pimp my mike 2
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Unsere Patienten unter dem Seziermessersind dieses Mal das Oktava MK-219 und sein
grerer Bruder, das MK-319. Schon seit
Menschengedenken gelten diese beiden russi-
schen Mikrofone als der Inbegriff des Pimp-
Objekts. Verbesserungsvorschlge fr diese
Mikros kursieren ungefhr so lange, wie es
das Internet gibt, und im Jahr 2005 mndete
diese Diskussion in einem viel beachteten
Artikel des Amerikaners Scott Dorsey. Ein
anderer Amerikaner, Michael Joly, bietet seit
einiger Zeit sogar einen Modifikationsservice
fr diese und andere Oktava-Mikrofone an
(www.oktavamod.com), und der Hersteller
selbst bzw. sein Vertrieb Oktava Online
(www.oktava-online.de) importiert sogar von
Joly modifizierte Mikrofone nach Deutsch-
land. Kann es ein schneres Kompliment fr
eine Modifikation geben als den Beifall des
Herstellers? Soll heien: Da geht noch eini-
ges!
Die folgende Modifikationsanleitung weicht
sowohl von Michael Jolys Arbeiten als auch
von Scott Dorseys Empfehlungen in einigen
Punkten deutlich ab. Das liegt zum einen
daran, dass der Hersteller die Fertigungsqua-
litt inzwischen verbessert hat, und zum
anderen, dass jeder Modifikator einen etwas
anderen Blickwinkel und andere Prferenzen
einbringt. Eine Prioritt fr diese Anleitung
war nicht zuletzt die leichte Nachvollzieh-
barkeit und das Vermeiden von unntigen
Arbeiten bzw. solchen, deren Nutzen in keinem
Verhltnis zum Aufwand steht. Bedanken
s o u n d & r e c o r d i n g 0 8 . 2 0 0 8
Mikrofonmodifikation:Die SpielregelnWenn Sie den Drang verspren, eines IhrerMikrofone zu pimpen, sollten sie folgendePunkte bedenken: Sie verwirken jeden Garantieanspruch. Gerade als Neuling auf dem Gebiet der Elek-
tronik bzw. des Ltens knnen Ihnen leichtFehler unterlaufen, die das Mikrofon unbrauchbar machen.
Modifizieren Sie nicht wild drauflos. ber-legen Sie, was Sie erreichen mchten.
Trennen Sie Musikmachen und Ltarbeitenstreng voneinander.
Arbeiten Sie nicht an Mikrofonen, die siedringend in einer Produktion bentigen.
berprfen Sie Ihre Ltarbeiten, bevor siedas Mikrofon an den Preamp anschlieen.Achten Sie besonders darauf, dass keineberstehenden Bauteilbeinchen mit demMetallgehuse in Berhrung kommen.
Achten Sie bei Bauteilsubstitutionen aufdie Polung bzw. Reihenfolge der Anschlsse.Elkos und Tantalkondensatoren knnen beifalscher Polung explodieren!
Mikrofone & Recording
Oktava MK-219 und MK-319
Sommerloch und saure Gurken? Nicht bei uns! Im drittenJahr in Folge zeigt Ihnen Pimp My Mike, wie Sie mit sehr
wenig Geld mehr aus Ihren Mikros rausholen knnen.
DatenteilCD
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[ M i k r o f o n e & R e c o r d i n g ] P r a x i s
mchte ich mich beim Vertrieb Oktava
Online, der fr diesen Artikel zustzliche
Mikros zur Verfgung gestellt hat.
Die MikrosBetrachten wir zuerst mal die Modifikations-
objekte. Uriger als das MK-219 kann ein
Mikrofon kaum aussehen. Die Oberflche wirkt
weniger lackiert als vielmehr geteert und hat
einen Hauch von Dampflok und industrieller
Frhzeit. Das gesamte Gehuse besteht aus
zwei von nur einer einzigen Schaube zusam-
mengehaltenen Schalenhlften aus Leicht-
metall. Das Gehuse gilt seit jeher als der
grte Schwachpunkt. Klopft man leicht da-
gegen, ertnt ein rundes, lang ausklingendes
Plonnng, und diese Resonanzen die natr-
lich auch von Schallwellen angeregt werden
verfrben die Wiedergabe. Verstrkt wird
dieses Problem durch den massiven, weitge-
hend geschlossenen Grill unmittelbar vor der
Kapsel.
Die Schwachpunkte der MK-219-Gehuse-
konstruktion waren auch der Ausgangspunkt
fr die Entwicklung des MK-319. Letzteres
kommt in einem traditionelleren Design, das
grob an ein verkleinertes Neumann U47
erinnert. Der Mikrofonkorb ist akustisch
offener als der des MK-219, allerdings besteht
das Gehuse immer noch aus Leichtmetall
und ist immer noch etwas resonant. An
beiden Mikros gibt es zudem einige ver-
besserungswrdige Details auf elektronischer
Seite.
Trotzdem klingen die beiden Mikros auch un-
modifiziert wirklich nicht bel; ihre Strken
liegen vor allem bei Gesang und Sprache.
Typisch fr Oktava-Mikrofone sind die vollen
Mitten, ein runder, aber nicht berbetonter
Bass sowie ein geschmackvoll abgestimmter
Prsenzbereich, der Stimmen zu Durchset-
zungskraft verhilft, ohne dabei harsch zu
werden wie man es von manchen Fernost-
mikros kennt.
Die Exemplarschwankungen dieser mit 119
bzw. 139 Euro sehr gnstigen Oktavas sind
recht hoch, andererseits ist es durchaus
drin, ein besonders gut klingendes Exemplar
zu ergattern, das es mit deutlich teureren
Mikros aufnehmen kann. Ziel der im Folgen-
den vorgestellten Modifikationen ist es, dem
Mikro zu einem etwas offeneren, detail-
reicheren Klang zu verhelfen.
Ran an den SpeckDie Werkzeugliste fr dieses Projekt habe
ich der Einfachheit halber von einem alten
Film der Olsenbande bernommen:
ein Vileda-Wischtuch
eine Tupper-Dose
ein gepolsterter Umschlag, DIN A5
Sekundenkleber
eine Heiklebepistole
eine Laubsge mit Metallsgeblttern
feines Schmirgelpapier
ein Ltkolben
ein schwarzer Filzstift oder CD-Marker
Schlitzschraubendreher in verschiedenen
Gren
elektronische Bauteile im Wert von knapp
5 Euro
ein Regenschirm
Bevor wir uns ber die Elektronik her-
machen, mchte ich Ihnen einige Tipps an die
Hand geben, wie Sie die Gehusekonstruktion
des MK-219 verbessern knnen. Das MK-
319 ist nicht so resonant, dass man unbe-
dingt zur Tat schreiten msste. Ich wrde
Ihnen aber raten, beide Mikros nicht mit der
mitgelieferten Stativhalterung zu betreiben,
sondern eine Mikrofonspinne mit mglichst
enger Klemmhalterung zu verwenden. Die
beiliegende Stativhalterung besteht nmlich
aus einem einfachen Blechwinkel, der das
Mikrofongehuse geradezu zum Schwingen
und Vibrieren einldt. Eine Spinne mit
Klemmhalterung entkoppelt das Mikro nicht
nur vor Trittschall und Vibrationen, sondern
verhindert durch den Druck der Klemme,
dass das Gehuse allzu sehr in Schwingung
gert.
Nummer 1 auf der Pimp-Agenda ist der
Mikrofonkorb. Dazu ffnen wir zuerst ein-
mal das Mikrofon. Ist die Schraube gelst,
mssen Sie nur noch die obere Gehuseschale
vorsichtig (!) hochhebeln. Rund um den
XLR-Stecker verwendet Oktava zwei dnne
Metallstreifen, die fr Halt sorgen und
gleichzeitig eine optimale Masseverbindung
zum Gehuse herstellen. Passen Sie auf, dass
diese Metallblttchen nicht verlorengehen.
Legen Sie alle Kleinteile in die Tupper-Dose.
Ist die obere Gehuseschale entfernt, greifen
Sie sich einen etwas greren Schrauben-
dreher, um das Gewindestck, in das die
Schraube gedreht war, auszubauen, denn die-
ses bildet seinerseits die Schraubverbindung,
die die Elektronik in der unteren Gehuse-
schale verankert. Legen Sie nun die Elek-
tronik in den gepolsterten Umschlag, um sie
vor Staub und spontanem Vandalismus zu
schtzen.
Wie Sie sehen, bestehen die Gehuseschalen
aus nichts als einem gegossenen Stck
Leichtmetall, in das von innen jeweils ein
doppellagiges Stck Metallgeflecht eingefgt
wurde. Dieses Metallgeflecht lsst sich recht
leicht mit einer Klinge, manchmal schon mit
einem Schraubendreher aus der Gehuse-
schale hebeln. Gehen Sie behutsam vor, und
legen Sie die ausgebauten Stcke Metall-
geflecht in Ihre Tupper-Dose, Sie werden sie
spter wieder bentigen wie brigens fast
alles, was wir ausbauen.
Sgen bringt SegenNun ist der Augenblick gekommen, zur
Laubsge zu greifen. Schon frh sind ver-
schiedene Mikrofonmodifizierer darauf ge-
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Bild 1: Weg mit dem Gitter:Verhelfen Sie der Kapsel
zur Freiheit!
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kommen, dass der uere, in die Gehuse-
schale integrierte massive Grill den Klang
beeintrchtigt. Die einfachste Lsung ist, den
ueren Grill komplett zu entfernen, sodass
die Kapsel spter nur noch vom inneren
Metallgeflecht geschtzt wird. Am ungefhr-
lichsten geht das mit einer Laubsge. Ist der
Grill entfernt, greifen Sie sich ein Stck fei-
nes Schleifpapier und schmirgeln die ber-
stehenden Grate glatt. Fr die Retusche der
blanken Stellen hat sich ein schwarzer CD-
Marker bewhrt (Bild 1).
Nun muss das Metallgeflecht wieder rein.
Wenn Sie mgen (und handwerklich geschickt
sind), knnen Sie das zweilagige Geflecht
mit einer Klinge teilen und vorsichtig aus-
einander ziehen. Ein einlagiges Geflecht ist
akustisch ein wenig transparenter und hat
sich als ausreichende elektrische Abschir-
mung erwiesen. Bevor Sie das Korbgeflecht
wieder fixieren, sollten Sie die Leimreste an
der Innenseite des Gehuses beseitigen. Das
Metallgeflecht muss unbedingt eine leitende
Verbindung mit dem Gehuse aufbauen, und
deshalb sollten Sie das Geflecht mit Lt-
punkten fixieren. Das Leichtmetallgehuse
ist nicht sehr ltfreudig, aber es gibt einen
Trick: Beim Lten an den Gehuseteilen
mssen Sie zuerst ein wenig Ltzinn auf die
Spitze des Ltkolbens aufbringen und dann
kurz warten, bis die Rauchentwicklung
stoppt, d. h. das Ltfett verdampft ist. Denn
das Flussmittel, das bei normalen Ltstel-
len fr bessere Verbindungen sorgt, verhin-
dert ein Lten der Leichtmetallteil-Gehuse-
schalen.
Zustzlich zu den Ltpunkten, die vor allem
der elektrischen Verbindung dienen, sollten
Sie das Geflecht zur Stabilitt mit Sekunden-
kleber fixieren. Warten Sie aber, bis das Ge-
huse bzw. die Ltstellen vollstndig erkaltet
sind, denn viele Leimsorten sondern einen fies
stechenden Geruch ab, wenn sie erhitzt wer-
den.
Zeit fr ViledaFr die Behandlung des Resonanzproblems
fiel meine Wahl auf ein Vileda-Wischtuch aus
Viskose und Synthetik (Bild 2). Ich gebe zu,
das schreiende Gelb passt nicht so recht zum
dezenten Retro-Charme der Oktavas, aber im
Innern sieht es ja niemand. Die verwendeten
Kunstfasern haben den Vorteil, dass sie sehr
gut isolieren, was wichtig ist, falls ein Teil
des Wischtuchs die Hochimpedanzteile der
Elektronik berhren sollte. Trotzdem ist es
sinnvoll, das Wischtuch so zurechtzuschnei-
den, dass die Teile direkt unterhalb der Kap-
sel nicht davon berhrt werden.
Fixiert habe ich das Wischtuch mit Hei-
kleber, denn dieser entfaltet durch seine
gummiartige Konsistenz ebenfalls eine dm-
mende Wirkung. Bringen Sie erst ein wenig
Heikleber auf der Gehuseschale auf, und
drcken Sie dann das zuvor zurechtgeschnit-
tene Stck Wischtuch hinein. Anschlieend
spritzen Sie weiteren Heikleber unter die
noch freiliegenden Wischtuchteile und pres-
sen sie an. Ich habe beide Gehuseschalen
mit jeweils zwei Lagen Wischtuch ausgeklei-
det, was die Resonanz immerhin von einem
runden Plonnng auf ein knappes Plock
reduziert hat. Fr zustzliche Dmpfung
sorgt, wie gesagt, eine Spinne mit Klemm-
halterung.
ElektronischBeide Oktava-Modelle unterscheiden sich
lediglich in der Mechanik, die Schaltung ist
identisch. Oktava verwendet beim MK-219
und MK-319 eine sehr einfache Elektronik,
wie sie zu Anfang der Transistor-ra blich
war. Als aktives Bauelement kommt lediglich
ein einziger Feldeffekttransistor (FET) zum
Einsatz. Ein FET funktioniert hnlich wie
eine Triodenrhre, und so waren die Schal-
tungen frher Transistormikros auch denen
ihrer Rhrenvorgnger sehr hnlich, die ja
in aller Regel auch nur eine einzige aktive
Stufe besaen.
Schauen wir uns die Schaltung mal nher
an (Bild 4): Das Kapselsignal gelangt ber
einen Kondensator (C2), der die Gleichspan-
nung lockt, zum Gate des FET. Dieser dient
sowohl der Verstrkung des Signals als auch
der Impedanzwandlung. Die Kapsel stellt eine
extrem hohe Impedanz dar, die am Ausgang
des FETs immerhin in den Kiloohm-Bereich
gewandelt wird. Das ist zwar sehr viel nied-
riger als zuvor, aber immer noch zu hoch-
ohmig fr einen Mikrofonausgang, der ja im
Bereich von etwa 200 Ohm liegen sollte. Die
finale Impedanzwandlung bernimmt keine
aktive Schaltung, sondern ein bertrager, der
das Signal am Drain-Anschluss des FET
ber einen 1-uF-Kondensator (C6) abgreift.
Der Kondensator dient hier wieder dazu, die
Gleichspannung abzublocken, denn am Drain
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Bild 2:Sauberer Klang
dank Vileda
Bild 3: Vorher und nachher: Das MK-219 hat durch das Makeover
auch optisch gewonnen.
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liegt auch die Versorgungsspannung des FET
an. Das Step-Down-Verhltnis des Ausgangs-
bertragers liegt bei etwa 8:1; die Impedanz
sinkt in etwa im Quadrat des bersetzungs-
verhltnis, also um den Faktor 64, womit wir
nun am Ausgang eine Impedanz im gewnsch-
ten Bereich von rund 200 Ohm erreicht
haben.
Der Ausgangsbertrager in der Schaltung
des MK-219/319 bernimmt aber noch wei-
tere Funktionen: Er wandelt nicht nur die
Impedanz, er symmetriert auch das Signal,
und er dient dazu, die Phantomspannung
abzugreifen. Das geschieht an der Mittel-
anzapfung der Sekundrseite. Hier liegen 48
Volt an, die ber einen 500-Megaohm-
Widerstand (R1) zur Kapsel gelangen, um
diese zu polarisieren und ber R8 und R5
den FET versorgen. Durch den Strombedarf
der Elektronik sackt die Phantomspannung
ein wenig ab, aber nur um 24 Volt, sodass
eine recht hohe Spannung fr die Polarisation
der Kapsel brig bleibt.
Genau das ist auch der Hintergrund fr die
Verwendung von nur einer aktiven Stufe: Mit
jedem weiteren stromfressenden Transistor
wrde die fr die Polarisation der Kapsel
verbleibende Spannung weiter absinken, und
es wre ein aufwendiger Spannungswandler
vonnten, um wieder eine vernnftige Polari-
sationsspannung aufzubauen. In der Regel
sind gute Schaltungen daher entweder sehr
einfach oder sehr komplex. Die Oktava-
Schaltung gehrt zur ersteren Kategorie.
Solch einfache Schaltungen bringen es mit
sich, dass die Qualitt einzelner Bauelemen-
te besonders wichtig ist, denn es besteht ja
kaum eine Mglichkeit zur Kompensation.
Glcklicherweise sind die wichtigsten Bau-
elemente durchaus von adquater Qualitt,
das betrifft vor allem die teuersten Kompo-
nenten, nmlich Kapsel und den Ausgangs-
bertrager.
To FET or not to FET?In lteren Anleitungen wird empfohlen,
den russischen FET durch einen Toshiba
2SK 170 zu ersetzen. Das halte ich fr unn-
tig, vielleicht sogar kontraproduktiv. Oktava
macht sich nmlich die Mhe, die beiden
Source-Widerstnde R6 und R7 auf den je-
weils verwendeten FET individuell fr jedes
Mikro (!) zu optimieren. Genau das besagen
nmlich die mysterisen Zahlen, die mit Blei-
stift auf das bertragergehuse gekritzelt
wurden: Die haben nmlich gar nichts mit
dem bertrager zu tun, es sind die Werte die-
ser beiden Widerstnde, die nach dem Test
eingeltet werden. Zudem ist R8 auf den Ver-
wendeten FET-Typ abgestimmt Oktava ver-
wendet je nach Liefersituation variierende
Bauteile, wundern Sie sich also nicht, wenn
es in Ihrem Oktava etwas anders ausschaut.
Wenn der Austausch des FET wirklich etwas
bringen soll, wre also ein Austausch und
Neu-Abgleich der Widerstnde R6, R7 und
R8 erforderlich. Ein Aufwand, der in keinem
Verhltnis zu den allenfalls marginalen Ver-
besserungen stnde.
Lassen Sie den FET samt den fr ihn opti-
mierten Widerstnden unangetastet. Ohnehin
hat sich die Fertigungsqualitt der Oktava-
Mikrofone in den letzten Jahren verbessert,
sodass bermiges Rauschen eigentlich kein
Thema mehr ist. Die immerhin vier MK-219
und zwei MK-319, die ich im Vorfeld dieser
Folge verarztet habe, waren schon ab Werk
allesamt rauschrmer als die meisten chine-
sischen Mikros derselben Preisklasse.
Guter Klang dank KunststofffolieVerbesserungswrdig sind die blichen Ver-
dchtigen, nmlich die signalfhrenden Kon-
densatoren. Die Verbindung zwischen Kapsel
und dem Gate des FET stellt ein einfacher
Keramik-Kondensator (C2) her. Diesen soll-
ten Sie entweder durch einen 1 nF Polypro-
pylen-Kondensator ersetzen oder einen Styro-
flex-Typ (1 nF = 1.000 pF; 820 pF reichen
auch, die Spannungsfestigkeit sollte mindes-
tens 63 Volt betragen). Polypropylen klingt
offen und Hi-Fi, Styroflex etwas weicher,
vintage, aber auch ein wenig belegt. Der
originale Keramik-Kondensator klingt drecki-
ger und ein wenig nasal, kann je nach per-
snlichem Geschmack aber durchaus einen
gewissen Charme entfalten. Hier knnen Sie
experimentieren. Ich persnlich greife gern
zu Polypropylen-Kondensatoren, meist von
BC-Components. Von allen Typen, die ich im
Laufe der Jahre getestet habe, scheinen mir
diese das Kapselsignal am wenigsten zu ver-
flschen. Subern Sie die Platine nach den
Ltarbeiten mit einem in hochprozentigem
Isopropanol getrnkten Wattestbchen.
Der zweite strategisch wichtige Kondensator
im Signalweg ist der 1-uF-Kondensator C6
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Bild 4: Die originale Schaltungdes Oktava MK-219 bzw.
MK-319 die Werte einzelnerBauteile knnen variieren.
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zwischen dem FET und dem Ausgangsber-
trager. Dieser ist ab Werk als gepolter Elko
ausgefhrt.Transparenter klingt ein ungepol-
ter Folienkondensator. Ideal wre auch hier
Polypropylen, allerdings werden Sie einen
solchen kaum im Gehuse unterkriegen.
Glcklicherweise ist diese Stelle im Signal-
weg nicht mehr ganz so kritisch, da sowohl
die Impedanz als auch das Spannungsgeflle
hier nicht mehr so hoch sind. Sie knnen daher
beruhigt zu einem kompakteren Polyester-
kondensator greifen. Ich empfehle einen
MKS-2 Kondensator von Wima, der im Fach-
handel berall erhltlich ist.Wenn Sie mch-
ten, knnen Sie statt 1 uF auch einen etwas
greren Wert, z. B. 2,2 uF whlen, was die
Basswiedergabe marginal verbessert.
FeinheitenMK-219 und MK-319 sind mit Pad- und
Low-Cut-Schaltern ausgestattet. Oktava be-
nutzt dafr sogar Reed-Relais: Der Schalter
wird nicht einfach mechanisch geffnet und
geschlossen; der Schieber bewegt einen klei-
nen Magneten ber das zugehrige Reed-
Relais, das durch die magnetische Anziehung
schliet. Das reduziert die Schaltgerusche
etwas (Bild 5).
Leider sind die Schalter aber nicht ganz
durchdacht implementiert. Auf dem Schalt-
plan sehen sie relativ unschuldig aus, und
ihre Funktion ist tadellos. Allerdings befin-
den sich beide Schalter im Hochimpedanz-
teil der Schaltung und verlngern diesen un-
ntig. Je hher die Impedanz, desto kritischer
sind die Leitungswege, denn zwischen den
Leitern bauen sich unerwnschte Kapazit-
ten auf, die den Klang beeinflussen. Derarti-
ge Effekte sind bei E-Gitarren wohlbekannt:
Ein bliches 6-Meter-Kabel bringt es auf
eine Kapazitt von 5001000 pF, die die
Resonanzfrequenz eines Strat-Tonabnehmers
von 10 kHz auf rund 4 kHz drckt. Bei unse-
rem Mikro liegt das Impedanzniveau aber
noch um ein Vielfaches hher, und die Emp-
findlichkeit fr Kabelkapazitten steigt ent-
sprechend.
Aus klanglichen Erwgungen empfiehlt es
sich daher, die Pad- und Low-Cut-Schalter
auszubauen; der Sound wird merklich trans-
parenter. Beim MK-219 mssen Sie dazu
eigentlich nur die beiden Reed-Relais auf der
Unterseite der Platine auslten. Beim MK-
319 ist der Umbau ein bisschen kniffliger,
dafr aber umso lohnender. Hier verlaufen
nmlich die Anschlussdrhte der Kapsel erst
einmal zur kleinen Schalterplatine und erst
von dort zur Hauptplatine (Bild 6). Die ein-
fachste Methode ist, alle Drhte von und zur
Schalterplatine abzulten und die von der
Kapsel kommenden Drhte direkt mit der
Hauptplatine zu verlten Bild 12b zeigt,
wie. Die Membran wird mit der Masse ver-
bunden und die Gegenelektrode mit dem
500-Megaohm-Widerstand R1.
Lsen Sie die Handbremse!Das Entfernen des Kabelwirrwarrs im MK-
319 hat noch einen weiteren positiven
Aspekt. In Bild 7 sehen Sie, wie viele Drhte
hier den Hochimpedanzbereich verlngern.
Die dabei entstehenden Kabelkapazitten
knnen sogar den Pegel absenken!
Denn bei der Signalquelle handelt es sich ja
selbst um einen Kondensator, weitere tote
Kapazitt, die kein Signal produziert, be-
lastet die Signalquelle; es kommt zu einem
Pegelabfall. Tatschlich werden kleine Kon-
densatoren ja auch als Pad eingesetzt, um
das Kapselsignal bewusst abzusenken. Schau-
en Sie sich mal das zuschaltbare Pad des Ok-
tava auf dem Schaltplan genauer an. Fr
eine Pegelabsenkung von 10 dB wird ein
Kondensator von 270 pF zur Kapsel parallel
geschaltet. In der haarigen Realitt baut sich
aber bereits ohne dass der Schalter ber-
haupt geschlossen ist zwischen den Zulei-
tungen zum Schalter eine kleine Kapazitt
auf.
Damit noch nicht genug. Schauen wir uns
mal kurz an, wie das Pad an einem Neumann
KM84 implementiert ist (Bild 8), denn die
Grundschaltung des Oktava ist dem Neu-
mannschen Design nicht ganz unhnlich.
Hier sehen wir, dass man eine Pegelabsen-
kung auch durch einen kleinen Kondensator
zwischen der Plusseite der Kapsel und dem
Drain-Anschluss des FET erreichen kann.
Fr eine Pegelabsenkung um 10 dB reichen
schon 15 pF so viel erreichen zwei ver-
twistete Drhte bereits auf wenigen Zenti-
metern!
Tatschlich verlaufen beim MK-319 gleich
mehrere Kabel zur Kapsel bzw. zum Eingang
des FET und ein anderes ber kleinere Um-
wege zum Drain des FET. Die Kapazitt, die
sich zwischen diesen Kabeln aufbaut, fhrt
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Bild 5: Keine gewhnlichen Schalter, sondernReed-Relais aktivieren Low-Cut und Pad.
Bild 6: Beim Oktava MK-319
sind die Schalterauf eine kleineTochterplatine
ausgelagert.
Bild 7: Das MK-319 bringt es
auf enorme Kabellngen imHochimpedanz-
teil. Die hierentstehenden
Kapazitten giltes zu beseitigen.
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zu einer Pegelabsenkung, die durch die
dazwischenliegenden Bauteile (C9 + C7 bzw.
R9) zwar etwas abgemildert, aber nicht
beseitigt wird. Im konkreten Fall des von mir
modifizierten MK-319 stieg der Ausgangs-
pegel (d. h. die Empfindlichkeit) um knapp
3 dB, nachdem ich die kleine Schalterplatine
mitsamt ihrer Zuleitungen ausgebaut hatte.
Da das Kapselsignal vor der Elektronik ab-
gesenkt wird, verbessert sich auch der
Rauschabstand etwas. Auch wenn das Mikro-
fon bereits vorher recht rauscharm war,
nimmt man eine solche Verbesserung doch
gerne mit!
Prinzipiell knnen Sie die Platinen des MK-
319 und MK-219 noch um ein paar weitere
Bauteile entvlkern, nmlich alle in den
rosa und grn hinterlegten Bereichen im
Original-Schaltplan. Nach dem Ausbau der
Schalter sind die restlichen Bauteile des
Low-Cuts eigentlich unntig. Der Ausbau von
C7 und C8 hat einen leichten Einfluss auf
den Klang, zusammen ergeben sie eine
Kapazitt von etwa 180 pF, die als Tiefpass-
filter agiert. Sein Einsatzpunkt liegt auer-
halb des Hrbereichs; das Filter hat aller-
dings Auswirkungen auf den Phasengang.
Wenn Sie die beiden Kondensatoren entfer-
nen, kann der Hhenbereich durchaus ein
wenig offener klingen. Wenn Sie die subtile
Verrundung des Hhenbereichs jedoch mgen
oder wenn Sie in unmittelbarer Nhe von
Radiosendern wohnen, knnen Sie alternativ
die beiden Keramik-Kondensatoren durch
einen hherwertigen Polypropylen- oder Sty-
roflex-Kondensator von 47220 pF ersetzen
Geschmacksfrage!
Schner schaltenEigentlich bentigt man die Low-Cut- und
Pad-Schalter der Oktavas eher selten, ihr
Fehlen ist kein groer Verlust. Prinzipiell
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Bild 8: So ist das Pad eines Neumann KM84 aufgebaut.
Bild 9: Die modifizierte (unten) und unmodifizierte (oben) MK-219-Platine.
Nicht im Bild: Auf der Unterseite wurdendie Reed-Relais entfernt!
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Bild 10: So lassen sich beim MK-319 Low-Cut und Pad ohneKlangeinbuen implementieren.
Im allwissenden Internet finden Siezahlreiche Stimmen, die dringend dazuraten, die gelochten Plastikscheiben vorder Kapsel zu entfernen, da sie angeb-lich die Hhenwiedergabe beeintrchti-gen. Tatschlich handelt es sich bei die-sen Plastikscheiben um HF-Reflektoren,die die Hhen sanft anheben interes-santerweise genau da, wo der massiveMikrofongrill des MK-219 sie bedmpft.Ursprnglich scheinen also diese HF-Disks ersonnen worden zu sein, um dieHhendmpfung des Gehuses zu kom-pensieren. Dennoch wrde ich Ihnenempfehlen, diese Scheiben auch nachdem Umbau des Gehuses auf der Kapselzu lassen, denn die Oktavas sind ohne-hin keine besonders hell klingenden Mikros. Die HF-Scheiben machen denKlang auf angenehme Weise luftiger. Zudem besteht beim Entfernen der Schei-ben unmittelbare Gefahr fr die Kapsel.berlassen Sie solche Modifikationen lieber Experten wie Michael Joly.
Kopfsache
Eine Differenzmessung belegt dieverbesserte Hhenwiedergabe
durch die Gehusemodifikation.Entfernt man die HF-Disk vor der
Kapsel, entspricht der Frequenz-gang fast wieder dem Ausgangs-
zustand, der durch die 0-dB-Liniereprsentiert wird. Die Rest-
welligkeit kommt durch die Paar-abweichung mit dem unmodifizier-
ten Vergleichsmikro zustande.
Nur fr Experten: Kapselmodifikation
Bild 11: Der neue Low-Cut setzt etwas tiefer einals die Originalschaltung, arbeitet dafr abersteilflankiger.
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besteht aber die Mglichkeit, diese Funktionen
ohne Klangeinbuen zurckzuholen frei-
lich nur fr Besitzer des MK-319 (Bild 10),
im Gehuse des MK-219 reicht der Platz
nicht aus.
Einen Low-Cut an einer weniger empfind-
lichen Stelle zu implementieren, ist sehr ein-
fach. Der Kondensator C6 bildet mit dem
bertrager einen Hochpass, dessen Einsatz-
frequenz man durch Verkleinern der Kapazi-
tt leicht nach oben verschieben kann.
Ich habe mich bei C6 fr einen 22-nF-Kon-
densator von Wima in der Bauform MKS-02
entschieden, der exakt ins Lochraster passt.
Die Einsatzfrequenz liegt bei etwa 80 Hz;
wenn Sie eine deutlichere Bassreduzierung
wnschen, knnen Sie 15 nF oder gar 10 nF
whlen.
Durch Zuschalten eines 1-uF-Kondensators
(Wima MKS-2 oder MKS-4), den Sie auf
der Platine in freigewordenen Lchern un-
terbringen knnen, (s. Bild 12a) erhalten Sie
wieder die volle Basswiedergabe (Low-Cut
off).
Ein Pad herzustellen, ohne den Hochimpe-
danzbereich zu verlngern, ist etwas schwie-
riger. Ich habe mich fr eine Methode ent-
schieden, bei der die Polarisationsspannung
der Kapsel ber einen Spannungsteiler abge-
senkt wird. Diese Methode hat zwei Vorteile:
Zum einen wird hier nur Gleichspannung um-
geschaltet, kein Audiosignal Kabelkapazi-
tten spielen daher keine Rolle , zum ande-
ren wird die statische Anziehung zwischen
Gegenelektrode und Membran verringert,
wodurch die Kapsel etwas hhere Schall-
drcke verarbeiten kann.
Der Aufbau ist eigentlich nicht besonders
schwierig, wenn Sie sich an den Fotos orien-
tieren (Bild 12a und 12b). Allerdings mssen
Sie fr diese Modifikation eine Leiterbahn
auf der Platine durchtrennen, nmlich die
zwischen der Mittelanzapfung des bertra-
gers und dem 500-Megaohm-Widerstand zur
Kapsel. Dieser Mod ist also nur fr Mutige.
Wie Sie sehen, habe ich fr die neuen Schal-
ter die alte Platine einfach neu bestckt. Sie
knnen den 10-Megaohm-Widerstand benut-
zen, den Sie beim alten Low-Cut ausgebaut
haben (R9). Als zustzliche Bauteile benti-
gen Sie lediglich einen 3,9-Megaohm-Wider-
stand, einen 100-nF-MKS-2-Kondensator
von Wima (wegen der flachen Bauform) und
einen 100-KiloOhm-Widerstand, der dazu
dient, die Umschaltgerusche zu minimieren.
Ein optischer Nachteil der neuen Schalter
soll nicht verschwiegen werden: Einer der
beiden funktioniert nun umgekehrt wie auf
der Beschriftung vorgesehen. Durch Drehen
der kleinen Schalterplatine knnen Sie sich
aussuchen, welcher: Sind die Reed-Relais am
oberen Teil, funktioniert der Low-Cut wie
vorgesehen, sind die Relais am unteren Ende,
ist es das Pad, das der Beschriftung folgt.
FertigSo, damit wre frs Erste die Welt gerettet.
Zum Schluss mchte ich noch die brennende
Frage beantworten, wozu Sie den Regen-
schirm bentigen: Er dient dem Schutz vor
Sommergewittern!
Text + Fotos: Andreas Hau
s o u n d & r e c o r d i n g 0 8 . 2 0 0 8
Andreas Hau ist Musiker, Mikrofon-spezialist und freier Autor. Sein BuchDer Homerecording Guide ist soebenim Carstensen Verlag erschienen.
Der Autor
Bild 12a und 12b: Oberseite und Unterseitedes modifizierten MK-319 mit neuen Pad-und Low-Cut-Schaltern
_ p y
MM 2008 MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG KLN
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