amtliche müttersterblichkeit im deutschen reich 1900-1938 und in der bundesrepublik deutschland...

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Sitzung derÖ sterreichischen G esellschaft fürPrä-und Perinatale M edizin am 07.06.2007 in M ünchen M üttersterblichkeitin D eutschland - Einzelfalluntersuchungen in B ayern 1983 – 2006 (B G G F) H .W ELSC H ,M ünchen Kom m ission „M ütterliche M ortalität“derB ayerischen G esellschaftfürG eburtshilfe und Frauenheilkunde (B G G F)

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Page 1: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Sitzung der Österreichischen Gesellschaft

für Prä- und Perinatale Medizin am 07.06.2007 in München

Müttersterblichkeit in Deutschland -

Einzelfalluntersuchungen in Bayern

1983 – 2006 (BGGF)

H. WELSCH, München Kommission „Mütterliche Mortalität“ der Bayerischen

Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (BGGF)

Page 2: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

0

100

200

300

400

500

600

1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 1999

(pro

100

.000

Leb

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ebor

ene)

Page 3: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Der Tod jeder Frau, der während der Schwanger-

schaft oder innerhalb von 42 Tagen nach Ende

der Schwangerschaft eintritt, wobei die Todes-

ursache keine Rolle spielt.

Mütterlicher Sterbefall während der Gestation (ICD 10)

(„Pregnancy-related death“)

Page 4: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

1. Gestationsbedingte Sterbefälle (MStF)

1.1 Direkte Müttersterbefälle

1.2 Indirekte Müttersterbefälle

2. Nicht gestationsbedingte Sterbefälle (NGStF) z.B. infolge äußerer Gewalt (Unfall, Mord), Malignom, Suizid, Drogen, Alkohol u.a.

Mütterliche Sterbefälle während der Gestation

Page 5: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Zusatzfrage “Bei Frauen” in der Todesbescheinigung von Bayern (Neufassung ab 01.07.2001)

Page 6: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Direkte Müttersterbefälle (ICD 10, O00 – O95)

sind solche, die auftreten als Folge von Komplikationen der Gestation (Schwanger- schaft, Geburt und Wochenbett), als Folge von Eingriffen, Unterlassungen, unsach- gemäßer Behandlung oder als Folge einer Kausalkette, die von einem dieser Zustände ausgeht.

Page 7: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Indirekte Müttersterbefälle (ICD 10, O98 – O99)

sind solche, die sich aus einer vorher

bestehenden Krankheit ergeben, oder

Sterbefälle aufgrund einer Krankheit, die sich

während der Gestationsperiode entwickelt hat,

nicht auf direkt gestationsbedingte Ursachen

zurückgeht, „aber durch physiologischeAuswirkungen von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett verschlechtert wurde.“

Page 8: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

n MMR* n MMR*

2000 43 5,6 8 6,62001 27 3,7 7 6,02002 21 2,9 5 4,42003 30 4,2 11 9,9 2004 37 5,7 10 9,02005 28 4,1 7 6,52006 8 7,7* maternal mortality rate = pro 100.000 Lebendgeborene (Lgb)

In Bayern seit 1983 Einzelfalluntersuchungen (BGGF)

Amtliche Müttersterblichkeit BRD Bayern

Page 9: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

● Angaben zu - Anzahl und Alter der Verstorbenen, - ICD Nummern, - Verteilung auf Bundesländer.

Müttersterbefälle in der BundesrepublikWie steht es um die Transparenz ?

Ist-Zustand der amtlichen Bundesstatistik

● weitere Einzelheiten nicht abrufbar.

● Daten sicher unvollständig, Höhe von „under- reporting“ in einzelnen Bundesländern nicht bekannt.

Page 10: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Ursachen für „under-reporting“ bei der Erfassung von Müttersterbefällen

● differente Codierung

● unvollständig ausgefüllte Todesbescheinigung

● Datenverlust

● Unkenntnis der realen Todesursache(n)

Page 11: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Qualitätssicherung Geburtshilfe (QS)(früher „Perinatalerhebung“)

– „mütterliche Sterbefälle im stationären Bereich der Geburtshilfe“ (= direkte u. indirekte MStF + NGStF)

Nicht erfasst werden in der QS:

– MStF intra graviditatem, post abort./abrupt.– MStF nach Entlassung der Wöchnerin– MStF nach Verlegung der Wöchnerin

in andere Abteilungen oder andere Kliniken

Page 12: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

2003 – 2005: Mütterliche Sterbefälle amtliche (BQS)

Mortalität

Baden-Württemberg 17 13 Bayern 9 28Berlin 8 3 Brandenburg 5 6Bremen 1 0Hamburg 2 0Hessen 1 8Mecklenburg-Vorpommern 2 1Niedersachsen 10 7Nordrhein-Westfalen 25 4Rheinland-Pfalz 2 8Saarland 2 0Sachsen 9 6Sachsen-Anhalt 3 2Schleswig-Holstein 1 0Thüringen 4 6 . Total 101 95

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Einzelfalluntersuchungen bei Müttersterbefällen in Bayern

1983-2006 (BGGF)

Todeszeitpunkt im Verlauf der Gestation

100%

67%

3%

30%

%

9,5

756.426

72

54

3

15

n

1995 - 2000

7,9

793.222

63

42

2

19

n

1989 - 1994

13,7MMR

699.663Lgb.(n=2,91 Mill.)

100%100%96Total (n = 279)

75% 69%66Wochenbett

4% 10%10Geburt

21% 21%20Schwangerschaft

%%n

1983 - 1988

7,2

664.290

48

29

0

19

n

2001 - 2006

100%

60%

0%

40%

%

Page 14: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Todesursachen bei direkten Müttersterbefällen in Bayern 1983 – 2006 (BGGF); output table EAPM (1996)

1983-1988

BGGF

1989-1994

BGGF

1995-2000

BGGF

2001-2006

BGGF

Embolie 24 13 20 14

davon Fruchtwasserembolie

6

3 9 5

Haemorrhagie 16 10 8 7

Genitaltrakt Sepsis 12 7 5 0

Hypertensive Erkrankung 10 8 4 7

Anaesthesie-Komplikation 4 3 1 1

Abort / Abruptio 8 0 3 4

Extrauteringravidität 4 2 0 2

Sonstige 1 1 0 0

Total 79 44 41 35

Direkte Müttersterblichkeitpro 100.000 Lebendgeborene

11,3 5,5 5,4 5,3

Page 15: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

* BPE = Bayerische Perinatalerhebung (bis 1997) Welsch et al.06/2007** BAQ = Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der stationären Versorgung (ab 1998)

Mütterliche Mortalität und Letalität bei Sectio caesarea in der BPE*/BAQ** mit Daten der BGGF

  1983 -1988 1989 -1994 1995 - 2000

 Schwangere (BPE, BAQ) - Sektio 

 570.950 82.897

 655.765107.803

 670.059129.515

2001 - 2006

 621.238172.014

 Sektio Mortalität (BGGF) Tod in zeitlichem Zusammenhang

 0,53 ‰(n = 44)

 1 : 1.900

  

 0,28 ‰(n = 30)

 1 : 3.600

 0,29 ‰(n = 37)

 1 : 3.500

 0,14 ‰(n = 24)

 1 : 7.100

 Sektio Letalität (BGGF) Tod im ursächlichem Zusammenhang

 0,23 ‰(n = 19)

 1 : 4.400

 

 0,13 ‰(n = 14)

 1 : 7.700

  0,04 ‰(n = 5)

 1 : 25.900

  0,02 ‰(n = 3)

 1 : 57.300

Page 16: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Sektio Mortalität in Bayern 2001-2006 (BGGF) nach 172.014 Schnittentbindungen (BAQ)

direkte MStF ohne präoperative Besonderheiten

indirekte MStFmit präoperativenErkrankungen

nicht gestations-bedingte Sterbe-fälle

direkte MStF mit präoperativen Komplikationen und Risiko-faktoren

n = 24

14

4

3

3

Sektio Letalität

Page 17: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

* Anzahl der Obduktionen Welsch et al. 06/2007

Müttersterbefälle in der BAQ 2001 – 2006 mit Daten der BGGF

● Hämorrhagie oder Folgezustände 2 (2)*

- atonische Nachblutung 1

- postop. Volumenmangelschock 1 ● Anästhesie Komplikation 1 (1)* 

Letalität nach Sectio caesarea (3)

Page 18: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

* Anzahl der Obduktionen Welsch et al. 06/2007

Müttersterbefälle in der BAQ 2001 – 2006 mit Daten der BGGF

Direkte MStF nach Sektio mit präoperativen gestationsbedingten Komplikationen,

präexistenten Erkrankungen und Risikofaktoren (n = 14) ● Lungenembolie 3 prägrav. BMI 41,8 (1)*

Thrombangiitis obliterans (1) V.a.Thrombose intra grav. (1)*

(LE 11 Std. nach Sektio)

● Fruchtwasserembolie 3

● Haemorrhagie 4 Plac.präv. im Z.n.

Sectio (3)* vorz. Plazentalösung (1)*

● Schwangerschafts- 4 HELLP-Syndrom (3)*

induzierte Hypertonie

Page 19: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

● Volle Transparenz ist nur mit bundesweiten Einzelfalluntersuchungen bei allen mütterlichen Sterbefällen im Verlauf der Gestation zu erreichen.

Take home message (I)

● Eine aussagekräftige Transparenz bei „maternal deaths“ in der Bundesrepublik gibt es - mit Ausnahme von Bayern – bisher nicht.

● Eine Verbesserung wäre bereits eine bundes- einheitliche Auswertung aller mütterlichen Sterbefälle der Qualitätssicherung Geburtshilfe.

Page 20: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

Take home message (II) Vertrauliche Einzelfalluntersuchungen ermöglichen

● einen realistischen externen Datenvergleich mit Ländern identischer Erfassungs- und Codierkriterien.

● die Herausgabe von Empfehlungen / Leitlinien für Risikosituationen.

● detaillierte Informationen der Geburtshelfer/Innen über die aktuelle Müttersterblichkeit im eigenen Land und vermitteln Problembewußtsein.

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Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht in der DGGG

von DGGG u. AWMF als S1 Leitlinien übernommen

● Plazentationsstörungen bei Status nach

Sectio. Risk - Management zur Vermeidung von Müttersterbefällen. FRAUENARZT 47 (2006), 659.

www.dggg.de/Leitlinien-2006 AG Medizinrecht

● Zur Frage der postoperativen Überwachung von Kaiserschnittpatientinnen.

FRAUENARZT 48 (2007), 68. www.: siehe oben

Page 22: Amtliche Müttersterblichkeit im Deutschen Reich 1900-1938 und in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1999

* BPE = Bayerische Perinatalerhebung (bis 1997) Welsch et al. 09/2006** BAQ = Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der stationären Versorgung (ab 1998)

Mütterliches Mortalitäts- und Letalitätsrisiko bei Vaginalgeburten in der BPE*/BAQ** mit Daten der BGGF

  1983 -1988 1989 -1994 1995 - 2000

 Schwangere (BPE, BAQ) - Vaginalgeburten 

 570.950488.053

 655.765547.962

 670.059540.544

2001 - 2005

 621.238449.224

 Mortalität bei Vaginalgeburten (BGGF)

Tod in zeitlichem Zusammenhang

 0,05 ‰n = 26

 1 : 18.800

  

 0,03 ‰n = 15

 1 : 36.400

 0,04 ‰n = 20

 1 : 27.000

 0,01 ‰n = 5

 1 : 89.800

 Letalität beiVaginalgeburten (BGGF)

Tod in ursächlichem Zusammenhang

 0,03 ‰n = 16

 1 : 30.500

 

 0,02 ‰n = 13

 1 : 42.200

  0,02 ‰n = 9

 1 : 60.100

  0,007 ‰

n = 3 

1 : 149.700