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Entwicklung einer Strategie zur Senkung der Befallsraten mit dem „Kleinen Fuchsbandwurm“ (Echinococcus multilocularis) in den
Isartalgemeinden Baierbrunn, Icking, Pullach und Schäftlarn
Doroth
Andreas Königea Zannantonio
Bericht
2008
Entwicklung einer Strategie zur Senkung der Befallsraten mit dem
„Kleinen Fuchsbandwurm“ (Echinococcus multilocularis) in den Isartalgemeinden Baierbrunn, Icking,
Pullach und Schäftlarn
Auftraggeber
Bürgermeister der Gemeinden:
Baierbrunn Icking
Pullach Schäftlarn
Auftragnehmer Arbeitsgruppe für Wildbiologie und Wildtiermanagement
Lehrstuhl für Tierökologie TU-München
Am Hochanger 13
85354 Freising
Erstellt durch: Dr. Andreas König
Dorothea Zannantonio
Tel: +49 8161714605 Fax: +498161714615
Mobil: +49 171 1423591 Email: koenig@wzw.tum.de
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Gliederung 1 Einleitung ........................................................................................................ 5 2 Methode .......................................................................................................... 7
2.1 Entwurmungskonzept............................................................................... 7 2.2 Sammlung der Proben ............................................................................. 7 2.3 Untersuchungsmethoden ......................................................................... 8
3 Ergebnisse ...................................................................................................... 9 3.1 Beteiligung der Bürger am Projekt ........................................................... 9 3.2 Köderauslage......................................................................................... 10 3.3 Befallsraten ............................................................................................ 15
4 Bewertung der Ergebnisse ............................................................................ 17 5 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 18
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Auftraggeber Gemeinden Baierbrunn, Pullach, Schäftlarn und Icking vertreten durch die 1. Bür-germeister. Auftragnehmer
Arbeitsgruppe Projekt Fuchsbandwurm bestehend aus: Arbeitsgruppe für Wildbiologie und Wildtiermanagement am Lehrstuhl für Tier-ökologie der Technischen Universität München, vertreten durch Prof. Dr. Rein-hard Schopf;
Projektleitung und Koordination
• Dr. Andreas König, AG Wildbiologie und Wildtiermanagement, TUM;
Projektmitarbeiter • Dr. Thomas Romig, FG Parasitologie der Universität Hohenheim • Dipl. Forst-Ing. Stephani Eggenhofer, Lehrstuhl für Tierökologie der TUM • Dipl. Biol. Dorle Zanantonio, Lehrstuhl für Tierökologie der TUM • Ernst Holzhofer, Flugunternehmen Holzhofer
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1 Einleitung
Seit Anfang der 90er Jahre haben Füchse in mitteleuropäische Städte und Dörfer
als Lebensraum erobert. Sie sind dort vergleichsweise häufig und zeigen nur ge-
ringe Scheu vor dem Menschen. Dies wird durch Berichte von Bürgern auch für
die Gemeinden des Isartals bestätigt.
Gleichzeitig hat die Prävalenz des Kleinen Fuchsbandwurmes (Echinococcus mul-
tilocularis) bei den Füchsen in Süddeutschland erheblich zugenommen. So lag die
mittlere Befallsrate auf dem Gebiet der genannten Gemeinden bei 36% (Risiko-
analyse von 2006). Dieser Bandwurm kann beim Menschen die schwere Erkran-
kung „alveoläre Echinococcose“ auslösen.
Zahlreiche Daten belegen, dass das Erkrankungsrisiko für den Menschen nicht
nur von der allgemeinen Befallsrate, sondern auch von der räumlichen Nähe zu
den übertragenden Tieren (Füchsen) abhängt. Füchse, die im Gemeindebereich
leben, sind daher als besonderes Risiko zu betrachten (König, 2005). Das erhöhte
Risiko wird auch durch die steigende Zahl von Infektionen bei Menschen in den
letzten zehn Jahren belegt (Abbildung 1).
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1992
1993
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1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Krankheitsfälle Mensch (n)
Abbildung 1: Entwicklung der klinischen Krankheitsfälle mit alveolärer Echinococcose in Bayern (Quelle: Echinococcose Register 2007, RKI)
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Durch häufige Sichtkontakte mit Füchsen und die Ungewissheit über deren aktuel-
le Bandwurmbefallsrate fanden sich innerhalb des Projektgebiets eine größere
Zahl beunruhigter Bürger. Aus Vorsorge für die Gesundheit ihrer Einwohner beauf-
tragten die beteiligten Gemeinden nach einer vorherigen Risikoanalyse Dr. Andre-
as König vom Lehrstuhl für Tierökologie der Technischen Universität München
stellvertretend für das Projektteam, eine breit angelegte Entwurmungsaktion
durchzuführen. Das Projekt startete am 1. September 2006 mit Bestandsaufnah-
me von Bürgermeldungen, Aufklärung und Sammlung von benötigten Materialien
wie z.B. Karten. Seit März 2007 werden im Untersuchungsgebiet praciquantelhal-
tige Köder zur Entwurmung der Füchse ausgelegt. Sie werden per Flugzeug und
in den Siedlungsbereichen per Handauslage ausgebracht.
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2 Methode
2.1 Entwurmungskonzept
• Zyklische Köderauslage zur Entwurmung der Füchse seit dem 16. März 2007;
• Regelmäßige Handauslage der Köder innerhalb von Siedlungen durch die Mitarbeiter;
• Außerhalb der Wohnbereiche gleichmäßige Verteilung der Köder durch ein Flugzeug;
• Zur Welpenaufzuchts- sowie zur Ranzzeit zusätzliche Köderausbringung durch lokale Jäger an ihnen bekannten Fuchsbauten;
• Wichtig: flächige und gleichzeitige Auslage der Entwurmungsköder in defi-nierten Intervallen;
2.2 Sammlung der Proben
Nach Erhalt des Projektauftrages wurde in allen Gemeinden durch Presse-
mitteilungen und öffentliche Veranstaltungen auf das Projekt hingewiesen. Hierbei
wurden Jäger, Bürger sowie Polizei und Forstverwaltungen um Unterstützung ge-
beten. Speziell die Jägerschaft wurde noch einmal gesondert aufgefordert, die
Fuchsbejagung zu intensivieren. Die Bürger wurden und werden aufgefordert,
Fuchsbeobachtungen an das Projektteam zu melden. Weiterhin wurden sie um
Unterstützung bei der Auslage von Entwurmungsködern und beim Sammeln von
Fuchskot in ihren Gärten gebeten.
Im Untersuchungsgebiet wurden Sammelstellen für erlegte oder tot aufgefundene
Füchse sowie Fuchskot eingerichtet. In den Gemeinden Schäftlarn und Pullach
stehen Gefriertruhen, in denen die erlegten Füchse und der Kot gesammelt wer-
den. An den Sammelstellen liegen Verpackungsmaterial sowie Einweghand-
schuhe kostenlos aus.
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2.3 Untersuchungsmethoden
Um die Befallsraten der Füchse mit dem Kleinen Fuchsbandwurm feststellen zu
können, werden in diesem Projekt unterschiedliche Methoden angewandt.
• Bei der Abstrichmethode werden die erlegten oder tot gefundenen Füchse seziert und anschließend Abstriche der Dünndarm-Schleimhaut ent-nommen. Es handelt sich hierbei um eine etablierte, evaluierte und zeitspa-rende Methode zum direkten mikroskopischen Nachweis von Echinococcus multilocularis im Darm sezierter Füchse. Nach Entfernung grober Bestand-teile des Inhalts aus dem eröffneten Dünndarm werden 15 Abstriche der Mucosa mit Hilfe von Glas-Objektträgern entnommen. Diese werden auf quadratischen Petrischalen (9 x 9 cm) platziert und unter dem Stereomikro-skop bei ca. 12facher Vergrößerung durchmustert (Deplazes et Eckert, 1996; Eckert et al., 2001). Die Methode erlaubt eine zu 100% spezifische Diagnose, eine semi-quantitative Erhebung der Befallsintensität und die Feststellung des Entwicklungsstadiums der Parasiten (patent – präpatent).
• Bei der Untersuchung des Fuchskotes auf Fuchsbandwurm mittels Polyme-rase-Kettenreaktion (Polymerase Chain Reaction, PCR) werden Kotproben auf genetische Spuren des Bandwurmes untersucht. Der PCR-Prozess be-steht aus einer Anzahl von 12–50 Zyklen, die in einem Thermocycler durchgeführt werden. Zunächst erfolgt die Denaturierung, Trennung des DNA-Doppelstrangs und der Primer durch Erhitzung auf 94–96 °C . An-schließend Primerhybridisierung bei einer Temperatur von 55–65 °C. Nach Polymerisation der Proben Abkühlung der Reaktionsansätze auf 4-8°C über Nacht. Identifizierung der PCR-Produkte mittels Gelelektrophorese.
• Eine weitere etablierte Methode zur Identifizierung von Echinococcus multi-locularis in Fuchskot ist das „Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELI-SA)“ Verfahren. Dieses Verfahren basiert auf einer enzymatischen Farbreaktion. Dabei werden niedermolekulare Verbindungen des Fuchs-bandwurmes mit Hilfe spezifischer Antigen-Antikörper-Reaktionen nachge-wiesen.
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3 Ergebnisse
3.1 Beteiligung der Bürger am Projekt
Das Projekt wurde von den Bürgern im gesamten Gebiet (Abbildung 2) gut ange-
nommen (Tabelle 1).
Abbildung 2: Projektgebiet (rot umrandet) mit Grenzen zwischen den Gemeinden (gestrichelt).
Gleich nach den ersten Pressemitteilungen ging eine relativ große Anzahl an Mel-
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dungen über Füchse in Gärten beim Projektteam aus allen Gemeinden ein. Alle
Melder wurden und werden mit Name und Adresse aufgenommen und auf
Wunsch mit Ködern versorgt. Die Zahl der Bürgermeldungen hat in allen Gemein-
den im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Am intensivsten beteiligen sich die
Bewohner aus Baierbrunn an dem Projekt.
Tabelle 1: Bürgermeldungen nach Gemeinden.
Gemeinde Einwohner Meldungen Prozent Pullach 8715 78 0,90 Baierbrunn 2780 39 1,40 Schäftlarn 5450 15 0,28 Icking 3600 33 0,92 gesamt 20545 165 0.80
3.2 Köderauslage
Mitte März (16.03.2007) startete die Entwurmungsaktion per Flugzeug und Hand-
auslage. Dabei wurden auch Doktoranden, Diplomanden und studentische Hilfs-
kräfte eingesetzt, um schnellstmöglich zu einer vollständigen Deckung des kom-
pletten Gebiets zu kommen.
Außerhalb bewohnter Gebiete werden die Entwurmungsköder mit einem Flugzeug
ausgebracht. Der Abwurf der Köder läuft vollkommen automatisch und wird über
satelliten-gestütztes GPS gesteuert. Dabei werden pro Zyklus ca. 2.000 Köder
verbraucht (Abbildung 3).
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Abbildung 3: GPS-gesteuerter Abwurf von Entwurmungsköder (blaue Punkte und Linien) im
Projektgebiet. Dargestellt sind die Flüge vom 20.1.08 und vom 16.2.08
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Innerhalb der Gemeinden werden die Köder per Handauslage ausgebracht. Be-vorzugt werden zuerst die Gärten der Bürger beködert, die Füchse oder Fuchs-beobachtungen melden. Anschließend werden nach einem vorher festgelegten Raster weitere Beköderungspunkte festgelegt (Abbildung 4 bis Abbildung 7). Auch die Handauslagepunkte werden über GPS aufgenommen und gespeichert, um sie zu späteren Zeitpunkten wieder zu finden.
Abbildung 4: Handauslagepunkte in der Gemeinde Pullach;
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Abbildung 5: Handauslagepunkte in der Gemeinde Baierbrunn;
Abbildung 6: Handauslagepunkte in der Gemeinde Schäftlarn;
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Abbildung 7: Handauslagepunkte in der Gemeinde Icking;
Dabei entfallen auf die Gemeinden je Auslage insgesamt 730 Köder per Handaus-
lage (Tabelle 2) und 2000 Köder per Flugzeug. Zusätzlich werden zur Ranz- und
Welpenzeit fünfmal je 50 Köder an die Jäger verteilt, die diese direkt an ihnen be-
kannten Fuchsbaue auslegen.
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Tabelle 2: Köderbedarf je Auslage;
Gemeinde Ködermenge je Auslange Pullach 300 Baierbrunn 130 Schäftlarn 160 Icking 140 Fluzeug 2000 Jäger (5 mal im Jahr) 50
Summe 730 Das bedeutet, dass alle sechs Wochen auf einer Fläche von ca. 50 km2 ca. 2730
Köder ausgebracht werden. Geplant waren 40 Köder / km2, was einer Gesamtzahl
von gut 2000 Ködern entspricht. Der höhere Köderverbrauch entsteht durch die
Wendeschleifen des Fliegers.
3.3 Befallsraten
Sektion Füchse
Von Jägern und Projektteam wurden bis zum Beginn der Entwurmung im März
2007 73 Füchse im Projektgebiet gesammelt, wovon 21 Füchse Träger des Klei-
nen Fuchsbandwurms waren (Befallsrate 29%). Zwischen März 2007 und Oktober
2007 wurden 9 Füchse seziert. Von diesen waren 2 Füchse Bandwurm positiv
(22% Befallsrate). Seit Oktober 2007 bis Ende November 2008 war bei keinem der 17 untersuchten Füchse der Bandwurm feststellbar. Somit konnte der
Bandwurm bereits ½ Jahr nach Beginn der Entwurmungsaktion im Unter-
suchungsgebiet nicht mehr nachgewiesen werden. I
Die aktuellen Befallsraten liegen bei 0% (Abbildung 8).
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29%
22%
0%0%0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
bis 31.3.2007 1.4.07-30.9.07 1.10.07-31.3.08
1.4.08-30.11.08
Mittlere Befallsrate
Abbildung 8: Entwicklung der Fuchsbandwurmbefallsraten bei Füchsen im Untersuchungs-
gebiet Isartal;
Kotproben Seit Anfang 2007 werden im Untersuchungsgebiet Kotproben gesammelt und e-
benfalls auf den Kleinen Fuchsbandwurm untersucht. In den vier Gemeinden wur-
den 2007 2 positive Kotproben gefunden. Die Befallsrate ermittelt über Kotproben
lag 2007 bei 7%. Beide Kotproben stammen aus dem Frühsommer 2007.
Die meisten Proben stammen aus Pullach. Hier wurde im Juli 2007 eine positive
Kotprobe ermittelt, die Befallsrate lag hier bei 4%.
Auch die Befallraten über Kot ermittelt zeigen im Vergleich zur Ausgangssituation
vor der Entwurmung einen deutlichen Rückgang der Befallsraten im Jahr 2007.
Von Proben aus 2008 liegen noch keine Ergebnisse vor.
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4 Bewertung der Ergebnisse
Mit Hilfe des für die Gemeinden Baierbrunn, Icking, Pullach und Schäftlarn entwi-
ckelten Entwurmungskonzeptes konnten innerhalb eines halben Jahres die Be-
fallsraten von nahe 30% auf 0% gedrückt werden. Damit hat sich im Projektgebiet
das Infektionsrisiko der Bürger deutlich minimiert!
Innerhalb der Gemeinden wird durch die flächige Auslage per Hand sichergestellt,
dass alle Fuchsstreifgebiete beködert werden und somit nahezu alle Füchse mit
Entwurmungsköder versorgt werden.
Der geringe Abstand der Fluglinien außerhalb der Ortschaften garantiert, dass
auch im Wald-Feldbereich alle Fuchsterritorien mit Ködern erreicht werden.
Die Unterstützung bei der Köderauslage an Fuchsbauen im Frühsommer und Win-
ter durch die Jäger ist ein weiterer Baustein, der das entwickelte Konzept erfolg-
reich gestaltet.
Um auch weiterhin den Entwurmungserfolg dokumentieren zu können bitten wir
daher die Jäger uns durch den Abschuss von Füchsen hierin tatkräftig zu unter-
stützten.
Weiterhin bitten wir die Bürger um rege Beteiligung an der Köderauslage sowie
am Sammeln von Fuchskot in ihren Gärten.
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5 Literaturverzeichnis
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