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düsseldorf university press
Jahrbuch derHeinrich-Heine-UniversitätDüsseldorf
2007/2008
Jahrbuch derHeinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Jahrbuch derHeinrich-Heine-Universität
Düsseldorf
2007/2008
Herausgegeben vom Rektorder Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Univ.-Prof. Dr. Dr. Alfons Labisch
Konzeption und Redaktion:
Univ.-Prof. em. Dr. Hans Süssmuth
© düsseldorf university press, Düsseldorf 2008Einbandgestaltung: Wiedemeier & Martin, DüsseldorfTitelbild: Schloss Mickeln, Tagungszentrum der UniversitätRedaktionsassistenz: Georg StüttgenBeratung: Friedrich-K. UnterwegSatz: Friedhelm Sowa, LATEXHerstellung: Uniprint International BV, Meppel, NiederlandeGesetzt aus der Adobe TimesISBN 978-3-940671-10-3
Inhalt
Vorwort des Rektors Alfons Labisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Grußwort des Amtsnachfolgers H. Michael Piper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Gedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Hochschulrat
ANNE-JOSÉ PAULSEN
Der Hochschulrat der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . 23
Rektorat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
ALFONS LABISCH
Zur Lage und zu den Perspektiven derdeutschen Universität in unserer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
MATTHIAS HOFER, NATALIE BÖDDICKER und HILDEGARD HAMMER
Lehren – entweder man kann es, oder man kann es lernen!Hochschuldidaktik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . . . . . . 43
HILDEGARD HAMMER, DORIS HILDESHEIM, VICTORIA MEINSCHÄFER
und JUTTA SCHNEIDER
Die Campus-Messe der Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Medizinische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
BERND NÜRNBERG (Dekan)Düsseldorfer Hochschulmedizin 2008:Die Zukunft hat längst begonnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
INGE BAUER, LEONIE HALVERSCHEID und BENEDIKT PANNEN
Hepatoprotektive Wirkungen des Hämoxygenase-Stoffwechsels:Der Einfluss von Anästhetika. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
ARNDT BORKHARDT
Biologische Grundlagen der Immunrekonstitution nachallogener Stammzelltransplantation bei Kindern und Jugendlichen . . . . . . . . . 117
LARS CHRISTIAN RUMP und OLIVER VONEND
Pathomechanismen der arteriellen Hypertonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
JÖRG SCHIPPER
Gründung und Aufbau des „Hörzentrums Düsseldorf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6 Inhalt
ATTILA STEPHAN ANTAL, GABRIELA KUKOVA und BERNHARD HOMEY
Juckreiz: Vom Symptom zum Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
WOLFGANG WÖLWER und WOLFGANG GAEBEL
Kompetenznetz Schizophrenie: Konzept, Ergebnisse, Perspektiven . . . . . . . . . 153
STEPHAN LUDWIG ROTH und WILFRIED BUDACH
Überlebensvorteil durch präoperative Radiochemotherapie beim lokalfortgeschrittenen, nicht-inflammatorischen Brustkrebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
GEORG WINTERER
Nikotin: Molekulare und physiologische Mechanismen im Zentralen Ner-vensystem – Ein neues nationales Schwerpunktprogramm der DeutschenForschungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
ULRICH RÜTHER (Dekan)Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät im Jahr 2008 . . . . . . . . . . . 209
MARTIN MÖHLE
Nachkommen und Vorfahren im Blickpunkt derMathematischen Populationsgenetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
JÜRGEN KLÜNERS
Faktorisierung von Polynomen –Ein wichtiges Problem der Computeralgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
MARTIN LERCHER
Wie Bakterien an neue Gene kommen und was sie damit machen . . . . . . . . . . . 237
MATTHIAS U. KASSACK, ALEXANDRA HAMACHER und NIELS ECKSTEIN
Resistenzmechanismen von Tumoren gegen Platinkomplexe:Neue Drug Targets und diagnostische Marker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
MARGARETE BAIER
Sicherheit und Kontrolle im pflanzlichen Kraftwerk –Beiträge zur Regulation des plastidären antioxidativen Schutzsystems . . . . . . 263
SEBASTIAN S. HORN, REBEKAH E. SMITH, and UTE J. BAYEN
A Multinomial Model of Event-Based Prospective Memory . . . . . . . . . . . . . . . . 275
Inhalt 7
Philosophische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
Neu berufene Professorinnen und Professoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
ULRICH VON ALEMANN (Dekan)Wissenschaft. Leben – Die Philosophische Fakultät alstragende Säule von Lehre und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293
MICHAEL BAURMANN
Soziologie des Fundamentalismus:Der Ansatz der sozialen Erkenntnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
AXEL BÜHLER und PETER TEPE
Kognitive und aneignende Interpretation in der Hermeneutik. . . . . . . . . . . . . . . . 315
ROBERT D. VAN VALIN, JR.Universal Grammar and Universals of Grammars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
GERD KRUMEICH
Nationalsozialismus und Erster Weltkrieg –Ein Forschungsprojekt des Historischen Seminars . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
ANNETTE SCHAD-SEIFERT
Heiratsverhalten, sinkende Geburtenrateund Beschäftigungswandel in Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
KARL-HEINZ REUBAND
Rauchverbote in Kneipen und Restaurants. Reaktion der Bürger und dergastronomischen Betriebe – Das Beispiel Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
GUIDO FÖRSTER (Dekan)Situation und Perspektiven der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät . . . . . 385
WINFRIED HAMEL
Autonomie des Unternehmens – ein frommes Märchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395
ULRIKE NEYER
Die Verzinsung der Mindestreserve und die Flexibilitätder Geldpolitik im Eurogebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
8 Inhalt
Juristische Fakultät
Dekanat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
DIRK LOOSCHELDERS (Dekan)Situation und Perspektiven der Juristischen Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423
NICOLA PREUSS
Die Reform der Juristenausbildung unter denRahmenbedingungen des reglementierten Rechtsberatungsmarktes . . . . . . . . . 429
KLAUS-DIETER DRÜEN
Steuerliche Förderung von Wissenschaft und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443
CHRISTIAN KERSTING
Informationshaftung Dritter: Vertrauen auf Verlässlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
JAN BUSCHE, ANETTE TRAUDE und JOHANNA BOECK-HEUWINKEL
Herausforderungen und Chancen bei der Sicherung und Verwertung von„Intellectual Property“ durch die Hochschulen – Der Düsseldorfer Weg . . . . 471
Zentrale wissenschaftliche Einrichtungender Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Humanwissenschaftlich-Medizinisches Forschungszentrum
Zur Diskussion gestellt: Stammzellforschung
JOHANNES REITER
Menschenwürde oder Forschungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487
DIETER BIRNBACHER
Ist die Stammzellforschung unmoralisch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
Gesellschaft von Freunden und Förderern derHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V.
OTHMAR KALTHOFF
Jahresbericht 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503
Private Stiftungen für die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
CHRISTOPH J. BÖRNER und H. JÖRG THIEME
Die Schwarz-Schütte-Förderstiftung für dieWirtschaftswissenschaftliche Fakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507
Sonderforschungsbereiche der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
JEAN KRUTMANN und FRITZ BOEGE
Der Sonderforschungsbereich 728„Umweltinduzierte Alterungsprozesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
PETER WESTHOFF
Wie Zellen verschieden werden – Der Sonderforschungsbereich 590. . . . . . . . 531
Inhalt 9
Graduiertenkollegs der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
REGINE KAHL
Das Graduiertenkolleg 1427„Nahrungsinhaltsstoffe als Signalgebernukleärer Rezeptoren im Darm“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
Graduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
CHRISTIAN DUMPITAK, LUTZ SCHMITT und DIETER WILLBOLD
Die NRW-Forschungsschule BioStruct – Neue Wege interdisziplinärerGraduiertenausbildung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . 555
Nachwuchsforschergruppen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
DANIEL SCHUBERT
Epigenetische Kontrolle der Pflanzenentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 565
Kooperation der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorfund des Forschungszentrums Jülich
KARL ZILLES
Medizin im Forschungszentrum Jülich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
KARL-ERICH JAEGER und MANFRED KIRCHER
Der Cluster für Industrielle Biotechnologie – CLIB2021 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
Ausgründungen aus derHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf
JOACHIM JOSE, RUTH M. MAAS und GUNTER FESTEL
Autodisplay Biotech GmbH – Entwicklung von maßgeschneidertenGanzzellbiokatalysatoren und small protein drugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
Zentrale Einrichtungen derHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Zentrale Verwaltung
SÖNKE BIEL
Hochschulstandortentwicklungsplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
Universitäts- und Landesbibliothek
IRMGARD SIEBERT
Elektronische Medien in der Informationsversorgung der Universitäts- undLandesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
10 Inhalt
Zentrum für Informations- und Medientechnologie
ELISABETH DREGGER-CAPPEL und STEPHAN OLBRICH
Erneuerung der Server- und Speicherinfrastruktur am ZIM –Basis für zentrale Dienste zur dezentralen IKM-Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 653
Sammlungen in der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
JUDITH VOLLMER und MAX PLASSMANN
40 Jahre „1968“ – 30 Jahre Studierendenstreik 1977/1978.Studentischer Protest im Spiegel der Plakat- und Flugblattsammlungen desUniversitätsarchivs Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
GISELA MILLER-KIPP
Die Sammlung „Janusz Korczak“ der Universitäts- und LandesbibliothekDüsseldorf und ein Versuch, Janusz Korczak als „Klassiker“ der Pädago-gik zu lesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687
RUDOLF SCHMITT-FÖLLER
Die Flechtheim-Sammlung der Universitäts-und Landesbibliothek Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697
Geschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
ULF PALLME KÖNIG
Die Gründungsgeschichte der Juristischen Fakultätder Heinrich-Heine-Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723
SVENJA WESTER und MAX PLASSMANN
Univ.-Prof. Dr. Hans-Joachim Jesdinsky und dieEinführung der Medizinischen Statistik an der Universität Düsseldorf . . . . . . 727
Forum Kunst
JÜRGEN WIENER
Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung der Heinrich-Heine-Universität:Eine Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743
Chronik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
ROLF WILLHARDT
Chronik 2007/2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775
Campus-Orientierungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787
Daten und Abbildungen aus dem Zahlenspiegelder Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793
Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805
JOACHIM JOSE, RUTH M. MAAS und GUNTER FESTEL
Autodisplay Biotech GmbH – Entwicklung vonmaßgeschneiderten Ganzzellbiokatalysatoren und
small protein drugs
Die Biotechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien für die industrielle Entwicklungin der nahen Zukunft. Sie ist wesentlicher Bestandteil einer gerade beginnenden indus-triellen und technologischen Revolution, die in absehbarer Zeit zu entscheidenden Fort-schritten bei der Medikamentenentwicklung, in der personalisierten Medizin und in derDiagnostik zu führen verspricht. Neben den medizinischen Anwendungsbereichen erge-ben sich zunehmend Möglichkeiten, industrielle Produktionsprozesse, die traditionell nachchemischen Verfahren ablaufen, durch biotechnologische Prozesse zu ersetzen. Zu diesemZweck wurde Anfang Mai 2008 in Düsseldorf die Autodisplay Biotech GmbH, die der in-dustriellen oder weißen Biotechnologie zuzuordnen ist, gegründet. Autodisplay Biotech istein Spin-off der Heinrich-Heine-Universität mit Sitz im Life Science Center am Merowin-gerplatz. Das Management-Team besteht aus den drei Gründern Univ.-Prof. Dr. JoachimJose, Leiter des Instituts für Pharmazeutische und Medizinische Chemie, als Chief Execu-tive Officer (CEO), Dr. Ruth Maas, Gruppenleiterin am selben Institut, als Chief ScientificOfficer (CSO) und Dr. Gunter Festel, Investor und Unternehmer aus dem Schweizer Kan-ton Zug, als Chief Financial Officer (CFO).
Autodisplay als TechnologieplattformDas Unternehmen beschäftigt sich mit der Autodisplay-Technologie zur einfachen, effizi-enten und stabilen Darstellung von Proteinen an der Zelloberfläche von Escherichia coli.Damit können kostengünstig Enzyme durch das Standardlaborbakterium E. coli an derOberfläche produziert und die gesamte Zelle als effizienter Biokatalysator verwendet wer-den. Der Vorteil ist die direkte Zugänglichkeit der Enzyme an der Zelloberfläche. DieserVorteil kommt auch im Falle von Wirkstoffbibliotheken zum Tragen, die mit Autodisplayan der Oberfläche von E. coli exprimiert und dann mit einfachen Mitteln auf „Hits“ hindurchsucht werden können. Damit ist es beispielsweise gelungen, neue Wirkstoffe ge-gen chronisch entzündliche Erkrankungen und neue Biokatalysatoren zur Herstellung vonWirk- und Wertstoffen zu entwickeln.
Die Strategie des Surface Display
Die Expression eines Proteins oder eines Peptides an der Oberfläche einer lebenden Zelle,das so genannte Surface Display, bietet eine Reihe von Vorteilen gegenüber der intrazel-
612 Joachim Jose, Ruth M. Maas und Gunter Festel
lulären Expression. Das Molekül ist an der Zelloberfläche direkt zugänglich für Bindungs-oder Aktivitätsstudien. Eine Membranbarriere muss dazu nicht überwunden werden undes ist auch kein Zellaufschluss notwendig. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass immobi-lisierte Proteine oder Peptide wesentlich stabiler in biotechnischen Anwendungen sind alsfreie gereinigte Moleküle. Im Falle des Surface Display liegt das Molekül durch Verknüp-fung mit der Zellhülle quasi biologisch immobilisiert vor. Ein dritter wesentlicher Vorteilergibt sich, wenn man Zellen mit oberflächenexprimierten Proteinen oder Peptiden zurHerstellung von Molekülbibliotheken einsetzt. Sortiert man eine Zelle, die das Molekülmit der gewünschten Eigenschaft an der Oberfläche trägt, mittels eines geeigneten Selek-tionsverfahrens aus, sortiert man gleichzeitig das interne Label für das oberflächenexpri-mierte Molekül, die dafür kodierende DNA-Sequenz, mit aus. Damit kann dann einfachund schnell die Primärstruktur des oberflächenexprimierten Moleküls mit der gewünschtenEigenschaft ermittelt werden. Es genügt in diesem Fall, eine einzige Zelle über das oberflä-chenexprimierte Molekül auszusortieren. Diese vermehrt sich selbständig zu präparativenMengen, alle weiteren Schritte ergeben sich daraus und beruhen auf Standard-Laborme-thoden. Dies ist auch ein entscheidender Vorteil des Surface Display gegenüber dem fürähnliche Anwendungen eingesetzten und etablierten Phage Display. Einzelne aussortier-te Phagen können sich nicht selbständig vermehren, sondern müssen in mehreren Zyklenbestehend aus Vermehrung und Sortierung angereichert werden. Wegen der genanntenVorteile ist seit Beginn der 1990er Jahre eine Reihe von verschiedenen zellulären SurfaceDisplay-Systemen entwickelt worden.
Autodisplay nutzt den natürlichen Autotransporter-SekretionswegIn unserer Arbeitsgruppe am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie derHeinrich-Heine-Universität Düsseldorf wurde ein Surface Display-System für E. coli ent-wickelt, das unter dem Namen Autodisplay bekannt geworden ist. Das Autodisplay-Sys-tem beruht auf dem natürlichen Sekretionsmechanismus der Autotransporterproteine, ei-ner Proteinfamilie, die 1995 von Jose und Kollegen am Max-Planck-Institut für BiologieTübingen erstmals beschrieben wurde.1 Dabei wird ein Passagierprotein oder -peptid andie Zelloberfläche eines gramnegativen Bakteriums transportiert, wenn es auf korrekte Artund Weise in ein Vorläufermolekül eingebaut worden ist (Abb. 1). Es genügt hierbei, diekodierende Sequenz für den Passagier korrekt mit Hilfe von gentechnischen Standardme-thoden in das Gen für den Vorläufer einzusetzen, um den Transport an die Oberfläche zugewährleisten. An der Oberfläche erfolgt die Verankerung des Moleküls über eine für denTransport benötigte porinähnliche Struktur, die Teil des Vorläufers ist und aufgrund ihrerStruktur die Bezeichnung β-Barrel trägt.
Von der IgA1-Protease aus Neisseria zum E. coli-AutotransporterZu Beginn der Arbeiten von Jose war der Prototyp der Autotransporterproteine, die IgA1-Protease aus pathogenen Neisserien, Diplococcen, die für Erkrankungen wie Gonorrhöoder Meningitis verantwortlich sind, bereits bekannt, wenn auch noch nicht mit dem Eti-kett „Autotransporter“ versehen. Thomas Meyer, Roman Halter und John Pohlner hatten
1 Vgl. Jose et al. (1995).
Autodisplay Biotech GmbH 613
Abb. 1: Sekretionsmechanismus der Autotransporterproteine (B), die im Cytoplasma als Vorläufer syn-thetisiert werden (A), und die man sich im Autodisplay zunutze macht. (nach Jose und Meyer2007)
als Erste die Primärstruktur der IgA1-Protease aufgeklärt und gleichzeitig einen Sekreti-onsmechanismus vorgeschlagen (Abb. 1), der im Wesentlichen heute noch als Arbeitshy-pothese gültig ist.2 Man erkannte sehr schnell, dass ein fremdes Protein, ein so genanntesrekombinantes Protein, über diesen Mechanismus transportiert werden könnte, wenn mandie kodierende Region für den natürlichen Passagier, die IgA1-Protease, durch das Gen fürdas fremde Protein ersetzt. Der Proof of Principle gelang am Beispiel der β-Untereinheitdes Cholera-Toxins, mit dessen Hilfe eine Reihe von strukturellen und mechanistischenStudien zum Sekretionsmechanismus in E. coli und Salmonella durchgeführt wurde. Ei-ne biotechnologische Anwendung, insbesondere unter Einsatz der Standard-Laborstämmevon E. coli, war jedoch nicht möglich. Die größte Hürde dabei war, dass sich E. coli-Zellen mit dem IgA1-Proteasetransporter nicht in Flüssigkultur halten ließen. Da dies re-gelmäßig zum Platzen der Zellen führte, mussten alle Experimente mit auf Agarplattenkultivierten Bakterien durchgeführt werden – eine für biotechnologische Anwendungeninakzeptable Einschränkung. Heute wissen wir, dass dies mit der geringen phylogeneti-schen Verwandtschaft von Neisseria, dem ursprünglichen Wirt der IgA1-Protease, und E.coli zusammenhängt. Der IgA1-Proteasetransporter lagert sich zu übergeordneten Konglo-meraten aus neun bis elf β-Barrels zusammen, die zu regelrechten Löchern in der Hüllevon E. coli-Zellen führen.3 Heute wissen wir auch, dass die Autotransporter mit großerWahrscheinlichkeit unter Inanspruchnahme derselben Maschinerie transportiert werden,
2 Vgl. Pohlner et al. (1987).3 Vgl. Veiga et al. (2002).
614 Joachim Jose, Ruth M. Maas und Gunter Festel
wie sie für Porine in jeder gramnegativen Zelle vorhanden ist, und dass diese Maschineriespeziesspezifische Sequenzansprüche an den Autotransporter stellt.4
Eine der ersten Aufgaben, die Jose dann als Post-doc am Max-Planck-Institut in Tü-bingen gestellt bekam, war herauszufinden, ob es neben der IgA1-Protease weitere Protei-ne gibt, die über denselben Mechanismus transportiert werden. Hintergedanke war, dasseventuell auch ein Protein in E. coli dabei sein und dies zu einer Lösung der Problemebei der biotechnologischen Anwendung des Sekretionsmechanismus führen könnte. Eswurden dann zunächst strukturelle und funktionelle Kriterien für solche Proteine definiertund dann nach Proteinen in gramnegativen Bakterien gesucht, die diese Kriterien erfül-len. Auf Anhieb wurden zehn Proteine gefunden, die auf dem Weg der IgA1-Protease andie Zelloberfläche gelangen, darunter waren auch zwei Proteine aus E. coli. Dies führtezur Publikation und Beschreibung einer neuen Proteinfamilie, die den Namen „Autotrans-porter“ erhielt.5 Heute sind über 70 Mitglieder der Autotransporterfamilie bekannt undes werden beständig mehr. Das heißt, was einmal als Ausnahme oder als Spezialfall derProteinsekretion angesehen wurde, gilt heute als weit verbreitetes Phänomen, das in dieLehrbücher Einzug gehalten hat. Mit dem E. coli-Transporter war eine viel stärkere Ex-pression rekombinanter Proteine in E. coli möglich. Selbst bei starker Überexpression mitHilfe eines induzierbaren Promotors wurden keine nachweisbaren Zelllysen festgestellt,und die Hürden der biotechnologischen Anwendung konnten genommen werden. Die ers-ten Experimente wurden ebenfalls mit der β-Untereinheit des Cholera-Toxins gemachtund für das System E. coli-Autotransporter im E. coli-Wirtsstamm der Begriff „Autodis-play“ eingeführt.6 Heute gilt, dass Anwendungen, bei denen ein rekombinantes Protein miteinem beliebigen Autotransporter an die Zelloberfläche eines gramnegativen Bakteriumsgebracht wird, unter den Begriff „Autodisplay“ fallen können.7
Die Verwendung des E. coli-Autotransporters im Autodisplay hat sich inzwischen an-hand einer Vielzahl von Beispielproteinen bewährt. Es konnte eine Reihe ganz unter-schiedlicher Enzyme, darunter Hydrolasen, Dehydrogenasen, Esterasen und elektronen-übertragende Proteine, in aktiver Form an der Oberfläche von E. coli präsentiert werden.Aber auch Antikörperfragmente, Inhibitoren, Rezeptoren und Peptidbibliotheken lassensich funktionell auf diesem Wege einfach und effizient darstellen.8
Aktiva der Autodisplay-TechnologieAußer durch die einfache Handhabung hebt sich das Autodisplay-System in drei weiterenPunkten von allen anderen Surface Display-Systemen ab. Zum Ersten liegt die Anzahlder an der Oberfläche präsentierten Moleküle in der Größenordnung von 100.000 unddarüber. Trotz dieser immensen Expression kommt es nicht zu spontanen Zelllysen oderViabilitätsverlusten wie bei anderen Systemen. Die Zellen bleiben stabil und überstehenohne Weiteres Ganzzellscreeningverfahren wie FACS, wobei sortierte Einzelzellen zu klo-nalen Populationen heranwachsen und analytischen und präparativen Zwecken zugeführt
4 Vgl. Tommassen (2007).5 Vgl. Jose et al. (1995).6 Vgl. Maurer et al. (1997).7 Vgl. Jose und Meyer (2007).8 Vgl. Jose (2006).
Autodisplay Biotech GmbH 615
werden können. Zum Zweiten können sich zwei oder mehrere als Monomere exprimierteUntereinheiten, die Affinität zueinander haben, an der Zelloberfläche spontan zu funktio-nellen Dimeren oder Multimeren zusammenlagern. Diese so genannte passagiergetriebeneDimerisierung ist bisher für kein anderes System beschrieben worden und hängt mit derfreien Beweglichkeit der als Membrananker dienenden β-Barrel-Struktur in der äußerenMembran von E. coli zusammen. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, wichtige euka-ryontische Proteine, die aus mehreren Untereinheiten aufgebaut sind, wie zum BeispielAntikörper oder Rezeptoren, der funktionellen Oberflächenexpression in E. coli zugäng-lich zu machen. Außerdem hat man die Option, Kombinatorik an der Zelloberfläche vonE. coli zu betreiben, beispielsweise beim Einsatz des Autodisplay-Systems in der gerich-teten Evolution. Schließlich können anorganische prosthetische Gruppen in Apoproteine,die an der Zelloberfläche exprimiert sind, nachträglich eingebaut werden, ohne dass dieZellen geschädigt werden. Dies erlaubt, das Spektrum der dem zellulären Surface Displayzugänglichen Proteine auf solche mit FAD- oder Häm-Gruppen zu erweitern (Abb. 2).
Abb. 2: Autodisplayvermittelter Ganzzellbiokatalysator zur Synthese von Steroiden (nach Jose undMeyer 2007)
Darüber hinaus ist es uns gelungen, mit Hilfe von Autodisplay an der Zelloberflächeexprimierte Peptidbibliotheken über die spezifische Wechselwirkung zwischen Inhibitorund Targetenzym auszusortieren. Dabei wurde die Affinität eines Inhibitors zu seinemTarget, dem Biomolekül, zur Selektion eingesetzt. Das Biomolekül war mit einem Fluo-reszenzfarbstoff gekoppelt und die Zellen, die Peptide mit einer Affinität zu dem markier-ten Biomolekül an der Oberfläche trugen, konnten anschließend über die so vermittelteFluoreszenz in der Durchflusszytometrie aussortiert werden (Abb. 3). Zur Klarstellung seinoch einmal betont, dass in den mittels Autodisplay entwickelten Zufallsbibliotheken je-de Zelle nur eine Variante, diese aber in einer hohen Anzahl von mehr als 100.000 trägt.Man hat es also im Grunde genommen mit einer Bibliothek von E. coli-Zellen zu tun,von denen jede Zelle eine bestimmte Variante trägt, über deren Eigenschaften dann die
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Selektion erfolgt. Ein entscheidender Vorteil der Autodisplay-Technologie gegenüber demfür ähnliche Anwendungen eingesetzten und etablierten Phage Display-System liegt in derGröße des exprimierten rekombinanten Proteins. Bei Bakteriophagen, an deren Hülle dieProteine beim Phage Display gekoppelt werden, ist diese limitierend; das heißt, es könnennur Polypeptide oder kleinere Proteine gekoppelt werden. Dagegen ist es ohne Weiteresmöglich, Proteine von 50 kDa oder mehr mit Autodisplay an der Oberfläche von E. colidarzustellen.
Abb. 3: Evolutive Wirkstoffentwicklung mit Autodisplay. [1] Funktionelle Oberflächenexpression einesBiologicals oder small protein drugs. [2] Zufallsvariation und Erstellung einer Bibliothek von E.coli-Zellen, die alle eine unterschiedliche Variante tragen. [3] Screening über Bindung des mar-kierten Targets. [4] Identifizierung der Struktur über die koselektionierte dazugehörige DNA.(nach Jose und Meyer 2007)
Will man es – zugegebenermaßen stark vereinfachend, aber anschaulich – zusammen-fassen, so kann man mit dem Autodisplay-System sphärische Partikel oder „Beads“ her-stellen, die in hoher Dichte mit einem Protein der Wahl belegt sind. Diese Partikel (dieE. coli-Zellen) produzieren das Protein „auf Knopfdruck“ selbst und sorgen automatischfür die Belegung der Oberfläche. Die „Beads“ können mit einfachen und kostengünstigenMitteln in großer Zahl hergestellt und für vielseitige Anwendungen zur Verfügung gestelltwerden.
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Autodisplay-Anwendungen:Biokatalyse – Drug Discovery – DiagnostikIm Bereich der industriellen Biotechnologie besitzt die Biokatalyse zur Herstellung vonFeinchemikalien, die vor allem zur Synthese von pharmazeutischen Wirkstoffen einge-setzt werden, eine besondere Bedeutung. Bis zum Jahr 2015 wird etwa die Hälfte derFeinchemikalien mit einem Marktwert von 50 Milliarden € biotechnologisch mit Hilfevon Biokatalysatoren hergestellt werden.9 Biokatalysatoren werden in der Regel in derorganischen Synthese deshalb verwendet, weil man damit unter milden Reaktionsbedin-gungen Produkte mit hoher Reinheit herstellen kann. Oft werden Enzyme dazu an einTrägermaterial gebunden; ein derartiger Biokatalysator wird als immobilisiertes Enzymbezeichnet. Die Vorteile dieser Technik sind, dass der Biokatalysator länger stabil bleibtund leichter aus dem Reaktionsgemisch wieder entfernt werden kann.
Mit dem Autodisplay-System lassen sich äußerst effizient Enzyme auf der Zellober-fläche präsentieren. Dies ermöglicht eine ganz neue Form von Ganzzellbiokatalysatoren.Ein großes Plus liegt dabei in der extrem einfachen Entfernung des Katalysators aus demReaktionsgemisch und damit auch vom Produkt, da die E. coli-Zellen hier einfach durcheinen Zentrifugationsschritt abgetrennt werden können. Aufgrund der hohen Regioselekti-vität ist bei dieser Anwendung des Autodisplay-Systems die biokatalytische Herstellungvon Steroiden und seltenen Zuckern besonders interessant.
Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet für die Autodisplay-Technologie ist Drug Disco-very. In der Pharmaindustrie haben externe Dienstleistungen im Bereich Forschung undEntwicklung (FuE) sowie Produktion ein Umsatzvolumen von circa 50 Milliarden US$,wobei Dienstleistungen bei der Wirkstoffentwicklung ein Volumen von etwa 4 MilliardenUS$ und Wachstumsraten von sechs Prozent pro Jahr aufweisen.10
Bei der Identifizierung neuer Wirkstoffe spielt die direkte Zugänglichkeit der Proteinebeziehungsweise Peptide oder Enzyme an der Zelloberfläche im Autodisplay eine ent-scheidende Rolle. Das Prinzip besteht darin, dass beliebige Proteine an der Oberfläche derE. coli-Zellen exprimiert werden können und dabei jede einzelne E. coli-Zelle ein ande-res Protein oder eine andere Proteinvariante an der Oberfläche trägt. Diese Bibliotheken,die mit Autodisplay an der Oberfläche von E. coli exprimiert werden, können schnell undmit einfachen Mitteln wie zum Beispiel Fluorescence Activated Cell Sorting (FACS) auf„Hits“ durchsucht werden.11 Eine ähnliche Strategie wurde erfolgreich bei der evolutivenEntwicklung von Antikörperfragmenten angewandt. Dabei konnten auch kombinatorischeBibliotheken entwickelt und gescreent werden. Prinzipiell steht damit eine Technologiezur systematischen Entwicklung von Biologicals oder so genannten small protein drugszur Verfügung. Dabei kann es sich um Rezeptoragonisten oder Rezeptorantagonisten, an-tikörperabgeleitete Bindeproteine oder strukturell davon vollkommen unabhängige Binde-proteine handeln.
Weitere Anwendungsfelder der Autodisplay-Technologie liegen in der Diagnostik zumBeispiel bei der Etablierung von ELISAs oder der Entwicklung von Biochips.12 Der Vor-
9 Vgl. Festel et al. (2004a).10 Vgl. Festel et al. (2004b).11 Vgl. Gratz und Jose (2008) sowie Schultheiss et al. (2008).12 Vgl. Jose et al. (2008).
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teil liegt dabei in der einfachen und kostengünstigen Bereitstellung des für den diagno-stischen Ansatz benötigten Proteins. Die Zellhülle von E. coli enthält nur eine limitierteAnzahl von natürlichen Proteinen. Das bedeutet, dass die Überexpression eines Proteinsvon Interesse mittels Autodisplay zu dessen spezifischer Anreicherung an der Zelloberflä-che führt. Bei Bedarf können die anderen Proteine abgetrennt werden. Oft genügt jedochbereits die erreichte Anreicherung, und die Zellen können direkt für die genannten diagno-stischen Zwecke eingesetzt werden.
Autodisplay Biotech GmbH: Der Weg zur GründungDie drei Gründungsgesellschafter der Autodisplay Biotech GmbH waren bereits erfolg-reich an Ausgründungen beteiligt. Joachim Jose und Ruth Maas haben zusammen mitChristel Batzl-Hartmann und Rolf Hartmann im Jahr 2000 in Saarbrücken die Pharmacel-sus GmbH gegründet, die sich mit Auftragsforschung für große Pharmaunternehmen aufdem Gebiet der Wirkstoffoptimierung beschäftigt und derzeit 30 fest angestellte Mitarbei-ter hat. Gunter Festel ist unter anderem Mitbegründer der Butalco GmbH in Hünenberg(Schweiz).
Die Gründung der Autodisplay Biotech war lange geplant und gut vorbereitet. RuthMaas hatte Mitte 2005 ihre leitende Tätigkeit bei der Pharmacelsus GmbH aufgegebenund war an die Heinrich-Heine-Universität gewechselt, um sich in die Autodisplay-Tech-nologie einzuarbeiten. Nachdem die wissenschaftlich-technischen Ziele erreicht waren,wurde ein Partner für den kommerziellen Bereich gesucht und Anfang 2008 mit GunterFestel gefunden. Nach intensivem Kennenlernen und Ausloten der gegenseitigen Exper-tisen und Perspektiven einigte man sich im Februar 2008 auf die Zusammenarbeit, und imMai wurde schließlich die GmbH mit den Gründungsgesellschaftern Joachim Jose, RuthMaas und Gunter Festel gegründet. Die Arbeitsteilung ist dabei klar geregelt: WährendJoachim Jose die Technologie und Ruth Maas den Pharmabereich abdecken, übernimmtGunter Festel in der Anfangsphase alle kommerziellen Aufgaben. So ist er für die strategi-sche und operative Ausrichtung des Geschäftes, die Suche nach Investoren, die Realisie-rung einer optimierten Unternehmensstruktur sowie den Aufbau einer operativ effizientenUnternehmensorganisation verantwortlich.
Die Gründung der Autodisplay Biotech wäre allerdings ohne die Biotechnologienetz-werke und -cluster in Düsseldorf in dieser Form nicht möglich gewesen. Dabei seien ins-besondere das Life Science Center mit seinem Geschäftsführer Dr. Thomas Heck, dasLife Science Net, BioRiver und vor allem der Cluster Industrielle Biotechnologie 2021(CLIB2021) besonders hervorgehoben. CLIB2021 ist als einer der Sieger aus dem Wettbe-werb „BioIndustrie 2021“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hervorge-gangen und fördert mit einem Volumen von 50 Millionen € Forschungs- und Entwick-lungsvorhaben in der industriellen Biotechnologie. Dabei liegt ein Hauptaugenmerk aufder Vernetzung von chemischer Industrie und deren Abnehmerindustrien, jungen biotech-nologischen Unternehmen (Kleine und mittlere Unternehmen – KMU), wissenschaftlichenInstituten und Investoren.
Der Vorstandsvorsitzende von CLIB2021, Dr. Manfred Kircher, hatte den Kontakt zwi-schen Joachim Jose und Gunter Festel hergestellt und daher kann man, wenn auch die Plä-
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ne zur Gründung schon vorhanden waren, Autodisplay Biotech mit Recht als erste Start-up-Gründung im Rahmen von CLIB2021 bezeichnen.
Die ausgezeichnete Biotechnologie-Infrastruktur in Düsseldorf kann nicht hoch genugeingeschätzt werden, wenn es um die Entwicklung und den Erfolg eines so jungen Un-ternehmens wie der Autodisplay Biotech geht.
Damit sind die erfolgreichen Ausgründungen der Heinrich-Heine-Universität und diezahlreichen Unternehmen im Biotechnologie-, Chemie- und Pharmaumfeld gemeint, aberauch Personen mit den entsprechenden Expertisen und Erfahrungen, die die Gründung derAutodisplay Biotech von Beginn an offen und wohlwollend unterstützt haben. Dabei istim Besonderen Univ.-Prof. em. Dr. Detlev Riesner zu nennen, der die Autodisplay Bio-tech GmbH von Anfang an, zunächst als Gründer-Coach und dann als Business Angel,begleitet. Daher kann optimistisch in die Zukunft geblickt werden und wir sind zuver-sichtlich, dass sich Autodisplay Biotech in diesem Umfeld gut und kräftig entwickeln undeinen signifikanten Beitrag zum Erfolg des Biotechnologiestandortes Düsseldorf beitragenwird.
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