„die zukunft des lernens“€¦ · wie second-life1 eine bedeutende rolle. die 5-tägige...

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62(2011)2-3, 127-128 127 Die 18. International Conference on Com- puters in Education (ICCE) fand vom 29. November bis zum 3. Dezember 2010 in Putrajaya, dem Regierungssitz Malay- sias, unweit der Hauptstadt Kuala Lum- pur statt. Organisiert wurde die jährliche Konferenz von der Asia-Pacific Society for Computers in Education unter der Leitung von Fu-Yun YU (National Cheng Kung University, Taiwan). Gastgeber war in diesem Jahr die Faculty of Educational Studies der Universität Putra Malaysia. Die Konferenz soll die weltweite Kommu- nikation im Bereich des elektronischen Lernens fördern und allen Beteiligten neue Denkanstöße für ihre zukünftigen Projekte geben. So trafen sich zur diesjährigen Konferenz internationale Experten im Marriott Hotel Putrajaya, um sich über ihre Forschungen und die daraus resultierenden Ergeb- nisse auszutauschen. Die wichtigsten Themen waren 2010 E- Learning-Ansätze für mobile Endgeräte sowie das kollaborative Lernen mittels Social Software. Zudem wurde über den Einsatz von Computerspielen zur Lernun- terstützung und -motivation diskutiert. Hierbei spielten vor allem Plattformen wie Second-Life 1 eine bedeutende Rolle. Die 5-tägige Konferenz vereinigte unter- schiedliche Angebote aus dem Bereich des E-Learning. So gab es sechs Unter- konferenzen zu den Themen künstliche Intelligenz in der Lehre, kollaborative Lehrmedien, Standards innerhalb des E-Learning, Lernen mit mobilen Endgeräten, Einsatz von Computerspielen, Pädagogik und Erziehungswissen- schaft. Jede Unterkonferenz beinhaltete Full- und Shortpapervorträge sowie Posterses- sions von internationalen Forscherteams. Zudem gab es elf Workshops mit insge- samt 52 Präsentationen, in denen in ge- mütlicher Atmosphäre aktuelle Themen detailliert vorgestellt und diskutiert wer- 1 www.secondlife.com „Die Zukunft des Lernens“ Bericht über die International Conference on Computers in Education 2010 Lisa Beutelspacher und Julia Kessler, Düsseldorf Tagungsberichte Abbildung 1: Keynote von Hans Christian Arn- seth. (Foto: Julia Kessler) den konnten. So zum Beispiel Vorträge zum Thema Methoden und Technologien zum Lernen mit Internetquellen oder vir- tuelle Welten. Ein gesonderter Bereich auf der ICCE 2010 wurde den Doktoranden mit dem „Doctoral Student Consortium“ einge- räumt. Hier hatten Doktoranden aus aller Welt die Möglichkeit ihre Doktorarbeiten vorzustellen und zu diskutieren. Außer- dem bot sich hier die Gelegenheit innova- tive Ansätze und Ideen auszutauschen. Um die Konferenz mit praktischen Bei- spielen und Ansätzen zu ergänzen, wur- den interaktive Events und Tutorials an- geboten. Hier spielte vor allem die prak- tische Anwendung von E-Learning-Tools in Schulen und Universitäten eine Rolle. In den vier halbtägigen Veranstaltungen gab es viel Raum, um konkrete Fragen und Probleme anzusprechen. Besonders gut besucht waren die Vor- träge der eingeladenen Keynote-Speaker, die unterschiedliche Bereiche des E-Lear- ning abdeckten. Die neuen Herausforderungen des Lernens: Kreativität und Innovation Lernende stehen zunehmend vor der Aufgabe innovativ und kreativ zu arbei- ten. Keith R. Sawyer von der Washing- ton University in St. Louis (USA) griff in seiner Keynote „Creativity, Innovation, and the New Science of Learning“ dieses Problemfeld auf. Für ihn sind Kreativität und Innovation die Eckpfeiler einer guten Lehre und somit ausschlaggebende Er- folgsfaktoren im E-Learning. Sawyer be- gann seinen Vortrag mit einer Erklärung, wie in der heutigen Zeit Innovation und Kreativität entstehen. Für ihn sind diese untrennbar mit kollaborativer Arbeit ver- bunden. Lernende müssten sich damit auseinander setzen, dass sie Teams bil- den müssen, um neues Wissen zu gene- rieren. Der Fokus müsse zunehmend vom faktenbasierten auf das problemorientier- ten Lernen verlagert werden. Eine große Rolle bei diesem Prozess spielen soziale Netzwerke und kollaborative Wissensba- sen wie Facebook 2 oder Wikipedia 3 . Mobile Technologien: Allgegenwär- tige Lernerfahrungen Mit der fortschreitenden Verbreitung von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder PDAs sehen Informationstechnolo- gen neue Möglichkeiten für Lernende. Hierzu stellte Hioaki Ogata von der Uni- versität Tokushima (Japan) in seiner Key- note ein neues Projekt namens SCROLL (System for Capturing and Reminding of Learning Log) vor. Seiner Meinung nach besteht eines der größten Probleme des Lernens darin, das Gelernte zu behalten und im richtigen Moment wieder abrufen zu können. Das System SCROLL solle hel- fen mit Foto- und Videoaufnahmen eine Art „Lerntagebuch“ (learning log) zu führen. Durch Veröffentlichen dieser logs könne eine breite Basis an themenspezifi- 2 www.facebook.com 3 www.wikipedia.org

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Page 1: „Die Zukunft des Lernens“€¦ · wie Second-Life1 eine bedeutende Rolle. Die 5-tägige Konferenz vereinigte unter-schiedliche Angebote aus dem Bereich des E-Learning. So gab

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Die 18. International Conference on Com-puters in Education (ICCE) fand vom 29. November bis zum 3. Dezember 2010 in Putrajaya, dem Regierungssitz Malay-sias, unweit der Hauptstadt Kuala Lum-pur statt. Organisiert wurde die jährliche Konferenz von der Asia-Pacific Society for Computers in Education unter der Leitung von Fu-Yun YU (National Cheng Kung University, Taiwan). Gastgeber war in diesem Jahr die Faculty of Educational Studies der Universität Putra Malaysia. Die Konferenz soll die weltweite Kommu-nikation im Bereich des elektronischen Lernens fördern und allen Beteiligten neue Denkanstöße für ihre zukünftigen Projekte geben.So trafen sich zur diesjährigen Konferenz internationale Experten im Marriott Hotel Putrajaya, um sich über ihre Forschungen und die daraus resultierenden Ergeb-nisse auszutauschen. Die wichtigsten Themen waren 2010 E-Learning-Ansätze für mobile Endgeräte sowie das kollaborative Lernen mittels Social Software. Zudem wurde über den Einsatz von Computerspielen zur Lernun-terstützung und -motivation diskutiert. Hierbei spielten vor allem Plattformen wie Second-Life1 eine bedeutende Rolle. Die 5-tägige Konferenz vereinigte unter-schiedliche Angebote aus dem Bereich des E-Learning. So gab es sechs Unter-konferenzen zu den Themen■ künstliche Intelligenz in der Lehre,■ kollaborative Lehrmedien,■ Standards innerhalb des E-Learning,■ Lernen mit mobilen Endgeräten,■ Einsatz von Computerspielen,■ Pädagogik und Erziehungswissen-

schaft.

Jede Unterkonferenz beinhaltete Full- und Shortpapervorträge sowie Posterses-sions von internationalen Forscherteams.Zudem gab es elf Workshops mit insge-samt 52 Präsentationen, in denen in ge-mütlicher Atmosphäre aktuelle Themen detailliert vorgestellt und diskutiert wer-

1 www.secondlife.com

„Die Zukunft des Lernens“

Bericht über die International Conference on Computers in Education 2010

Lisa Beutelspacher und Julia Kessler, Düsseldorf

Tagungsberichte

Abbildung 1: Keynote von Hans Christian Arn-seth. (Foto: Julia Kessler)

den konnten. So zum Beispiel Vorträge zum Thema Methoden und Technologien zum Lernen mit Internetquellen oder vir-tuelle Welten.

Ein gesonderter Bereich auf der ICCE 2010 wurde den Doktoranden mit dem „Doctoral Student Consortium“ einge-räumt. Hier hatten Doktoranden aus aller Welt die Möglichkeit ihre Doktorarbeiten vorzustellen und zu diskutieren. Außer-dem bot sich hier die Gelegenheit innova-tive Ansätze und Ideen auszutauschen.Um die Konferenz mit praktischen Bei-spielen und Ansätzen zu ergänzen, wur-den interaktive Events und Tutorials an-geboten. Hier spielte vor allem die prak-tische Anwendung von E-Learning-Tools in Schulen und Universitäten eine Rolle. In den vier halbtägigen Veranstaltungen gab es viel Raum, um konkrete Fragen und Probleme anzusprechen.

Besonders gut besucht waren die Vor-träge der eingeladenen Keynote-Speaker, die unterschiedliche Bereiche des E-Lear-ning abdeckten.

Die neuen Herausforderungen des Lernens: kreativität und Innovation

Lernende stehen zunehmend vor der Aufgabe innovativ und kreativ zu arbei-ten. Keith R. Sawyer von der Washing-ton University in St. Louis (USA) griff in seiner Keynote „Creativity, Innovation, and the New Science of Learning“ dieses Problemfeld auf. Für ihn sind Kreativität und Innovation die Eckpfeiler einer guten Lehre und somit ausschlaggebende Er-folgsfaktoren im E-Learning. Sawyer be-gann seinen Vortrag mit einer Erklärung, wie in der heutigen Zeit Innovation und Kreativität entstehen. Für ihn sind diese untrennbar mit kollaborativer Arbeit ver-bunden. Lernende müssten sich damit auseinander setzen, dass sie Teams bil-den müssen, um neues Wissen zu gene-rieren. Der Fokus müsse zunehmend vom faktenbasierten auf das problemorientier-ten Lernen verlagert werden. Eine große Rolle bei diesem Prozess spielen soziale Netzwerke und kollaborative Wissensba-sen wie Facebook2 oder Wikipedia3.

Mobile Technologien: Allgegenwär­tige Lernerfahrungen

Mit der fortschreitenden Verbreitung von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder PDAs sehen Informationstechnolo-gen neue Möglichkeiten für Lernende. Hierzu stellte Hioaki Ogata von der Uni-versität Tokushima (Japan) in seiner Key-note ein neues Projekt namens SCROLL (System for Capturing and Reminding of Learning Log) vor. Seiner Meinung nach besteht eines der größten Probleme des Lernens darin, das Gelernte zu behalten und im richtigen Moment wieder abrufen zu können. Das System SCROLL solle hel-fen mit Foto- und Videoaufnahmen eine Art „Lerntagebuch“ (learning log) zu führen. Durch Veröffentlichen dieser logs könne eine breite Basis an themenspezifi-

2 www.facebook.com3 www.wikipedia.org

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tisch ansprechender. Verstärkt arbeiten an diesen virtuellen Welten europäische Forscherteams. Einer der Referenten des Workshops „Virtual Worlds for Academic Organizational, and Life-long Learning“ war Thorsten Reiners von der Universität Hamburg, dessen Studenten eine eigene „Insel“ ihrer Universität in Second Life gestalteten. Hier können beispielsweise Forschungsprojekte virtuell besichtigt werden. Sogar einige Pflichtveranstaltun-gen können im virtuellen Hörsaal besucht werden. Zudem besteht die Möglichkeit zur Kommunikation und dem Austausch von Informationen oder Terminen.

Zusammengefasst war die gesamte Kon-ferenz sehr informationswissenschaft-lich orientiert und beleuchtete stark den technologischen Aspekt des E-Learning.Der etwas abseits gelegene Veranstal-tungsort der ICCE trug zu einer produk-tiven und geselligen Atmosphäre bei. So kam es auch nach dem Veranstaltungs-programm regelmäßig zu einem kommu-nikativen Beisammensein.

Computers in Education 2010

schen Foto- und Videoaufnahmen entste-hen. So würde es Lernenden ermöglicht werden zeit- und ortsunabhängig Lernin-halte zu rekonstruieren und neu zu ent-decken.

Lernen und Spiele

Unter dem Titel „Learning to play or playing to learn“ versuchte der Keynote-Speaker Hans Christian Arnseth von der Universität Oslo (Norwegen) einige Aspekte des spielbasierten Lernens zu beleuchten. Arnseth stellte die Möglich-keiten vor, die sich durch den Einsatz von Spielen in der Lehre ergeben. Hier-bei erwähnte er vor allem, dass Spiele die Motivation der Lernenden erhöhe und diese mehr Zeit mit einer Aufgabe verbringen würden als in einer konven-tionellen Lernumgebung. Die realistische Darstellung von Lerninhalten fördere die aktive Teilnahme und steigere somit den Lernerfolg. Zudem seien viele Spielstruk-turen mit real existierenden Aufgaben vergleichbar, wodurch deren effektive Bearbeiten trainiert würde.

Deutsche Beiträge

Neben unserem Beitrag zum Thema Blended-Learning, indem wir die derzeit vorhandenen Blended-Learning-Tools der Heinrich-Heine-Universität Düssel-

Tagung, Hochschulausbildung, Lernen, Student

Lisa Beutelspacher (r)

Julia kessler (l)

studieren seit 2007 „Informationswis-senschaft und Sprachtechnologie“ an der Heinrich-Heine-Universität Düssel-dorf. Ihr Vortrag auf der ICCE 2010 in Malaysia war Ergebnis des Seminars „Studi 2.0 – der mitforschende Stu-dent“ bei Dr. Isabella Peters und Dr. Katrin [email protected]@uni-duesseldorf.de

D e r A u t o r i n n e n

(Fotos: Adam Giemza)

dorf analysierten und vorstel l ten, gab es noch einige weitere Vorträge aus Deutschland. U n t e r a n d e r e m präsentierte Chris-tine Plesch von der Universität Frei-burg in ihrem Vor-trag „Opinions on Future Research Themes for Tech-nology-Enhanced Learning: A Del-phi-Study“ erste Ergebnisse einer Delphi-Studie über technology-enhan-ced learning (TEL) der europäischen Netzwerks STEL-LAR (Sustaining

Technology Enhanced Learning Large-scale multidisciplinary research). Hierbei wurden Experten befragt, um zukünftige Trends im E-Learning-Sektor zu identifi-zieren. Adam Giemza von der Universität Duisburg-Essen stellte ein noch im Auf-bau befindliches System namens SCY-Lab vor. Hierbei sollen mit Hilfe mobiler Endgeräte numerische und multimedi-ale Daten gesammelt und in SCY-Lab eingepflegt werden. Den Studierenden werden verschiedene Aufgaben gestellt (z.B. „Welchen Einfluss hat Licht auf das Wachstum von Pflanzen?“), für die sie in ihrer Umgebung die Daten sammeln müs-sen. Aus diesen Daten soll eine Lernum-gebung entstehen.

Virtuelle Welten als neue Lernumgebung

Gerade in den Workshops wurde der Ein-satz von Second Life und Co. im Hinblick auf die Steigerung der Attraktivität von Lernangeboten beleuchtet. Der Erfolg hierbei liegt, einigen Referenten nach zu urteilen, in der Verknüpfung von Spielen und Lernen. Ein weiterer Vorteil beim Einsatz dieser Medien ist, neben der Ortsunabhängigkeit der Lernenden, der soziale Aspekt. Denn hier besteht, anders als beispielsweise in Wikis oder Foren die Möglichkeit zur visuellen Interaktion mit Kommilitonen oder Lehrenden. Somit wird das Lernen persönlicher und op-

Abbildung 2: Tagungshotel Marriott. (Foto: Julia Kessler)