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Elektronische Pflegedokumentation: Qualitätsverbesserung oder Farce?

Prof. Dr. Maria Müller Staub (PhD) Pflegewissenschafterin Pflege PBS Professor Acute Care, ZHAW University, Winterthur

Prof. Dr. M. Müller Staub, Netzwerk Pflegefachsprachen, 2013

Prof. Dr. M. Müller Staub, Netzwerk Pflegefachsprachen, 2013

Zu meiner Person •  Doktorat in Pflegewissenschaft, Universität Njimegen, NL •  Masters in Nursing Science, Universität Maastricht, NL •  Diplom für Supervision/Organisationsberatung •  Berufsschullehrerin Gesundheitswesen, Dipl. Pflegefachfrau

•  Pflege PBS (Projektbegleitung, Beratung und Schulungen)

–  KIS und Elektron. Pflegedokumentation –  Einführung / Forschungsprojekte zu Pflegediagnosen, Pflegedokumentation und Pflegequalität

•  Professorin Acute Care, ZHAW University

Prof. Dr. M. Müller Staub, Netzwerk Pflegefachsprachen, 2013

Ablauf der Präsentation

•  Rechtsgrundlagen KVG/Pflegedokumentation

•  Forschungsergebnisse: E-Dok, Pflege-Qualität

•  Implikationen Praxis, Forschung und IT

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Rechtsgrundlagen

KVG: Art. 25 Kosten von Pflegeleistungen

Art. 32 Voraussetzungen Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachweisen und periodisch prüfen

Art. 34 Umfang...1: .... keine anderen Kosten übernehmen.....

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Rechtsgrundlagen Pflegedokumentation

•  Elemente •  Funktion •  Anforderungen "(Departement des Innern. (2003). Richtlinien des Departements des Innern: Pflege und Betreuungsdokumentation: Departement des Innern Kt. Solothurn)"

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Elemente der Pflegedokumentation

•  Dokumentation der eigenständigen Pflege

•  Gesamter Pflegeprozess

•  Erfassung des Pflegebedarfs und/oder der erbrachten Leistungen (Kostenträger)

•  Alles dokumentieren, was für eine fachgerechte Pflege relevant ist

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Funktion + Anforderungen Pflegedokumentation

•  Drehscheibenfunktion, zentrale Informationsplattform •  Lücken =

Beeinträchtigung der gesamten Behandlungsqualität

•  Die Pflege muss nachvollziehbar sein

•  Was dokumentiert ist, ist getan

•  Nicht dokumentiert = nicht getan !!!

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Probleme der Pflegedokumentation

•  Fehlende Motivation Pflegender, psychosoz. Aspekte zu dokumentieren, ungenaue Ausdrücke

•  Lücken und Inkonsistenzen, stand. P-Pläne ohne Wissen/Reflexion, ohne indiv. Assessments + Planung

•  Routine statt Spezifisches, Individuelles

•  Unexakte Doks, Annahme, man wisse, was es braucht

•  Mehr mündlich als schriftlich (Jefferies, Johnson, & Griffiths, 2010)

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E-Dok = Qualitätsverbesserung?

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Studienresultate E-Doc: Evaluation Pflegequalität (Cochrane Review, Urquhart, Curell, Grant, & Hardiker, 2009)

Metareview, neun randomisierte Trials Sample: 1846 Patienten. Frage: Messbare Differenz in Praxis und Pflege-Outcomes zwischen -  Strukt. Pflege-dok und unstrukturierte Pflege-Dok -  Pflege-Dok mit und ohne formale P-Planung -  Manuelle/handschriftliche und elektronische Pflege-Dok -  Zentral gelagert oder bei Patienten gelagert -  Problem-orientiert oder nicht Problem-orientiert -  Tägliche Verlaufsberichte oder zufällig

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Studienresultate E-Doc: Evaluation Pflegequalität (Cochrane Review, Urquhart, Curell, Grant, & Hardiker, 2009)

Designs: Randomisierte experimentelle Studien (RCTs) Kontrollierte klinische experimentelle Studien Time Series Analyses (Zeitreihen-Analysen) Kontrollierte Vorher-Nachher Designs

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Patientenergebnisse / Dokumentations- ua. Ergebnisse + Ammenwerth:

62% Gesamthaft weniger Dok-Zeit 40% mehr Zeit für Interventionsplanung 60% mehr Pflegediagnosen 11% mehr Ziele, bessere und mehr Interventionen, vollständigere P-Planungen, 40% weniger Zeit für Pflegebericht 100% P-Planungen voll visiert + lesbar, Pflegende gute Akzeptanz E-Dok, Ärzte finden e-Dok wichtig

+ Bosman

1% mehr Pflegeinterventionen 1.3 Min. längere Eintrittsdok-Zeit 30% bessere Dokumentation 29.5% weniger Dok-Zeit pro Tag.

Aber: 6.5% längere Übergabezeit 1.5 Min. längere Zeit für P-Bericht

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+ Daly: Längere Dok-Zeit, aber 37.5% mehr Pflegediagnosen 144.4% mehr Pflegeinterventionen 47.8% häufiger ADL-Index erfasst 25% mehr Schmerzscores, 4.3 weniger Minimentalstates.

+- Elbourne: 1Std. wöchentlich weniger Dok-Zeit

7% weniger untergewichtige Geburten, 16% weniger Blockanästhesien 12% weniger Frühgeburten 31% bessere Information während Schwangerschaft 14% bessere Kommunikation mit Pflegeteam 19% bessere Selbstkontrolle Schwangerschaft 0.64% weniger Todgeburten 26% bessere Einstellung zu Geburt 76% Gesamthaft möchten dasselbe Angebot wieder

Aber 7% mehr instrumentierte Geburten, 47% verlängerte Geburten 7% mehr Frühgeburten 191% mehr Kindstode 23% weniger Frauen, die stillten 3.8% mehr Unzufriedenheit mit Betreuung, Väter weniger einbezogen, weniger zufrieden mit Wochenbettpflege.

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+ From: LOS kürzer um 2.9 Tage

Behandlungsbedarfe besser vorausgesagt um 60%, weil exaktere Dok + Lakhani: Impfungen zT verschlechtert, aber gesamthaft mehr Impfungen

durchgeführt/erfasst + Lowell: 22.5% weniger Kaiserschnitt vs Normalgeburten

1.8% weniger Todgeburten 13% bessere SZ-Kontrolle 53% weniger untergewichtige Babies 8.2 % Mütter rauchen weniger 10% mehr Stillen 42% Frauen besser einbezogen, 4.9 hatten weniger Angst vor Geburt. Aber: Mütter aber 97% unzufriedener mit selber Dok haben/führen 21% fanden dies mühsam, weil sie Dok nicht verstehen.

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+- Spranzo 6.7 % weniger Dok-Zeit, bessere Gesundh-Beratungen, Pflegende zufriedener mit Dok 0.6%, Pflegende wollen Arbeit behalten 1.52% finden d-Dok besser 1.3% insgesamt zufriedener 7.6%, weniger Krankheitstage Pflegende.

Aber: Nicht mehr Einbezug von Pflegenden im interdiszp. Team, Patienten nicht bessere Zufriedenheit mit Pflege, keine erhöhte Selbstpflegefähigkeiten, nicht besseres Wissen der Pat zu Selbstpflege, nicht weniger LOS, -3.2% mit E-Dok Einsatz unzufrieden, Pflegende melden Verschlechterung der Dok.

+ Stevens

39% besseres Schmerzerfassung bei Kindern 42% mehr SZ-Mittelgaben 129% bessere Gesamtdosen an Sz-Mitteln verabreicht

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Zusammenfassung (Cochrane Review, Urquhart, Curell, Grant, & Hardiker, 2009)

Resultate mehrdeutig: 5  Studien: positive Effekte auf Patienten-Outcomes Zugleich in 5  Studien: positive Effekte = verbesserte Pflegedokumentation, mehr Pflegediagnosen, Ziele und –Interventionen, exaktere, umfassendere Pflege-Prozessplanung und Durchführung 1  Studie: neg. Effekte: Mehr Kindstode, Betreuung Mütter

schlechter, Unzufriedenheit mit Pflege, weniger gestillt, Pat. wollen Dok nicht selber führen, Dok tw länger, tw keine inhaltliche, pflegerischen Verbesserungen

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Diskussion – Fragen: (Cochrane Review, Urquhart, Curell, Grant, & Hardiker, 2009)

Was sagen diese Resultate? Keine nursing-sensitive Outcomes, kein Fokus auf P-Klassifikationen, 1 Studie mit NNN

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Einstellung & Erfahrungen Pflegender

Laramee, Bosek, Shaner-McRae & Powers-Phaneuf, 2012: Pflegende nicht zufriedener, schlechtere Einstellung zu E-Dok als vor Einführung (p= 0.0001) = Ohne Pflegeklassifikationen, System unvollständig

Estrada & Dunn, 2012: NANDA-I Diagnosen, NIC Interventionen in EHR: PD vorhanden, P-Plan ist besser, Pflege besser, P-Planung ist leicht (p= <.05), P-Dok genauer (p= <.0001). Pérez Rivas, Santamaria Garcia, Miguet Arenas, Deamud Lagos, & Garcia Lopez: 42 Spitäler, P-Prozess: Gordon Assessment, NANDA-I,NIC & NOC: 90% Qualitätsindikator erreicht, Outcomes 81.5 % erreicht

Erfolgsfaktoren •  NNN, Einführung, Schulung + Support •  Verständnis für P-Prozess •  Verbesserte, klinische Entscheidungsfindung •  Erhöhtes kritisches Denken •  Umfassendes Assessment, exakte P-Diagnosen,

wirksame Interventionen, erhöhte Patienten-Ergebnisse Nilsson & Willman, 2000; Björvell et al., 2002, Florin et al., 2005; Müller-Staub et al., 2007, 2008b)

•  Weniger Adverse Events, bedingt: EBP-Standards = Klassifikationen (Zegers et al., 2011)

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Literatur belegt: Mittels theoriegeleiteter, standardisierte Pflegediagnostik = - Genauere Pflegebedarfserhebung - Wahl wirksamerer Pflegemassnahmen -  Erhöhte Patientenergebnisse (Björwell et al, 2002; Curell & Urquart 2003; Daly 2002; Müller-Staub 2007; Müller-Staub et al. 2007, 2008; Nahm & Poston 2000)

-  Pflegende: Signifikant besseres Wissen -  Signifikant höhere Zufriedenheit

- Häufigkeit Pflegediagnosen und - outcomes -  Stellenplanberechnungen -  Grade und Skill-Mix (Keenan et al, 2008)

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Literatur belegt: „HANDS“ NNN e-Dok in 8 Spitälern: 40‘747 Datensets - 100% Pflegende: Training (1, resp. 2 Jahre) -  78-92% brauchten E-Dok bei jedem Schichtwechsel -  Reliabilität gut, Anpassungen P-Plan (Pflegediagnosen, -

interventionen, NOC-Ergebnisse) Wahl wirksamerer Pflegemassnahmen

-  Erhöhte Patientenergebnisse anhand NOC Indikatoren, wirksame Pflegeinterventionen, mit Pflegediagnosen richtig verbunden (Keenan et al, 2012)

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Fazit: Elektronik allein reicht nicht, aber....... •  Spezifisches Pflegeassessment (NNN-Klassen),

führt direkt zu Pflegediagnosen

•  NANDA - I Pflegediagnosen (Taxonomie voll integriert, codiert, PES-Format)

•  Pflegeziele und -interventionen sind verknüpft mit Pflegediagnosen (Doenges et al., 2003/2013)

•  Evaluation P-Prozess ist gegeben (Ammenwerth 2001/2003; Bakken 2005; Delaney 2000; Doenges et.al, 2008; Fischer 2006; Lunney, 2008; Müller-Staub, 2007/2008; Welton 2005/2008)

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Fazit: Elektronik allein reicht nicht, aber....... Pflegende brauchen

•  Kritische Denken und klinische Entscheidungsfindung

•  Ressourcen (Bücher NANDA-I, Gordons Assessment, gute Dok-Struktur und PES-Format (Paans, Nieweg, van der Schaans, & Sermeus, 2011)

•  Sollten mehr auf Genauigkeit der PD achten (Wang, Hailey, & YU, 2011)

Prof. Dr. M. Müller Staub, Netzwerk Pflegefachsprachen, 2013

Schlussfolgerungen •  Schulung + Anwendung internationaler Pflegeklassifikationen

•  Genaue Pflegeprozess-Dokumentation

•  Vollständig vernetzte, elektronische Pflegedokumentation inkl. NNN Klassifikation

•  Intelligente Expertensysteme (Odenbreit, 2009; Hook et al, 2009)

Wissenschaftliche Wirkungsnachweise = KVG

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Danke für Ihr Aufmerksamkeit!

Fragen muellerstaub@me.com www.pflege-pbs.ch

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