diplomarbeit - die rolle des meisters in neuen ansätzen der lohn- und leistungspolitik
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DIE ROLLE DES MEISTERS IN NEUEN ANSTZEN
BETRIEBLICHER LOHN- UND LEISTUNGSPOLITIK
AM BEISPIEL EINES DEUTSCHEN
AUTOMOBILUNTERNEHMENS
12-Wochen-Arbeit im Rahmen der Prfung fr Diplom-
Sozialwirte an der Universitt Gttingen
vorgelegt 21. Dezember 2005
von Matthias Glebe
aus Kassel
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 2
Verzeichnis der Abbildungen..................................................................................................... 3
1. Einleitung ............................................................................................................................... 4
TEIL A: Literaturauswertung ......................................................................5
2. Aktuelle Diskussionen und Tendenzen betrieblicher Lohn- und Leistungspolitik ................ 5
2.1 Das klassisch-tayloristische Prinzip der Lohn- und Leistungspolitik .............................. 6
2.2 Reorganisation betrieblicher Strukturen als Triebkraft fr Vernderungen der Lohn- und
Leistungspolitik ................................................................................................................. 8
2.2.1 Dezentralisierung und Vermarktlichung ................................................................. 10
2.2.2 Kooperation und Vernetzung .................................................................................. 11
2.3 Aktuelle Debatten infolge der Reorganisationsprozesse................................................ 12
2.3.1 Retraditionalisierung und Leistungsbezug.............................................................. 14
2.3.2 Zwischenergebnis Lohn- und Leistungspolitik ....................................................... 15
3. Die Rolle des Meisters in der deutschen Groindustrie ....................................................... 16
3.1 Eine Annherung an die Figur des Meisters .................................................................. 16
3.2 Rollenwandel des Meisters durch neue Produktionskonzepte ....................................... 20
3.2.1 Die Meister und Gruppenarbeit ............................................................................... 20
3.2.2 Fhrung durch Zielvereinbarung............................................................................. 23
3.2.3 Die Zukunft des Meisters ........................................................................................ 24
3.3 Zusammenfassung: Die Rolle des Meisters in der Literatur .......................................... 28
TEIL B: Die Fallstudie AutoAG .................................................................29
4. REZEI Ein neues Instrument der Lohn- und Leistungspolitik in einem deutschen
Automobilunternehmen......................................................................................................... 29
4.1 Reorganisation in der AutoAG....................................................................................... 29
4.2 Lohn- und Leistungspolitik in der Auto AG .................................................................. 30
4.3 REZEI ein neues Arrangement in der Leistungspolitik .............................................. 31
5. Vorgehensweise und Systematik der Evaluation................................................................. 35
6. Die Erfolgsfaktoren von REZEI........................................................................................... 38
7. Einflussfaktoren der Meisterrolle ......................................................................................... 42
7.1 Eigenes Auswertungskonzept ........................................................................................ 42
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7.2 Rahmenbedingungen fr die Definition der Meisterrolle .............................................. 43
7.2.1 Die Werke und ihre Umsetzungsvarianten von REZEI .......................................... 43
7.2.2 Markt und Rationalisierung..................................................................................... 47
7.2.2.1 Die Bedeutung des Marktes aus Sicht des Managements................................ 47
7.2.2.2 Die Restandardisierung der manuellen Fertigung............................................ 48
7.2.2.3 Der Zusammenhang von REZEI und Rationalisierung.................................... 50
7.2.3 Die Beteiligung der Arbeiter................................................................................... 53
7.2.3.1 Einbindung der Arbeiter in Rationalisierung ................................................... 53
7.2.3.2 Grenzen der Beteiligung im REZEI-Prozess ................................................... 55
7.2.3.3 Gruppenarbeit, REZEI-Prozess und Meister.................................................... 57
7.2.3.4 Vorbildfunktion REZEI/Bonus ........................................................................ 63
7.2.4 Die Rollendefinitionen des Meisters....................................................................... 64
7.2.4.1 Vorstellungen von der Meisterrolle.................................................................. 65
7.2.4.2 Die Zukunft der Meisterrolle im Werk Motor ................................................. 67
7.3 Das Selbstbild der Meister von ihrer Rolle .................................................................... 68
TEIL C: Ergebnisse und Ausblick..............................................................72
8. Ergebnisse: Die Rolle des Meisters am Beispiel REZEI ..................................................... 72
9. Ausblick ............................................................................................................................... 75
Anhang ..................................................................................................................................... 77
Literaturverzeichnis.................................................................................................................. 78
Verzeichnis der Abbildungen
Abbildung 1: Verhandlungsschema REZEI
Abbildung 2: berblick ber die Einflussfaktoren von REZEI
Abbildung 3: Verteilung der Einflussfaktoren: Werksvergleich
Abbildung 4: Erfahrungen mit betrieblicher Rationalisierung
Abbildung 5: REZEI Folie des SOFI: Arbeitssituation Meister
Abbildung 6: REZEI Folie des SOFI: Bewertung REZEI Konzept
Abbildung 7: REZEI Folie des SOFI (anonymisiert): Niveau Gruppenarbeit
Abbildung 8: REZEI Folie des SOFI (anonymisiert): Beteiligungsniveau REZEI
Abbildung 9: Das Idealbild der Meister von ihrer Rolle (Meisterideal)
Abbildung 10: Zusammenhang zwischen Ttigkeitsprofil und Meisterideal
Abbildung 11: Zusammenhang Meisterideal und Sinn Leistungsvereinbarung
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1. Einleitung
Die Rolle der Meister in der deutschen Groindustrie, speziell in der Automobilindustrie, hat
sich seit Anfang der 1980er Jahre stark verndert. Sptestens seit der Einfhrung neuer
Produktionskonzepte infolge der Lean Production Debatte (Womack et al. 1991) haben sich
die Arbeitsaufgaben der Meister zum Teil deutlich vom tayloristischen Rollenbild entfernt.
Durch die Einfhrung neuer Produktionskonzepte standen auch die traditionellen Formen der
Lohn- und Leistungspolitik zu Debatte.
In der vorliegenden Arbeit wird, anknpfend an eine Evaluation des Soziologischen
Forschungsinstitutes an der Universitt Gttingen (SOFI), die Rolle des Meisters in neuen
Anstzen betrieblicher Lohn- und Leistungspolitik am Beispiel eines deutschen
Automobilunternehmens untersucht. Die Meister in dem evaluierten Automobilunternehmen
sind durch eine Betriebsvereinbarung Mittelpunkt des Aushandlungsprozesses von Leistung
geworden. Sie mssen Leistung nun entgegen der klassischen Rolle mit ihren Mitarbeitern
vereinbaren. Das Ziel dieser Arbeit ist es aufbauend auf den Debatten um Lohn- und
Leistungspolitik, sowie den Untersuchungen zur Zukunft und Rolle des Meisters, die Rolle
des Meisters innerhalb des neuen Konzeptes der Leistungsvereinbarung herauszuarbeiten und
mgliche Entwicklungstendenzen der Meisterrolle zu identifizieren.
Fr die Identifikation der entscheidenden Rahmenbedingungen der Rollenbeschreibung des
Meisters in dem Fallbeispiel AutoAG, wird im Teil A dieser Arbeit die Literatur zu den
Debatten um betriebliche Lohn- und Leistungspolitik (Kapitel 2) und zu der Rolle des
Meisters in der deutschen Groindustrie (Kapitel 3) ausgewertet. Im Teil B der Arbeit wird
dann die Fallstudie AutoAG mit ihrem neuen Instrument der Lohn- und Leistungspolitik
vorgestellt (Kapitel 4). Darauf aufbauend wird die Vorgehensweise und Systematik, der dieser
Arbeit zugrundeliegende Evaluation, beschrieben (Kapitel 5). Auf Basis der in Teil A
identifizierten Rahmenbedingungen und den Ergebnissen des SOFI zu den Einflussfaktoren
einer erfolgreichen Umsetzung des Leistungsvereinbarungsprozesses (Kapitel 6), wird das
empirische Material hinsichtlich der Einflussfaktoren auf die Rolle des Meisters untersucht
(Kapitel 7) und in Teil C zu einem Bild von der Rolle des Meisters verdichtet (Kapitel 8).
Anschlieend wird ausgehend von den aktuellen Entwicklungen in der AutoAG und der
stattfindenden Diskussionen in der Literatur, auf mgliche Entwicklungstendenzen der
Meisterrolle in der Lohn- und Leistungspolitik eingegangen (Kapitel 9).
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TEIL A: Literaturauswertung
2. Aktuelle Diskussionen und Tendenzen betrieblicher
Lohn- und Leistungspolitik
Die Rolle des Meister in neuen Anstzen der Lohn- und Leistungspolitik kann nur vor dem
Hintergrund der aktuellen Vernderungsprozesse in der deutschen Groindustrie und
Diskussionen innerhalb der wissenschaftlichen und gewerkschaftlichen Auseinandersetzung
um gute Lohn- und Leistungspolitik eingeschtzt und bewertet werden.
Die Auseinandersetzung um Lohn- und Leistung zwischen Management, Betriebsrten,
Gewerkschaften und Beschftigten ist kein neues Phnomen, sondern wird seit Anbeginn der
industriellen Massenfertigung gefhrt (Vgl. hierzu ausfhrlich Stahlmann 1993).
Das Verhltnis von Lohn und Leistung bewegt sich auch heute noch grundstzlich in einer
Grauzone (Bargmann 2004), da weder im unbestimmten Arbeitsvertrag noch im
Tarifvertrag die geleistete Arbeit als Ergebnis der Ttigkeit nach genauer Art, Gte und
Menge spezifiziert werden kann. Es bedarf also einer Leistungspolitik im Betrieb, die diese
unbestimmten Leistungsmastbe verbindlich regelt. Leistungspolitik umfasst alle
Austauschverhltnisse zwischen Unternehmen und Beschftigten, die das Verhltnis von
Lohn und Leistung im weitesten Sinne betreffen, besonders im Hinblick auf die damit
verknpften rechtlichen, tarifvertraglichen, disziplinarischen und moralischen Aspekte.
Magebliche Akteure sind das Management, der Betriebsrat, die Beschftigten und auch der
Meister, wie sich im Laufe dieser Arbeit noch zeigen wird. Die Festlegung eines
Leistungsmastabes funktioniert nicht rein rational, wie die folgende Aussage von Menz
(2005) verdeutlicht:
Betriebliche leistungspolitische Systeme sind [daher auch M.G.] nicht einfach
technisch-organisatorische Regelwerke, die zweckrational ein bestimmtes
Arbeitsverhalten hervorrufen (etwa durch entsprechenden Lohnanreiz); sie beinhalten
immer auch begrndungspflichtige Forderungen nach bestimmten Leistungen, sie
konstituieren qualitative und quantitative Ansprche an die Beschftigten, sie definieren
Mastbe, an denen Leistung gemessen und beurteilt wird. Offen oder implizit bezieht
sich Leistungspolitik dabei auf Begrndungsmuster, was eine angemessene,
erwartbare Leistung sein kann und darf. (69)
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Und gerade die Auseinandersetzung um angemessene, erwartbare Leistung ist in den 90er
Jahren wieder obwohl sie natrlich nie ganz verstummt war neu entfacht worden. Neue
Managementstrategien und Rationalisierungskonzepte gaben der Debatte eine neue Dynamik.
Sie hatten eine Erosion fordistischer-tayloristischer Organisationsformen zur Folge und
machten so auch einen neuen Bewertungsmastab fr Lohn- und Leistung erforderlich (Vgl.
Dhl et al. 2000, 7, Sauer 2005, 180).
2.1 Das klassisch-tayloristische Prinzip der Lohn- und
Leistungspolitik
Um die Reichweite der Vernderungen einschtzen zu knnen bedarf es zunchst einer
kurzen Einfhrung in die tayloristische Denkweise. Die Grundzge der von Taylor (1983)
geprgten wissenschaftlichen Betriebsfhrung umfassen seit ihres Aufkommens Ende des
19. Jahrhunderts als wesentliche Charakteristika:
die radikale Trennung von Planung und Ausfhrung der Arbeitsverrichtung, die
Trennung von direkten und indirekten Arbeiten, die Zerlegung von ganzheitlichen
Arbeitvollzgen und die Vorausbestimmung der vom Arbeiter auszufhrenden
Detailoperationen mittels Zeit- und Bewegungsstudien, die radikale Verkrzung der
Anlernzeiten und damit insgesamt die Transformation von Fhigkeiten und Fertigkeiten
der Arbeiter in brokratisch-technische Ablaufschemata durch das Management.
(Stahlmann 1993, 25)
Im tayloristischen Denkmuster wird Leistung als eindimensionale Gre definiert. In der
Regel ist diese Gre die individuell zurechenbare Mengenleistung (auch Pensum genannt),
die ein Arbeiter produziert. Leistung gilt als mess- und quantifizierbar, denn nur das Ergebnis
der Arbeitskraftverausgabung gilt als Leistung; das heit, die Arbeitsanstrengung
materialisiert sich im Ergebnis. Aspekte der Arbeitskraftverausgabung, die nicht in dem
individuell zurechenbaren Mengenergebnis zum Ausdruck kommen, werden nicht
bercksichtigt. Als Gradmesser fr eine zu vergtende Leistung gilt also auch nur derjenige
Teil des Produktes, der direkt auf die individuell zurechenbare Arbeitskraftverausgabung der
Beschftigten zurckfhrbar ist. Der Arbeiter wird also nur fr die Ausfhrung der Arbeit (die
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Handarbeit) bezahlt, der planerische Anteil am wirtschaftlichen Ergebnis (die Kopfarbeit)
gehrt dem Unternehmen. Die Normalleistung, daher das Pensum, welches ein Arbeiter
durchschnittlich zu erbringen hat, unterliegt der Vorstellung einer allgemein-menschlichen
Leistungsfhigkeit, die unabhngig von der konkreten Arbeitsttigkeit, dem betrieblichen
Kontext und dem jeweiligen Leistungstrger bestimmbar ist. (vgl. Menz, Siegel 2001, 134)
Mehrleistung wird im klassischen Taylorismus nur durch extrinsische Motivation, sprich
Leistungslhne, erreicht. Als Anreiz fr Leistungen oberhalb des vom Management
vorgegebenen Pensum sind von Taylor (1983, 129) Geldprmien vorgesehen worden.
Nach wie vor ist der Leistungslohn in Form von Akkord- und Prmienlohn in den
Grounternehmen der westdeutschen Automobilindustrie der dominante Grundsatz der
Entgeltdifferenzierung. Unter den verschiedenen Akkordlohnformen fr Akkordarbeiter
dominiert heute der Zeitakkord (Tullius 2004, 58).
Die betriebliche Kalkulation dieser Leistungsgren und die Ermittlung der individuellen
Leistung erfolgt nicht in Geldwerten, sondern in Zeiteinheiten. Dies soll dazu fhren, dass
sich die Leistungsdiskussion innerhalb eines Betriebes versachlicht und frei von
Lohnauseinandersetzungen bleibt. Die grundstzlich politischen Lohnauseinandersetzungen
sollen nur auf Tarifebene zwischen den Tarifparteien gefhrt werden, auf betrieblicher Ebene
soll diese Diskussion jedoch hinter vermeintlichen Sachgesetzlichkeiten verborgen bleiben
und lohnpolitisch neutralisiert werden (Menz, Siegel 2001, 135).
Die Definition der Normalleistung beruht auf arbeitswissenschaftlichen
Berechnungsmethoden. Hierbei dominierend ist die REFA-Methode1, die ohne Aussagen
ber den konkreten Geldwert der Leistung auskommen. 2 Dadurch sollen die eben genannten
Verteilungsfragen ausgeblendet werden. In Betrieben entstanden so im Zuge der Umsetzung
tayloristischer Arbeitskonzepte Abteilungen fr Leistungskalkulation , Leistungsberechnung
und Leistungsmessung, die auf Basis der Berechnungsmethoden Vorgabezeiten ermittelten.
Der Geldwert einer Leistung wird nach diesen Methoden aus dem Verhltnis von Grundlohn
und der in Zeiteinheiten kalkulierten Leistung bestimmt.
Gemeinsamer Nenner aller Facetten des tayloristischen Leistungsbegriffs ist der
Arbeitskraftbezug der Leistung. Es drfen nur unmittelbar auf das Leistungsverhalten oder 1 Die Abkrzung REFA steht fr den 1924 von Metallarbeitgebern gegrndeten Reichsausschu fr Arbeitszeitermittlung, der seit 1951 unter REFA-Verband fr Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung e.V. firmiert und von den Unternehmen finanziert wird. Der Verband betreibt systematisch Arbeits- und Zeitstudien. (vgl. Tullius 2004, 59) 2 Laut Tullius (2004, 59f.) dominiert unter den verschiedenen Akkordlohnformen der Zeitakkord, wobei einer zu produzierende Stckzahl eine z.B. nach der REFA-Methodenlehre wissenschaftlich ermittelte Vorgabezeit zugeordnet wird. Die Verausgabung von Arbeitskraft soll nach dem Programm der REFA-Leistungsermittlung durch Messen und Zhlen von Leistungsergebnissen quasi naturwissenschaftlich erfasst werden (...). (Schettgen 196: 194; zitiert nach Tullius 2004, 59)
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das Leistungsergebnis bezogene Kriterien bei der Leistungsbewertung bercksichtigt werden.
Durch berindividuelle Standardisierung und Normierung, soll Leistung objektiv messbar
gemacht werden und so die Gleichbehandlung aller Beschftigten garantieren. Der
unmittelbare Arbeitskraftbezug schliet den Einfluss von Faktoren, die auerhalb der
beeinflussbaren Reichweite der Beschftigten liegen, aus. (vgl. Menz 2005, 70)
2.2 Reorganisation betrieblicher Strukturen als Triebkraft fr
Vernderungen der Lohn- und Leistungspolitik
Das klassische Modell der Lohn- und Leistungspolitik war nie stabil und frei von
Abwandlungen durch die Unternehmen. Doch die grtenteils bereits in den 1980er Jahren
von der Wissenschaft diskutierten Anstze, fanden nun in den 1990er Jahren eine breite
Rezeption, die klassisch-tayloristischen Formen der Lohn- und Leistungspolitik standen
endgltig auf den Prfstand (Breisig 2003, 92). Gerade die in den 1990er Jahren einsetzende
Welle einer radikalen konomisierung hat, so Dhl et al. (2000, 7f.) getragen von dem
wachsenden Einfluss kurzfristiger Renditeinteressen international operierender Kapitalanleger
(Shareholder) auf realwirtschaftliche Prozesse und untersttzt von einer neoliberalen
Gesamtstrmung eine neue Qualitt in die Reorganisation gebracht. Die Humanressource,
also die in der Persnlichkeit der Arbeitskrfte begrndeten Arbeits- und Leistungspotentiale
sollte nun einer breiteren Nutzung durch die Unternehmen zugnglich gemacht werden.
Mit der Entdeckung der neuen Produktionskonzepte wurden aber auch auf Seiten der
Arbeitnehmervertreter und der Arbeits- und Industriesoziologie neue Hoffnungen geweckt die
tayloristische Arbeitsorganisation zu berwinden und die in den 1980ern entwickelten
Leitbilder der Aufwertung von Produktionsarbeit (Kern, Schumann 1984) flchendeckend
umzusetzen, wie auch folgendes Zitat von Drre (2001) verdeutlicht:
[...]die Entdeckung der neuen Produktionskonzepte [wirkte M.G.] wie ein Katalysator
fr Erwartungen, Ansprche und experimentelle Arbeitspolitiken von betrieblichen
Praktikern, die nach einer Alternative zum Taylorismus suchten. (37)
Laut Schumann (2004 im Vorwort zu Kuhlmann et al., 15) konnte im Trendreport
Rationalisierung 1994 nachgewiesen werden, dass die Industriearbeit durch die Kombination
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von zwei betrieblichen Strategien einem fundamentalen Wandel unterworfen wurde. Und
zwar durch den massiven Einsatz flexibler Automation sowie durch konsequente
arbeitsorganisatorische Integration von indirekten und direkten Aufgaben. Insofern knne in
den 1980er Jahren die These der neuen Produktionskonzepte durchaus besttigt werden. Die
neuen Formen der Arbeitsorganisation waren mit dem engen tayloristischen Leistungsbegriff
nicht mehr zufriedenstellend zu bewerten.
Die Unternehmen versprachen sich von den neuen Produktionskonzepten mit
Bandentkopplung und Gruppenarbeit einen ganzheitlicheren Zugriff auf das
Produktivittswissen der Beschftigten (vgl. Springer 1997, 7), dies verlangte aber auch
differenziertere Formen der Leistungsbewertung (vgl. z.B. Breisig 2003, 92ff.). Jedoch stellt
Schumann (Kuhlmann et al. 2004, 15) auch fest, dass es gerade in den manuellen Bereichen
der Montagen schwer war das Erbe Taylors und Fords los zu werden.
Der Taylorismus wurde, wie Schumann darstellte, nicht berall durch die neuen
Produktionskonzepte berwunden. Denn gerade in den Montagebereichen der
Automobilindustrie mit ihren nach wie vor kurz getakteten Arbeitsschritten dominierte
Anfang der Neunziger immer noch die traditionelle Arbeitspolitik. Auch in den
Gruppenarbeitsformen bildete sich bis Mitte der 1990er eine Polarisierung zwischen
strukturinnovativer und strukturkonservativer Gruppenarbeit heraus (ebd., 17).
Zudem wrden nach Tullius (2004, 60ff.), die traditionellen Entlohnungsformen eine
erstaunliche Stabilitt zeigen (vgl. auch Ehlscheid 2001, 117). Tendenziell wrden sie aber
anderen Formen der Leistungsentlohnung Platz machen, denn sowohl von Seiten der
Arbeitgeber, als auch von Seiten der Gewerkschaften wrden die berkommenen Formen der
Leistungsregulation und Entlohnung freilich aus unterschiedlichen Grnden als
revisionsbedrftig erachtet. Fr die Arbeitgeberseite stehe dabei im Vordergrund, dass sich im
Laufe der Jahre, auch durch weitreichende tarifpolitische Regelungen berwiegend ein fester
Verdienstgrad beim Akkord etabliert habe und so die betriebliche Kontrolle ber die
Leistungsverausgabung zumindest zum Teil eingebt wurde. Zudem stoe der
Akkordlohngrundsatz auch in traditionellen Formen der Betriebs- und Arbeitsorganisation
durch die technische Weiterentwicklung in den Betrieben an ihre Grenzen. Gerade in
automatisierten Arbeitssystemen sei durch die starren Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten,
kein individuell langsameres oder schnelleres Arbeiten mglich.
Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter erfassen die klassischen Leistungslhne die mit neuen
Formen der Arbeitsorganisation verbundenen erweiterten Qualifikationsanforderungen
aufgrund ihres allein oder berwiegend quantitativen Anforderungs- und Leistungsbegriffs
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nur sehr unzureichend. Die von den Beschftigten in den vernderten arbeitsorganisatorischen
Strukturen abverlangten Qualifikationen wrden von den etablierten Steuerungsgren nicht
erfasst und entzgen sich somit einer Regulierung durch die Interessenvertretung. Zum
Anderen sei der Akkordlohn in all jenen Fllen auch aus Beschftigtensicht problematisch, in
denen der Akkord eingefroren wurde, denn in solchen Fllen wirkten sich die mit neuen
Arbeitsformen einhergehenden Leistungsverdichtungen nicht in hherer Entlohnung aus
(Bender 1997; Ehlscheid et al. 2001; Tullius 2004)
Wesentliche gemeinsame Merkmale der Reorganisationskonzepte, die nach Meinung von
Dhl et al. (2000) auch die neue Qualitt der Reorganisation ausmachen sind
Dezentralisierung, Vermarktlichung, Kooperation und Vernetzung.
2.2.1 Dezentralisierung und Vermarktlichung
Im Kern ist Dezentralisierung die organisatorische Desintegration hierarchisch strukturierter
Unternehmenskomplexe, also die Segmentation und Isolierung bislang integrierter und/oder
funktional aufeinander bezogener Prozesse und eine grundstzliche Neuschneidung der
betrieblichen Arbeitsaufgaben (Sauer, Dhl 1997, S 23, zitiert nach Dhl et al. 2000, 8).
Ausdruck der Dezentralisierung sind produkt- bzw. kundenbezogene Entflechtungen
und Bildung entsprechender divisions oder (Profit-)Center. Dabei werden Kompetenzen,
Entscheidungsbefugnisse und Geschftsverantwortlichkeiten von zentralen Instanzen
auf ausfhrende Stellen verlagert, denen damit eine neue Autonomie und
Eigenverantwortung bertragen wird. Es geht darum, die dezentralisierten
organisatorischen Einheiten einerseits unmittelbarer, d.h. ohne Vermittlung zentraler
Funktionsbereiche (wie etwa dem Ein-/Verkauf) den Anforderungen und Zwngen des
Marktes auszusetzen (Tullius 1999) und andererseits auch die internen Beziehungen auf
der Basis marktfrmiger Austausch und Konkurrenzmechanismen (Benchmarking,
Verrechnungspreise, Abnehmer-Kunden-Beziehungen) neu zu organisieren.
Vermarktlichung meint also: die Hereinnahme des Marktes in die Unternehmen,
marktliche Sanktion anstelle hierarchischer Kontrolle (marktorientierte Anreizsysteme),
faktische oder fiktive Konkurrenz von Unternehmenseinheiten. Die Prozesse der
Dezentralisierung und Vermarktlichung bilden dabei auch einen gleichsam
objektivierten Bezugsrahmen fr die Entscheidungen ber Auslagerung oder Verkauf
einzelner Funktions- oder ganzer Unternehmensbereiche (outsourcing, downsizing)
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und damit auch fr die Bestimmung der Leistungstiefe und dessen, was als sog. Cash-
cow in der Nutzung der Kernkompetenzen im Unternehmen verbleibt.
(Dhl et al. 2000, 8)
Tullius (2004, 44) unterscheidet hierbei noch zwischen echter und unechter bzw. echter
und simulierter Vermarktlichung, wobei die echte Vermarktlichung die ffnung des
Unternehmens in den Markt bedeutet, bei der Unternehmensteile als rechtlich und
wirtschaftlich selbstndige Tchter ausgegliedert werden. Die Austauschbeziehungen werden
zumindest formal vollstndig ber Marktkontrakte und Marktpreise realisiert. Die unechte
bzw. simulierte Vermarktlichung kennzeichnet eine organisatorische Segmentierung bei der
die betrieblichen Teileinheiten aber nach wie vor stark voneinander abhngig sind und ein
unmittelbarer Marktzugang hchstens teilweise besteht. Es wird hierbei versucht mit quasi
marktlichen Prozessen, zum Beispiel der Schaffung von Profitcentern oder internen Kunden-
und Lieferantenbeziehungen die Koordinationsmechanismen des echten Marktes zu
simulieren. Tullius (2004, 45) stellt fest, dass eine Strategie der echten Vermarktlichung in
der hier im Mittelpunkt stehenden Automobilindustrie bisher nicht verfolgt wurde.
Es bleibt also festzuhalten, dass Dezentralisierungsversuche die Antwort der Unternehmen auf
die Mrkte sind, sie wollen Organisationsstrukturen schaffen die in der Lage sind, auf
Schwankungen der Kapital- und Nachfragemrkte zu reagieren.
2.2.2 Kooperation und Vernetzung
Dhl et al. (2000) sehen Kooperation und Vernetzung, neben Dezentralisierung und
Vermarktlichung als eigenstndige gegenlufige Reorganisationstendenz auf
Unternehmensebene. Bislang unabhngige Unternehmen wrden in einem bergreifenden
Produktions- und Dienstleistungszusammenhang integriert um gemeinsame Synergieeffekte
zu erschlieen. Die daraus entstehenden Unternehmensnetzwerke stellen intermedire Formen
zwischen Organisation und Markt dar und knnen, als Antwort auf die negativen Folgen der
Dezentralisierung und Vermarktlichung fr die Unternehmen und zugleich als deren Grenzen
interpretiert werden. Auf betrieblicher Ebene uert sich Kooperation und Vernetzung als
neuer Herrschaftsmodus. Herrschaft manifestiert sich demnach nicht mehr in einem
hierarchischen Durchgriff und den damit verbundenen brokratischen Organisationsformen.
Die organisatorische Vernetzung und die ihr impliziten Formen der Netzwerksteuerung und
kontrolle erscheinen nun als reiner Ausdruck eines marktvermittelten Sachzwangs. Der
Einsatz und die Nutzung von Arbeitskraft werden, so die Schlussfolgerung der Autoren, dem
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Marktzwang unterworfen und erhielten gleichsam durch den Markt eine nicht zu
hinterfragende Legitimitt.
2.3 Aktuelle Debatten infolge der Reorganisationsprozesse
Die in der Dezentralisierung implizierte Vermarktlichung ist, derjenige Aspekt der gesamten
Reorganisationsprozesse welcher in gewerkschaftlich motivierten Debatten um gute Arbeit
(Peters, Schmitthenner 2003) und unter berschriften wie Der Arbeit wieder ein Ma geben
(Ehlscheid 2003), Ende der Leistungsgerechtigkeit? (Menz 2005), Entgrenzung von
Arbeit (Dhl et al. 2000), oder Arbeit unter (Markt-)Druck (Sauer 2005), am
kontroversesten diskutiert wird.
Vermarktlichung meint die direkte Anbindung von Unternehmen und Beschftigte an die
Erfordernisse des Marktes. Neu hierbei ist, laut Sauer (2005), die Radikalisierung der
Vermarktlichung:
Anstelle einer Abschottung der Produktions- gegenber der Marktkonomie wird der
Markt zum unmittelbaren Bezugspunkt unternehmensinterner Prozesse. (180)
Einige Autoren (Drre 2005 nennt Gorz, Revelli, Sennett) sehen einen
Transformationsprozess hin zu einem neuen Modus von Arbeit und Kontrolle, der das
gesamte Produktionssystem erfasst:
Dieser Herrschaftstyp schafft Zonen kontrollierter Autonomie. Er stachelt die Eigeninitiative
der Produzenten an. Zugleich unterwirft er jede Form der Selbstttigkeit einer rigiden
Marktsteuerung. (Drre 2001, 38)
Dhl et al. (2000) und Menz (2005) sehen in den aktuellen Vernderungen eine Gefahr fr die
Arbeitnehmer und deren Interessenvertreter durch das Ende des herkmmlichen Prinzips von
Leistungsgerechtigkeit. Die arbeitskraftbezogene Definition von Leistung wird durch
entstandardisierte und marktorientierte Leistungsziele ergnzt und ersetzt. Dadurch wird das
Grundelement des Prinzips von Leistungsgerechtigkeit berhrt. Dies betrifft, so die Autoren,
gerade auch partizipative Arbeitsformen, die so Kuhlmann et al. (2004, S.26f.) die
Voraussetzung fr einen erweiterten Zugriff auf die Potenziale menschlicher Arbeitskraft
sind. Springer (1997), damals noch Leiter der Arbeitsorganisation/Grundlagen der
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Arbeitspolitik bei der Daimler Benz AG, bringt das Interesse der Unternehmen an
partizipativen Arbeitsformen mit der Formel Mehr Partizipation fr mehr Leistung(7) auf
den Punkt. Antitayloristische Arbeitsformen mit ihren umfassenderen Zugriff auf die
Ressource Mensch (Dhl et al. 2000, 13), wrden dazu genutzt, die Arbeiter zu
vereinnahmen und auszubeuten, so dass eigentlich positive Effekte der Arbeitskonzepte ins
Gegenteil umschlagen mit den Folgen von permanenter Unsicherheit, und
Leistungsintensivierung. Die Autoren befrchten, dass die schtzenden Mechanismen, die
von den Gewerkschaften whrend der tayloristisch-fordistisch geprgten Phase der
Produktion aufgebaut wurden, nun einbrechen, da nun der Markt ber die Qualitt einer
Arbeitsleistung entscheidet. Sauer (2005, 179) zum Beispiel sieht einen Ausverkauf mhsam
erkmpfter Arbeitnehmerrechte durch den Abbau institutioneller Puffer zwischen Individuum
und Markt mit den Folgen einer Polarisierung und tiefen Spaltung der Arbeiterschaft
Menz (2005, 69) stellt die Frage, ob es zu einer Krise oder gar einem Ende von
Leistungsgerechtigkeit als Element der normativen Orientierungen der Beschftigten kommt.
Das tayloristische Legitimationsmuster mit seinen leistungsbezogenen
Gerechtigkeitsansprchen mit seinen Prinzipien von Leistungsgerechtigkeit und
Arbeitskraftbezug ist laut Menz (2005) abhanden gekommen. Leistung wird demnach vom
Ende der Prozesskette her re-definiert. Nicht der menschliche Beitrag zur Erstellung einer
bestimmbaren Quantitt ist allein entscheidend, sondern Marktkriterien sickern rckwrts in
die Leistungsbestimmung ein. Als Beispiel nennt Menz hier Zielkostenmanagement und neue
Prmienlohnsysteme erweitern die klassischen Leistungskriterien wie Quantitt und Qua litt
um ergebnis- und produktivittsbezogene Dimensionen.
Bahnmller (2001) sieht sogar eine Finalisierung des Leistungsbegriffs(165), und frchtet,
dass der Lohn in Zukunft von der Bewertung des Marktes abhngt und die Beschftigten so
auch jede Einflussmglichkeit auf das Leistungsergebnis verlieren. Es gilt:
Wo wirtschaftlich erfolgreich agiert wird, darf unterstellt werden, da [!] Leistung
erbracht wurde, wo der Markt versagt, kann konsequenterweise von Leistung nicht
gesprochen werden.(165)
Dhl et al. (2000, 10) befrchten, dass die Unternehmen ihre Konturen verlieren. Sie sehen
eine verschrfte Heterogenisierung und Segmentierung von Arbeitsprozessen, mit der Folge
einer Desintegration der Belegschaft, die Ausdruck einer Entgrenzung von Arbeit sind.
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Drre (2001) prognostiziert, dass die Erpressung der Arbeitnehmer durch die unsichtbare
Hand also den Markt zum Dauerzustand wird.
Wie diese Ausschnitte zeigen ist die Verknpfung von Lohn- und Leistungspolitik mit
marktfrmigen Steuerungsmechanismen und Bewertungsmechanismen stark umstritten. Die
Autoren befrchten, dass die Arbeitnehmer den Einfluss auf die Bemessungsgrundlage ihrer
Leistung verlieren, wenn Leistung nach dem Marktwert und nicht mehr nach dem
unmittelbaren Ergebnis der Arbeitskraftverausgabung, bemessen wird.
2.3.1 Retraditionalisierung und Leistungsbezug
Parallel zu den oben gefhrten Diskussionen findet auch eine Diskussion ber einen Roll
back in der Arbeitspolitik (Drre 2001, 37) bzw. ber eine Restandardisierung3 (Springer
1999; Springer 2001), statt. Beispielhaft fr diese Diskussion sind hier zwei Ausschnitte
dargestellt:
Bei aller Verschiedenheit der Arbeitsprozesse ist das Wechselspiel zwischen
Erweiterung und Begrenzung der arbeitspolitischen Autonomie betrieblicher Praktiker
ein Strukturmerkmal der flexibel-marktzentrierten Firmenorganisation. [...] Das Hin und
Her von De- und Restandardisierung resultiert aus Handlungsanforderungen an das
Management, die sich nur schwer vereinbaren lassen. Der Eigensinn direkter
Beschftigungspartizipation gert immer wieder in Gegensatz zu den Bemhungen des
Managements, Beteiligungsmotive unmittelbar an unternehmerischen
Verwertungsinteressen auszurichten. (Drre 2001, 47)
Kuhlmann et al. (2004, 37f.) ist der Auffassung, dass es sich auch in Bereichen, wie den
Montagen in der Automobilindustrie, wo die Entwicklungsbezeichnung Retaylorisierung
partiell zutreffend sei, nur selten um eine Rckkehr zu den Strukturen frherer Jahre handeln
wrde. Denn auch dort stnden dem gestiegene Flexibilittsanforderungen und die
3 Die Diskussion um Restandardisierung bezieht sich vorwiegend auf den Bereich Gruppenarbeit. Springer ist der deutsche Verfechter einer standardisierten Gruppenarbeit ohne welcher, das Konzept vor allem im Rahmen einer polemischen Abgrenzung von einem karikaturhaft verzerrten Bild der teilautonomen Gruppenarbeit umreit (Gerst 2004, 20). Springer wird vorgeworfen, einer Rckkehr in den Taylorismus das Wort zu reden (ebd., 20). Gerst (2004, 20f.) rumt zwar ein, dass Standardisierung im Rahmen moderner Fabrikorganisation einen hohen Rangplatz einnimmt, dennoch gibt es in Deutschland keine Restandardisierung, im Sinne einer Selbststandardisierung der Arbeiter.
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Einbeziehung der Beschftigten in Optimierungsprozesse entgegen, zudem zeichne sich im
Bereich der Leistungspolitik und bei den Entgeltsystemen keine Retraditionalisierung ab.
Dennoch fhrt Kuhlmann (2004, 323f.) in der Verffentlichung seiner Dissertation aus, dass
sich der Wandel der betriebsorganisatorischen Strukturen kaum einheitlich darstellen lsst,
zumal die wenigen existierenden Fallstudien deutlich machen, dass die Vernderungen in der
betrieblichen Realitt der deutschen Automobilindustrie bislang eher punktuell wirken und
nur im begrenzten Ausmae umgesetzt sind. Daraufhin bilanziert Kuhlmann:
Ob die seit den 90er Jahren forcierten Prozesse der betriebsorganisatorischen
Dezentralisierung und Vermarktlichung zu einer erweiterten Reorganisation der bislang
nach wie vor stark tayloristisch-fordistischen betrieblichen Strukturen fhren oder ob
sich nicht eher die aktuell ebenfalls zu beobachtenden Rekonventionalisierungs-
tendenzen verstrken, ist derzeit offen.(332)
2.3.2 Zwischenergebnis Lohn- und Leistungspolitik
Die Darstellung der Diskussion um betriebliche Lohn- und Leistungspolitik zeichnet ein recht
negatives Bild von der Entwicklung der Bedingungen unter denen in Zukunft Lohn- und
Leistung bestimmt werden. Die Diskussion ist relativ einheitlich geprgt von der Angst der
Vereinnahmung des Leistungsbegriffes durch marktbezogene Erfolgskriterien. Gleichwohl
sich noch kein einheitliches Bild der Vernderung der Lohn- und Leistungspolitik seit dem
Aufkommen der neuen Produktionskonzepte zeichnen lsst. Akkordlohnformen existieren
weiter neben anderen Leistungsentgeltformen. Obwohl die Entwicklung eher vom
Arbeitskraftbezug der Leistung wegzufhren scheint, ist dies empirisch noch nicht
hinreichend belegt. Die Wissenschaft und die Gewerkschaften suchen aber nach einer
menschengerechten Antwort auf Vermarktlichung und Wettbewerb unter globalen
Konkurrenzbedingungen und fordern die Repolitisierung der Leistungsfrage.
Im Kontext der in diesem Kapitel geschilderten allgemeinen Umbruchsituationen und dem
mglichen Umbruch in der Lohn- und Leistungspolitik, wird im Folgenden die Rolle des
Meisters in der deutschen Groindustrie beschrieben.
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3. Die Rolle des Meisters in der deutschen Groindustrie
Die, dem in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehendem Industriemeisters in der deutschen
Automobilindustrie, zugeschriebenen Rollen sind Ausdruck sozialer Wertvorstellungen, bzw.
unterschiedlicher Managementstrategien und immer auch Resultat des Wandels von Arbeits-
und Sozialstrukturen. Denn Meister sind in ihrer Funktion als untere Fhrungskrfte Teil
eines Systems ihres Betriebs. Will man die Mechanismen suchen, die die Rolle und Zukunft
des Meisters bestimmen, muss man die gesamten Ablufe innerhalb dieses Systems
betrachten, sowie die auf das System wirkenden Umweltfaktoren bercksichtigen. So wirkt
die Konjunktur auf die Auftragslage, der gesellschaftliche Wertewandel auf die
Selbstverwirklichungsbedrfnisse der Mitarbeiter, der Wechsel von Managementphilosophien
auf die Fhrungsstrukturen. (vgl. Fuchs-Frohnhofen, Henning 1997, 29)
So wurde die Rolle des Meisters auch in den letzten Jahren innerhalb der Diskussionen um
betriebliche Reorganisationsprozesse und dem damit verbundenen Vernderungen der Lohn-
und Leistungspolitik errtert. Innerhalb dieses Kapitels wird dargestellt, inwiefern sich aus
Sicht der Literatur die traditionelle Rollenzuschreibung des Meisters durch die Umsetzung
neuer Produktionskonzepte gewandelt hat und wie sich die Arbeitsweise der Industriemeister
infolge neu geschaffener Arbeits- und Organisationsstrukturen, mit ihren Anstzen von
Dezentralisierung und Vermarktlichung, der Einfhrung von Gruppenarbeit und
Zielvereinbarungen als Fhrungsinstrument gewandelt hat.
3.1 Eine Annherung an die Figur des Meisters
Der Beruf des deutschen Industriemeisters ist heute ein Weiterbildungsberuf, der auf einer
Facharbeiterausbildung und einer mindestens dreijhrigen, an die Erstausbildung
anschlieenden Berufserfahrung, aufbaut (Vgl. Petereit 2001, 5). Doch ein Meister definiert
sich nicht allein durch seine Berufsausbildung. Meister sind die direkten Vorgesetzten von
Arbeitern in Produktion und produktionsnahen Bereichen, die selbst aus der Arbeiterschaft
emporgewachsen sind. Diese Meister verfgen zwar inzwischen berwiegend ber einen
Fortbildungsabschluss als Industriemeister nach dem Berufsbildungsgesetz (Vgl. Jauch 1997,
10) aber auch die sogenannten Statusmeister, die ber keinen formalen Abschluss verfgen,
sondern lediglich in diese hierarchische Position befrdert wurden, mssen als
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Industriemeister gelten. Dies gilt ebenso fr Handwerksmeister, die in der Industrie ttig sind.
Was macht aber die besondere Rolle der Meister in der Industrie aus? Ohne schon auf die
Vernderungen der Meisterrolle durch neue Produktionssysteme einzugehen, herrscht doch
ein relativer Konsens ber die grundlegende Bedeutung des Meisters im Industriebetrieb.
Springer (1984) definiert die Besonderheit der Stellung des Meisters ber seine
Doppelfunktion:
Die Besonderheit der Stellung des Meisters stellt sich begrifflich [..] ber die Aufgabe
her, Anforderungen des Arbeitsprozesses mit solchen des Verwertungsprozesses so zu
vermitteln, da [!] sich ein mglichst strungsfrei verlaufender Produktionsproze [!]
herstellt und stabilisiert. [...] [Daraus M.G.] resultiert seine Doppelfunktion: den Einsatz
und die Verknpfung der Elemente des Produktionsprozesses mit den Anforderungen
des Gesamtprozesses abzustimmen bei gleichzeitiger Sicherung, Konsolidierung und
Reproduktion betrieblicher Herrschaft. (546)
Fischer (1993) definiert den Arbeitskrafttypus des Meister ber dessen Position zwischen
Arbeiterschaft und Management:
Dieser Arbeitskrafttypus [...] verbindet typischerweise Momente des Arbeiterstatus
mit der partiellen Teilhabe an unternehmerischer Macht, reprsentiert also zugleich die
Verbundenheit mit der Arbeiterschaft wie die Ablsung von ihr. [...] Als unterer
Vorgesetzter stellt er nicht nur im Produktionsprozess die Klammer zwischen leitender
und ausfhrender Arbeit dar, sondern bringt in seiner Person als spezifisch geformte
Kategorie von Arbeitskraft zugleich diesen bergang vom Arbeiter zum
Management mit. (33)
Besonders auf die gesellschaftliche Bedeutung des Meisters stellt die Einfhrung in die
umfassende Studie zur Zukunft des Meisters in modernen Arbeits- und Produktionssystemen
ab:
Die Figur des Meisters hat im deutschen Betrieb und in der deutschen Gesellschaft
wichtige Funktionen, die weit ber seine konkreten Arbeitsaufgaben hinausgehen: Er
vermittelt zwischen der Akademiker- und der Arbeiterebene, zwischen ihren
unterschiedlichen Sprachen, zwischen den Logiken von Werkstatt und Technischem
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Bro. Und er verkrpert die wichtigste betriebliche Aufstiegsmglichkeit fr Arbeiter
und steht damit symbolisch fr die Mglichkeit, ber im Rahmen des Dualen Systems
geregelte Aus- und Fortbildungswege einen gesellschaftlichen Aufstieg aus der
Arbeiterschaft zu realisieren. (Fuchs-Frohnhofen, Henning 1997, 3)
So umschreibt auch Jauch (1997) den Begriff des Meisters zusammenfassend:
Der Begriff Meister in der Industrie umschreibt also, zusammenfassend gesprochen,
einen Typus von Arbeitskraft, der erstens durch seine spezifische Stellung im
betrieblichen Positionsgefge zwischen Arbeitern, hherem Management und
technischer Brokratie bzw. besondere betriebliche Funktionen und Anforderungen
und der zweitens zugleich durch den spezifischen Zugang zur Meisterposition sowie das
damit verbundene Qualifikationsprofil bestimmt ist. Gerade die Kombination beider
Elemente ist es, die den Meister ein charakteristische Profil verleiht. (9)
Die besondere Stellung des Meisters wird, wie die Zitate zeigen, relativ einheitlich
beschrieben. Im Folgenden ist zu klren, inwiefern sich die spezifischen Aufgaben und
Anforderungen an den Industriemeister infolge der neuen Produktionskonzepte gendert
haben und ob seine Position grundlegend zur Disposition steht.
Die Diskussion um die Rolle des deutschen Industriemeisters im Produktionsprozess wird
schon seit Beginn der Industrialisierung gefhrt, als die vormals selbstndigen
Handwerksmeister sich in den Dienst der neu entstandenen Grobetrieben stellten. Zu den
Aufgaben des Handwerkmeisters gehrte es nach eigenen Ideen Produkte zu planen und deren
Produktion zu organisieren und zu kontrollieren. Seine Autoritt resultierte im wesentlichen
aus seinem Fachwissen, seinem Fachknnen, seinem Durchsetzungsvermgen und seiner
Position (vgl. Antoni 1994, 117). Mit der Eingliederung der Meister in die Groindustrie
wurde, nach Antoni (1994, 117), dieses breite Aufgabenfeld begrenzt auf:
- fachliche Personalfhrung (Zuweisung und berwachung der Aufgabenstellung der
Mitarbeiter);
- disziplinarische Personalfhrung (Leistungsbeurteilung, Bestrafungen);
- technische Funktionen (Sicherstellung der Stckzahlen):
- organisatorische Funktionen (Bereitstellung des Materials)
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Gegenber den Aufgaben des Handwerksmeisters fielen in den Grobetrieben produkt-
bezogene Planungsaufgaben fr den Meister weg. Durch die Einfhrung tayloristischer
Fertigungs- und Organisationsstrukturen wurden die immer noch weitgefassten Kompetenzen
der Meister stark beschnitten. Die von Taylor entwickelte wissenschaftliche
Betriebsfhrung, sollte das Chaos der Meisterwirtschaft beenden und definierte
letztendlich auch die klassische Rolle des Industriemeisters bis heute. Diese Entwicklung ist
in der Literatur umfassend dargestellt worden (Fischer 1993, Stahlmann 1993, Antoni 1994,
Reindl 1997, Jauch 1997). Die wesentlichen Vernderungen der Meisterfunktion waren
verbunden mit der von Taylor eingefhrten Funktions- und Arbeitsteilung, die die
Abtrennung der planenden, steuernden und kontrollierenden Ttigkeiten aus dem
Produktionsbereich zur Folge hatte. Fachliche, technische, organisatorische und
disziplinarische Aufgaben, die vormals dem Meister oblagen, waren nunmehr in
Stabsabteilungen verlagert worden. Die Position des Meisters erlitt, laut Antoni (1994,
117), dadurch einen zunehmenden Funktions- und Autorittsverlust. Zudem verlor der
Meister, durch die Ausdifferenzierung der Unternehmen mit mehreren Hierarchiestufen, den
direkten Kontakt zur Betriebsleitung. Seine Position verlor so an Macht und Prestige. (vgl.
Antoni 1994, 118)
Der nchste groe Bedeutungsverlust fr die Meister wird in der Literatur als Meisterkrise
infolge des technologischen Fortschritts und dem daraus resultierenden Verlust des
Expertenstatus gegenber spezialisierten Facharbeitern diskutiert (Fischer 1993). Infolge der
Entwicklungssprnge in den Fertigungs- und Informationsverarbeitungstechnologien, verlor
der Meister die Expertenfunktion gegenber Facharbeitern, die speziell fr die Bedienung,
Einrichtung und Programmierung computergesteuerter Maschinen und Anlagen umfassend
geschult wurden. Dies steigerte die Abhngigkeit des Meisters von seinen Facharbeitern und
technischen Spezialisten, ohne die er nunmehr nicht in der Lage war, Strungen im
Produktionssystem zu beheben (vgl. Antoni 1994, 118).
Infolge der in den 1980er Jahren begonnenen Bundesprojekte zur Humanisierung der Arbeit
und den Versuchen mit Gruppenarbeit, bei denen die Arbeiter weitere Kompetenzen und
Verantwortlichkeiten bertragen bekamen, verstrkte sich der Machtverlust der Meister. Der
traditionell eher autoritre Fhrungsstil der Meister passte nicht zu diesen Konzepten. So
formulierte Bargmann (1984) infolge der Untersuchung eines dieser
Humanisierungskonzepte, wo die hhere Beteiligung der Arbeiter an Informations- und
Entscheidungsprozessen angestrebt wurde, was auf Widerstnde der Meister traf, die Frage
nach dem Innovationshemmnis Industriemeister?. Der breiteren Einfhrung von
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Gruppenarbeit infolge neuer Arbeits- und Produktionskonzepte folgte die weitere Diskussion
um eine mgliche Abwertung (Reindl 1997, Freimuth 1988) und Aufwertung (Antoni 1992),
bzw. um Erosion und Stabilisierung (Fischer 1993) der Meisterfunktion. Laut Petereit (2001)
findet die Diskussion des Meister-Themas hauptschlich in acht Bereichen statt: bei den
Interessenverbnden der Wirtschaft und dem Gesamtverband der deutschen Industriemeister
e.V., bei den relevanten Bildungsvertretungen des Bundes und den privaten Bildungstrgern,
in den Unternehmen und den Gewerkschaften, sowie in ffentlichen Fachveranstaltungen und
der anwendungsorientierten Wissenschaft.
3.2 Rollenwandel des Meisters durch neue Produktionskonzepte
Die infolge der Umsetzung der neuen Produktionskonzepte eingefhrte Gruppenarbeit
verlangte nach einem vernderten Typus von Meister. Traditionell wurden die Meister nach
Fachkompetenz oder Durchsetzungsvermgen ausgewhlt und ihre Aufgaben umfassten im
wesentlichen die Steuerung und Kontrolle des Personaleinsatzes und der Leistungserstellung.
Die Einfhrung von Gruppenarbeit, hinter der ein eher partizipatives Managementkonzept
steckt, verlangte aber auch nach einem Typus von Meister, der kooperativer fhrt. In den
Unternehmen bildeten sich Leitbilder wie die des partnerschaftlichen Unternehmers heraus
(Kuhlmann et al. 2004).
3.2.1 Die Meister und Gruppenarbeit
Es gibt eine Vielzahl von Literatur zur Gruppenarbeit, deren vollstndige Rezeption in dieser
Arbeit nicht mal ansatzweise geleistet werden kann. In der wissenschaftlichen Diskussion
besteht aber die bereinstimmung,
[...], da [!] die Statusgruppe der Meister sich im Spannungsfeld unterschiedlicher
Reorganisationsbewegungen befindet. Durch die neuen Gruppenarbeitsentwicklungen
ist die traditionelle Meisterposition insofern bedroht, als die Gruppen nun selbst eine
ganze Reihe dispositiver und koordinierender Funktionen bernehmen, die den Kern der
bisherigen Scharnierfunktion des man in the middle ausmachten. (Kuhlmann 2004,
333)
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21
Mit dieser potenziellen Bedrohung der traditionellen Meisterposition ist, so rumt Kuhlmann
(2004) ein, nur bei teilautonomer bzw. selbstorganisierter Gruppenarbeit zu rechnen.
Teilautonome Gruppenarbeit unterscheidet sich von anderen Gruppenarbeitsformen durch die
eigenstndige Planung und Steuerung der bertragenen Aufgaben durch die Gruppe. In
welchem Ausma der Arbeitsumfang der Gruppen erweitert wird, in welchem Umfang
indirekte Funktionen integriert und insbesondere wie viel Entscheidungskompetenz an die
Gruppen delegiert wird, kann sich stark unterscheiden (Vgl. Antoni 1994, 121). Whrend
Fischer (1993) von einer fortschreitenden Erosion der Meisterposition von unten ausgeht,
kommen, laut Kuhlmann (2004), neuere Gruppenarbeitsuntersuchungen zu dem Ergebnis,
dass die unteren Vorgesetzten im Prozess der Reorganisation eine wichtige neue Rolle haben:
Als Untersttzer der Gruppen kommt ihnen die Aufgabe zu, die Gruppenentwicklung
zu frdern und Rahmenbedingungen abzusichern; daneben sind sie fr die bergreifende
Koordination und Einbindung der Gruppen in die betrieblichen Ablufe zustndig.
(333)
Nach Dombrowski (2002) verlieren die Meister durch die Einfhrung von Gruppenarbeit
strukturelle Fhrungsressourcen. Er zhlt hierzu den Verlust der Vorarbeiter, die
Verminderung informeller Fhrungsinstrumente und die Reduzierung der Fachautoritt als
machtvolle Fhrungsinstrumente. Dombrowski sieht fr die Gruppenmeister sechs typische
Fhrungsaufgaben und zwar das Beseitigen bzw. Reduzieren von Leistungszurckhaltungen,
Begrenztheiten, Verantwortungslosigkeiten, Dominanzen, Solidarittsdefiziten und
Konflikten. Dombrowski kommt nach 16 Interviews mit Industriemeistern zu dem Schluss,
dass die Meister zunehmend ein erziehendes Fhrungshandeln(146) praktizierten und zu
Betriebspdagogen (160) wrden.
In der Gruppenarbeitsdiskussion wird neben der Tendenz eines Wandels des
Fhrungsverstndnisses zumeist auch die Notwendigkeit einer fachlichen Aufwertung in
Richtung planerischer Aufgaben betont. Antoni (1994, 125) unterscheidet fnf wesentliche
Funktionen des Meisters bei teilautonomer Gruppenarbeit:
1) Zielorientierte Fhrung und Koordination der Gruppen;
2) Stabilisierung der Rahmenbedingungen fr die Gruppenarbeit;
3) kontinuierliche Weiterentwicklung des sozio-technischen Systems;
4) Mitarbeit bei Innovation von Produkt, Technik und Arbeitsorganisation;
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22
5) Personalfhrung.
Remdisch (1998) betont hierbei die Wichtigkeit der Kooperation zwischen Meistern und
Gruppensprechern, welches, nach ihren empirischen Ergebnissen die Vorraussetzung fr das
Erreichen einer hohen Effektivitt der Gruppenarbeit ist.
Gerst (2004, 145), der in seiner Dissertation die Arbeitsfolgen teilautonomer Gruppenarbeit
empirisch untersucht, betont, dass die Qualitt der Selbstorganisation der Gruppenarbeit
weitgehend von der Zustimmung und Untersttzung des Meisters abhngt. Nur wenn die
Meister auch bereit sind planerische und steuernde Aufgaben an die Gruppen zu bertragen,
kann die Selbstorganisation gelingen. Meister knnen also die Innovation Gruppenarbeit
hemmen. Neben dem allgemein mit der bertragung von Kompetenzen verbundenem
Machtverlust gegenber den Gruppenmitgliedern, ist besonders der Verlust an Eingriffs- und
Steuerungsmglichkeiten bei voller wirtschaftliche Verantwortung fr die Kostenstelle ein
Verhinderungsgrund fr die Meister.
Vereinzelten Widerstnden der Meister zum Trotz, bt der Meister seine Autorittsgrundlage
tendenziell ein. Der Meister bleibt zwar der Vorgesetzte der Gruppe und damit betriebliche
Disziplinierungsinstanz sowie fr die Durchsetzung des betrieblichen Leistungsanspruchs
zustndig, er tritt jedoch im betrieblichen Alltag als solcher seltener in Erscheinung. Der
Meister ist im Arbeitsalltag eher in der Rolle des Untersttzers der Gruppen, der zusammen
mit der Gruppe die Optimierung der betrieblichen Ablufe vorantreibt. Kuhlmann (2004)
prognostiziert durch die genderte Rolle eine Verschiebung des Bewertungsmastabes der
Kompetenz des Meisters in den Augen der Gruppe:
Aus Sicht der Gruppe wird der Meister [..] immer weniger zu einem Gegenber, das
den betrieblichen Leistungsanspruch vertritt und hierbei fachlich mehr oder weniger
beliebt ist. Immer mehr tritt statt dessen die Frage in den Vordergrund, inwieweit der
Meister durch sein fachliches Know-how, seine Beziehungen und innerbetriebliche
Stellung sowie durch sein betriebliches Durchsetzungsvermgen und seine Bereitschaft
mit der Gruppe zu kooperieren fr die Verbesserung der eigenen Situation ntzlich ist.
Deutlicher als bisher ist er dabei nicht mehr (nur) Reprsentant des Betriebes gegenber
der Gruppe, sondern wirkt viel strker als Bindeglied der Gruppe in den Betrieb hinein.
[...] Bei hoher Gruppenselbstorganisation erscheint der Meister den Beschftigten nicht
mehr nur als verlngerter Arm des Betriebes, sondern auch als (potentieller) Hebel der
Gruppe. (340)
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23
Kuhlmann benennt hier eine Entwicklungstendenz fr selbstorganisierte bzw. teilautonome
Formen der Gruppenarbeit, wobei er auch die bereits erwhnten Tendenzen hin zu
taylorisierten bzw. strukturkonservativen Formen der Gruppenarbeit sieht, bei denen sich die
Meister eher auf ein traditionelles Fhrungsverstndnis zurckziehen. Bercksichtigt werden
muss, so Kuhlmann, auch, dass sich neuartige Steuerungsinstrumente wie Zielvereinbarungen,
die eine wichtige Voraussetzung fr den angestrebten Wandel vom traditionellen
Vorgesetzten zum Koordinator, Untersttzer oder gar partnerschaftlichen Unternehmer
darstellen, sich nur langsam durchsetzen. (Kuhlmann 2004, 341)
3.2.2 Fhrung durch Zielvereinbarung
Die Einfhrung von Gruppenarbeit, so eine gngige These (Gerst 2004, Tullius 2004), ging
mit einem Wandel der betrieblichen Kontrollpraxis einher. Die partielle Ersetzung einer
direkten durch eine indirekte Leistungssteuerung4 zielt darauf ab:
[...], die Aktivitten eigenstndiger Akteure oder organisatorischer Teilbereiche an
gemeinsamen oder bergeordneten Zielen auszurichten und hierbei gezielt die
Kreativitt der Akteure zu nutzen, anstatt sie einzuschrnken. [...] Als Alternative zur
direkten Kontrolle wird die indirekte Steuerung attraktiv, sobald die von einer
Organisation zu lsenden Aufgaben an Komplexitt gewinnen und diese Komplexitt
die Leistungsfhigkeit einer brokratischen Steuerung berfordert (Gerst 2004, 40).
Mit der weitgehenden Technisierung der Produktionsbereichen, ist die traditionelle Antwort
auf komplexe Probleme die Vereinfachung von Produktionsarbeit an ihre Grenzen
gestoen. In den tayloristisch organisierten Produktionen, wo versucht wird Komplexitt
durch Vereinfachung von Aufgaben zu bewltigen, sind an anderer Stelle indirekte
Fachbereiche entstanden, die enorme Kosten fr die Komplexittsbewltigung aufbringen
mssen. Deswegen wird den Beschftigten im Rahmen der indirekten Steuerung eine
Teilverantwortung fr die Konkretisierung ihrer Arbeitsleistung bertragen. Die Arbeit wird
nunmehr im erheblichen Umfang ber das Resultat der Arbeitshandlung und nicht nur ber
die Arbeitshandlung selbst kontrolliert. Das Management definiert, so Gerst, hauptschlich
den Kontext des Arbeitshandelns, der freilich gerade auch in den Montagen umfangreiche
standardisierte Elemente enthalten kann. Im vorigen Kapitel wurde bereits auf die in der
4 In der Literatur werden diese Formen auch indirekte Steuerung bzw. indirekte Kontetsteuerung oder direktive Kontextsteuerung genannt. Zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Anstzen vgl. Gerst 2004, 11 u. 38ff..
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24
Literatur diskutierte Problematik des Bewertungsmastabes der Arbeit eingegangen. Durch
indirekte Steuerung erffnet sich fr das Management die Mglichkeit nicht mehr die
verausgabte Arbeitsleistung, sondern das (wirtschaftliche) Gesamtergebnis der Arbeit zu
bewerten. Hier tritt wieder die schon im Kapitel zwei geuerte Befrchtung zutage, dass sich
die Mastbe fr die Bewertung des Arbeitsergebnisses, auerhalb des fr die Arbeiter
beeinflussbaren Bereichs, verschieben knnten.
Tullius (2004) fasst den durch Zielvereinbarungen geschaffenen Steuerungsmodus in dem
Begriff der internen Kontraktualisierung. Der Begriff markiert fr Tullius den Prozess der
Internalisierung von Marktanforderungen in die Organisation. Mittels interner Kontrakte, also
Leistungs- bzw. Zielvereinbarungen, werden Marktrisiken- und Zwnge in fr die Produktion
verstndliche Ziele transformiert. Zielvereinbarungen sind insofern Ausdruck der ffnung der
Produktionslogik fr Mechanismen des Marktes.
3.2.3 Die Zukunft des Meisters
Meister sind ber ihre fachliche Berufskarriere, ber ihre Lehre und Meisterabschluss
sozialisiert. Die Anforderungen an die Meister haben sich vor allem seit Anfang der
Neunziger Jahre zum Teil deutlich gewandelt. Nichts desto trotz wurden den heutigen
Meistern, gerade den lteren auch klassischen Werte und Rollenzuschreibungen vermittelt,
die dann im Laufe des Berufslebens infolge von Technologiewandel und Gruppenarbeit
teilweise obsolet und durch andere Anforderungsprofile ersetzt wurden. Anforderungen an
Meister werden jedoch nicht nur durch das betriebliche Management formuliert. Sowohl von
Seiten der Arbeiterschaft, als auch von Seiten der Interessenvertretungen und
Ausbildungsordnungen der Industrie- und Handelskammer werden unterschiedliche bis
widersprchliche Ansprche und Erwartungen an die Meister formuliert.
Die meisten Autoren der unterschiedlichen Studien (Jauch 1997; Behrens et al. 1997, Tullius
2004, Gerst 2004, Kuhlmann 2004) sehen fr die Zukunft eher keine grundlegende Gefahr fr
die Meisterposition im Sinne ihrer Abschaffung. So sieht Tullius (2004), dass das neue
Steuerungsregime auf den Meister als handelndes Subjekt angewiesen bleibt, obwohl dieser
wichtige Planungsaufgaben und Machtressourcen an die Gruppen abgibt. Die
Auseinandersetzung um Lohn- und Leistung in dem von Tullius beschriebenen Fall, gibt dem
Meister die Chance aus dem Schatten der Brokratie(210) herauszutreten. Seine durch
interne Kontraktualisierung geschaffene Position ist, nach Tullius Auffassung, tendenziell
eine Aufwertung der Funktion und Position der Produktionsmeister in der
Automobilindustrie.
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25
Jauch (1997) entwickelt Zukunftsszenarien basierend auf den Vorarbeiten der Tbinger
Dezentralisierungs- und Fhrungskrftestudie (vgl. hierzu ausfhrlicher Tullius 2004, 77ff.;
Kuhlmann 2004, 334f.) und der Vorstellung von Meisterrollen in Abhngigkeit
unterschiedlicher Formen operativer Dezentralisierung, die Selbstorganisation und
Intrapreneurship als idealtypisch unterscheidbare Orientierungspunkte konzipiert (vgl. Jauch
1997, 379). Jauch sieht die Meister innerhalb der Reorganisationsprozesse eher gestrkt,
nimmt aber auch an, dass die Zahl der Meisterstellen vor allem in der Automobilindustrie eher
weiter zurckgehen wird. Bezglich der Fhrungsrolle der Meister konkurrieren fr Jauch
zwei Leitvorstellungen. Die eine konzipiert den Meister als Moderator teilautonomer Teams,
als einen auf das Feld der Personalfhrung konzentrierten Spezialisten. Die andere fasst den
Meister als einen relativ umfassend zustndigen und selbstndig agierenden
Produktionsmanager, als quasi-unternehmerische Fhrungskraft bei der sich technische
Leitung und Personalverantwortung vereinen. (vgl. Jauch 1997, 384f.)
Jauch sieht fr beide Leitvorstellungen problematische Seiten. Fr die Moderatorenrolle sieht
er zuknftig eine Verschrfung des Verantwortungs-Kompetenz-Dilemmas, eine
Entwicklung, die auch Tullius (2004) fr die Meister prognostiziert. Die Meister behalten
nach dieser Vorstellung die umfassende Verantwortung fr die Sicherstellung des
betrieblichen Produktions- und Verwertungsprozesses, verlieren jedoch durch die Reduktion
ihrer Macht auf die einer Moderatorenrolle die Entscheidungskompetenzen um ihre Ziele
durchzusetzen. Fr die Rolle des Intrapreneurs sieht Jauch (1997, 385) die Gefahr einer
latenten berforderung der Meister. Die dezentrale Bndelung von Zustndigkeiten und
Entscheidungsbefugnissen erffnen fr die Meister in dieser Rolle zwar gute
Entfaltungsmglichkeiten, beinhalten jedoch die Gefahr einer immensen Steigerung der
Arbeitsbelastung. Zudem sieht Jauch durch die Bndelung der Verantwortung auf die Person
des Meisters einen potenziellen Konfliktherd in der Beziehung zwischen Meistern und
Beschftigten:
Fr den vielseitig geforderten Meister wird es schwieriger, sich Gespr und
Interventionsfhigkeit bezglich des Sozialraums Werkstatt, der Gefhle, Probleme und
latente Konflikte der Beschftigten zu bewahren. Unter den Bedingungen gestiegener
Anforderungen und Belastungen kann die Sicherung der Motivation und
Leistungsbereitschaft der Beschftigten zu einem neuralgischen Punkt, zu einer
schwierig zu lsenden Fhrungsaufgabe werden. Angesichts der eingeforderten direkten
Orientierung seines Arbeitshandelns an betriebswirtschaftlichen Erfolgskriterien, kann
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sich der Meister emotionale Bindungen an seine Mitarbeiter zudem weniger leisten.
(385)
Die Meister sind z.B. durch Zielvereinbarungen mit ihren Vorgesetzten auf definierte
Leistungsziele zur Optimierung ihres Verantwortungsbereichs verpflichtet. Jauch (1997, 386)
prognostiziert, dass durch das den neuen Anforderungen entsprechende Handeln der Meister,
die Reibungsflchen in der Betziehung zu den Untergebenen grer werden.
Eine der umfassendsten Untersuchungen zur Rolle und Zukunft des Meisters wurde von
Fuchs-Frohnhofen und Henning (1997a; 1997b) verffentlicht. Die Verffentlichung ist eine
Zusammenstellung aus den Ergebnissen eines im Rahmen des Bundesministeriums fr
Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) gefrderten Verbundprojektes,
an dem 12 Forschungseinrichtungen beteiligt waren. Das Forschungsvorhaben diente als
Hilfestellung fr die Bildung einer neuen Prfungsverordnung fr Industriemeister, die 1997
verabschiedet wurde (Vgl. Petereit 2001, 1). Die Teilstudie des Soziologischen
Forschungsinstitutes an der Universitt Gttingen (SOFI) befasste sich hierbei mit der neuen
Rolle und Funktion des Meisters in Grobetrieben und kommt zu dem Schluss:
[...] da[!] die Reorganisationsbestrebungen in den Grobetrieben an der
produktionsnahen Fhrungskraft als einer Meisterposition festhalten. Es kommt weder
zu einer Ersetzung durch Ingenieure, noch zu einer Abschaffung der Meisterposition.
(Fuchs-Frohnhofen, Henning 1997a)
Die im Rahmen der Untersuchung durchgefhrte quantitative Fragebogenerhebung des SOFI
besttigt sogar, dass zunehmend Aufgaben und Verantwortung an das untere Management
delegiert wird.
Im Gesamtbericht des Verbundprojektes (Fuchs-Frohnhofen, Henning 1997a, 59f.) werden
zwei Entwicklungen, die nur sehr begrenzt und z.T. gar nicht voneinander abhngen,
aufgezeigt, die die Zukunft des Meisters weiter bestimmen werden. Zum Einen ist dies die
Entwicklung der Arbeitsorganisation, der betrieblichen Strukturen und des darin dem Meister
zugewiesenen Aufgabenbndels (Meisterrolle), zum Anderen ist dies die Entwicklung der
betrieblichen Rekrutierungs-, Qualifizierungs- und Einsatzpolitik in Bezug auf
produktionsnahe Fhrungspositionen (Setzen auf den Meister oder auf Alternativen).
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Der Gesamtbericht sieht eine breite Palette betrieblicher Bemhungen zur
arbeitsorganisatorischen Dezentralisierung, verbunden mit Hierarchieabbau und der
bertragung von mehr Selbstndigkeit und Eigenverantwortung auch an die
Produktionsmitarbeiter. Es lassen sich nach der Sicht des Verbundprojektes fnf
Meisterleitbilder unterscheiden:
- Der Meister als Coach von selbstregulierender Gruppenarbeit;
- der Meister als Shop-floor Manager der einseitig auf unmittelbare
betriebswirtschaftliche Ziele und aktives Kostenmanagement festgelegt ist;
- ein modernisierter traditioneller Meister mit neuen Funktionen, ohne grundlegendem
Positionswandel;
- die Abschaffung des Meisters mit Aufteilung der bisherigen Funktion zwischen Gruppen
und nchsthherer Fhrungsebene; und
- der Meister als Fachexperte, ohne Fhrungsfunktion.
Nach Auffassung der Teilstudie des SOFI zur neuen Rolle und Funktion der Meister in
Grobetrieben (Behrens et al. 1997) hngt die Zukunft des Meisters, unabhngig der in den
Betrieben behandelten Meisterleitbilder, davon ab
wie unmittelbar harte konomische Zielvorgaben den Proze [!] der
arbeitsorganisatorischen Umstrukturierung bestimmen bzw. was auf dasselbe
hinausluft welche materiellen und zeitlichen Ressourcen fr den Proze [!] der
Umstrukturierung zur Verfgung stehen. Wir unterscheiden in diesem Zusammenhang
zwischen der Option Motor und der Option Verschleiteil bei der Neukonturierung
der Meisterposition.
Die Verschleiteil-Option (49f.) kennzeichnet hierbei eine Entwicklung, bei der die
Verantwortung der Meister steigt, ohne dass ihnen entsprechende Mglichkeiten der
Einflussnahme auf die Rahmenbedingungen seiner Arbeit zur Verfgung stehen. Die Meister
sind Getriebene des betriebs- und arbeitsorganisatorischen Wandels, ihre Hauptaufgabe ist das
Alltagskrisenmanagement. Ihre Ttigkeit verengt sich auf reaktive Manahmen zur
Problembewltigung. Der Meister wird in dieser Option mit Verantwortung ohne
entsprechenden Entscheidungsspielraum berlastet und unter Termin- und Kostendruck
verschlissen.
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Die Option des Meisters als Motor der Vernderung (51ff.) fasst sozusagen als Gegenentwurf
all jene Reorganisationsmanahmen, die dem Meister materielle und zeitliche Ressourcen fr
die Umgestaltung zur Verfgung stellen, so dass er die Reorganisation mitgestalten kann und
nicht von ihr getrieben wird. Dabei zeigen die Autoren besonders zwei Voraussetzungen auf,
die ihrer Auffassung nach besonders entscheidend fr die Neukonturierung des Meisters als
Motor der Vernderung sind. Erstens drfen an die Meisterposition keine einander
entgegengesetzten Anforderungen und Handlungsrationalitten gestellt werden. Zweitens
drfen die Meister nicht mit gemessen an den an sie gestellten Anforderungen mit
unzulnglichen Zustndigkeiten ausgestattet werden. Behrens et al. sehen in dem Meister als
Motor der Vernderung eine Neuakzentuierung der traditionellen Fhrungsposition, die ein
mehr an betriebswirtschaftlicher Ausrichtung der Meisterttigkeit bei entsprechenden
Steuerungsmglichkeiten von Kostenverantwortung beinhaltet. Des Weiteren beinhaltet diese
Option erweiterten Qualifikationsbedarf fr den Meister in der Steuerung und Untersttzung
seiner Mitarbeiter. Insgesamt werden aus Sicht von Behrens et al. in dieser Option die
qualitativen Anforderungen an den Meister und seine sozialen Fhigkeiten steigen. Die
Entscheidung ber die Zukunft des Meisters wird aus dieser Sicht in der Frage entschieden,
ob die Betriebe auf den Meister als Motor oder Verschleiteil setzen werden.
3.3 Zusammenfassung: Die Rolle des Meisters in der Literatur
Die Rolle des Meisters hngt wesentlich von den Rahmenbedingungen seiner Arbeit ab. Die
betrieblichen Strukturen, die Arbeitsorganisation und die Art und Weise, wie Rationalisierung
in dem Betrieb verstanden werden, also letztendlich die Rolle, die dem Meister von seinen
Vorgesetzten zugedacht wird, bestimmen die Aufgaben und die Bedeutung des Meisters.
Seine Aufgaben sind im Einzelnen unterschiedlich, aber gerade die Unbestimmtheit der
Aufgaben an der Schnittstelle von Betriebshierarchie und Produktion sind kennzeichnend fr
Meisteraufgaben. Sie mssen betriebliche Ziele effizient umsetzen und mglichst zuverlssige
Produktionsablufe garantieren. Sie sind fr das zustndig, was nicht vorab allgemein und
abschlieend geregelt werden kann, sondern situationsbezogen, hufig aus dem Bauch
heraus entschieden werden muss. Der Meister hat eine Doppelfunktion, er muss einerseits
den reibungslosen technisch-organisatorischen Ablauf gewhrleisten und andererseits muss er
eine fr die unverzichtbare Kooperation der Produktionsmannschaften notwendige soziale
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Vermittlungs- und Integrationsfunktion erbringen. Deswegen ist die Kooperationsbereitschaft
und - fhigkeit der Meisters bei der Umsetzung neuer Konzepte wie Gruppenarbeit und neuer
Fhrungsmethoden wie Zielvereinbarungen fr das Gelingen dieser Konzepte notwendig.
TEIL B: Die Fallstudie AutoAG
4. REZEI Ein neues Instrument der Lohn- und Leistungs-
politik in einem deutschen Automobilunternehmen
Nach dem berblick ber die Vernderungen und aktuellen Diskussionen in der Lohn- und
Leistungspolitik und der Annherung an die Rolle des Meisters in der Groindustrie, wird in
diesem Kapitel die in dieser Arbeit im Mittelpunkt stehende Umsetzungsvariante betrieblicher
Lohn- und Leistungspolitik vorgestellt.
In dem Automobilunternehmen, nachfolgend als AutoAG bezeichnet, wurde am 01.12.1993
mit Wirkung zum 01.03.1994 von der Unternehmensleitung und dem Gesamtbetriebsrat eine
Betriebsvereinbarung ber die Gestaltung neuer Leistungs- und Entlohnungsbedingungen fr
die gewerblichen Mitarbeiter der AutoAG verabschiedet. Dabei ging es inhaltlich auch um
eine Reorganisation der Zeitwirtschaft (REZEI). In der AutoAG hat es sich ergeben, im
Zusammenhang mit dieser Betriebsvereinbarung von REZEI zu sprechen. Bevor jedoch die
Systematik und Ziele von REZEI vorgestellt werden, sollen die mit REZEI in unmittelbaren
Zusammenhang stehende Lohn- und Leistungspolitik, sowie die Reorganisationsentwicklung
der AutoAG bis zu dem Untersuchungszeitpunkt dargestellt werden.
4.1 Reorganisation in der AutoAG
Die Quelle der Nachzeichnung des Reorganisationsverlaufs innerhalb der AutoAG seit den
1990ern ist die Dissertation von Tullius (2004), der die AutoAG hinsichtlich des
Formwandels des betrieblichen Steuerungsregimes und der neuen Rolle des Meisters
untersucht hat. An dieser Stelle werden kurz die wichtigsten Fakten zur Struktur und
Reorganisation der AutoAG zusammengefasst.
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Die AutoAG ist ein international operierender Hersteller von PKW und Nutzfahrzeugen und
Teil eines Konzerns, der seit Mitte der 1990er Jahre die Orientierung am Sharholder Value
proklamiert. Anfang der 1990er Jahre entfaltete die Verffentlichung der sogenannten MIT-
Studie bei den Managern der AutoAG eine besondere Wirkung. Einem ihrer
Produktionsstandorte wurde in der MIT-Studie ein Kostenrckstand von 30% gegenber
japanischen Konkurrenten diagnostiziert. In den Folgejahren orientierte sich die
Restrukturierung an der in dieser Studie geprgten Leitformel von Lean Production. Im
Zuge dessen wurde konomisch dezentralisiert, Cost- und Profitcenter-Strukturen geschaffen
und das Verhltnis von direkten und indirekten Bereichen neu geordnet. Zudem wurde
Gruppenarbeit eingefhrt. 1995 vollzog sich dann durch einen Wechsel in der Konzernspitze
der Wandel in der strategischen Orientierung. Der Aktienkurs wurde zum entscheidenden
Gradmesser fr die Managementleistung. Die Zielrichtung der Reorganisationsvorhaben
wurde durch die Shareholder-Value- Orientierung in Richtung kurzfristig realisierbarer
Rationalisierungserlse intensiviert.
4.2 Lohn- und Leistungspolitik in der Auto AG
Bezugspunkt der Darstellung der Lohn- und Leistungspolitik in der AutoAG, bis zu dem
Erhebungszeitpunkt der hier ausgewerteten Untersuchung, ist ebenfalls die Dissertation von
Tullius (2004).
In der AutoAG existiert bereits seit den 1960er Jahren keine wirklich leistungsbezogene
Akkordentlohnung mehr, da der Leistungsgrad im Akkord bei einer Normalleistung
weitgehend durch Tarifvertrge eingefroren war. Daraufhin kam es bereits ab der zweiten
Hlfte der 1970er Jahre auf Betreiben der Unternehmensleitung zu einer grundlegenden
Revision der Verfahren der Leistungsermittlung und der Entlohnung.
Zeitgleich mit der tarifvertraglichen Regulierung eines neuen Verfahrens der
betrieblichen Datenermittlung, dem MTM-Verfahren5, wurde das Lohnsystem vom
Akkord- auf ein sogenanntes Standardlohnsystem umgestellt. [...] Whrend im
Zeitakkord die Unterschreitung einer Vorgabezeit (im Prinzip) zu einem 5 Fussnote ist zusammengefasst (ausfhrlich: Tullius 2004, 64): MTM (Methods Time Measurement) ist ein Verfahren zur Systematisierung menschlicher Bewegungsablufe bei der Verrichtung von Produktionsttig-keiten, wobei allen Einzelbewegungen (greifen, halten usw.) Zeitbausteine zugeordnet sind. Die Summe der Zeiten fr die Einzelbewegungen ergibt die zu erfllende Sollzeit.
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Akkordmehrverdienst fhrt, wird im Standardlohnsystem eine Standardleistung
definiert, die es fr die Beschftigten zu erreichen gilt. Fr diese Standardleistung
erhalten die Arbeiter einen Festlohn. [...] Whrend sich bei der klassischen Form des
Leistungslohns in der Massenproduktion, dem Zeitakkord, der Akkordlohn erst nach
Ende eines Abrechnungszeitraums (Monat) durch ber- oder Unterschreitung einer
zeitwirtschaftlichen ermittelten Vorgabezeit ergibt, erhalten Standardlohnempfnger
einen garantierten monatlichen Festlohn, der von einem zeitwirtschaftlich ermittelten
Zeit- bzw. Verdienstgrad unabhngig ist. Ein Unter- oder berschreiten der
Standardleistung hat keine unmittelbare Auswirkung auf die Lohnhhe, d.h. der
Standardlohn ist ein von individuellen (Leistungs-) Schwankungen unabhngiger Lohn.
(63f.)
Tullius sieht das Standardlohnsystem als entscheidende Grundlage fr eine Entkopplung von
Zeitwirtschaft und Entlohnung ein wichtiger Baustein von REZEI denn das Standard-
lohnsystem ist im Gegensatz zum detailliert geregelten Akkordlohnsystem lediglich in Form
von Rahmenregelungen in den Tarifvertrgen vereinbart und bietet so erweiterte
Mglichkeiten fr eine betriebsspezifische Ausgestaltung (65).
Tullius stellt auf die Mglichkeit der ffnung des Lohnsystems fr Steuerungsimpulse des
Marktes ab und hebt in seiner Arbeit besonders das Instrument der Zielvereinbarungen hervor.
4.3 REZEI ein neues Arrangement in der Leistungspolitik
Der Abschluss der Betriebsvereinbarung REZEI ist im Zusammenhang mit den
Reorganisationsbemhungen der AutoAG Anfang der 1990er Jahre zu sehen. REZEI sollte
die Aushandlung von Leistungszielen dezentralisieren und war neben Gruppenarbeit und
kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) ein zentraler Baustein der neuen
Arbeitspolitik zur Verbesserung der Produktivitt. Traditionell war das Leistungssystem,
ganz tayloristisch, zentralistisch, die Arbeitswirtschaft ermittelte die Daten fr die
Vorgabewerte, der Betriebsrat bte sein Mitbestimmungsrecht aus und das Ergebnis waren
verbindliche Vorgaben fr die Arbeitssysteme, die weder Vorgesetzte noch Mitarbeiter
verndern konnten (vgl. Bargmann 2004). Das tayloristische Arrangement sollte abgelst
werden, weil es sich angesichts der technischen und organisatorischen Vernderungen als
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zunehmend dysfunktional erwies, um Leistungsbereitschaft, Flexibilitt und Transparenz zu
gewhrleisten (Kuhlmann et al. 2004, 77). Entsprechend wird so auch in einer Prsentation
des Werkess Nord der AutoAG (2000) das Ziel von REZEI definiert:
Diese Betriebsvereinbarung dient dem Ziel, die betrieblichen Anforderungen, die sich
aus dem Einsatz neuer Techniken und den nderungen der Arbeitsorganisation ergeben,
mit den Interessen der Mitarbeiter hinsichtlich Gestaltung ihrer Arbeit,
arbeitsplatzbezogener Qualifizierung sowie Information und Beteiligung in Einklang zu
bringen. (Kuhlmann et al. 2004, 78)
Durch REZEI wurde die Leistungspolitik grundlegend neu geregelt. Die aufwendige und
kostenintensive Datenermittlung der Arbeitswirtschaft, sollte auf ein notwendiges Minimum
reduziert werden. Die Arbeitswirtschaft stellt nunmehr zeitwirtschaftliche Daten als
sogenannte Fachgrundlage zur Verfgung, auf deren Basis die Vorgesetzten in fast allen
Fllen die Meister mit den Mitarbeitern einen Leistungsstandard verbindlich vereinbaren.
Der Betriebsrat wird lediglich informiert und in der Regel nur bei Reklamationen der
Beschftigten aktiv. Schematisch stellt sich der neue Zielvereinbarungsprozess zwischen
Vorgesetzten (Meister) und Gruppen wie folgt dar:
Abbildung 1: Verhandlungsschema REZEI
Quelle Prsentationsunterlagen AutoAG zur Einfhrung von REZEI
Arbeits-wirtschaft
Betriebs-rat
Abst immung/Informat ion
Bisher
Mitarbeiter
Mitbestimmung bei
Verbindliche
Vorgabezeiten
der Datenermitt lung
Zuknft ig
Arbeits-wirtschaft
Mitarbeiter
Betriebs-rat
Information (Beteiligungi. d. R. nur bei Rekla-mationen)
Verbindliche Vereinbarung
des Leistungs-standards
Vor-gesetzter(Meister)
Zeitwirt-schaftliche Daten als Fach-grundlage
Vor-gesetzter(Meister)
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Wie das Schaubild der AutoAG zeigt, wird Leistung nun direkt zwischen Gruppen und
Meistern basisnah gestaltet und vereinbart. Das Arbeitspensum und die Ressourcen fr
indirekte Ttigkeiten und Personalstrke werden nun ausgehandelt und in Form von
Zielvereinbarungen fixiert. Jede Gruppe hat einen REZEI-Verantwortlichen (auch REZEI-
Vertreter genannt), der die Zielvorschlge berprft. Formal luft diese Regelung auf eine
Verzahnung direkter Partizipationsmglichkeiten mit der institutionellen Mitbestimmung
hinaus (Drre 2001, 39f.).
Im Idealfall luft der REZEI-Prozess folgendermaen ab. Im ersten Schritt wird zunchst
Gruppenarbeit gem der Betriebsvereinbarung zur Gruppenarbeit eingefhrt, dann wird
entweder ein Arbeitssystem beschrieben oder ein bestehendes Arbeitssystem mit einem KVP-
Workshop optimiert. Die neue Produktionsrealitt wird dann ber den REZEI-Prozess
dokumentiert und die zu erbringende Leistung zwischen Meister und Gruppen vereinbart.
Der Geltungsbereich von REZEI erstreckt sich sowohl auf manuelle, als auch auf
automatisierte Arbeitssysteme. Fr alle Mitarbeiter, fr die die neuen Leistungs- und
Entlohnungsbedingungen gelten, ist, wie oben erwhnt, ein von der Zeitwirtschaft
entkoppeltes Leistungsentgelt vereinbart, welches dem Standardlohn entspricht.
Lohnvernderungen werden analog zum Standardlohn durchgefhrt. (AutoAG
Betriebsvereinbarung REZEI 1993)
In automatisierten Arbeitssystemen, die durch einen hohen Anteil taktentkoppelter
Ttigkeiten, sowie groen Spielrumen bei der Aufgabenwahrnehmung gekennzeichnet sind,
wird eine Soll-Personalstrke fr das Arbeitssystem vereinbart. Hauptaufgabe der
eingesetzten Arbeiter ist dort die Aufrechterhaltung eines mglichst strungsfreien
Produktionsablaufs sowie die Kooperation im KVP-Prozess, insbesondere zur Erhhung der
Anlagennutzung. In automatisierten Arbeitssystemen wird daher vereinbart, wie viel Arbeiter
bentigt werden um das automatisierte System zu bedienen, zu warten und zu optimieren.
In manuellen Arbeitssystemen, die sich durch einen hohen Anteil an manuellen Ttigkeiten
am Produkt sowie durch einen hohen Anteil an zeitlich und zyklisch planbarer
Arbeitsaufgaben der Arbeiter auszeichnen, wird ein Soll-Arbeitspensum vereinbart.
Hauptaufgabe der Arbeiter ist dort die Erfllung eines festgelegten Arbeitspensums bei
Einhaltung der vorgegebenen Qualittsstandards und die Mitarbeit bzw. Untersttzung im
KVP-Prozess. Das Soll-Arbeitspensum wird in zeitbezogenen Leistungsgren (z.B. Minuten,
Stckzahlen, Sollbesetzung bei bestimmten Programmen) und/oder als Beschreibung der
Arbeitsaufgaben definiert. (AutoAG, Werksunterlagen REZEI)
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Der REZEI-Prozess sieht auch ein Eskalationsmodell vor. Bei Nichteinigung der Meister und
Gruppen, werden die Vorgesetzten des Meisters, also Teamleiter und/oder Abteilungsleiter
zur Vermittlung hinzugezogen. Erfolgt auf dieser Stufe keine Einigung, geht die
Auseinandersetzung vor eine betriebliche Kommission, die parittisch mit Vertretern der
Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite besetzt ist. Erfolgt auch hier innerhalb eines gewissen
Zeitraums keine Einigung, geht die Auseinandersetzung zu der gem. 87, 76
Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Einigungsstelle, die dann eine verbindliche
Entscheidung fllt.
In der betrieblichen Kommunikation (REZEI Prsentation Werk PKW Nord 2000) werden die
Chancen fr die Mitarbeiter in der Partizipation bei der Festlegung der Leistungsstandards
und in den Mitwirkungsmglichkeiten bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen dargestellt,
sowie in Aufgabenanreicherung, verbesserten Mglichkeiten zur Weiterqualifizierung und der
Entkopplung von Lohn und Leistung.
Die Chancen, die das Unternehmen fr sich selbst sieht sind die kontinuierliche Verbesserung
der Maschinen- und Anlagennutzung und des Mitarbeitereinsatzes, ebenso die kontinuierliche
Verbesserung der Arbeitsmethoden und Arbeitsablufe, sowie der Arbeitsgestaltung und
Arbeitssicherheit und eine effizientere, anforderungsorientierte Datenermittlung.
Die Risiken von REZEI werden von Unternehmensseite im Zusammenhang mit hohen
Schulungsaufwnden, zeitaufwendiger Bearbeitung der Leistungsvereinbarung, der
Stagnation auf dem bisherigen Leistungsniveau, beidseitigen Zweifeln an der Einhaltung der
Vereinbarung, negatives Kosten und Nutzen Verhltnis sowie Problemen in der
schichtbergreifenden Abstimmung zwischen Meistern und Gruppen.
Inzwischen sind die Bausteine Gruppenarbeit, KVP und REZEI unter dem Dach eines
einheitlichen AutoAG-Produktionssystems (APS) geordnet. Das APS soll einerseits den
jeweiligen rtlichen Bedingungen der Produktionsstandorte Rechnung tragen, aber dennoch
an allen AutoAG-Standorten vergleichbare Prozess- und Produktionsablufe garantieren.
Hierzu dienen einzelne Elemente der genannten Arbeitspolitik, die nun um Experten-KVP
und die Standardisierung von Arbeitsablufen erweitert werden. APS stellt den Versuch dar,
unter Einbindung der Beschftigten, standardisierte Prozesse zu schaffen, die in der Lage sind
auf flexible (Markt-)Anforderungen zu reagieren. (ausfhrlich Tullius 2004, 106ff.)
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5. Vorgehensweise und Systematik der Evaluation
Die Daten und Ergebnisse auf die in dieser Arbeit zurckgegriffen werden, wurden zwischen
April und Juli 2004 vom Soziologischen Forschungsinstitut an der Universitt Gttingen (im
Folgenden SOFI genannt)6 erhoben. Im Rahmen einer Studie wollte die Zentrale des
Konzerns zu dem die AutoAG gehrt, mit Untersttzung des Betriebsrates in den Werken der
Auto AG, Konzept und Praxis von REZEI aus der Perspektive unterschiedlicher betrieblicher
Akteure bilanzieren. Hintergrund waren die zum Teil sehr unterschiedlichen Rckmeldungen
aus den Werken, was die Effektivitt und die Umsetzungsstnde der Betriebsvereinbarung
REZEI betrafen.
Vordringliche Aufgabe des SOFI war es, im Kontext der Arbeitspolitik und deren
Reorganisation, Strken und Schwchen des REZEI-Ansatzes, hemmende und frdernde
Rahmenbedingungen sowie weitere Entwicklungsperspektiven zu identifizieren. Untersucht
wurden die Erfahrungen der Beteiligten mit der bestehenden REZEI-Praxis und welche
grundlegenden Vor- und Nachteile oder Probleme des Konzeptes sich ihrer Meinung nach
ergeben. Dabei ging es sowohl um Ansatzpunkte einer Weiterentwicklung von REZEI als
auch um mgliche Konsequenzen einer Rcknahme von REZEI. Die Untersuchung hatte
ferner zum Ziel die verschiedenen Umsetzungsstnde von REZEI in den Werken und
Produktionsbereichen zu bilanzieren und die in den verschiedenen Untersuchungsbereichen
fes
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