, neuer Titel – und das Aus in Coburg? 5

Aus unserem Verein 6

Der Jahresauftakt in Deutschland mit Strauss: Neujahrskonzert in Ingolstadt 6 Coburg tanzt im Walzertakt und beginnt das neue Jahr… 9 …und was danach kam 11 40 Jahre „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ und Strauss-Musiktage Stadt und Land Coburg 14 „Eternal Waltz“ 16 Christian Simonis ist neuer Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmonie 19 Liebesbriefe von Johann Strauss Sohn in der Universität Duisburg/Essen 20 Unser neuer Kooperationspartner: Die Sparkasse Coburg-Lichtenfels ist regelmäßiger Sponsor der DJSG 21 Straussianer treffen sich beim „Johann-Strauss-Festival 2015“ an der Staatsoperette Dresden 23 Die Krux mit der Kultur 29 Die DJSG auf Facebook, www.djsg.de vorübergehend abgeschaltet 31

Aus unseren befreundeten Gesellschaften 32

Nachrichten aus dem Wiener Institut für Strauss-Forschung 32 Ein herzlicher Glückwunsch nach Wien: Das „Museum der Strauss-Dynastie“ öffnete seine Pforten 39 Erste Konzerte im neuen Museum der Johann Strauss-Dynastie 41 Nachrichten aus der Tschechischen Strauss-Gesellschaft 43 40 Jahre österreichische Tradition in Edmonton 44 Nachrichten aus unserer japanischen Schwestergesellschaft 47

Fachbeiträge 49

Zur Wiederentdeckung der Werke von Richard Eilenberg (1848 - 1927) 49 Richard Eilenberg (*13. Jan. 1848 in Merseburg, † 05. Dez. 1927 in Berlin) 51 Wie der Walzerkönig Johann Strauss (Sohn) das Herz der Opernsängerin Henriette Treffz eroberte. 58 Johann Strauss (Sohn). Die opp. 401 bis 450 – Eine neue Schaffensperiode in einem neuen Lebensabschnitt 60 150 Jahre Wiener Ringstraße – Ein tönender Spaziergang 62

Gesehen – gehört – gelesen: Rezensionen 67

75. Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Zubin Mehta 67 Neujahrskonzerte 2015 70 Modernisierte beschwingte Operette lässt das Publikum schwärmen 70 Johann Strauss Gala in Northampton 72 Man ist amüsiert und freut sich über eine flotte Inszenierung „My Fair Lady“ 73 Das welsche Abenteuer oder „Bonsoir, Mr. Pantalon!“ von Albert Grisar 75 Klingendes Wien – von Schrammeln und Salonorchestern 77 Josef Strauss meets Offenbach – Zu einem Naxos-Sampler 79 Richard Genée: Komponist und Librettist 80 Pierre Genée: Richard Genée und die Wiener Operette – Eine Buchbesprechung 83 Strauss-Konzert im Wiener Musikverein unter Leitung von Alfred Eschwé 85 Folge 1 mit Werken der Zeitgenossen der Familie Strauss erschienen 88 Neue Tondokumente in Tschechien und den USA erstellt 89

Informationen, Termine, CDs, Nachrichten, letzte Meldungen... 93

Startschuss für die Produktion 2015 der Möriker Operette 93 Der Vogelhändler im Sommer… 94 „The Sound of Music“ unterwegs 94 In eigener Sache… 94

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Neuer Partner, neuer Titel – und das Aus in Coburg? Liebe Mitglieder, liebe Straussianerinnen, liebe Straussianer, liebe Freunde der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“, schon beim In-die-Hand-nehmen unseres Heftes ist Ihnen sicher aufge-fallen, dass wir am Äußeren des Heftes einiges geändert haben. Unser Heft hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert: So sind wir viel stärker in die Facharbeit einbezogen, im Bereich der Operette haben sich erhebliche Erweiterungen ergeben und auch die Rezensionen neh-men einen breiten Raum ein. Folgerichtig hat die Redaktion sich ent-schieden, die inzwischen erweiterten Hefte „Neues Leben“ mit Beginn des Jahres 2015 von „Mitteilungsblatt“ – was es in dem engen Sinn nie war – nunmehr auf den neuen Untertitel „Das Magazin für Strauss-Freunde und Liebhaber der Wiener Operette“ umzubenennen. Wenn dieses bei Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auch beifällig aufgenommen wird, würde es uns freuen. Aber in dieser Beziehung sind weitere Vorschläge und Anregungen gern willkommen. Auch ha-ben wir, da immer wieder Anfragen nach dem Preis eines Heftes kommen, d.h. hinsichtlich eines käufli-chen Erwerbs, uns auf eine „Schutzgebühr“ verständigt. Einen „Preis“ hat ja jedes Heft von „Neues Le-ben“, für unsere Mitglieder ist der Bezug natürlich im Mitgliedsbeitrag enthalten. Und ein weiteres kommt hinzu: Schon seit längerer Zeit beschäftigte sich der Vorstand mit der Frage, welche Partner für unseren Verein dauerhaft gewonnen werden können. Und seit Dezember 2014 gibt es einen ersten dauerhaften Partner für uns: Die Sparkasse Coburg-Lichtenfels hat mit uns, beginnend ab Januar 2015 einen ersten Sponsorenvertrag abgeschlossen. In diesem Zusammenhang haben wir auch unsere vereinsinterne Kontenführung auf die Sparkasse Coburg-Lichtenfels umgestellt, die auch die „Strauss-Tage“ in diesem Jahr durch eine großzügige Spende unterstützt. Die „Strauss-Tage“ werden auch durch die Stadt Coburg und ihre Partner unterstützt. Aber: Trotzdem ist das für die ersten Monate dieses Jahres wohl die einzige positive Nachricht: Die Ein-stellung der „Original Coburger Neujahrskonzerte“ mit dem „Alt-Wiener Strauss-Ensemble“ und der Moderation durch Eduard und Thomas Strauss ist die schwärzeste Nachricht, die uns aus Coburg errei-chen konnte: Alle Details dazu in der Rubrik „Aus unserem Verein“. Nein, das ist nicht erfreulich, wenn man die Folgen bedenkt: Albrecht Tauer wird aufhören, es gibt künftig keine Geschäftsstelle in Coburg mehr – und damit steht die Frage im Raum: Einen Sitz unserer Gesellschaft in Coburg gibt es auch nicht mehr. Es sei denn, bis September ereignet sich noch ein Wunder… Wir freuen uns einerseits, Ihnen das Programm unseres 40. Jubiläums ab Seite 14 – zusammen mit den Strauss-Musiktagen – vorlegen zu können, ein bitterer Beigeschmack bleibt trotzdem… In dieser Zwiespältigkeit verbleibe ich mit einem herzlichem Dank an alle Beitragenden in diesem Heft und trotzdem Wunsch für Freude beim Lesen, Ihr

Dr. Ingolf Roßberg 1. Vorsitzender

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Aus unserem Verein

Der Jahresauftakt in Deutschland mit Strauss: Neujahrskonzert in Ingolstadt

von Ingolf Roßberg Das „Symphonische Salonorchester Ingolstadt“ ist unter Kennern eine feine, wie ebenso exklusive Ad-resse der deutschen Liebhaberorchester. Und für Strauss-Freunde in Deutschland ohnehin, weil Thomas Frank, langjähriges Mitglied unserer Gesellschaft, mit ihm als Dirigent Schätze der Strauss-Dynastie ge-hoben und ins Programm gebracht hat, um die noch heute gut dotierte Berufsorchester einen weiten Bogen schlagen. Das Repertoire der begeisterten Musiker in Ingolstadt umfasst einen Schatz selten ge-spielter Strauss-Werke, der es wert ist, dokumentiert zu werden (siehe im Anschluss an diesen Beitrag).

Und weil es Laienmusiker sind, die allerdings von ihrem Dirigenten ausgezeichnet geschult und ge-führt werden, ist ein Neujahrskon-zert in Ingolstadt von ihnen – lei-der -– nur alle drei Jahre zu hören. Weiß man aber, dass dafür die Proben dafür fast ein Dreiviertel-jahr vorher beginnen müssen, üben doch alle einen Volltags-Beruf aus, studieren, oder enga-gieren sich für Ingolstadt in ver-schiedenster Weise, so muss man umso mehr den Hut ziehen, was dieses Orchester – und wir spre-chen hier über 55 Musiker, die an einem solchen Abend auf der Büh-ne des Festsaales zu erleben sind –

zu leisten vermag. Die Ingolstädter haben einen Schatz in ihrer Stadt verborgen, anders kann man es nicht bezeichnen. Ich bin selten so begeistert worden, wie von diesem Orchester, seinem Programm, seinen Leistungen – und einem Ambiente (vom „Sichtbeton“ des Festsaales mal abgesehen), was in jeder Sicht geeignet war, in ein deutsches Strauss-Jahr zu starten. Da musizierte ein großes Orchester (nichts von „Salonorches-ter“, das war ein Orchester mit voller Besetzung!) mit dem allerbesten musikalischen Ausdruck, den man sich wünschen kann, es gab ein Programm vom feinsten – mit zwar den nötigen „Ohrwürmern“ für das Standard-Publikum, aber außergewöhnlich viel unbekanntem Strauss – und (wieder: wir sprechen über ein Laienorchester!) einer musikalischen Verve und Leidenschaft, die man sich so manchem Berufsor-chester nur wünschen kann. Ein bisschen Enttäuschung war die tags darauf folgende Rezension in der örtlichen Presse: Eine offenbar wenig kundige Journalistin versuchte (womöglich unter dem Eindruck des wenige Stunden vorher statt-gefundenen Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker) Parallelen zu ziehen und griff in manchen Passagen furchtbar daneben. Die Qualität der „Berglieder“ von JSS (op. 18) zu rezensieren, ist schon schwer, daran aber in der Kritik sich abzuarbeiten, das ist einfach nur schade: Mir jedenfalls ist nicht bekannt, dass an dieses schwierige Frühwerk sich ein anderes Orchester im deutschsprachigen Raum

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bisher „herangewagt“ hätte. Selbst die Marco-Polo-Einspielung stammt von der ČSSR-Staatsphilharmonie. Und diesen Walzer mit an Wagner erinnernden Melodienbögen zelebriert das „Symphonische Salonorchester Ingolstadt“ geradezu. Schon allein, ihn auf die Bühne zu bringen – Cha-peau! Aber wie sie es gestalten: Die eben genannte Marco-Polo-Einspielung gerät einfach ins Hintertref-fen – es ist in Ingolstadt überzeugend und ein Genuss in jeder Hinsicht. Das Programm brachte aber im ersten Teil nicht nur jene „Berglieder“, sondern außerdem vom „jungen“ Strauss Sohn u.a. noch den „Pesther Csárdás“ (op. 23), die „Odeon-Quadrille“ (op. 29), von Strauss Vater den „Cachucha-Galopp“ (op. 97) und von dem „alten“ JSS den schmissigen „Živio!“-Marsch (nach „Jabuka“-Motiven“, op. 456) – also alles Werke, die ganz gewiss nicht in den Konzertprogrammen ande-rer Orchester zu finden sind. Mit „Frühlingsstimmen“ (leider etwas schwer gespielt) und „Die Libelle“ schloss der erste Teil: Ein richtig anspruchsvolles Programm, was Thomas Frank an Hand des Originalma-terials ausgewählt hatte. Und das „Symphonische Salonorchester Ingolstadt“ spielte mit einer Hingabe und Leidenschaft, wie ich es nie geglaubt oder etwa erwartet hätte – und einer der Cellisten wird mir unvergessen bleiben: Dass es sich bei ihm, wie ich nach dem Konzert erfahren habe, um Manuel Her-mann handelt, der als Student Mitglied unserer DJSG ist, ist mir ein besonderes Kompliment wert. Es war ein seltenes bzw. selten gewordenes Fest rund um die Sträusse, bei denen – leider – nur drei der fünf zu Gehör gebracht wurden: Was hätte dieses Orchester noch aus Eduard und Johann Strauss Enkel herausgeholt… Der zweite Teil des Programms brachte zum 140. Jahrestag der Uraufführung „Cagliostro in Wien“ auf die Bühne, d. h. nicht die Operette, sondern neben der Ouvertüre alle die Musikwerke, die Strauss Sohn aus den Melodien strickte. Von op. 369 („Cagliostro-Quadrille“) bis op. 374 („Licht und Schatten“) war alles vorhanden. Hier erlaube ich mir die Anmerkung, ob das so klug gewählt war: Auf diese Weise er-klang (schon allein durch die Mit-Aufnahme der Ouvertüre ins Programm) manche Melodie doppelt, wenn nicht durch Ouvertüre und Quadrille dann in Walzer oder Polkas sogar dreimal. Natürlich sind „Bitte schön“ und „Auf der Jagd“ Publikumsreißer ersten Ranges – und das waren sie be-rechtigt umjubelt auch in Ingolstadt – aber gerade beim „Cagliostro“ hat Strauss, aus was für Gründen auch immer, es sich mit der Melodienverwertung (eben durch die Mehrfachverwendung) leider (zu) leicht gemacht. Thomas Frank dirigierte mit Verve ein Orchester, das sich gern von ihm zu Höchstleistungen anspornen ließ, Rolf Stemmle moderierte mit leichter Hand (wobei natürlich, wie bei jedem Moderator, dem Strauss-Kenner die bekannten Klischees auffallen mussten) – und das Publikum war so begeistert, dass es dem Orchester Zugaben ertrotzte, die die sichtlich erschöpften Musiker dennoch bereitwillig gaben, bis hin zur „Urfassung“ des „Radetzky-Marsches“, mit dem ein außergewöhnlicher Abend schloss. Anderntags – in vorfrühlingshafter Stimmung (die „Frühlingsstimmen“ waren hier also bei weitem nicht so unberechtigt, wie seinerzeit bei dem Karajan-Dirigat des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoni-ker) – reflektierten meine Frau und ich den Charme dieses Konzertes und des Orchesters. Es ist ein wah-rer Edelstein, der durch Musizierfreude und Entdeckergeist gekennzeichnet ist, gerade hinsichtlich der Strauss-Dynastie, der in dieser Weise nahezu jedes Berufsorchester in Deutschland aussticht – und das qualitativ in der Lage ist, vielen der staatlich subventionierten Orchester Paroli zu bieten. Ein besonderer Dank ging und geht an dieses herausragende Engagement nach Ingolstadt und an den Trägerverein, natürlich an Thomas Frank und Manuel Hermann von „unserer“ DJSG und an das Orches-ter, aber vor allem auch an Ursula Eckert, Birgit Pinggera, Ludwig Braun und Rosemarie Karrasch vom Vorstand des Trägervereins sowie an die vielen Mitglieder, Spender und Sponsoren, die über ihn diese Arbeit tragen, fördern und unterstützen: Es war ein unvergesslicher Abend.

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Die Freunde aus Ingolstadt gaben uns noch Material für unser DJSG-Archiv mit, darunter vier CDs mit Aufnahmen des „Neujahrskonzert 2008“ und „Wiener Blut“, aber auch „Ein Streifzug durch die Filmmu-sik“ (mit Musik u.a. von Gustav Mahler, verwendet für „Tod in Venedig“, John Williams „Star Wars“ und „Schindlers Liste“ sowie von Ennio und Andrea Morricone) sowie „Tänze im Konzert“ (Brahms, Dvořák, Ravel, Bernstein und natürlich auch JSS‘ Ballettmusik aus „Ritter Pásmán“). Sie zeigen, dass die Musiker auch in anderen Genres zu Hause sind – und dort ebenfalls hervorragendes leisten. Und, liebe Straussianerinnen und Straussianer, der 1. Jan. 2018 als das Datum des nächsten Neujahrs-konzertes des „Symphonischen Salonorchesters Ingolstadt“ sollte schon jetzt im Kalender vorgemerkt werden, die Ingolstädter haben es einfach verdient…

Symphonisches Salonorchester Ingolstadt: Kompositionen der Strauss-Dynastie im Bestand, Aufführung in der Originalfassung.

Johann Strauss Vater: 6 Kompositionen Bitte schön! Polka francaise op. 372

Seufzer-Galopp op. 9 Auf der Jagd, Schnell-Polka op. 373

Wettrennen-Galopp op. 29a Licht und Schatten, Polka Mazurka op. 374 Wilhelm-Tell-Galopp op. 29b Frühlingsstimmen, Walzer op. 410 Einzugs-Galopp op. 35 Lagunen-Walzer op. 411 Cachucha-Galopp op. 97 Pappacoda, Polka francaise op. 412 Radetzky-Marsch (Urfassung) op. 228 So ängstlich sind wir nicht!, Schnell-Polka op. 413 Johann Strauss Sohn: 46 Kompositionen Die Tauben von San Marco, Polka francaise op. 414 Sinngedichte, Walzer op. 1 Annina, Polka Mazurka op. 415 Debut-Quadrille op. 2 Quadrille op. 416 „Nacht in Venedig“ Herzenslust, Polka op. 3 Kaiser-Walzer op. 437 Gunst-Werber, Walzer op. 4 Živio!, Marsch op. 456 Serail-Tänze, Walzer op. 5 Deutschmeister-Jubiläumsmarsch op. 470 Cytheren-Quadrille op. 6 Wo uns’re Fahne weht, Marsch op. 473 Die jungen Wiener, Walzer op. 7 Auf’s Korn, Bundesschützenmarsch op. 478 Patrioten-Marsch op. 8 Johann Strauss Sohn: Aus Operetten und Opern: Amazonen-Polka op. 9 27 Stücke Jugend-Träume, Walzer op. 12 Aus „Indigo und die vierzig Räuber“: Czechen-Polka op. 13 Nr. 1 Introduktion „Chor der Bajaderen“ Jux-Polka op. 17 Nr. 13 „Soldatenchor“ Berglieder, Walzer op. 18 „Große Chorsuite“ (Arr. Hans Heinz Scholtys) Dämonen-Quadrille op. 19 Aus „Der Carneval in Rom“: Pesther Csárdás op. 23 Ouvertüre Zigeunerin-Quadrille op. 24 Nr. 3 (Duett): „Nicht länger duld' ich dieses Treiben“ Odeon-Quadrille op. 29 Nr. 9 (Duett): „Ein Künstler also willst Du werden“ Viribus unitis, Marsch op. 96 Entreact - Marsch (3. Akt) Annen-Polka op. 117 Nr. 13b (Ariette): „Es jauchzt mir im Inneren“ Tritsch-Tratsch-Polka op. 214 Nr. 15 (Duett): „Von jenen Damen allen“ An der schönen blauen Donau, Walzer op. 314 Aus der „Fledermaus“: Stadt und Land, Polka Mazurka op. 322 Nr. 6 und 6a (Entreact und Chor): „Ein Souper heut uns Wein, Weib und Gesang, Walzer op. 333 winkt“ Egyptischer Marsch op. 335 aus Nr. 11 (Finale 2. Akt): „Im Feuerstrom der Reben“ Im Krapfenwaldl, Polka francaise op. 336 aus Nr. 11 (Finale 2. Akt): „Brüderlein und Schwesterlein“ Fest-Polonaise op. 352 aus Nr. 11 (Finale 2. Akt): Ballett Wiener Blut, Walzer op. 354 Ballettmusik Fledermaus-Quadrille op. 363 Aus „Cagliostro in Wien“: Cagliostro-Quadrille op. 369 Ouvertüre Cagliostro-Walzer op. 370 Aus „Eine Nacht in Venedig“: Hoch Österreich, Marsch op. 371 Ouvertüre

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Aufzugsmarsch Nr. 17a Josef Strauss: 5 Kompositionen

Aus „Ritter Pásmán“ op. 441: Brennende Liebe, Polka Mazurka op. 129 Ballettmusik Auf Ferienreisen, Schnell-Polka op. 133 Aus dem „Zigeunerbaron“: Frauenherz, Mazurka op. 166 Ouvertüre Die Libelle, Polka Mazurka op. 204 Nr. 5a (Sortie): „Ein Falter schwirrt ums Licht“ Sphärenklänge, Walzer op. 235 Nr. 6 (Zigeunerlied): „So elend und treu“ Johann Strauss Sohn & Josef Strauss: 1 Komposition

Entra'cte (2. Akt) Pizzicato-Polka o. op. Nr. 8 (Terzett): „Mein Aug bewacht“ Eduard Strauss: 2 Kompositionen

Nr. 9 (Terzett): „Ein Greis ist mir im Traum erschie- Bahn frei, Schnell-Polka op. 45 nen“ Mit Chic, Schnell-Polka op. 221 Entr'act (3. Akt) Joseph Lanner: 2 Kompositionen

Nr. 15 (Couplet): „Ein Mädchen hat es gar nicht gut“ Bankett-Polonaise op. 135 Einzugsmarsch (Instrumentale Konzertfassung) Hans-Jörgel-Polka op. 195

Foto: Symphonisches Salonorchester Ingolstadt

Coburg tanzt im Walzertakt und beginnt das neue Jahr… Aufführung im Kongresshaus Rosengarten Coburg am 6. Jan. 2015

von Manfred Drescher Das „Coburger Neujahrskonzert 2015“ mit dem Alt-Wiener Strauss-Ensemble Stuttgart, der Sopranistin Jeannette Wernecke, dem Tenor Torsten Hofmann und einem bunten Strauss herrlichster Melodien lässt Coburg schwärmen.

Zum 28-ten mal feierten wir das Coburger Neujahrskonzert, und es war wieder einmal ein perfekter Jah-resauftakt. Die auch in diesem Jahr wieder ausverkaufte Halle war beschwingt, ließ sich von den Klängen mitreißen und bot den Künstlern ihr Brot, nämlich den verdienten Applaus, in reichem Umfang. Auch in diesem Jahr kam man sehr spät zum Mittagessen, denn über 2 ½ Stunden ließ man sich erneut von den Walzerklängen Johann Straussens, Lehárs, Lanners und anderer aufs vergnüglichste unterhalten. Am Ende langanhaltender und wohlverdienter Applaus für das Alt Wiener Strauss Ensemble mit seinem den Bogen in bester Johann Strauss Manier schwingenden Dirigenten Ralph Kulling, ein ganz herzlicher Bei-fall für das Wiener Moderatorenpaar Dr. Eduard Strauss und seinen Sohn Thomas Strauss, die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal erfolgreich auftraten und langanhaltender, vollkommen verdienter Applaus für die beiden Solisten des Vormittags, die Sopranistin Jeannette Wernecke und den Tenor Torsten Hofmann.

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Alle Besucher waren sich einig, dass ein Jahresbeginn in Coburg ohne das Neujahrskonzert einfach nicht mehr vorstellbar ist und dass es zu Coburg gehört, wie die Tatsache, dass Johann Strauss Sohn Coburger Bürger gewesen war und auch als Coburger Bürger gestorben ist. Die Hoffnung, dass dies nunmehr in Coburg auch von der offiziellen Seite der Stadt wieder mehr in den Vordergrund gerückt wird, bleibt bestehen. Wie seit Beginn fand das Neujahrskonzert erneut unter Leitung des Kulturbüros der Stadt statt. Der frühere Bürgermeister und Kulturreferent Norbert Tessmer, der 13 Jahre lang die Besucher begrüßt hatte, tat dies beim 14ten Mal erstmalig als Oberbürgermeister. Und als wenn mit dem neuen Amt auch die Einsicht gewachsen sei, dass man schnell die Musik erleben möchte, begrüßte er launig und noch einmal etwas kürzer wie im Vorjahr die Besucher und überbrachte allen die Neujahrsgrüße der Stadt.

Dr. Eduard Strauss aus Wien, Urenkel von Eduard Strauss und Ururenkel von Johann Strauss Vater, hat-te nun bereits zum dritten Mal seinen Sprössling Thomas Strauss zur Co-Moderation dabei. Und man merkte, dass die beiden immer mehr aufeinander eingespielt sind und sich die Bälle und Pointen immer treffsicherer zuwerfen. Mit großem Sachverstand und Hintergrundwissen gaben sie zu den einzelnen Stücken ihre Kommentare ab und erhellten das ein oder andere mit kleinen Geschichten und Erzählun-gen. In jedem Fall war dies eine Moderation, die dem Publikum viel Spaß bereitete. Ralph Kulling hatte sein Alt-Wiener Strauss-Ensemble fest im Griff, dirigierte zuweilen mit seiner Geige, führte sein Orchester mit starker fester Hand, hatte aber auch die Leichtigkeit, die man für diese Musik braucht. Und er ließ seinem Ensemble auch den notwendigen Freiraum zum Beispiel bei den Hörnern und Oboen Solis. Mitgebracht hatte Ralph Kulling die Sopranistin Jeannette Wernecke, die nicht nur op-tisch das Publikum für sich gewann, sondern stimmlich ebenfalls verzaubern konnte und den kräftigen robusten Tenor Torsten Hofmann, der ebenfalls mit seiner Stimme beeindrucken konnte. Beide waren wieder – neben dem Orchester – die Glanzlichter des Neujahrskonzerts. Man merkte gar nicht, wie schnell die Zeit verging und hätte auch noch länger den Klängen gelauscht, auch wenn der ein oder an-dere hungrige Magen zu diesem Zeitpunkt schon geknurrt hätte. Mit der Ouvertüre zu „Der Zigeunerbaron“, einem Meisterwerk von Johann Strauss Sohn riss man das Publikum bereits voll mit, so schwungvoll, aber auch präzise wurde das Stück dargeboten. Aus der glei-chen Operette dann das Auftrittslied des Bárinkay „Als flotter Geist“, mit welchem sich Torsten Hof-mann beeindruckend vorstellte. Mit klarem, durchschlagskräftigem, hellem und höhensicherem Tenor wusste er das Publikum zu begeistern. Danach von Johann Strauss Vater die „Zigeuner-Quadrille“, die beschwingt und leicht dargeboten wurde. „Wer uns getraut“, ebenfalls aus dem „Zigeunerbaron“ frag-ten dann Tosten Hofmann und die junge Sopranistin Jeannette Wernecke. Der klare, weiche, bewegliche und frische Sopran harmonierte aufs vortrefflichste mit dem höhensicheren, ungestümen und leiden-schaftlichen Tenor von Hofmann. Der „Ungarische Tanz Nr. 1“ von Johannes Brahms schloss sich an, rassig und voller Schwung dargeboten. Mit dem Lied der Adele aus Johann Strauss Sohn Meisteroperet-te „Die Fledermaus“ konnte sich Jeannette Wernecke den Musikliebhabern eindringlich in Erinnerung rufen. Keck, gefühlvoll, mit sicheren Koloraturen konnte sie mit ihrem zarten Sopran nicht nur den Herrn Marquis, den sie besang, um den Finger wickeln, sondern auch die großen Beifall zollenden Besucher. Mit dem flott und spritzig dargebotenen „Donauwellen-Walzer“ von Iosef Ivanovici ging der erste Teil beeindruckend zu Ende.

Nach der Pause versetzte die „Tritsch-Tratsch-Polka“ von Johann Strauss Sohn, voller Esprit und Schwung dargebracht, den Saal in die richtige Stimmung. Und dann von Franz Lehár aus der Operette „Giuditta“ der Tenorkracher „Freunde, das Leben ist lebenswert“. Und wenn diese Arie so kraftvoll, in den Höhen brillant und durchschlagskräftig dargeboten wird, schmelzen nicht nur die Frauenherzen da-hin. Leider musste sich Torsten Hofmann mehr anstrengen, als es hätte sein müssen, denn das Alt-Wiener Strauss-Ensemble begleitete hier – ganz entgegen der sonstigen Übung – etwas zu klangvolumi-nös und deckte den strahlenden Tenor ein kleines bisschen zu. Torsten Hofmann meisterte jedoch auch

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diese kleine Einschränkung – jedenfalls hatte ich dies als solche empfunden. Gewohnt souverän, leiden-schaftlich und spritzig dargeboten dann die Polka schnell „Vom Donaustrande“ von Johann Strauss Sohn, gefolgt von der hervorragenden Interpretation der Polka „Die Wienerin“ von Eduard Strauss. Dass bei der bezaubernd vorgetragenen Kussarie „Il Bacio“ von Luigi Arditi die Herren im Publikum leicht ins Schwitzen kamen, war der reizenden Jeannette Wernecke zu verdanken, die mit leuchtenden, niemals scharfen Spitzen diese Arie perfekt darbot. Im darauffolgenden Duett „Niemand liebt dich so wie ich“ aus Franz Lehárs „Paganini“ zeigte sich nochmals, wie gut die beiden Stimmen miteinander harmonier-ten und das Publikum mitrissen. Der offizielle Teil des Konzertes endete mit dem Walzer „Die Schön-brunner“ von Joseph Lanner, der wieder rasant und begeisternd dargeboten wurde. Hier konnte Ralph Kulling noch einmal zeigen, was in ihm und seinen Musikern steckt.

Natürlich mussten die beiden Sänger zur Zugabe nochmals auf die Bühne und konnten mit dem feurigen und schmissig vorgetragenen Duett „Tanzen möchte ich, jauchzen möchte ich“ aus der „Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán voll und ganz überzeugen und minutenlangen verdienten Applaus einheimsen. Der rasant und feurig vorgetragene „Radetzkymarsch“ von Johann Strauss Vater war wie immer dabei und mit der Polka „Auf und davon“ von Eduard Strauss, wird wieder einmal der Schlusspunkt über ein begeistert vorgetragenes und aufgenommenes Konzert gesetzt und man freut sich heute bereits auf das 29. Neujahrskonzert in Coburg, einer Stadt, die eine Tradition besitzt, die unbedingt aufrecht erhalten werden muss. Fotos: Manfred Drescher

…und was danach kam Als Manfred Drescher diese liebevolle Rezension schrieb, ahnte niemand, dass dieses Neujahrskonzert in dieser Form das letzte in Coburg sein sollte: Weder Ralph Kulling, noch die beiden Sträusse, die Anwe-senden erfuhren es erst recht nicht, dass das „Aus“ für das „Original Coburger Neujahrskonzert“ bereits beschlossene Sache war. Per Brief teilte OB Tessmer wenige Tage später den völlig Ahnungslosen überraschend mit, dass man aus Sparzwängen ab 2016 nunmehr das „Philharmonische Orchester des Landestheaters Coburg“, das bisher ein eigenständiges Neujahrskonzert im Landestheater am 1. Januar eines jeden Jahres aufführte, dieses Datum übernehmen werde. Selbstverständlich stehe Strauss weiterhin im Mittelpunkt usw. usf.

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Keine Möglichkeit der Verabschiedung für die Protagonisten, kein Abschluss einer alljährlich umjubelten Tradition, die man auch um ein Jahr hätte verschieben können (so hatte es zumindest der 1. Vorsitzende unserer Gesellschaft gegenüber OB Tessmer ins Gespräch gebracht) – und das bei alljährlich ausverkauf-ten Hallen: So geht man – schon rein menschlich – nicht miteinander um, finden wir. Das Argument des „Sparzwanges“ stellt sich eigentlich gar nicht: Wenn – was wir nicht wussten – in den letzten drei Jahren ein geringes Defizit aufgetreten ist, dann schafft man doch nicht gleich alles ab… Gleichwohl: Es handelt sich aber um eine Veranstaltung in Trägerschaft der Stadt und da liegt die Ent-scheidungshoheit bei der Stadt. Namens und im Auftrag des Vorstandes richtete Rudolf Maeder einen „Offenen Brief“ an OB Tessmer, den wir hier abdrucken:

Dazu: Offener Brief von Rudolf Maeder

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Schon einmal hatte ich Gelegenheit, Sie um einen Gefallen zu bitten, als es sich um die Abschaffung des Alexander-Girardi-Gesangswettbewerbs in Coburg handelte. Ich war mir damals – wie heute – bewusst, dass ich keine großen Chancen haben würde. Dies, so nehme ich an, gilt auch für die Streichung des Co-burger Neujahrskonzerts in diesem Jahr. Ich bin aber der Meinung, dass Sie wissen sollten, was die Schweizer Mitglieder der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft zu diesem Verlust zu sagen haben, denn ihre deutschen und österreichischen KollegInnen denken da nicht anders. Es ist sehr sonderbar, dass nach 28 Neujahrkonzerten plötzlich Schluss sein soll, dass das Alt-Wiener Strauss-Ensemble und Dr. Eduard Strauss in Coburg nicht mehr auftreten und die Strauss-Familie reprä-sentieren dürfen und dass das Publikum von nah und fern ihre ausverkauften Neujahrskonzert nicht mehr genießen soll. Selbstverständlich verstehen wir alle, dass Sie unter Spardruck gezwungen sind, streichen müssen, aber warum gerade etwas, was Coburg immer zur Ehre gereicht hat? Und für das man Coburg u. a. immer als Strauss-Stadt bezeichnet hat? Wäre es da nicht möglich gewesen, die beiden Neujahrs-konzerte mit etwas gutem Willen zusammenzulegen und im Landestheater abzuhalten? Etwas Oper, etwas Operette, etwas Musical, etwas Wiener Musik, also etwas für alle? Goethe sagte doch bekannt-lich: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“ Sie haben viele Jahre lang Ihr Wohlwollen gegenüber der Deutschen Strauss Gesellschaft gezeigt. Soll damit jetzt Schluss sein, nur weil Coburger Zeitungen nichts Besseres zu sagen haben, als dass man jetzt etwas für Jüngere machen soll? Wir sind ein treues Publikum und haben uns in Coburg immer zu Hause gefühlt und über viele Jahre hinweg immer wieder großartige Stunden verlebt – musikalisch und mensch-lich. Soll auch damit jetzt Schluss sein? Für die Jüngeren haben Sie doch noch ganz andere Sachen auf Lager wie das Samba-Festival… Dürfen wir Sie bitten, die ganze Sache noch einmal gründlich zu überlegen, denn für uns – und zum Teil auch für Sie und Ihre Stadt – steht doch einiges auf dem Spiel. Wir möchten Sie gerne bei den Strauss Tagen 2015 als höchst willkommenen Gast zum 40-Jahr-Jubiläum unsere Gesellschaft begrüßen. Lassen Sie uns bitte nicht im Stich!

Mit freundlichen Grüßen an Sie und Frau Arnold Rudolf Maeder

Mitglied des Vorstandes Deutsche Johann Strauss Gesellschaft

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Der 1. Vorsitzende kommentiert dies – denn hier war, wie fast zu erwarten war, keine Änderung erfolgt, im Gegenteil der Kulturausschuss und der Rat folgten ohne Probleme dem „Aus“:

2015 – Der Anfang vom Ende: Kein Neujahrskonzert, keine Geschäftsstelle – und zukünftig auch keine Strauss-Tage mehr?

Liebe Mitglieder, liebe Straussianerinnen, liebe Straussianer, große Sorgen bewegen derzeit den Vorstand: Der „Alexander-Girardi-Wettbewerb“ in Coburg ist längst Geschichte, mit einem Federstrich übertrug 2011 die Stadt die Verantwortung für die „Johann-Strauss-Tage“ an unsere Gesellschaft – und das Neujahrskonzert 2015 mit der Moderation der Nachfahren von Strauss (Sohn) war das letzte Konzert dieser Art. Fast 30 Jahre Coburger Strauss-Geschichte werden abgewickelt, als hätte es sie nicht gegeben: Was un-sere Mitglieder, wie Werner Abel, honorige Coburger, wie Hans Höfer, Dietrich Klose und viele andere schufen, war schon unter Ex-OB Kastner nur noch ein Schatten geworden. Auch dem jetzigen OB und Mitglied unserer Gesellschaft, OB Tessmer, gelingt es bisher ebenfalls nicht, an die Verdienste des hoch-verehrten Oberbürgermeisters Höhn anzuknüpfen. Zumindest steht eines fest: Per Brief hat jedenfalls Dr. Eduard Strauss für sich Herrn OB Tessmer erklärt, dass er uns noch zu den Strauss-Tagen zur Verfügung steht und sich dann aus der „Strauss-Stadt“ verab-schiedet. Welches verheerende Image-Bild ist das auch – wenn das Familienoberhaupt der Strauss-Dynastie mit Coburg nichts mehr zu tun haben will? Und wenn – in Anbetracht der Faktenlage wenig verwunderlich – unser 2. Vorsitzender, Albrecht Tauer (Coburg) zur nächsten Jahreshauptversammlung sich ebenfalls aus dem Vorstand verabschiedet, so stellt sich die Frage ob es uns als Gesellschaft zukünftig in Coburg noch geben wird. Es bedarf eines Ruckes in Coburg selbst: Die DJSG benötigt mindestens ein weiteres Vorstandsmitglied aus Coburg (außer Jonas Geelhaar, der weiterhin zur Verfügung steht) – aber vor allem bedarf es einer Geschäftsstelle in Coburg (die Jonas Geelhaar keinesfalls übernehmen kann): Diese beiden Voraussetzungen müssen – durch die Coburger Mitglieder – bis zu unserer Mitgliederver-sammlung im September 2015 erfüllt sein, ansonsten – so das Finanzamt ganz klar – ist für uns der „Sitz in Coburg“ nicht mehr aufrecht zu erhalten. Es betrifft uns allerdings in nahezu logischer Folge dessen, was wir als Gesellschaft in Coburg erleben: Eine seit OB Höhn leider anhaltende Ignoranz in der Sache durch die Stadt selbst, die jedenfalls – weiter-gedacht – zwangsläufig wieder zu eben jenem erneuten „Dornröschenschlaf“ führen wird, den es schon einmal fast 100 Jahre lang gab: Johann Strauss und seine Verbindung zu Coburg werden irgendwann wieder eingeschlafen und vergessen sein. Wenn wir auf den nächsten Seiten das Programm zu unserem 40. Jubiläum veröffentlichen, so tun wir dies trotz aller Vorfreude auch in Sorge, was die kommenden Monate bzw. Jahre in Coburg noch Negati-ves bringen werden...

Dr. Ingolf Roßberg 1. Vorsitzender

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40 Jahre „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ und Strauss-Musiktage Stadt und Land Coburg

vom 17. September 2015 bis 20. September 2015

Donnerstag, 17. September 2015

16.00 Uhr – Vortragssaal Kunstverein Leopoldstraße Musikalische Eröffnung des 40-jährigen Jubiläums der Deutschen Johann-Strauss-Gesellschaft und der

Strauss-Musiktage „Sterne, die wieder leuchten – Vergessene Operettenklänge Europas“

Am Flügel: Rudolf Maeder, Schweiz

19.30 Uhr – Riesensaal Schloss Ehrenburg „Gute Freunde – gute Musik: Strauss trifft Brahms“

Es spielt das Aramis-Trio und weitere Mus(i)kertiere, Deutschland

Freitag, 18. September 2015

ab 9.00 Uhr – Vortragssaal Kunstverein Leopoldstraße „Kulturhistorisches Symposium“

9.00 Uhr: Begrüßung und Eröffnung: Dr. Ingolf Rossberg – 1. Vorsitzender DJSG 9.10 Uhr: „Oscar Fetrás – Ein Hamburger Komponist war einer der größten Verehrer der Wiener ‚Sträusse‘“ Referent: Friedhelm Kuhlmann, Hamburg 10.00 Uhr: „Das erste Museum der Johann-Strauss-Dynastie in Wien: Absichten, Perspektiven und didakti-

sche Umsetzung“ Referent: Prof. Mag. Helmut Reichenauer, Wien 11.00 Uhr: Deutschsprachige Erstaufführung des Kurzfilms „Eternal Waltz“ – Ewiger Walzer

Dieser Film wurde anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der DJSG von der Gesellschaft gesponsert.

11.45 Uhr bis 14.00 Uhr Mittagspause 14.00 Uhr: „Die Frühphase der kompositorischen Entwicklung von Johann Strauss Sohn, im Zusammenhang

mit dem im August 1843 begonnenen Skizzenbuch“ Referent: Prof. Dr. Norbert Linke, Borken 15.00 Uhr: „Kompositorische Entwicklung bezüglich der Instrumentation von Johann Strauss Sohn“ Referent: Norbert Rubey, Wien

19.30 Uhr – Riesensaal Schloss Ehrenburg „Zauber der Operette“ – Ein Abend bei Johann Strauss Sohn und seinen Zeitgenossen

Pieter Roux, Tenor, und Beate Roux, Mezzosopran/Flügel – Deutschland Moderation: Dr. Ingolf Roßberg

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Samstag, 19. September 2015

9.30 Uhr – Kleiner Saal Kongresshaus Rosengarten Festakt zum 40-jährigen Jubiläum der DJSG

mit Ehrungen sowie Grußworte der Ehrengäste Musikalische Umrahmung: Johann-Strauss-Quintett, Coburg (Leitung: Jiri Preisinger)

11.15 Uhr – Gedenkstein im Rosengarten

Gedenken an den Walzerkönig Johann Strauss Sohn und Kranzniederlegung

12.00 Uhr bis 13.45 Uhr – Restaurant Rosengarten Gemeinsames Mittagessen

14.00 Uhr – Kongresshaus, Saal 1 und 2

Jahreshauptversammlung der DJSG mit Neuwahlen

19.30 Uhr – Mehrzweckhalle Heubischer Straße, Neustadt b. Coburg Jubiläumskonzert der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“

anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens Philharmonisches Orchester der GdM Neustadt b. Coburg

Leitung: Hans Stähli – Solisten Stefani Smits, Sopran u. Lucian Krasznec, Tenor Moderation Christine Rebhan

Zu diesem Konzert wird ein Bustransfer zwischen Coburg und Neustadt eingerichtet.

Sonntag, 20. September 2015

10.30 Uhr – Vortragssaal Kunstverein Leopoldstraße „Was geh ich mich an“ – die zwei Gesichter des Johann Strauss Sohn und seiner Familie

Referenten: Dr. Eduard Strauss und Thomas Strauss, Wien

12.00 Uhr bis 14.30 Uhr Mittagspause

14.30 Uhr – Terrasse Kongresshaus Rosengarten Von Wien nach Coburg – Johann Strauss Sohn und die Zeitgenossen

Standkonzert der Stadtkapelle Coburg (Leitung Zdenek Fiala)

17.00 Uhr – Aula des Gymnasiums Casimirianum Romantische Klaviersoiree

Kompositionen von Johann Strauss Sohn / Frederic Chopin / Franz Liszt u. w. m. Am Flügel: Nina Scheidmantel – Deutschland,

Stipendiatin der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“

ca. 18.30 Uhr Ende der Jubiläumsveranstaltungen Die Mitglieder und Ehrenmitglieder der DJSG erhalten (annähernd) parallel zum Erscheinen des Heftes auch die Unterlagen für die Kartenbestellung durch unseren 2. Vorsitzenden, Albrecht Tauer. Wir danken sehr herzlich für ihre Unterstützung: Sparkasse Coburg-Lichtenfels, Niederfüllbacher Stif-tung, Johann-Strauss-Stiftung Coburg, SÜC Energie und H2O GmbH Coburg und der Stadt Coburg.

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„Eternal Waltz“ von Thorsten Becker

Im Vorstand wurde einstimmig entschieden, anlässlich unseres 40. Jubiläums erstmalig ein Filmprojekt zu fördern. Es handelt sich um einen Kurzfilm, der auf dem Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ basierend seine Geschichte erzählt. Hier Idee und Inhalt des Films, der zu unserem Jubiläum in Coburg seine deutsche Erstaufführung haben wird. D. Red.

Filmplakat zu „Eternal Waltz“ (2015) Sehr geehrte Damen und Herren, Die Idee zu „Eternal Waltz“ entstand im Januar 2013 in Los Angeles. Ich war mit dem Regisseur Domi-nik G. Fehr in die USA gereist, um für „This one Day“ den Preis „Best International Short Film“ entgegen-zunehmen, den er beim „New York International Independent Film and Video Festival“, Los Angeles Edi-tion 2012 gewonnen hatte. Ich spiele darin die Hauptrolle. Am Abend der Preisverleihung lernte ich die amerikanische Schauspielerin Cindy Marinangel kennen, die ebenfalls einen Film im Festival hatte. Wir verliebten uns. Wir spielten Tarot und es geschah etwas sehr außergewöhnliches. Wir zogen beide die gleiche Karte „The Gateway“ und beide waren wir von diesem Zufall perplex. War es wirklich Zufall gewesen? Als wir noch im Staunen waren, erklang aus dem Radio Johann Strauss´ „An der schönen blauen Donau“. Ich forderte Cindy zu einem Wiener Walzer auf. Es war dieser magische Moment als wir staunend durch das Haus tanzten, der die Idee für den Film gebar.

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„Eternal Waltz“ handelt von der Wiedererkennung der Seelen. Sie tanzen einen ewigen Walzer zu der Melodie der „blauen Donau“, in einem metaphysischen, wandlosen Raum, im undefinierbaren Äther. Gleichzeitig erkennen sich die mit einem menschlichen Körper verstofflichten Seelen in unserer physi-schen Welt wieder. Die Frage danach, wer die Seelen zum ewigen Walzer verleitet, bleibt an dieser Stel-le unbeantwortet. Cindy Marinangel und ich waren uns erst vor kurzem begegnet, doch kam es uns bei-den vor, als kannten wir uns schon ewig. Die Idee wartete darauf, ausformuliert zu werden. Während des Drehbuchschreibens waren wir immer wieder mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass wir viele gute Ideen, die wir bereits ausformuliert hat-ten, komplett streichen mussten. So mussten wir eine ganze Szene in der Jetztzeit aus dem Drehbuch nehmen, um eine kürzere Spielzeit zu erreichen. Das finale Drehbuch, nach dem auch gedreht wurde, umfasst zehn Seiten. Die maximale Spiellänge ist 15 Minuten. Die Monate des Schreibens wurden abgelöst von der Suche nach einem passenden Filmtitel. Es gab un-ter all den Ideen letztendlich nur einen Titel, der den Inhalt am besten widerspiegelte. Der Englische Originaltitel heißt „Eternal Waltz“, zu Deutsch „Ewiger Walzer“. Interessanterweise wird das deutsche Wort Walzer im Englischen mit einem „t“ geschrieben. Es ist Zufall, dass Paul Verhoevens Film über Johann Strauss´ Leben aus dem Jahr 1954 mit Bernhard Wicki und Hilde Krahl in den Hauptrollen, in der deutschen Originalfassung den gleichen Titel trägt. Die Wahl des Titels geschah unabhängig von Verhoevens Film. „An der schönen blauen Donau“ ist das musikalische Element, das im Film die Lebzeiten miteinander verbindet. Die Figur des Kartenlegers ist abgeleitet von Amor, im Englischen Cupid, der den Menschen hilft sich zu verlieben. Er ist zeitlos und setzt zeitlose Mittel ein, damit die Menschen zueinander finden. Im Film benutzt er eine Musikbox, die Strauss´ „An der schönen blauen Donau“ spielt. Leider kann die Figur das Schicksal der Liebenden nicht bestimmen. Was die Menschen aus ihrem Leben und der Situation machen, ist allein ihrem Willen unterworfen. So kann er es nicht verhindern, dass die Protagonistin aufgrund eines gebrochenen Herzens den Freitod wählt. Werden die Menschen in einem neuen Leben zusammen finden? Die Vorproduktion war für das Gelingen des Drehs entscheidend. Abgeleitet von dem Drehbuch wurden die benötigten Mittel budgetiert. Danach konnten wir mit der Planung der technischen Ausrüstung, der Drehorte, der Crew und mit dem Casting der Schauspieler beginnen. Die Finanzierung wurde größten-teils mittels einer „Schwarmfinanzierung“ (engl.: crowd funding) bewerkstelligt. Die letzten zwei Wochen vor dem Dreh waren sehr intensiv. Zehn Schauspieler mussten eingekleidet werden mit Kostümen aus der Zeit des Jahres 1887. Dies gelang uns bei „Western Costumes“, dem größ-ten Kostümverleih der Welt, zu deren Kunden auch die großen Hollywood-Produktionen zählen. Eine gründliche Recherche zur Mode der jeweiligen Zeitepochen war hierzu nötig. Der Dreh selbst, der ausschließlich in Los Angeles und Umgebung stattfand, war der Höhepunkt der In-tensität. Als Hauptverantwortliche waren Cindy Marinangel und ich in allen Fragen die Entscheidungs-träger. Neben der Rolle als Schauspieler waren wir auch am Set noch immer Produzenten, Kostümdesig-ner und Drehbuchautoren. Dabei habe ich gelernt, dass es ein Privileg ist, generell an einem Set „nur“ als Schauspieler engagiert zu sein und sich nur auf eine Sache konzentrieren zu können.

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Die Darsteller von „Eternal Waltz“ z.T. in den Kostümen des Jahres 1887 (Los Angeles, 2014) „Eternal Waltz“ ist eine Low-Budget Produktion und der erste Film von Angel Baker Productions. Ein Drehbuch filmisch umzusetzen heißt Logistik von Menschen, Ausrüstung und Drehorten. Am ersten Drehtag in Beverly Hills, dem aufwendigsten Drehtag, waren 26 Menschen am Set: Schauspieler, Kame-ramann, Regisseurin, Produzenten, Beleuchter, Tontechniker, Maske, Catering, Assistenten, Script Girl. In der Nachproduktion wurde das gedrehte Material gesichtet und für den Schnitt vorbereitet. 128 GB Film und 6 GB Ton warteten auf die Verarbeitung. Wir wollen mit Eternal Waltz ein Stück Kunst in die Welt setzen und Menschen ermutigen, für die Liebe zu kämpfen. So wie einst Johann Strauss Sohn für seine große Liebe Adele kämpfte, indem er seine Staatsbürgerschaft änderte, um sie heiraten zu können. „Eternal Waltz“ wird bei nationalen und internationalen Filmfestivals weltweit eingereicht. Die Freude wäre sehr groß, wenn ein Festival unsere Mühen anerkennen würde, sei es, dass das Werk als Finalist gezeigt oder sogar als Preisträger prämiert würde. Es ist für das gesamte Team eine außerordentliche Ehre, dass die DJSG „Eternal Waltz“ unterstützt. Wie mir mitgeteilt wurde, ist es das erste Mal in der 40-jährigen Vereinsgeschichte, dass die DJSG einen Film fördert. Mit dieser Unterstützung konnte ein sehr wichtiger Nachdreh durchgeführt und die Kosten für den Filmeditor (Schnitt, Sound Design, Farbkorrektur) und die Komponistin gedeckt werden. Das gesam-te Produktionsteam bedankt sich herzlich bei der DJSG. Mein persönlicher ausdrücklicher Dank gilt dem Vorstand und insbesondere dem 1. Vorsitzenden, Herrn Dr. Ingolf Roßberg. Mit Herrn Roßberg führte ich in den letzten Monaten eine sehr freundliche Korres-pondenz. Im Dezember 2014 hatte ich die Möglichkeit, ihn persönlich in Dresden zu treffen.

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Ich freue mich sehr, „Eternal Waltz“ bei den „Johann-Strauss-Tagen“ in Coburg im September 2015 per-sönlich vorzustellen.

Cineastische Grüße im ¾ - Takt,

Thorsten Becker Im Namen von

Angel Baker Productions Fotos: Angel Baker Productions

Anmerkungen der Redaktion: Hier die Website von „Angel Baker Productions“ und deren Link zu facebook : http://angelbakerproduction.wix.com/film https://www.facebook.com/EternalWaltz Gern haben wir das Angebot angenommen, dass auf der Eternal-Waltz-Facebook-Seite unser DJSG-Facebook-Auftritt verlinkt wird und wir als Gesellschaft somit ebenfalls promotet werden: Wir denken, dass dies zu unserem beiderseitigen Nutzen ist…

Ein herzlicher Glückwunsch der DJSG: Christian Simonis ist neuer Chefdirigent der Bad Reichenhaller Philharmonie

von Ingolf Roßberg Am 17. März 2015 erhielten wir die Nachricht, dass unser Mitglied Christian Simonis für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Nov. 2018 die Aufgabe des Chefdirigenten und Künstlerischen Leiters der Bad Reichenhaller Philharmonie übertragen bekam. Auch wenn sein persönliches Zuhause Magdeburg bleibt, so wird er – wie wir ihn kennengelernt haben – sich mit all seiner Kraft in diese Aufgabe hinein-versetzen. Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ übermittelt Christian Simonis ganz herzliche Glückwün-sche für dieses Amt und wünscht vor allem viele künstlerische Erfolge mit dem Orchester der Bad Reichenhaller Philharmonie. Wir hoffen und wünschen aber auch, dass es auch neue Impulse für eine mögliche Zusammenarbeit ge-ben wird, wie in einem Vorgespräch in Dresden schon einmal ausgelotet wurde. Das Bad Reichenhaller Orchester wurde 1868 durch Josef Gung’l gegründet und ging aus verschiedenen Etappen der Kurmusik hervor. Durch die Weltkriege und über gesellschaftliche Umwälzungen hinweg konnte es seine Identität und die Tradition der ganzjährigen klassischen Unterhaltungskonzerte in sinfo-nischer Besetzung bewahren. Mit der Kurmusik bietet die Bad Reichenhaller Philharmonie ihren Gästen nahezu täglich eine Fülle von Musikangeboten, die Wohlbefinden, Genuss und Heilung steigern. Sie tradiert aus den früheren Kurkon-zerten, die in der Tradition der sinfonischen Unterhaltungskonzerte stehen. Sie spielt in Bad Reichenhall in drei Spielstätten: Die Konzertrotunde und der Pavillon im Königlichen Kurgarten inmitten eines Natur-idylls bieten das entsprechende Ambiente für das Einfühlen in die Musik und sich den wohltuenden Klängen hinzugeben, so das Orchester über sich selbst. Das Theater im Kurgastzentrum ist der größte Saal mit der großzügigsten Bühne – hier ist Platz für die sinfonischen Konzerte (Abonnementskonzerte) und besonders große Aufführungen.

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Christian Simonis wurde 1956 in Wien geboren. Von seinem Dirigenten-Lehrer Prof. Hans Swarowsky (viele der bekanntesten Dirigenten der letzten Jahrzehnte entstammen seiner Schule: Claudio Abbado, Zubin Mehta, Mariss Jansons, Adam und Iván Fischer…) als wienerische Urbegabung bezeichnet, leitete er als Chefdirigent die Bad Reichenhaller Philharmonie 1985 – 1990, das Göttinger Symphonie Orchester 1990 – 2005 (bei dem er 2000 zum Generalmusikdirektor ernannt wurde) und die Mitteldeutsche Kammerphil-harmonie 2005 – 2013. Als Gastdirigent arbeitete Simonis mit renommierten Orchestern wie den Bamberger Symphonikern, dem WDR-Rundfunkorchester, den Nürnberger Symphoni-kern und den Berliner Symphonikern. Konzertreisen führten ihn nach Italien, Schweiz, Polen, Litauen, Est-land, Tschechien und Japan. Mit zahlreichen CD-Einspielungen hat er sich einen Namen für die Sparte der heiteren Muse der Märsche, Walzer, Polkas und Tänze gemacht, Richard Eilenberg (dazu auch sein Beitrag in diesem Heft ab S. 49), Jo-seph Gung’l und Benjamin Bilse stehen beispielhaft für Wiederentdeckungen.

Christian Simonis ist Träger zahlreicher Preise und Auszeichnungen und war u.a. Präsident der Joseph Haydn Gesellschaft Wien (1974 – 1988), Gründungspräsident der Joseph-Lanner-Gesellschaft Wien (2004) und erhielt 2004 die Ehrenschirmherrschaft unserer Gesellschaft. Foto: Bad Reichenhaller Philharmonie, Quellen: Wikipedia und Homepage des Orchesters

Liebesbriefe von Johann Strauss Sohn in der Universität Duisburg/Essen von Norbert Linke

Ein erlauchter Kreis wirklich interessierter Straussianer fand sich am 23. Jan. 2015 im Kammermusiksaal der Universität Duisburg/Essen (Standort Duisburg) zusammen, um einer ausgesprochenen Rarität ihre Aufmerksamkeit zu widmen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Lesungen aus der Dokumentation von Dr. Thomas Aigner: Olga Smirnitzkaja – die Adressatin von 100 Liebesbriefen von Johann Strauss (verlegt 1998 bei Hans Schneider, Tutzing) sowie vier Lieder der Olga Smirnitzkaja. Strauss lernte Olga spätestens 1858 bei seinem dritten Aufenthalt in Pawlowsk kennen. Im Mai 1859 spielte er mit seinem Orchester eine „Romanze“ von Olga. Da entwickelte sich eine Liebesaffäre. Strauss wollte Olga heiraten, die Mutter wies ihn aber ab. Mit seiner Mutter besprach Strauss eine Entführung Olgas nach Wien, wozu es aber nicht gekommen ist. Im April 1860 war alles vorbei: Olga teilte Strauss mit, dass sie Braut sei (aber nicht seine). Am 12. Juli 1859 waren sie per „Du“. Der Verstand hat mich gänzlich verlassen (14). Mein Engel Olga (18). …welche Sehnsucht ich empfinde, Dich zu küssen (27). …jeden Deiner Briefe durchlas ich in einem

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Zustand von Wahnsinn (79). Olga, mein Ideal! … Du bist das Wesen, welche ich mein Dasein widme, Du allein, weil ich Dich liebe (93). So steigert sich Strauss in eine Art Liebesraserei, wie sie einmalig ist und in seinem späteren Leben nicht mehr dokumentiert wurde. Olgas Freundin Pauline hatte alle Briefe abgeschrieben und nach dem Tode von Johann Strauss/Sohn 1899 nach Wien gebracht. Dort haben u.a. Fritz Lange und Adele Strauss Einblick genommen, sie aber „redigiert“ (Lange 1925 drei Briefe). Adele Strauss veröffentlichte 1926 in „Johann Strauss schreibt Briefe“ Auszüge aus nicht weniger als acht Briefen – aber alle überarbeitet, gekürzt, versimpelt. Dr. Thomas Aigner, der kreative Leiter der Wiener Musiksammlung, entdeckte im Herbst 1993 die 100 Briefabschriften in der Wiener Handschriftensammlung, wo sie unter dem Stichwort „Smirnitzki“ abge-legt und daher unentdeckt geblieben waren. In Duisburg trug Martin Dickhoff (ein ehemaliger Student von Prof. Linke) eine wohlbedachte Auslese der Liebesbriefe von Johann Strauss/Sohn vor. Prof. Dr. Linke wirkte am Piano mit der „Romanze“ von Silke Wittenberg und den „Nachklängen aus Wien“ (aus eigener Feder), besonders aber als Begleiter der vorzüglichen Sopranistin Elvira Stroop, die vier Lieder von Olga Smitnitzkaja je zweimal vortrug. Die Lieder wurden nicht im russischen Original gesungen, sondern in deutscher Textunterlegung:

Nicht Dich lieb‘ ich mit solcher Glut / Opus 3 1856, Text: M. Lermontow, Übersetzung: W. Groeger

Sie hatten einander geliebt / Opus 5 1856, Text M. Lermontow nach H. Heine, Übersetzung: Johannes von Guenther

Hat das Leben Dich betrogen / Opus 9 1856, Text: Alexander Puschkin, Übersetzung: Martin Remané

Ihr reglosen Augen / Opus 13 1878, Text: A. Fet, Übersetzung: Olga Aigner

Drei dieser Lieder aus dem Jahr 1856 sind der Salonromantik verpflichtet, aber harmonisch durchaus reizvoll. Sie waren zur Zeit des ersten russischen Sommers von Johann Strauss/Sohn entstanden. Ob schon da eine Einflussnahme durch Strauss’sche Musik zu beobachten wäre, ist zwar nicht dokumen-tiert. Man könnte jedoch meinen, dass das Opus 9 Hat das Leben Dich betrogen mit seinem forschen Walzer-Rhythmus eine gewisse Einflussnahme nahe legen könnte. Von dem Duisburger Publikum erhielt es den meisten Beifall.

Unser neuer Kooperationspartner: Die Sparkasse Coburg-Lichtenfels ist regelmäßiger Sponsor der DJSG

von Ingolf Roßberg Einige Jahre gab es die regelmäßige Unterstützung durch Firmen für unsere Gesellschaft, aber das ist lange her. Bis zum Jahr 2008 unterstützte – als letzte der verbliebenen Firmen – das Pianohaus Stein-graeber & Söhne in Bayreuth unsere Gesellschaft – bis Heft 35 schaltete es regelmäßig Anzeigen in „Neues Leben“. Dann wurde auch dieses Engagement eingestellt. Nach mehreren Anläufen ist es uns gelungen, wieder einen Partner für unsere Gesellschaft und ein re-gelmäßiges Engagement zu gewinnen. Nach einem ausführlichen Gespräch des 1. Vorsitzenden im tradi-tionsreichen Haus am Markt mit dem Vorstandsmitglied, Dr. Martin Faber, und dem Leiter Marketing, Herrn Engelhardt, stand es fest: Die Sparkasse Coburg-Lichtenfels wird regelmäßiger Sponsoringpartner der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“.

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Am 17. Dez. 2014 konnte der Vertrag unterzeichnet werden, im Januar 2015 erreichte uns ebenfalls eine großzügige Spende der Sparkasse zugunsten der „Strauss-Tage“. Vielen Dank an das Haus, aber auch ganz persönlich, für diese Unterstützung, Dass wir unsere finanziellen Aktivitäten nunmehr alle über die Sparkasse Coburg-Lichtenfels abwickeln, versteht sich fast von selbst: Die Mitglieder, die sich am Lastschriftverfahren beteiligen, haben es schon erfahren und auch im Heft ist es erwähnt: Unsere neue Kontenverbindung lautet IBAN: DE06 7835 0000 0040 5989 22; BIC: BYLADEM 1 COB – bei der Sparkasse Coburg-Lichtenfels, selbstverständlich.

Mitgliedsbeitrag 2015 Unser Schatzmeister Dr. Michael Mahlert bittet die Mitglieder, die nicht am Einzugsverfahren teilneh-men, den Beitrag für 2015 (und ggf. den noch ausstehenden Beitrag für 2014) in den nächsten Tagen zu überweisen: Empfänger ist die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft e.V.“, Coburg, IBAN: DE06 7835 0000 0040 5989 22; BIC: BYLADEM 1 COB – bei der Sparkasse Coburg-Lichtenfels.

Alfred-Dreher-Schenkung teilrückabgewickelt Beschluss des Vorstandes vom 8. Feb. 2015

von Ingolf Roßberg Die Witwe unseres verstorbenen Ehrenmitgliedes Alfred Dreher, Anneliese Dreher, hat nach dem Tode ihres Ehemannes ab Oktober 2014 das Ansinnen an die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ gerich-tet, den gesamten Musikbestand an CDs und Kassetten von Alfred Dreher wieder in ihre Hände zu be-kommen. Dabei hat sie ihrerseits (z.T. sehr emotional) behauptet, dass dieser Teil nie zum Archiv gehört habe und der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ wörtlich unterstellt, sich wissentlich und wider-rechtlich bereichert zu haben. Dem ist die DJSG entschieden entgegengetreten: Seitens der Strauss-Gesellschaft liegt eine Übergabeur-kunde vor, unterschrieben sowohl von Alfred Dreher, als auch von ihr selbst, dass der von Jonas Geel-haar und mir im Februar 2014 übernommene Gesamtbestand als Schenkung der DJSG zufließt und dem Archiv der DJSG in Coburg eingegliedert wird. Es gab und gibt auch keinen Grund, dies nicht als Archiv-bestandteil zu betrachten, befinden sich darunter z.B. auch Mitschnitte von Hörfunksendungen, die von Alfred Dreher direkt bei den Rundfunkarchiven angefordert wurden. Mit Umlaufbeschluss vom 8. Feb. 2015 hat der Vorstand einstimmig entschieden, die Schenkung teil-rückabzuwickeln und der Witwe von Alfred Dreher diesen Teil der Schenkung – es handelt sich um sie-ben Pakete im Gesamtgewicht von 58 kg, die im Februar und März 2015 von Dresden zurück nach Heilbronn gingen – dokumentiert wieder auszuhändigen. Der Vorstand hat dazu auch Einblick in den Schriftwechsel genommen, den Frau Dreher mit dem Autor als bevollmächtigtem Vertreter der DJSG geführt hat und sich mit dem genannten Beschluss entschlos-sen – im Übrigen ohne Anerkennung eines Rechtsgrundes –, auf Dauer auf diesen Teil zu verzichten. Damit ist das „Alfred-Dreher-Archiv“ nicht mehr komplett vorhanden, jedoch konnten von einigen wis-senschaftlich wichtigen Kassetten und CDs Kopien als Privatkopie gesichert werden und stehen dadurch auch der Strauss-Welt weiterhin zur Forschung zur Verfügung. Wie wichtig dieses Archiv für nachfolgende Generationen ist, beweist eine immerhin seit einigen Wo-chen andauernde Korrespondenz mit einer jungen Hamburger Doktorandin und ihre Recherchen, auch hier in Dresden. Dieser endgültige Verlust dieses Archivteiles kann nur bedauert werden, dem ist sich jedenfalls der Vorstand in jeder Hinsicht bewusst.

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Straussianer treffen sich beim „Johann-Strauss-Festival 2015“ an der Staatsoperette Dresden

Dank der Unterstützung der Staatsoperette Dresden war es möglich geworden, eine größere Anzahl von Premierenkarten für „Cagliostro in Wien“ zu erhalten und so trafen sich insgesamt 16 Mitglieder unserer Gesellschaft in Dresden am 2. Mai 2015 im Haus in Leuben, launig begrüßt durch den Intendanten Wolf-gang Schaller, der daran erinnerte, dass es diese „Begegnungsstätte“ nicht mehr lange geben wird. Und in der Tat wird ja am Neubau der Staatsoperette Ende August 2015 schon das Richtfest gefeiert werden. Sie kamen aber auch zum Vortrag von Dr. Eduard und Thomas Strauss: „Was geh ich mich an – die zwei Gesichter von Johann Strauss Sohn und seiner Familie“, der im September auch in Coburg zu den Strauss-Tagen zu erleben sein wird. Einige der Straussianerinnen und Straussianer blieben dann auch noch am Sonntag, dem 3. Mai 2015 zu einer Aufführung von „Die Fledermaus“. Für die schon am Freitag bzw. Sonnabend-Vormittag Angereis-ten führte vor der Premiere Dr. Ingolf Roßberg in einem privaten Rundgang auf den Spuren der „Sträus-se in Dresden“ durch die Innenstadt Dresdens. Er machte dies gleichzeitig auch als „Generalprobe“ für den am 10. Mai stattfindenden öffentlichen Rundgang, der auch zu unserem Kooperationsangebot des Festivals mit gehörte. Die Rezensionen von „Cagliostro in Wien“ und „Die Fledermaus“ haben wir hier eingefügt. Leider wird es 2016 kein „Johann-Strauss-Festival“ in Dresden geben, da stehen die Zeichen bereits auf Umzug in das neue Haus.

Einen Strauss’schen Schatz ausgegraben – „Cagliostro in Wien“ an der Staatsoperette Dresden

Großer Beifall für eine gelungene Ausgrabung einer unbekannten Operette von Johann Strauss von Manfred Drescher

Im Gespräch mit dem Intendanten Wolfgang Schaller wird dessen Stolz richtig spürbar, der Stolz da-rauf, erneut eine Ausgrabung eines unbekannten Werkes von Johann Strauss als großen Erfolg auf die Bühne gebracht zu haben. Und dieser Stolz ist vollkommen zu Recht vorhanden, denn nach „Der Carneval in Rom“, „Das Spitzentuch der Königin“ und „Prinz Methusalem“ ist dies nun die vierte Aus-grabung einer Strauss’schen Operette und macht Dresden zum Mekka der Strauss-Freunde. So sitzen auch heute in der Premiere mit Dr. Eduard Strauss (dem Urgroßneffen von Johann Strauss Sohn), seiner Frau und seinem Sohn und dem Vorsitzenden der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, Dr. Ingolf Roßberg, viele weitere Mitglieder der Gesellschaft im Zuschauerraum – und eines kann man vorwegnehmen, sie alle waren begeistert von der spritzigen Darbietung des „Cagliostro in Wien“. Einige Stimmen, die ich nach der Premiere aufgefangen habe, sind am Schluss noch mit aufgenommen. Doch nun kurz zu dem Stück, welches nicht jedem Operettenfreund geläufig sein dürfte. Nun ja, vom eigentlichen sehr verwirrenden Inhalt, in dem auch die Kaiserin eine große Rolle gespielt hat, ist in der Neubearbeitung von Ansgar Weigner nicht allzu viel übrig geblieben. Geblieben ist aber, dass man nach wie vor nicht so recht weiß, um was es denn nun eigentlich geht, die Handlungsstränge sind beinahe so verwirrend gelegt wie in der Originalfassung. Alexander Graf Cagliostro ist in der Neuinszenierung ein charmanter Schwindler, Gauner und Scharla-tan, der den Leuten mit sogenannten Wundermitteln das Geld aus der Tasche zieht. Er narrt sie mit Zaubereien, mit Tränken, denen er eine starke Verjüngungsmöglichkeit zuschreibt und mit dem Hin-weis, dass er in der Lage sei Gold zu machen. Fast alle kann er um den Finger wickeln, nur Pater

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Fodor, der gerne mit der Witwe Adami angebandelt hätte, Zölibat hin oder her, misstraut ihm, ebenso wie der Bezirksvorsteher Lieven, welcher der heimliche Geliebte der Tochter der Frau von Adami ist. Mit Hilfe von Cagliostros Gehilfen Blasoni, der in der Inszenierung ihm so lange dienen muss, bis eine von ihm Cagliostro zugeführte Dame dessen Liebeskünsten standhält, erst dann wäre er frei. Daneben präsentiert Cagliostro auch seine angeblich 1000-jährige Tochter und Jungfrau Lorenza und drei ihm völlig treu ergebene Vasallen, die ihm bedingungslos folgen und alle Arbeiten und seien sie noch so un-

sinnig für ihn erfüllen. Erst als Cagliostro versucht, der Frau Adami ihr Vermögen zu entrei-ßen und gleichzeitig deren Toch-ter zu verführen, platzt die ganze Seifenblase und Cagliostro wird überführt und muss fliehen. Fällt es schon schwer, diese Geschich-te einigermaßen halbwegs zu erzählen, so fällt es auch schwer, sie auf der Bühne richtig zu ent-wirren. Aber muss man das wirk-lich oder sollte man sich nicht von der wunderschönen Musik von Johann Strauss einfangen lassen und die vielen Gags und humorvollen Einlagen als das ansehen, was sie sind, ein Mittel, die Zuschauer auf das Beste zu unterhalten? Und dies gelingt an diesem Abend auf jeden Fall. Dazu ein gut aufgelegtes Orches-ter und überwiegend ausge-zeichnete Sänger, was will das

Operettenherz denn mehr. Das Bühnenbild von Jürgen Kirner weiß zu gefallen und ist farbenprächtig und abwechslungsreich wie die Kostüme von Renate Schmitzer. Andreas Schüller hat die musikalische Leitung und er hält das Or-chester der Staatsoperette Dresden zusammen, schmissig und voller Feuer lässt er die Musik aufblühen und unterstützt dabei auch fürsorglich seine Sänger und überdeckt sie nicht mit Orchesterwogen. Viel Beifall für das Orchester und seinen Dirigenten ebenso wie für den Chor, der von Thomas Runge ein-studiert worden ist und seine Sache ausgezeichnet macht. Die Dramaturgie liegt in den Händen von Heiko Cullmann und die technische Leitung hat Mario Radicke. Der scheinheilige Wundertäter und Scharlatan Graf Cagliostro wird von Christian Grygas gegeben. Sein klarer, runder, hoher und voller Bariton, der an den entsprechenden Stellen auch durchschlagskräftig sein kann, weiß in jedem Punkt zu überzeugen. Er trumpft bei seinen Auftritten richtig auf, die rein ero-tische Aura ist sicher noch ein klein bisschen ausbaufähig.

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Blitzsauber, wie gestochen setzt Elena Puszta ihre Koloraturen als seine Tochter Lorenza und die 1000 Jahre, die sie sein soll, sieht man ihr in keiner Sekunde an und hören sowieso nicht, eine rund-

um überzeugende Leistung. Ebenso rundum überzeu-gend der Blasoni von Hauke Möller. Der arme Gehilfe des Schwindlers, der so gerne seine Frei-heit möchte, wird von ihm mit siche-rem, klarem und stimmschönem Te-nor dargeboten, daneben weiß er auch darstellerisch voll zu überzeugen.

Eine ganz tolle Leistung an diesem Abend. Ebenfalls mit hohem hellem und sicherem Tenor versehen der Sänger des Pfarrer Fodors Radoslaw Rydlewski. Auch er hat ein zusätzlich großes schauspieleri-sches Potential und macht seine Rolle zu einem Paradestück. Ingeborg Schöpf, tragende Säule der Staatsoperette Dresden, setzt ihren Sopran zum ersten Mal in einer Altersrolle ein und man merkt ihr bei jeder Geste die Freunde und den Spaß an, den ihr die Rol-le macht – und sie gibt ihrem Gaul, zur Freude des Publikums, auch reichlich Zucker. Maria Perlt als ihre Tochter Emilie überzeugt nicht nur mit einem lockeren frischen Spiel sondern vor allem auch mit einem warmen, leuchtenden, sehr vielseitig einsetzbaren Sopran, den man unter Anspielung auf ihren Namen auch als perlenden Sopran bezeichnen könnte. Eine große Hoffnung, die hier in Dresden heran-wächst. Mit vollem runden und durchschlagskräftigen Bariton verkörpert Gerd Wiemer den Bezirksvorsteher

Lieven rollende-ckend, als Seve-rin macht der Tenor Frank Ernst eine gute Figur und das Trio Andreas Sauerzapf, Mar-cus Günzel und Jannik Harneit machen als die drei Cagliostro-Gehilfen Giovan-ni, Emanuele und Francesco eine mehr als

gute Figur. Sie versprühen so viel Spielwitz und Freude und kosten auch den kleinsten Witz bis zum Letzten aus. Toll gemacht. Christiane Klotzek und Michael Kuhn vervollständigen als Familie Pfannberger das Ensemble.

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Eine rundum gelungene Vorstellung, wenn man die etwas verworrene Handlung nicht zu ernst nimmt, die den wundervollen Melodienreichtum von Johann Strauss wieder einmal beweist. Unter anderem war ich nach der Premiere auch mit Dr. Eduard Strauss im Gespräch. Er meinte, dass die Originalinsze-nierung etwas undurchsichtig war und er die Neuinszenierung sehr positiv sehe. Auch wenn es eine kleine Schwindelei mit dem „Zigeunerbaron“ gegeben habe (Cagliostro hatte seine Abschiedsarie mit der Musik von ‚Ja, das alles auf Ehr‘ aus dem Zigeunerbaron gesungen) sei auch dies legitim, die Haupt-sache sei doch, dass die wunderschöne Strauss Musik weiterhin ihre Freunde in der ganzen Welt finden würde und er persönlich freue sich ganz besonders über die Strausspflege in Dresden. Dr. Ingolf Roßberg, der Vorsitzende der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ hob hervor, dass das Publikum begeistert mitgegangen sei und dass man in Kürze ja ein neues Operettentheater in Dresden einweihen könne, was ein unglaublicher Kraftakt von Staatsoperette, Stadtrat und vielen weiteren Ver-antwortlichen gewesen ist und nicht hoch genug einzuschätzen sei. Dresden sei eine Hochburg der Strauss‘schen Musik erklärte er mit einem besonderen Dank an den Intendanten Wolfgang Schaller, der noch darauf hinwies, dass das Richtfest für den Rohbau der neuen Staatsoperette am 20. August sein werde und man davon ausgehe, dass man das neue Haus im Dezember 2016 einweihen könne. Da-für auch von uns alles erdenklich Gute. Besuchte Aufführung: Premiere am 2. Mai 2015. Bilder: Kai-Uwe Schulte-Bunert

Sekt und kein Selters – „Die Fledermaus“ an der Staatsoperette Dresden Unbeschwertes Vergnügen bei der „Königin der Operette“ von Johann Strauss

von Manfred Drescher Da wir schon einmal in der wunderschönen Stadt Dresden waren, gingen wir mit den anderen Straussianern und einigen weiteren Gästen ich am 3. Mai vormittags in die Matinee in der Staatsope-rette Dresden. Unter dem Titel „Was geh´ ich mich an?! – Die zwei Gesichter des Johann Strauss (Sohn) und seiner Familie“ gaben Dr. Eduard Strauss und sein Sohn Thomas unterhaltsam und mit vielen Mu-sikbeispielen garniert ein überraschend differenziertes und abwechslungsreiches Bild des genialen Mu-sikers. Und am Abend besuchten wir dann die Aufführung von „Die Fledermaus“. Die Premiere war bereits 2007 und wer nun glaub-te, eine verstaubte und nicht mehr zeitgemäße Aufführung zu erleben, der täuschte sich gewal-tig. Spritzig, witzig und unterhalt-sam war diese Aufführung und man verließ beschwingt die Staatsoperette. Über den Inhalt der „Königin der Operette“, wie sie oft genannt wird, braucht es aus meiner Sicht keine nähere Erläuterung. Die Inszenierung von Peter Kube ist wohltuend „altmodisch“ und dies meine ich im besten Sinne des Wortes. Unterhaltsam, komisch und ideenreich. Dem passt sich die Ausstattung von Barbara Blaschke an, bunt und ansprechend sind die Kostüme, man hat richtig Spaß an dieser Aufführung. Das Ballett war von Winfried Schneider gut eingestellt und auch die Choreinstudierung von Thomas Runge gab keinerlei Grund zur Klage. André Meyer ist für die Dramaturgie zuständig und die technische Leitung liegt in den bewährten Händen von Mario Radicke.

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Das Orchester der Staatsoperette hat unter der kompetenten Leitung des Dirigenten Christian Garbosnik keine Mühe, großen Applaus einzuheimsen. Dies beginnt schon bei der feurig und stim-mungsvoll gespielten Ouvertüre und setzt sich im ganzen Stück fort. Christian Garbosnik treibt das Or-chester zu rasanten Tonwogen, versteht es aber, es dann zurückzunehmen, wenn die Sänger ein klein bisschen Unterstützung brauchen, um nicht vom Orchester überdeckt zu werden.

Bei den Gesangssolisten gibt es keinen Aus-fall, alle verdienen sich den langanhalten-den prasselnden Applaus am Schluss der Vorstellung. Steffen Schantz als Gabriel von Eisenstein setzt seinen robusten durch-durchschlagskräftigen Tenor ein. Er besitzt eine strahlende Höhe und bietet – trotz einiger kleiner rauhen Stellen – eine impo-sante Leistung. Auch im Duett mit Jessica Glatte als Rosalinde weiß er voll zu über-zeugen. Über Jessica Glatte braucht man nicht viel zu sagen, sie ist eine der tragen-den Säulen der Staatsoperette und wartet

mit einer brillanten sängerischen aber auch darstellerischen Leistung auf. Ihr warmer, kräftiger und höhensicherer Sopran weiß zu gefallen. Ganz ausgezeichnet ist auch Hauke Möller als Gesangslehrer Alfred. Mit schmetterndem hohem, warmem und ausdrucksstarkem Tenor weiß er ebenso voll zu überzeugen wie mit einem fein abge-stimmten und exzellenten Spiel. Mit dem Alfred dürfte er eine seiner Paraderollen gefunden haben, wobei er bisher schon in vielen unterschiedlichen Rollen geglänzt hat. Als Gefängnisdirektor Frank trumpft Frank Blees mit vollmundigem Bariton auf, kultiviert im Gesang und überzeugend im Spiel setzt auch er seine Marken. Hervorragend bei Stimme auch Kathrin Göring als Prinz Orlofsky. Maria Perlt singt an diesem Abend die Adele und wie sie das tut, ist herausragend. Mit leichten bril-lanten und durchschlagskräftigen Koloraturen, setzt sie sich in Szene und kann nicht nur voll überzeu-gen, sondern lässt für die Zukunft zu großen Hoffnungen Raum (dies hatte ich bereits im Cagliostro

angemerkt). Es macht richtig Spaß ihr zuzu-hören. Frank Oberüber als Dr. Blind weiß in seiner kleinen Rolle zu überzeugen, ebenso wie Mandy Garbrecht als Ida und Noah Thomsen in der (eingefügten) Rolle von Ro-salindes Kind. Zum Schluss sei noch Tom Pauls als Frosch genannt. Er macht aus seiner Rolle als Ge-richtsdiener Frosch ein wahres Kabinett-stückchen. Etliches dürfte von ihm improvi-siert sein, wie beispielsweise der Plausch mit dem Publikum über die Ehe und viele weitere Bonmots. Zur Recht erhält er überaus star-ken Applaus vor dem Vorhang. Das Publikum

applaudiert lange, ausdauernd und sichtlich zufrieden mit dem Abend. Und was kann eine Operette schöneres bieten, als die vollständige Unterhaltung seines Publikums. Besuchte Aufführung: 3. Mai 2015, Premiere am 9. Nov. 2007, Bilder: Stephan Floß

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„Sträusse in Dresden“ Ein Stadtrundgang mit Ingolf Roßberg

Es gibt nur eine deutsche Stadt, in der alle fünf komponierenden Sträusse waren – und die ist nicht mehr deutsch (gemeint ist Breslau). So Prof. Norbert Linke vor dem Start des Rundganges am Neumarkt. Und für Dresden hat er auch recht: „Nur“ vier waren in der Stadt: Johann Strauss Vater 1834 und 1845, der Sohn 1852 und 1877. Dafür Eduard intensiver und das häufigste Auftreten ist das von Johann Strauss Enkel, der wenige Tage vor seinem Tod im Januar 1939 seine musikalische Laufbahn in Dresden ab-schloss und weit über 100 Gastkonzerte allein mit der „Dresdner Philharmonie“ absolvierte. Und dass Eduard Strauss in einer Abschiedsanzeige sich beim Publikum und der Kritik in Dresden bedankte (1878) ist jedenfalls so auch nicht in einer anderen Stadt nachweisbar. Und so gab es innerhalb von zwei Stunden diesen Rundgang, einmal quasi als „Generalprobe“ für die zur Premiere von „Cagliostro in Wien“ angereisten Straussianer am 2. Mai und dann öffentlich am 10. Mai 2015 für die Besucher des Johann-Strauss-Festivals. Zu beiden Terminen konnten exklusive Gäste be-

grüßt werden: Am 2. Mai waren es Dr. Eduard Strauss, Susanne und Thomas Strauss und am 10. Mai ließen es sich der Intendant der „Staatsoperette Dresden“, Wolfgang Schaller und seine Frau, sowie Prof. Werner Patzelt als Vorsitzender des „Förderforums der Staatsoperette Dresden e.V. und seine Frau nicht nehmen, dabei zu sein. Natürlich sind die „Strauss-Stätten“ fast nicht mehr existent, aber das exklusive „Hotel de Saxe“, Konzertort von Strauss Vater und Eduard, sowie Aufenthaltsort von Strauss Sohn existiert wieder (es war schon 1888 abgebrochen worden). Und natürlich die Semperoper, in der Ernst Edler von Schuch 1910 erstmalig auf der Welt den „Zigeunerbaron“ auf eine Opernbühne brachte und 1911 die Welturaufführung des wohl berühmtesten Strauss-Plagiates, des Walzers aus dem „Rosenkavalier“ von Richard Strauss (nach „Dynamiden“ von Josef, UA 34 Jahre vorher), statt-fand. Die noch existierende „Schweighofer-Villa“ (Felix Schweig-hofer agierte bei Strauss-Uraufführungen in Wien, machte aber

von Dresden aus Karriere und verstarb hier auch) existiert noch, war und ist allerdings zu Fuß während eines Rundganges nicht zu erreichen. Dafür konnten die Teilnehmer zumindest von der Brühlschen Terrasse aus einen Blick erhaschen – siehe Foto –, wo das Hotel „Stadt Wien“ stand, in dem Strauss Vater 1834 erstmalig in Dresden abstieg (auf der anderen Elbseite, heute ein Park (Baumbestand)) und wo sich jener kleine Verlag „J. G. Seeling in Dresden-N.“ befand, der den letzten, je von Strauss Sohn zu Lebzeiten geschriebenen Walzer – „An der Elbe“ (op. 477), (s)ein Auftragswerk – herausbrachte (zu Füßen der Dreikönigskirche, Turm im Hinter-grund). Vieles wurde nachgefragt, aber manches ist zwar bekannt, aber noch nicht abschließend recherchiert oder gar dokumentiert. Gleichwohl war die heimliche Hoffnung des „Stadtführers“, auch eigene Anre-gungen zu bekommen: Und sie kamen auch: Prof. Norbert Linke z.B. wies in einem Brief Ingolf Roßberg anschließend darauf hin, dass die Instrumentation des wohl bekanntesten Jugendwerkes von Johann Strauss Sohn, der Annen-Polka, op. 117, nicht von Strauss selbst stammt, sondern von seinem Freund Hugo Hünerfürst – und der war zu der Zeit (1852) Stadtkapellmeister in Dresden… Foto: Wolfgang Schaller

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Neue Mitglieder 2014

Als neue Mitglieder begrüßen wir in unserer Gesellschaft sehr herzlich:

- Giovanni Bria aus Rüti (CH), - Dr. Pierre Genée aus Wien, - Ulrich Göpfert aus Dörfles-Esbach, - Prof. Heinz Hellberg aus Purbach (A), - Susanne Hellberg, ebenfalls aus Purbach, - Dr. Christiane Meine aus Leipzig - Marie, Sofie und Florian Neubauer aus Bamberg, - Roland Seiffarth aus Leipzig (Ehrendirigent der Musikalischen Komödie Leipzig) - GMD Christian Simonis aus Magdeburg

Wir freuen uns, dass sie zu unserer Gesellschaft hinzugestoßen sind.

Die Krux mit der Kultur Ein Plädoyer für Vernunft

von Reto Parolari Reto Parolari ist seit wenigen Monaten Mitglied unserer Gesellschaft und zeigt in seinem Beitrag auf, dass „Selbstausbeutung“ in der unterhaltenden Musik an Grenzen stößt: Ein Pendant zum gestrichenen Neujahrskonzert in Coburg. Das Orchester Reto Parolari (ORP) ist wohl noch das einzige private Berufs-Sinfonie-Orchester, welches fast ausschließlich mit sinfonischer Unterhaltungs-Musik auftritt. Es sei hier wieder einmal erwähnt, dass es auf der ganzen Welt kein einziges Sinfonie-Orchester gibt, welches sich selbst trägt. Andre Rieu z. B. ist hochverschuldet, weil er keine Subventionen und Gönnerbeiträge bezieht. Geschafft hat es in Europa nur Kurt Graunke (1915 - 2005). Er gründete und leitete ein eigenes Sinfonie-Orchester mit 56 Musikerinnen und Musikern. Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg verlangte enorm viel Film-Musik und es wurden auch sehr viele Operettenproduktionen benötigt. Graunke erkannte klugerweise eine Marktlücke und bot sein Orchester mit den besten Dirigenten der damaligen Zeit an: Willi Mattes, Franz Marszalek, Franz Allers aber auch Robert Stolz. Graunke selber kümmerte sich vor allem um die klassischen Abonnementskonzerte, die er selber dirigierte. Er schrieb auch ein paar Sinfonien. Sein Kön-nen auf dem Gebiet der U-Musik war aber ebenfalls vorbildlich. Graunke hatte das Glück, dass er sein Orchester – als er selber ins Pensionsalter kam – nicht auflösen musste und quasi der Stadt München als heute noch existierende „Münchner Sinfoniker“ übergeben konnte. In Amerika gibt es viele halbprivate Orchester. Dort kann es vorkommen, dass im Programm hinter ein-zelnen Musikernamen noch andere Namen stehen. Das sind jeweils die Sponsoren der jeweiligen Musi-ker. Diese Form der Unterstützung hat den etwas schalen Beigeschmack von Leibeigenschaft. Trotzdem gibt es mittelgroße Orchester, die sich dem Kommerz anpassten und so überleben konnten (Max Gre-ger, Hugo Strasser, Ambros Seelos). Dann gibt es natürlich die Projektorchester, wie zum Beispiel das von James Last oder früher Bert Kaempfert, welche mit einem ganz eigenen und gut gemachten Sound für kurze oder längere Zeit auf Tourneen gingen um danach – bis zur nächsten Tour – in anderen Formationen zu spielen.

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Es mag sein, dass man sich mit dem Anbiedern an den Kommerz besser über Wasser hätte halten kön-nen. Ich habe das mit dem ORP über 40 Jahre lang nie gemacht. Ich habe mich nie vom Kommerz unter-jochen lassen. Ich halte es für meine und unsere Pflicht, dem Publikum abseits vom Mainstream Musik anbieten zu können, die qualitativ hochstehend ist und – aus welchen Gründen auch immer – nicht die Popularität anderer Werke erlangt hat. Dies wird in der klassischen Szene genauso gehandhabt. Hört man zum Bei-spiel am Radio den Sender „SwissClassics“, ist man immer wieder erstaunt und erfreut, wie viele gute unbekannte Komponisten und Werke es gibt, die qualitativ neben viel bekannteren Werken absolut be-stehen können. Hier sich zu viel beim Publikum anbiedern zu wollen, ist die falsche Taktik. Richtig ist, das Publikum mit Unbekanntem zu konfrontieren. Dies belebt die Szene und dies war die Kunst u.a. von Prof. Emmerich Smola beim Südwestfunk oder Prof. Max Schönherr damals bei Radio Wien. Dass sich heute gerade in der U-Musik vieles – leider – halten kann, was auf die Schnelle produziert wurde, was über eine Leisten zu Dutzenden und Hunderten hergestellt wird, hängt sicher auch mit den neuen Medien, den unzähligen Radio- und TV-Sendern zusammen, die pausenlos nach „Musikteppi-chen" lechzen und deren Bedarf an Billigware kaum gestillt werden kann. Tiefer sinken, als es die Unter-haltungsbranche im Moment tut, kann man kaum. Aber eben: Es gibt Sparten, die können sich ohne großzügige Unterstützung – sei es vom Staat, Kanton, Gemeinde oder aber Gönnern, Liebhabern und Sponsoren – nicht halten. Man geht immer davon aus, dass, wenn etwas unterhaltend sein soll, dies auch selbsttragend ist. Dass dem nicht so ist, mussten auch Größen wie z.B. Hazy Osterwald feststellen: Er konnte seine eigene Big-Band mit 18 Mann nicht halten und hat dann auf ein Sextett reduziert. Dies sind Ensembles, wo die Rechnung noch aufgehen kann. Alle großen Orchester, aber auch alle Theater, inkl. Berufs-Chören, Or-chestern und Ballett-Corps sind personell derart aufwendig, dass sich dies mit den Eintrittskarten nicht mehr rechnen lässt. Ein minimal besetzter Theaterchor beispielsweise verlangt 16 Stimmen: Das Prob-lem ist, dass mittlerweile auch das Verständnis für diese Formationen schwindet. Der Staat und die Kommunen renommieren gerne mit ihren kulturellen Leistungen und sonnen sich in deren Erfolg. Es kann deshalb nicht sein, dass die Kultur nur von Privaten getragen wird. Hier gehört die Politik nach wie vor eingebunden. Kultur und Sport sind im professionellen Rahmen ohne staatliche Un-terstützung nicht möglich. In den vielen Jahren, in denen ich mein Orchester leite – 41 sind es genau – habe auch ich mehrmals ans Aufhören gedacht. Einfach deshalb, weil der finanzielle und kommerzielle Druck zu stark wurde, weil auch wir seit vielen Jahren unsere Musikerinnen und Musiker weit unter den üblichen Ansätzen bezahlen müssen. Unsere Aufgabe, das Publikum auf hohem Niveau zu unterhalten, hat aber immer wieder gesiegt und lässt mich auch jetzt weitermachen. Die formidable Situation eines privaten Orchesters ist, selber über Programme und Werke entscheiden zu können. Dies dann noch basierend auf einem weiteren Luxus, gehört uns doch mittlerweile eines der größten Notenarchive Europas. Auch dessen Pflege ist sehr aufwändig und ein teures Hobby. Wenn wir auch Noten vermieten, können wir damit den Aufwand nur teilweise abgelten. So haben wir eine spezi-elle Software entwickeln müssen, die uns dafür mittlerweile innert Sekunden die wichtigen Daten eines Werkes liefert. (Fast) alle Noten finden wir zudem physisch innerhalb von 30 Sekunden. Mit Ihrer Hilfe, Ihrem Engagement und Ihrem Interesse wird es für das ORP und hoffentlich aber auch für die ZS-Big-Band weitergehen. Mögen die musikalischen Sternstunden weiter und von mir aus noch sehr lange leuchten – an mir soll's nicht liegen.

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Eine Nachricht aus dem ORP-Notenarchiv Liebe Freunde des ORP-Notenarchivs, im Jahr 2014 haben wir weitere Bestände in unser Archiv aufge-nommen. Darunter fallen insbesondere ca. 11.000 Titel des legendären Unterhaltungsorchesters Beromünster und ihrer Nachfolgerin, der DRS-Bigband. Insgesamt verfügen wir heute über 100.000 Titel, von Klavierstimmen über Salonorchester und Bigband bis zum großen sinfonischen Orchester. Davon sind 31.000 Orchesterwerke über unsere Homepage www.retoparolari.ch einsehbar. Wir würden uns freuen, wenn Sie diese Seiten einmal besuchen könnten. Ueli Anderes, Leiter ORP-Notenarchiv, Tössertobelstrasse 12, CH-8400 Winterthur

Die DJSG auf Facebook, www.djsg.de vorübergehend abgeschaltet Manfred Drescher hat freundlicherweise die Betreuung der Facebook-Seite unserer Gesellschaft über-nommen und bietet damit auch unsere Diskussionsplattform an. Wir freuen uns natürlich über „Likes“! Parallel ist unser Internetauftritt aus Wartungsgründen vorübergehend abgeschaltet worden. Wir hof-fen, nach einem Relaunch ihn bald wieder ins Netz stellen zu können.

Grüße aus der Musikschule „Avdo Smajlovic“ Neuigkeiten aus Visoko (Bosnien und Herzegowina)

Während der Feier zum 70. Geburtstag unseres Vorstandsmitglieds Rudolf Maeder wurden die Gäste gebeten, auf Geschenke zu verzichten und stattdessen die Musikschule in Visoko, die wir seit einigen Jahren unterstützen, zu bedenken. So wurden insgesamt und leicht aufgestockt 500 Euro gesammelt, die nach Visoko überwiesen werden konnten. Die Antwort auf diese Spende lautete folgendermaßen: „Mit dem Geld, das Sie uns zugeschickt haben, haben wir 2 große Metronome, 5 Päckchen Gitarren- und 2 Päckchen Geigensaiten gekauft, außerdem noch 2 Geigenbogen. Den Rest des Geldes geben wir sicher-lich für einige Möbelstücke aus. Vielen Dank nochmals und alles Gute – Armen Škobalj“ „Es ist eine große Freude für uns zu sehen, wie gut unsere Spenden in notwendiges Musikmaterial um-gewandelt werden!“, kommentierte Rudolf Maeder, der seinerseits der Hauptorganisator war. Herzli-chen Dank an ihn! Wie wir vom Direktor der Musikschule in Visoko (Bosnien und Herzegowina), Prof. Skobalj, erfahren haben, wurde davon auch noch ein neuer Schrank für das Sekretariat beschafft. Es tut gut zu wissen, dass wir der Schule dabei helfen können, funktionstüchtig zu sein und Schritt für Schritt ein entsprechendes Niveau in der Ausstattung zu erreichen: „Lieber Rudolf, ich wollte ihnen mitteilen dass wir von dem übrigen Geld der letzten Spende noch 3 Klaviere gestimmt haben. Zudem, wurde noch bei einem die Tastatur poliert und dem anderen wurde eine neue Saite ein-gebaut. Vielen Dank nochmals. Mit freundlichen Grüßen – Armen Skobalj.“ Und auch musikalisch überzeugte die Musikschule: „Lieber Rudolf, ich darf sie heute informieren dass wir gerade von dem internationalen Wettbewerb (Guitarfest) aus Sarajevo kommen und dem Wettbewerb der Musikschulen der „Bosnischen Föderation“. Dort haben wir 1. und 2. Plätze belegt. Und zwar in der Kategorie Kammermusik-Gitarre drei erste Plätze und in der Ka-tegorie Klavier-Vierhändig, den 2. Platz. Wir sind sehr zufrieden. Mit freundlichen Grüßen, Armen.“ Wir freuen uns mit der Schule und im Juni ist Rudolf Maeder im Auftrag des Vorstandes vor Ort – ein Nachbesuch anlässlich der Vergabe des Stipendiums der DJSG im Jahr 2014 an die Schule. Seinen Bericht lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben von „Neues Leben“.

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Aus unseren befreundeten Gesellschaften

Nachrichten aus dem Wiener Institut für Strauss-Forschung

„Tanz-Signale“ 2015 in Wien Tanz-Signale 2015: 12. bis 15. März 2015 – Ein Erlebnisbericht

von Rudolf Maeder

Thema: Johann Strauss (Sohn) und seine Librettisten

Die Wiener Operette – Ausdruck eines neuen Lebensgefühls an der Wende zum 20. Jahrhundert 75. Todestag von Victor Léon (1858 - 1940)

Persönliche Betrachtungen einer Wien-Reise: „Tanz-Signale Wien“ 2015 Ein herrlicher Auftakt zu den Wiener „Tanz-Signalen“ (nach dem Walzer op. 218 von Johann Strauss [Va-ter] benannt) ist immer der Flug von Zürich nach Wien. Auch diesmal war uns das Wetter hold, und so genossen wir bei einem Gläschen Champagner die Aussicht auf die herrliche Wolkendecke und das sanf-te Niedergehen auf österreichische Lande. In kürzester Zeit gelangten wir mit dem Taxi zu unserem Ho-tel am Kärntnerring und installierten uns im 5. Stock. Man öffnete die Balkontür, trat hinaus – und die Staatsoper lag einem zu Füßen… Während der nächsten fünf Tage war dies immer ein kleiner Höhe-punkt zu jeder Tages- und Nachtzeit, denn es lässt sich dabei beobachten, wie sich die Menschen auf der Straße verhalten. Am Abend strömen sie aus der Oper und eilen unter aufgespanntem Regenschirm ir-gendwohin, um 6 Uhr morgens sitzen sie mürrisch in der Straßenbahn, am Nachmittag erscheinen sie zu einem Protestmarsch am Opernring… Tradition hat bei mir seit vielen Jahren der Besuch beim Antiquar Robert Lauermann. Er betreute einst das Antiquariat bei Doblinger, war dann im Nebenhaus in zwei Räumen einquartiert, konnte aber die hohe Miete nicht mehr aufbringen und sitzt jetzt in zwei kalten Kellerräumen in Ottakring, bis er im Par-terre ein neues Verkaufslager bekommt. Unterdessen sammelt er fleißig Verlassenschaften und verkauft weiter seine Erstausgaben, was mir für die Vor-Eröffnung von Helmut Reichenauers Museum der Strauss-Dynastie sehr zugute kam. Es folgte ein Besuch im Stephansdom, um ein Vaterunser zu beten und Kerzen für die Lebenden und die Toten anzuzünden. Zur Information dann ein kleiner Sprung zu Wien Tourist, damit wir auf dem Laufenden sind, und ein Besuch bei EMI auf der Kärntnerstraße, da dieses Musikhaus immer Wiener Operettenschätze anzubieten hat! Der Ankunftsabend gehörte dem Restaurant „Anna Sacher“ im Hotel „Sacher“, wo man in aller Ruhe unter den Bildern von Anton Faistauer (österr. Maler, 1887 - 1930) speisen kann, wobei ein Wiener Schnitzel mit einem Glas Zweigelt zum Standard-Menü gehört. Anschließend wanderten wir durch die zwei Räume des Hotels mit den vielen Fotografien von berühmten Menschen, die das Sacher besuchten. Am nächsten Morgen spazierten wir über den Kärntnerring und den Schwarzenberg-Platz zum Unteren Belvedere, wo die Ausstellung „Europa in Wien. Der Wiener Kongress 1814/15“ zu einer Wanderung im Unteren Belvedere und der Orangerie einlädt (leider nur noch bis 21. Juni 2015), auf der man die Prota-gonisten des Kongresses, das Aussehen Wiens zu jener Zeit und die Belustigungen für die Gäste betrach-ten kann… Das im Sommer immer übervolle Café „Dehmel“ am Graben ist eine echte Oase im März, in der man einen kleinen Salat und eine Mehlspeis‘ genießen kann, ehe man den Zuckerbäckern beim Ver-fertigen von Osterhasen zuschaut und wieder ins Gewühl des Grabens zurückkehrt. Zum Schluss des Nachmittags holte ich einen Klavierauszug einer Operette vom Universal-Verlag (mit Textbuch) ab, es wird nicht verraten, was es ist, denn die Zuhörerschaft im September bei den Strauss-Tagen 2015 soll damit überrascht werden.

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Die Tanz-Signale 2015 trugen den folgenden Titel „Johann Strauss (Sohn) und seine Librettisten. Die Wiener Operette – Ausdruck eines neuen Lebensgefühls an der Wende zum 20. Jahrhundert. 75. Todestag von Victor Léon (1858 - 1940)“ (organisiert vom Wiener Institut für Strauss-Forschung) und begannen wie vor zwei Jahren um 19 Uhr mit einer Wiener Vorlesung im Festsaal des Wiener Rathauses (Donnerstag, den 12. März 2015). Es ist ein erhabenes Gefühl, am Abend die Feststiege 1 hinaufzustei-gen (als wäre man in der Staatsoper beim Opernball!), seine Mäntel hellrot gekleideten guten Geistern zu übergeben und noch eine Treppe höher in den hell erleuchteten Riesensaal zu treten. So viele be-kannte Gesichter waren da zu sehen: Frau Wakamiya (Mitglied des Vorstands der Japanischen Strauss-Gesellschaft), Prof. Dr. Norbert Linke (unser Ehrenmitglied), Dr. Eduard Strauss mit seiner Gattin Frau Susanne, Norbert Rubey (Wienbibliothek im Rathaus), Werner Abel und seine Frau Christa (unser bera-tendes Mitglied), Herrn Böck usw., usw. Wir hatten auch die Ehre, Herrn Dr. Pierre Genée, Nachfahre des wohl berühmtesten Librettisten von Johann Strauss, kennen zu lernen, der während des Symposi-ums noch eine wichtige Rolle spielen sollte. Der Abend begann mit der Polka Mazur op. 368 „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“ nach Motiven aus der „Fledermaus“. Im Rahmen der Wiener Vorlesungen hörten wir dann zwei Vor-träge zum Thema „Johann Strauss (Sohn) und seine Librettisten“: Prof. Hans-Dieter Roser (Wien) sprach über „Spielen und Anspielen. Überlegungen zu den Operettenlibretti von Johann Strauss (Sohn)“ und Univ.-Prof. Marion Linhardt über „Diva versus Komiker. Johann Straus (Sohn) und seine frühen Operet-ten zwischen Marie Geistinger und Alexander Girardi“. „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“, ist eine alte Maxime, die wir bereits in Gracians „Handorakel“, später wieder bei Schopenhauer finden. Das Publikum der Zeit wird den Satz sicher mehr in Schopenhauerschen Sinn verstanden haben, auch passte er ausgezeichnet zu den politi-schen Gegebenheiten jener Zeit (wie auch zur unseren!). Bei den Libretti stellt sich die Frage, ob sie denn wirklich so wienerisch sind und was das typisch Wienerische an ihnen ist. Das wienerischste Libret-to, das den Zeitgenossen zum Teil gar nicht gefiel, ist sicher dasjenige von „Cagliostro in Wien“. „Die Fledermaus“ ist ja eigentlich eine französische Angelegenheit (oder doch in Baden bei Wien?), wogegen „Waldmeister“ in sächsischem Gewand doch eher eine verkappte Wiener Gesellschaft zeigt usw. Die beiden großen Stars der frühen Strauss-Operetten waren sicher Marie Geistinger (die marmorschö-ne Diva) und Alexander Girardi (der vielseitige Komiker). Strauss bemühte sich menschlich und vor allem musikalisch, die beiden zufrieden zu stellen, ohne sie zu verärgern. Das ging so weit, dass er für Girardi ein Couplet schrieb, dass dieser dann zu singen hatte, wenn die Geistiger sich umzog. Die Geistinger hat es herausgekriegt – und der Krach war da. Beiden verdankt Strauss natürlich enorme Erfolge, und das bis zum heutigen Tag, denn die Rosalinde und der Frosch der „Fledermaus“ bezaubern immer noch ihr Publikum. Für uns etwas schwer zu verstehen ist das Cross-Dressing der damaligen Zeit. Die Sängerin von Suppés Titelrolle in „Fatinitza“ ist als Figur ein als Mädchen verkleidetet Mann. Orlowsky als sinnenfroher Gast-geber großer Feste wird von einer Frau dargestellt. In Strauss‘ „Der Karneval in Rom“ findet noch eine andere Verkleidung statt: Die Darstellerin der Hauptfigur Marie begibt sich in Männerkleidern nach Rom, um von ihrem ungetreuen Liebhaber nicht erkannt zu werden (das kennen wir von Boccaccio und Shakespeare!). Diese Verkleidungen sind eindeutig erotisch motiviert, denn es machte den Zeitgenossen Freude, Damen auf der Bühne in Strumpfhosen zu sehen, Männer in Frauenkleidern („Charleys Tante“) wurden erst viel später Mode, und Kaiser Franz Josephs Bruder Ludwig Viktor in Frauenkleidern scheint eher ein Kuriosum gewesen zu sein. Die anschließende Diskussion drehte sich u. a. um die Frage, warum viele Operetten nie mehr oder erst jetzt wieder gespielt werden. Die Antwort darauf kann nur heißen, dass das Dritte Reich sie und ihre

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Komponisten aus Deutschland verbannt hat mit dem Vorwurf, sie seien zu jüdisch, zu lasziv, zu wenig deutsch… Der Abend klang aus für uns im Café „Landmann“, gleich neben dem Burgtheater, wo wir mit Freunden in einem der klassischen Wiener Cafés mit ausgezeichneter Bedienung diskutierten und wienerische Speisen zu uns nahmen. Am nächsten Morgen begann das Symposium im Großen Hörsaal des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien, Universitätscampus Altes AKH, Hof IX, Eingang Wien 9, Garnisongasse 13, mit der Be-grüßung durch Prof. Michele Calella, Dr. Eduard Strauss und Norbert Rubey. Der Moderator Prof. Calella wies auf die Tatsache hin, dass die Librettisten eigentlich immer die Stief-kinder in der Musikgeschichte seien. Allerdings gibt es jetzt seit ein paar Jahren das Fachgebiet Librettologie, das sich mit diesem Thema intensiv beschäftigt. Dr. Strauss informierte über ein CD-Projekt mit Musik Strauss Vater und Lanner gespielt vom 2010 ge-gründeten Wiener Gemüts-Ensemble (die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ hat zu diesem Zweck Frau Susanne Strauss eine Spende übergeben). Nachdem Norbert Rubey einige Begrüßungsworte gesprochen hatte, erläuterte uns Herbert Zeman „Li-terarischen Anspruch und Publikumswirksamkeit – Aspekte der Textbücher der Altwiener Operette“. Er sprach über das Familien- und Ehebild der Zeit und deutliche Unterschiede in deren Rezeption vor und nach 1848. Die politischen Zustände spiegelten sich deutlich in den Operetten. „Wer uns getraut…“ ist ein Loblied auf die freie Liebe und war damals wohl kaum an der Tagesordnung1. Die Operette kehrte jedoch gerne später wieder zur alten Zeit zurück, so in Victor Léons „Wiener Blut“ zum Wiener Kongress! – Dr. Pierre Genée, ein Nachfahre des Universalgenies im Mittelpunkt der Goldenen Operetten-Ära, Ri-chard Genée, skizzierte für uns (nach seinem Buch) den Werdegang seines großen Vorgängers. Er ent-warf das Bild eines ungeheuer vielseitigen Mannes, der Sprechstücke, Operetten und Gesangsszenen schrieb, ausländische Operetten übersetzte und für sie zusätzliche Musik komponierte sowie musika-lisch auch den jeweiligen Komponisten wie Johann Strauss (Sohn) zur Verfügung stand. Prof. Ingomar Rainer brachte uns ein anderes Team näher: „Librettisten-Werkstatt – Der unbekannte Koautor Camillo Walzel“. Wir kennen Walzel (1823 - 1895) als Genée-Mitarbeiter nur unter dem Pseu-donym F. Zell. Er kam 1847 aus Deutschland und arbeitete an 30 Operetten mit, übersetzte aus dem Englischen und Französischen Stücke für das Burgtheater. Ihnen beiden verdanken wir Meisterwerke wie Millöckers „Bettelstudent“ und „Gasparone“, Suppés „Fatinitza“ und „Boccaccio“, Strauss‘ „Der Kar-neval in Rom“, „Cagliostro in Wien“ und „Eine Nacht in Venedig“ sowie Genées eigene beiden Operetten „Der Seekadett“ und „Nanon, die Wirtin zum goldenen Lamm“ (die berühmtesten unter 40 Bühnenwer-ken!). Barbara Denscher (die eine Biografie von Victor Léon vorbereitet) sprach natürlich über „Das hervorra-gendste aller Bücher in der Neuzeit. Victor Léon – Leben und Werk.“ Da bei diesem Symposium endlich einmal die Librettisten im Vordergrund standen, wurde auch über den zweiten großen Mann nach Ge-née gesprochen. Barbara Denscher als Biografin Léons konnte damit aus erster Hand berichten, dass z. B. der Nachlass Léons in 454 Mappen in der Wienbibliothek lagert und von ihr nach und nach gesich-tet wird. Léon schrieb über hundert Werke, darunter 25 Opern und 64 Operetten. Die Komponisten, für die er Libretti schrieb, sind: Ascher, Beer, Czibulka, Dellinger, Fall, Gärtner, Granichstaedten, Grünfeld, Hellmesberger, Heuberger, Kálmán, Lehár, Robert Mahler, Nedbal, Raimann, Stalla, Stolz, Stojanovits, 1 Hier muss sinngemäß dem Referenten widersprochen werden: Nach den Forschungsergebnissen zum „Heimat-recht“ in Österreich lebte ein ernst zu nehmender Teil der Wiener Einwohner in „wilder Ehe“ (Konkubinat), um den Folgen des „Abschubs“ bei Armut zu entgehen: Der Text sprach „der Galerie“ im „Theater an der Wien“ da-mals durchaus aus dem Herzen. I. Ro.

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Strauss, Strauss Enkel, Suppé, Uij, Weinberger, Weinzierl, Weis, Zamara! Was für eine Zahl! Er trat auch als Regisseur hervor, z. B. mit folgenden Werken: „Der Opernball“, „Wiener Blut“, „Vergelt’s Gott“, „Der Rastelbinder“. Eigentlich hieß er Victor Hirschfeld, sein Bruder Leo Hirschfeld (Pseudonym Leo Feld) schrieb ebenfalls Theaterstücke und Libretti und arbeitete als Übersetzer (Dickens). – Marie-Theres folgte darauf mit dem Thema „Kein Phönix aus der Asche – Der Ursprung von Victor Léons Talent“. In der Slowakei geboren, in Pécs (Ungarn) und Augsburg aufgewachsen, kommt Léon 1871 nach Wien. Nach Universitätsstudien, die ihm nicht besonders zusagen, wird er Journalist und gibt 1877 „Die Hausfrau“ heraus. Er wird Teil der Wiener Theaterszene und schreibt Operettenlibretti, u. a. für Ludwig Engländer (1853 - 1914), den Wiener Komponisten, der nach Amerika auswanderte und dort mit seinem Bühnenwerk (Operetten wie „The Girl from the Casino“) wie Kerker, Friml, Romberg usw. die Verbin-dung der europäischen Operette zum amerikanischen Musical herstellte. An diesem Abend ist bei uns „Italienische Nacht“, wir essen auf Anraten unseres Concierge im „Sole“ in der Annagasse. Und tatsächlich war es sehr gute italienische Kost, die uns da serviert wurde. Der Kellner freute sich sehr, dass wir als Schweizer Lugano kannten, denn er stammte aus Norditalien. Und so stand dann beim Abschied auf der Rückseite der Visitenkarte des Lokals „Cameriere Michele di Varese“! Am Samstag, dem 14. März 2015, begann das Symposium um 9.30 Uhr mit der Moderation von Dr. Edu-ard Strauss. An dieser Stelle sei mir ein wichtiger Einschub gestattet: Frau Susanne Strauss und Sohn Thomas waren wieder unermüdlich im Einsatz, um der Zuhörerschaft zwischen den Referaten Speis‘ und Trank zu reichen und Informationen zu geben. Ihnen sei ein ganz großer Dank ausgesprochen. Wie man später sehen wird, funktioniert die Firma Strauss jetzt absolut perfekt! Norbert Rubey eröffnete den Reigen der Referate mit „Strauss/Léon, ,Simplicius´, ein Versuch zur Re-form der Operette“. Im Jahre 1885 gerät der „Zigeunerbaron“ langsam, aber sicher zur komischen Oper. Johann Strauss fühlt in sich den Drang wie andere Komponisten vor und nach ihm (Lehár), eine Oper zu komponieren, sein Werk in der Hofoper gespielt zu sehen. Die Spieloper „Der Trompeter von Säckingen“ von Viktor Nessler, sehr beliebt, bringt 1884 das altdeutsche Element auf die Bühne, also warum soll Strauss nicht auch mal was Derartiges komponieren. Im Jahr 1886 schlägt der Librettist Ignaz Schnitzer die Komödie „Der Schelm von Bergen“ (nach Heinrich Heine) vor. Der Henker im Mittelpunkt der Hand-lung erinnerte aber zu sehr an Gilbert und Sullivans „Mikado“ und wird deshalb wieder fallen gelassen. Victor Léon möchte die Operette reformieren, was er mit Alfred Zamaras (1864 - 1940) romantisch ko-mischer Operette „Der Doppelgänger“ versucht hat. Parsifal, der reine Tor, und Simplicius (Grimmels-hausen), der einfältige Junge, geistern herum. Am 17. Dez. 1887 betritt im Theater an der Wien „Simplicius“ die Bühne (mit Girardi) und bringt es auf 30 Aufführungen. Das Werk wird umgearbeitet und später in Prag aufgeführt, dann aber vergessen. Es bleibt nur noch die Walzerromanze des Einsied-lers und der Walzer op. 427 „Donauweibchen“ zurück… Victor Léon verwendet 1902 Musik aus „Blinde-kuh“ und „Simplicius“ für seine Operette „Gräfin Pepi“, die sich wie „Simplicius“ auch nicht durchsetzte. Er erscheint selten auf den Spielplänen (nach 105 Jahren: Zürich 1999, Coburg 2004)! – Dr. Thomas Aigner sprach anschließend zum Thema „Die vergebene Chance – Max Kalbeck als Librettist von Johann Strauss (Sohn)“. Im Jahre 1893 sucht Johann Strauss wieder einmal ein neues Libretto. Max Kalbeck, Maurus Jokai, Ludwig Ganghofer, Ignaz Schnitzer und Shakespeares Komödie „Was ihr wollt“ (mit der Hosenrolle Viola/Cesario) sind im Gespräch, die Oper „Ritter Pásmán“ (1892) und die Operette „Fürstin Ninetta“ (1893) waren nicht die erhofften Erfolge geworden, Schließlich vertont Strauss das Buch zu „Jabuka oder Das Apfelfest“, Girardi bekommt natürlich seine Komikerrolle (Joschko), die Hand-lung spielt in Südserbien und ist eine Neuauflage von Shakespares „Der Widerspenstigen Zähmung“, hat aber keine serbische Musik! Wieder eine vertane Chance. –

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Marion Linhardt, die wir bereits bei der Eröffnung der „Tanz-Signale“ gehört hatten, präsentierte uns dann „Johann Strauss‘ moderne ‚Journalisten-Operetten‘“ („Fürstin Ninetta“, „Waldmeister“). Die Lib-rettisten Bauer und Wittmann liefern Strauss ein amüsantes Libretto, in dem natürlich Girardi auch sei-ne Rolle bekommt. Die Librettisten von Strauss sind fast durchweg Journalisten, also sehr schreibge-wohnte Zeitgenossen. Sie liefern wie ihr Nachfolger Gustav Davis allerdings keine ganzen Bücher, so wird sich Strauss zum Schluss darüber beklagen, dass er eine Geschichte vertont habe, die er gar nicht kannte. „Fürstin Ninetta“ wird zwar 74-mal gespielt (ein Erfolg!), und auch der „Waldmeister“ schlug mit 88 Aufführungen ein, aber das war’s dann schon fast für die Nachwelt, hie und da noch eine Aufführung. Im 20. Jahrhundert sah man den Waldmeister noch einmal in Coburg, die „Deutsche Johann Strauss Ge-sellschaft“ protestierte allerdings heftig, da man die Ouvertüre kürzen wollte, was aber dann zum Glück nicht geschah! Die 1890er-Jahre erlebten einen veränderten Operettengeschmack, es kam Zellers „Vo-gelhändler“, dann Heubergers „Opernball“, Reinhardts „Süßes Mädel“ usw. „Ninetta“ und „Waldmeis-ter“ gerieten in Vergessenheit… Der Beitrag von Prof. Norbert Linke, „Musikalische Entwicklungen in der Operette im Zusammenhang mit der Libretto-gemäßen Einbindung von neuen Tänzen“ erscheint im vollen Wortlaut in einer unserer nächsten Ausgaben von „Neues Leben“. Nach dem Mittagessen sprach Prof. Johannes Leopold Mayer zum Thema „Der Dompfaff, das entschwund‘ne Glück und die Moral. Wusch- und Sehnsuchtsbilder in Operetten des Johann Strauss (Sohn)“. So wie es Wien – die Stadt, die niemals war – in der meist dargestellten Art nie gab, sondern nur ein Sehnsuchtsort zur Vermarktung war (es verkaufte sich sehr gut!), so ist das Bild der Strauss-Operetten oft nicht sehr wahrheitsgemäß. Die Sittenkommission des „Zigeunerbarons“ z. B. war damals schon antiquiert. Und die sogenannten Recycling-Operetten (ein Libretto wird mit Strauss-Musik ange-reichert) wie „Wiener Blut“, „Frühlingsluft“, „Fanny Elssler“, „Gräfin Pepi“, „Tausend und eine Nacht“ usw. haben mit Wirklichkeit sehr wenig zu tun, waren aber zum Teil sehr erfolgreich. Und so lebt Wien in einer geschönten Form bis heute auf unseren Bühnen weiter. Die Menschen liebten und lieben es bis zum heutigen Tag, warum sonst könnte man es international so hervorragend vermarkten mit Kaiserin Sisi, der Sachertorte, dem Wiener Walzer und dem Schnitzel (das wahrscheinlich aus Byzanz stammt)? Da haben Qualtinger und Kreisler nur stellenweise an Boden gewonnen. Der Zuckerguss ist fast nicht wegzubringen, weil er doch so schön ist! – Nun erschien die uns vom letzten Jahr schon bekannte Musikwissenschaftlerin Isabella Sommer und sprach zum Thema „Es war einmal…, Victor Léons ,Wiener Blut‘-Geschichte und Anmerkungen zum Wiener-Kongress-Geschehen“. Isabella Sommer hatte sich einmal die Operette im Hinblick auf den Wie-ner Kongress vorgenommen, denn sie spielt ja 1814/15, allerdings nur am Rande und nicht im politi-schen Geschehen. Nur ganz wenige Namen in der Besetzungsliste wie Bitowski, die Léon zur historischen Glaubwürdigkeit eingefügt hat, sind belegbar, ein Engländer, ein Franzose… Das Haus Reuss-Schleiz-Greiz, für das Graf Zedlau zum Wiener Kongress gereist ist, gibt es so nicht, sondern das Haus Reuss-Schleiz mit verschiedenen Nebenlinien, und Greiz war die Residenzstadt des Hauses Reuss ältere Linie. Léon hat ein sehr interessantes Personenensemble zusammengestellt, aber es ist nicht historisch, son-dern theatralisch gut dargestellt. Gräfin Zedlau, die lebenslustige Wienerin, Franzi Caglari, die eher her-be Tänzerin, und Pepi, die fröhliche Probiermamsell. Ihnen stehen vier Herren gegenüber: Fürst Ypsheim-Gindelbach, Graf Bitowski, Graf Zedlau, Kagler und Josef. Die Verwechslungskomödie erreicht im dritten Akt ihren „weanerischen“ Höhepunkt beim Heurigen (mit zauberhafter Musik von Strauss!) und führt zwei alte Paare und ein neues zusammen… Nicht mehr sonderlich betonen muss man die Tat-sache, dass die Strauss-Musik keineswegs eine Walzer-Apotheose (wie kürzlich im „St. Galler Tagblatt“ zu lesen war!) während des Wiener Kongresses darstellt, also keineswegs authentisch für die dargestell-te Zeit ist, und dass die Wiener Besucher der Uraufführung sich keineswegs vor der Jahrhundertwende besonders für den Wiener Kongress interessierten – der Welterfolg der Operette kam einige Zeit später.

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Kevin Clarke, der auf Isabella Sommer folgte, muss nicht mehr vorgestellt werden. Er hat sich wie Volker Klotz sehr intensiv in Vorträgen und Büchern mit der Operette auseinandergesetzt und sehr erfolgreich versucht, ihr das Glitzernde, Erotische, Faszinierende wiederzugeben, dass sie nach dem Verbot im Drit-ten Reich verlor und nach dem Krieg als biederes Singspiel nicht mehr zurückerlangen konnte („Im Wei-ßen Rössl“). Erst in letzter Zeit erfährt sie wieder Gerechtigkeit (z. B. In der Komischen Oper in Berlin). Kevin Clarke zeigte in seinem Vortrag „Wiener Blut“ – eine explosive Gender-Komödie ums Triebleben aller Beteiligten“, dass die Personen von „Wiener Blut“ von ganz anderen Kräften gesteuert werden, als wir das annehmen. Der angeblich biedere Graf ist ein Schürzenjäger, seine lebenslustige Frau eine treue Gattin, die erotisch wirkende Tänzerin eine biedere Geliebte, die brave Pepi eine zu allem bereite Mam-sell, der Kammerdiener Josef ein eifersüchtiger Liebhaber, der gönnerhafte Fürst Ypsheim-Gindelbach einem Abenteuer nicht abgeneigt. Für mich ergab sich erstaunlicherweise eine Parallelle der ungewöhn-lichen Art. Die zeitlose Darstellung dieser Figuren war bei Mozarts „Nozze di Figaro“ (d. h. schon beim Dichter Beaumarchais) bereits vorgezeichnet: Gräfin Almaviva (Gräfin Zedlau), Graf Almaviva (Graf Zedlau), Franzi (Susanna), Pepi (Barberina), Josef (Figaro)… Auch seinen Beitrag werden wir in „Neues Leben“ veröffentlichen. – Nun sollte Wolfgang Dosch mit seinem Beitrag „,Gold gab ich für Eisen‘ – Die Operette im Krieg“ folgen, aber er war mit Proben am Theater in Zwickau beschäftigt und konnte somit nicht erscheinen (Wir hof-fen, seinen Beitrag noch einsehen oder sogar veröffentlichen zu können). – Als Letzter im Kreise der Referenten erschien dann Wolfgang Stanicek mit seinem Beitrag „Indivisibilité – ,neues‘ Copyright für ,alte‘ Librettisten“. Die Indivisibilité – die Untrennbarkeit – bezieht sich auf das Team, das das Werk geschaffen hat, also Strauss/Genée/Zell, Stolz, Rebner oder Erwin/Rotter, wobei der Komponist 4/12, der Texter 4/12 und der Verlag 4/12 erhält. Die Erben von Gustav Davis (1857 - 1951), der den „Waldmeister“ schuf, haben immer noch Anrecht auf Tantiemen. Damit sind sie die letzten Erben eines Textdichters von Strauss, da sie bis 70 Jahre nach dem Tod des letztlebenden Mitglieds eines Operettenteams Anrecht auf Tantiemen haben. Gustav Davis führte ein abwechslungs-reiches Leben: Er stammte aus dem damaligen Preßburg, ging zum Militär, wurde Feuilletonist, kam zur „Reichswehr“, heiratete 1892 Karolin Winter, 1893 kam seine Tochter Adelheid zur Welt (sie heiratete später Dr. Franz Geiger). Davis schrieb 40 Bühnenwerke, Dramen, Komödien. Er war ein Autodidakt. Be-sonderen Erfolg hatte seine Komödie „Das Heiratsnest“, das auch am Burgtheater (1893) gespielt wurde (Film, 1927). Für Johann Strauss schrieb Davis (mit Max Kalbeck) „Jabuka“ und allein „Waldmeister“, für Adolf Müller jun. die Militärpersiflage „General Gogo“. Im Jahre 1900 gründete er die heute noch exis-tierende „Kronen-Zeitung“, musste diese aber 1938 abgeben, sein Mitstreiter Leopold Lipschütz floh nach Nizza und nahm sich dort mit seiner Frau das Leben… Davis erwarb bis 1906 Ländereien im Ybbstal und ließ sich eine Villa, die er Schloss und Gut Hohenlehen nannte, bauen. Er betrieb dort Landwirt-schaft, gründete 1949 eine Schule und starb auch dort 1951. Die Landwirtschaftliche Schule Hohenlehen existiert heute noch! Dr. Eduard Strauss schloss mit seinen Worten das Symposium und lud für die nächsten „Tanz-Signale“ im Jahr 2016 ein (10. bis 13. März 2016), bei denen auch des 100. Todestages von Eduard Strauss gedacht werden wird… Wie üblich gab es nach einer Pause zum Schluss des Symposiums eine Enquête (nicht ein Konzert!): „Streiflichter der Operette – Musik und Texte aus Werken von Johann Strauss (Sohn)“. Das Ensemble „Studio da Camera“ Wien unter Leitung von Ingomar Rainer spielte schmissig die Ouvertüre zur Operet-te „Cagliostro in Wien“ (1875), den feinen Walzer op. 381 „Kennst du mich?“ aus der Operette „Blinde-kuh“ (1878), die „Methusalem“-Quadrille op. 376 voller herrlicher Melodien , den „Lagunen“-Walzer op. 411 aus „Eine Nacht in Venedig“ (Bearbeitung Arnold Schönberg, 1921) und die flott gespielte Schnell-polka „Auf der Jagd“ op. 373 aus „Cagliostro in Wien“ (1817). Ein Galopp von Johann Strauss Vater schmiss mich aus dem Hörsaal… Ich eilte in die helle Wiener Nacht hinaus und gelangte „Im Sturm-schritt“ zum Hotel zurück, machte mich frisch und zog mich um, dann ging’s mit Freund Otto mal kurz

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über den Opernring zu „Maredo“, wo in gemütlicher Atmosphäre ein Riesensalatbüffet lockt, eine Hummersuppe dampfend zum Tisch kommt und ein Fleischspieß darauf wartet, verspeist zu werden… Wir hatten uns für den Heurigen am Sonntag nicht angemeldet, sondern wollten den letzten Tag noch ein wenig genießen. Wir waren mit Freunden verabredet, um gemeinsam im „Schönbrunn Stöckerl“, 13., Schloss Schönbrunn 1, Meidlinger Tor, Eingang Schönbrunn, zu Mittag zu essen. Allen die Altwiener und böhmische Küche mögen, sei das Restaurant sehr empfohlen, außerdem schmücken Titelblätter von Wiener Musik und Künstlerfotografien die Wände. Dann aber ging’s eilig zurück ins Hotel, denn wir wa-ren ja zur Vor-Eröffnung des Museums der Strauss-Dynastie unseres Ehrenmitglieds Helmut Reichenauer um 18 Uhr geladen. In der Müllnergasse 3/7-9, Wien 9, in einer stillen Straße mit schönen Fassaden, trafen sich die Gäste und wanderten durch die neuen Räume, die nach Gebieten geordnet Illustrationen und Erstausgaben sowie Fotografien beherbergen und die Geschichte der Strauss-Familie erzählen. Hörstationen sind an-gebracht, damit man die ausgestellte Musik auch im Ohr genießen kann. Freund Otto und ich, Freund Urs und Ingolf Roßberg und Frau Astrid haben je eine solche Hörstation gesponsert. Das Museum hat viel Atmosphäre! Der Lebenstraum von Helmut Reichenauer hat Gestalt angenommen, zwei weitere Räume sind noch in Vorbereitung, nun beginnt die Reklame! Christine Stemprok (Fall, Nedbal, Wiener Theater Tag für Tag) und Marianne Reichenauer waren für das leibliche Wohl der Geladenen zuständig. Yvette Reichenauer, die Tochter Helmuts, hat ein ganz besonderes Lob für die Hängung der Ausstel-lungsstücke verdient. Die nächsten Erstausgaben wandern sicher ins Museum zu Helmut Reichenauer! Nach kurzen Ansprachen von Helmut, Dr. Eduard Strauss und Ingolf Roßberg überreichte unser beraten-des Vorstandsmitglied Werner Abel ein Ölgemälde von Johann Strauss (Sohn) aus Darmstadt. Susanne Strauss (die Firma Strauss endlich au grand complet!) hielt einen fachkundigen Vortrag mit Lichtbildern zum Thema „Die Leiden des Eduard Strauss I. Sein medizinisches Rezeptbuch aus historisch-pharmazeutischer Sicht“. Sie erklärte uns die im Rezeptbuch erwähnten Arzneien und zeigte auf einer imaginären Reise einige der Apotheken, in denen Eduard seine Medizin kaufte und die heute noch exis-tieren! Nun durfte ich mit dem letzten Programmpunkt in Erscheinung treten: „Die Strauss-Welt grüßt Wien“. Der von Bösendorfer zur Verfügung gestellte Flügel war natürlich ein großartiges Instrument, um die mir aufgetragenen musikalische Grüßen zu bestellen! Ich schlug ein paar Takte von „Wiener Blut“ an, denn wir waren ja im Hause des „Kulturvereins ‚Wiener Blut‘“. Es folgte der 1. Walzer von Johann Strauss Va-ters op. 218 „Tanz-Signale“, dem namengebenden Werk des Symposiums, mit Dank an das Institut für Strauss-Forschung für die vorbildliche Ausrichtung des Symposiums. Die kleine Gruppe von Straussianern in Paris grüßte mit ein paar Takten von Strauss‘ Walzer op. 279 „Morgenblätter“, aber vor allem mit einigen Motiven aus Jacques Offenbachs Gegenwalzer „Abendblätter“ (eine Kopie der engli-schen Ausgabe, „The Times“, ging an Helmut Reichenauer). Frau Wakamiya vom Vorstand der Japani-schen Strauss-Gesellschaft durfte den Katalog der gegenwärtig in Zürich laufenden Ausstellung über Japonismus in der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts mit nach Hause nehmen. Sie erhielt als mu-sikalischen Gruß der DJSG die japanische Walzer-Serenade „Butterfly“ (Lied und Boston, 1929) des Wie-ner Komponisten Robert Katscher. Den ebenfalls anwesenden Dr. Pierre Genée, der am Freitagabend in der Musiksammlung der Wienbibliothek sehr liebenswürdig sein Buch über Richard Genée vorgestellt hatte, grüßte die DJSG mit Melodien aus Richard Genées letzter Operette „Freund Felix“ (1894). The Johann Strauss Society of New York grüßte Wien mit dem Walzer Nr. 2 in C (für „Pardon My English“, nicht verwendet, erst 1971 gedruckt) von George Gershwin. Die Schwedische Strauss Gesellschaft wünschte dem Museum und Helmut Reichenauer alles Gute mit Eduard Strauss‘ Schnellpolka op. 45 „Bahn frei“. Wie es der Zufall wollte, war an diesem Tag gerade der 180. Geburtstag von Eduard Strauss. Mit den sanften Tönen vom „Im Prater“ (Altwiener Melodie) dankte die DJSG herzlich ihrem Ehrenmit-glied Prof. Nobert Linke für seine unermüdliche Arbeit (ein kleines Heft mit Altwiener Tänzen ging an ihn). Ein besonderes Dankeschön gebührte den immer im Hintergrund bleibenden Damen des Symposi-

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ums für ihre großartige Arbeit, dazu erklangen Motive aus Eduard Strauss Walzer op. 89 „Ehret die Frau-en“. Dem jüngsten Mitglied der Strauss-Familie, Thomas Strauss, gratulierte die DJSG zu seinem neuen Titel „Honorary Patron“ der Britischen Strauss-Gesellschaft und ließ für ihn Eduard Strauss‘ op. 78, die Polka française „Bruder Studio“, erklingen (eine Erstausausgabe ging an ihn). Peter Kemp hatte mich gebeten (da der Präsident John Diamond erst zwei Tage später zur Eröffnung anwesend sein konnte), eine Grußadresse an die Anwesenden zu verlesen und den Walzer „Greeting Valse“ o. op. von Eduard Strauss zu spielen. Ein Edmund-Eysler-Melodienreigen umrahmte die Übergabe durch Ingolf Roßberg eines Fotos des Komponisten mit Widmung an den großartigen Norbert Rubey aus der Wienbibliothek im Rathaus. Als Strauss Nr. 5 nahm Johann Strauss Enkel in Form von zwei Portraitkarten bei Helmut Reichenauer Wohnung im Museum, umrahmt von Johann Strauss Enkels Komposition „Das Wienerlied“. Eine Notenmappe ging an Norbert Rubey für die Wienbibliothek, und ich grüßte persönlich die Anwe-senden mit zwei Melodien des Schweizer Komponisten Paul Burkhard aus seinem musikalischen Lust-spiel „Der schwarze Hecht“ (1939, in Deutschland „Feuerwerk“, 1950). Mit Klängen von „Wiener Blut“ endeten meine musikalischen Grüße… Helmut Reichenauer wird im Almanach aus seiner Sicht über die Vor-Eröffnung und die Eröffnung des Museums der Strauss-Dynastie berichten. Bei Tafelspitz und Wiener Schnitzel im Café des Hotels „Imperial“ plauderten Freund Otto und ich noch gemütlich über den Tag und kehrten dann über den Kärntnerring ins Hotel zurück. Am nächsten Morgen wurden nach dem Frühstück noch kleine Einkäufe gemacht, dann war es Zeit, auf den Flughafen zu fahren. Man muss keine Sachertorten nach Hause schleppen, wie man in Schwechat erfuhr, tun es Sacherwürfel auch! In einem eleganten Abflug hob sich die Maschine über die Wolken und landete sacht nach einem herrlichen Flug in Zürich. Wenn wir das nächste Mal in Wien sind, wird es Sommer sein, meinen Geburtstag möchte ich dieses Jahr dort feiern; mit Freunden haben wir bereits vereinbart, gemeinsam vom Kärntnerring mit der Baden-Bahn nach Baden bei Wien zu fahren…

Ein herzlicher Glückwunsch nach Wien: Das „Museum der Strauss-Dynastie“ öffnete seine Pforten

von Ingolf Roßberg

Frontansicht des Museums der Strauss-Dynastie in der Müllnergasse 3, 1090 Wien (Nähe Franz-Josefs-Bahnhof, Haltestelle Bauernfeldplatz der Linie D Richtung Nussdorf, Beethovengang,

Öffnungszeiten: Mi. - Sa. 14 - 18, So. 10 - 13. Eintritt: 7 € Einzeltarif, 5 € Ermäßigte)

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Ein herzlicher Glückwunsch geht von unserer Gesellschaft an die Freunde des „Kulturvereins ‚Wiener Blut‘ mit ihrem Präsidenten, Prof. Helmut Reichenauer, zur Eröffnung des „Museums der Strauss-Dynastie“ nach Wien. Mit einem enormen Kraftakt wurde hier privat Beispielgebendes geleistet und der Strauss-Dynastie endlich auch ein würdiges Denkmal gesetzt (die Strauss-Wohnung in der Praterstraße ist ja schon reichlich „angestaubt“). Wie schon in den vergangenen Heften angekündigt, ist ein seit 15 Jahren gehegter Traum endlich in Er-füllung gegangen und um den 18. März konnte mit einer musikalischen Festwoche das weltweit erste Museum der Strauss-Dynastie feierlich eröffnet werden. Ermöglicht wurde das auch durch eine Groß-spende von RedBull, Salzburg.

Einer der Innenräume des Museums der Strauss-Dynastie (Fotos: Prof. Helmut Reichenauer)

Das Museum der Strauss-Dynastie setzt insgesamt fünfzehn Themenschwerpunkte, die in den Räumen zu finden sind:

1) Stammtafel der Strauss-Familie 2) Der Siegeszug des Walzers. Joseph Lanner und Johann Strauss Vater. 3) Heiter auch in ernster Zeit. Das tanzende Wien im Biedermeier. 4) Vom Vorstadtgeiger zum Manager und Meisterdirigenten. Die Konzertreisen des 1. Walzerkönigs

der Musikgeschichte. 5) Johann Strauss Sohn. Vom Dommayer-Debut bis zur Übernahme des väterlichen Orchesters. 6) Josef Strauss – Das Genie, das keines werden wollte. 7) Johann; Josef und Eduard. Das Triumvirat der 60er-Jahre. 8) Musik kennt keine Grenzen. Der Triumph des 2. Walzerkönigs in Europa, Russland und Amerika 9) „Hofball-Musikdirektor“ Eduard Strauss führt die Familientradition weiter. 10) Die Wiener Weltausstellung 1873 und die „Fledermaus“. 11) Johann Strauss Sohn als Operettenkomponist. 12) Musikalische Zeitgenossen der Strauss-Familie. 13) Industrielle Revolution und „Gründerzeit“ der Donaumonarchie im Spiegel Strauss´scher Werke. 14) Strauss und Habsburg. Die Familie des Walzerkönigs und das österreichische Kaiserhaus. 15) Die Wiener Ringstraße als Gesamtkunstwerk.

Ein besonderes Erlebnis ist, dass alle aufgezeigten Werke an Hörstationen auch „nachgehört“ werden können: Auf diese Weise ist es nicht nur eine kulturhistorische, sondern auch eine tönende Zeitreise.

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Unsere Gesellschaft war zu verschiedenen Gelegenheiten an der Vorbereitung des Museums mit betei-ligt, so schenkte beispielsweise Werner Abel seine komplette Plakatsammlung dem Museum. Alfred Dreher (†) stellte Unterlagen vor allem aus dem „Fremdenblatt“ zur Verfügung. Mitglieder waren auch Spender und Sponsoren, wie Urs Stuppan, Rudolf Maeder/Dr. Otto Horber und Dr. Ingolf Roßberg, die jeweils eine Hörstation sponserten. Bei diesem Sponsoring der Hörstationen hat sich auch die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ auf einstimmigen Beschluss des Vorstandes hin beteiligt und erhielt dazu folgendes Dankschreiben:

Sehr geehrte Vorstandsmitglieder der Deutschen Johann Strauss Gesellschaft, sehr geehrter Herr Dr. Ingolf Rossberg! Es war uns eine große Freude und Genugtuung, zu erfahren, dass die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft sich entschlossen hat, unser Projekt eines Ersten Johann Strauss Museums in Europa durch eine großzügige Spende zu unterstützen. Wir bestätigen, mittlerweile diese Spende erhal-ten zu haben. Diese wird in Form einer neu zu errichtenden Hör-Station in unserem Museum realisiert werden. Die Deutsche Johann Strauss Gesellschaft scheint hiermit auch als Sponsor einer Hörstation im Wiener Johann Strauss Museum namentlich auf. Vielen herzlichen Dank. Mit dem Wunsch auf weitere nachhaltige Kooperation mit unserer deutschen Schwester-Gesellschaft Prof. Helmut Reichenauer, Wien. Museumsdirektor und Obmann des KVWB Wien am 4.4. 2015

Wir freuen uns, dass Prof. Reichenauer im „Kulturhistorischen Symposium“ zu den Strauss-Tagen die Konzeption und die Geschichte des Museums näher vorstellen wird. Zum „Pre-Opening“ am 15. März 2015 siehe auch den Beitrag von Rudolf Maeder zu den „Tanz-Signalen 2015“ (S. 38 f.). Zur „eigentli-chen“ und offiziellen Eröffnung am 18. März 2015 war unsere DJSG ebenfalls vertreten.

Erste Konzerte im neuen Museum der Johann Strauss-Dynastie von Johannes Böck

Das Tokyo Johann Strauss Ensemble Herr Shunzo Karasawa mit seiner Ehegattin

Fotos: www.johann-strauss.at, Tanz-Signale 2010

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In den ersten drei aufeinanderfolgenden Tagen nach der feierlichen Eröffnung des Museums der Johann Strauss-Dynastie im 9. Wiener Gemeindebezirk fand ein Konzertzyklus mit dem Tokyo Johann Strauss-Ensemble statt. Dieses Ensemble – bestehend aus sechs Damen, die abwechselnd im Streichquartett spielen – hatte es sich zum Ziel gesetzt, weitgehend unbekannte Werke von Joseph Lanner und der Fa-milie Strauss einer breiten Weltöffentlichkeit bekannt zu machen. Verantwortlich hierfür ist Herr Shunzo Karasawa, ein pensionierter Manager aus Japan, der alle vorge-tragenen Werke für das Quartett arrangierte, die teuren Flugreisen, Hotelnächtigungen und Instrumen-tentransport für sich selbst und dem Ensemble finanzierte. Auf dem Programm standen:

Donnerstag, 19. März 2015:

Johann Strauss Vater: Fortuna-Galopp, op. 69 Künstler-Ball-Tänze I, op. 94 Cachucha-Galopp, op. 97 Original-Parade-Marsch, op. 102 Boulogner Galopp, op. 104 Österreichischer Fest-Marsch, op. 188 Pause Johann Strauss Vater: Kathinka-Polka, op. 210 Wiener Kreuzer-Polka, op. 220 Damen-Souvenir-Polka, op. 236 Eduard Strauss: En miniature, Polka mazur, op. 181 Josef Strauss: Jockey-Polka, op. 278 Eduard Strauss: Lyra, Polka française, op. 245 Zugabe: Johann Strauss Vater: Fortuna-Galopp, op. 69

Freitag, 20. März 2015:

Johann Strauss Vater: Deutsche Jubellaute, Walzer, op. 247 Eduard Strauss: Blauäuglein, Polka française, op. 254 Johann Strauss Vater: Versailler Galopp, op. 107 Joseph Lanner: Wiener Juristen-Ball-Tänze II, op. 84 Eduard Strauss: Schmeichelkätzchen, Polka Mazur, op. 226 Johann Strauss Vater: Der Carneval in Paris, Galopp, op. 100 Pause Johann Strauss Vater: Cäcilien-Walzer mit beliebtem Tremolo, op. 120 Gitana-Galopp, op. 108 Joseph Lanner: Bankett-Polonaise, op. 135 Gartenfest-Galoppe, op. 114 Mazurka aus Lanner’s Nachlass Eduard Strauss: Myrthen-Sträusschen, Walzer, op. 87 Zugabe: Johann Strauss Vater: Der Carneval in Paris, Galopp, op. 100

Samstag, 21. März 2015: Johann Strauss Vater: Minos-Klänge, Walzer, op. 145 Jugendfeuer, Galopp, op. 90 Kettenbrücke-Walzer II, op. 19

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Joseph Lanner: Komet-Walzer, op. 87 Eduard Strauss: Aus Lieb‘ zu ihr, Polka française, op. 135 Joseph Lanner: Die Neapolitaner, Walzer, op. 107 Pause Joseph Lanner: Bolero o. op. (letzte Komposition) Eduard Strauss: Brausteufelchen, Polka schnell, op. 154 Johann Strauss Sohn: Tritsch-Tratsch-Polka, op. 214 Joseph Lanner: Rosen-Cotillon, op. 86 Joseph Strauss: Ohne Sorgen, Polka schnell, op. 271 Johann Strauss Vater: Des Wanderers Lebewohl, Walzer, op. 237 Besonderes Interesse erwecken jene Werke von Joseph Lanner und Eduard Strauss, wobei von den meisten hier vorgetragenen Werken bis heute keine Aufnahme existiert. Die Werke von Johann Strauss Vater kann der Musikfreund auf der von den Herren Prof. Christian Pollack und Prof. Ernst Märzendorfer (†) initiierter Gesamtaufnahme der Plattenfirma Marco Polo abhören. Die Tritsch-Tratsch-Polka, op. 214, von Johann Strauss Sohn sowie die beiden Schnellpolkas „Ohne Sorgen“, op. 271, und „Jockey“, op. 278, von Josef Strauss werden immer wieder im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker vorgetragen. Das letzte Konzert war besser besucht als in den beiden Vortagen. Herr Prof. Helmut Reichenauer, der „Gründervater“ dieses Museums und des „Kulturvereines Wiener Blut“ führte mit interessanten Hinter-grundinformationen durch das Programm. Seine Gattin, Frau Marianne Reichenauer, sorgte für das Buf-fet. Die Mitglieder dieses Ensembles wurden mit liebevoll verpackten Johann-Strauss-Sohn-Schokolademünzen und je einer CD mit Werken der Familie Strauss, welche in den Wiener Sofiensälen uraufgeführt wurden, für ihre Darbietungen sowie mit einem redlich verdienten Applaus der Konzertbe-sucher belohnt. Für diese Veranstaltung ist sowohl Herrn Prof. Helmut Reichenauer, seinem Team und seiner Familie sowie Herrn Shunzo Karasawa mit dessen Ensemble Dank zu sagen.

Nachrichten aus der Tschechischen Strauss-Gesellschaft Die tschechische Johann-Strauss-Gesellschaft („Česká společnost Johann Strauss“) hatte auch unsere Mitglieder zur Jahreshauptversammlung und dem Konzert der „Flotten Geister“ für Samstag, den 16. Mai 2015 um 17 Uhr im Schloss Austerlitz eingeladen. Für Sonntag waren dann Ausflüge geplant und am Abend ein Treffen im Weinkeller.

Wir freuen uns, dass unser Mitglied Jiří Preisinger den Kontakt hergestellt hat. Wenn wir es dieses Jahr nicht realisieren konnten, so freuen wir uns, wenn der Kontakt auf diese Wei-se wieder verstärkt werden könnte. Das Foto entstand beim Konzert 2014 auf Schloss Austerlitz.

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40 Jahre österreichische Tradition in Edmonton von Ingrid Schwaegermann

Vorbemerkung der Redaktion: Die kanadische „Johann Strauss Foundation“ feiert dieses Jahr ebenfalls ihr 40-jähriges Bestehen. Rund um den diesjährigen Ball hat die Autorin ein liebevolles Bild gezeichnet, das am 1. Feb. 2015 im „Albertaner – Die Stimme der Deutsch-Kanadier in Alberta“, selbstverständlich in deutscher Sprache, erschien. Wir danken Herrn Arnim Joop für die uns freundlich erteilte Nachdruckge-nehmigung, Frau Schwaegermann sei gedankt für die Überlassung des Beitrages für uns.

Österreichische Einwanderer brachten in den 50-er und 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts auch die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Tradition der Wiener Ball-saison und des Wiener Walzers mit sich, die von den ersten Anfängen ab 1750 über die plötzliche Gesell-schaftsfähigkeit beider Phänomene durch den Wiener Kongress 1814/1815, zum Siegeszug des Walzers durch Joseph Lanner und die Strauss-Familie im 19. Jahrhun-dert, bis zur Herauskristallisierung des Wiener Opern-balls als dem gesellschaftlichen Ereignis Wiens ab 1956 reicht. Der von ihnen durch die 1975 gegründete Johann Strauss Foundation ins Leben gerufene Johann Strauss Ball jährt sich heuer zum vierzigsten Mal. Wie mir Karin Fodor, die Präsidentin und Schatzmeisterin der Johann Strauss Foundation, der ich viele der in dieser Vorschau enthaltenen Einzelheiten verdanke, erklärte, wird der Ball mit Unterstützung des Wirth Institute for Austrian and Central European Studies und der Faculty of Arts der University of Alberta organisiert. Er öffnet am Samstag,

dem 28. Februar 2015 im Alberta Ballroom des Chateau Lacombe Hotels um 17.30 Uhr seine Türen zum Champagner-Empfang. Bürger aus allen Teilen Albertas und Kanadas sind herzlich dazu eingeladen. Um 18.30 Uhr folgt ein Abendessen mit fünf Gängen mit Wein und Likör zum Nachtisch. So gestärkt werden die Ballgäste um 19.45 Uhr der offiziellen Begrüßung des österreichischen Botschafters Arno Riedel und Alfred Wirths und anderer Honoratioren lauschen und danach eine Tanzeinlage genießen

können, ge-folgt von der Überreichung der Stipendi-en an erfolg-reiche Musik-

studenten und deren Darbietungen um etwa 20.15 Uhr. Die Debütan-tinnen und

ihre Kavaliere werden gegen 20.30 Uhr, voraussichtlich zu den Klängen der Fächerpolonaise, einmar-

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schieren, die Polonaise an-führen und dann den Ball mit dem Donauwalzer von Johann Strauss Sohn einlei-ten. Diesen „klassischen Teil“ wird das Johann Strauss-Orchester unter der Leitung von Michael Clark bestreiten. Im ersten Teil des folgenden allgemeinen Tanzes werden sich dieses und die C-Jam Bigband un-ter der Leitung von Herb Henley, mit Arrangements von „Ed Panker“ abwech-seln.

Um 23.00 Uhr können sich die müden Tänzer bei einer weiteren Augenweide, einer Ballroom Dance Per-formance, ausruhen und eine halbe Stunde später mit der traditionellen Goulaschsuppe stärken. Um Mitternacht wird es dann bei der sehr beliebten Quadrille zu den Klängen der Fledermaus wieder sehr lebendig zugehen! Den letzten Teil des allgemeinen Tanzes wird dann die C-Jam Bigband alleine bestrei-ten, und ab etwa 1.30 verlassen dann die Gäste – meistenteils leider! – den Ball. Auf alle Fälle wird er mit dem letzten Walzer Brüderlein fein um 2.00 Uhrsein Ende finden. Wer von außerhalb Edmontons angereist ist, kann danach das sogenannte Take the elevator home-Programm des Hotels Chateau Lacombe wahrnehmen und dazu ein Zimmer mieten (Einzelheiten, auch zur Online-Bestellung, siehe deren Website: www.chateaulacombe.com). Während Österreicher dem Genuß zugeneigt sein sollen, haben sie aber auch ein besonderes Talent dazu, das Angenehme nicht nur mit dem Nützlichen, sondern sogar mit dem kulturell Erstrebenswerten zu verbinden, denn der eigentliche Zweck des Johann Strauss Balls ist, durch die Eintrittsgelder und Spenden finanzielle Mittel zur Förderung (durch Stipendien) talentierter Musikstudenten Albertas durch das Studium an solch traditionsreichen Lehrstätten wie der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, der Universität Mozarteum in Salzburg, und neuerdings auch dem Franz-Schubert-Institut in Baden bei Wien (in Sommersemestern und Meisterklassen), zu ermöglichen. In der 40-jährigen Geschichte der Johann Strauss Foundation, einer sogenannten Non-Profit Private Company, kamen Musikstudenten dadurch bisher etwa 800.000 $ zugute. Im Einzelnen wurden dabei 137 Stipendien an 111 talentierte Studenten vergeben. 2009 übergab die Johann Strauss Foundation ihre Investitionen zum Zweck der Gründung des Johann Strauss Endowment Funds der University of Al-berta, um den Weiterbestand der Förderung junger Musiker, gekoppelt mit dem finanziell gleichwerti-gen Beitrag der Regierung von Alberta (Alberta Future Funding) zu gewährleisten. Seitdem arbeitet die Johann Strauss Foundation eng mit dem Wirth Institute zur Organisation des Balls und in Bezug auf die Stipendien an Musikstudenten zusammen. Wie Fodor betonte, betrachtet die Foundation die Stipendiengewinner jedoch noch immer als „ihre“ Gewinner. Die Johann Strauss Foundation ist eine sogenannte Charitable Organization, die Steuerquittungen für alle Spenden und für einen Teil des Ein-trittspreises für den Ball ausstellen kann. Heuer steht am 5. Juli 2015 auch noch ein Konzert bisheriger Stipendiaten aus vier Jahrzehnten bevor, bei dem sie auch über ihren eigenen Weg erzählen können. Diese Veranstaltung soll aber auch wiede-rum dem Zweck des Fundraisings zugunsten neuer Stipendiaten dienen.

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In diesem Zusammenhang liegt es der Johann Strauss Foundation sehr am Herzen, dass sich Albertas Musikstudenten nicht scheuen, sich beim Wirth Institute der University of Alberta um ein Stipendium zu bewerben. Die Erfahrung eines Sommersemesters bzw. auch einer Meisterklasse in Österreich und sei-ner kulturellen Atmosphäre ist allein schon für ihr persönliches Leben, aber danach bestimmt auch für ihr berufliches Leben wertvoll. Gerne gesehen wird es auch, wenn sich junge Albertaner sowohl als Ballgäste, Debütantinnen oder de-ren Begleiter, aber als auch als freiwillige Helfer bei dieser Organisation, einbringen. „Welch eine wun-derbare Veranstaltung für ein besonderes ‚Date‘ mit Ihrer Freundin! Deshalb bieten wir jetzt auch stark reduzierte Studententickets an. Hoffentlich werden diejenigen, die dadurch den Ball besuchen, sich mit dem Gedanken tragen, freiwillige Helfer zu werden. Wir könnten ihnen danach dabei helfen, mit der Zeit Teil unseres Organisationskomitees zu werden“, sagte Fodor dazu. Sie erwähnte auch, dass sich junge Damen eher im weißen Ballkleid mit langen, weißen Handschuhen vorstellen können als junge Männer im schwarzen Frack. In den letzten Jahren habe sich die Anzahl der teilnehmenden Paare auf etwa zehn bis zwölf einge-pendelt. In Bezug auf junge Ballbesucher konnte ich im Internet den einen oder anderen begeisterten Bericht junger Leute lesen, also bestimmt kein schlechtes Zeichen! Der Ball hat sich in den letzten Jahren auch insofern an das jüngere Publikum angepasst, als die Musik in der zweiten allgemeinen Tanzhälfte, wenn die sogenannten älteren Semester sich eher im Gespräch zurücklehnen, zusehends jünger wird. Falls sich das junge Publikum vermehren sollte, wird auch an eine parallele Disco in einem anderen Saal gedacht werden können. In Bezug auf freiwillige Helfer konnte die Johann Strauss Foundation in den letzten Jahren einige neue Mitglieder begrüßen, darunter auch junge Leute, wür-de sich aber weiter über neue Enthusiasten sehr freu-en. Abschließend sei noch erwähnt, dass am 13. Februar 2015 das Wirth Institute sein monatliches European café veranstalten wird, diesmal mit dem Thema Johann Strauss Ball und die Geschichte der Johann Strauss Foundation, und zwar in den Council Chambers im Old Arts Building der University of Alberta. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Wirth Institute: www.wirth.ualberta.ca. Mit nochmaligem Dank an Frau Karin Fodor wünsche ich Ihnen auf alle Fälle am 28. Februar eine rau-schende Ballnacht! Anm. unserer Redaktion: …was sie dann auch wurde! Soweit der Bericht aus dem „Albertaner“. Unsere herzlichsten Glückwünsche gehen zum Jubiläum nach Edmonton und wir wünschen vor allem dem Stipendiatenkonzert am 5. Juli 2015 einen herausragenden Erfolg. Natürlich haben die Vorbereitungen für den Ball 2016 längst begonnen… Fotos: Johann Strauss Foundation (Johann Strauss Ball 2015)

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Nachrichten aus unserer japanischen Schwestergesellschaft Unsere japanische Schwestergesellschaft ist genauso alt wie wir! Sie feiert in diesem Jahr ebenfalls ihr

40-jähriges Bestehen. Am 3. Nov. 2015 wird aus diesem Anlass eine Festveranstaltung stattfinden. Das soeben erschienene Bulletin Nr. 300 (siehe Abbildung) ist gleichzeitig eine Sondernummer zum 40-Jahr-Jubiläum der Gesellschaft. Wir fühlen uns unserer japanischen Schwes-tergesellschaft besonders in diesem Jahr sehr verbunden, gratulieren herzlich zu ih-rem 40-jährigen Bestehen und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute. Der Ehrenpräsident der japanischen Gesell-schaft, Kazuyoshi Akiyama, gratuliert in die-sem Bulletin „seiner“ Gesellschaft herzlich, zollt ihr Respekt für die Leistungen aller betei-ligten Mitglieder und hofft, dass sie noch viele Jahre bestehen möge. Am 5. Mai fand im Hotel „New Grand Yoko-hama“ ein Ball zum 40-Jahr-Jubiläum der ja-panischen Gesellschaft statt. Die Generalversammlung findet am 20. Juni 2015 statt. Kurz zusammengefasst berichten wir über die

letzten Aktivitäten in Japan seit unserem letzten Bericht in „Neues Leben“: Auf großes Interesse stieß bei den Mitgliedern der japanischen Gesellschaft im September 2014 ein Vor-trag von Herrn Kato über Leben und Tod im Wienerlied. Das Wienerlied ist als eine eigenständige Schöpfung der Wiener Kultur wie der Wiener Walzer zu sehen. In einem besonderen Milieu ist es kultiviert und verfeinert worden. So reichen seine Inhalte über viele Aspekte des täglichen Lebens der Wiener Bürger bis zu einer besonderen Lebensphilosophie. In diesem Punkte unterscheidet es sich von japanischen Volksliedern oder Liedern anderer Nationen. Es unter-scheidet sich ebenfalls deutlich vom deutschen Lied, wie es z. B. Schubert oder Schumann komponiert haben. Viele europäische Städte haben geniale Musiker hervorgebracht, aber ohne das Wienerlied oder den Wiener Walzer hätte Wien nicht den Titel „Herz der Musik“ bekommen. Die Ursprünge des Wienerlieds sind in vielen Richtungen zu suchen. Es kann sich um ein altes Volkslied handeln, einen zeitweise beliebten Gassenhauer, ein kurzes Couplet aus einem Bühnenwerk, in neuerer Zeit ein Operettenlied. Das erste Wienerlied soll um 1700 entstanden sein, der Text weist bereits auf das Wienerlied hin. Im Jahre 1679 litt Wien unter der Pest und 60 000 Bürger starben. Der im Lied vorkom-mende Augustin („O du lieber Augustin“) ist ein Dudelsackpfeifer, der zu viel getrunken hatte und auf der Straße zusammenbrach. Er wurde fälschlicherweise als Pesttoter angesehen und in eine Grube ge-worfen. Glücklicherweise stand er wieder auf. In Japan kannte man das Lied als fröhlichen Gesang, aber

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in jenen Zeiten erfuhren die Menschen nur Verzweiflung, Armut und Todesangst. Dieses Lied brachte die Menschen zum Lachen und gab ihnen Hoffnung, sie sahen in Augustin einen Schutzengel und machten ihn unsterblich! „Wien, du Stadt meiner Träume“ ist in Japan sehr bekannt. Viele Wienerlieder erinnern uns an die Stadt Wien und lassen uns einen Blick in das Alltagsleben der Wiener tun wie z. B.:

„Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ „Mei Muatterl woar a Weanerin“ „Der Umfang des Weinkellers“.

Typisch für das Wienerlied ist Lebhaftigkeit, Fröhlichkeit und Optimismus ohne Weltschmerz, Gemüt-lichkeit, Sentimentalität und Melancholie, ein spezieller Wiener Humor, Spaß und Sarkasmus (die letzten drei stehen häufig im Mittelpunkt der Lieder). „O du lieber Augustin“ ist ein gutes Beispiel für ein Wie-nerlied. Wenn wir das Wienerlied genauer anschauen, dürfen wir den Tod nicht übersehen, der in fröhlichen Liedern vorkommt. Das ist typisch wienerisch, der Tod wird leichthin akzeptiert. Das Folgende ist be-kannt: Mozart schrieb, dass der Tod der beste und treueste Freund der Menschen sei (in einem Brief an seinen Vater Leopold). In Wien nennt man eine Beerdigung eine „schöne Leich“. Wenn jemand gestor-ben ist, wird er gut angezogen in einen Sarg gelegt. Viele Leute werden eingeladen, und das vergangene Leben des Toten wird wohlwollend erwähnt. Auf dem Hintergrund dieser Traditionen ist es unmöglich, sich nicht wohl zu fühlen, wenn im Wienerlied vom Tod gesungen wird. Das Wienerlied ist so kunstvoll gemacht, dass es mit dem Tode spielt, dies in einer liebenswürdigen Art und zeigt damit Lebensfreude. Somit hat der Tod seine Berechtigung im Wienerlied, das Freude und Lebenslust verbreitet. Beispiele dafür sind die Wienerlieder „Jetzt trink‘ mer noch a Flascherl Wein“, „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ (Georg Kreisler, 1922 - 2011). Wie im Titel sind die Texte voller schwarzem Humor und der Walzer ist ungewöhnlich, kraftvoll und anziehend. Es ist eines der Meisterwerke bei den Wienerliedern. Das erste regelmäßige Treffen der japanischen Strauss Gesellschaft im neuen Jahr fand am 21. Februar statt. Herr Furumi brachte Kostbarkeiten von Johann Strauss (Sohn), Lehár und Kálmán aus seiner eig-nen Operettensammlung zu Gehör. Beim Treffen im März sprach Herr Mikami über besondere Zeiten für Strauss-Liebhaber der Tanzmusik. Dr. Akiyama, der Dirigent des Tokio Sinfonie Orchesters, ist ein leidenschaftlicher Eisenbahnliebhaber. Sein Konzert am 25. April 2015, 14 Uhr, Tokio Opera City, war deshalb dem Bahnwesen gewidmet. Warum nicht einen Walzer beim Tanzen mitsingen? Das war am 24. Jan., 14. Feb. und 28. März mit ei-nem Chor möglich. Die Tanzgruppe tanzte am 18. Jan., 11. Feb. und 15. März Tänze des ungarischen Hofes (Csárdás und Polonaise). Beim Monatstreffen der Gesellschaft im April sprach Yumi Wakamiya über das Symposium „Tanz-Signale“ 2015 im März in Wien und führte auch die zweite Reihe von Potpourris, die Josef Strauss kom-ponierte, vor. Bei Monatstreffen im Mai fand am 24. Mai das 37. Konzert des Johann Strauss Society Orchestra of Ja-pan im großen Saal des Edogawa-Kulturzentrums in Edogawa, Tokio, statt. Auf dem Programm standen u. a. der Donauwalzer, „Frühlingsstimmen“, „Rosen aus dem Süden“, die „Tritsch-Tratsch“-Polka, „Bahn frei“, „Bei uns z’Haus“ und „Aus den Bergen“. Anlässlich der Tournee der Seefestspiele Mörbisch in Japan wird in der Österreichischen Botschaft eine Pressekonferenz stattfinden. In Kawaguchiko (Ausgangspunkt der Fuji-Besteigung) wird am 10. und 11. Sept. 2015 die „Fledermaus“ gespielt.

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Mittelblatt zum Ausheften Die „Deutsche Johann Strauss Gesellschaft“ freut sich über neue Mitglieder jederzeit. Die Mitgliedschaft beinhaltet:

Kostenfreier Bezug des Magazins „Neues Leben“ mit ca. 3 bis 4 Ausgaben pro Jahr

10 % Ermäßigung auf alle Eintrittspreise bei Veranstaltungen der DJSG

Sichere Teilnahme am „Neujahrskonzert“ in Coburg (ebenfalls 10 % Ermäßigung)

Weitere Vergünstigungen in Absprache mit unseren Partnern im In- und Ausland

Antrag auf Mitgliedschaft in der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“

Nach Ausheften dieses Blattes zum Versand in einem Fensterbriefumschlag bereits vorbereitet.

Wir freuen uns auf Sie! Ihre Deutsche Johann Strauss Gesellschaft e.V., Coburg

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Bitte Blatt herausnehmen, ausfüllen und zusenden! A

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Fachbeiträge

Zur Wiederentdeckung der Werke von Richard Eilenberg (1848 - 1927) von Christian Simonis*

Franz Neuwirth, Archivar des Archivs der Kurkommission der Stadt Baden bei Wien, erzählte mir bereits Mitte der 90er-Jahre davon, dass sich 94 Werke von Richard Eilenberg (13. Jan. 1848, Merseburg - 5. Dez. 1927, Berlin), einige für großes Orchester, andere für Salonorchester, in seinem Archiv befänden. Wird man erst einmal darauf aufmerksam gemacht, merkt man schnell, dass sich Werke von Richard Eilenberg zwar nicht in hoher Zahl, aber praktisch in allen Notenarchiven mit Stücken der heiteren Muse befinden, die seit 1880 bestehen und einigermaßen unbehelligt durch die beiden Weltkriege und inter-ne Säuberungen gekommen sind. Ein deutliches Zeichen für die weite Verbreitung und Beliebtheit seiner Werke.

Über Eilenbergs Leben und seine Konzerttätigkeit wissen wir immer noch sehr wenig. Von Mitgliedern der Deutschen Jo-hann Strauss Gesellschaft haben wir in den vergangenen Jah-ren liebenswürdigerweise einige Informationen zu Konzert-auftritten von Richard Eilenberg erhalten. Das Werkverzeich-nis des Komponisten wird seit einigen Jahren umfassend von Friedhelm Kuhlmann, Vorstandsmitglied der DJSG, betreut(*). Wolfgang Janka, Vorstandsmitglied des Merseburger Alt-stadtvereins, hat seit Jahren biografisches Material zusam-mengetragen und dabei, besonders was die Jugendjahre von Eilenberg betrifft, einiges in Erfahrung bringen können. Ein besonderer Erfolg gelang ihm in Bezug auf Eilenbergs Operet-te „Der tolle Prinz“. Schon seit 2004 waren wir intensiv auf der Suche nach Notenmaterial zu den vier Operetten von Eilenberg. Außer bei dem Material der Ouvertüre zu „König Mydas“ hatten wir leider keinen weiteren Erfolg.

Im Herbst 2013 kam dann die große Überraschung: Dem Merseburger Altstadtverein werden ein kom-pletter handschriftlicher Klavierauszug der bisher verschollen geglaubten Operette „Der tolle Prinz“ und weitere mit handschriftlichen Anmerkungen des Komponisten versehene Noten angeboten. Dank dem persönlichen Engagement von Wolfgang Janka konnten Sponsoren gefunden werden, um diesen Nach-lass zu erwerben, damit er in Zukunft am Geburtsort von Eilenberg in Merseburg (Sachsen-Anhalt) auf-bewahrt werde. Im November 2014 veranstaltete der Altstadtverein Merseburg ein Konzert, bei dem erstmals wieder einzelne Gesangsnummern der Operette „Der tolle Prinz“ erklangen. Von 2005 bis 2013 war ich Chefdirigent der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie, die in Sachsen-Anhalt beheimatet ist. Da Richard Eilenberg 1848 in Merseburg geboren wurde, ist er einer der bedeu-tendsten Komponisten der heitern Muse in Sachsen-Anhalt. Wir haben in den Jahren 2005 bis 2013 ein Repertoire von mehr als 20 seiner Werke erarbeitet. Durch diese Arbeit wurde deutlich, welch souverä-ner Komponist Richard Eilenberg gewesen ist. Im Februar 2006 kam es dank des ehemaligen Orchestermanagers des WDR Rundfunkorchesters Köln, Dirk Schortemeier, zu einer Rundfunkproduktion mit anschließendem Konzert von 12 Werken von Eilen-berg aus den Archiven des WDR Köln und der Kurkommission Baden bei Wien. Im Februar 2010 wurde die Produktion um drei Werke erweitert. Dadurch konnte eine repräsentative Werkauswahl von Eilen-berg erstmals auf CD präsentiert werden. Dankenswerterweise veröffentlichte Burkhard Schmilgun im

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Herbst 2012 diese CD im Rahmen von classic pro-duktion osnabrück, kurz cpo genannt. cpo hat einen weltweiten Vertrieb und bewirkt, verbunden mit seinem guten Ruf in der Branche, dass die Musik Eilenbergs wirklich weltweit gehört werden kann und somit neue Zuhörer für diese Musik erreicht. Dass mit dieser CD eine Neuentdeckung geglückt ist, zeigen die Reaktionen von Publikum, Presse und Rundfunkanstalten. Im Rundfunk hört man nicht nur einzelne Titel von Richard Eilenberg, der West-deutsche Rundfunk Köln (WDR), der Bayerische Rundfunk (BR), das kulturradio von Radio Berlin-Brandenburg (rbb) und der Österreichische Rund-funk (ORF) haben sogar musikalische Porträtsen-dungen von Eilenberg gebracht. Im Dezember 2012 wurde die CD von Radio Stephansdom zur CD des Tages erkoren.

Eilenbergs Musik klingt vertraut. Gleichzeitig erfreut man sich an den vielen musikalischen Einfällen, die stets eine klar vernehmbare Charakteristik ausdrücken. Diese Fähigkeit kommt natürlich besonders sei-nen Charakterstücken, Idyllen und Salonstücken zugute, für die er berühmt war. Öfter als bei der Strauss-Dynastie spiegeln sich die Titel der Werke bei Eilenberg auch musikalisch wider. Was die kompo-sitorische Schreibweise betrifft, besticht die Einfachheit der Mittel mit größtmöglicher Wirkung, verbun-den mit einer idealen Spielbarkeit: Eilenberg, ein Könner und Kenner seines Faches! Setzt man Charakterstück, Idylle oder Salonstück aufs Programm, sollte man mit besonderer Aufmerk-samkeit und Zuneigung an die Ausführung gehen, sonst schadet man dem Komponisten durch eine Auf-führung mehr, als man ihm nützt. Hingegen wird jedes Kammerorchester und größere Streichorchester mit dem Walzer op. 110, „Ach, bitte noch einen Walzer“, auch in unseren Tagen reüssieren. Matthias Käther schrieb in seiner CD-Rezension für das kulturradio des rbb über Märsche von Eilenberg: „Wie Ziehrer hatte Eilenberg ein Faible fürs Militärische, ich muss sagen, flotte Marschmusik kann er!“ Die Märsche „Immer fesch!“ op. 66 (1886), „Prinz-Heinrich“-Marsch op. 93 (1889) und „Marsch der Bersagieri“ op. 99 (1889/1942) geben in ihrer unterschiedlichen musikalischen Charakteristik beredtes Zeugnis davon. Als Ouvertüre für großes Orchester empfiehlt sich „König Harlekin“ op. 252 (1908), die als Leihmaterial beim Verlag Zimmermann in Frankfurt erhältlich ist. Galopp und Polka schnell aus Eilenbergs Feder sind stets eine charmante Freude wie die „Norwegische Rentierpost“ op. 314 (1925) oder die „Hasenjagd“ op. 182 (1896). Herzhaft hingegen sind der „Kosakenritt“ op. 149 (1893) und die Cürassier-Attaque op. 133 (1891). Sie merken, bei der Musik von Richard Eilenberg gibt es noch viel zu entdecken! * Christian Simonis ist aktuell neuer Chefdirigent und Künstlerischer Leiter der Bad Reichenhaller Phil-harmonie (siehe S. 19 in diesem Heft). Seine CD-Weltersteinspielung des Oratoriums „L’Apocalypse“ von Jean Français (franz. Komponist und Pianist, 1912 - 1997, Anm. d. Red.) mit dem Göttinger Symphonie Orchester bekam von „Opera International“ „Le Timbre de Platine“. Seine Benjamin-Bilse-CD mit dem WDR-Rundfunkorchester erhielt 2008 von „Klassik heute“ die höchste Punktzahl für Künstlerische Quali-tät, Klangqualität und Gesamteindruck. (*) Wie bereits im Text erwähnt, ist unser Hamburger Vorstandsmitglied Friedhelm Kuhlmann für die Erweiterung des Eilenberg-Werkverzeichnisses besorgt. Auf Anfrage bei ihm ([email protected]) kann es jederzeit erworben werden.

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Richard Eilenberg (* 13. Jan. 1848 in Merseburg, † 5. Dez. 1927 in Berlin) von Wolfgang Janka

Merseburgs Geschichte weist eine Reihe von Namen hervorragender Musiker auf, die mit dem musikali-schen Leben in Merseburg eng verbunden sind, so z. B. Johann Joachim Quantz, der in Merseburg an der Saale seine erste musikalische Ausbildung genossen hat. Als zehnjähriger Lehrling trat er 1707 in die hiesige Stadtkapelle ein, an deren Spitze sein Onkel, der Stadt- und Kunstpfeifenmeister Justus Quantz, stand. Die Lebenszeit der bedeutendsten hier wirkenden Musiker fällt in die Regierungszeit der Herzöge Christian II., Moritz Wilhelm und Heinrich, d. h. in das erste Drittel des 18. Jahrhunderts. 2008 erschien, herausgegeben vom Merseburger Altstadtverein, das Buch „Elisabeth Schumann – Le-bensstationen der weltbekannten Merseburger Sopranistin“.1 Im Februar 2007 gastierte die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigen-ten Generalmusikdirektor Christian Simonis in Merseburg. Unter dem Titel „Von Eilenberg bis Zeller“ erklangen im Schlossgartensalon, übrigens einem Bauwerk des Fürstlich Sächsischen Hofbildhauers Jo-hann Michael Hoppenhaupt, Charakterstücke und Operettenmelodien des 19. Jahrhunderts, darunter Stücke wie der „Marsch der Bersagieri“ op. 99 und „In der Waldschmiede“ op. 167 von Richard Eilen-berg, der in der alten Domstadt im Jahre 1848 das Licht der Welt erblickte. Das Konzert endete – es kann nicht anders sein – mit dem Galopp „Petersburger Schlittenfahrt“ op. 57. Diesen fundierten „musikalischen Hinweis“ des Wiener Dirigenten nahmen Mitglieder des Merseburger Altstadtvereins e. V. dankend entgegen und suchen seitdem nach Bausteinen, die die lückenhaften Kenntnisse über das Leben des Komponisten ergänzen. So wurde nach bisherigen Veröffentlichungen gesucht, Kirchenbücher und Tageszeitungen aus jener Zeit wurden aufmerksam gelesen, in Archiven angefragt und Personen angesprochen, die vielleicht etwas zu unserem Anliegen beitragen könnten. Dankenswerterweise haben uns Mitglieder der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ bereits einige Informationen zukommen lassen. Richard Eilenberg wurde am 13. Jan. 1848 als erstes von sechs Kindern in Merseburg geboren. Merse-burg hatte Mitte des 19. Jahrhunderts ca. 11 000 Einwohner und war neben Magdeburg und Erfurt seit 1816 Hauptstadt des gleichnamigen Regierungsbezirkes in der Preußischen Provinz Sachsen. Die Stadt beherbergte in jener Zeit auch den Stab sowie das 3. und 4. Schwadron des 12. Husarenregiments in seinen Mauern. Der Vater des Komponisten, Johann Gottlob Eilenberg, war Trompeter bei der 4. Escadron des Königli-chen 12. Husarenregiments in Merseburg. Nach der Geburt des unehelichen Kindes hatte er Johanne Dorothee, geborene Sachse, geehelicht. Sie war die vierte Tochter des Bürgers und Böttgermeisters Jo-hann Valentin Sachse. Die Hochzeit fand am 11. Feb. 1848 im Dom zu Merseburg statt. Zum Zeitpunkt der Taufe ihres Sohnes, die eine Woche nach der Eheschließung am 18. Feb. 1848 an gleicher Stelle stattfand, waren die Eltern vermählt. Dazu ist im Taufregister der evangelischen Stadtkirche St. Maximi zu Merseburg vermerkt: „LEGITIMIERT DURCH DIE AM 18. FEBRUAR 1848 MIT DEM VATER DESSELBEN (DES KINDES) DEN TROMPETER BEI DER

4. ESCADRON BEI DEM KÖNIGLICHEN 12. HUSARENREGIMENTE, HIER JOHANN GOTTLOB EILENBERG VOLLZOGENE TRAUUNG

MIT DER MUTTER DIESES KINDES JOHANNE DOROTHEA SACHSE.“

1 Keil, Sabine, Puritz, Joy, Elisabeth Schumann, Querfurt, AXON (2008)

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Taufpaten waren: Gotthard Hartmann, Trompeter, 3. Escadron, 12. Husarenregiment, Wilhelm Rauch, Trompeter, 4. Escadron, 12. Husarenregiment, Jungfrau Caroline Hinniger, Tochter des Steueraufsehers in Merseburg, und Jungfrau Erdmuthe Eilenberg aus Kötzschau. Am 7 April 1849 wurde Auguste Marie, am 19. Nov. 1853 Karl Max, am 21. Feb. 1856 Frederike Alma und am 30. April 1857 Carl Gustav geboren. Über das dritte Kind fehlen Eintragungen im Kirchenbuch.2 Die unmittelbaren Vorfahren väterlicherseits stammten aus Kötzschau, einer Ortschaft nahe Merseburg. Bekannt war Kötzschau über Jahrhunderte für seine Solequellen und deren Nutzung durch eine Saline. Der Großvater des Komponisten war hier Gutsverwalter und zugleich Ortsrichter zu Kötzschau. Als Orts-richter übte er die niederste Stufe im Richteramt vor Ort aus.

Geburtshaus des Komponisten Richard Eilenberg, Obere Breite Straße 5, Merseburg Aus dem Wohn- und Geschäftsanzeiger von 1860: Merseburg, Obere Breite Straße 482 (ab 1908 Nr. 5)

Quelle: Maximilian Herrfurth, sen. (†)

Die junge Familie wohnte in Merseburg in der Oberen Breiten Straße 482 (ab 1908 Nr. 5), unweit der Ruine der Kirche St. Sixti aus dem 11. Jahrhundert. Im gleichen Haus wohnten noch weitere vier Fami-lien. Aus dem Wohn- und Geschäftsanzeiger aus dem Jahr 1860 ist zu entnehmen, dass die Familie zu diesem Zeitpunkt noch in der Oberen Breiten Straße wohnte, im Anzeiger von 1865 ist kein Eintrag „Ei-lenberg“ vorhanden. Als neuer Mieter wird „Mieth“, ein Totengräber, genannt.3 Karl Max Eilenberg, Bruder von Richard und leidenschaftlicher Militärmusiker, schrieb später in seinen „Plaudereien“, dass er bereits mit 10 Jahren schon ein Waisenkind gewesen sei.4 Danach wäre sein bzw. Richards Vater bereits vor 1863 verstorben. Anzumerken ist, dass in den Kirchenbüchern in Merseburg und in den damaligen hiesigen Tageszeitungen, die stets Trauungen, Geburten, Tod u. a. insbesondere

2 Tauf-, Trau- und Sterberegister der Garnisonsgemeinde der evangelischen Schloss- und Domgemeinde St. Laurentii et Johannis Baptistae zu Merseburg 3 Wohn- und Geschäftsanzeiger der Stadt Merseburg von 1860 und 1865 4 Eilenberg, Max, Plaudereien aus meinem Leben, Verlag Bautzener Nachrichten (1925)

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bei den Blauen Husaren vermerkten, keine Hinweise zum Tode des Vaters zu finden sind. Demzufolge ist nicht auszuschließen, dass die Familie nach der Geburt des Sohnes Carl Gustav im Jahre 1857 die Stadt Merseburg aus „beruflichen Gründen“ verlassen hat. Eine aufschlussreiche Beschreibung über das Elternhaus lesen wir in den bereits genannten „Plauderei-en“ seines Bruders Max: „MEIN SPIELZEUG, ICH WEIß ES NOCH GANZ GENAU, WAR EIN STIEFELKNECHT, AN DEM MEIN VATER VIOLINSAITEN

ANGESTRAFFT HATTE. DAS WAR MEINE VIOLINE UND WENN DIE TROMPETER MIT MUSIK BEI UNS VORBEIZOGEN, SO STAND ICH

AN DER TÜR MIT MEINER STIEFELKNECHTFIEDEL UND STRICH MIT EINEM STECKEN ÜBER DIE SAITEN ZUM GAUDIUM DER AUF

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GESESSEN, IN VOLLER ANDACHT MIT DEM STIEFELKNECHT UNTERM ARM.“ Nach unseren bisherigen Kenntnissen sind die Eintragungen in den Merseburger Kirchenbüchern die einzigen Belege über den Aufenthalt der Familie Eilenberg in Merseburg. Andere Quellen beziehen sich auf die nächste Lebensstation des Komponisten, der Ausbildung Richard Eilenbergs im Königlich preußi-schen Militär-Knabenerziehungsinstitut zu Schloss Annaburg in Annaburg. Hier – im Militärknabeninstitut – wurden jährlich 500 Zöglinge vom 11. bis zum 15. Lebensjahr von Mili-tärpersonen evangelischen Bekenntnisses unentgeltlich erzogen. So verwies beispielsweise eine Merse-burger Tageszeitung in einem Beitrag anlässlich des 70. Geburtstags des Komponisten – also noch zu dessen Lebzeiten – auf die Ausbildung Richard Eilenbergs im Militär-Knabenerziehungsinstitut in Anna-burg.5 Auch Dirk Schortemeier vermerkte im Booklet zur 2012 erschienenen CD „Petersburger Schlitten-fahrt, Waltzes & Polkas“, dass Richard Eilenberg auf dem Militärknabenerziehungsinstitut in Annaburg ausgebildet wurde und vor allem die Fächer Klavier und Komposition studierte. Wir haben keine schriftlichen Belege bzw. keine direkten Nachweise gefunden, die die Aufenthaltsdauer Richard Eilenbergs in Annaburg im Gegensatz zum Aufenthalt seines Bruder Karl Max bestätigen (z. B. Aufnahmelisten, Zeugnisse u. ä.). Nach Meinung von Vereinsfreunden aus Annaburg wäre vorstellbar, dass Richard Eilenberg zwischen 1859 und 1863 hier im Institut gewesen sein könnte. Anfragen beim Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg über den Verbleib der Archivalien aus Annaburg führten zu keinen neuen Erkenntnissen. Es wird angenommen, dass die meisten Unterlagen mit der Zer-störung des Militärarchivs in Potsdam während des Zweiten Weltkrieges vernichtet wurden. Aber auch Archive zu DDR-Zeiten „entsorgten“ teilweise solche Dokumente. Verschiedene Quellen berichten über die Ausbildung des Komponisten. So schrieb Reinhard Schwarz im Jahre 1933, dass Richard Eilenbergs Hauptinstrument das Klavier gewesen sei, das er neben den Streich- und Blasinstrumenten souverän beherrschte und ihn zu einem Meister der Instrumentation machte.6 Dirk Schortemeier vermerkt im o. g. Booklet, dass Richard Eilenberg vor allem Klavier und Komposition studierte. Damit wäre auch eine Erklärung gegeben, dass er bereits mit 16 Jahren (1864) eine Konzert-ouvertüre komponierte. Kaum zutreffend dürfte sein, dass Richard Eilenberg, wie im Booklet der CD „Musikalisches Portrait in historischen Aufnahmen – Märsche und Konzertstücke von Richard Eilenberg“ 2005 vermerkt ist, in Merseburg ausgebildet wurde. Merseburg bot mit hoher Wahrscheinlichkeit in damaliger Zeit nicht die Voraussetzungen für diese Ausbildung, insbesondere für das Fach Komposition.

5 Merseburger Correspondent vom 13. Jan. 1918 6 Schwarz, Reinhard, Lebensbeschreibung (Manuskript), 15. Mai 1933

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Einen Hinweis auf das grundsätzliche Anliegen des Militär-Knaben-Erziehungs-Instituts zu Annaburg fin-den wir in einer Festschrift zur einhundertfünfzigjährigen Jubelfeier: „AUF DIE MUSIKALISCHE AUSBILDUNG WURDE GROßER WERT GELEGT. ES GAB BLASMUSIK ALS AUCH STREICHMUSIK (DAZU

JEWEILIGE ORCHESTER). DIE KNABEN ERHIELTEN HIER IM ALTER ZWISCHEN SIEBEN UND DREIZEHN JAHREN EINE MILITÄRISCHE

UND SCHULISCHE AUSBILDUNG. VIELFACH WAREN ES AUCH HALB- ODER VOLLWAISENKINDER. EINE ANZAHL DER KINDER

STAMMTE AUS MUSIKERFAMILIEN, VIELE VORFAHREN VÄTERLICHERSEITS WAREN MILITÄRMUSIKER.“ AUS der Festschrift ist weiterhin zu entnehmen, dass das Schloss Annaburg von 1762 bis 1921 ein Mili-tärknabeninstitut mit einer Unteroffiziersvorschule beherbergte, gegründet als „Versorgungswerk für arme Soldatenkinder“. Das Institut war zuerst sächsisch und später preußisch. Das Institut, dem eine Musikschule angegliedert war, war im Schloss untergebracht. In einem Beitrag in „Vom Armeemarsch zum Zapfenstreich“ weist Heinz Busch darauf hin, dass „die Kapazität der staatlichen Militärmusikschu-len beim Großen Militärwaisenhaus in Potsdam und bei der Militärknabenerziehungsanstalt in Annaburg den Nachwuchsbedarf nicht decken konnte“. In der Regel waren es siebzehnjährige Absolventen, die den Musikerbestand sicherten.7 Übereinstimmend wurde berichtet, dass sich Richard Eilenberg aufgrund „seiner patriotischen Gesin-nung“ als Freiwilliger zur Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 meldete. Er diente im Re-giment „Hindenburg“. Der zur Beendigung des Krieges zwischen der Französischen Republik und dem Deutschen Reich geschlossene Friede von Frankfurt wurde am 10. Mai 1871 unterzeichnet und beende-te formell den Krieg. Nach Beendigung des Krieges kehrte Richard Eilenberg mit einer kriegsverdienten Auszeichnung nach Annaburg zurück und wurde hier am 24. Sept. 1871, dreiundzwanzigjährig, konfir-miert.8 Reinhard Schwarz vermerkte in seinem Lebensbild über den Komponisten „und erlebte die Genugtuung, dass seine MAZURKA-CAPRICE op. 22 zu den Lieblingsstücken Kaiser Wilhelm I. gehörte.“ Auch Sabine Schutte, die sich umfassend mit dem musikalischen Schaffen des Komponisten befasste, schreibt in ih-rem Beitrag mit dem Titel „Für Gott, Kaiser und Vaterland“, dass Richard Eilenberg „zu den Preußen-Kaisern sowie anderen hohen Würdenträgern offenbar eine besondere Beziehung gehabt hatte.“ 9 1873 wurde Richard Eilenberg Musikdirektor und Dirigent in Stettin. Über den Zeitraum von September 1871 bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit in Stettin ist nichts bekannt. Auch nach Angaben der GEMA wur-de Richard Eilenberg 1873 Kapellmeister in Stettin. Vermutlich war dies der Anlass für ihn im Jahre 1876 einen Wohnsitz in Stettin zu nehmen. Bald darauf dürfte er auch seine Tätigkeit als freischaffender Komponist aufgenommen haben.10 Auf Anfrage teilte uns am 23. Nov. 2009 das Stadtarchiv Stettin folgende Wohnanschriften des Kompo-nisten Richard Eilenberg in Stettin mit:

1873 - 1875 keine Angaben zu Wohnanschriften, erst ab 1876 Concertmeister, Frauenstraße 36 1877 Civilkapellmeister, Fuhrstraße 10

1880 Civil-Kapellmeister, Bellevuestraße 22 1882 Kapellmeister und Musiklehrer, Bellevuestraße 22 1884 Kapellmeister und Musiklehrer, Birkenallee 28

7 Busch, Heinz, Vom Armeemarsch zum Zapfenstreich, Kurier Bonn (2005) 8 V. Communion, Dom XVI, 24. Sept. 1871, Michaelis-Confirmation 9 Schutte, Sabine, „Ich will aber gerade vom Leben singen...“, S. 187, Rowohltverlag (1987) 10 Booklet der CD „Musikalisches Porträt in historischen Aufnahmen - Märsche und Konzertstücke von Richard Eilenberg“, 2005

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1886 Musikdirektor und Komponist, Birkenallee 28 1888 Musikdirektor und Komponist, Scharnhorststraße 1 1890 keine Angaben

Im Booklet der CD „Richard Eilenberg – Märsche und Konzertstücke“ werden diese Jahre in Stettin wie folgt beschrieben: „IN DIESER ZEIT BEGINNT SEINE UMFANGREICHE KOMPOSITIONSTÄTIGKEIT. SEINE EIGENEN STÜCKE ERSCHEINEN IMMER WIEDER

AUF DEN PROGRAMMEN SEINER GASTSPIELKONZERTE IM IN- UND AUSLAND, SO IN ITALIEN UND SKANDINAVIEN. ER FOLGT

EINER PERSÖNLICHEN EINLADUNG DES ZAREN ALEXANDER II., SPÄTER DER DES KÖNIGS VON RUMÄNIEN. ÜBERALL HINTERLÄSST

EILENBERG WIDMUNGSSTÜCKE ALS DANK AN DIE POTENTATEN.“ Dirk Schortemeier spricht 2012 von einer „umfangreichen Kompositionstätigkeit“ des Komponisten in Stettin.11 Auch in seiner Geburtsstadt Merseburg wird auf die Erfolge des Merseburger Komponisten hingewiesen. So verwies das Merseburger Kreisblatt im Jahre 1888 darauf, dass „Richard Eilenberg, Ka-pellmeister in Stettin, von König Carl von Rumänien einen prachtvollen Ring mit den königlichen Initialen und einen huldvollen Brief für einen dem König gewidmeten „König-Carl-Marsch“ erhalten hat“.12 Vom russischen Zar Alexander II. – so wird berichtet – bekam er eine goldene Uhr geschenkt.13 Ob Eilenberg ein eigenes Orchester unterhalten hat, ist nicht bekannt. Studien- und Konzertreisen führ-ten Eilenberg ins In- und Ausland, darunter nach Italien, Skandinavien und Rumänien. Eine Tournee nach Russland erfolgte auf persönlichen Wunsch des Zaren. Ende des Jahres 1889 etablierte er sich in Berlin, wo er dann bis zu seinem Tode lebte. In den Anmerkungen des Beitrages von Sabine Schutte ist festgehalten, dass Richard Eilenberg mindes-tens bis zum 21. Sept. 1889 noch in Stettin war. Ab 6. Dez. 1889 sind die Verträge von Berlin aus unter-schrieben worden.

Emilie Jung (keine näheren Angaben, Foto: Slg. Altstadtverein Merseburg)

Interessante Hinweise zu den Jahren in Stettin und Berlin fanden wir in einem Interview in der Tageszei-tung „Die Glocke“ mit Emilie Jung.14 Emilie Jung war die Adoptivtochter der Familie Eilenberg. Ihre ver-witwete Mutter, die wegen ihres Engagements am Deutschen Theater in Berlin häufig ihren Wohnsitz

11 Schortemeier, Dirk, Booklet „Petersburger Schlittenfahrt“ (2012) 12 Merseburger Kreisblatt vom 5. März 1881 13 Schutte, Sabine, „Ich will aber gerade vom Leben singen...“, S. 188, Rowohltverlag (1987) 14 „Die Glocke“, regionale Tageszeitung in Westfalen (2. Juni 1959)

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wechseln musste, wollte ihre Tochter vor diesem häufigen Wohnsitzwechsel bewahren und ihr eine gute Ausbildung verschaffen. Am 2. Juni 1959 erzählt Emilie Jung anlässlich ihres neunzigsten Geburtstags von „ihrer glücklichen Ju-gendzeit in der Familie des Komponisten“, zuerst in Stettin und dann in Berlin. Danach ist anzunehmen, dass Richard Eilenberg bereits in Stettin Maria Kießling (* 16. Jan. 1845 in Leipzig, † 18. Aug. 1917 in Göhren auf Rügen) heiratete. Im gleichen Artikel erzählt sie auch, dass ihre Pflegeeltern und Verwand-ten gegen einen Beruf als Opernsängerin waren. Emilie Jung wurde in Stettin konfirmiert. Seit Nov. 2013 besitzt der Merseburger Altstadtverein einen vom Komponisten handgeschriebenen Kla-vierauszug einer Operette. In seiner Handschrift schreibt Eilenberg zu Beginn als Titel „Im Höllenpara-dies“ op. 265. In späteren Jahren wurde dieser Titel von fremder Hand durchgestrichen und auf der ers-ten Seite mit grüner Tinte als „Der tolle Prinz“ überschrieben. Während keine musikalischen Eingriffe in das Stück vorgenommen wurden, hat man die Besetzungsliste neu geschrieben und damit die alte über-klebt. An sehr vielen Stellen wurde auch der Text der ersten Fassung durch eine Neufassung überklebt. Ob dies mit Einverständnis des Komponisten geschah und zu welchem Zeitpunkt, ist bisher nicht be-kannt. Diesen Klavierauszug – mit Sicherheit in der ersten Fassung – widmete der Komponist Emilie Jung, sei-nem „Pflegetöchterlein“, wie er sie liebevoll nannte. Auf die erste Seite schrieb er im Jahre 1918: „Dieser Klavierauszug gehört zum Andenken an die Operette meinem lieben Pflegetöchterlein Emilie Jung“. In dem vom Merseburger Altstadtverein erworbenen Nachlass befanden sich noch ein „Eilenberg-Album“ mit „beliebten Original-Compositionen für Pianoforte“. Dieses Album enthält folgende Wid-mung des Komponisten „Meinem lieben Goldtöchterchen Emilie Jung-Eilenberg vom Componisten“, da-tiert mit 17. Sept. 1891.

Richard Eilenberg (1897) (Foto: Slg. Altstadtverein Merseburg)

Einige Konzerte, deren Ankündigungen uns bekannt geworden sind, sollen hier genannt werden:

Elbpavillon in Hamburg. Vom 11. bis 14. Aug. 1888 findet ein Großes Extrakonzert mit der auf 46 Mann verstärkten Schumannschen Kapelle unter der Leitung des Komponisten statt. Aufge-

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führt werden u. a. „Die Heinzelmännchen“ op. 29, „Schmeichelkätzchen“ op. 25 und „Blau-Veilchen“ op. 22

Am 8. Juli 1896 wird zum ersten Male unter Leitung des Komponisten „Die Rose von Schiras“ op. 134, eine Ballettidylle, im Neuen Opernhaus (Kroll) aufgeführt. Wiederholungen am 18. und 30. Aug. d. J.

Am 18. Dez. 1896 findet ein „Patriotisches Konzert“ im Rahmen einer Gedächtnisfeier an die Schlacht bei Nuits statt. Aufgeführt wird neben Wagner, Strauss, Lortzing u. a. „Kaiser Wilhelms Gruß an sein Volk“ op. 86 von Richard Eilenberg.

Am 4. und 5. Jan. 1902 finden in der Agramer Aktienbrauerei (Zagreb) Konzerte von Militärkapel-len statt. Neben Zeller, Rossini, Waldteufel, Heuberger u. a. werden „Das Goldblondchen“ op. 40 und die Polkas mazur „Pasterare“ und „Austern“ von Eilenberg aufgeführt.

Aus der Berliner Zeit ist auch bekannt, dass Richard Eilenberg u. a. auf Einladung Zar Nikolaus II. öfter in Russland gewesen ist. In Sestrorek soll er für einige Monate das Sinfonische Orchester geleitet haben. Am 19. April 1908 teilt der Berliner Börsen-Kurier mit, dass Musikdirektor Richard Eilenberg für diesen Sommer als Dirigent der großen Konzerte nach Pawlowsk verpflichtet wurde. Nach Mitteilung von Klaus-Peter Koch vom 12. Nov. 2011, einem deutschen Musikwissenschaftler, be-finden sich im Archivbestand des Zentralmuseums für musikalische Kultur in Moskau (Archivbestand Nr. 156 des Dirigenten und Komponisten Aleksandr Chessin) ein Foto Chessin und Eilenberg um 1909 sowie ein Foto von Chessin mit den Musikern auf dem Bahnhof von Pawlowsk. Das legt einen Aufenthalt Eilenbergs in Pawlowsk nahe. In russischen Musikverlagen bei Bessel, Bernard, Davingov, Fedorov, Gutheil, Jugenson und Valjasik in St. Petersburg und Moskau wurden mehrfach Kompositionen von Ei-lenberg herausgegeben, wovon sich noch Exemplare in der Russischen Staatsbibliothek Moskau befin-den. Des Weiteren verweist Koch darauf, dass Eilenberg eine ganze Reihe von Werken komponiert hat, die einen Bezug zu Russland haben, so z. B.:

Krönungsmarsch zur Feier der Krönung des Kaisers Alexander III. von Russland, op. 34

Petersburger Schlittenfahrt, Galopp, op. 57

Kosakenritt, op. 149

An der Newa, Walzer für Orchester, op.164

Souvenir de Vilna, Mazurka de Salon, op. 217

Russische Wachtparade, Salonstück, op. 231

Gruß an Kiew, Marsch, op. ? Von Hanns-Helmut Schnebel erhielten wir die Information, dass der Marsch der Bersaglieri op. 99 früher in Bayern sehr oft erklang. Dieser Marsch war der Parademarsch in den Zügen des Königlich-Bayrischen 2. Jäger-Bataillons, das bis 1919 in Aschaffenburg stationiert war und unter diesen Klängen in den Ersten Weltkrieg aufbrach. 1911 gab der Albert Stahl Verlag, Berlin, ein Preis Marsch-Album heraus, auf dessen letzten Seite sich die Inhaltsangabe mit folgendem Text befindet: „DAS PREIS-AUSSCHREIBEN FÜR MÄRSCHE, VOM UNTERZEICHNETEN VERLAG IM NOVEMBER 1910 ERLASSEN, HAT EINE IN-

TERNATIONALE BETEILIGUNG GEFUNDEN. GEGEN 1000 MANUSKRIPTE WURDEN EINGESANDT AUS DEUTSCHLAND, ÖSTER-

REICH-UNGARN, GALIZIEN, RUMÄNIEN, RUSSLAND, ITALIEN, SCHWEIZ, FRANKREICH, HOLLAND, BELGIEN, SCHWEDEN, NOR-

WEGEN, ENGLAND, AMERIKA.“

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Richard Eilenberg hatte zwar keinen der drei ersten Preise erhalten, aber sein JANITSCHAREN-MARSCH

OP. 295 wurde „Von den Herren Preisrichtern empfohlen und mit drei weiteren Kompositionen in dieses Preis Marsch Album mit aufgenommen“. Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha widmete Richard Eilenberg im Jahre 1890 die Ouvertüre „Das Leben ist ein Traum“ op. 106 Wie bereits erwähnt, heiratete Richard Eilenberg in erster Ehe Maria, geb. Kießling. Das Datum der Ehe-schließung ist nicht bekannt. In den letzten Tagen vor dem Ableben seiner Ehefrau hielt sich Richard Eilenberg bei ihr in Göhren auf.15 In zweiter Ehe heiratet er Dorothea, geb. Schulze (* 8. März 1889 † 8.Juni 1970 in Berlin). Sie wird nach ihrem Tod in Stahnsdorf neben Richard Eilenberg beigesetzt. Der Komponist Richard Eilenberg starb am 5. Dez. 1927. Auf der Beerdigungsanmeldung an die Süd-westkirchhof-Kirchengemeinde werden als Todesursache Altersschwäche und Herzlähmung genannt. Die Beisetzung fand am 9. Dez. 14:30 Uhr, auf dem Friedhof in Stahnsdorf statt. Auf der Todesanzeige seiner 2. Ehefrau, Doris Eilenberg, ist vermerkt: „AM MONTAG, DEM 5. DEZEMBER 1927, FRÜH 9 ¼ UHR, ENTSCHLIEF SANFT MEIN INNIGSTGELIEBTER MANN, DER KOMPO-

NIST RICHARD EILENBERG. EIN LANGES, ARBEITS- UND SEGENSREICHES LEBEN IST ZUM ABSCHLUSS GELANGT. DER SELTEN FRO-

HE UND BESCHEIDENE CHARAKTER UNSERES LIEBEN ENTSCHLAFENEN WIRD UNS UNVERGESSLICH SEIN.“ Der Grabstein beinhaltet in schlichter Schrift

RICHARD EILENBERG KOMPONIST UND MUSIKDIREKTOR

Grabstein in Stahnsdorf (Foto: www.knerger.de)

Wie der Walzerkönig Johann Strauss (Sohn) das Herz der Opernsängerin Henriette Treffz eroberte.

von Friedrich-Wilhelm Reuter Jetty Treffz, gebürtige Henriette Chalupetzky, wurde am 1. Juli 1818 als Tochter eines Wiener Gold-schmiedes geboren. Ihre schöne Mezzo-Sopran-Stimme ließ sie am Wiener Konservatorium ausbilden und feierte bald Triumphe als Opernsängerin in Wien, London und Paris. Inzwischen wohlhabend ge-worden, zog sie sich 1848 aus dem Konzertleben zurück und wurde die Lebensgefährtin des Bankiers 15 Mönchguter Sippenbuch, Sterbetag Eilenberg, geb. Kießling, Marie, 18. Aug. 1917

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Moritz Todesco. Zwischen 1841 und 1852 brachte sie sieben illegitime Kinder zur Welt, die alle eine Be-rufsausbildung erhielten. In Wien waren private Soireen im Hause Todesco berühmt, zu denen die bekanntesten Vertreter der Musik, Kunst und Literatur eingeladen wurden. Im Winter 1861/1862 veranstaltete Jetty Treffz zusam-men mit Moritz Todesco ein Hauskonzert, zu dem u.a. der berühmte Violinist Henri Vieuxtemps und Johann Strauss eingeladen wurden. Johann Strauss war damals 36 Jahre alt, und auf der Höhe seines Ruhmes. Strauss führte bei dieser Veranstaltung seinen Konzertwalzer „Schallwellen“, Opus 148 auf und Jetty Treffz war hingerissen von diesem Werk. Sie rief vor den versammelten Gästen: „Wenn ich heirate, dann nur diesen oder keinen!“ Auch Meister Strauss fühlte sich von ihrem reizenden Wesen angezogen,

und es folgten weitere Treffen. Ob Strauss tatsächlich, wie man in Wien munkelte, bei Moritz Todesco um die Hand von Jetty angehal-ten hat, ist durch nichts bewiesen. Tatsache ist, dass Bankier Todesco sich geradezu nobel verhalten hat. Er versprach, allein für die Kinder zu sorgen und eine Mitgift in Höhe von 60.000 Gulden an Jetty zu zah-len. Am 26. Aug. 1862 übersandte Strauss seinem Freund und Verleger Karl Haslinger einen Brief mit folgen-dem Text: „Lieber Freund Haslinger, schändlich be-trogene Buchdruckerseele! Willst Du morgen um 7.00 Uhr bei mir erscheinen und mein Beistand bei der eine Stunde darauf erfolgenden Vermählung sein? Antworte sogleich, angeschmierter Notentandler. Jean.“ Haslinger sagte zu. Die Trauung fand am 27. Aug. 1862 in aller Stille im Stephansdom statt. Selbst seine Brüder Josef und Eduard Strauss wurden nicht be-nachrichtigt. Wien hatte eine Sensation: Walzerkönig Strauss, der Herzensbrecher, Schwarm aller Frauen, war verheiratet! Die Presse brachte Glossen und

Johann und Jetty Strauss (1867, Foto Slg. W. Abel) Witze über die Heirat, jedoch beruhigte man sich schnell, denn Johann hatte die Frau gefunden, die er brauchte! Mutter Anna, die in den letzten Jahren als Kassenverwalterin fungiert hatte, händigte dem Sohn am Ta-ge der Hochzeit einen Betrag von 126.000 Gulden aus, den sie von den Pawlowsker Konzerteinnahmen zurückgelegt hatte. Somit startete das Jubelpaar sehr vermögend in die Ehe. Johann Strauss komponier-te für Jetty sogleich die „Bluette-Polka“, Opus 271 mit der Widmung und dirigierte die Uraufführung beim „Sperl“. Das Ehepaar Strauss wohnte zunächst in Wien, Praterstraße 54 (heute Strauss-Museum) wo bekanntlich der populärste Walzer „An der schönen blauen Donau“ entstand. Jetty schrieb zunächst versöhnlich Briefe an die Brüder Josef und Eduard Strauss. Text an Josef: „Biete mir Deine Hand und unterstütze mich bei der schönen Aufgabe, mir die Liebe und Zuneigung Deiner Fa-milie zu erwerben.“ Josef revidierte bald seine nicht günstige Meinung über die Schwägerin. Nunmehr „Frau Johann Strauss“, konzentrierte Jetty ihre Fähigkeiten darauf, ihrem Mann eine ideale Lebenska-

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meradin zu sein. Sie war treusorgende Gattin, künstlerische Beraterin, Privatsekretärin, Organisatorin, Notenkopistin und Krankenschwester. Später begleitete sie das Strauss-Orchester zu Konzerten nach Pawlowsk. Josef schrieb an seine Ehefrau Caroline aus Russland: „Jetty ist unersetzlich. Sie schreibt alle Rechnun-gen, sie dupliert alle Stimmen des Orchesters, sie überwacht die Küche, wacht über das Ganze mit der Sorgfalt und Liebenswürdigkeit, die bewunderungswürdig ist.“ Mutter Anna Strauss, welche die Konzertagentur Strauss im Hirschenhaus betrieben hatte, wurde durch Jetty spürbar entlastet. Jetty hatte volles Verständnis für die Natur und das Künstlertum ihres Eheman-nes. Ihr ist vor allem zu verdanken, dass Johann Strauss – wie Jacques Offenbach – nunmehr auch Ope-rettentexte vertonte. Ohne Jettys Einfluss wäre „Die Fledermaus“ nicht entstanden! Von Anfang an hatte sie sich vorgenommen, Johann nach und nach von der anstrengenden Konzerttä-tigkeit abzubringen, zumal das Strauss-Orchester in den Händen der Brüder Josef und Eduard bestens aufgehoben war. Sie sorgte dafür, dass Johann sich mehr dem Komponieren widmete und gesundheitli-che Fortschritte machte. Große Freude kam auf, als der Kaiser 1863 Johann zum Hofball-Musikdirektor ernannte.

Johann Strauss (Sohn). Die opp. 401 bis 450 – Eine neue Schaffensperiode in einem neuen Lebensabschnitt

von Norbert Rubey Wir danken dem Musikwissenschaftler und Strauss-Experten Norbert Rubey (Wienbibliothek) sehr herz-lich für die Überlassung seines Referates, gehalten am 30. Okt. 2014 in der Musiksammlung der Wienbib-liothek, und unserem Ehrenmitglied für seine freundschaftlich-musikalische Verbundenheit. Die neunte Lieferung des „Strauss-Elementar-Verzeichnisses“, des Thematisch-Bibliographischen Kata-logs der Werke von Johann Strauss (Sohn) – kurz SEV –, beinhaltet die Opera 401 bis 450. Ihre Entste-hungszeit reicht von 1882 bis 1893, also etwa von Straussʼ 57. bis zu seinem 68. Lebensjahr. Einerseits durfte Strauss bereits auf eine erfolgreiche Karriere als Musikdirektor und Komponist zurück-blicken. Sein 40-jähriges Künstlerjubiläum im Oktober 1884, also 40 Jahre nach dem Debüt in Dommayerʼs Casino, wurde gebührend gefeiert, zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil, unter anderem – eine hohe Auszeichnung – die Verleihung des taxfreien Bürgerrechts der Stadt Wien. Wenngleich: Als der Wiener Gemeinderat diesen Beschluss fasste, wird man wohl gewusst haben, dass der wohlhabende Strauss die Versorgung aus der Bürgerspitalsstiftung, eines der wichtigsten Rechte des Bürgerstandes bei schuldloser Verarmung, nie benötigen wird. Andererseits begleiteten Turbulenzen das Privatleben des Komponisten: Eine Karikatur mit dem Titel „Zum Strauss-Jubiläum“ im „Kikeriki“ vom 9. Oktober 1884 brachte es auf den Punkt: „Es ist erstaunlich, Meister, wie viele Erfolge und wie viele Gemalinnen [!] Sie hinter sich haben!“, und der Strauss huldi-gende „Kikeriki“ zeigt auf deren drei Bildnisse von denen jenes der verstorbenen Jetty und jenes von Lili, die Strauss im Herbst 1882 verlassen hatte, mit einem dunklen Tuch verhangen sind. Über fünf Jahre lang dauerte es, bis es endlich zur Eheschließung mit Adele in Coburg kommen konnte. Die einzelnen Schritte sind wohl bekannt. Diese privaten Hemmnisse berücksichtigend, ist es erstaunlich, wie produktiv Strauss in diesen Jahren gewesen ist. Fünf Bühnenwerke komponierte er: „Eine Nacht in Venedig“ (1883, F. Zell und Richard Ge-née), „Der Zigeunerbaron“ (1885, Ignaz Schnitzer), „Simplicius“ (1887, Victor Léon), „Ritter Pásmán“ (1892, Ludwig Dóczi) und „Fürstin Ninetta“ (1893, Julius Bauer und Hugo Wittmann).

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In zwei Verlagshäusern erschienen die Druckausgaben der Opera 401 bis 450: bei August Cranz in Ham-burg von 1882 bis 1889 die Opera 401 bis 436 sowie drei Operetten, bei Simrock in Berlin von 1889 bis 1893 die Opera 437 bis 445 sowie Straussʼ einzige Oper „Ritter Pásmán“, mit „Fürstin Ninetta“ kehrte Strauss wieder ins Verlagshaus Cranz in Hamburg zurück. In beiden Verlagen erscheinen für die meisten Werke mehr Arrangements als je zuvor, insbesondere wird der großen Nachfrage nach Bearbeitungen für Militärmusik begegnet, um aus künstlerischen und materiellen Gründen zu vermeiden, dass die Mili-tärmusik-Kapellmeister eigene Arrangements erstellen, wie aus der Korrespondenz mit Fritz Simrock hervorgeht. Simrock bietet oft sogar zwei Bearbeitungen an, nämlich für Infanterie-Musik und für Kaval-lerie-Musik oder für deutsche und für österreichische Militärmusik. Zum Teil können sogar die Bearbei-ter eruiert werden: Schlar, Král, Harsing, Frese, Zimmermann. Die Quellenlage zu den Musikdrucken ist sehr gut, nicht zuletzt dank vieler Privatarchive, die ihre Hilfe anbieten, und dank der Möglichkeit über Online-Kataloge die Bestände von mehr Bibliotheken und Archiven zu erfassen als je zuvor. Dies birgt natürlich auch zusätzlichen Arbeitsaufwand in sich, da der Informationsgehalt vieler Katalogisate unge-nügend oder sogar falsch ist. Dasselbe gilt für die Kataloge von Musikhandschriften. Neben den 36 Tanzmusikarrangements nach Melodien seiner Bühnenwerke schuf Strauss noch 19 wei-tere Kompositionen von denen einige zu seinen besten zählen, wie etwa „Frühlingsstimmen“ op. 410, „Kaiser“-Walzer op. 437 und „Seid umschlungen, Millionen!“ op. 443. Schnelle Kopfrechner werden nun bemerken, dass 36 plus 19 als Summe nicht 50 sondern 55 ergibt. Die Differenz ist schnell erklärt, die Arrangements nach Melodien aus „Ritter Pásmán“ laufen unter der Opuszahl 441 der Oper, außerdem, die Opusnummer 445 wurde beim Verlagswechsel von Simrock zu Cranz von beiden Verlegern verge-ben, also doppelt vergeben. Auch bei den Musikhandschriften sieht die Quellenlage besser aus als bei den vorangegangenen Liefe-rungen des SEV, insbesondere was Strauss-Autographe betrifft. Von etlichen Kompositionen liegt Straussʼ Originalpartitur vor. Allein in der Musiksammlung der Wienbibliothek werden neun mehr oder weniger vollständige Werkmanuskripte aufbewahrt, wie etwa zur „Brautschau“-Polka op. 417, zum „Schatz“-Walzer op. 418, zu den Walzern „Donauweibchen“ op. 427, „Gross-Wien“ op. 440 und „Mär-chen aus dem Orient“ op. 440 oder zum Csárdás aus „Ritter Pásmán“. Das Strauss-Autograf zum Walzer „Seid umschlungen, Millionen!“ befindet sich im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Es kam mit dem Nachlass von Johannes Brahms dorthin. Strauss hatte es diesem als Widmungsträger des Werks geschenkt. Das Manuskript des „Kaiser“-Walzers muss leider immer noch als verschollen gelten. Adele Strauss hatte es dem Strauss-Biografen Fritz Lange geschenkt, der es seinem gleichnamigen Sohn vererbte. Nach dessen Tod landete die Partitur bei einem Wiener Kunsthändler und Antiquar, der sie verkaufte. Für zweckdienliche Hinweise danke ich. Die Wienbibliothek verwahrt von der Landesbildstelle Wien-Niederdonau während der NS-Zeit gemach-te Fotografien eines Klaviersatzes zum Walzer „Frühlingsstimmen“ in der Handschrift von Johann Strauss (Sohn). Beim Vergleich mit der gedruckten Klavierausgabe zeigt sich, dass Strauss das Klavierarrange-ment dieser Komposition selbst erstellt hat. Aus der Korrespondenz mit dem Verleger Simrock geht her-vor, dass er dies auch für den „Kaiser“-Walzer tat, ein Umstand der umso mehr überrascht, als solche Bearbeitungen von Strauss rar sind und diese Arbeit üblicherweise routinierte Arrangeure besorgten. Beim Studium von Strauss-Partituren aus dieser Zeit fällt auf, wie penibel er Anweisungen für die Inter-pretation in seine Manuskripte einträgt, im Gegensatz zu früher, als Vortragsanweisungen nur spora-disch oder recht oberflächlich in den Partituren enthalten sind. Die Erklärung dafür ist einfach: Früher führte er seine Werke selbst auf. Er und seine Musiker wussten, wie sie zu spielen sind. Vermehrt brin-gen nun fremde Interpreten im In- und Ausland seine Kompositionen zu Gehör, denen dieses Wissen fehlt. Der Verleger Fritz Simrock weist in seinen Briefen an Strauss wiederholt darauf hin, wie schrecklich schlecht in Berlin Straussʼ Werke gespielt werden, er bezeichnet es als „Schweindelei“.

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Im Gegensatz zu früheren Lieferungen des SEV finden sich nun auch wieder mehr Skizzen, Melodieskiz-zen oder Entwürfe in Form eines Particells oder einer Partitur. Überraschend dabei ist, dass Strauss Ende der 1880er-Jahre auf Melodieentwürfe aus den 1860er-Jahren zurückgreift, wie das verwendete Noten-papier vermuten lässt, beispielsweise beim zweiten Thema des dritten Walzers der „Rathhaus-Ball-Tänze“ op. 438 aus dem Jahr 1889. Manchmal finden sich auch in lapidar mit „Teile eines Walzers“ beschrifteten Konvoluten Entwürfe zu einer Komposition, allerdings in einer komplett anderen Instrumentierung, und auch die Tonart wurde für die „Letztfassung“ geändert, wie beim Walzer „Donauweibchen“ zu beobachten ist. Eine weitere Rarität entdeckte ich in den Beständen der Wienbibliothek: Ein gewisser Karl Udel, geboren 1844 in Varaždin (Kroatien), erhielt seine musikalische Ausbildung am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Er studierte Violine, Viola und Violoncello. 1860 spielte er Viola in der Strauss-Kapelle. Später hatte er Engagements in den Orchestern verschiede-ner Wiener Theater, 1869 bis 1880 war er Mitglied des Wiener Hofopernorchesters. Ab Beginn der 1870er-Jahre widmete sich Udel zunehmend dem komischen Liedgesang, ab 1871 sang er als 2. Tenor im „Komischen Quartett des Wiener Männergesang-Vereins“, das ab 1880 unter dem Namen „Udel-Quartett“ auftrat und bis nach 1900 in wechselnden Besetzungen in zahlreichen europäischen Städten große Erfolge feierte. 1892/93 trug sich Strauss, bestärkt durch den Verleger Fritz Simrock, mit dem Gedanken wieder eine „Pizzicato“-Polka zu komponieren. Gesagt, getan! Die „Neue Pizzicato“-Polka“ op. 449 fand Aufnahme in die zur selben Zeit entstandene Operette „Fürstin Ninetta“, und bald nach den Uraufführungen bearbei-tete der Komponist und Kapellmeister Paul Mestrozi (1851–1928), von dem die Wienbibliothek den Nachlass besitzt, die „Neue Pizzikato“-Polka für Männer-Quartett, unterlegte einen selbst verfassten Text und widmete das Arrangement dem Udel-Quartett. Die Aufführungen fanden beim Wiener Publi-kum großen Gefallen, wie den Zeitungsberichten zu entnehmen ist. Die Wienbibliothek besitzt die Origi-nalstimmen, das Material der Uraufführung dieses Arrangements.

150 Jahre Wiener Ringstraße – Ein tönender Spaziergang Rundgang über den Wiener Prachtboulevard

von Johannes Böck Am 1. Mai 2015 wurde die berühmte Wiener Prachtstraße, der Ring, 150 Jahre alt. Der Autor dieses Bei-trages nimmt dies zum Anlass, die musikalischen Verbindungen der Familie Strauss und Zeitgenossen zu diesem berühmten Wiener Boulevard zu beleuchten. Der Bau der Wiener Ringstraße gehört zu den größten Leistungen aus der Zeit Kaiser Franz Joseph. Die-ser übernahm als 18-jähriger in Olmütz – nach den Wirren der Revolution 1848 – den Thron von Kaiser Ferdinand. Er regierte bis zu seinem Tod im Jahre 1916, also 68 Jahre lang. Neben der Wiener Ringstraße gilt es an dieser Stelle noch weitere markante Leistungen der Franzisko-Josephinischen Ära zu würdigen:

Die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873

Ingenieursleistungen der Eisenbahn (Semmering-Bahn 1854, Arlberg-Bahn, Brennerbahn, Westbahn etc.)

Donauregulierung 1875

Nordpol-Expedition 1874

Novara-Expedition 1857 - 1859 mit der Vermessung Neuseelands durch Ferdinand Hochstädt

Wiener Hochquellen-Wasserleitungen

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Die Karrieren der Brüder Johann, Josef und Eduard Strauss sowie Zeitgenossen (Fahrbach, Ziehrer, Komzák u.v.m.)

Goldene Operettenära (komplett) und Silberne Operettenära (teilweise)

Aufwertung des Wienerliedes durch die Gebrüder Schrammel und Alexander Girardi

Hochblütezeit der Militärmusik u.v.m. Am 18. Feb. 1853 verübte der ungarische Schneidergeselle Janos Libenyi ein Messerattentat auf den jungen Kaiser Franz Joseph, als dieser mit seinem Adjutanten Graf O’Donell beim Kärntnertor spazieren ging. Durch das beherzte Eingreifen des Fleischermeisters Josef Ettenreich konnte das Leben des jungen Monarchen gerettet werden. Ettenreich wurde in den Adelsstand erhoben, Libenyi hingegen bei der Spinnerin am Kreuz (Triesterstraße im 10. Wiener Gemeindebezirk) hingerichtet. Die glückliche Erret-tung des Kaisers besiegelte der junge 28-jährige Johann Strauss Sohn mit dem Kaiser-Franz-Joseph-I.-Rettungs-Jubel-Marsch, op. 126. Der Bruder des Kaisers, Erzherzog Ferdinand Maximilian organisierte eine Spendenaktion zur Errichtung einer Kirche als Dank dafür, dass Kaiser Franz Joseph dieses Attentat überlebte. Es handelt sich hier um die Votivkirche, welche Architekt Heinrich Ferstel auf den Schottentor-Gründen im neugotischen Stile errichten ließ. 1879 wurde die Votivkirche anlässlich des silbernen Hochzeitsjubi-läums des österreichischen Kaiserpaares ihrer Bestimmung übergeben. Anzumerken wäre, dass die Brüder Strauss und Zeitgenossen wie Fahrbach, Ziehrer, Gung’l, Komzák etc. einige Werke dem Monarchen widmeten. „Viribus unitis!“ war der Leitspruch des Kaisers, „Viribus unitis!“ heißt auch ein Marsch des jungen Jo-hann Strauss Sohn, op. 96. Anlässlich des 25-jährigen Thronjubiläums schrieb Eduard Strauss, der jünge-re Bruder, einen „Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläums“-Marsch, op. 109, in dem er u. a. einige Takte der Kai-serhymne sowie Suppès Lied „Das ist mein Österreich“ aus dem Bühnenwerk „‘s Alraunl“ zitierte. Am 20. Dez. 1857 erließ Kaiser Franz Joseph einen Befehl mit den Worten: „Es ist mein Wille!“ den Ab-bruch der alten Stadtmauern und die Anlage einer modernen Prachtstraße. Wien erfuhr einen Moderni-sierungsschub gewaltigen Ausmaßes! Zur gleichen Zeit schrieb Josef Strauss einen kostbaren Walzer, der am Ende das Lied „Ja Gold ist nur Chimäre“ aus Giacomo Meyerbeers Oper „Robert der Teufel“ zitiert, mit dem Titel „Zeitbilder“, op. 51. Für die vielen Arbeiter, welche die alten Basteien und Stadtmauern abrissen, schrieb Johann Strauss im Jahre 1862 die „Demolierer“-Polka, op. 269. Gleich neben der Votivkirche steht die Wiener Universität, welche heuer ihr 650-jähriges Bestehen fei-ert! Groß ist die Zahl der Werke, welche Johann Strauss Vater und seine Söhne den Studenten widmete.

Anlässlich der Eröffnung des im italienischen Re-naissance-Stil errichteten Gebäudes im Jahre 1884 schrieb Eduard Strauss den Walzer „Grüße an die Aula“, op. 233. Gehen wir die Ringstraße weiter, stehen wieder zwei öffentliche Gebäude – das Wiener Burgthea-ter und das Wiener Rathaus. Die „Theater“-Quadrille, op. 213, von Josef Strauss, weist auf das Werk des Architekten Gottfried Semper, hin, welcher auch das Natur- und Kunsthistorische Museum (zusammen mit Karl Hasenauer) und in Dresden das nach ihm benannte Opernhaus errichten ließ.

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Der Walzer „Rathausball-Tänze“, op. 438, des 65-jährigen Walzerkönigs Johann Strauss Sohn, mit dem Zitat des Walzers „An der schönen blauen Donau“, op. 314, und der Kaiserhymne, erinnert an eine wei-tere Sternstunde in der Wiener Stadt- und Musikgeschichte. Am 12. Feb. 1890 wurde der erste Ball im neu errichteten Wiener Rathaus des Architekten Friedrich Schmidt abgehalten, wo auch Carl Michael Ziehrers Walzer „Wiener Bürger“, op. 419, uraufgeführt wurde. Militärkapellmeister Josef Franz Wagner schrieb einen „Wiener Bürgermeister“-Marsch, op. 175. Neben dem Wiener Burgtheater steht der Wiener Volksgarten, der Uraufführungsort von ca. 200 Werken der Familie Strauss. Bereits Joseph Lanner schrieb „Volksgarten“-Musik. Die „Volksgarten“-Quadrille“, op. 157, von Johann Strauss Vater, führt den Namen dieser Gartenanlage im Titel. Der berühmte dänische Architekt Theophil Hansen ließ in Wien mehrere öffentliche Gebäude errichten. Zunächst einmal das ehemalige Reichstagsgebäude, das heutige Wiener Parlament, wo politische Aus-einandersetzungen durchgeführt werden. Alle paar Jahre finden Wahlen statt. Der „Wahlstimmen“-Walzer, op. 250, von Johann Strauss Sohn, wird noch heute mit Wahlen in Verbindung gebracht. 2015 jährt sich zum 150. Male auch ein unrühmliches Kapitel: ein Ehrenbeleidigungsprozess von Eduard Strauss gegen den Journalisten Eduard Hügel. Sein Bruder Johann Strauss setzt mit seiner „Proceß“-Polka schnell, op. 294 ein tönendes Denkmal. Mit der Proceß-Polka schnell wird der Wiener Justizpalast mit seinen vielen Gerichtsverhandlungen in Verbindung gebracht. Hier ist auch der Präsident des Wiener Institutes für Strauss-Forschung und Nachkomme der Familie Strauss, Herr Senatspräsident Dr. Eduard Strauss, beruflich tätig. An dem von Theophil Hansen errichteten Palais Epstein (Russische Kommandantur nach dem Zweiten Weltkrieg, Wiener Stadtschulrat) vorbei führt der Weg zum Heldenplatz. Auf diesem Platz stehen zwei Reiterdenkmäler, je eines für Erzherzog Carl und eines für den legendären Prinz Eugen des Bildhauers Anton Fernkorn. Josef Strauss schrieb für die Denkmalsenthüllungen 1860 und 1865 den „Erzherzog-Carl-Marsch“, op. 86, den Walzer „Heldengedichte“, op. 87, und den „Prinz-Eugen-Marsch“, op. 186. Auch der „Prinz-Eugen-Marsch“ des einzigen Armeekapellmeisters der öster-reichischen Monarchie, Andreas Leonhardt, erinnert an den berühmten Feldherrn. Ebenso ist das Prinz-Eugen-Lied im Marsch „Habsburg hoch!“, op. 408, von Johann Strauss Sohn zitiert. Verlassen wir den Heldenplatz und überqueren die Ringstraße, kommen wir zu den beiden großen Mu-seen, dem Kunsthistorischen und dem Naturhistorischen Museum mit den großartigen Sammlungen aus dem Bereich der Malerei, der Geologie und der Biologie. Architekten dieser Gebäude waren Gottfried Semper und Karl Hasenauer. Darauf weist der Marsch „Kunst und Natur“, op. 115, von Jo-hann Schrammel, den dieser dem Bildhauer Viktor Tilgner widmete, hin. Zwischen den beiden Großmu-seen erinnert ein großes Denkmal an „Kaiserin“ Maria Theresia, welche von 1740 - 1780 als Erzherzogin die Geschicke Österreichs leitete. Die römisch-deutsche Kaiserwürde war zum damaligen Zeitpunkt nur dem Manne vorbehalten… Militärkapellmeister Johann Nepomuk Fuchs schrieb aus Anlass der Einweihung des Monumentes einen „Maria-Theresien“-Marsch. Wo das ehemalige Kärntnertor stand, wurde in den 1860er Jahren die Wiener Hofoper, die heutige Wiener Staatsoper, errichtet. Architekten waren Eduard van der Nüll und August Siccard von Siccardsburg. Die schlechte Kritik an diesem Bau traf van der Nüll so hart, dass er sich bald darauf das Leben nahm. Diese beiden Architekten errichteten auch die Wiener Sofiensäle auf der Wiener Land-straße. Für den ersten Ball in der Wiener Oper schrieb Eduard Strauss eine „Opern-Soiree“-Polka, op. 162. All-jährlich wird zum Jahreswechsel in der Wiener Oper die berühmte Johann-Strauss-Operette „Die Fle-

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dermaus“, Uraufführung 5. April 1874 im Theater an der Wien, gebracht. Aus diesem Bühnenwerk stammt die „Fledermaus“-Polka, op. 362, welche beim Ball der Schriftstellervereinigung „Concordia“ uraufgeführt wurde. Der Walzerkönig versuchte sich auch als Komponist einer Oper. Die Aufführung ging kläglich daneben, überlebt hat der berühmte „Csárdás aus Ritter Pázmán“. Neben der Wiener Oper steht das Palais Todesco. Johann Strauss Sohn lernte hier seine erste Frau, Hen-riette Treffz, kennen und lieben. Sie war mit Moritz Todesco liiert und hatte mit ihm 7 uneheliche Kin-der. Am 27. Aug. 1862 fand im Wiener Stephansdom die Hochzeit Johann Strauss‘ mit Henriette Treffz statt. Ihr widmete der Walzerkönig die Polka française „Bluette“, op. 271. Auf dem Wiener Karlsplatz steht das von Theo-phil Hansen errichtete Gebäude des Wiener Mu-sikvereins. Aus dem Goldenen Saal werden all-jährlich am 1. Januar in den Mittagsstunden die Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker übertragen – eine tönende Visitenkarte Öster-reichs! Dieses Gebäude befindet sich im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde, der Johann Strauss Vater acht Werke widmete. Der Walzer „Musikvereins-Tänze“, op. 140, und die „Sai-son“-Quadrille, op. 148, gehören dazu. Am 15. Jan. 1870 fand im damals neueröffneten Musikvereinssaal der erste Ball statt. Alle drei Brüder – Johann, Josef und Eduard – Strauss dirigierten und widmeten je ein Stück dieser berühmten Institution: Johann Strauss: Freuet euch des Lebens, Walzer, op. 340 Josef Strauss: Künstlergruß, Polka française, op. 274 Eduard Strauss: Eisblume, Polka mazur, op. 55. Dies war eine weitere Sternstunde in der Österreichischen Musikgeschichte! Von der Polka mazur „Eis-blume“ gibt es bedauerlicherweise bis heute keine Aufnahme – geschweige diese wurde im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker gespielt! Der Autor dieser Würdigung hofft auf eine bal-dige öffentliche Aufwertung des Lebenswerkes von Eduard Strauss! Einen „Steinwurf“ entfernt steht der „Schwarzenberg-Platz“ mit dem 1867 enthüllten Monument für Fürst Carl zu Schwarzenberg. Aus diesem Anlass schrieb Josef Strauss den „Schwarzenberg-Monument“-Marsch, op. 210. Auf diesem Platz steht das Palais Wertheim. Es gehörte dem Unternehmer Franz von Wertheim, der

feuerfeste Registrierkassen herstellen ließ. Anlässlich der Herausgabe des 20.000. Exemplares dieser feuerfesten Registrierkassen gab es ein Fest im Blumensaal der Gartenbaugesellschaft, für das Josef Strauss seine be-rühmte „Feuerfest“-Polka française, op. 269, schrieb. Hier verteilt sich auch die Erste Wiener Hochquellenwasserleitung. Eduard Strauss schrieb hierfür die Polka Mazur „Die Hochquelle“, op. 114, und widmete dieses Werk dem Geologen Prof. Eduard Suess. Auch hier gibt es leider von diesem wichtigen – und vernachlässigten – Werk keine Auf-nahme! Am heutigen Parkring befinden sich der Wiener Stadtpark mit dem Kursalon und dem meistfotografierten Denkmal Wiens, dem Denkmal für Johann Strauss! An dieser Stelle konzertierte der Walzerkönig und es wur-

de eine Polka mit dem Wiener Männergesangverein uraufgeführt – „Sängerlust“, op. 328.

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Gegenüber dem Wiener Stadtpark steht das Coburg-Palais – die „Spargelburg“. Daran erinnern die „Al-bion“-Polka, op. 102, und der Walzer „Windsorklänge“, op. 104. Die „Albion“-Polka erklang zwei Mal im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker (2000 und 2012). Nebenan, wo heute das Hotel „Marriott“ und das Gartenbaukino stehen, stand damals das Gebäude der Gartenbaugesellschaft mit den Blumensälen, wo Werke von Carl Michael Ziehrer und Josef Strauss ihre Uraufführung erlebten. Die „Bouquet“-Polka, op. 188, von Josef Strauss, erinnert daran. Ebenso bewohnte der berühmte Industrielle und Kunstmäzen Nikolaus Dumba ein nach ihm benanntes Palais auf dem Parkring. Er besaß eine bedeutende Sammlung der Werke von Franz Schubert, welche sich heute in der Musiksammlung der Wienbibliothek befindet. Ihm widmete Johann Strauss Sohn den Chorwalzer „Neu-Wien“, op. 342. Der Weg führt nach einem Blick auf das Radetzky-Denkmal vor dem ehemaligen k. und k. Kriegsministe-rium zum Kai, der nicht Teil der Ringstraße ist, kurz vor dem Einbiegen befindet sich linker Hand die Radetzky-Brücke. Dort mündet der Wienfluss in den Donaukanal. Auf dem Wiener Schottenring, den wir vom Kai aus im Norden erreichen, stehen das Denkmal für die Hoch- und Deutschmeister und die Wiener Börse. Johann Strauss Sohn widmete diesem berühmten Regiment den „Deutschmeister-Jubiläums“-Marsch, op. 470, Militärkapellmeister Dominik Ertl seinen „Hoch- und Deutschmeister“-Marsch, op. 41, und Wilhelm August Jurek den „Deutschmeister-Regiments“-Marsch, op. 6. Auch Joseph Bayer und Joseph Hellmesberger jun. widmeten diesem Regiment Märsche. Am 18. März 2015 wurde in der Müllnergasse bei der Porzellangasse im 9. Wiener Gemeindebezirk, un-weit der Rossauer Kaserne ein neues Museum der Strauss-Dynastie eröffnet. Initiator ist der aus der Steiermark stammende Wiener Kulturhistoriker, Herr Prof. Helmut Reichenauer, der zu diesem Zweck auch den „Kulturverein Wiener Blut“ gründete. Der große Walzer aus dem Weltausstellungsjahr 1873 von Johann Strauss Sohn, bei dem dieser erstmals auch die Wiener Philharmoniker dirigierte „Wiener Blut“, op. 354, ist der Namensgeber dieses Vereines. Am 8. Dez. 1881 brannte das Wiener Ringtheater ab. 386 Menschen fanden den Tod. Sie wurden auf dem Wiener Zentralfriedhof und dem Meidlinger Friedhof beerdigt. Anton Bruckner war Zeuge und erlitt dadurch ein Feuertrauma. Die Folge dieser Tragödie waren massive Sicherheitsvorschriften beim Bau von Theatern und die Gründung der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft, aus der die Wiener Ret-tung hervorging. Für diese Vereinigung schrieb Johann Strauss Sohn den Marsch „Freiwillige vor!“. An Stelle des Ringtheaters stand zunächst ein Sühnhaus, heute steht hier das Gebäude des Wiener Polizei-präsidiums. Im Wiener Ringtheater wurde u.a. auch die Operette „König Jerome“ von Carl Michael Ziehrer uraufge-führt. Noten und Partituren wurden beim Brand ein Raub der Flammen. Wenige Werke, wie die Roman-ze „Verliebt“, op. 319, und der „Militär“-Marsch, op. 321, aus diesem heute vergessenen Bühnenwerk blieben erhalten. 1877 wurde auf dem Schottenring die Wiener Börse, errichtet von Theophil Hansen, von Kaiser Franz Joseph I. ihrer Bestimmung übergeben. Den Börsenspekulanten setzte unser Meister Johann Strauss Sohn mit seiner Polka française „Von der Börse“, op. 337, ein tönendes Denkmal. Der Walzer „An der schönen blauen Donau“, op. 314, von Johann Strauss Sohn und der „Radetzky“-Marsch, op. 228, von Johann Strauss Vater runden den musikalischen Spaziergang auf der Ringstraße ab.

Fotos: Wikimedia Commons

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Gesehen – gehört – gelesen: Rezensionen

75. Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Zubin Mehta von Johannes Böck

In den Mittagsstunden des 1. Januar 2015 übertrug der ORF, die österreichische Sendeanstalt, das be-rühmteste Strauss-Konzert der Welt in 90 Ländern unseres Planeten – das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Dieses Konzert begann vor 75 Jahren unter der Leitung von Clemens Krauss in einem düsteren Kapitel der österreichischen Geschichte. Heuer wurde der Takt zum fünften Male (nach 1990, 1995, 1998 und 2007) vom aus Indien stammenden Dirigenten Zubin Mehta geführt. Mit den Wiener Philharmonikern verband Zubin Mehta seit 1961 eine besondere Beziehung. Seine Lehrjahre verbrachte er in Wien, wo er unter anderem vom Dirigentenvater Hans Swarowsky (zu dessen Schülern zählt übrigens auch der Strauss-erfahrene Dirigent Prof. Christian Pollack) ausgebildet wurde. Vor 25 Jahren dirigierte Zubin Mehta zum ersten Male das berühmteste Strauss-Konzert der Welt.

Fünf Werke der Musikerfamilie Strauss erklangen heuer zum ersten Male (hier im Fettdruck). Es begann mit der Ouvertüre zum Singspiel „Ein Morgen, ein Mittag, ein Abend in Wien“ von Franz von Suppé aus dem Jahre 1844. Dieses Vorspiel zählt zu den bekanntesten Werken des gebürtigen Dalmatiners. Der Walzer „Märchen aus dem Orient“, op. 444, weist auf die Herkunft des Dirigenten hin. Das Werk steht im Werksverzeich-nis in guter Nachbarschaft zu „Seid umschlungen, Millionen“, Walzer, op. 443 und dem Walzer aus „Fürstin Ninetta“, op. 445. Es gehört zu jenen Werken des Walzerkönigs, das – neben dem „Persischen Marsch“, op. 289, und dem „Egyptischen Marsch“, op. 335, mit dem Orient in Verbindung gebracht wird. Es folgte die Polka française „Wiener Leben“, op. 218, von Josef Strauss, welche im Umfeld des „Donauwalzers“, op. 314, seines Bruders entstand. Im Trio dieser Polka zeigte das Fernsehen

werkgetreue Bilder, das „Wiener Leben“ auf dem Wiener Naschmarkt, in einem Kaffeehaus und den Wiener Fiaker. Von Eduard Strauss, dem vielfach schändlich vernachlässigten jüngsten der Brüder Strauss, erklang als erstes Werk die Schnellpolka „Wo man lacht und lebt“, op. 108, aus dem Weltausstellungsjahr 1873. Das Alt-Wiener Strauss-Ensemble unter der Leitung von Arthur Kulling nahm dieses effektvolle Werk ebenso in sein Repertoire auf wie das Wiener Johann Strauss-Orchester unter Willy Boskovsky. Es wäre an der Zeit, dass mindestens ein bis zwei Walzer von Eduard Strauss im Rahmen des Neujahrs-konzertes der Wiener Philharmoniker gespielt werden… Der Walzer „Dorfschwalben aus Österreich“, op. 164, ist der erste der elitärsten Walzer von Josef Strauss. (Chronologisch folgen: „Dynamiden“, Walzer, op. 173, „Transaktionen“, Walzer, op. 184, „Deli-rien“, Walzer, op. 212, „Sphärenklänge“, Walzer, op. 235, „Aquarellen“, op. 258, und „Mein Lebenslauf ist Lieb‘ und Lust“, op. 263). Nikolaus Harnoncourt nannte den Walzer „Dorfschwalben aus Österreich“ die „Pastorale“ von Josef Strauss… Im September des abgelaufenen Jahres 2014 wurde der Walzer 150 Jahre alt!

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Mit der Schnellpolka „Vom Donaustrande“, op. 356, von Johann Strauss Sohn, aus dessen Operette „Der Carneval in Rom“, ebenfalls aus dem Weltausstellungsjahr 1873, wurde der erste Teil dieses großartigen Strauss-Konzertes abgerundet. Der von Felix Breisach gestaltete Pausenfilm zeigte die Wiener Ringstraße, welche im Jahre 2015 den 150. Jahrestag der Eröffnung durch Kaiser Franz Joseph begeht. Der Bau der Wiener Ringstraße gehört zu den größten Leistungen in der Franzisko-Josephinischen Ära. Im zweiten Teil des Neujahrskonzertes nimmt das Programm Bezug zu den größten Jubilaren 2015: Am 12. März 1365 begründete Herzog Rudolf IV. von Österreich die älteste Universität im deutschsprachi-gen Raum, am 6. November 1815 wurde die Technische Universität begründet. Die Brüder Johann und Josef Strauss ließen sich auch dort ausbilden. Der zweite Teil begann daher mit einem Block jener Werke, welche die Brüder Johann und Eduard Strauss den technischen Fortschritt und die damit verbundene Erfindungswelle musikalisch dokumen-tierten: Johann Strauss Sohn: Perpetuum Mobile, Musikalischer Scherz, op. 257 Accelerationen, Walzer, op. 234 (vom lat. accelerare = beschleunigen) Elektro-Magnetische Polka, op. 110 und Eduard Strauss: Mit Dampf! Polka schnell, op.70, in der die Geräusche der Dampfmaschinen nachempfunden werden! Eduards zweite Schnellpolka, die im Rahmen des Neujahrskonzertes 2015 gespielt wurde, bei der der Schlagzeuger eine Rassel einsetzte.

Mit dem großen Walzer „An der Elbe“, op. 477, setzten die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Zubin Mehta, das berühmteste Strauss-Konzert der Welt fort. Der Walzer „An der Elbe“ war Johann Strauss‘ letzter Walzer, den er selbst dirigierte. Er wurde in Dresden ediert. „An der Elbe“ (Hamburg) wurde auch vor 40 Jahren die „Deutsche Johann Strauss-Gesellschaft“ durch den Hamburger Rechtsan-walt Joachim Viedebantt gegründet. Dies und die Beziehung des Werkes zu Dresden wurde bei der Prä-sentation durch die Ansagerin nicht erwähnt, was für uns Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung

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das Wichtigste wäre… Schon in jungen Jahren widmete Johann Strauss der Elbmetropole den „Sachsen-Kürassier“-Marsch, op. 113, die „Zehner“-Polka, op. 121, und den Walzer „Vermählungs-Toaste“, op. 136. Unser Meister verbrachte dort eine schöne Zeit, wie es Herr Ludwig Müller in seinem Artikel „Wiener Blut in Elbflorenz“ festhielt („Neues Leben“, Heft 27, S. 44 - 53). Der dänische Walzerkönig Hans-Christian Lumbye war wieder (nach 2010) mit dem Champagner-Galopp, seinem berühmtesten Werk, vertreten. Am Ende dieses Werkes wurden Champagner ausgeschenkt und zum neuen Jahr angestoßen. Lumbyes Galoppaden sind genauso spektakulär wie jene der Brüder Strauss… Hoffentlich werden in den kommenden Jahren weitere dieser effektvollen Stücke im Rahmen des berühmtesten Strauss-Konzertes der Welt gebracht. Die „Studenten“-Polka, op. 263, des 37-jährigen Johann Strauss Sohn erklang im Rahmen des Neujahrs-konzertes der Wiener Philharmoniker zum ersten Male und wurde in den Räumen der Wiener Universi-tät auf dem gleichnamigen Abschnitt der Ringstraße getanzt – wie wenig später der berühmte Walzer „Wein, Weib und Gesang“, op. 333. Die Studenten-Polka zitiert einige Studentenlieder – wie die Hymne der Akademiker „Gaudeamus Igitur“ und „Wohlauf getrunken noch den funkelnden Wein…“ Zwischen diesen beiden Werken erklang erstmalig der „Freiheits“-Marsch, op. 226, von Johann Strauss Vater, der an die revolutionären Ereignisse des Jahres 1848, erinnert und an Aktualität nichts eingebüßt hat. In diesem Jahr schrieb der Begründer der bekanntesten Musikerfamilie des 19. Jahrhunderts einige Märsche („Österreichischer Nationalgarde“-Marsch, op. 221, „Marsch der Studenten-Legion“, op. 223, „Marsch des einigen Deutschlands“, op. 227, „Brünner Nationalgarde“-Marsch, op. 231, „Jellacic“-Marsch, op. 244), die es ebenso wert wären, auch einmal im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker gespielt zu werden. Die „Annen“-Polka, op. 117, von Johann Strauss Sohn dirigierte Zubin Mehta zu Ehren seiner Gattin Nan-cy, die beim Konzert unter den Zuhörer(inne)n saß… Nach dem Walzer „Wein, Weib und Gesang“ erklang als dritte Schnellpolka von Eduard Strauss „Mit Chic“, op. 221. Vermutlich war es auch der bevorstehende 180. Geburtstag des jüngsten der Brüder Strauss, der heuer am 15. März dieses Jahres begangen wurde, der bewog, ihn vermehrt aufzuführen. Die Wiener Philharmoniker sollten künftig verstärkt auch Werke von Eduard Strauss in ihren Neujahrs-konzerten bringen (s.o.). Eduard Strauss sollte endlich auch bei der Programmansage durch die ORF-Sprecher in das rechte Licht gerückt werden! Als erste Zugabe erklang die „Explosions“-Polka, op. 43, des jungen Johann Strauss Sohn aus dem Jahre 1847. Der Dirigent ließ es persönlich zu diesem Werk „krachen“ und ein Konfetti-Regen fiel auf das Or-chester herab. Mit dem Walzer „An der schönen blauen Donau“, op. 314, von Johann Strauss Sohn und dem „Radetzky“-Marsch, op. 228, von Johann Strauss Vater wurde das traditionelle Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker 2015 abgerundet. Als prominente Gäste saßen Herr Bundespräsident Dr. Heinz Fischer mit seiner Gattin sowie der Gene-raldirektor des ORF, Herr Mag. Alexander Wrabetz mit seiner Gattin unter den Zuhörern. Für das ameri-kanische Fernsehen kommentierte wieder Dame Julie Andrews (bekannt als „Mary Poppins“ und „Maria Trapp“) das weltberühmte Strauss-Konzert der Wiener Philharmoniker. Die Wiener Gärtner und Floristen sorgten für den opulenten Blumenschmuck in rötlichen Farbtönen.

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Am 9. Jänner 2015 gab die Plattenfirma SONY das Neujahrskonzert auf Doppel-CD heraus. Die DVD er-schien Ende Januar dieses Jahres. Diesem Konzert ist auf Bild- und Tonträger eine weite Verbreitung, den darin enthaltenen Werken sind viele neue Freunde zu wünschen. 2016 wird das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker vom lettischen Dirigenten Mariss Jansons zum dritten Male nach 2006 und 2012 dirigiert.

Neujahrskonzerte 2015 Das Orchester der Staatlichen Philharmonie „Transilvania“ aus der rumänischen Stadt Cluj-Napoca (Klausenburg) unternahm vom 2. bis 10. Januar eine Schweiz-Tournee (Lachen, Uznach, Rüti, Einsiedeln, Zürich, Lausanne, Cossonay) mit zwei verschiedenen Programmen (Programm I: Berühmte Melodien von Johann Strauss Vater und Sohn [Donauwalzer, „Banditengalopp“, „Perpetuum mobile“, „Radetzky-Marsch“ usw.]; Programm II: Werke von Telemann, Bach und Vivaldi). Das Orchester, 1955 gegründet, hat eine umfangreichreiche Diskografie vorzuweisen und gilt als eines der besten Sinfonieorchester Ru-mäniens; es hat mit namhaften Künstlern (Kurt Masur, Radu Lupu usw.) zusammengearbeitet und un-ternimmt Gastspiele quer durch Europa.

Modernisierte beschwingte Operette lässt das Publikum schwärmen Die Operettenbühne Wien unter Heinz Hellberg bringt die begeistert aufgenommene Revueoperette

„Maske in Blau“ nach Schweinfurt von Manfred Drescher

Seit vielen Jahren kommt Heinz Hellberg mit der Operettenbühne Wien nach Schweinfurt und beweist auch mit der heutigen Aufführung, warum er zum Dauereingeladenen geworden ist. Er hat einfach einen Draht zur Operette, bringt sie lebendig, ausgelassen und farbenprächtig auf die Bühne und lässt sie größtenteils authentisch auf-führen, wobei man seine Hin-gabe und seine Liebe zu dieser Musikform nicht nur erahnen sondern in jeder Sekunde er-spüren kann. Die Inszenierung von Hellberg ist etwas gestrafft, ist jedoch in jeder Szene nach-vollziehbar. Ein schönes Büh-nenbild, immer unter der Vo-raussetzung der Möglichkeiten eines Tourneetheaters, welches einfach gestaltet, aber aussa-gekräftig und einprägsam ist. Adrian Boboc hat hier gute Arbeit geleistet, wie auch die Kostüme von Lucya Kersch-bauer farbenprächtig, stimmig und teilweise sogar verschwenderisch dargeboten werden. Allein die Juliska hat vier oder fünf Kostümwechsel, ich habe sie nicht gezählt, es können auch noch mehr gewesen sein. Und auch die übrige Truppe gefällt sich in immer wieder neuen Roben. Das macht dem Auge Spaß und löst heftigen Zwischenapplaus aus. Etwas gewöhnungsbedürftig ist für mich am heutigen Nachmit-tag das Orchester. Heinz Hellberg hat den Taktstock an László Gyükér übergeben und dieser macht seine Sache ausgezeichnet. Ich freue mich schon, ihn im Sommer in Bad Ischl erleben zu dürfen, wo er „My Fair Lady“ dirigieren wird. Er hat das Orchester im Griff, hilft ihm über manche Klippe hinweg, nimmt es

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bei den Sängern wohltuend zurück, damit die Stimmen nicht übertönt werden und zeigt insgesamt ein exzellentes Dirigat. Was mich trotzdem etwas irritiert, ist die Tatsache dass man das Orchester praktisch als Big Band auftreten lässt. Hellberg hat hierzu das Orchestermaterial neu arrangieren lassen. Allein durch diese Instrumentierung klingt alles frischer, schmissiger, voller Pep, manchmal aber für mich et-was zu jazzlastig. Aber das ist natürlich eine reine Auffassungssache, das Publikum jedenfalls geht be-geistert mit dem Sound der Musik mit und geizt nicht mit ständigem starkem Applaus. Wenn man so will hat Hellberg versucht die Grenzen zwischen der klassischen Operette und dem Musical etwas zu verwi-schen bzw. anzugleichen. Der Showcharakter des Stückes wird so sehr stark betont und herausgestellt. Auch der Chor und das Ballett der Operettenbühne können voll überzeugen. Die Geschichte ist schnell erzählt. Der Maler Armando Cellini hat eine maskierte Frau gemalt, in die er

sich unsterblich verliebt. Sein Bild „Maske in Blau“ wurde prämiert und er wartet, dass sie ihr Versprechen einlöst, ihn nach einem Jahr aufzusuchen und sich erkennen zu geben. In Evelyn Valera, die aus Argentini-en eintrifft, erkennt er seine unbekannte Schöne wieder und sie verlieben sich ineinander. Durch eine Intrige werden sie fast getrennt, aber zum Schluss finden sie natürlich zueinander, ebenso wie sein Freund Seppl Frauenhofer die reizende Juliska Varady erobern kann. Lediglich der intrigante Pedro dal Vegas

(der in der heutigen Inszenierung vom Prinzipal Heinz Hellberg höchstpersönlich verschlagen und rollen-deckend geboten wird) bleibt allein zurück. Die Plantagenbesitzern Evelyn Valera wird von Judit Bellai verkörpert. Und sie macht ihre Sache ausge-zeichnet. Mit schönem, leicht ansprechendem, in der Höhe leuchtendem Sopran verzaubert Judit Bellai nicht nur Armando sondern auch das Publikum im ausverkauften Theater der Stadt Schweinfurt. Als Ar-mando Cellini brilliert der Tenor Thomas Markus. Sein voller, kräftiger, strahlender, die Höhen mühelos erklimmender Tenor beeindruckt das Publikum und Signora Valera. Bei seinem Tenorschlager „Schau einer schönen Frau nicht zu tief in die Augen“ werden einige Augen der anwesenden Damen im Publi-kum feucht. Gerne würden sie sich von Thomas Markus in die Augen schauen lassen. Die beiden Sing-schauspieler vereinen ihre Stimmen in den Duetten und sie harmonieren wunderbar zusammen, was man bei „In dir hab ich mein Glück gefunden“ sehen und hören kann. Operettenträume in Reinkultur beim Gesang dieser beiden Vollblutkünstler. Ja und da ist dann ja auch noch die Juliska in Gestalt von Susanne Hellberg. Es ist unbeschreiblich, wie Susanne in immer neuen Kostümen wie ein Derwisch über die Bühne wirbelt. Gesanglich besticht sie mit Leidenschaft und Feuer und fast könnte man sagen mit ungarischem Paprika. Es ist bewundernswert, wie diese Künstlerin über viele Jahre als Stütze der Wiener Operettenbühne agiert und scheinbar nicht altert. Ihr kongenialer Partner ist Alexander M. Helmer, der mit sehr schönem weichen und warmen Bariton bestechen kann. In diesem Zusammenhang seien auch die vorzügliche Choreographie von Enrico Juriano und die Maske von Mioara Dumitrescu lobend er-wähnt. Als Franz Kilian tritt David Hojsak auf, der mit seinem jugendlich frischen Spiel beeindrucken kann. Stimmlich kann er das leider momentan noch nicht so sehr, hier sollte er doch noch etwas zule-gen, zu klein ist die Stimme momentan noch. Der treue Diener von Evelyn Valera wird mehr als rollen-deckend von Urs Mühlenthaler dargestellt. Er kann in seinen Auftritten voll überzeugen, ist schauspiele-

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risch immer präsent. Ebenso wie der bereits erwähnte Chef der Wiener Operettenbühne Heinz Hellberg, der den schmierigen Pedro dal Vargas darstellt. Mario Penev vervollständigt als Marchese Cavalotti das Ensemble.

Wieder hat die Wiener Operettenbühne das Publikum begeistert und mitgerissen. Wieder einmal wurde deutlich vor Augen geführt, dass die Operette noch lange nicht tot ist – im Gegenteil, wenn sie so wie in Schweinfurt geboten wird, wird sie zu unserer Freude noch sehr lange auf den Spielplänen unserer Büh-nen stehen. Besuchte Aufführung im Theater der Stadt Schweinfurt 20. Jan. 2015, Fotos: Claudius Schutte

Johann Strauss Gala in Northampton von Jonas Geelhaar

Über die Website unserer englischen Schwestergesellschaft erfuhr ich kürzlich von einer Konzertreihe „Johann Strauss Gala“. Da einer der Veranstaltungsorte glücklicherweise in meiner Nähe gelegen war, nutzte ich die Chance, das englische Kulturleben kennenzulernen. Gespannt wie Strauss hier in England zelebriert wird, fuhr ich mit einigen Erwartungen nach Northampton. Um es gleich vorwegzunehmen, die Johann Strauss Tänzer und das Johann Strauss Orchester unter Rai-ner Hersch boten ein ausgezeichnetes Konzert mit viel Schmiss und Einsatz. Über das musikalische hin-aus wurden die etwa 25 Musiker auch szenisch eingebunden, was den Abend noch bereicherte. Sie überzeugten auf ganzer Linie durch einen schönen Klangkörper, präzise eingesetzt mit der notwendigen Zurücknahme in den Vokalstücken – ausgezeichnet. Ihr „unbändiger“ Dirigent und Moderator, Rainer Hersch, präsentierte bestens aufgelegt und mit viel Humor ein Programm, das neben den Werken von Johann (Vater und Sohn) sowie Josef Strauss auch solche von Edward Elgar und anderen enthielt. Mit seiner unvergleichlichen Art führte Rainer Hersch nicht nur durch den Abend, erzählte Geschichten, sondern band auch das Publikum in die Musik ein. Insbesondere bei Josefs Polka Feuerfest setzte Hersch zur Unterstützung des Amboss auf das Publikum, das begeistert seinem Dirigat folgte.

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Als Solistin konnte Kristy Swift (Sopran) glänzen, unter anderem mit der Arie der Adele aus dem zweiten Akt der Fledermaus. Neben ihrem Gesang ergänzte sie außerdem das Ballett (Choreografie: Alexandra Worrall), das die herrliche Musik noch darstellerisch erweiterte. Bei ‚Rosen aus dem Süden‘, ‚Unter Donner und Blitz‘ sowie ‚Geschichten aus dem Wiener Wald‘ fühlte man sich schon fast wie in Wien. Obwohl Strauss dort zuletzt („Fledermaus“, Wiener Staatsoper) deut-lich weniger schmissig dargeboten wurde. Alles in allem eine beeindruckende Darbietung. Man kann den Künstlern zu ihrem heurigen Jubiläum 40 Jahre Johann Strauss Gala nur gratulieren und ihnen alles Gute für die Zukunft wünschen. Besuchte Aufführung: 6. Feb. 2015 Northampton, Royal & Derngate

Man ist amüsiert und freut sich über eine flotte Inszenierung „My Fair Lady“ Musical in flotter Art und Weise bringt Stimmung nach Bamberg

von Manfred Drescher Heute nun der nächste Bericht aus dem wunderschönen E.T.A.-Hoffmann-Theater im herrlichen Städt-chen Bamberg. Und diesmal ist das Landestheater Coburg zu Gast und zwar mit einem der bekanntesten Musicals überhaupt, der „My Fair Lady“. Das ich nicht unbedingt der größte Verehrer der Musicalszene bin, brauche ich wohl nicht extra zu betonen, ich habe schon öfter darauf hingewiesen. Und trotzdem, auch ich verlasse das Theater fröhlich und aufgekratzt und mit einem flotten Liedchen auf den Lippen. Der bekannte Schauspieler, Regisseur und Autor Holger Hauer hat sich des Stoffes angenommen und er hat eines auf jeden Fall getan. Er hat die betuliche Geschichte der Blumenverkäuferin aus der unteren Ebene nicht neu erfunden, aber er hat sie vom Staub befreit und er hat eine witzige und bunte Version der Eliza Doo-little auf die Bretter gestellt. Frisch und doch fast wie neu erfunden lässt er die Figuren um Eliza agie-ren und man merkt ihm die Freude daran an, was er da tut. Nicht nur als exzellenter Regisseur son-dern auch als machohafter ausgezeichneter Darsteller des Professor Higgins. Er lässt das Stück in der Übersetzung von Robert Gilbert daherkommen und es gelingt ihm die bekannte Geschichte transparent, verständlich und verstehend zu gestalten. Wie aus einem Stück gebacken könnte man fast sagen. Da stören noch nicht einmal die von mir so verpönten Mikrofone der Darsteller.

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Das Bühnenbild von Karel Spanhak weiß in seiner schlichten Überzeichnetheit voll zu überzeugen. Der überdimensio-nale Sprachtrichter des Professors in leuchtenden Farben ist eines der gelun-genen Einfälle. Dem stehen die Kostüme von Sven Bindseil in nichts nach. Die Cho-reographie von Jo-chen Schmidtke als auch die hervorra-gende Choreinstu-dierung von Lorenzo da Rio formen das Ganze zu einem bunten frischen Spektakel, welcher eines tun soll, unterhalten und dies wird mit Bravour erreicht. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Daxi Pan, der das Orchester gekonnt im Griff hat und es teilweise aus dem Orchestergraben nur so heraussprudeln lässt. Leider lässt er es manchmal etwas zu sehr sprudeln und deckt damit leider den einen oder anderen Musicaldarsteller doch etwas zu. Gerade weil wir es hier nicht mit großen durchschlagskräftigen Opernstimmen zu tun haben, wäre ein klein biss-chen mehr Rücksichtnahme auf die teilweise doch etwas schwächeren Stimmen ratsam gewesen. Gera-de weil sich alle mit Leibeskräften darum bemühen, eine gute Figur sowohl darstellerisch als auch stimmlich ab zu geben.

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Und im Großen und Ganzen gelingt es ihnen auch. Die Eliza Doolittle der Anna Gütter jedenfalls wird zum Publikumsliebling des ausverkauften Hauses. Sie zeichnet den Wandel von der Straßengöre bis hin zur Lady überzeugend. Mit hervorragendem Spiel und auch einer schönen warmen Sopranstimme wird sie zum Mittelpunkt der Szenerie und ihr traut man auch das Kunststück zu, den Professor zu zähmen, denn am Ende lässt sie sich von ihm die Pantoffeln bringen – und er gehorcht. Der bekannte Film- und Fernsehdarsteller Holger Hauer hat sich in der Inszenierung den liebenswerten Zyniker und Frauenverachter gekonnt auf den Leib und die recht ordentlichen Stimmbänder geschrie-ben. Für einen Musicaldarsteller jedenfalls kann er stimmlich recht gut gefallen, ebenso wie sein Freund Oberst Pickering, der von Nicklaus Scheibli in überzeugender Manier auf die Bretter gestellt wird. Er, der versucht die junge Eliza von dem doch zuweilen übermachohaften Professor „zu retten“. Ihm zur Seite Kerstin Kluge als Mrs. Pearce, der Haushälterin und fast möchte man sagen mütterlicher Freundin des jungen Eliza. Deren Vater, einem unentdeckten Philosophen, gleichzeitig aber Säufer par excellence Alf-red P. Doolittle wird von Michael Lion auf die Bretter gestellt. Ihn kann das Orchester nicht übertönen, er ist als Müllkutscher, der alles herausholen will, nicht für seine Tochter sondern für sich, sicherlich ei-ner der heimlichen Geliebten des Publikums. Wer möchte mit dem alten Schwerenöter nicht mit zum Hochzeitstanz gehen, bei dem man von vorneherein schon weiß, dass es sicher nicht auf Ewigkeit halten wird. Der verliebte Schwärmer Freddy Eynsford-Hill wird mit kräftiger überzeugender Stimme von Jiri Rajnis dargeboten und er macht die Verliebtheit und seine Schwärmerei glaubhaft. Gabriele Künzler kann in der Rolle von Mrs. Higgins, der Mutter des Professors, die es mit ihm sicher nicht immer leicht hat, voll überzeugen. Das Publikum ist begeistert und zufrieden, großer langanhaltender Applaus zum Ende des Musicals und auch der Kritiker geht zufrieden nach Hause, hat er doch heute eine fröhliche unbeschwerte Aufführung erlebt, bei der sehr viel Herzblut dabei gewesen ist. Besuchte Aufführung: E.T.A.-Hoffmann Theater Bamberg am 5. März 2015, Bilder: Henning Rosenbusch, Coburg

Operette Bremgarten im „Land des Lächelns“ von Rudolf Maeder

Die große Operette ohne Happy End hat anscheinend nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt, ob-wohl man für eine Inszenierung große Stimmen und ein gutes Buffo-Paar haben muss. Die Operetten-bühne Bremgarten (Schweiz), die uns letztes Jahr mit Kálmáns „Bajadere“ überraschte, hat es gewagt – und es dieses Jahr mit Franz Lehárs Operette „Das Land des Lächelns“ (UA 1929, Metropol-Theater, Ber-lin) sehr gut gemacht. Wie unser Mitglied Gret Kälin berichtete, erlebte man ein gut gemachtes Bühnen-bild ohne Schnickschnack und wunderbare Kostüme. Der bestens vorbereitete Chor hielt sich dezent im Hintergrund, auch das Orchester übte Zurückhaltung und erzielte damit eine großartige Wirkung. Der Tenor (Sou Chong) war allerdings etwas zu laut, sehr gut waren Lisa und Gustl. Besonders aber gefiel Sou Chongs Schwester Mi („Meine Liebe, deine Liebe“). Auch das Ballett fügte sich ausgezeichnet in den Ge-samtrahmen eines unterhaltsamen Abends ein. Besuchte Aufführung: 20. März 2015

Das welsche Abenteuer oder „Bonsoir, Mr. Pantalon!“ von Albert Grisar von Rudolf Maeder

Die Raritäten sind – wir ihr Name sagt – selten und finden sich nur hie und da auf seltsame Weise. Wie die folgende Geschichte zeigt, ist auch die Reise zu ihnen nicht immer einfach. In einem Faltprospekt, den ich in einem Luzerner Museum fand, pries eine Compagnie L‘Opéra par ci par là (junge Gesellschaft, 2013 in Yverdon-les-Bains gegründet) eine Opéra comique eines Komponisten namens Albert Grisar an.

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Der Name Grisar sagte mir sofort etwas, denn man hatte mir in Paris von ihm erzählt und ich hatte vor langer Zeit einmal ein Werk von ihm als Klavierauszug gekauft. Ich schrieb an die Compagnie ein Mail und bestellte einen Platz für die letzte Vorstellung in einem kleinen waadtländischen Dorf zwischen Lau-sanne und Freiburg (Fribourg). Man antwortete mir umgehend und sagte ich sei als Vertreter der Deut-schen Strauss Gesellschaft sehr willkommen. Am letzten Freitag nun machte ich mich auf, um das welsche Abenteuer zu erleben. Ich fuhr von Baar nach Zürich (umsteigen), von dort nach Lausanne (umsteigen auf die Métro), dann nach Croisettes (um-steigen auf den Bus!) und langte schließlich, gerade zur Mittagszeit, in Carrouge, dem Ort des Gesche-hens, an. Das nahe gelegene Gasthaus „zur Traube“ („au Raisin“) servierte ein exzellentes Mittagessen zu einem Preis, von dem man bei uns nur träumen kann… Ich schlenderte durch das Dorf und erreichte die Grande Salle (den Gemeindesaal), vor dem viele Jugendliche auf Einlass warteten. Ich dachte mir, es sei eine Jugendvorstellung oder ein Film, bis ich die geschlossene Türe sachte öffnete und mir Klänge der Ouvertüre von Grisars Werk ans Ohr drangen. Also war da noch eine Nachmittagsvorstellung im Gange! Ein Taxi brachte mich zu meinem Hotel im Nachbarort Servion. Den Kaffee gab’s dann im „Weißen Rössl“ („Cheval Blanc“!). Das Taxi kam am Abend wieder und setzte mich an der Grande Salle ab, an der Kasse wusste man schon, dass ein Operettenliebhaber kommen würde. 25 Franken ist ein sehr modera-ter Preis für eine Stunde Musiktheater… Inmitten eines mit viel Landbevölkerung in mittlerem Alter ge-füllten Saales verlebte ich eine herrliche Stunde Musiktheater mit jungen Künstlern. Albert Grisar (1808 - 1869) wurde als Kind eines französischen Vaters und einer deutschen Mutter in Anvers (Antwerpen) geboren, gilt also als belgischer Komponist. Er wird zum Kaufmann ausgebildet, bricht aber ab und widmet sich der Musik zu. Nach Musikstudien in Paris erscheint auf Betreiben eines Bekannten, des großen französischen Sängers Adolphe Nourrit, seine erstes Werk „Le Mariage impossible“ (Die unmögliche Heirat) 1833 auf der Bühne des Théâtre de la Monnaie in Brüs-sel. Und wird sofort zum Erfolg. Grisar möchte nun das Pariser Publikum er-obern, aber „Sarah“ und „L’An mil“ (Das Jahr 1000) erringen an der Opéra-Comique in Paris nun Achtungserfolge, erst „L’Eau merveilleu-se“ (Das Wunderwasser) wird zum ersten Pa-riser Großerfolg. Zwischen 1840 und 1848 weilt Grisar in Itali-en, interessiert sich für die Opera buffa, berei-chert sein musikalisches Wissen, komponiert aber wenig. Neben einigen geistlichen Wer-ken, die ihm das nötige Geld zum Leben ver-schaffen, arbeitet er an einer Oper „Gilles le ravisseur“ (Gilles der Freibeuter. Erfolgreiche UA 1848, Opéra-Comique, Paris). Es folgt eine Erfolgsserie, in der auch meine Opéra-comique, „Bonsoir, Mr. Pantalon!“, das Licht der Welt erblickt. Im Jahre 1855 erkrankt Grisar schwer, unterbricht seine Komposition und erscheint erst wieder 1862 mit einem Werk auf der Bühne der Opéra-Comique. Die-se und seine letzten Opern haben nicht mehr den gewohnten Erfolg. Grisar hat mit Geld-

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und Gesundheitsproblemen zu kämpfen und stirbt schließlich in Paris 1869. Sein Werk umfasst 19 Opern, etwa hundert Lieder und geistliche Musik. „Bonsoir, Mr. Pantalon!“ ist eine Opéra comique (französische Bühnenwerk des 18. und 19. Jahrhunderts mit gesprochenen Dialogen, später Rezitativen; Hauptvertreter Adolphe Adam und D. F. E. Auber, auch „Mignon“ und „Carmen“ sind Opéras comiques!) der wunderbaren Art. Bereits die dreiteilige Ouvertüre reißt einen sofort mitten ins Geschehen in Venedig. Die sechs Personen tragen zum Teil Namen der Commedia dell‘ Arte: Pantalon, Isabelle, Lélio, Colombine, und diese verwickeln sich eine typische Verwechslungskomödie mit ins Wasser gekipptem Korb (wie im „Falstaff“) „vergifteten“ Getränken, Billetdoux und an die falsche Person gerichtete Schwüre. Natürlich löst sich alles nach einer Stunde auf, das junge Paar, das sich vorher nicht kannte (Isabelle und Lélio), fällt sich in die Arme, Isabelles Mutter Lucrèce kehrt zu ihrem Mann Dr. Tiritofolo zurück, und Lélios Vater, Mr. Pantalon, und die Kammerzofe Colombine schauen fröhlich dabei zu. Das alles ge-schieht mit schnellen Dialogen und einer eng am Text bleibenden Musik mit Romanzen, Duetten, Quar-tetten und so weiter. Nun, da ich diese Oper gesehen habe, verstehe ich plötzlich viel besser, wo Offenbach, Planquette und Lecoq ihre Inspiration herhaben, manchmal klang es auch ein bisschen nach Albert Lortzing, also hatte Anklänge an die deutsche Spieloper. Schnell nach Hause mit dem Taxi, noch eine Cassata mit Maraschi-no und ein Kaffee und dann „Bonsoir, Mr. Maeder!“ Am nächsten Morgen sieht die Welt sehr grau aus, der Himmel weint unaufhörlich. Mein Chauffeur ist wieder zur Stelle und bringt mich nach Moudon, einem kleinen alten Städtchen in Richtung Freiburg. Bei einem ausgedehnten Stadtspaziergang habe ich Gelegenheit, die schönen Bürgerhäuser, Schlösser und Brunnen zu bewundern und lokalen Käse zu kaufen. Nach dem Essen geht es mit der Lokalbahn nach Freiburg, dann nach Zürich und wieder zurück nach Baar. Das welsche Abenteuer ist fast zu Ende… Es klingt noch weiter auf dem Klavier mit Melodien aus Albert Grisars „Bonsoir, Mr. Pantalon!“… P.S. Die Leitung der Theater-Kompanie hat gestern in einem Mail die Spende der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ herzlich verdankt und wird mit ihr (bei weiteren Produktionen) in Verbindung blei-ben. Besuchte Vorstellung: 20. März 2015

Klingendes Wien – von Schrammeln und Salonorchestern Ein Hoch auf die Wiener Kultur

von Johannes Böck

Ende Februar 2015 erschien im Sutton-Verlag ein liebevoll gestalteter Bildband, der die Wiener Musik-kultur des 19. und 20. Jahrhunderts beleuchtet. Am Beginn dieses Buches werden die großen Vertreter der Wiener Klassik und des Wiener Walzers, also auch die Familie Strauss und Joseph Lanner sowie Franz Lehár als Vertreter der Silbernen Operettenära gewürdigt. Behandelt werden die Entwicklung der Schrammelmusik – nach dem Tod der Brüder Schrammel entstanden viele Schrammelquartette, welche die Altwiener Volkskultur noch heute pflegen. Das Quartett besteht aus 2 Violinen, einer Alt-Wiener Kontragitarre mit 2 Hälsen und 13 Saiten, sowie die G-Klarinette, das sogenannte „Picksüsse Hölzel“.

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Auch den Wiener Volkssängern und den Wiener Werkelmännern ist ein eigenes Kapitel gewid-met. Johann Strauss setzte mit seinem Walzer „Die Volkssänger“, op. 119, ein tönendes Denkmal, genauso wie Carl Michael Ziehrer mit dem Walzer „Natursänger“, op. 415. Ein ausführliches Kapitel beleuchtet die Chor-musik in Wien, es entstanden im 19. Jahrhun-dert zahlreiche Männerchöre in den Wiener Bezirken. Die wohl bekannteste Wiener Männerchorver-einigung ist der Wiener Männergesang-Verein, 1843 von Dr. August Schmidt begründet, setzt sich vor allem für die Interpretationen der Wer-ke von Franz Schubert und Johann Strauss ein. Unser Meister Johann Strauss widmete dieser berühmten Chorvereinigung einige Chorwalzer, beginnend mit dem bekanntesten – „An der schönen blauen Donau“, op. 314. Es folgen „Wein, Weib und Gesang“, op. 333, „Neu-Wien“, op. 342, „Bei uns z’Haus“, op. 361, „Myrthenblüthen“, op. 395, „Groß-Wien“, op. 440; die Polkas „Sängerlust“, op. 328, und

„Burschenwanderung“, op. 389, die Polka mazurka Champêtre, op. 239, und bereits 1847 widmete der junge Walzerkönig dem jungen Verein den Walzer „Sängerfahrten“, op. 41, anlässlich der ersten Tour-nee des Vereines. Josef Strauss‘ Polka mazur „Dithyrambe“, op. 236, sowie Eduard Strauss‘ Polkas „Serenade“, op. 66, und „Aus Lieb zu ihr“, op. 135, befinden sich ebenfalls im Repertoire des Wiener Männergesang-Vereines. Carl Michael Ziehrer schrieb die Chorwalzer „Singen, Lachen, Tanzen“, op. 486, „So leben wir alle Ta-ge“, op. 503, „Regentropfen“, Walzer, op. 514, und „Wiener Leben und Wiener Leut‘“, op. 549. Be-rühmte Chorleiter waren Johann Ritter von Herbeck, Viktor Keldorfer, Prof. Franz Xaver Meyer und Prof. Gerhard Track. Beleuchtet werden in diesem neuerschienenen Buch auch Wiener Blasmusikkapellen, die auch heute noch einen Beitrag zur Wiener Musikkultur leisten, sowie Schulorchester und -chöre. Herausgeber ist der Verlag Sutton, der als Editor von Bildbänden mit historischen Bildern von Städten und Regionen einen Namen machte. Autoren sind Hans W. Bousska und der in Sache Alt-Wiener Musik spezialisierte Prof. Ernst Weber, der auch im Rahmen des Symposium Tanz-Signale 2012 des Wiener Institutes für Strauss-Forschung einen Vortrag hielt. Dieser Bildband ist unter der ISBN 978-3-95400-485-0 im Buchhandel und im Internet käuflich zu erwer-ben. Diesem neuerschienenen Buch ist eine weite Verbreitung zu wünschen.

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Josef Strauss meets Offenbach – Zu einem Naxos-Sampler von Peter Hawig

Wir danken der „Jacques-Offenbach-Gesellschaft Bad Ems“ für die freundliche Genehmigung des Nach-drucks. Die Österreicher lieben ihre Strauss-Dynastie, möglicherweise manchmal auf eine volkstümlich sein sol-lende sämige Art und Weise, die beim Erklingen einer einschlägigen Melodie sentimentale Klischees an

„gute alte Zeiten“ in Wien und drunt‘ in der Wa-chau wachruft. Aber darum geht es hier nicht: Ein „Wiener Institut für Strauss-Forschung“, mehrere international verteilte Strauss-Gesellschaften (u. a. auch in Deutschland) sorgen für exemplari-sche Notentextausgaben, Konzerte, CD-Programme; Musikverlage, Bühnen und öffent-lichkeitsstarke Privatpersonen lassen es sich an-gelegen sein, das musikalische Erbe der Strauss-Familie, das in Österreich tief verwurzelt ist, im-mer neu in Erinnerung zu rufen, wodurch wiede-rum die Verwurzelung verstärkt wird. Gäbe es in Frankreich und Deutschland nur die Hälfte dieses wechselseitigen Verstärkungseffektes in Sachen Offenbach! Das Label Marco Polo/Naxos hat mittlerweile das Gesamtwerk (!) von Johann Strauss (Vater), Jo-

hann Strauss (Sohn) und Josef Strauss eingespielt. Aus des Letzteren Schaffen hat Naxos nun unter dem (unvermeidlich englischen) Titel „Josef Strauss meets Offenbach“ die Offenbach-Quadrillen zusammen-gestellt, die bisher auf etliche CDs verteilt waren. Das ist zu begrüßen, weil die neue CD so jene Offen-bach betreffenden Tanzmusiken aus der Feder des mittleren Strauss-Bruders handlich und preiswert zusammenfasst, die in Wien jedes Bühnenwerk unvermeidlich begleiteten: Sie popularisierten es und profitierten gleichzeitig von dessen Popularität. Leider ist die Sammlung nicht vollständig: Es fehlen die Kakadu-Quadrille op. 276 (zu Vert-Vert) und die Schäfer-Quadrille op. 196 (zu Les Bergers). Warum, weiß ich nicht. Platz auf der CD wäre gewesen, denn, was aus dem Titel nicht hervorgeht, es finden sich auf ihr noch drei Quadrillen nach Motiven anderer Komponisten: Gounods Faust, Ambroise Thomas‘ Le Caïd und Crispino e la Comare der italienischen Brüder Luigi und Federico Ricci.1 So interessant es ist, diese Seltenheiten, wenn auch ins Korsett der Quadrillen und ihrer festgelegten Tanzschritte, zu hören, so bedauerlich ist es, dass die Offenbach-Palette nicht vollständig ist. Dennoch: Angesichts der hervorragenden Qualität der beteiligten tschechischen und slowakischen Orchester und der auf dieses Repertoire spezialisierten Dirigenten (Christian Pollack, Michael Dittrich u. a.) sei diese angenehm anzuhörende CD empfohlen.2

1 Es sei daran erinnert, dass beim Offenbach-Festival 2007 Luigi Riccis Magd und Husar gegeben wurde, zusam-men mit Offenbachs Apotheker und Friseur in einer WDR-Produktion (Dirigent: Helmuth Froschauer, Produzent: Dirk Schortemeier). 2 Josef Strauss meets Offenbach, Naxos 8.578288, bei jpc.

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Richard Genée: Komponist und Librettist von Pierre Genée

Vortrag des Autors, gehalten zur Vorstellung des Buches „Richard Genée und die Wiener Operette“ am 13. März 2015 in der Wienbibliothek. Wir danken ihm sehr herzlich für die Genehmigung zur Veröffentlichung.

Franz Friedrich Richard Genée wurde am 7. Februar 1823 in Danzig geboren. Sein Vater entstammte einer preußisch-hugenottischen Familie in Königsberg und machte sich als Sänger, Schauspieler und Re-gisseur einen Namen. In den Jahren 1824 bis 1841 lebte – mit Unterbrechungen – sein Vater Johann Friedrich mit seiner Fami-lie in Berlin. In dieser Stadt wuchs auch Richard auf, er besuchte das renommierte Gymnasium „Zum Grauen Kloster“ und begann anschließend ein Medizinstudium. Doch bald fühlte sich Richard von Musik und Theater viel stärker angezogen. Sein Vater hatte Verständnis und ermögliche ihm eine gediegene Ausbildung in Kompositionslehre. 1841 übernahm sein Vater die Direktion des Danziger Stadt-theaters, wo auch Richard seine ersten Erfolge als Dirigent und Komponist feierte. Nach mehreren unsteten Wanderjahren (über Reval, Riga bis nach Köln und Düsseldorf) finden wir Richard Genée 1857 in Mainz, wo ihn das fröhliche Karnevalstreiben zu zahlreichen humoristisch-ironischen Liedkompositionen (meist in Form von Duetten, Terzetten, Quartetten und Männerchören) in-spiriert haben dürfte. Hier schuf er auch eine Reihe von musi-kalischen Szenen und Einaktern (z. B.: die „Generalprobe“ und den „Zopfabschneider“). Damals entstanden höchst-wahrscheinlich auch seine beiden Operetten für Liedertafeln: „Die Prinzessin von Kannibalien“ und „Don Trabucco de Trabucillos“, zu denen er sich auch die Texte schrieb. Die Aufzählung diese Bühnenwerke soll auch darauf hinwei-sen, dass Genée – parallel zu Suppé und Millöcker – wichtige Impulse zur Entwicklung einer deutschsprachigen Operette geliefert hatte. In den Jahren 1862/63 finden wir Genée in Schwerin und Amsterdam. Im April 1864 nimmt er die Stelle eines leitenden Hofkapellmeisters am Deutschen Theater in Prag an. Dort profilierte er sich als souveräner Wagner-Dirigent; gemein-sam mit Friedrich von Flotow schuf er die monumentale Oper „Am Runenstein“, (deren Libretto auch als Vorlage für eine Wagner-Oper hätte dienen können). Im Sommer des Jahres 1868 übersiedelte Richard Genée nach Wien. Auf Einladung des damaligen Direk-tors am Theater an der Wien Friedrich Strampfer tritt er dort die Stelle eine Kapellmeisters und Kompo-siteurs an. – Als Genée in Wien eintraf, wurden dort schon seit 10 Jahren Offenbachiaden – mit großem Erfolg – gespielt. Protagonisten auf diesem Gebiet waren Karl Treumann, Julius Hopp und Friedrich Zell, der der wichtigste Ko-Autor Genées werden sollte. Richard Genée ging im Auftrag der Theaterleitung gleich ans Werk: Noch im selben Jahr übersetzte und überarbeitete er für Offenbach „La Périchole“ und „Die Briganten“; und wenige Jahre später „Fantasio“,

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„Der schwarze Korsar“ und „La Diva – die Theaterprinzessin!“ Bei letzterer arbeiteten Zell und Genée (1872) erstmals nachweislich zusammen. Zu dieser Zeit übersetzte und adaptierte Genée auch Werke anderer Franzosen, z. B.: Victor Massés „Galathéa“, Rillés „Däumling“, Charles Lecocqs „Der schöne Ritter Dunois“, Léon Vasseurs „Silberbe-cher“ und Hervés „Faust junior“, zudem Genée seinen berühmten „Hexensabbath“ komponiert und tex-tiert hat: In diesem Intermezzo singen Mephisto und Faust Wagners Musik in travestierter Form, während in klei-nen Nebelbildern die Köpfe von Mozart, Bach und Haydn sich zeigen – und zum Schluss erscheint das Bild Richard Wagners: eine Tafel in Händen haltend mit der Aufschrift „Das Judentum in der Musik“. Interessant ist der Schluss dieser Faustlegende: Margarethe und Faust wollen sich verloben, doch plötz-lich bricht Faust seinen Pakt, wirft alle Reichtümer von sich, worüber das Gretchen mehr als entsetzt ist. Zu allerletzt will sie sich Valentin anschließen, der im Begriffe ist, gen Himmel zu schweben. Doch Me-phisto zieht sie zurück und nietet sie fest an Faust – fortan zu ewigem Tanze verdammt! Dieser Ausgang steht in krassem Gegensatz zu Goethes „Faust“, dem am Ende alles vergeben wird. (Auch in Hof-mannsthals „Jedermann“ scheint die G’schicht gut auszugehen!) Diese Art der Vergangenheitsbewältigung ist bei den französischen Autoren auf wenig Gegenliebe ge-stoßen, Genée macht ebenfalls keinen Rückzieher, er legt noch nach und verweist den Wagnerschen Antisemitismus in das Reich der Hexen. Das laizistische Frankreich baut mehr auf irdische Gerechtigkeit als auf die Gnade Gottes. Typisch für Genée, dem rührselige Happy-Ends zuwider waren. Die Rezeption des Stückes in Wien war erwartungsgemäß gespalten, Goethe war den Wienern „zu hei-lig“ und Wagner „zu verehrungswürdig“. Die Offenbachiaden hatten im Wien der 60-er Jahre einen fulminanten Erfolg. Satirischer Witz, französi-sche Leichtigkeit, Frivolität und Pikanterie bildeten einen Gegenpol zum Wiener Volksstück. Man fühlte sich mehr als Städter und distanzierte sich von einem Vorstadtpublikum. In den 70-er Jahren trat eine Akzentverschiebung ein. Nach dem deutsch-französischen Krieg wurden die Offenbachiaden als zu frivol und dekadent verteufelt, die burlesken Texte hatten sich überlebt. Wie Richard Genée in einem der seltenen Interviews zu verstehen gab, „…setzte sich das Wiener Thea-terpublikum aus ganz anderen Elementen zusammen als das Pariser… Dort bildete eine blasierte jeunese dorée mit der demimonde den Hauptfaktor der Zuhörerschaft, um nach luxuriösen Diners bei prickelnder Musik mit pikanten Zweideutigkeiten angenehm – zu verdauen. In Wien gehört das Theater-vergnügen zu den Abendunterhaltungen der ganzen Familie, und auf dieses Moment musste Rücksicht genommen werden…“ Zu den Wiener Volksstücken wollte man nicht zurückkehren – also war der Ruf nach einer eigenständigen Operette unüberhörbar geworden. Schon in den 60-er Jahren leisteten Suppé und Millöcker wichtige Vorarbeiten: man denke an die Einak-ter „Das Pensionat“, „Flotte Bursche“, „Die schöne Galathée“, „Die keusche Diana“ und „Die Frauenin-sel“, doch verglichen mit den Offenbachiaden blieb es oft nur bei Premieren-Erfolgen. Genée verstand es – auch wenn französische Sujets als Vorlage dienten –, seine Libretti den Wiener Verhältnissen anzupassen. Der beste und wahrscheinlich unübertroffene Wurf war das Textbuch zur „Fledermaus“. Es erinnerte weder an ein Wiener Volksstück noch an eine exotistische Offenbachiade. Es handelte sich um eine gelungene Satire auf das arrivierte Bürgertum, das sich in seinen liberalen Expan-sionstendenzen über alle Zwänge und Schranken hinwegzusetzen glaubt und sich dabei vordergründig amüsiert, freilich nur dann – wenn man zur gehobenen Gesellschaft zählt. Dazu gehören Frack und Ball-

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kleid, viel Freizeit und finanzielle Unabhängigkeit. Aber! Alles hat seine Grenzen: Alfred darf die Ehe der Eisensteins nicht stören, er muss nolens volens in den Knast. Adele muss sich gefallen lassen, im geborg-ten Ballkleid coram publico als Stubenmädchen denunziert zu werden. Rosalinde verbirgt ihre Ehe hinter einer Maske und einer anderen Nationalität. Und Eisenstein erleidet eine bittere Blamage, ohne auf sei-ne Rechnung zu kommen. Ironie und Häme bestimmen den Grundtenor der Handlung, ohne auf frivole oder gar obszöne Elemente zurückgreifen zu müssen! Keine der handelnden Personen überschreitet die unsichtbaren Grenzen – mit einer Ausnahme, wenn Adele im Berliner Tonfall „die Dame von Paris“ be-singt; zum Schluss heißt es dort:

„…Der Adolf kriegt ‘nen Schuss in Bauch, ‚Verzeihung‘ stammelt der Marquis, Und sinkt mir auf die Knie! Ich lisple: ‚Ich verzeihe Dir‘! Und such‘ ‘nen andern Adolf mir!“

Das mag im fernen „Sündenbabel“ Paris angehen, doch schon hat der rote Stift der Zensur die ganze Strophe gestrichen! Bis heute werden die letzten Zeilen nicht gesungen. Die nachfolgenden Strauss-Operetten reichen nicht an die Popularität der „Fledermaus“ heran. Welter-folge entstehen nicht am Fließband! Erst der „Zigeunerbaron“ (mit dem Textbuch von Ignaz Schnitzer) hält einigermaßen einem Vergleich stand. Als zweiter im Bunde des sogenannten Goldenen Operetten-Trios ist nach Strauss Franz von Suppé zu nennen. „Fatinitza“ ist seine erste abendfüllende Operette, der ein durchschlagender Erfolg beschieden ist. Das Textbuch haben Zell und Genée geliefert. Es folgten „Boccaccio“, „Donna Juanita“, „Der Gascogner“ und „Die Jagd nach dem Glück“. Heute findet sich keines der Bühnenwerke regelmäßig auf den Spielplänen – eigentlich sehr zu Unrecht. Der Dritte im Bunde war Carl Millöcker: Die erste von Zell und Genée textierte Operette war „Gräfin Dubarry“. Die Handlung, in der König Ludwig XV gar nicht auftritt, ist besser als ihr Ruf. Vor allem wird in beängstigender Weise das abstoßende Intrigenspiel rund um die Maitressenwirtschaft dieses korrupten Königs vorgeführt. Ganz im Gegensatz zur späteren Umarbeitung durch Theo Mackeben, in der der Kö-nig glorifizierend in den Mittelpunkt der Handlung gestellt und der Gräfin Dubarry in politischer Hinsicht sogar eine positive Rolle zugedacht wird. „Die Jungfrau von Belleville“ spielt im 19. Jahrhundert, damals in der Gegenwart – ein beeindruckendes Dokument gegen Adelsdünkel und korrupte Ehe-Arrangements. Damals hochaktuell! Neben der „Fledermaus“ zählt der „Bettelstudent“ zu den erfolgreichsten Operetten der Goldenen Ära: Das Libretto (von Zell und Genée) könnte ein patriotisches Landeskind verfasst haben, das die Heldenta-ten der Polen in schwungvollen Worten feiert. Die spannende Handlung, die ironische Zeichnung des historischen Milieus und die besondere Charakterisierung der Hauptpersonen haben das Publikum in aller Welt für sich eingenommen. Der Walzer: „Ach ich hab‘ sie ja nur auf die Schulter geküsst…“, Sy-mons Lied: „Ich knüpfte manche zarte Bande…“, das Duett: „Ich setz‘ den Fall…“ und das Couplet: „Ich hab‘ kein Geld bin vogelfrei….“ sind Ikonen der Operettenliteratur! Kommen wir auf das kompositorische Schaffen Richard Genées zurück: Wie schon erwähnt schuf er in den 60-er und 70-er Jahren zahlreiche Lieder, Quartette, Männerchöre, musikalische Szenen und einak-tige Operetten. Eine sehr wichtige Rolle spielt auch das kompositorische Schaffen Genées für die Bühne:

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Schon im Jahre 1845 – also 22-jährig – schuf er die Hintergrund-Musik zu Grillparzers Drama „Der Traum ein Leben“. Es folgten in den 50-er Jahren die Opern „Der Negersklave von Santo Domingo“ und „Poly-phem, ein Abenteuer auf Martinique“. Großen Erfolg erntete die Oper „Der Geiger von Tyrol“ (1857). Die Handlung spielt vor dem Hintergrund einer Dreiecks-Situation, in der sich der Geigenvirtuose Jakob nicht entscheiden kann für die Venezianerin Chiaretta oder die Tirolerin Anna. Doch Chiaretta, die sich nach längerem Zögern doch für den italienischen Intendanten Massapiani entscheidet, gibt Jakob schließlich frei. Der „Geiger von Tyrol“ kann in übertragenem Sinne als Hommage an die italienische und deutsche Oper aufgefasst werden. Donizetti und Lortzing haben Pate gestanden. Zu den wenigen Musikwerken Genées, die auch nachhaltig auf den Spielplänen aufscheinen, zählt der „Musikfeind“, eine komische Oper in einem Akt, die schon zum Zeitpunkt der Uraufführung (1857) als „solides Pendant“ zu den Offenbachschen Einaktern angesehen wurde. 1868 übersiedelte Genée nach Wien. Dort angekommen, widmete er sich der Bearbeitung von Libretti, sei es für Offenbach, sei es für Strauss (man denke an „Indigo“ und „Carneval in Rom“). Dass Genée Jo-hann Strauss auch bei der Komposition seiner Bühnenwerke unterstützend zur Seite stand – ist wissen-schaftlich erwiesen. Einen Riesen-Erfolg erzielte Genée 1876 mit der Operette „Der Seekadett“ und 1877 mit der komischen Oper „Nanon, die Wirtin vom Goldenen Lamm“. Genée erreichte damals den Höhepunkt seiner kompo-sitorischen Laufbahn! Die folgenden Operetten „Nisida“, „Rosina“, „Die Piraten“, „Die Dreizehn“ und „Freund Felix“ hatten trotz bester Faktur nicht dieselbe Durchschlagskraft, schon deshalb weil sich durch den Einfluss neumodischer Tanzrhythmen der Zeitgeschmack verändert hat. Selbst Johann Strauss be-klagte das zunehmende Desinteresse an Walzer- und Polka-Tänzen. In den letzten Jahren widmete sich Genée wieder vermehrt der Librettisten-Tätigkeit. Partner waren jüngere Komponisten wie Louis Roth, Alfons Czibulka, Max Wolff, Josef Helmesberger, Gustav Geiringer und Rudolf Dellinger. Ihnen waren oft beachtlich Premieren-Erfolge beschieden, nachhaltig konnten sie sich nicht auf den Spielplänen halten. Aber gerade diese zahlreichen Operetteninszenierungen, die kei-neswegs „nur Kompositionen der Tagesproduktion“ waren, haben wesentlich dazu beigetragen, dass Wien ein Weltzentrum der Operette blieb und in den 90-er Jahren zwei große Erfolge hervorbrachte: Carl Zellers „Vogelhändler“ und Richard Heuberger’s „Opernball“, und letztendlich Grundlage für die Lehársche Epoche bildete. Genée hat in seinen Libretti immer eine Botschaft vermittelt, er war niemals sentimental oder süßlich – davor bewahrte ihn sein trockener (ich würde sagen: norddeutscher) Humor, niemals wurden Klamauk und billige Kalauer um ihrer selbst produziert, er war ein begnadeter Lyriker, viele seiner Gesangstexte in völlig vergessenen Operetten könnten heute so manchem Kabarettisten die Stichworte liefern. Die Libretti zur „Fledermaus“ und zum „Bettelstudent“ bilden jeweils eine kongeniale Einheit zur Musik und erheben in diesem Sinne Anspruch auf Weltkunst!

Pierre Genée: Richard Genée und die Wiener Operette – Eine Buchbesprechung

von Norbert Linke Der Untertitel zur Bucheinfassung „Richard Genée…“ enthält das bekannte Motto aus der „Fledermaus“: Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist. Dass dieser Genée mit noch weiteren „Worter-findungen“ den „Zitatenschatz des deutschen Volkes“ ungemein bereichert hat, entnehmen wir dem Nachschlagewerk „Geflügelte Worte“ von Georg Büchmann – kurz „Der Büchmann“ genannt.

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Da lesen wir: Du bist verrückt mein Kind, du musst nach Berlin (nach Suppés Fatinitza) oder Hab‘ ich nur deine Liebe, die Treue brauch‘ ich nicht (aus Suppés Boccaccio), Schwamm drüber! – Alles für mein Geld – Ach ich hab‘ sie ja nur auf die Schulter geküsst (aus Millöckers Bettelstudent). Aus der Fledermaus wer-den häufig das fidele Gefängnis und die Redensart zitiert: ‘s ist mal bei mir so Sitte, Chacun à son gout. Richard Genée war – neben seinen eigentlichen Berufen als Komponist und Dirigent- zweifellos auch ein genialer Worterfinder. Auf der Suche nach griffigen Wortzeilen scheute er sich nicht, die Bibel auszuwer-ten, zum Beispiel 1. Mos. 3, 16, worin Gott zu Eva spricht: Dein Verlangen soll nach deinem Manne sein. Er soll dein Herr sein. Wir erinnern uns an den berühmten Walzer aus Millöckers Operette „Gasparone“ mit Genées Kommentar: Er soll dein Herr sein. Wie stolz das klingt! Geltung hat’s leider nur sehr bedingt. Schachspieler kennen die Eröffnungspleite namens „Seekadettenmatt“, benannt nach einer Lebend-schach-Partie im II. Akt von Richard Genées Operette „Der Seekadett“, uraufgeführt am 24. Okt. 1876 im „Theater an der Wien“, daselbst in anderthalb Jahren 48-mal gegeben. Das Libretto des „Seekadett“ hatte Genées Kompagnon Friedrich Zell allein geschrieben. Genée landete damit, am selben Theater, zwischen „Cagliostro in Wien“ (1875: 56-mal) und „Das Spit-zentuch der Königin“ (1880: 100-mal) von Johann Strauss, wozu er die Libretti schrieb. In Zusammenar-beit mit anderen Librettisten (nicht nur mit Zell) war Genée an sage und schreibe 50 Werken beteiligt. Dabei blieb er als Komponist in Wien zunächst „unterbelichtet“. Man bedenke: Der „Seekadett“ wurde sogar in New York nachgespielt. Und die Operette „Nanon, die Wirtin vom Goldenen Lamm“ war bei ihrer Uraufführung am Theater an der Wien (10. März 1877) zu-nächst nur mit 28 Aufführungen geplant. Eine Serie von 300 Aufführungen am Wallner-Theater in Berlin, wo das Anna-Lied Anna, zu dir ist mein liebster Gang zum Schlager geriet, führte dann in Wien zu einer Neuproduktion. Die „Nanon“ ist Genées bekannteste Operette, die auch heute noch gegeben wird. Freilich war er als Komponist seinen Kollegen Strauss und Millöcker weniger gewachsen als durch die (Mit-)Lieferung von Libretti, wodurch er allerdings an ihren Erfolgen mitbeteiligt war. Nicht nur dadurch zählt er zu den wirksamsten Schöpfern der Wiener Operette zur Zeit der „Goldenen Ära“. Zumindest die „Nanon“ könnte nach wie vor ein hellhöriges Publikum entzücken. Wir sind nicht allein auf Strauss oder Millöcker angewiesen. Zu bedenken bleibt: den Werken ihrer unmittelbaren Nachfolger Heuberger und Zeller ist seine Nanon mindestens ebenbürtig. Textlich ohnehin, aber auch musikalisch (Volker Klotz: Operette, Kassel 2004, S. 372 und 380). Zugegeben: Richard Genée ist ein überragender Mitschöpfer der Wiener Operette, dessen einfühlsame Begleitungen den Operettenkomponisten Johann Strauss erst ermöglicht haben. Soviel ist inzwischen anerkannt, spätestens seit 1974, als Fritz Racek mit der Herausgabe der „Fledermaus“ (Doblinger/UE) diese Mithilfen akribisch dokumentiert hat. Wir können es dem Wiener Neurologen und Ururenkel von Richard Genée nicht verdenken, dass er schließlich selbst zur Feder griff, nachdem er seit etwa 30 Jahren vergeblich versucht hatte, einen Musi-kologen oder Gesellschaftswissenschaftler zur Abfassung einer Monografie zu bewegen. Der Unter-zeichnende kennt eine Handvoll Persönlichkeiten, die mit dem Projekt Genée befasst und (teils) sogar mit Fördergeldern bedacht worden sind. Die Umworbenen hatten sich fast unlösbaren Problemen zu stellen. Ein Librettist/Mitlibrettist mit rund 50 Arbeiten war zu dokumentieren, ein Komponist mit zahlreichen Werken (von denen die im „Werk-verzeichnis“ aufgelisteten Opuswerke den geringeren Teil einnehmen), schließlich die verschiedenen Lebensstationen als Theaterkapellmeister seit 1848: in Reval, Riga, Köln, Düsseldorf, Aachen, Danzig, Mainz (1857 – 1863), Prag, Schwerin, Amsterdam – und Wien. Diese Stationen zu verfolgen, ist aufgrund fehlender und vernichteter Quellenmaterialien kaum mehr möglich. Um Zeitungsbestände (Kritikender genannten Orte) zu recherchieren, hätte es separate Studien von Jahren erfordert, zu denen Pierre Ge-

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née allein nicht bereitfinden konnte. Das nun erstmals umfassend Dokumentierte ist dennoch aller Eh-ren wert. Pierre Genée beschreibt einleitend auf den Seiten 1 – 148 neben der Darstellung der Persönlichkeit von Richard Genée Biographien der berühmten Familie von preußisch-hugenottischer Herkunft. Richards Vater Johann Friedrich Genée wird kurz als Schauspieler, Sänger, Theaterdirektor vorgestellt, wobei be-sonders interessant ist, dass er u. a. als Opern-Librettist tätig geworden war und damit 1851 am Wiener Carl-Theater Berücksichtigung fand. Dann sind die Geschwister dran, die berühmte Soubrette Ottilie Genée (USA-Tourneen!, und ausführli-cher Bruder Rudolph Heinrich Genée. Dieser, ein vielseitiger Bassist, Shakespeare-Rezitator, Verfasser von Bühnenwerken, Theaterhistoriker, 1861 bis 1864 Herausgeber der „Coburger Zeitung“, 1894 in Ber-lin Gründer und langjähriger Leiter der Mozart-Gemeinde, Dr., Professor: eine anerkannte All-Round-Persönlichkeit. Für (Franz Friedrich) Richard Genées Jugendjahre ist bezeichnend, dass er in Berlin intensiven Komposi-tionsunterricht bei Adolf Stahlknecht erfahren hatte. Die Ergebnisse sind in Wien einzusehen: figurierte Choräle, dreistimmige Fugen, Motetten usw. (WSB 6283 NH). Verglichen mit den Generalbassstudien von Johann Strauss bei Joseph Drechsler (MH 12896/c) ergibt sich, dass Genée (vorsichtig formuliert) weit besser kompositorisch ausgebildet war als Strauss. Seine vielfältige Erfahrung in der Komposition von Männerchor-Humoresken und komischen Liedern (zum Teil auf eigene Texte), von Burlesken und Liedertafel-Operetten ließen ihn prädestiniert erscheinen, einen Johann Strauss mit kompositorischer Beihilfe zur eigenständigen Komposition von Operetten zu verleiten. Wie das im Einzelnen belegt wer-den kann, ist in zahlreichen Abschnitten der Dokumentation von Pierre Genée belegbar geworden. Er hat die Freundschaften mit von Flotow, von Suppè, Millöcker, die französischen und englischen Einflüs-se, als Motor der Wiener Operette und in der musikalischen Zusammenarbeit mit Johann Strauss, beson-ders am Beispiel „Fledermaus“, nicht zuletzt das kompositorische Eigenschaffen Richard Genées für die Bühne dokumentiert. Letzteres ist im umfassenden „Werkverzeichnis“ von 200 Seiten erstmals in dieser Breite veröffentlicht (ein besonderer Vorzug dieser Publikation!), wodurch nunmehr Musikwissenschaft-lern aus aller Welt genügend „Stoff zur weiteren Bearbeitung übergeben worden ist. Danke, Pierre! Wir verdanken diese wichtige Publikation der Spende eines ungenannt bleibenden Mäzens und der (be-reits) bewährten Zusammenarbeit des Verlages Erhard Löcker (in der Nähe der Wiener Staatsoper) Der Verleger hat die Edition liebevoll bedacht 16 Fotos sind eingearbeitet. Den (fast unvermeidlichen) Druck-fehlern könnte dadurch begegnet werden, dass ein Zettel eingelegt wird, der die Errata kennzeichnet und berichtigt. Bei Löcker hat Pierre Genée bereits anderes publiziert, u. a. mit der Herausgabe von Kleinkunst-Werken des in Dachau ermordeten Fritz Grünbaum. Dieser war auch als Mitlibrettist an Operetten, wie „Die Dol-larprinzessin“ von Leo Fall oder „Der Zigeunerprimas“ von Emmerich Kálmán beteiligt. Wir nennen, stellvertretend für viele humorvolle Texte, den Schlager Ich hab das Fräulein Helen baden sehn, das war schön in der Vertonung von Fred Raymond.

Strauss-Konzert im Wiener Musikverein unter Leitung von Alfred Eschwé 1. Mai 2015 ganz im Zeichen der Familie Strauss und der Ringstraße

von Johannes Böck Am 1. Mai 2015 wurde die Wiener Ringstraße 150 Jahre alt. An diesem Tage brachte das Wiener Johann Strauss-Orchester unter der Leitung von Alfred Eschwé wieder ein Frühlingskonzert mit Werken der Fa-milie Strauss (ausgenommen Eduard Strauss!), Giacomo Puccini, Gaetano Donizetti und Franz Lehár.

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Es begann bereits um 10 Uhr vormittags mit einem brillanten und ausführlichen Einführungsvortrag, den diesmal Herr Gerhard R. Menhard, Vorstandsmitglied des Kulturvereines Wiener Blut, unter der Assis-tenz von Herrn Prof. Helmut Reichenauer, dem Gründervater des Museums der Johann Strauss-Dynastie, welcher den Vortrag mit Tonbeispielen zum Programm unterstützte. Strauss-Freunde aus Deutschland (Ehepaar Herguth aus Konstanz und Herr Manfred Schneegass aus Leipzig) und den Nieder-landen (Frau Elly van Wijk) waren zu diesem Konzert angereist. Anwesend zu dieser Einführung waren auch Wiener Freunde dieser Musikrichtung. Im ausverkauften Großen Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes, einem Bau des berühmten Ringstraßenarchitekten Theophil Hansen, begannen um 11 Uhr vormittags die Mitglieder des Wiener Johann Strauss-Orchesters mit der Ouvertüre zu „Indigo und die 40 Räuber“, dem ersten Bühnenwerk unseres Meisters Johann Strauss-Sohn, un-ter der Taktführung von Maestro Alfred Eschwé (Foto links, aus: www.wjso.at). Dieses tongewaltige Werk erklang mehrmals im Rah-men des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker (1983 Lorin Maazel, 1993 Riccardo Muti und 2008 Georges Prêtre). Es folgte die Arie der Norina «So anch'io la virtú», aus der Oper «Don Pasquale» von Gaetano Donizetti. Vorgetragen wurde dieses Ge-sangsstück von Anita Götz, welche an der Wiener Volksoper enga-giert ist und mit ihren Gesangsdarbietungen an mehreren Theatern im deutschsprachigen Raum brillierte. Josef Strauss, der zweite Sohn von Johann Strauss-Vater, war mit drei Werken vertreten: 1. „Künstler-Gruß“, Polka française, op. 274 2. „Jockey“-Polka schnell, op. 278 3. „Delirien“-Walzer, op. 212 Die Polka française „Künstler-Gruß“, op. 274, erklang – zusammen mit dem Walzer „Freuet euch des Lebens“, op. 340, seines Bruders Johann und der Polka mazur „Eisblume“, op. 55, seines Bruders Eduard anlässlich des ersten Balles im Goldenen Saal Wiener Musikvereinsgebäudes. Die Uraufführungen dieser drei Werke, dirigiert von allen drei Brüdern Strauss, gehörte zu den größten Sternstunden der österrei-chischen Musikgeschichte! Auch die „Jockey“-Polka schnell, op. 278, gehört zu Josef Straussens bekann-testen Werken aus seinem letzten Lebensjahr 1870. Dieser hegte eine Leidenschaft für den Pferdesport, dem er mehrmals tönende Denkmäler setzte, beginnend mit der „Jucker“-Polka, op. 27, über „Carriere“- Polka schnell, op. 200, zur „Jockey“-Polka schnell, op. 278. Der kostbare Walzer „Delirien“, op. 212, aus dem Jahre 1867, war der erste Walzer, der bei diesem Kon-zert erklang. Dieser wurde – wenige Wochen vor der Uraufführung des berühmten Walzers „An der schönen blauen Donau“, op. 314, seines Bruders Johann – beim Ball der Mediziner in den Wiener Sofiensälen uraufgeführt. In der Einleitung dieses Walzers werden dramatisch die Fieberträume, das „Delir“ eindrucksvoll den Zuhörern vorgeführt. Die Polka mazur „Glücklich ist, wer vergißt“, op. 368, vertrat als erstes die bekannteste Operette „Die Fledermaus“ unseres Meisters Johann Strauss-Sohn. Man hört im ersten Teil das bekannte Motiv – ähn-lich klingend wie der Walzer „Wiener Blut“, op. 354 – heraus. Die Arie der Lauretta „O mio babbino caro“», aus der Oper „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini, ge-sungen von Anita Götz, war die zweite Gesangseinlage in diesem Konzert. Abgerundet wurde der erste Teil mit dem überaus kostbaren Walzer von Johann Strauss-Sohn, den dieser für den ersten Ball im vom

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Architekten Friedrich Schmidt neu errichteten Rathaus komponierte – Rathausball-Tänze, op. 438. Die-ser zitiert in der Einleitung und in der Coda Melodien aus dem 23 Jahre zuvor geschriebenen Meister-walzer „An der schönen blauen Donau“, op.314 sowie in der Coda die Kaiserhymne. Im Walzer 2B im Hauptteil dieses Werkes erklingt ein triumphales Ländlermotiv. Nach einer halbstündigen Pause setzten die Musiker das Programm mit der Ouvertüre zum Singspiel „Pique Dame“ von Franz von Suppé fort. Dieser ist für seine Ouvertüren bekannt. Anita Götz sang das Lied „Was mir der Zufall gab“ aus der Operette „Eine Nacht in Venedig“. Danach der Walzer „Freuet euch des Lebens“, op. 340, von Johann Strauss-Sohn, der, wie oben erwähnt, beim ers-ten Ball der Gesellschaft der Musikfreunde am 15. Jänner 1870 hier im Goldenen Saal uraufgeführt wur-de, war bereits der dritte Walzer in diesem Konzert. Am 18. Februar 1853 wurde Kaiser Franz Joseph bei einem Messerattentat schwer verletzt. Die glückli-che Errettung besiegelte der junge Johann Strauss-Sohn mit dem „Kaiser-Franz-Joseph-I.-Rettungs-Jubel“-Marsch, op. 126, der im Trio einige Takte der Joseph Haydn-Hymne „Gott erhalte, Gott beschütze …“ zitiert. Die „Zweite Künstler“-Quadrille, op. 201, aus dem Jahre 1858, zitiert viele bekannte Melodien der Kom-ponisten der Klassik. Unter anderem wird das Lied „Ja Gold ist nur Chimäre“ aus der Oper „Robert der Teufel“ von Giacomo Meyerbeer zitiert, der am Ende des Walzers „Zeitbilder“, op. 51, von Josef Strauss ebenfalls zitiert wird. Dieses kostbare Werk wäre es ebenfalls wert, im Goldenen Saal des Musikvereines gespielt zu werden (Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, Osterkonzert Wiener Symphoniker, Konzerte des Wiener Johann-Strauss-Orchesters). Die Polka schnell „Tik-Tak“, op. 365, vertrat als zweites Tanzstück die Operette „Die Fledermaus“. Das berühmte „Uhren-Duett“ aus dem 2. Akt dieses Bühnenwerkes stellt die Kennmelodie dieses Werkes. Auch der bedeutendste Vertreter der Silbernen Operetten-Ära, Franz Lehár, war mit zwei Werken ver-treten. Zunächst sang Anita Götz die letzte Gesangseinlage in diesem Konzert: die Arie „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus der Operette „Giuditta“. Der Walzer „Gold und Silber“, op. 79, rundete das offi-zielle Konzertprogramm ab. Kein Konzert ohne Zugaben: Zunächst erklang die Polka schnell „Auf der Jagd“, op. 373, unseres Meisters Johann Strauss aus dessen viertem Bühnenwerk „Cagliostro in Wien“. In der Staatsoperette Dresden wurde diese Operette im Rahmen des „Europäischen Bühnenfestivals“ – von Herrn Dr. Eduard Strauss zwecks Aufführung aller Bühnenwerke von Johann Strauss-Sohn ins Leben gerufen – am 2. Mai 2015 wieder gebracht. Der „Radetzky“-Marsch, op. 228, von Johann Strauss-Vater rundete das Programm dieses Konzertes ab. Von Johann Strauss-Vater und von Eduard Strauss gibt es zusammen zirka 550 (!) Werke, welche es ver-dienen, im Rahmen berühmter Konzerte (Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, Osterkonzert der Wiener Symphoniker, Konzerte des Wiener Johann Strauss-Orchesters) gebracht zu werden. Das ist et-wa ein Drittel des Gesamtwerkes der Werke aller Mitglieder der Familie Strauss. Ein Blick in die Werks-verzeichnisse verrät, dass Gleiches auch für die meisten Werke von Johann und Josef Strauss gilt! Viel wurde gebracht, vieles ist noch nachholbedürftig! Gleiches gilt für die Zeitgenossen, wie Joseph Lanner, Familie Fahrbach, Carl Michael Ziehrer etc. Auch der ORF sollte mit seinem Klangkörper – wie zu Zeiten von Herrn Prof. Max Schönherr wieder Kon-zerte mit Werken der Familie Strauss und den Zeitgenossen bringen, aufzeichnen und den gebührenzah-lenden Hörern in eigens eingerichteten Sendeleisten vorstellen! Dies wäre ein Kulturauftrag! Auch eine

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Gesamtaufnahme aller Werke auf Tonträger von Eduard Strauss, dem jüngsten der Brüder Strauss wäre längst fällig! Dies hängt vom Good Will der Plattenproduzenten ab. Zurück zum 1. Mai 2015: Nach dem Konzert trafen sich die oben erwähnten Strauss-Freunde, zusammen mit dem Autor dieses Beitrages und seinem Vater, um das Museum der Johann Strauss-Dynastie von Herrn Professor Helmut Reichenauer zu besuchen. Es befindet sich im Wiener Servitenviertel im 9. Wiener Gemeindebezirk – Alsergrund –, unweit der Rossauer Kaserne und des Sigmund Freud-Museums. Nach einem gemeinsamen Mittagessen im nahegelegenen Gasthof „Landsknecht“ in der Porzellangasse trafen wir im Museum ein, wo uns der „Gründervater“ begrüßte. Er führte uns durch die Räumlichkei-ten, der Autor dieses Berichtes hatte die Ehre, den Sektor „Wiener Ringstraße“ zu kommentieren (s. S. in diesem Heft). Ein ereignis- und erlebnisreicher Tag ging damit zu Ende …

Folge 1 mit Werken der Zeitgenossen der Familie Strauss erschienen von Johannes Böck

Fotos: Johann Strauss Society of Great Britain

Im Frühjahr des Jahres 2014 jährte sich die Gründung der Johann Strauss-Gesellschaft von Großbritanni-en zum 50. Male. Dies nahm unsere Schwestergesellschaft zum Anlass, bei der in Hongkong ansässigen Plattenfirma Marco Polo zwei CDs mit Weltersteinspielungen unbekannter Werke der Zeitgenossen der Familie Strauss erstellen zu lassen. An dieser Stelle gilt es wieder darauf hinzuweisen, dass Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung der Johann Strauss-Gesellschaft von Großbritannien zahlreiche Auf-nahmen unbekannter Werke der Familie Strauss und Zeitgenossen zu verdanken haben! Nun erschien Anfang Mai 2015 die erste der beiden Folgen. Aufgenommen wurden folgende Werke der Zeitgenossen der Familie Strauss in Österreich und Europa des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, die großenteils zum ersten Male in der Musikgeschichte in der Orchesterfassung auf Tonträgern doku-mentiert werden:

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Johann Schrammel: Dornbacher Hetz-Marsch Iosif Ivanovici: Visuri de Aur (Goldene Träume), Walzer Joseph Lanner: Tourbillon-Galopp, op. 142a Philipp Fahrbach Jr.: Franz-Ferdinand-Marsch, op. 333 Oscar Fetrás: Uhlenhorster Kinder, Walzer, op. 40 Joseph Hellmesberger Jr.: Gavotte d’enfants Carl Millöcker: Steckbrief, Marsch-Polka aus „Der Feldprediger“ Alfons Czibulka: In der Sennbutt’n, Idylle Philipp Fahrbach Jr.: Sonntagsreiter, Polka schnell, op. 339 Joseph Lanner: Bolero Kurt Schmid: Anniversary March, op. 527 Philipp Fahrbach Jr.: Telephon, Polka Mazurka, op. 128 Joseph Gung’l: Casino-Tänze, Walzer, op. 237 Carl Michael Ziehrer: John-Marsch, op. 285 Joseph Hellmesberger Jr.: Estudiantina Polka aus dem Ballett „Die Perle von Iberien“ Paul Lincke: Ouvertüre „Venus auf Erden“. Einige dieser Werke wurden vom Dirigenten John Georgiadis für diese Aufnahme arrangiert. Er leitete das Tschechische Kammerphilharmonische Orchester der Stadt Pardubice östlich von Prag in Mittel-böhmen. Maestro Georgiadis nahm bereits zum 25-jährigen Bestehen der Britischen Johann Strauss-Gesellschaft eine Platte mit dem Titel „Strauss family in London“ mit dem London Symphony Orchestra auf. Er spielte außerdem die 6. Folge der Josef-Strauss-Gesamtaufnahme mit dem Philharmonischen Orchester Kosice ein und dirigiert die Londoner Neujahrskonzerte und die Johann Strauss-Bälle mit der Oxford Filomusica in Oxford. Hier muss wieder einmal gesagt werden, dass die Musiker in Tschechien und der Slowakei durch diese Aufnahmen Werkskenntnisse erlangen, während der ORF es nicht der Mühe wert findet, solche Werke mit dem eigenen Klangkörper aufnehmen zu lassen und diese – wie zur Zeit von Herrn Prof. Max Schönherr – den gebührenzahlenden Hörern in eigenen Sendungen wieder zu bringen! Dies ist ein Kulturauftrag, dem die österreichische Sendeanstalt nicht nachkommt. Der Umgang mit diesem Kulturgut durch den Österreichischen Rundfunk ist eine riesengroße Schande für Österreich und Europa! Hingegen leistet die Johann Strauss-Gesellschaft in Großbritannien einen wichtigen Beitrag zur Verbrei-tung der unbekannten Werke der Zeitgenossen der Familie Strauss auf Tonträger und somit eine gewal-tige Pionierarbeit zur Pflege dieser Musikrichtung! Diesem Tondokument ist eine weite Verbreitung, den darin enthaltenen Werken sind viele neue Freun-de zu wünschen. Die Darbietung unbekannter Kompositionen der Familie Strauss und den Zeitgenossen wären eine Bereicherung im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker… Hinweis der Redaktion: Eine Sammelbestellung nimmt gern Werner Abel für die Mitglieder der DJSG vor – bitte bei ihm melden ([email protected] oder Tel: 06151/664109).

Neue Tondokumente in Tschechien und den USA erstellt Ehrgeizige CD-Produktionen der Johann-Strauss-Gesellschaft von Großbritannien

von Johannes Böck (I. und II.) und Rudolf Maeder (III., Übersetzung) Mitte Mai 2015 fand der Autor dieses Beitrages im Internet zwei interessante CD-Neuerscheinungen, an der sich die Johann Strauss-Gesellschaft in Großbritannien maßgeblich beteiligte bzw. in deren Auftrag erstellt wurde, bzw. bei einer von ihnen interessierte Straussfreunde bereits vorab informiert wurden:

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I.

Foto: www.naxosdirect.com

Anlässlich des 50. Jahrestages ihrer Gründung beschloss unsere britische Schwestergesellschaft, zwei CDs mit unbekannten Werken der Zeitgenossen der Familie Strauss erstellen zu lassen. Die erste Folge erschien in Mai 2015 (siehe meinen Beitrag im „Almanach“ 15 des Kulturvereines Wiener Blut und S.88 in diesem Heft), nun freuen sich Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung auf die zweite Folge dieser interessanten Ausgabe, welche im Juli 2015 bei der in Hongkong ansässigen Plattenfirma Marco Polo herauskommt. Dieses Tondokument enthält Werke der europäischen und mexikanischen Zeitgenossen der Familie Strauss, welche großen Teils zum ersten Male in der Musikgeschichte auf Silberscheibe ge-presst werden: Aus Mexiko wird Juventino Rosas, aus Böhmen werden Karél Komzák, Julius Fučik, Jo-seph Labitzky vertreten sein, aus Deutschland werden wiederum Einspielungen von Oscar Fetrás (Ham-burg) und Paul Lincke (Berlin), aus Rumänien von Iosif Ivanovici und schließlich aus Österreich von Carl Zeller, Franz von Suppè, Josef Hellmesberger und den, Brüdern Schrammel. Das angekündigte Programm soll sein: Iosif Ivanovici: Erzherzog Carl Ludwig-Marsch, op. 129 Paul Lincke: Im Walzerrausch, Walzer Carl Zeller: Schön Frau, Polka mazurka, aus „Der Obersteiger“ Julius Fucik: Regimentskinder, Marsch, op. 169 Iosif Ivanovici: Flink wie der Wind, Galopp Karel Komzák: Blonde, Poste restante, Polka Franz von Suppè: Niccolo-Marsch aus „Das Modell“ Juventino Rosas: Liebestraum, Walzer Karel Komzák: Die Lautenschlägerin, Gavotte, op.119 Joseph Hellmesberger jun: Fidele Brüder, Marsch, aus „Das Veilchenmädel“ Iosif Ivanovici: L’Odalisque, Polka mazurka Joseph Labitzky: Immergrün-Galopp, op. 65 Julius Fucik: Um Mitternacht, Marsch, op. 93 Oscar Fetrás: Blaue Augen, blauer Himmel, Walzer, op. 75 Johann Schrammel: ‘s gibt nur a Weaner Luft, Marsch Paul Lincke: Ouvertüre „Berliner Luft“ Hinweis der Redaktion: Auch hier nimmt gern Werner Abel gern eine Sammelbestellung für die Mit-glieder der DJSG vor – bitte bei ihm melden ([email protected] oder Tel: 06151/664109).

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II.

Foto: www.strausspianoedition.com

Gegen Ende der Ausgabe 44/2013 Neues Leben der Deutschen Johann Strauss-Gesellschaft wurden in dieser Ausgabe die ersten Folgen der Strauss Klavier-Edition des in Kalifornien/USA lebenden japani-schen Elektronikingenieurs und Pianisten, Herrn Dr. Taka „Strauss“ OTAGAWA sowie dessen Lebenslauf veröffentlicht. Einige dieser Aufnahmen kann der Musikfreund im Internet auf www.youtube.com anhö-ren, am besten über www.google.com. Mitte Mai 2015 veröffentlichte Herr Dr. Otagawa bereits die 7. Folge dieser beispiellosen, ehrgeizigen und ambitionierten Klavieredition. Zum ersten Male in der Musikgeschichte sollen insgesamt über 200 Werke von Eduard Strauss, welche bisher nie oder sehr selten zu hören waren, auf 20 (!) CDs (oder mehr) aufgenommen werden. Mit dabei sind auch je CD ein Walzer von Johann und Josef Strauss. Diese Einspielungen entstehen in Zusammenarbeit der Johann-Strauss-Gesellschaften von Großbritannien und Japan. Damit will Herr Dr. Otagawa bedenkliche Lücken schließen. Für diesen besonders respektvollen und fairen Umgang gegenüber dem Lebenswerk aller drei Brüder Strauss und die damit verbundene gewaltige Pionierleistung gebührt Herrn Dr. Taka „Strauss“ OTAGAWA der Dank der Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung! Er gehört – neben den Herren Prof. Franz Mailer, Prof. Max Schönherr, Prof. Eberhard Würzl, Prof. Norbert Nischkauer, Leif Johanisson, Alfred Dreher, Prof. Christian Pollack, Peter Kemp, Andrew Lamb und John Diamond, Prof. Helmut Reichenauer und den anderen Größen der internationalen Johann-Strauss-Gemeinschaft - zu den großen Strauss-Pionieren! Im Gedenken an die Wegbereiter spricht man in den Vereinigten Staaten von Amerika vom Pioniergeist, der auch in der Strauss-Welt lebt! Die nunmehrige 7. Folge dieser Klavieredition beinhaltet zum ersten Male auch den „Japanesischen Marsch“ von Josef Strauss, als op. 124 in Russland erschienen, über dessen Entstehungsgeschichte der ehemalige Vorsitzende und nunmehrige Ehrenpräsident auf Lebenszeit, Herr Peter KEMP von der Jo-hann Strauss-Gesellschaft in Großbritannien, im Rahmen des Symposiums „Tanz-Signale“ 2014 des Wie-ner Institutes für Strauss-Forschung einen Vortrag hielt. Der „Japanesische Marsch“ weist auf das 40jährige Gründungsjubiläum der Japanischen Johann Strauss-Gesellschaft im Jahr 2015 hin! Von Eduard Strauss ist sein Opus 1, die Polka „Ideal“ auf dieser Folge dabei.

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Die Walzer „Colonnen“, op. 262, von Johann Strauss-Sohn und „Heimische Klänge“, op. 252, von Eduard Strauss, widmete der japanisch-amerikanische Pianist Herrn Dr. Eduard Strauss, dem Sohn des letzten ausübenden Musikers Eduard Strauss II. Für diese ehrgeizigen und ambitionierten Projekte im Auftrag bzw. unter Beteiligung der Johann Strauss-Gesellschaft in Großbritannien gebührt dieser Gesellschaft der Dank der Liebhaber und Freunde dieser Musikrichtung! Diese Projekte beschämen die österreichische Sendeanstalt, welche es nicht der Mühe wert findet, solch bedenkliche Lücken zu schließen und solche Aufnahmen den gebührenzahlenden Hörern vorzustellen. Der Autor dieses Beitrages hofft auf einen verstärkten Einsatz der unbekannten Werke der Familie Strauss und Zeitgenossen im Rahmen des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmo-niker, des Osterkonzertes der Wiener Symphoniker, der Konzerte des Wiener Johann Strauss-Orchesters. Genauso hofft der Autor dieses Beitrages auf eine Gesamteinspielung der Werke von Eduard Strauss in der Orchesterfassung. Diesen neuerschienenen Tondokumenten ist eine weite Verbreitung, den darin enthaltenen Werken sind viele neue Freunde zu wünschen.

III. Demzufolge muss hier auch auf Folge 6 noch hingewiesen werden: Dr. Taka(aki) „Strauss“ Otagawa, Ph. D., amerikanischer Bürger, Digitalaufnahmen (Stereo), eingespielt an seinem Wohnsitz in Silicon Valley USA, *Weltersteinspielung Totale Spieldauer: 79.46 Johann, Josef und Eduard Strauss 1 Trifolien W (Originalfassung) (1865) * 11.48 Eduard Strauss (1835 - 1916) 2 Eldorado Pfr op. 5 (1863) * 5.27 3 Die Hesperiden W op. 18 (1866) * 11.03 4 Apollo Pfr op. 25 (1867) * 4.37 Johann Strauss Sohn (1825 - 1899) 5 Künstlerleben W op. 316 (erste Originalfassung) * 11.12 Für die Künstlerin Yuko Hisamoto, die zwei Bösendorfer-Flügel besitzt (1829 und 1911 gebaut), ist dies eine besondere Leistung; sie hebt auch die außergewöhnliche Musikalität der Strauss-Klavier-Edition hervor und meint, der Klavierklang gleiche demjenigen eines Bösendorfers, der in der Zeit zwischen ih-ren beiden Flügeln gebaut wurde, also ein Instrument, das Johann Strauss selber besessen hat! Eduard Strauss (1835 - 1916) 6 Freie Gedanken W op. 39 (Originalfassung) (1868) * 10.33 7 In Künstlerkreisen Pfr op. 47 (1869) * 4.07 Josef Strauss (1827 - 1870) 8 Aquarellen W op. 258 (authentische Originalfassung) (1869) * 8.53 Für Maestro Yoichiro Omachi, der an der Wiener Akademie bei Zubin Mehta Musik und bei Dr. Karl Böhm Dirigieren studierte, eine hervorragende Interpretation; er schätzte auch sehr die Walzer von Jo-sef Strauss (besonders das berühmte Paukensolo in op. 258, allerdings nicht vorhanden in Josefs Origi-

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nalfassung!). Maestro Omachi gab dem (jungen) Pianisten Privatstunden: Wie spielt man Strauss-Walzer auf dem Klavier als Orchestermusik mit einer vielfältigen Dynamik (ppp → fff) und viel Begeisterung! Eduard Strauss (1835 - 1916) 9 Sprühfeuer Psch op. 243 (1886) * 2.08 10 As we sing, we dance (So singen, so tanzen wir) W op. 66 (1888) * 9.59 Die Klavierurfassungen (bei diesen Einspielungen wurden vorwiegend Erstausgaben verwendet) und die Abbildungen, vor mehr als hundert Jahren erschienen, sind gemeinfrei. Die Aufnahmen dieser CD sind allerdings urheberrechtlich geschützt.

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Kálmán rund um die Welt Yvonne Kálmán, die Tochter und Erbin des Csárdásfürsten Emmerich Kálmán und Schwester von Kom-ponist Charles Kálmán, lebt in Mexiko, in den USA und in München. Sie reist von dort rund um die Welt, um das Werk ihres Vaters zu fördern. Sie sagte, dass sie nach dem Tod ihres Vaters „verloren“ gewesen sei und sie sich in eine psychiatrische Klinik habe begeben müssen, wogegen das Verhältnis zu ihrer Mutter nie besonders eng gewesen sei. Das Mutter-Tochter-Konzept habe man irgendwann aufgegeben, was für beide gut gewesen sei…

Startschuss für die Produktion 2015 der Möriker Operette von Rudolf Maeder

Mit einem Informationsabend begann die diesjährige Neuproduktion des Vereins Operette Möriken-Wildegg (Kanton Aargau, Schweiz): „Banditenstreiche“, Operette von Franz von Suppé. Präsident Daniel Angelini ließ die Ouvertüre erklingen und erinnerte daran, dass die Operette bereits 1977 in der Bemü-hung, unbekannte Werke zu präsentieren, in Möriken aufgeführt wurde. Das als Einakter am 27. April 1867 im Wiener Carl-Theater aus der Taufe gehobene Werk fiel des schwachen Textes wegen gnadenlos durch. Die Neufassung, nunmehr in drei Akten, mit neuem Buch unterlegt und mit zusätzlicher Musik aus unbekannten Suppé-Operetten (Bender/Waldenmaier) angereichert, erschien 1955 als „komische Oper“ auf der Bühne. Die Räubergeschichte, die 1820 in einem Hafenstädtchen am Golf von Neapel spielt, ist eine Verwechslungskomödie, in der Banditen in die Handlung eingreifen und das vorgesehene Brautpaar gegen den Willen des Brautvaters zusammenbringen. Die Operette Möriken hat das Ganze etwas gestrafft, somit spielt man das Werk in zwei Akten, man bekommt damit die mitternächtliche Ta-rantella im großartigen Finale zu hören, wobei auch die gesamte Musik dem Orchester angepasst wird. Die Chorproben begannen am 23. April, am 17. Aug. werden die szenischen Proben ihren Anfang neh-men. Die Premiere ist für den 3. Okt. 2015 vorgesehen, es werden bis zum 21. Nov. 2015 24 weitere Aufführungen folgen… Wir wünschen der Operette Möriken-Wildegg in allen Teilen Freude und Erfolg, es werden sicher einige Mitglieder der „Deutschen Johann Strauss Gesellschaft“ mit Freunden bei der Premiere der „Banditenstreiche“ im Zuschauerraum sitzen!

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Der Vogelhändler im Sommer… Die Bühne Burgäschi (Musik im Äußeren Wasseramt, Schweiz) spielt dieses Jahr zwischen dem 30. Mai und dem 7. Juli Carl Zellers unschlagbaren Operettenknüller „Der Vogelhändler“, der sich in der Naturku-lisse unter freiem Himmel sicher sehr wohlfühlen wird! Karten kann man auf der Homepage ww.burgaeschi.ch oder per Telefon (Montag bis Freitag, zwischen 14 und 17 Uhr) unter der Nummer 0041 (0)32 674 42 82 bzw. 0041 (0)32 674 42 83 bestellen. Das Operetten-Restaurant empfängt seine Gäste zwei Stunden vor der Vorstellung zu einem leckeren Mahl oder einem feinen Umtrunk. Grüß euch Gott, alle miteinander…

„The Sound of Music“ unterwegs Nochmals zur kurzen Erinnerung, denn die Geschichte ist sicher unseren Mitgliedern bestens bekannt: Im Jahre 1925 kommt eine Novizin aus dem Salzburger Kloster Nonnberg zur mutterlosen Familie von Trapp als Kindererzieherin. Sie verliebt sich in den Baron von Trapp, heiratet ihn und gründet mit den Kindern einen Chor. Die Familie flieht 1933 auf abenteuerliche Weise mit dem Zug nach Italien und von dort in die USA. Heinrich Himmler bezieht das Trapp-Haus und lässt sich ein abhörsicheres Zimmer ein-bauen… Maria Augusta von Trapp erringt in den USA große Erfolge mit ihrem Kinderchor und schreibt ihre Lebensgeschichte: „Die Trapp-Familie. Vom Kloster zum Welterfolg“ (Ullstein, Frankfurt, 1989). Wolfgang Liebeneiner dreht 1956 mit Ruth Leuwerik und Hans Holt seinen Film „Die Trapp-Familie“ und 1958 die Fortsetzung „Die Trapp-Familie in Amerika“. Die Mischung aus Heimat-, Musik- und Durchhal-tefilm wurde zu einem der größten Filmerfolge der Nachkriegszeit! Im Jahre 1959 erschien am Broadway in New York das Musical „The Sound of Music“ (Rodgers und Hammerstein, mit Mary Martin als Maria von Trapp, 1443 Aufführungen), als „Die Trapp-Familie“ kam das Musical 1982 ins Stadttheater Hildes-heim. Zum Welterfolg wurde die Geschichte jedoch erst 1965, als der Film „The Sound of Music“ (Wise, mit Julie Andrews und Christopher Plummer in den Hauptrollen) entstand, und Lieder wie „Edelweiss“ so berühmt wurden, dass sie die Spieldosen-Industrie eroberten. Deutschland und Österreich aber liebten weiter ihre deutsche Trapp-Familie. 300 000 Besucher aus aller Welt kommen heute noch nach Salzburg, um die Originalschauplätze zu sehen. Letztes Jahr nun kehrte die Trapp-Familie wieder mit dem engli-schen Musical-Titel nach Salzburg ins Landestheater zurück und ging jedes Mal vor ausverkauftem Haus über die Bühne. Vom 29. März bis 4. April gastierten die Trapps dann im Münchner Prinzregententhea-ter… „The Sound of Music“ wird in der Spielzeit 2015/2016 wieder aufgenommen. Und am 17. Okt. 2015 findet die große Jubiläumsgala „50 Jahre ‚The Sound of Music‘“ in der Felsenreitschule statt.

In eigener Sache… …bleibt uns nunmehr nur als letzter Satz in diesem Heft:

Ein fröhliches und gesundes Wiedersehen zum 40-jährigen Jubiläum unserer Gesellschaft

17. - 20. Sept. 2015 in Coburg,

das wünscht Ihnen und uns Ihre Redaktion:

Manfred Drescher, Jonas Geelhaar, Rudolf Maeder und Dr. Ingolf Roßberg.

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ISSN der Druckfassung: 1438 – 065X ISSN der Internetfassung: 2194 – 5527

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