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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung..................................................................................................................
3
2. Konsulat oder Promagistratur – Eine vergleichende Betrachtung............................5
2.1 Konsulat und Promagistratur.................................................................................. 5
2.1.1 Konsulat...............................................................................................................5
2.1.2 Promagistratur..................................................................................................... 7
2.2 Die Feldherren auf den Kriegsschauplätzen des 2. Punischen Krieges............... 10
2.3 Die wachsende Macht der Promagistrate............................................................. 13
3. Schluss....................................................................................................................16
4. Quellen- und Literaturverzeichnis..........................................................................17
4.1 Quellenverzeichnis (gedruckte Quellen)..............................................................17
4.2 Literaturverzeichnis..............................................................................................17
2
Einleitung
Als Karthago im Jahre 201 v. Chr. Rom nach 17 Jahren Krieg um Frieden bitten und
letztendlich einen vernichtenden Friedensvertrag hinnehmen musste, war Karthago
vom Status einer dominierenden Mittelmeermacht auf den Bereich Afrika beschränkt
worden. Der Sieger dieses jahrelangen und vernichtenden Konflikts war zweifellos
Rom, das sein Territorium auf Spanien ausweiten konnte und nunmehr faktisch die
dominierende Macht im westlichen Mittelmeerraum darstellte.1 Doch die massiven
Anstrengungen, die unternommen werden mussten um Karthago in die Knie zu
zwingen, hinterließen Spuren im römischen Verfassungswerk.2 Die Einrichtung von
außerordentlichen Imperien – unabdingbar um den mannigfaltigen Anforderungen an
Heerführern auf den so zahlreichen Kriegsschauplätzen gerecht zu werden – stieg in
dieser Zeit stark an.3 Damit schufen die Römer eine Einrichtung, die ihrem höchsten
Staatsamt vergleichbar wurde – ein Amt, dessen herausragende Bedeutung in der
Ausführung des militärischen Oberbefehls lag. Stellt sich damit unweigerlich die
Frage, ob mit der intensiven Nutzung der Promagistratur eine Konkurrenz zum
römischen Oberamt – dem Konsulat – entstanden war? Die Aufgabe dieser Arbeit soll
es daher sein zu zeigen, dass die massive Ausweitung und Nutzung der
Promagistratur in der Zeit des 2. Punischen Krieges ein Gegengewicht zum Konsulat
hervorzubringen vermochte. Ausgehend von der Fragestellung wird diese Arbeit nur
die Entwicklungen und Verhältnisse während des 2. Punischen Krieges in den Blick
nehmen. Der zeitlich zu behandelnde Block von 218 – 201 v. Chr. ist bewusst
gewählt, da die Erfordernisse des Krieges eine Ausnahmesituation schufen und
außergewöhnliche Entwicklungen dadurch erst zuließen. Dafür werden im ersten Teil
dieser Darstellung die Einrichtungen Konsulat und Promagistratur generell
vorgestellt. Daran schließt sich ein Überblick über die Feldherren auf den
Kriegsschauplätzen an, auf denen die Promagistrate bevorzugt zum Einsatz kamen.
1 Zum Verlauf des 2. Punischen Kriegs siehe Klaus Bringmann: Geschichte der römischen Republik. Von den Anfängen bis Augustus. München 2002, S. 105-121. Speziell zu seinem Ende, dem Friedensvertrag und seinen Auswirkungen siehe Klaus Zimmermann: Rom und Karthago. Darmstadt 2005, S. 80-83.2 Informationen zur römischen Verfassung allgemein siehe Theodor Mommsen: Römisches Staatsrecht. Bde. I-III. Leipzig 31887-1888; Heinrich Siber: Römisches Verfassungsrecht in geschichtlicher Entwicklung. Lahr 1952; Jochen Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik. Grundlagen und Entwicklung. 7., völlig neu überarbeitete und erweiterte Auflage. Paderborn u.a. 1995. 3 Zum massiven Anstieg der Promagistrate im 2. Punischen Krieg siehe die Auflistung derselben in T. Robert S. Broughton: The Magistrates Of The Roman Republic. Vol. 1. 509 B. C. – 100 B. C. New York 1951, S. 237-323.
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Den letzten und abschließenden Teil soll schließlich die Erörterung der dargebotenen
These bilden.
Der Darstellungszeitraum 2. Punischer Krieg bietet sich des Weiteren wegen seines
Quellenreichtums an. Über ihn berichten unter anderen Livius und Polybios.4 Über die
einzelnen Amtsträger dieser Zeit geben die fasti consulares und fasti triumphales
bestens Auskunft.5 Bei Forschungen zur Einrichtung der römischen Verfassung und
speziell zum römischen Konsulat sind zahlreiche Ausarbeitungen vorhanden. Ich
werde mich bei meinen Ausführungen zum Konsulat vor allem auf die Vorarbeiten
von Mommsen, Bleicken und Kunkel stützen.6 Wirft man einen Blick in den
Themenbereich der Promagistratur, fällt eine weit geringere Dichte an Literatur in der
Forschungslandschaft ins Auge. Neben knappen Ausführungen in den zuvor
erwähnten Werken zur Verfassungsgeschichte, stehen mir zwei weitere zentrale
Werke von Wilhelmina Jashemski und Hans Kloft zur Verfügung.7 Arbeiten die sich
mit der hier bearbeiteten Fragestellung beschäftigen fehlen bisher noch. Dem soll hier
abgeholfen werden.
4 Die Überlieferungslage ist bei diesen beiden Autoren zur Zeit des 2. Punischen Krieges relativ gut. Ihre Werke werden in der Forschung nahezu immer miteinbezogen. Hier werden folgende Versionen der herangezogenen Werke verwendet: Josef Feix (Hrsg.): Livius. Römische Geschichte. Buch XXI-XXIII. Lateinisch-deutsch. München 1974; Josef Feix (Hrsg.): Livius. Römische Geschichte. Buch XXIV-XXVI. Lateinisch-deutsch. München 1977; Hans Jürgen Hillen (Hrsg.): T. Livius: Römische Geschichte. Buch XXVII-XXX. Lateinisch und deutsch. Düsseldorf/Zürich 1997 und T. R. Page u.a. (Hrsg.): Polybius. The Histories. With an english translation by W. R. Paton. II-VI. London u.a. 1960.5 Die fasti der römischen Geschichte sind aufgelistet in der Reihe Theodor Mommsen (Hrsg.) u.a.: Corpus Inscriptionum Latinarum. Berlonini u.a. 1863-2005.6 Mommsen: Staatsrecht; Bleicken: Die Verfassung und Wolfgang Kunkel u.a.: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik. Zweiter Abschnitt, Die Magistratur. München 1995. Auf Grund der sehr weit reichenden Veröffentlichungsdaten von Mitte des 19. Jhd. bis heute, erscheint es sinnvoll diejenigen Werke aus allen Zeitspannen heranzuziehen, die in der heutigen Forschung weiterhin aufgegriffen und gewürdigt werden. Besonders herauszuheben ist Mommsens Staatsrecht, das in jeder Abhandlung zu diesem Thema Eingang, Würdigung und kritische Reflektion findet. Die einzige aktuellere Monographie zum Thema des Konsulates stammt von Adolf Lippold: Consules. Untersuchungen zur Geschichte des römischen Konsulates von 264 bis 201 v. Chr. Bonn 1963. Auch sie soll in meinen Ausführungen Berücksichtigung finden.7 Wilhelmina Feemster Jashemski: The origins and the history of the proconsular and the propraetorian imperium to 27 B.C. Chicago u.a. 1950 und Hans Kloft: Prorogation und außerordentliche Imperien 326-81 v. Chr. Untersuchungen zur Verfassung der römischen Republik. Meisenheim am Glan 1977.
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2. Konsulat oder Promagistratur – eine vergleichende Betrachtung
2.1 Konsulat und Promagistratur
2.1.1 Konsulat
Von der Forschung erstmals greifbar und damit Zeitpunkt der Einführung dieses
Amtes war das Jahr 367 v. Chr. im Zuge der licinisch-sextischen Gesetze.8 Der
Konsulat unterlag von Beginn an in seiner Amtsgewalt prinzipiell den gleichen
Beschränkungen, wie sie auch bei den restlichen ordentlichen Magistraturen
anzutreffen waren. Daher betrachte ich es als angemessen, zuerst die Eigenschaften
der römischen Magistratur allgemein vorzustellen, bevor ich mit den Spezifika des
Konsulates an sich fortfahren werde.9 Zunächst sollte hierbei Erwähnung finden, dass
alle römischen Ämter Ehrenämter (honores) waren und damit nicht entlohnt wurden.
Ein Umstand, der sich bedeutend auf den Kreis der Gesellschaftsschicht auswirkte,
dem es somit überhaupt möglich war die Geschicke des römischen Staates zu
lenken.10 Zu diesen alle Magistrate betreffenden Prinzipien gehörten Annuität, Verbot
der Kontinuation, Iteration und Akkumulation des Amtes sowie das Prinzip der
Kollegialität. Das Erstgenannte begrenzte die magistratische Amtszeit strikt auf ein
Jahr. Kontinuation und Iteration belegten das Amt mit der Einschränkung, dass es
über die reguläre Amtszeit hinaus nicht weiter ausgeübt werden durfte bzw. eine
erneute Wahl für das darauf folgende Jahr nicht zulässig war. Mit dem Verbot der
Ämterakkumulation sollte schließlich die Bündelung von Befugnissen in der Hand
eines einzelnen verhindert werden.11 Das Prinzip der Kollegialität hatte für den
Konsulat zur Folge, dass es genau zwei Konsuln geben musste. Im Falle einer
vorzeitigen Amtsniederlegung oder des Todes während der Amtszeit war der jeweils
andere zur sofortigen Wahl eines neuen Kollegen verpflichtet.12 Die Wahl der
8 Zur Einführung des Konsulat, seiner Entwicklung und weiterführender Literatur siehe Kübler: Consul. In: Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Siebenter Halbband. Neue Bearbeitung (1900), Sp. 1112-1138. Mommsen sieht in diesem Amt eine Weiterführung der königlichen Gewalt. Dazu Mommsen: Staatsrecht, Bd. II,1, S. 93. Mommsen folgt an dieser Stelle der Vorstellung des Polybios. Dazu Pol. VI 12-13.9 Zu den allgemeinen Beschränkungen der römischen Magistrate siehe Bleicken: Die Verfassung, S. 100-105.10 Zur Ehrenamtlichkeit siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 5f. Die Staatsleitung zu Zeiten der römischen Republik lag ausschließlich in den Händen der Nobilität. Zum Begriff der Nobilität, ihrer Entstehung und Entwicklung sowie über den ihr angehörenden Personenkreis siehe Matthias Gelzer: Die Nobilität der römischen Republik. Stuttgart 1983 und Veit Rosenberger: Republican Nobiles: Controlling the Res Publica. In: Jörg Rüpke (Hrsg.): A companion to Roman religion. Malden 2007, S. 293-303. 11 Zur Entwicklung dieser Einschränkungen, die nicht von Anfang an existierten und sich im Laufe der Zeit veränderten siehe Bleicken: Die Verfassung, S. 103-105. 12 Zur Wahl der Konsuln siehe Kübler: Consul, Sp. 1115-1117.
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Konsuln erfolgte in den Zenturiatkomitien. Ein überaus wichtiges Detail, da alle in
dieser Versammlung gewählten Amtsträger das Imperium, d.h. die militärische
Befehlsgewalt, erhielten. Damit wäre zugleich die wichtigste Funktion des Konsuls
angesprochen. Er war der Oberbefehlshaber des römischen Milizheeres.13 Ihm kam
die Aufgabe zu auf Senatsbeschluss Truppen auszuheben, nach seinem Ermessen
seine Offiziere zu ernennen und den vom Senat beschlossenen Feldzug
durchzuführen. Dabei stand ihm die Art und Weise, wie er seine vom Senat gestellten
Aufgaben zu erfüllen gedachte, frei. Diese Freiheit ging so weit, dass es in seinem
Ermessen lag mit dem Feind zu verhandeln und einen Waffenstillstand oder Frieden
zu schließen. Zur rechtsgültigen Annahme dieses Friedensvertrages bedurfte es
allerdings der Ratifikation durch den Senat.14 Eine weitere mit diesem räumlich
uneingeschränkten Imperium verbundene Gewalt war die Gerichtsbarkeit über die
militärische Anhängerschaft, d. h. schlicht über all diejenigen, die ihm unterstellt
waren. Gegen seine Rechtssprüche konnte dabei keine Revision eingelegt werden. Sie
waren letztinstanzlich.15 Eine letzte zu erwähnende Sondervollmacht, die für den
Konsul jedoch nur während eines Feldzuges galt, war die freie Verfügung über die
Kriegskasse. Das zur Verfügung stehende Budget wurde vor dem Kriegszug vom
Senat festgelegt. Der dem Obermagistrat während des Feldzuges beigegebene
Quaestor hatte dann auf Verlangen des Konsuls die dementsprechende Geldmenge
aus der Kasse zur Verfügung zu stellen.16 Der militärische Oberfehl war somit
zweifellos die wichtigste und am weitest reichende seiner besonderen Vollmachten,
deren es jedoch noch weitere gab. Ihm als obersten Beamten stand es weiterhin zu,
gegen Akte anderer Magistrate vorzugehen und diese aufzuheben. Es galt die Regel,
dass ein höherer Magistrat dem Niederen verbieten konnte.17 Gegenüber seinem
Kollegen wiederum besaß er das Intercessionsrecht, womit er dessen Beschlüsse
stoppen konnte.18 In Notzeiten lag es in seinem Kompetenzbereich den senatus
consultum ultimum auszuführen um dadurch einen Diktator auf sechs Monate zu
13 Die militärische Bedeutung hob bereits Polybios in seiner Beschreibung des römischen Militärsystems hervor. Siehe Pol. VI 19-21,4.14 Die sehr weit reichenden militärischen Befugnisse betreffend siehe Mommsen: Staatsrecht. Bd. II,1, S. 94-100.15 Zur Kriegsfunktion des Konsuls siehe ebd. und Bleicken: Die Verfassung, S. 106-115.16 Zur Finanzverwaltung während des Feldzuges siehe Mommsen: Staatsrecht. Bd. II,1, S. 561-570.17 Weitere Ausführungen zum Verbietungsrecht siehe Bleicken: Die Verfassung, S. 103-105.18 Siehe dazu Kunkel: Staatsordnung, S. 8-10.
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ernennen, dessen Macht die seinige in dieser Zeit überragte.19 Die
Ältestenversammlung überhaupt einzuberufen gehörte neben dem Ausführen ihrer
Beschlüsse ebenso zu seinen exklusiven Aufgaben, die keinem anderen Magistraten
zustand. Ein denkbar wichtiger Gesichtspunkt, bedenkt man, dass der Senat sich nicht
selbst versammeln bzw. einberufen konnte, sondern auf die Einberufung durch den
höchsten Magistraten angewiesen war.20 Als die für alle sichtbaren Zeichen seiner
Macht und seines Ansehens wurde der Konsul stets von zwölf Liktoren – eine Art
Leibwache – begleitet, die ihn schützten, den Weg freimachten und ihn ankündigten.
Sobald ihn jene nicht mehr begleiteten, galt dies als unverkennbares Zeichen seines
Amtsverlustes.21 Zum Abschluss dieser knappen Einführung in das Amt des
römischen Konsulates sollte es nicht unangesprochen bleiben, dass diesem
Magistraten auch religiöse Aufgaben beigemessen waren. Ein zunächst unwichtig
erscheinender Aspekt, bedenkt man die Stellung von Religion im heutigen politischen
Leben. Lässt man den Blick jedoch nur kurz auf die Bedeutung der Auspicien für die
Besetzung des Oberamtes schweifen, wird schnell klar, welchen bedeutenden
Stellenwert Religion im republikanischen Rom hatte.22
2.1.2 Promagistratur
Das lateinische Wort „pro“ mit seinen Bedeutungen „vor, für, anstatt“ beschreibt den
Charakter der Promagistratur treffend. Der Promagistrat ergänzt bzw. ersetzt
Aufgaben eines ordentlichen Magistraten. Das erste Mal, dass ein Amtsträger in der
Geschichte Roms auftauchte, der eine Promagistratur bekleidete, war im Jahr 327 v.
Chr. zu verzeichnen. Es handelte sich dabei um den Konsul Q. P. Philo. Ihm wurde
sein Amt verlängert um seine militärische Aufgabe – die Belagerung Neapels –
erfolgreich abzuschließen.23 Damit wäre zugleich eine wichtige Unterscheidung
19 Zur konsularischen Ernennungskompetenz siehe Bleicken: Die Verfassung, S. 106-115. Informationen zum Amt des Diktators in Mommsen: Staatsrecht. Bd. II,1, S. 141-172.20 Zum Einberufungsrecht des Senats siehe Mommsen: Staatsrecht. Bd. II,1, S. 129-131.21 Ausführliche Informationen zu den konsularischen Amtszeichen in Thomas Schäfer: Imperii Insigna. Sella curulis und fasces. Zur Repräsentation Römischer Magistrate. Mainz 1989, hier speziell zur Rolle der Liktoren S. 206-209.22 Die Auspicien wurden immer vor dem Amtsantritt der Konsuln von den Auguren eingeholt um die göttlichen Vorzeichen für ihre Amtszeit zu deuten. Fielen sie ungünstig aus, bedeutete dies in der Regel einen unausweichlichen Amtsverzicht des gewählten Magistraten. Weitere Ausführungen zur Rolle der Auspicien und ihrer Bedeutung in Kunkel: Staatsordnung, S. 28-37. Zu den religiösen Aufgaben und Kompetenzen des Konsuls siehe Mommsen: Staatsrecht Bd. II,1, S. 133-136 und Lippold: Consules, S. 297-367.23 Dazu Jashemski: The origins, S. 1-9 und Hans Kloft: Prorogatio. In: Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Fünfzehnter Supplementband. Neue Bearbeitung (1978), Sp. 444-
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angesprochen, die gleich zu Beginn dieses Teils vorweggenommen werden muss.
Dieser Unterschied besteht in Form der Amtsverleihung. Auf der einen Seite existiert
die Möglichkeit der Prorogation. Dies impliziert eine Amtszeitverlängerung und zwar
in sofern, dass der Magistrat alle nötigen Rechte behält um den von ihm zu
erfüllenden Auftrag auszuführen. Bei den Kriterien für die Länge der
ausgesprochenen Amtszeit blieb dem Senat großer Handlungsspielraum. Er konnte sie
bis zur Erledigung der Aufgage festsetzen oder die Amtszeit pauschal um ein Jahr
verlängern. Sollte der Promagistrat auch über diese Jahresfrist in Amt und Würden
bleiben, war eine jährliche Amtszeitverlängerung nötig.24 Wichtig zu erwähnen: Mit
dieser Praxis war keine Amtszeitverlängerung allgemein verbunden. Ein neuer
Amtsträger wurde bereits gewählt und in Amt und Würden eingesetzt. Man
verlängerte also nicht das Amt, sondern nur die Kompetenzen. Mit dieser Option
behielt es sich der Senat vor Aufgaben abschließen zu lassen, ohne einen
schwerwiegenden und eventuell folgenschweren Wechsel in der Befehlshierarchie
vornehmen zu müssen.25 Rein rechtlich gesehen gelang es dem Ältestenrat auf diese
Weise das für die Machtbegrenzung so wichtige Prinzip der Annuität theoretisch
aufrecht zu erhalten. Die zweite Möglichkeit ein außerordentliches Imperium zu
verleihen bestand darin, ehemalige Amtsträger zu berufen oder gar privati –
Privatleute, die noch nie oder, falls doch, nur ein geringes Amt bekleidet hatten –
einzusetzen. Nach römischem Verständnis existierte hierin jedoch erneut ein nicht zu
vernachlässigender Unterschied. Schon unter Beweis gestellte Fähigkeiten und
Erfahrung standen unbekannte Potentiale gegenüber. Daraus resultierte ein nicht zu
verleugnendes Risiko.26 Was die rechtliche Kompetenz bei der Verleihung eines
außerordentlichen Imperiums angeht, muss mit dem geschichtlichen Lauf
mitgegangen werden. Zunächst beriet der Senat über die Besetzung und legte seinen
Beschluss danach den Komitien zur Abstimmung vor. Im Laufe der Zeit, vor allem
unter Einwirkung des 2. Punischen Krieges, verlagerte sich dieses Verfahren
zunehmend mehr in den Senat. Die Komitien wurden in dieser Zeit nicht immer um
Zustimmung gefragt.27
463, hier Sp. 447-449.2424 Zu Optionen, an welche Bedingungen Amtszeitverlängerungen geknüpft wurden siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 15-21 und Mommsen: Staatsrecht. Bd. I, S. 641-645.25 Siehe auch Kloft: Prorogation, S. 9-14. 26 Zum Thema privati und andere Amtsträger siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 15-21.27 Zur Entwicklung der Kandidatenbestimmung siehe Jashemski: The origins, S. 35-39.
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Nach diesem ersten systematischen Überblick über den Personenkreis, dem ein
solches Amt zugänglich war, soll es nun um die konkrete Ausgestaltung mit den
Befugnissen des Amtes gehen. Zuerst wäre zu erwähnen, dass die Verlängerung der
Amtsgewalt sich ausschließlich auf den Bereich militiae bezog, d. h. räumlich und in
seinen Kompetenzen auf alle Handlungsvollmachten außerhalb des Pomeriums
beschränkt war.28 Diese Einschränkung auf den Bereich militiae machte die
Promagistratur zu einem Amt mit äußerst starkem militärischem Charakter. Der
Promagistrat – in der Regel handelte es sich um einen Prokonsul oder einen
Propraetor, je nach Art der benötigten Vollmachten – hatte außerhalb Roms die
gleichen Rechte und Kompetenzen wie sein regulärer Amtsinhaber. Betrat der
Promagistrat jedoch das Pomerium, erloschen sofort mit seinem Übertritt alle
Vollmachten und er mutierte schlagartig zu einem gewöhnlichen Privatmann.29 Mit
seiner Beschränkung auf den Amtsbereich militiae war er somit für alle Aufgaben im
Bereich domi nicht kompetent. Eine – wie sich im letzten Teil noch zeigen wird –
wichtige Folge davon ergab sich bei abzuhaltenden Triumphen, die dieser Vollmacht
bedurften.30 Zu seinen Vollmachten außerhalb Roms gehörten neben der
Kriegsführung der Edikterlass, Empfang von Gesandtschaften, Verhandlungen mit
dem Gegner, Bündnis- oder Waffenstillstandsabschluss und die Vereinbarung von
Verträgen nach dafür geltenden Regeln.31 Ein zusätzlicher ganz entscheidender
Faktor, der ordentlichen und außerordentlichen Amtsträger von einander trennte, war
die Abrogierbarkeit der Promagistratur. Widersetzte sich der Prokonsul den
Senatsbestimmungen oder erwies er sich seiner Aufgaben als nicht gewachsen, so
hatte der Senat die Option ihm sein Imperium wieder abzuerkennen. Diese
2828 Mit Pomerium wird der geographische Bereich bezeichnet, in dem es dem Konsul erlaubt war sein imperium domi auszuüben. Das imperium domi bezog sich auf all seine Aufgaben und Rechte, die der Konsul in der Stadt Rom zu erfüllen hatte. Zu den Begriffen Pomerium und imperium domi sowie zu meinen Ausführungen siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 299-310 und Kloft: Prorogation, S. 9-14.29 Zur Rolle des Pomeriums bei den promagistratischen Amtsvollmachten siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 299-310. Blickt man in die in der Einleitung angeführte Literatur, fällt schlagartig eine Vielzahl verschiedener Promagistrate auf. Je weiter die Entwicklung reichte, desto mehr Ämter konnten prorogiert oder für spezielle Aufgaben verliehen werden. Einen guten Überblick über die Möglichkeiten der Prorogationen bietet Kloft: Prorogation, S. 15f. Auf Grund der für diese Arbeit formulierten Aufgabenstellung wird sich der Blick jedoch primär auf das Amt des Prokonsuls richten, um im letzten Teil der Arbeit den Gegenpol zum am Anfang vorgestellten Konsulat herausarbeiten zu können. 30 Zu allen Beschränkungen bei der Gewährung von Triumphen für Promagistrate siehe Kunkel: Staatsordnung, S. 306-310 und Kloft: Prorogation, S. 69f.31 Dazu Kloft: Prorogation, S. 66.
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Möglichkeit bestand bei dem ordentlichen Amtsträger nicht.32 Die
Einflussmöglichkeiten des Senats auf die Ausfüllung promagistratischer Macht waren
daher – verglichen mit den Konsuln – um ein vielfaches weitgehender. Er konnte hier
bei der Festlegung der Amtsbereiche und Ausstattung mit Mitteln aller Art nahezu
überall bestimmen.33 Trat der Prokonsul allerdings in der Öffentlichkeit auf, so
wurden ihm die gleichen Ehren zu Teil wie dem regulären Amtsinhaber. Auch er
führte alle Ehrenzeichen, am sichtbarsten die Begleitung durch zwölf Liktoren.34
2.2 Die Feldherren auf den Kriegsschauplätzen des 2. Punischen Krieges
Nachdem Zuständigkeitsbereiche und Unterschiede der hier behandelten Ämter
vorgestellt worden sind, wird es nun darum gehen von der Theorie in die Praxis zu
blicken. Wo und wann war welcher Typus von Magistrat tatsächlich im Einsatz? Um
die besondere Bedeutung des 2. Punischen Krieges dabei hervorzuheben und die sich
für Rom zunehmende Verschärfung des Konfliktes im Zusammenhang mit der
Verwendung der Promagistratur zum Ausdruck zu bringen, wird in die Darstellung
der Kriegsverlauf in kurzen Umrissen mit einfließen.35 Nachdem Hannibal 218 v. Chr.
den Ebro überschritten hatte und sich mit seinem Heer auf den Weg nach Italien
machte36, bestand in Rom noch kein Bedarf an zusätzlichem Personal.37 Laut
römischer Kriegsplanung war vorgesehen, diesen Krieg in zwei schnellen Feldzügen
zu einem raschen Ende zu bringen. Der Konsul P. C. Scipio sollte mit einem Heer
Spanien erobern, Ti. Semp. Longus über Sizilien den Krieg nach Afrika tragen und
dort schnell zu Gunsten Roms entscheiden. Als es Hannibal jedoch gelang Scipio, der
ihn bereits vor Italien zu einer Schlacht stellen wollte, zu umgehen, war Italien als
Kriegsschauplatz nunmehr unausweichlich. Scipio musste nach Italien zurückkehren,
32 Zur Abrogierbarkeit der Promagistratur und ihren Gründen siehe Mommsen, Bd. I: Staatsrecht, S. 641-645.33 Zur Rolle des Senats bei der Festlegung von Amtsbereichen und Kompetenzen siehe Kloft: Prorogation, S. 56-61.3434 Zu den prokonsularischen Ehrenzeichen siehe Mommsen, Bd. I: Staatsrecht, S. 68-76.35 Begleitend und ergänzend zu meinen auf das Thema zugeschnittenen Ausführungen empfiehlt sich Adrian Goldsworthy: The Fall of Carthage: The Punic Wars 265-146 B. C. London 2004, S. 143-328. Über den 2. Punischen Krieg informiert uns Livius sehr ausführlich. Liv. XXI 22, 5 – XXX 45, 7. 36 Es sollte hier nicht unerwähnt bleiben, dass es in der Forschung umstritten ist, welcher Fluss als Grenze für den karthagischen Einflussbereich im Jahre 226 v. Chr. festgelegt wurde. Dazu: Pedro Barceló: Rom und Hispanien vor Ausbruch des 2. Punischen Krieges. In: Hermes 124 (1996), S. 45-57, hier 52-55. In Livius Darstellung trägt er den Namen „Hiberum“ (Liv. XXI 23,1), bei Polybios „’Ιβηρα“ (Pol. III 35,2). Ich folge hier der allgemein verbreiteten und vertretenen Version, die den Fluss Ebro als Grenze nennt.37 Broughton verzeichnet für 218 v. Chr. noch keine Promagistrate. Dazu Broughton: Magistrates, S. 237-242.
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schickte jedoch seinen Bruder zusammen mit dem ausgehobenen Heer weiter nach
Spanien.38 Mit dieser Entscheidung legte Scipio den Grundstein dafür, dass Spanien
noch bis über das Ende des Kriegs hinaus ausschließlich von Promagistraten verwaltet
bzw. Feldzüge nur von ihnen durchgeführt wurden.39 Was die Konsuln betraf, so
waren sie bis zum Jahre 205 v. Chr., als P. C. Scipio Africanus in seinem ersten
Konsulatsjahr seinen Feldzug in Afrika im Senat durchsetzen konnte, auf dem
italischen Kriegsschauplatz gebunden.40 Beginnend mit dem Jahr 217 v. Chr. kamen
Promagistrate auch in Provinzen oder als Flottenkommandanten zum Einsatz.41 Die
für die Provinzverwaltung zuständigen Praetoren waren zu diesem Zeitpunkt bereits
voll in die Kriegsmaschinerie Roms integriert. Auch ihr Aufgabenfeld sollte sich nun
wandeln und den Bedarf an Ersatzpersonal nur noch weiter forcieren.42 Der enorme
Personalbedarf zeigt sich schon, wenn man die nackten Zahlen betrachtet. Seit dem
Jahre 215 v. Chr. betrug die Zahl an außerordentlichen Imperiumsträgern bis zum
Kriegsende 201 v. Chr. konstant zwischen sieben und zehn und sank nicht in einem
einzigen Jahr darunter. Eine solche enorme Entwicklung war bis dato nicht zu
beobachten.43 Hannibals glanzvolle Siege und seine noch heute gelehrten
militärischen Strategien lassen oft die Vielzahl von Schlachten in Italien vergessen.
Nicht nur Hannibal und die karthagische Hauptstreitmacht legten die
Kriegsschauplätze fest. Viele von Hannibals Befehlshabern fochten auch weit von der
Hauptstreitmacht entfernt Kämpfe mit den Römern aus. Bei den kurzen
Tatenbeschreibungen der Promagistrate in Brougthons „The Magistrates of the
Roman Republic“ tauchen immer wieder Amtsträger auf, die mit karthagischen
Streitkräften auf italischem Boden kämpften oder anderweitige militärische Aufgaben
38 Zu den hier beschriebenen Entwicklungen bei Kriegsauftakt in Pol. III 39-76 und Liv. XXI 32, 1-6.39 Vgl. Broughtons Angaben zu den Promagistraten von 218 – 198 v. Chr. Spanien wird hier ausnahmslos von außerordentlichen Imperiumsträgern verwaltet. Dazu Broughton: Magistrates, S. 242-332.40 Siehe die Aufgabenbereiche der Konsuln von 218 – 202 v. Chr. in ebd., S. 237-315. Erst im Jahre 202 v. Chr. vergibt der Senat den Auftrag an einen der Konsuln für ein Territorium außerhalb Italiens bzw. Siziliens. Dazu ebd., S. 315 und die Wahl der Konsuln 218-201 v. Chr. in Liv. XXI 17 – XXX 41.41 Namen und Aufgabenzuweisung der einzelnen Promagistrate bei Flottenkommanden, Konsulnunterstützung und Provinzverwaltung in Broughton: Magistrates, S. 250-264.42 Über zunehmend verstärkte Aufgaben der Praetoren im Militärbereich, vor allem in der Unterstützung der Konsuln bei ihrem Kampf gegen Hannibal siehe die Zuweisungen in ebd., S. 248-311. Danach wird dieser Trend rückläufig. Der gewohnte Aufgabenbereich bildet nun wieder das Hauptgewicht. Dazu ebd., ab S. 316.43 Zur Anzahl der Promagistrate vor dem 2. Punischen Krieg siehe ebd., S. 1-237. Die Veränderungen im 2. Punischen Krieg in ebd., S. 237-323.
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in Italien wahrnahmen. Alle mit einem außerordentlichen Imperium ausgestattet.44
Was die Kriegsschauplätze außerhalb Italiens betraf – die Situation in Spanien fand
oben bereits Erwähnung – so wären der griechische Osten, Sizilien, Afrika, Gallien
und Sardinien noch zu erwähnen. Überall waren es fast ausnahmslos Promagistrate,
die mit ihren mehr oder weniger blutig erkämpften Siegen zu Roms Triumph in
diesem bisher schwersten aller seiner Konflikte beigetragen haben.45 Diese gewaltige
geographische Erstreckung schritt von Jahr zu Jahr voran. Philipp von Makedonien
trat 215 v. Chr. in den Krieg ein und erforderte so die Entsendung einer römischen
Expeditionsarmee.46 Sizilien war von Beginn an als römisches Aufmarschgebiet
konzipiert. Zudem kam der Kriegseintritt Hieronymus’ von Syrakus hinzu.47 Sardinien
als Insel war auf Grund seiner Lage natürlicher Weise für den Seekrieg von
Bedeutung. Gallien war bereits 218 v. Chr. in den Konflikt mit hineingezogen
worden, als Hannibal dieses Gebiet auf seinem Marsch Richtung Italien durchquerte
und dabei viele Söldner anwarb.48 Afrika schließlich wurde mit dem Übersetzen
44 Diese Herren waren: Ti. Sempronius Gracchus im Jahre 214 und 212 v. Chr., C. Terentius Varro 216, 215, 214, 213, 208, 207 v. Chr., Q. Fulvius Flaccus 211, 210, 208, 207 v. Chr., C. Claudius Nero und M. Iunius Silanus 211 v. Chr., C. Calpurnius Piso 210, 209, 208 v. Chr., Cn. Flaccus 210 v. Chr., M. Claudius Marcellus 209 v. Chr., C. Hostilius Tubulus 208, 207, 206, 205, 204 v. Chr., Q. Claudius (Flamen) 207 und 206 v. Chr., L. Manlius Acidinus 207 v. Chr., M. Livius Salinator 206 und 205 v. Chr., Q. Caecilius Metellus 302 v. Chr., M. Valerius Laevinus 205 v. Chr., T. Quninctius (Flamininus) 205 und 204 v. Chr., P. Licinius (Crassus Dio) 204 v. Chr., Sp. Lucretius 203 und 202 v. Chr., P. Sempronius (Tuditanus) 203 v. Chr., C. Servilius (Geminus) 202 v. Chr. und M. Servilius Pulex Geminus 201 v. Chr. Zu allen Angaben siehe ebd., S. 256, 260, 265, 269, 274, 280, 287, 291f, 295f, 299f, 302f, 308, 312f, 317 und 320f.45 Promagistrate im 2. Punischen Krieg auf den Kriegsschauplätzen außerhalb Italiens: In Gallien im Einsatz: M. Pomponius 215 und 214 v. Chr., P. Sempronius Tuditanus 212 und 211 v. Chr., L. Veturius Philo 208 v. Chr., Sp. Lucretius 204 v. Chr., M. Livius Salinator 204 v. Chr., M. Cornelius Cethegus 203 v. Chr.; In Sizilien im Einsatz: T. Otacilius Crassus 216, 213, 212, 211 v. Chr., Ap. Claudius Pulcher 214 v. Chr., M. Claudius Marcellus 213, 212, 211 v. Chr., P. Cornelius Lentulus 214 und 213 v. Chr., L. Cincius Alimentus 209 v. Chr., M Valerius Laevinus 209, 208, 207 v. Chr., P. Cornelius Scipio Africanus 204 v. Chr., M. Pomponius Matho 203 v. Chr., Cn. Octavius 202 v. Chr., P. Villius Tappulus 202 v. Chr.; In Sardinien im Einsatz: A. Cornelius Mammula 216 v. Chr., T. Manlius Troquatus 215 v. Chr., Q. Mucius Scaevola 214, 213, 212 v. Chr., C. Aurunculeius 208 v. Chr., Cn. Octavius 203 v. Chr., P. Cornelius Lentulus 202 v. Chr.; Im griechischen Osten im Einsatz: M. Valerius Laevinus 215, 214, 213, 212, 211, 201 v. Chr., P. Sulpicius Galba Maximus 210, 209, 208, 207, 206 v. Chr., P. Sempronius Tuditanus 205 v. Chr.; In Spanien im Einsatz: P. Cornelius Scipio und Cn. Cornelius Scipio 217, 216, 215, 214, 213, 212, 211 v. Chr., C. Claudius Nero 211, 210 v. Chr. P. Cornelius Scipio Africanus 210, 209, 208, 207, 206 v. Chr., M. Iunius Silanus 210, 209, 208, 207, 206 v. Chr., L. Cornelius Lentulus 206, 205, 204, 203, 202, 201 v. Chr., L. Manlius Acidinus 206, 205, 204, 203, 202, 201 v. Chr., C. Cornelius Cethegus 201 v. Chr.; In Afrika im Einsatz: P. Cornelius Scipio Africanus 204, 203, 202, 201 v. Chr. Zu allen Angaben siehe ebd., S. 250, 256, 260, 264f, 268f, 273-275, 280, 286f, 291f, 296, 299f, 302f, 307f, 312f, 317 und 320f.46 Über den Vertrag zwischen Hannibal und Philip V. von Makedonien und seine Folgen berichtet Polybios in Pol. VII 9-14. 47 Liv. XXIV 4-5.48 Liv. XXI 23-38.
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Scipio Africanus’ im Jahre 204 v. Chr. zum aktiven Kriegsschauplatz.49 Diese knappe
Illustration sollte das Ausmaß in Gebrauch und räumlicher Erstreckung der
Promagistratur klar gemacht haben. Die Aufgabe des letzten Teils der Arbeit wird es
nun sein, aus dem hier Aufgeführten Schlüsse für unsere Fragestellung zu ziehen.
2.3 Die wachsende Macht der Promagistrate
Der gewaltige Machtzuwachs dieser Amtsträger lässt sich zweifelsohne nur über die
Auswirkungen des 2. Punischen Krieges erklären. Überall und in großer Zahl
eingesetzt, machten sie sich für die römische Politik unentbehrlich. Doch der
Zuwachs an Handlungsspielraum ist noch auf andere Weise zu erklären. Beim
Abgleich der Listen der Amtsträger während des 2. Punischen Krieges ergibt sich,
dass die meisten Promagistraturen mit erfahrenen Personen besetzt waren. Viele
hatten zuvor bereits mindestens einmal den Konsulat bekleidet.50 Der Senat griff bei
der Besetzung also auf bewährte Kräfte zurück – vor allem im militärischen Bereich.
Damit bot sich für einen bekannten Mann ein weiteres Mal die Möglichkeit die
politische Bühne zu betreten. Da er nun kein offizielles Amt mehr bekleidete, stieg
sein Handlungsspielraum, denn profiliert hatte er sich bereits durch seine vorherige
Ämterlaufbahn und musste sich also um seinen weiteren Aufstieg nicht sorgen. Auch
bisherige Erfolge konnte er als gewichtiges Argument einsetzen, um seine
Vorstellungen im Senat zu vertreten und durchzusetzen. Blieb nur noch die
entscheidende Frage, welchen Zuständigkeitsbereich man ihm letztendlich zuteilte:
Italien als Hauptkriegsschauplatz war ohne Zweifel wichtig und prestigeträchtig,
zumal es um die Existenz Roms ging. Aber die Präsenz der ordentlichen Amtsträger,
die geographische Nähe zu Rom und die damit einhergehende Überwachung durch
den Senat schränkten Handlungsoptionen und Gelegenheiten zur Selbstauszeichnung
ein.51 Nicht zu vergessen: Der Krieg gegen Hannibal in Italien verlief für die Römer
zwar letzten Endes günstig, aber während seiner Dauer alles andere als glorreich. Das
galt ebenso für die Personen mit außerordentlichem Imperium.52 Die meisten der
49 Zum unaufhaltbaren Ausgreifen des Krieges auf nahezu den gesamten Mittelmeerraum siehe Bringmann: Römische Republik, S. 105-121 und Zimmermann: Rom und Karthago, S. 45-83.50 Dazu Broughton: Magistrates, S. 242-323.51 Ausführungen über die Einwirkungsmöglichkeiten des Senats im Einzelnen siehe Kloft: Prorogation, S. 56-61.52 Diese Ansicht findet sich bereits bei Livius in Liv. XXI 1, 2-4. Siehe die Angaben zu den Schicksaalen der Feldherren (Konsuln, Praetoren und Promagistrate) im 2. Punischen Krieg in Broughton: Magistrates, S. 237-323.
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verliehenen Imperien bezogen sich allerdings, wie gesehen, auf Aufgaben außerhalb
Italiens. Hier galt das Motto: Je weiter entfernt, ja mehr Handlungsspielraum. Spanien
und der griechische Osten waren in diesem Falle die Paradebeispiele. Weit entfernt
von Spanien und dem griechischen Osten und dazu noch voll mit den Vorgängen auf
eigenem Territorium beschäftigt, stand dem Ältestenrat einfach nicht die Möglichkeit
offen sich ständig aktiv in die Amtsführung der dortigen Feldherren einzumischen.
Deren Oberbefehl, wenn er denn erfolgreich war, wurde zudem oft verlängert.53 Das
hatte sicher mehrere Gründe: Geringer Personalstand, große Entfernungen sowie
Kontinuität, Sicherheit und Beständigkeit in der Kriegsführung. Man konnte sich
schlicht und ergreifend keine Experimente erlauben. Jeder weitere militärische
Fehlschlag bedrohte Roms Existenz. Ein erfolgreicher langer Oberbefehl brachte dem
Feldherrn jedoch unbestreitbar Ruhm. Er barg die Möglichkeit viele Siege auch über
längere Zeit hinweg zu erringen. Er musste nicht fürchten, dass nach Ablauf der
Amtszeit sein Nachfolger die Lorbeeren seiner Arbeit für sich beanspruchen würde.
Gelang es ihm schließlich noch einen Triumph zugesprochen zu bekommen, waren
die Möglichkeiten sein Prestige und das der Familie zu mehren und für spätere Zeit
daraus Nutzen zu schlagen teilweise günstiger als für die Konsuln. Hinzugefügt
werden muss schließlich noch die Beobachtung, dass die Einrichtungen der Diktatur
nur zu Beginn der Krieges Anwendung fand. Danach wurde bis zum Kriegsende kein
Diktator mit allen Vollmachten eingesetzt.54 Ein Anzeichen dafür, dass sich die
Promagistratur als flexibler erwies und den quantitativen Anforderungen des Krieges
eher entsprach. Damit vollzog der Senat eine bewusste oder unbewusste Aufwertung
der Promagistratur. Hieraus musste sich schlicht eine Konkurrenz der Promagistratur
zum Konsulat ergeben.
Diese abstrakten Überlegungen haben jedoch Beispiele. Eine Illustration soll nun am
Berühmtesten vollzogen werden: Um die skizzierten Möglichkeiten nutzen zu
können, bedurfte es jedoch zuerst der Wahl zum Promagistraten. Und an diesem
Punkt waren Fälle, in denen der Senat wichtige militärische Aufgaben einem
53 Zu diesen langen Imperien gehören diejenigen der Scipionen in Spanien und diejenigen der Befehlshaber im griechischen Osten.54 Der letzte Diktator mit allen Vollmachten wurde 216 v. Chr. – dem Jahr der Niederlage von Cannae – ernannt. Alle restlichen Diktaturen bis zum Ende des Krieges hatte die Funktion Wahlen durchzuführen. Siehe Broughton: Magistrates, S. 248-323 und Joachim Jahn: Interregnum und Wahldiktatur. Kallmünz 1970, S. 127-150. Zur Wahlfunktion des Diktators siehe Jahn: Interregnum, S. 32-53.
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unerfahrenen Mann übertrug, durchaus selten.55 Zu diesen seltenen Fällen gehörte P.
C. Scipio Africanus. Als er sein Imperium für Spanien zugesprochen bekam, war er
gerade einmal Aedil gewesen. Er hatte zwar am 2. Punischen Krieg bereits als Soldat
in der Schlacht am Ticinus teilgenommen, konnte sich jedoch noch nicht auf große
eigene Leistungen berufen.56 Dieses Beispiel illustriert wiederum einen weiteren
Sachverhalt sehr treffend. Der Vater Scipios, P. C. Scipio, war 218 v. Chr. Konsul
gewesen und hatte bereits in einer Schlacht gegen Hannibal gekämpft, allerdings mit
geringem Erfolg. Nach seinem Konsulatsjahr bekam er, wie dies zu Kriegsbeginn für
seine reguläre Amtszeit ursprünglich auch vorgesehen war, nun als Prokonsul
gemeinsam mit seinem Bruder Cn. die Provinz Spanien zugesprochen.57 Dort
bewährte er sich gegen die Karthager. Als er und sein Bruder im Jahre 211 v. Chr.
dort getötet wurden, suchte man einen Nachfolger.58 Ihn fand man in P. C. Scipios
Sohn. Ohne das gewaltige Prestige seines Vaters und seiner gens, verknüpft mit dem
Argument der Verbundenheit der eigenen gens mit dieser Provinz, hätte Scipio
Africanus keine Chance bei der Wahl zum Nachfolger gehabt. Das Prestige
wiederum, welches er bei der Vertreibung der Karthager von der iberischen Halbinsel
ansammelte, konnte Scipio für seine weitere Karriere nutzen. Trotz fehlender
Ämterlaufbahn gelang ihm die Wahl zum Konsul für das Jahr 205 v. Chr. –
zweifelsfrei ein Verdienst seines Prokonsulates. In den sieben Jahren seines
spanischen Imperiums konnte er glänzende Siege erringen. Möglich war dies jedoch
nur vor dem Hintergrund, dass ihn der Senat weitgehend frei agieren lies, ihm die
benötigten Streitkräfte zubilligte und sein Imperium immer wieder verlängerte. Erst
dadurch war es möglich eine gesicherte Stellung aufzubauen und kontinuierlich und
konstant gegen die karthagischen Besitzungen vorzugehen. Alles Optionen, die dem
55 Vgl. die Amtsträger und ihre Funktionen vor der jeweiligen Amtszeit in Broughton: Magistrates, S. 237-323.56 Zu P. C. Scipio Africanus siehe Münzer: P. Cornelius P. f. L. n. Scipio Africanus (maior). In: Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Siebenter Halbband. Neue Bearbeitung (1900), Sp. 1462-1483.57 P. C. Scipio stellt hier geradezu den Gegenpart zu seinem Sohn da. Er war der klassische Promagistrat – alt, erfahren, die Ämterlaufbahn bereits hinter sich. Zudem konnte er auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Als Konsul hatte er mit seiner Entscheidung seinen Bruder nach Spanien zu schicken die römische Politik und Kriegsführung entscheidend bestimmt – und das ohne Konsultation des Senats. Dazu Lippold: Consules, S. 147-153.58 Zum Leben und Wirken der Scipionenbrüder siehe Henze: P. Cornelius L. f. Scipio. In: Paulys Realenzyklopädie der classischen Altertumswissenschaft. Siebenter Halbband. Neue Bearbeitung (1900), Sp. 1434-1437 und Henze: Cn. Cornelius Scipio Calvus. In: Paulys Realenzyklopädie der classischen Altertumswissenschaft. Siebenter Halbband. Neue Bearbeitung (1900), Sp. 1491f.
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regulären Amtsträger nicht zur Verfügung standen.59 Als Konsul schließlich nutzte er
sein gewonnenes Prestige und den Beweis seiner militärischen Leitungen, um sich
den Oberbefehl für den römischen Afrikafeldzug zu sichern. Nach seinem
Konsulatsjahr 205 v. Chr. gelang es ihm außerdem den Oberbefehl in Afrika bis
Kriegsende zu behalten.60 Fasst man diese Beobachtungen zu Scipio zusammen,
kommt man zu dem Schluss: Seine steile Karriere wäre ohne seine Promagistratur und
die seines Vaters nicht möglich gewesen. Seine größten Siege errang er als
außerordentlicher Magistrat. Seine Amtszeit als Konsul – dieses Amt bekleidete er
zweimal – hätte für eine solche Karriere nicht genug Möglichkeiten geboten. Hinzu
kommt, dass Scipio es verstand aus den sich daraus bietenden Chancen Gewinn zu
schlagen. In seinem Leben manifestiert sich die wachsende Macht eines
Promagistraten gegenüber dem Konsulat in unvergleichlicher Weise.
3. Schluss
Halten wir zunächst die Erkenntnisse dieser Arbeit fest: Zuerst ging es darum,
Kompetenzen und Charakter der Ämter Konsulat und Promagistratur aufzuzeigen,
gefolgt von einem Überblick zu ihrer Verwendung im 2. Punischen Krieg. Daraus
wurde gefolgert, dass die Macht der Promagistraten gegenüber den Konsuln während
und gerade durch diesen Krieg – er brachte Handlungsspielraum und bot
Möglichkeiten zur Auszeichnung für den Einzelnen – gestiegen ist. Auf Grund der
engen Themensetzung bleibt naturgemäß enormer Raum für weitere
Forschungsansätze. Interessant wären vor allem Untersuchungen, die sich
vergleichend mit der Entwicklung dieser Ämter nach dem 2. Punischen Krieg
auseinandersetzen. Untersuchungen ausschließlich zur Entwicklung der Prorogation
finden sich bereits bei Jashemski und Kloft.61 Eine Zuspitzung auf den Antagonismus
zum Konsulat blieb bisher allerdings aus. Ansätze in diesem Bereich könnten für die
gesamte Forschung zur Geschichte der Römischen Republik fruchtbar sein, zumal alle
vorhandenen Arbeiten schon Jahrzehnte zurückliegen.62 Es mangelt bei diesem Thema
59 Lippold hat bereits seine Vermutung geäußert, dass seine Abberufung durch den Senat von Spanien aus Angst vor einer zunehmenden Machtstellung geschah. Dazu Lippold: Consules, S. 187f.60 Scipios militärische Laufbahn in Carol Humphrey Vivian Sutherland: The Romans in Spain 217 B. C. – A. D. 117. New York 1971, 35-44 und Goldsworthy: Carthage, S. 269-309.61 Jashemski: The origins, S. 40-94 und Kloft: Prorogation, S. 35-46.62 Die aktuellste Monographie zu diesem Thema ist die hier verwendete von Hans Kloft aus dem Jahre 1977. Werke jüngeren Datums behandeln das Thema Prorogation bzw. Promagistratur nur in Gesamtdarstellungen. Dasselbe Phänomen lässt sich auch im Bezug auf das Konsulat beobachten. Hier stammt die aktuellste Monographie im deutschsprachigen Raum von Adolf Lippold aus dem Jahre
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bisher schlicht und ergreifend an Aufsätzen, die neue Thesen und Sichtweisen
hervorzubringen in der Lage wären und die Chance auf eine neue kontroverse
Diskussion eröffnen könnten.
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
4.1 Quellenverzeichnis (gedruckte Quellen)
Feix, Josef (Hrsg.): Livius. Römische Geschichte. Buch XXI-XXIII. Lateinisch-
deutsch. München 1974.
Feix, Josef (Hrsg.): Livius. Römische Geschichte. Buch XXIV-XXVI. Lateinisch-
deutsch. München 1977.
Hillen, Hans Jürgen (Hrsg.): T. Livius: Römische Geschichte. Buch XXVII-XXX.
Lateinisch und deutsch. Düsseldorf/Zürich 1997.
Mommsen, Theodor u.a.: Corpus Inscriptionum Latinarum. Berlonini 1863-2005.
Page, T. R. u.a. (Hrsg.): Polybius. The Histories. With an english translation by W. R.
Paton. II-VI. London u.a. 1960.
4.2 Literaturverzeichnis
Barceló, Pedro: Rom und Hispanien vor Ausbruch des 2. Punischen Krieges. In:
Hermes 124 (1996), S. 45-57.
Bleicken, Jochen: Die Verfassung der Römischen Republik. Grundlagen und
Entwicklung. 7., völlig neu überarbeitete und erweiterte Auflage. Paderborn u.a.
1995.
Bringmann, Klaus: Geschichte der römischen Republik. Von den Anfängen bis
Augustus. München 2002.
Broughton, T. Robert S.: The Magistrates Of The Roman Republic. Vol. 1. 509 B. C.
– 100 B. C. New York 1951.
Gelzer, Matthias: Die Nobilität der römischen Republik. Stuttgart 1983.
Goldsworthy, Adrian: The Fall of Carthage: The Punic Wars 265-146 B. C. London
2004.
Jahn, Joachim: Interregnum und Wahldiktatur. Kallmünz 1970.
Jashemski, Wilhelmina Feemster: The origins and the history of the proconsular and
the propraetorian imperium to 27 B. C. Chicago u.a. 1950.
1966. Auch sie wurde in diese Arbeit herangezogen. An Aufsätzen mangelt es hier ebenso wie bei der Promagistratur. Interessant wären Forschungen zudem um der umstrittenen Frage nachzugehen, welche Auswirkungen die Entwicklung der Promagistratur auf den Untergang der Republik hatte.
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Kloft, Hans: Prorogation und außerordentliche Imperien 326-81 v. Chr.
Untersuchungen zur Verfassung der römischen Republik. Meisenheim am Glan 1977.
Kunkel, Wolfgang u.a.: Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik.
Zweiter Abschnitt, Die Magistratur. München 1995.
Lippold, Adolf: Consules. Untersuchungen zur Geschichte des römischen Konsulates
von 264 bis 201 v. Chr. Bonn 1963.
Mommsen. Theodor: Römisches Staatsrecht. Bde. I-III. Leipzig 31887-1888.
Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Fünfzehnter
Supplementband. Neue Bearbeitung (1978).
Paulys Realenzyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Siebenter Halbband.
Neue Bearbeitung (1900).
Rosenberger, Veit: Republican Nobiles: Controlling the Res Publica. In: Jörg
Rüpke (Hrsg.): A companion to Roman religion. Malden u.a. 2007, S. 293-303.
Schäfer, Thomas: Imperii Insigna. Sella curulis und fasces. Zur Repräsentation
Römischer Magistrate. Mainz 1989.
Siber, Heinrich: Römisches Verfassungsrecht in geschichtlicher Entwicklung. Lahr
1952.
Sutherland, Carol Humphrey Vivian: The Romans in Spain 217 B. C. – A. D. 117.
New York 1971.
Zimmermann, Klaus: Rom und Karthago. Darmstadt 2005.
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