allmountain 1/2015 - leseprobe

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Begreifen Wahnsinn Mit dem Wingsuit durch Felsschluchten – wie gefährlich ist der Traum vom Fliegen wirklich? Bauchgefühl Wieso es am Berg Leben retten kann. Helden zu Hause Beziehungsabenteuer – wie lebt es sich an der Seite von Extrem-Bergsportlern? Deutschland: € 10,00 Österreich: € 10,00 Schweiz: CHf 15,00 Italien: € 10,00 BeNeLux: € 10,00 Frankreich: € 10,00 Spanien: € 10,00 Sommer Ausgabe 01 / 2015 4 198813 610007 01 # 2

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Das große Bergsport- und Outdoor Magazin. Ein Muss für jeden, der Sehnsucht nach Bewegung in der Natur und in den Bergen verspürt.

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BegreifenWahnsinn

Mit dem Wingsuit durchFelsschluchten – wie gefährlich ist der Traum vom Fliegen wirklich?

BauchgefühlWieso es am Berg Leben retten kann.

Helden zu Hause Beziehungsabenteuer –

wie lebt es sich an der Seite von Extrem-Bergsportlern?

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Stefan GlowaczStefan Glowacz gewann dreimal den „Rock Master“ in Arco / Italien und ist damit Deutschlands erfolgreichster Wettkampfkletterer. Nach Abschluss seiner Wettkampfkarriere machte er sich einen Namen mit Freikletter-Expeditionen in die entlegensten Winkel der Welt. Der Vater von Drillingen ist mit Tanja Valérien, der Tochter des legendären Sportmoderators Harry Valérien, verheiratet. Er ist Buchautor, Filmproduzent und geschäftsführender Mitinhaberdes Kletterausrüstungsunternehmens „Red Chili“.

Einstieg

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BegreifenViele Menschen können nicht begreifen, weshalb Bergsteiger sich in die Todeszone der höchsten Berge vorwagen, Solo- kletterer ungesichert schwierigste Routen bewältigen, Alpinisten in Rekordzeit Berge besteigen oder B.A.S.E. Jumper mit dem Wingsuit scheinbar todessüchtig vier Meter über dem Grund zu Tale schießen. Nicht begreifen können, hat viel mit Nichtwissen zu tun. Wie der Hintergrundartikel auf Seite 76 zeigt, hängt der Wingsuit-Pilot Alexander Polli genauso an seinem Leben wie jeder andere Mensch. In seinem Porträt lernen wir einen äußerst feinfühligen und nachdenklichen jungen Mann kennen. Und am Ende begreifen wir, wenn er sagt: „Es ist Liebe. Die Liebe zu etwas, was größer und tiefer ist als ich selbst.“ Extremsportler haben den Ruf, freiheitsliebende Egoisten zu sein. Unbegreiflich also, dass man mit so jemandem zusammen sein will? Was ist der Preis für dieses Beziehungsabenteuer – und was der Gewinn? Diesen Fragen ging unsere Autorin Mila Hanke nach. Wir Alpinisten begreifen aber auch im Wortsinne, wenn wir unsere Hände auf Granit legen oder uns an Sintersäulen festhalten. Dass unser Tastsinn weit mehr zu leisten imstande ist, als wir denken, zeigt das Beispiel blinder Kletterer.

Ich freue mich, wenn wir mit dieser zweiten Ausgabe der Zeitschrift ALLMOUNTAIN wieder zahlreiche faszinierende Facetten des Bergsports mit Ihnen teilen dürfen. Viel Spaß beim Lesen.

H e r z l i c h , S t e f a n G l o w a c z , H e r a u s g e b e rs . g l o w a c z @ a l l m o u n t a i n . d e

Yosemite ValleyDreierbeziehung: In der Partnerschaft mit Extremkletterern gibt es oft noch einen Dritten im Bunde, den Berg. In der Ehe von Tommy Caldwell und seiner Frau Rebecca war es jahrelang der 1000 Meter hohe Monolith El Capitan im Yosemite Nationalpark.

Isny im AllgäuDas Leben hängt beim Klettern nicht am seidenen Faden, sondern an Tausenden hauchdünner Kunstfasern. Ein Kletterseil- hersteller aus dem Allgäu treibt die Evolution vom lebensgefährlichen Hanfstrick zum High- tech-Sportgerät seit Jahrzehnten voran.

El ChalténSchutzengel für Bergsteiger und Nothelferin für ein Dorf am Ende der Welt: Carolina Codó ist die stille Heldin im patagonischen El Chaltén am Fuße des legendären Cerro Torre.

Die Bergwelt begreifenTypen, Geschichten, Hintergründe – die Welt, ein Kosmos für Bergsportler. Die Hotspots dieser ALLMOUNTAIN- Ausgabe im Überblick.

ChamonixJedes Jahr werden am Fuße des Mont Blanc die Piolets d’Or ver-liehen – ein Stück über Sinn und Unsinn der „Bergsteiger-Oscars“.

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TeheranKlettern, Kopftuch, Freiheit – was die drei Begriffe miteinander zu tun haben? Für Profikletterin Nasim Eshqi sind die steilen Felswände in ihrer Heimat Iran nicht die einzige Herausforderung.

VratsaArco, Kalymnos, Verdon, ...Vratsa! Dass die Reihe der Top-Sportklettergebiete in Europa nicht an der ehemaligen Ostblock-Grenze endet, hat Autor Joachim Stark auf seiner Kletter-Stippvisite in Bulgarien gelernt.

SumchamIm letzten Dorf am Talende einer der abgelegensten Bergregionen Kaschmirs hat Kletterprofi Stephan Siegrist sein persönliches Paradies gefunden.

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Ein-Blick

Alpin-Talent 012Wieso der Gletscherfloh selbst Profibergsteiger ganz schön alt aussehen lässt

Medienschlacht am Berg 014Die Erstbesteigung der Dawn Wall am El Capitan und ihr Echo in den tagesaktuellen Medien

Bergwelten

Stephan Siegrists Paradies 016Besser als Achttausender: Höhenbergsteigen in Kishtwar – friedliche Enklave inmitten der Krisenregion Kaschmir

Klettern unter den Augen Gottes 034Traumhaft – Roadtrip durch den wilden Osten zu den schönsten Sportkletterspots Bulgariens

Im Profil

Unverschleiert – Nasim Eshqi 054Die iranische Profikletterin über ihre Heimat undden unschätzbaren Wert der Freiheit des Reisens

Hintergrund

Basar der Eitelkeiten 066Alpinimus-Awards sorgen in Bergsteigerkreisen immer wieder für kontroverse Diskussionen. Wieso?

Die andere Seite von

Mädchenkram!? 074Eiskletterer Albert Leichtfried als Pferdeflüsterer – und verblüffende Parallelen zum Bergführerberuf

Hintergrund

Flugkünstler 076Kleinste Fehler können bei Konturflügen mit dem Wingsuit fatal enden. Wieso trauen sich immer mehr an die spektakuläre Bergsportdisziplin?

Stille Helden

El Chalténs Seele 090Freiheit, Weite und ein hartes Leben. Carolina Codó ist Ärztin und Bergretterin im patagonischen Bergsteiger-Mekka El Chaltén.

SchwerpunktBegreifen

Besserwissen

Alpine Nabelschnur 142 Wieso ohne moderne Mantelseile Klettern in hohen Schwierigkeitsgraden immer noch eine Utopie wäre

Übrigens ...

... schon gehört? 156Spannende Themen, Produkte und Events aus der Welt des Bergsports

Laut gedacht

Wir sind Helden 160Wir Bergsteiger retten die Natur – bilden wir uns zumindest ein

Impressum 162

InhaltALLMOUNTAIN #2

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Hintergrund

Kaum zu fassenKletterer und Bergsteiger verschieben permanent ihre Grenzen – wohin noch?

BMW berührt

HaptikGreifen, fühlen, spüren. Das Erleb-nis des Tastens geht im wahrsten Sinne unter die Haut – nicht nur beim Klettern.

Hintergrund

Sich und die Welt begreifenDie Bergwelt ist voller Wunder und voller Rätsel. Man kann sie begreifen oder auch nicht. Drei Personen, drei Geschichten.

Hintergrund

Der sechste SinnIn Extremsituationen hilft manchmal nur noch eines – die richtige Intuition. Ein Erklärungsversuch.

Hintergrund

BeziehungsabenteuerWie lebt es sich eigentlich, wenn man nicht genau weiß, ob der Partner wieder vom Berg zurückkommt?

Schwerpunkt BegreifenWieso treffen „alte Hasen“ am Berg oft spontan aus dem Bauch heraus die richtigen Entscheidungen? Ist es Wahnsinn, wenn Wingsuit-Piloten im Tiefflug mit über 200 Kilometern pro Stunde haarscharf an Felskanten und Bäumen vorbei durch die Berge fliegen? Sind Extrem-Bergsportler in Beziehungen rücksichtslose Egoisten? Wir helfen Ihnen in dieser Ausgabe, die Bergwelt zu begreifen.

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Sportklettern BulgarienJ OAC H I M S TA R KDas erste Mal fuhr Joachim Stark 2005 mit dem Auto auf den Balkan. Bulgarien war nicht in der EU, verlangte ein Visum und bestätigte viele Vor- urteile. Joachim blieb nicht lange genug, um sie zu widerlegen, sondern fuhr schnurstracks weiter in die Türkei und nach Georgien. Im Herbst 2014 reiste er mit dem Flugzeug und hat Bulgarien mittlerweile in die Top Five seiner Lieblings- kletterziele aufgenommen.

Der sechste SinnTO M DAU E RAls Tom Dauer und Michael Wärthl versuchten, den Cerro Torre als Erste im patagonischen Winter zu besteigen, drehten sie auf halber Strecke bei schönstem Wetter um. Nur einen halben Tag später kippte das Wetter, ein tagelang andauernder Sturm begann. Das ist knapp zwei Jahrzehnte her – seitdem feiern unser Autor und sein guter Freund regelmäßig ihr Bauchgefühl.

AlpinistischeHöchstleistungenJ O H A N N E S S C H W E I K L EDer Autor Johannes Schweikle ist neugierig auf Menschen, die sich in Bewegung setzen. Am liebsten schreibt er über solche, die sich in Neuland wagen, um Grenzen auszuloten. Auf der Whymper-Route am Matterhorn empfand er großen Respekt vor den Erstbestei-gern. Unvergesslich bleibt ihm die Begegnung mit Anderl Heckmair am Fuß der Eiger-Nordwand, der die Touristen anschaute und sagte: „Mei, die Gwamperten!“

Bergsteiger-AuszeichnungenD O M I N I K P R A N T LSäße Dominik Prantl in der Jury des Piolet d’Or, würde er den Gletscherfloh mit dem wichtigs-ten Alpinismus-Preis auszeich-nen – knapp vor Steinbock und Murmeltier. Da er aber als Journalist und Autor arbeitet, versucht er weiterhin, mehr zu erzählen als zu urteilen.

ChefredaktionJ Ü R G B U S C H O RDer ALLMOUNTAIN-Chefredakteur ist ein „Kind der Berge“ und hat seine persönliche Passion für Berg- und Outdoorsport längst zum Beruf gemacht. Er verbringt so viel Zeit wie möglich im Schnee, am Fels, auf Mountainbike-Trails oder auf dem Wasser. Außer er produziert mit seinem Team gerade eine der zwei ALLMOUNTAIN-Aus-gaben – dann lässt er sich gerne von den Unternehmungen anderer inspirieren.

#2Mit Herz und Kopf Geschichten leidenschaftlich erzählen, Informationen hart- näckig recherchieren und besondere Momente kreativ fotografieren – diese Leiden- schaften sind für die Journalisten und Fotografen dieser Ausgabe ebenso wichtig, wie immer wieder zu neuen Bergtouren aufzubrechen.

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Der Traum vom FliegenC H R I S T I A N P E N N I N GVor über zehn Jahren hat Autor und Fotograf Christian Penning seine erste Reportage übers Fliegen mit Wingsuits geschrieben. Da stand der neue Extremsport gerade in den Startlöchern. Zum Treffen in Lauterbrunnen mit Konturflug-Spezialist Alexander Polli reiste er nun mit einem mulmigen Gefühl an. Wingsuit-Fliegen macht nicht selten durch tödliche Unfälle Schlag- zeilen. Nach dem Gespräch mit Polli wich die Sorge. Der Autor war beeindruckt von dessen professioneller Vorbereitung.

Wissen KletterseileF LO R E N T I N V E S E N B EC K HDas erste eigene Seil ergatterte er im Kletter- mekka Arco zum Schnäppchenpreis. Etliche Felskilometer und Stürze später ist er noch immer vom Klettervirus infiziert. Das Seil begleitet ihn inzwischen auch bei alpinen Klettereien und auf Skitouren über Gletscher. Noch mehr als sonst stand das Seil bei seiner Hintergrundrecherche zum Thema im Fokus.

Ein Leben mit ExtremenM I L A H A N K EMila Hanke liebt Bergsport aller Art (Mountainbiken, Klettern, Trekking, Snowboarden), ist leidenschaftliche Journalistin und zudem auch noch studierte Psycho- login. Auf das Thema „Die Partner von Extremberg- sportlern“ hat sie sich deshalb mit Begeisterung gestürzt. Die Recherchen und Gespräche haben sie dann aber auch extrem bewegt und nachdenklich gemacht. Schließlich ging es um das intensive Leben, die Liebe, das Risiko – aber auch um den Tod.

HaptikS T E FA N R UZ A SVor seinen Recherchen zum Thema „Begreifen und Haptik“ wusste der Journalist und Buchautor Stefan Ruzas gar nicht, dass der Tastsinn der erste Sinn ist, der sich im Embryo entwickelt, und der letzte, der uns im Alter verlässt. Genauso wenig ahnte er, dass er als unser „Wahrheitssinn“ gilt und dass sich unsere Gehirnaktivität mit jedem eingeschalteten Sinn um das Zehnfache verstärkt. All das hat ihn richtiggehend berührt. Im besten Sinne.

Porträt Nasim EshqiK A R I N S T E I N B AC H TA R N U T Z E RAuf Nasim Eshqi stieß die deutsch-schwei-zerische Alpinjournalistin und Buchautorin bei den Recherchen für eine Geschichte des Frauenbergsteigens – und setzte sich in den Kopf, der iranischen Kletterin zu einem Visum für Europa zu verhelfen. Bei der Reportage über Stephan Siegrists jüngste Expedition konnte sie auf eigene Reise- erinnerungen aus Kaschmir zurückgreifen. Bis heute unvergesslich: die Bootsfahrt über den lotusbewachsenen Dal-See bei Srinagar.

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Expedition zu den PollenE I N VO R B I L D F Ü R A L P I N I S T E N

Lange fristete der Gletscherfloh ein Schat-tendasein. Die Wissenschaftler interes-sierten sich nicht für den Isotoma Saltans, und die meisten Bergsteiger kannten ihn gar nicht. Dabei lässt dieser kleine Kerl aus der Klasse der Springschwänze jeden hart gesottenen Alpinisten wie einen Sonn- tagsausflügler aussehen. Bei Begriffen wie Gore-Tex, Powerstretch und Primaloft würde sich der Zwei-Millimeter-Zwerg wohl vor Lachen seinen kleinen Wanst halten. Er hat diesen Schnickschnack der Sportartikelindustrie nicht nötig. In sei-nem Körper wirken spezielle Proteine als Frostschutzmittel. Sie bewahren den Glet-scherfloh davor, zum Tiefkühl-Fast-Food seiner natürlichen Feinde wie den Glet-scherweberknecht zu erstarren. Auch auf Kaminwurz’n, Powerbar und Ex-peditionsnahrung kann der Isotoma Sal-tans verzichten. Ihm reichen ein paar Pol-len und Algen auf und unterhalb der Glet- scheroberfläche. Außerdem bewegt er sich trotz seiner geringen Körpergröße auch in steilem und vereistem Gelände so, ja, explosionsartig, dass beispielsweise ein Kletterer bei einer ähnlichen Körper-größen-Schritt-Ratio in etwa 40 Sprüngen die Eiger-Nordwand durchhüpfen könnte. Ein Problem hat der Gletscherfloh jedoch: Bei zweistelligen Plusgraden knickt er kom- plett ein. Für Messeauftritte und Vortrags-reihen ist er damit leider völlig ungeeignet.

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