9.1.3 ziele für die pflegezone · 2019. 7. 10. · parks auf und berücksichtigt die...

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91 Nationalparkplan Berchtesgaden 2001 Einflüsse von Nutzungen und Diskussion: Managementmaßnahmen Darstellung potentiell oder tatsächlich beeinträchtigter Bereiche auf die Schutzgüter wie Skitouren, Radfahren, Eier, Verklammen der Jungen, wenn diese bei Störung des Nestes nicht zu diesem zurück- Drachen- und Gleitschirmfliegen, kehren können). Die Störung durch Jagd resultiert dabei insbesondere daraus, dass Jäger – Aktivitäten im Rahmen der z.B. im Gegensatz zu Erholungssuchenden – auch vom Weg abgehen und bevorzugt in den Forschung und Umwelt- Morgen- und Abendstunden unterwegs sind. Für andere störungsempfindliche Arten/Arten- beobachtung gruppen hat die Jagd nach derzeitigem Kenntnisstand keine direkten negativen Auswirkun- gen. Werden im Zuge der Planung Jagdräume und Jagdstrategien verändert, kann – auch wenn bisher eine Beunruhigung der Fauna durch die Jagd nicht erkennbar war – eine Störung der Populationsentwicklung insbesondere des Auerhuhns nicht ausgeschlossen werden. mögliche Beunruhigung durch Waldpflegemaßnahmen: Beunruhigungen durch Waldpflegemaßnahmen betreffen sowohl Steinadler und Auerhuhn (bei Balz und Brut) als auch in besonderem Maße den Weißrückenspecht. Im Falle der Quellschnecken können Waldpflegemaßnahmen zur völligen Biotopzerstörung führen. mögliche und tatsächliche Beunruhigung durch Erholungsnutzungen: Die Erholungsnutzungen im derzeitigen Umfang können für die Fauna überwiegend als nicht störend bewertet werden. Zu Beunruhigungen führen Nutzungen, die abseits der Wege stattfinden (z.B. Beeren- und Pilzesammeln, Wintersport). Der Radsport führt insbesondere dann zu Störungen der Fauna, wenn er nach Einbruch der Dunkelheit stattfindet, wenn das Gebiet von anderen Nutzungen bereits beruhigt ist. Dies betrifft besonders die Hirschbichl- und Kührointstraße. Das Skibergsteigen im Nationalpark kann, mit Ausnahme der Skitouren Gugl/Watzmann (in allen Monaten lawinensicher), Falzalm, Watzmannkar, im derzeitigen Umfang im Hinblick auf die Fauna als unbedenklich charakterisiert werden. Problematisch ist allerdings die aktuelle Tendenz zu einer Erhöhung der Anzahl von Tourengängern und zu einer tages- zeitlichen Ausweitung der Nutzung. Der niedrige Überflug von Habitaten (insbesondere auch Horststandorten) störungs- empfindlicher Tiere durch Hubschrauber sowie Drachen- und Gleitschirmflieger kann zu erheblichen Beeinträchtigungen der betroffenen Tierarten führen (Vertreibung aus den Habitaten, Nestaufgabe, Zerstörung der Eier durch Erschütterungen etc.). Störungen treten insbesondere dann auf, wenn die „Flugobjekte“ überraschend auftauchen. Die derzeit genutzten Kletterwände (zumeist oberhalb der Waldgrenze) sind keine Steinadlerwände (zumeist unterhalb der Waldgrenze), so dass mit einer Beunruhigung von Steinadlerhorsten durch Kletterer derzeit nicht gerechnet werden muss. Andere Erholungsnutzungen (wie z.B. das Langlaufen oder Rodeln) sind im derzeitigen Umfang bezüglich des Faunenschutzes als unbedenklich einzustufen. mögliche Beunruhigung durch Aktivitäten der Forschung und Umweltbeobachtung: Die Beunruhigung störungsempfindlicher Tierarten durch die Forschung und Umweltbe- obachtung beruht darauf, dass Forscher – je nach Forschungs- oder Beobachtungsauf- trag – (mitunter in hoher Frequenz) Bereiche abseits von Wegen aufsuchen. ohne Karte: Höhlen Vorbemerkung: Zu den Höhlen liegen keine detaillierten Untersuchungen zur Ausstattung vor. Eine Bewertungen dieser Ökosysteme nach ihrer Empfindlichkeit konnte nicht durchgeführt werden. durch Eutrophierung, Lichtein- mögliche Beeinträchtigungen durch Höhlenbefahrung: trag Veränderung der natürlichen Bei der derzeit nur sehr extensiven Befahrung der Höhlen ist mit nennenswerten Beein- Standortbedingungen trächtigungen durch Fäkalieneintrag und Lichteinfluss nicht zu rechnen. Ausnahmen bilden jedoch die Salzgrabenhöhle und bedingt zumindest auch die Reinersberghöhle. Probleme entstehen hier u.a. durch Fäkalieneintrag, Karbidreste und sonstige Abfälle. 9 Zonierung 9.1 Grundsätze der Zonierung Die Zonierung baut auf den unter Pos. 5 vorgestellten Rechtsgrundlagen und Leit- linien für die Entwicklung des National- parks auf und berücksichtigt die interna- tional gültigen Richtlinien der IUCN für die Zonierung von Nationalparken. Die Regionalisierung der Rechtsgrundlagen und Leitlinien für den Nationalpark Berchtesgaden mündet in die Formulie- rung der unter Pos. 9.1.1 bis 9.1.3 zu- sammengestellten Leitziele für die Ent- wicklung der Kern- und Pflegezone. 9.1.1 Allgemeine Leitziele für die Zonenabgrenzung Die Zonen sollen eine möglichst ge- schlossene Form aufweisen, d.h. Exkla- ven bzw. Enklaven (z.B. kleinere isolier- te Pflegezonen innerhalb der Kernzone) sollen vermieden werden. Tab. 9: (Potentielle) Beeinträchtigungen der Schutzgüter durch Nutzungseinflüsse

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Page 1: 9.1.3 Ziele für die Pflegezone · 2019. 7. 10. · parks auf und berücksichtigt die interna-tional gültigen Richtlinien der IUCN für die Zonierung von Nationalparken. Die Regionalisierung

91Nationalparkplan Berchtesgaden 2001

Einflüsse von Nutzungen und Diskussion:Managementmaßnahmen Darstellung potentiell oder tatsächlich beeinträchtigter Bereicheauf die Schutzgüter

wie Skitouren, Radfahren, Eier, Verklammen der Jungen, wenn diese bei Störung des Nestes nicht zu diesem zurück-Drachen- und Gleitschirmfliegen, kehren können). Die Störung durch Jagd resultiert dabei insbesondere daraus, dass Jäger –Aktivitäten im Rahmen der z.B. im Gegensatz zu Erholungssuchenden – auch vom Weg abgehen und bevorzugt in denForschung und Umwelt- Morgen- und Abendstunden unterwegs sind. Für andere störungsempfindliche Arten/Arten-beobachtung gruppen hat die Jagd nach derzeitigem Kenntnisstand keine direkten negativen Auswirkun-

gen. Werden im Zuge der Planung Jagdräume und Jagdstrategien verändert, kann – auchwenn bisher eine Beunruhigung der Fauna durch die Jagd nicht erkennbar war – eine Störungder Populationsentwicklung insbesondere des Auerhuhns nicht ausgeschlossen werden.

� mögliche Beunruhigung durch Waldpflegemaßnahmen:Beunruhigungen durch Waldpflegemaßnahmen betreffen sowohl Steinadler und Auerhuhn(bei Balz und Brut) als auch in besonderem Maße den Weißrückenspecht. Im Falle derQuellschnecken können Waldpflegemaßnahmen zur völligen Biotopzerstörung führen.

� mögliche und tatsächliche Beunruhigung durch Erholungsnutzungen:Die Erholungsnutzungen im derzeitigen Umfang können für die Fauna überwiegend alsnicht störend bewertet werden. Zu Beunruhigungen führen Nutzungen, die abseits derWege stattfinden (z.B. Beeren- und Pilzesammeln, Wintersport). Der Radsport führt insbesondere dann zu Störungen der Fauna, wenn er nach Einbruch derDunkelheit stattfindet, wenn das Gebiet von anderen Nutzungen bereits beruhigt ist. Diesbetrifft besonders die Hirschbichl- und Kührointstraße.Das Skibergsteigen im Nationalpark kann, mit Ausnahme der Skitouren Gugl/Watzmann(in allen Monaten lawinensicher), Falzalm, Watzmannkar, im derzeitigen Umfang imHinblick auf die Fauna als unbedenklich charakterisiert werden. Problematisch ist allerdingsdie aktuelle Tendenz zu einer Erhöhung der Anzahl von Tourengängern und zu einer tages-zeitlichen Ausweitung der Nutzung. Der niedrige Überflug von Habitaten (insbesondere auch Horststandorten) störungs-empfindlicher Tiere durch Hubschrauber sowie Drachen- und Gleitschirmflieger kann zuerheblichen Beeinträchtigungen der betroffenen Tierarten führen (Vertreibung aus denHabitaten, Nestaufgabe, Zerstörung der Eier durch Erschütterungen etc.). Störungen treteninsbesondere dann auf, wenn die „Flugobjekte“ überraschend auftauchen. Die derzeitgenutzten Kletterwände (zumeist oberhalb der Waldgrenze) sind keine Steinadlerwände(zumeist unterhalb der Waldgrenze), so dass mit einer Beunruhigung von Steinadlerhorstendurch Kletterer derzeit nicht gerechnet werden muss.Andere Erholungsnutzungen (wie z.B. das Langlaufen oder Rodeln) sind im derzeitigenUmfang bezüglich des Faunenschutzes als unbedenklich einzustufen.

� mögliche Beunruhigung durch Aktivitäten der Forschung und Umweltbeobachtung:Die Beunruhigung störungsempfindlicher Tierarten durch die Forschung und Umweltbe-obachtung beruht darauf, dass Forscher – je nach Forschungs- oder Beobachtungsauf-trag – (mitunter in hoher Frequenz) Bereiche abseits von Wegen aufsuchen.

ohne Karte: HöhlenVorbemerkung:Zu den Höhlen liegen keine detaillierten Untersuchungen zur Ausstattung vor. Eine Bewertungen dieser Ökosysteme nach ihrerEmpfindlichkeit konnte nicht durchgeführt werden.

durch Eutrophierung, Lichtein- � mögliche Beeinträchtigungen durch Höhlenbefahrung:trag Veränderung der natürlichen Bei der derzeit nur sehr extensiven Befahrung der Höhlen ist mit nennenswerten Beein-Standortbedingungen trächtigungen durch Fäkalieneintrag und Lichteinfluss nicht zu rechnen. Ausnahmen bilden

jedoch die Salzgrabenhöhle und bedingt zumindest auch die Reinersberghöhle.Probleme entstehen hier u.a. durch Fäkalieneintrag, Karbidreste und sonstige Abfälle.

9 Zonierung

9.1 Grundsätze derZonierung

Die Zonierung baut auf den unter Pos. 5vorgestellten Rechtsgrundlagen und Leit-linien für die Entwicklung des National-

parks auf und berücksichtigt die interna-tional gültigen Richtlinien der IUCN fürdie Zonierung von Nationalparken. DieRegionalisierung der Rechtsgrundlagenund Leitlinien für den NationalparkBerchtesgaden mündet in die Formulie-rung der unter Pos. 9.1.1 bis 9.1.3 zu-sammengestellten Leitziele für die Ent-wicklung der Kern- und Pflegezone.

9.1.1 AllgemeineLeitziele für dieZonenabgrenzung

Die Zonen sollen eine möglichst ge-schlossene Form aufweisen, d.h. Exkla-ven bzw. Enklaven (z.B. kleinere isolier-te Pflegezonen innerhalb der Kernzone)sollen vermieden werden.

Tab. 9: (Potentielle) Beeinträchtigungen der Schutzgüter durch Nutzungseinflüsse

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Die Zonen sollen so abgegrenzt werden,dass eine möglichst einheitliche Be-handlung erfolgen und auf Ausnahmere-gelungen verzichtet werden kann. DieAusweisung von Maßnahmenbereichen(s. Pos. 10) ermöglicht eine innere Glie-derung der Zonen.

Die nach den nationalen und internatio-nalen Leitlinien empfohlenen Flächen-anteile der Kernzone (75%) und Pflege-zone (25%) sollen eingehalten werden.Wenn dies nicht möglich ist, müssenPerspektiven aufgezeigt werden, wannund auf welchem Wege diese Flächen-verhältnisse zukünftig erreicht werdenkönnen.

Die Zonen sind nach den für den Natio-nalpark entscheidenden Kriterien derNatürlichkeit der Biotoptypen und dermenschlichen Nutzung bzw. Nicht-Nut-zung abzugrenzen. Da für die Fauna der-zeit keine Natürlichkeitsbewertung vor-liegt, muss ausschließlich auf die Natür-lichkeitsbewertung der Vegetation zurük-kgegriffen werden. Die Zonengrenzensollen aus Gründen der Handhabbarkeitim Zusammenhang mit dem National-parkmanagement (z.B. im Hinblick aufdie Notwendigkeit einer räumlich be-

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grenzten Schalenwildreduktion) und derVermittelbarkeit im Rahmen der Öffent-lichkeitsarbeit und Umweltbildung best-möglich im Gelände nachvollziehbar,d.h. nach Möglichkeit an den topographi-schen Gegebenheiten ablesbar sein.

Die Pflegezone läßt sich in die beidenTeilbereiche der permanenten und tem-porären Pflegezone untergliedern. Wäh-rend die permanente Pflegezone aufDauer erhalten bleiben soll, umschließtdie permanente Pflegezone solche Be-reiche, in denen zeitlich begrenzt nochpflegende und lenkende Maßnahmenerforderlich sind, um eine natürlicheEntwicklung in Gang zu setzen. Manage-mentmaßnahmen finden hier mit demZiel statt, diese Gebiete so schnell wiemöglich in die Kernzone zu überführen.Die Ausweisung der temporären Pflege-zone ist alleine durch die besonderenErfordernisse der Wildbestandsregulie-rung im Hinblick auf eine naturnaheund natürliche Waldentwicklung be-gründet.

9.1.2 Ziele für die Kernzone

In der Kernzone des Nationalparks sollsich die Natur möglichst unbeeinflusst

vom Menschen entwickeln können. DerSchwerpunkt liegt dementsprechendauf dem Ziel „Schutz der Wildnis“. Indieser Zone sollen die naturbedingtenVeränderungen und Entwicklungen inder belebten und unbelebten Umwelt inmöglichst ungestörter Dynamik ablau-fen können.

Im unbelebten Bereich bedeutet diesein Zulassen der natürlichen geologi-schen, hydrologischen, geomorphologi-schen, bodenbildenden und klimatischgesteuerten Prozesse. Dies schließt na-türliche Vorgänge der Massenverlage-rung mit ein, soweit dadurch keine Men-schenleben oder erhebliche Sachwerte(im Sinne von § 11 Nationalparkverord-nung; BAYSTMLU 1987) gefährdet sind.Freie Dynamik kann auch bedeuten,dass Boden teilweise abgetragen oderüberschüttet wird, dass Fließgewässerihren Lauf verlagern oder Stillgewässerverlanden. Der Mensch soll weder zurVerhinderung noch zur Förderung dieser Prozesse (z.B. erhöhte Erosiondurch Wandern abseits der Wege)beitragen. Er soll weder Stoffe in das System eintragen (z.B. Abwässer) nochwelche entnehmen.

Im belebten Bereich (Tier- und Pflan-zenwelt) gelten im besonderen die Be-stimmungen von § 9 Nationalparkver-ordnung, der verbietet, „Lebensberei-che (Biotope) der Pflanzen und Tiere zustören oder zu verändern“ (Abs. 1),„Pflanzen jeglicher Art zu entnehmenoder zu beschädigen [...], freilebendenTieren nachzustellen oder sie mutwilligzu beunruhigen“ (Abs. 2).

Die natürlichen populationsdynami-schen Prozesse und Veränderungen(Einwanderungen, Sukzessionen usw.),also eine möglichst ungestörte Weiter-entwicklung der Lebensgemeinschaften,sollen zugelassen werden. Maßnahmenzur Lenkung dieser Prozesse (wie z.B.die Stabilisierung bestimmter Sukzes-sionsstadien und ihres Artenbestandes)sollen unterbleiben.

Sämtliche Forstschutzmaßnahmen, ein-schließlich der Borkenkäferbekämp-

Bild 98: Regenalm in der Pflegezone des Nationalparks (NPV, Diaarchiv)

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fung, sind in der Kernzone ausgeschlos-sen. Vielmehr sind etwaige Verschie-bungen im Artenspektrum Flora/Faunaund sonstige natürliche Veränderungendes Ökosystems z.B. infolge des Zu-sammenbruchs eines Waldbestandesund seiner natürlichen Verjüngung zuakzeptieren. Die Lebensräume werdenentsprechend dem Wildnisgedankensich selbst überlassen. In begründetenAusnahmefällen ist jedoch – wie bereitsunter Pos. 6.2 erwähnt – eine Regulie-rung des Wildbestandes auch in derKernzone möglich. Die Fütterungen desSchalenwildes ist ausgeschlossen.

Das Erscheinungsbild der Landschaftsoll sich vom Menschen weitgehend un-beeinflusst entsprechend den natür-lichen Veränderungen der belebten undunbelebten Landschaftsteile entwickelnkönnen.

Um die natürliche Dynamik dieser Pro-zesse zu erhalten, sollen menschlicheNutzungen in der Kernzone möglichstausgeschlossen werden. Eine extensiveBeweidung in flächenmäßig und zeit-lich untergeordneten Teilbereichen istjedoch auch mit den von der ARGE ALPund ARGE ALPEN ADRIA auf der Grund-lage der IUCN-Richtlinien formuliertenAnforderungen für Nationalparke inden Alpen vereinbar. In jedem Fallbleibt der Rechtsstand bezüglich derWeiderechte und Weidebezirke in allenZonen und damit auch innerhalb derKernzone gewahrt.

Aufgrund der Schönheit und Eigenartder in der Kernzone gelegenen natür-lichen und naturnahen Gebiete soll demMenschen Zugang zu Zwecken der Erho-lung und der Umweltbildung gewährtwerden. Ferner besteht das Interesse, dieProzesse forschend und beobachtendinsbesondere auch im Hinblick auf einelaufende Erfolgskontrolle zu begleiten.Der Zugang ist jedoch so zu lenken (z.B.über ein markiertes Wegenetz), dassauch gefährdete, besonders schützens-werte oder empfindliche Teilgebiete un-beeinträchtigt bleiben. Auf eine national-parkgerechte Gestaltung der Erholungs-aktivitäten ist innerhalb der Kernzone

besonderer Wert zu legen. In Zusammen-arbeit mit den alpinen Vereinen und denNaturschutzverbänden sind entspre-chende Konzepte fortzuschreiben undderen Umsetzung voranzutreiben.

9.1.3 Ziele für die Pflegezone

Die Pflegezone unterteilt sich in die per-manente Pflegezone und die temporärePflegezone (s. Pos. 9.1.1). In der perma-nenten Pflegezone gilt als vorrangigesZiel die Pflege der Kulturlandschaft.Diese beinhaltet den Schutz und die Er-haltung von seltenen und gefährdetenStandorten bzw. Lebensräumen (inkl.der dort vorkommenden Tier- undPflanzenwelt), der genetischen Vielfaltoder auch von Landschaftsteilen mit besonderer Schönheit und Eigenart (attraktive Landschaftsbilder), diedurch die Nutzungseinflüsse des Men-schen entstanden sind bzw. deren Ent-wicklung dadurch begünstigt wurde.Die für das Weiterbestehen dieser schüt-zenswerten Lebensräume bzw. Land-schaftsteile erforderlichen Nutzungensollen in traditioneller Weise fortgesetztwerden. So sollen beispielsweise insbe-sondere die mit sehr wertvollen Pflan-

zen- und Tiergemeinschaften ausgestat-teten Lichtweiden in pfleglicher Weiseweiterhin bestoßen werden. Mit demWeiterführen der traditionellen Alm-wirtschaft wird gleichzeitig die Siche-rung der hohen ästhetischen Qualitätder Almlandschaft (abwechslungsrei-che, liebliche Landschaften mit traditio-nellen Gebäuden) ermöglicht.

Traditionelle Almnutzung bedeutet dieBeschränkung auf den Einsatz derstandortsheimischen Produktionskräf-te hinsichtlich Futterangebot für dasWeidevieh und Düngewirtschaft, dieVerwendung von standortsheimischenBaumaterialien (Stein, Holz) bei der Sa-nierung von Almgebäuden sowie dieVerköstigung von Besuchern auf derAlm ausschließlich mit landwirtschaft-lichen Produkten aus dem eigenen berg-bäuerlichen Betrieb inklusive Almflä-chen. Zur traditionellen Almwirtschaftgehört auch die Behirtung der Weidetie-re. Sie soll zugunsten einer gleichmäßi-gen Bestoßung der Almflächen und zumSchutz von trittempfindlichen Standor-ten gefördert werden.

Die Haltung des traditionellen Pinzgau-

Bild 99: Zulassen freier Dynamik – ein Kennzeichen der Kernzone des Nationalparks (NPV, Diaarchiv)

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er Rindes soll auch im Hinblick auf dengenetischen Ressourcenschutz unter-stützt werden.

Die permanente Pflegezone schließtauch solche Bereiche ein, in denen zumSchutz von außerhalb des Nationalparksliegenden Landschaftsteilen langfristigund kontinuierlich Pflegemaßnahmenerforderlich sind. Dies betrifft z.B. dieWaldbestände entlang der Nationalpark-nordgrenze sowie im Bereich Hirsch-bichl, in denen geeignete Maßnahmenzum Schutz der außerhalb des National-parks liegenden Wälder vor Befall mitForstschädlingen (z.B. Borkenkäfern)durchgeführt werden müssen. Gleichesgilt für Wälder, die für außerhalb der Na-tionalparkgrenze liegende Infrastruktur-einrichtungen Schutzfunktionen vor La-winen und Steinschlag übernehmen sol-len. In diesen Wäldern sollen Maßnah-men durchgeführt werden, welche dieWaldentwicklung dahingehend unter-stützen, dass eine Erfüllung dieserSchutzfunktionen gewährleistet werdenkann.

In der permanenten Pflegezone findenauch Maßnahmen der Schalenwildreduk-tion statt mit dem Ziel einer den natür-

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lichen Verhältnissen angepassten Popu-lationsgröße der Schalenwildarten Reh-,Rot- und Gamswild und der Sicherung einer natürlichen Waldentwicklung.

Aufgrund der steten Präsenz des Men-schen im Rahmen seiner Pflegeaufgabeist die permanente Pflegezone in be-sonderer Weise geeignet, auch andereAktivitäten des Menschen, insbesonde-re zu Zwecken der Erholung und derForschung, aufzunehmen. Erholungwie Forschung müssen sich an den na-tur- und umweltschutzfachlichen Zie-len des Nationalparks orientieren. InBereichen, in denen durch den Erho-lungsverkehr bereits Be- und Überlas-tungen aufgetreten sind, sind geeigne-te Maßnahmen zu deren Beseitigung zu ergreifen. Nach Möglichkeit sollenGaststätten und Unterkunftshäuser indie permanente Pflegezone integriertwerden. Ist dies aufgrund der Lage in-mitten der Kernzone nicht möglich,sollen die Richtlinien für den Betriebdieser Häuser lediglich verbal (nichtaber über die Abgrenzung einer eige-nen kleinen Pflegezone) beschriebenwerden. Alle in der permanenten Pfle-gezone durchgeführten Maßnahmensind einer Erfolgskontrolle zu unterzie-

hen.In der temporären Pflegezone werdenzeitlich begrenzt ausschließlich Maß-nahmen der Schalenwildregulierungdurchgeführt. Diese soll eine natürlicheWaldentwicklung und -verjüngung un-terstützen. Die Wirksamkeit der Maß-nahmen hinsichtlich der Waldentwick-lung ist jährlich zu überprüfen. Soweiterforderlich, sind Korrekturen vorzu-nehmen. Ziel ist, die Flächen der tempo-rären Pflegezone spätestens nach 10Jahren in die Kernzone zu überführenund damit aus dem menschlichen Zu-griff zu entlassen. Auch für die temporä-re Pflegezone wie für alle übrigen Zo-nen gilt, dass die hier bestehenden Wei-derechte erhalten bleiben.

9.2 Herleitung derZonierung

Die räumliche Definition der Kern- undPflegezone besteht in der Suche nachBereichen, die den unter Pos. 9.1.2 und9.1.3 definierten Zielen der Kern- undPflegezone am ehesten entsprechen,

– da sie bereits die gewünschtenQualitäten aufweisen und Funktio-nen erfüllen, z.B.:Bereiche mit hohem Natürlichkeits-grad der Vegetation, die derzeit nichtoder nur in geringer Intensität ge-nutzt werden � Kernzone; Bereiche mit hoher Biodiversität, de-ren Ursprung in anthropogener Nut-zung begründet ist und die auch heu-te noch dieser Nutzung unterliegen� Pflegezone;

– da die aktuelle Qualität oderFunktion am besten über Maßnah-men gesichert werden kann, die denZielsetzungen der jeweiligen Zoneentsprechen, z.B.: Schutz von Bereichen hoher Emp-findlichkeit gegenüber Erosion derorganischen Bodenauflage � Kern-zone;weitere Pflege von Bereichen, die ak-tuell genutzt werden und zur Erfül-lung bestimmter Artenschutzaufga-Bild 100: Akeleiblättrige Wiesenraute (NPV, Diaarchiv)

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ben und/oder Erhaltung des Land-schaftsbildes weiterentwickelt wer-den sollen � Pflegezone;

– da sie sich entweder durch natürli-che Sukzession oder gezieltes Ma-nagement rasch zu Bereichen ent-wickeln können, die den Zielen derjeweiligen Zone entsprechen, z.B.:Bereiche, die zwar aufgrund frühereranthropogener Eingriffe überformtsind, in denen die Nutzung jedoch(mit Ausnahme einer etwaigen gele-gentlichen Weidenutzung) bereitsaufgelassen wurde, die sich zu Syste-men höherer Natürlichkeit hin ent-wickeln und innerhalb derer die Na-tionalparkforschung anthropogenunbeeinflusste Sukzessionsprozessebeobachten kann � Kernzone;

– da über ihre Integration in die jewei-lige Zone eine Verbesserung ihrerderzeitigen (Qualität oder) Funk-tion zu erwarten ist, z.B.: stark monostrukturierte Waldbestän-de mit geringem Natürlichkeitsgrad,deren Umwandlung in natürlichere

Bestände durch Maßnahmen derWaldpflege unterstützt werden kann� Pflegezone.

Entscheidend für die Herleitung derräumliche Abgrenzung der Kern- undPflegezone ist neben den grundlegen-den fachlichen Kriterien auch die Anfor-derung, die Festlegung des Grenzver-laufs im Gelände nachvollziehbar zu ma-chen. Die Zonierung wurde daher inmehreren Teilschritten entwickelt: Einezunächst aus naturschutzfachlicher Sichtoptimierte Zonierung hatte zum Ziel, dieSchutzerfordernisse vor Abwägung mitden vielfältigen Nutzungsinteressen zudokumentieren. Diese Darstellung lie-ferte die fachlichen Argumente für dieEntscheidungen im nachfolgenden Ab-wägungsprozess zwischen Schutz undNutzung, aus dem letztendlich die Natio-nalparkzonierung hervorging. Die we-sentlichen Einzelschritte , die zur Zonie-rung geführt haben, sind im Materialien-und Methodenband dokumentiert (s.Pos. M6). Die Eckpunkte des Zonierungs-Bild 101: Zirbenbestand in der Kernzone des Nationalparks (NPV, Diaarchiv)

Bild 102: Zwergalpenrose (NPV, Diaarchiv)

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Eckpunkte des Zonierungskonzeptes

Nationalparkfunktionen Kernzone [mind. 75 % des NP] Pflegezone [max. 25 % des NP]

Teilgebiet, das in die Kern-zone überführt werden soll = temporäre Pflegezone

Schutz Abiotik keine Einschränkung natürlicher gelenkte oder ungelenkteVerlagerungsprozesse, daher Entwicklung hin zuAbgrenzung dieser Zone nur in natürlichen oder Bereichen, wo eine Gefährdung naturnahen Standortender Kulturlandschaft und von bzw. LebensräumenInfrastruktureinrichtungenaußerhalb des Nationalparksausgeschlossen werden kann

Biotik Hinnahme von Änderungen des Erhalten von seltenen Arten undStatus Quo der Artenvielfalt, Lebensgemeinschaften der exten-selbst ein Rückgang der siv genutzten Kulturlandschaft„Biodiversität“ wird zugunstennatürlicher Prozesse bewussthingenommen

Land- Zulassen natürlicher Verän- Zulassen von durch die Schützen/Erhalten von ästhetischschaftsbild derungen des Erscheinungs- Biotopentwicklung hochwertigen Kulturlandschaften

bildes der Landschaft bedingten Veränderungen

Pflege Almpflege keine regelmäßig bestoßenen Licht- und Waldweiden, traditionelle Nutzung der Almweidengelegentliche extensive Beweidung in flächenmäßig undzeitlich untergeordneten Teilbereichen möglich

Waldpflege keine waldbaulichen Maßnahmen, Initiierung einer standortgerechtenkeine Forstschutzmaßnahmen Artenzusammensetzung bzw. För-

derung der natürlichen Verjüngungdurch waldbauliche Maßnahmen(Auflichten, Freistellen, Pflanzen, Schädlingsbekämpfung),Forstschutzmaßnahmen bei Borken-käfergradationen möglich, sofernWaldbestände außerhalb desNationalparks gefährdet sind; Auf-rechterhalten der Schutzfunktionder Wälder für Siedlungen undInfrastruktureinrichtungen

Wild- In begründeten Ausnahmefällen zeitlich begrenzte Fortführung Räumlich und zeitlich differenziertesbestands- jagdliche Eingriffe möglich von jagdlichen Maßnahmen Konzept zur Regulierung derregulierung mit dem Ziel der Regulierung Schalenwildbestände von Reh-,

der Schalenwildbestände von Rot- und Gamswild zur FörderungReh-, Rot- und Gamswild der Entwicklung natürlicher oderzur Förderung der Entwick- naturnaher Waldbestände lung natürlicher oder natur-naher Waldbestände

Gewässer- keine Maßnahmen der Gewässerpflege und -unterhaltung Managementmaßnahmen nur dort, pflege wo Menschen und erhebliche

Sachwerte gefährdet sind; Maß-nahmen der Gewässerrenaturierung

Fischerei keine fischereiliche Nutzung nachhaltig-umweltgerechte fische-reiliche Nutzung des Königssees

Bundeswehr/ nur Aktivitäten, die denjenigen der fußläufigen Erholung gleichkommen; Grenzschutz, Rettungseinsätze uneingeschränkt möglich, jedoch Vereinbarungen über räumliche/zeitlicheBergwacht, Beschränkungen für die vor Ort erforderlichen Ausbildungs- und ÜbungsmaßnahmenRettungsdienst (insbesondere zur Luftrettung)

Erholung Wandern, Besucherlenkung durch Wegeangebot und geeignete grundsätzlich alle traditionellenAlpinsport Information; Routenempfehlungen für Kletterer und Aktivitäten möglich, Routen-

Skitouren-Geher angebot für Radfahrer gemäßRadfahrverordnung

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Eckpunkte des Zonierungskonzeptes

Nationalparkfunktionen Kernzone [mind. 75 % des NP] Pflegezone [max. 25 % des NP]

Teilgebiet, das in die Kern-zone überführt werden soll = temporäre Pflegezone

Hütten und Optimierung der Ver- und Entsorgung der vorhandenen Hütten, Unterkunftshäuser und Gaststätten,Unterkunfts- keine Errichtung weiterer Gebäude an neuen Standorten, Maßnahmen zur Sanierung undhäuser Modernisierung möglich und erwünscht

Forschung/ Forschung im wesentlichen angewandte angewandte Forschung und angewandte Forschung zumUmwelt- Forschung, z.T. auch Grund- Umweltbeobachtung zu Einfluss von Nutzungen auf diebeobach- lagenforschung insbesondere Sukzessionsabläufen und Ökosysteme, Umweltbeobachtungtung zu den Themen: Eigendynamik zur Wirksamkeit lenkender zur Erfolgskontrolle von

natürlicher/naturnaher Öko- Eingriffe (Wildbestand- Managementmaßnahmen und zursysteme; in enger Abstimmung regulierung) langfristigen Entwicklungmit den Schutzanforderungen der Ökosysteme

Umweltbeob- Umweltbeobachtung insbeson-achtung, Er- dere in (sub-)alpinen Ökosystem-folgskontrolle typen sowie Bergwäldern;

Erfolgskontrolle zur Umsetzungdes Nationalparkplans

Umwelt- Umwelt- u.a. Wissen über natürliche u.a. Reflexion der Maßnahmen u.a. Verstehen der vielfältigen bildung/ bildung Prozesse, Erleben anthropogen zur anthropogenen Steuerung Wechselwirkungen zwischenÖffentlich- nicht oder nur wenig beein- von Entwicklungsabläufen in Naturhaushalt und menschlichenkeitsarbeit flusster Ökosysteme, Erlernen Ökosystemen, Erfassen der Nutzungen, Erkennen nachhaltiger

umweltgerechten Verhaltens Möglichkeiten und Grenzen Nutzungen, Erlernen umweltge-in empfindlichen Systemen, menschlicher Einflussnahme, rechten Verhaltens, Aktivitäten vorErfassung der Nationalpark- Aktivitäten vor Ort unter Ort unter Rücksichtnahme auf dieIdee, Aktivitäten vor Ort unter maximaler Rücksichtnahme Schutzanforderungenmaximaler Rücksichtnahme auf die Schutzanforderungenauf die Schutzanforderungen

Öffentlich- Einsatz des Nationalparkdienstes zur Besucherinformation, Einsatz des Nationalparkdienstes keitsarbeit stark eingeschränkte infrastrukturell gestützte Maßnahmen der zur Besucherinformation, infra-

Öffentlichkeitsarbeit, u.a. Aufklärung über die Nationalparkziele, strukturell gestützte MaßnahmenAnregung zu nationalparkgerechtem Verhalten, Wecken von der Öffentlichkeitsarbeit Verständnis für die Maßnahmen im Rahmen des Nationalpark- (Infohäuser, Infotafeln etc.), u.a. Managements Darstellung der Nationalparkziele

und der Aufgaben der Verwaltung; Information über Aktivitäten imNationalpark; gezielte Präsentationvon Forschungsergebnissen

Tab. 10: Eckpunkte des Zonierungskonzeptes

konzepts sind in Tab. 10 dargestellt.

9.3 Nationalparkzonie-rung: Abgrenzung derKern- und Pflegezone

Karte 30: „Nationalparkzonierung“(s. Anhang 2)

Die Flächenanteile der Kern- und Pflege-zone sowie ihrer Teilgebiete permanen-te und temporäre Pflegezone verteilensich im Nationalpark Berchtesgaden pro-zentual wie folgt:

– Kernzone gesamt: 66,6 % (13.860 ha)

– Pflegezone gesamt: 33,4 % (6.948 ha) davon: permanente Pflegezone:

23,5 % (4.884 ha)temporäre Pflegezone: 9,9 % (2.064 ha)

9.3.1 Die Kernzone des Nationalparks Berchtesgaden

Die Kernzone des Nationalparks erstrek-kt sich über eine Fläche von 13.860 ha (=66,6 % der Gesamtfläche). Sie umfasstim wesentlichen die natürlichen und na-turnahen Ökosysteme schwerpunktmä-

ßig der höheren Lagen, die hochwertigeund empfindliche Pflanzen- und Tierge-meinschaften und sensible Standorte be-herbergen.

Mit Ausnahme der Erholungsnutzung(inkl. Hütten), Aktivitäten der Bundes-wehr und des Bundesgrenzschutzes(Hubschrauberüberflug und Hubschrau-berlandeplätze) sowie einer gelegent-lichen extensiven Beweidung in flächen-mäßig und zeitlich untergeordneten Teil-bereichen finden in der Kernzone keineNutzungen statt. Nur in begründete Aus-nahmefällen sind jagdliche Eingriffe

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möglich.� Kernzone

Die Kernzone gliedert sich in drei zu-sammenhängende Bereiche, die durchgrößere Abschnitte der Pflegezone von-einander getrennt sind.

– Kernzone „Reiteralm, Mühlsturzhörner“

Westlich des Klausbachtals erstreckt sichdie Kernzone über die gesamte Reiter-alm und die am westlichen Talrand desKlausbachtals aufsteigenden Massiveder Mühlsturzhörner sowie die Ostflan-ke des Gernhorns.

Besonders hochwertige und sensibleFlächen hinsichtlich des Vorkommensseltener, gefährdeter und z.T. auch stö-rungsempfindlicher Tierarten der RotenListe sowie von Vegetationseinheitenmit einer besonders hohen Artenvielfaltkonzentrieren sich in den Gebirgsstö-cken des Prünzlkopfs, Predigstuhls unddes Sulzkopfs, am Oberlauf des Sulz-bachs und östlich des Sulzensteins sowie

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im Bereich der nordöstlichen Reiteralm.– Kernzone „Zentrale Gebirgsstöcke“

Östlich des Klausbachtals umfasst dieKernzone die höheren Lagen des Hoch-kalter- und Watzmannmassivs ein-schließlich des Wimbachgries, den baye-rischen Teil des Steinernen Meeres, dieGroßräume Gjaidkopf, Simetsberg undFuntenseetauern und ehemalige Was-

seralm bis zum Hagengebirge. Einbezo-gen sind auch die oberen Einhänge zumKönigs- und Obersee.

Aus floristischer und faunistischer Sichtals besonders hochwertig und sensibeleingestufte Flächen konzentrieren sichinsbesondere in den Hangbereichenöstlich des Klausbachtals im wesent-lichen unterhalb von 1.700 m ü.NN so-wie auf die Bereiche Hüttau, Röth, Got-zenstein, Gotzenberg und Hagengebir-ge. Weitere Schwerpunkte liegen im Be-reich der Kitzkartauern zwischen Wim-bachgries und Eckau-/Hochalm (ins-besondere Vorkommen besonders stö-rungsempfindlicher Tierarten der Ro-ten Liste), im Bereich Oberlahner, ober-halb der Archenwand sowie zwischender Archenwand und der Brentenwand(hier insbesondere Vorkommen selte-ner und gefährdeter Tierarten der Ro-ten Liste).

– Kernzone „Hoher Göll“

Der dritte und kleinste zusammenhän-gende Kernzonen-Bereich liegt im Mas-siv des Hohen Göll. Die Grenze derKernzone verläuft in ca. 500 m Abstandvon der Nationalparkgrenze im Westendes Hohen Göll. Das Endstal bleibt ausder Kernzone ausgeschlossen.

Hinsichtlich ihrer biotischen und abioti-schen Ausstattung besonders hochwer-tige oder empfindliche Flächen sind nur

Bild 103: Alpen-Aurikel (NPV, Diaarchiv)

Bild 104: Kernzone des Nationalparks – naturnaher Bergmischwald (NPV, Diaarchiv)

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sehr kleinflächig eingestreut.� Nutzungen in der Kernzone

Die Schwerpunkte der Erholungsnut-zung in der Kernzone liegen im Bereichder Blaueishütte, im Wimbachtal, umdas Watzmannhaus, im Bereich des Klei-nen Watzmanns und des Watzmannkars(Skitouren) sowie im Funtenseegebiet(Kärlinger-Haus).

Die Schaf- und Rinderbeweidung auf derReiteralm erfolgt – wie unter Pos. 8.7 be-reits erwähnt – ohne eindeutig geklärteweiderechtliche Grundlage. Deshalbwurde trotz vergleichsweise hoherNutzungsintensität in diesem Bereichkeine Pflegezone ausgewiesen. Ver-gleichbares gilt für die Schafbeweidungim Funtenseegebiet, die ebenfalls vonösterreichischer Seite aus erfolgt. Auchin den Teilen der Kernzone, die von Wei-debezirken mit entsprechende Weide-rechten tangiert werden, kann eine gele-gentliche extensive Beweidung vorkom-men. Diese ist auch nach den von der AR-GE ALP und ARGE ALPEN ADRIA auf derGrundlage der IUCN-Richtlinien formu-lierten Anforderungen für Nationalpar-ke in den Alpen zulässig. Dass die Kern-zone in ihrem überwiegenden Flächen-anteil genutzt ist (s. Karte 29 im An-hang), liegt wesentlich im großräumigenÜberflug des Gebietes durch die Hub-schrauber der Bundeswehr begründet.

9.3.2 Die Pflegezone des Nationalparks Berchtesgaden

Die Pflegezone des Nationalparks um-spannt eine Fläche von 33,4% (6.948 ha).Sie erstreckt sich im Klausbachtal, ent-lang der Nordgrenze des Nationalparks,umschließt den Königssee und Oberseesowie die Almen östlich des Königssees.In der Pflegezone befinden sich im we-sentlichen die halbnatürlichen und (be-dingt) naturfernen Ökosysteme (Kultur-landschaften), die durch menschlicheNutzung in historischer Zeit entstandenoder geprägt wurden und die auch heuteunterschiedlichen Formen der Nutzungunterliegen. In der Pflegezone findet

almwirtschaftliche Nutzung auf Licht-und Waldweiden statt. Die Erholungsnut-zung hat hier wichtige Schwerpunkträu-me. Zur Unterstützung natürlicher Ent-wicklungen sollen in der Pflegezone na-turferne Waldbestände durch waldbauli-che Maßnahmen und Wildbestandsregu-lierung in naturnähere Bestände über-führt werden. Der Königssee wird fische-reilich genutzt.

Neben diesen durch menschliche Nut-zung geprägten Ökosystemen sind aberauch natürliche oder naturnahe Syste-me in die Pflegezone integriert. Dies hatseine Ursache im wesentlichen darin,dass die Zonen in einer möglichst ge-schlossenen Form abgegrenzt werdensollen (s. Pos. 9.1.1).

Über die permanente Pflegezone hinauswerden 16 Teilflächen von zusammen2.064 ha (9,9%) als temporäre Pflegezo-ne abgegrenzt. Hier sollen ausschließ-lich Maßnahmen der Wildbestandsregu-lierung über einen begrenzten Zeitraumvon 10 Jahren weiterhin durchgeführtwerden können, um die Entwicklung

naturnäherer Waldbestände in diesenund angrenzenden Bereichen zu för-dern. Nach Ablauf von 10 Jahren sollendie Flächen der temporären Pflegezonenach eingehender fachlicher Prüfungmöglichst vollständig in die Kernzoneintegriert werden. Bezüglich der Mög-lichkeit einer gelegentlichen extensivenBeweidung gelten die oben zur Kernzo-ne gemachten Aussagen.

� permanente Pflegezone

Die Pflegezone erstreckt sich im wesent-lichen entlang der Nordgrenze des Na-tionalparkgebietes. Weiter in das Natio-nalparkinnere reicht die Pflegezone ins-besondere im Klausbachtal, im Bereichdes Königssees und Obersees sowie imAlmbereich östlich des Königssees (biszur Regenalm).

Für die Beschreibung wird die Pflege-zone in die folgenden Teilabschnittegegliedert:

– Pflegezone „Klausbachtal“

Diese Pflegezone erstreckt sich von der

Bild 105: Permanente Pflegezone des Nationalparks – Bindalm (NPV, Diaarchiv)

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Nord- bis zur Südgrenze des National-parks. Sie nimmt den eigentlichen Talbo-den sowie die Unterhänge des Klaus-bachtals ein.

Im Klausbachtal liegen die HeimweideKlausbachtal, die Halsalm, die Ragert-alm, die Engertalm sowie die Bind- undMittereisalm. Die Grenzen der von die-sen Almen aus beweideten Licht- undWaldweiden (s. Karte 28 im Anhang 2)bestimmen in wesentlichen Abschnittenden Grenzverlauf zwischen Pflege- undKernzone. Insbesondere Teilflächen derHals-, Bind- und Mittereisalm besitzeneine hochwertige Pflanzen- und Tieraus-stattung, so dass die Fortsetzung einerpfleglichen Bewirtschaftung den Zielendes Nationalparks entspricht.

Im Klausbachtal liegt einer der Schwer-punkte der Erholungsnutzung im Natio-nalpark. Die Erholungsaktivitäten sindim wesentlichen an die Hirschbichlstra-ße und den Wanderweg gebunden. Be-sondere Anziehungspunkte sind u.a. dieBindalm und die Ragertalm.

Da eine Reduzierung insbesondere derGamsbestände am Grund des Klausbach-tals und in den angrenzenden bewalde-ten Unterhängen nicht in ausreichen-dem Umfang möglich ist, sind wichtigeund gut erreichbare Gamseinstandsge-biete ebenfalls in die Pflegezone einge-schlossen. Dies gilt für die Halsgrube, fürden Schindelboden (hier auch Rotwild-einstandsgebiet), für Flächen nördlichder Mittereisalm und im Bereich derHocheisalm sowie für die sich nachNordwesten hin anschließenden Flächenunterhalb des Forstbegangsteigs. Insbe-sondere die letztgenannten Flächen be-dürfen einer Fortsetzung der Maßnah-men der Wildbestandsregulierung, dasie sich nach starken Windwürfen in derPhase der Wiederbewaldung befinden.

Die aus Gründen der Wildbestandsregu-lierung in die Pflegezone integriertenTeilflächen tragen im wesentlichen na-türliche und naturnahe Ökosysteme.Zwischen Klausbachwand und Ragert-alm sind darüber hinaus sehr hochwerti-ge und empfindliche Bestände und

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Standorte kartiert worden (u.a. Vor-kommen störungsempfindlicher Tierar-ten der Roten Liste (s. Karte 19 im An-hang) sowie seltene und gefährdeteBrutvögel (s. Karte 18 im Anhang 2). Ei-ne Nutzung dieser Bereiche über dieWildbestandsregulierung hinaus mussdiese Situation berücksichtigen.

– Pflegezone„Nationalparknordseite“

Die Pflegezone verläuft in diesem Ab-schnitt entlang der Nationalparknord-grenze zwischen Klausbachtal, Wim-bachtal und Königssee und erstrecktsich teilweise bis in Höhen von über1.800 m ü.NN. Eingeschlossen sind dieKührointalm, die Schapbachalm, dieLahner-, Falz- und Mitterkaseralm, dieStuben-, Gruben-, Guglalm, die Eckau-und Hochalm sowie die Schärtenalm.Dabei haben insbesondere die Lahner-,Falz- und Mitterkaseralm eine so hoch-wertige Ausstattung hinsichtlich der Flo-ra und Fauna, dass eine Fortsetzung derpfleglichen Nutzung den Zielsetzungendes Nationalparks entspricht.

Charakteristisch für die Pflegezone zwi-schen Klausbachtal und Königssee sinddie großen Flächenanteile naturferner,stark fichtenbetonter Waldbestände inder montanen Höhenstufe. Maßnahmender Waldpflege zum Aufbau und zur För-derung standortgerechter Bergmisch-waldbestände konzentrierten sich in-nerhalb des Nationalparks in der Ver-gangenheit auf diese Bereiche. Auch inZukunft wird hier ein Schwerpunktwaldbaulicher Maßnahmen liegen.

Die Pflegezone zwischen Klausbachtalund Königssee bietet ausreichende Flä-chen für die Bestandsregulierung desReh- und Rotwildes. Schwieriger er-scheint dagegen die Reduzierung derGamsbestände, welche ebenfalls die Be-mühungen um die Entwicklung natur-näherer Waldbestände unterstützensoll. Aus diesem Grunde wird die Pflege-zone um zusätzliche Flächen erweitert.Dazu zählen die felsigen Bereiche zwi-schen Falzalm und Guglalm (Gamsein-standsgebiete oberhalb von 1.400 bis

1.500 m ü.NN) sowie Flächen südlichdes Schapbachbodens oberhalb von1.200 bzw. 1.300 m ü.NN. Weitere Flä-chen mit den beschriebenen Eigenschaf-ten (Wimbachtal, Steinberg) werden alstemporäre Pflegezone abgegrenzt.

Im Pflegezonenabschnitt zwischen Klaus-bachtal und Königssee finden sich einge-streut auch größere Bereiche mit natür-lichen und naturnahen Ökosystemen, dieteilweise auch durch das Vorkommen be-sonders hochwertiger und sensibler Tier-und Pflanzenbestände oder abiotischerNaturgüter gekennzeichnet sind. Die Ein-beziehung dieser eigentlich kernzonen-würdigen Flächen in die Pflegezone er-folgt unter der Vorgabe, eine möglichstgeschlossene Zonenabgrenzung zu erzeu-gen. Im wesentlichen handelt es sich um folgende Flächen (beschrieben vonWesten nach Osten),

– die durch hohe Natürlichkeit der Ve-getation gekennzeichnet sind:Flächen östlich der Seeklause an derNationalparkgrenze, Hangbereicheoberhalb der Sommerau (innerhalbder Nationalparkgrenze) bis auf dieHöhe der Schärtenalmlichte, Berei-che östlich des Fendelgrabens, Steil-flächen nördlich der Kitzkartauern,die westliche Hangseite im unterenWimbachtal, Flächen nordöstlich derGrubenalm, Steilhänge westlich desSchapbachbodens und südlich desSommerbichels an der Nationalpark-grenze;

– die durch hohe Natürlichkeit der Ve-getation und das Vorkommen be-sonders hochwertiger und sensiblerStandorte gekennzeichnet sind:bewaldete Bereiche unterhalb desSteinbergs oberhalb von ca. 1.350 mü.NN, Teilflächen der Eckau- undHochalm, Bereiche zwischen der Lah-ner- und Mittereisalm, ausgedehnteFlächen zwischen Kühroint und Her-renroint.

– Pflegezone „Königssee, Obersee“

Dieser Abschnitt der Pflegezone erstrek-kt sich entlang des Königs- und Oberseesunter Einschluss des Schwemmfächers

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St. Bartholomä und des Eisbachtals bishinauf zum Röthsteig.

Den größten Flächenanteil nehmen diebeiden Seen ein, deren aktuelle Nutzung(insbesondere durch Bootsverkehr undFischerei) die Ausweisung als Pflegezo-ne notwendig macht. Anziehungspunk-te für den Erholungsverkehr innerhalbdieses Pflegezonenabschnittes sind ins-besondere die Halbinsel St. Bartholomä(kulturelle Sehenswürdigkeiten undGaststätte) sowie die beiden AlmenSalet und Fischunkel.

Vor allem Teile der Saletalm sind hin-sichtlich ihrer biotischen Ausstattungals hochwertig einzustufen, so dass dieAufrechterhaltung einer pfleglichenNutzung im Interesse der Nationalpark-ziele liegt.

Die Ausweisung einer Pflegezone überdie genannten Flächen hinaus erfolgtausschließlich aus Gründen der Wildbe-standregulierung. In den Hangberei-chen von Königs- und Obersee liegenWanderstrecken des Rotwilds zu denWintereinständen im Bereich der Fütte-rungsstellen von St. Bartholomä undReitl. Da ein regulierender Eingriff indie Rotwildbestände zukünftig ver-stärkt auf dem Weg der Tiere zu denWintereinständen und in den Winter-einständen selbst erfolgen soll (s. Pos.10.5), diese Wanderungen aber je nachWetterverhältnissen innerhalb wenigerTage vollzogen sein können, ist eine aus-reichend große bejagbare Fläche für eine effektive Durchführung der Maß-nahmen erforderlich.

Die steilen Hänge nordöstlich des Ober-sees, der Archenwand, Brentenwand undKreuzelwand (Westufer des Königssees)sowie das östliche Königsseeufer nörd-lich von Reitl sind ausschließlich vom See aus bejagbar. Die Pflegezone ist ausdiesem Grunde in diesen Abschnittenschmal gehalten und reicht vom Seeuferbis zu einer Höhe von 700 m ü.NN. ImMündungsbereich des Königsbachs sinddie Uferbereiche dagegen betret- und be-jagbar. Hier erreicht die Pflegezone da-her eine größere Flächenausdehnung.

Die Ausweisung des Eisbachtals bis hin-auf zur Eiskapelle als Pflegezone ge-schieht ebenfalls in Reaktion auf die Er-fordernisse der Wildbestandregulie-rung. Auch das Eisbachtal ist Wander-strecke für das Rotwild in die Winterein-stände. Der gesamte Flächenumgriff desSchwemmfächers St. Bartholomä istwinterliches Rotwildeinstandsgebiet. Indiesem Bereich muß der Reduktionsab-schuss konzentriert werden. Da ein zuhoher Jagddruck auf zu kleiner Flächezu einer Abwanderung der Tiere führenwürde, die Bejagung also an Effektivitätverlieren würde, ist eine Abgrenzungder bejagbaren Fläche in ausreichen-dem Flächenumgriff wesentlich. Die fel-sigen Hänge westlich (Rinnkendlsteig)und nördlich des Eiswinkels sind nebenRotwild- auch Gamseinstandsgebiet undaus jagdtechnischer Sicht gut bejagbar.

Östlich des Königssees im Bereich derSeewände grenzt die Pflegezone un-mittelbar an die engere Kernzone „See-wände“. Auf Seite der Berufsjäger undRevierförster, die in diesem Bereichjagdlich tätig sind, ist daher eine genau

Kenntnis des Grenzverlaufs notwendig,um den Schutz der engeren Kernzonesicherzustellen.

– Pflegezone „Jenner, Gotzenalm“

Die Pflegezone östlich des Königsseesreicht von der Nationalparkgrenze imNorden bis zur Almlichte der Regenalmim Süden. Die westliche Grenze verläuftim wesentlichen entlang der weidege-nutzten Bereiche der Büchsenalm, derGotzentalalm, der Seeaualm und derGotzenalm. Bestimmend für die Grenz-ziehung ist hier in weiten Abschnittenauch die topographische Situation. DerBeginn der Steilabfälle zum Königsseeist nicht mehr Teil der Pflegezone. DieOstgrenze verläuft vom Teufelsgemäuerüber die Königstalalm und den Ruck biszur Königstalwand. Von dort führt sieam Fuße der Gebirgsstöcke der Roth-spielscheibe, des Fagsteins, oberhalb desRossfeldes und im unteren Hangbereichdes Oberen und Mittleren Laafeldes nachSüden. Die Tauernwand, die Gotzentau-ern und der Mittlere Hirschenlauf sindbereits Teil der Kernzone.

Bild 106: St. Bartholomä im Winter mit zugefrorenem Königssee (NPV, Diaarchiv)

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Im östlichen Königsseegebiet liegt derSchwerpunkt der almwirtschaftlichenNutzung im Nationalpark. Die von denAlmen aus beweideten Licht- und Wald-weiden bestimmen daher in wesent-lichen Abschnitten den Grenzverlauf.Dies gilt bei der Büchsen-, Gotzental-,Seeau- und Gotzenalm für die Westgren-ze der Pflegezone, bei der Königstalalm(am Ruck), der Priesbergalm (Rossfeld)und der Gotzenalm für ihre östlicheGrenze. Die Lichtweideflächen der Al-men östlich des Königsseegebietes zeich-nen sich zu einem großen Teil durchhochwertige Pflanzen- und Tierbeständeaus. Besonders herausragend sind hierdie Regenalm, die Gotzenalm, die nörd-lichen Teile der Gotzentalalm, größereTeilflächen der Königsbachalm und derKönigsbergalm.

Die Schwerpunkte der Erholungsnut-zung liegen in diesem Pflegezonenab-schnitt im Bereich der Wasserfallalm,der Königsbachalm, der Königsbergalmund der Priesbergalm. Diese Almen lie-gen sämtlich im fußläufig gut erreichba-ren Umfeld der Jennerbahnstationen

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(Mittel- und Bergstation). Beliebtes Zielist auch die Gotzenalm. Südlich der Got-zenalm ist die Erholungsnutzung nurnoch extensiv.

Auch wenn über eine Integration derFarrenleitenwand sowie der Gotzentau-ern und des Mittleren Hirschenlaufseine größere räumliche Geschlossen-heit der Pflegezone hätte erreicht wer-den können, sind die genannten Berei-che dennoch aufgrund ihrer hochwerti-gen natürlichen Ausstattung Bestandtei-le der Kernzone.

Über die naturschutzfachlich motivierteund mit den Erfordernissen der alm-wirtschaftlichen und touristischen Nut-zung begründbare Grenzziehung hin-aus sind die folgenden Rahmenbedin-gungen für die räumliche Festlegungder Pflegezone entscheidend:

An der Nordgrenze des Nationalparksöstlich und westlich der Rabenwandstocken nicht standortgerechte, nadel-baumreiche Wälder, deren Entwicklungzu naturnäheren Beständen einer wald-

baulichen Unterstützung bedarf. ZumSchutz des Nationalparkvorfelds sollennach sorgfältiger Abwägung im Einzel-fall in diesen Grenzbereichen des Natio-nalparks auch Forstschutzmaßnahmendurchgeführt werden.

Die notwendige Wildbestandsregulie-rung erfordert auch in diesem Pflegezo-nenabschnitt die Integration zusätz-licher Teilflächen in die Pflegezone:

– Hangbereiche des Abwärtsgrabensund Unterer Hirschenlauf: Obwohlder genannte Bereich aus natur-schutzfachlicher Sicht als besondershochwertig und sensibel eingestuftwurde, erscheint die Einbeziehung indie Pflegezone mit der Notwendig-keit einer Wildbestandsregulierungbegründbar. In den vergangenen Jah-ren waren hier erhebliche Flächenan-teile von Windwurf und Borkenkäfer-befall betroffen. Der Wald verjüngtsich hier sehr gut von selbst wieder.Diese Entwicklung soll durch eine Re-duzierung der Wilddichte unterstütztwerden;

– verfallene Roßfeldalm sowie Bereichzwischen Gotzentauern und Gotzen-alm: Eine Bejagung in diesen Berei-chen unterstützt die natürliche Wald-entwicklung. Die Integration der ge-nannten Flächen in die Pflegezonebietet sich aber auch aufgrund dertopographischen Gegebenheiten an.Naturschutzfachlich besonders hoch-wertige Bestände oder Standorteliegen in diesen Bereichen nicht;

– Steilhänge zwischen Strubkopf unddem Fahrweg zur Königsbachalm:Eine Bejagung dieser Fläche unter-stützt die waldbaulichen Bemühun-gen nördlich des beschriebenen Be-reichs. Die Verlegung der Pflegezo-nengrenze entlang des Wander- bzw.Fahrweges zur Königsbachalm er-leichtert darüber hinaus die Ables-barkeit der Grenze in einem Bereich,der auch intensiv durch Erholungs-verkehr genutzt wird. Die natur-schutzfachlich hochwertigen undsensiblen Flächen unterhalb desBild 107: Am Feuerpalfen (NPV, Diaarchiv)

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Strubkopfs stellen Anforderungen aneine Lenkung der Nutzungen in die-sem Bereich;

– Bereich östlich der Farrenleitenwand:Der Einschluss dieser Flächen erleich-tert wesentlich auch die Ablesbarkeitder Pflegezonengrenze im Gelände.

Die so abgegrenzte Pflegezone ist in grö-ßeren Bereichen auch mit natürlichenbzw. naturnahen und z.T. naturschutz-fachlich besonders hochwertigen undsensiblen Ökosystemen ausgestattet.Auch in diesem Falle ist – wie westlichdes Königssees – die Einbeziehung die-ser eigentlich kernzonenwürdigen Flä-chen in die Pflegezone mit der Abgren-zung einer möglichst geschlossenen Zo-ne zu begründen. Im wesentlichen han-delt es sich um folgende Flächen (be-schrieben von Norden nach Süden),

– die durch hohe Natürlichkeit derVegetation gekennzeichnet sind:

die bewaldeten Hänge zwischen Was-serfallalm und Jenner, die Ökosyste-me zwischen Königstalalm, Roth-spielscheibe und Farrenleitenwand,Flächen zwischen Königsbach-, Pries-berg- und Gotzenalm, zwischen Got-zentauern und Gotzenalm sowie zwi-schen Gotzenalm und Regenalm;

– die durch hohe Natürlichkeit derVegetation und das Vorkommen be-sonders hochwertiger und sensiblerTier- und Pflanzenbestände undStandorte gekennzeichnet sind:

Flächen im Bereich der Bärenwand,des Priesbergmooses und Einzelflä-chen im Bereich der Sillenköpfe,Hangflächen südlich der Seeaualm-lichte (u.a. Nordosthänge des Gotzen-steins), Flächen südlich der Gotzen-almlichte (Westhänge des Klaus-bergls) sowie zwischen dem Gotzen-berg und der Regenlichte; hierzu ge-hören auch die bereits erwähnten,für die Wildbestandregulierung be-sonders wichtigen Bereiche am Unte-ren Hirschenlauf und an den Hängendes Abwärtsgrabens.

– Pflegezone „Fuß Hoher Göll“

Die Pflegezone erstreckt sich entlangder Nationalparknordgrenze auf einerBreite von ca. 500 m. Das Endstal wirdin die Pflegezone eingeschlossen.

Die Pflegezone wird nahezu ausschließ-lich aus Gründen des Forstschutzes undder Wildbestandsregulierung in diesemFlächenumgriff ausgewiesen. Die land-wirtschaftliche Nutzung beschränkt sichauf Teilflächen der Krautkaseralm, de-ren bessere Weideflächen außerhalbdes Nationalparks liegen. Für die inner-halb des Nationalparks liegende Licht-weide der Alm ist eine hochwertige bio-tische Ausstattung kartiert worden. Diesrechtfertigt entsprechend der National-parkzielsetzung eine Fortführung derpfleglichen Nutzung.

Das Endstal ist Einstandsgebiet sowohlfür Rotwild als auch Rehwild. Die Inte-gration dieser Flächen in die Pflegezonebietet sich auch aufgrund der topogra-phischen Situation an.

Nördlich der Krautkaseralmlichte (Aufder Scheibe) und unterhalb des Dürrek-kbergs befinden sich naturnahe, bezüg-lich ihrer biotischen und abiotischenAusstattung hochwertige und sensibleStandorte. Im Falle der Durchführungvon Forstschutzmaßnahmen ist einSchutz dieser Flächen auch innerhalbder Pflegezone sicherzustellen.

� Bereiche der temporärenPflegezone

Innerhalb der Pflegezone werden 16 Be-reiche als temporäre Pflegezone defi-niert. Von Osten nach Westen sind dies:

– temporäre Pflegezone „Halsgrube“

Die temporäre Pflegezone „Halsgrube“grenzt südwestlich an den Bereich derHalsalm und des Halskopfes an und er-streckt sich bis zu den Abstürzen desTeufelkopfes. Der auf weiten Teilen er-folgreich eingeleitete Umbau der stand-ortsfremden Fichtenbestände in natur-nähere Laubmischbestände wird durch

Bild 108: Am Obersee (NPV, Diaarchiv)

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Gamswild, welches aus den höher gele-genen Teilen der Reiteralm (Jagdruhe indem zum Nationalpark gehörenden Be-reich) des öfteren einwechselt, sehr emp-findlich beeinträchtigt. Eine Bejagungdes Wildes ist bis zur Sicherung der über-wiegend natürlich entstandenen laub-baumreichen Verjüngung unerlässlich.

– temporäre Pflegezone „Ofental“

Die temporäre Pflegezone „Ofental“ hatihre Nordgrenze über die Ofentalhüttehinaus in etwa parallel zum Ofentalwegbis in eine Höhe von ca. 1.600 m ü.NN.Die Grenze verläuft nun hangparallel bisins Steintal, zieht zum Sittersbach hinab,den sie in 1.100 m ü.NN kreuzt, und er-reicht in südwestlicher Richtung immerleicht ansteigend die permanente Pfle-gezone oberhalb des Klauswandls.

Die Baumbestände unterschiedlicherEntwicklungsphasen weisen fast im ge-samten Bereich einen unnatürlich ho-hen Fichtenanteil auf. In den bereits vor-handenen Bestandslücken haben sichinsbesondere Vogelbeere und Berg-

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ahorn, vereinzelt auch die Tanne ange-samt. Bis diese Verjüngung aus derWildverbisshöhe herausgewachsen ist,muss der Schalenwildbestand niedrig-gehalten werden. Gleiches gilt auch fürdie Laubbaumnaturverjüngung, die sichin den in der Zerfallsphase befindlichenLärchenbeständen südlich des Ofental-weges bereits entwickelt.

– temporäre Pflegezone„Mittereisalm“

Die kleinflächig ausgebildete temporärePflegezone „Mittereisalm“ grenzt anden Nordrand der Mittereislichtweide-fläche an.

Der stellenweise noch laubbaumreicheAltbestand verjüngt sich derzeit in Rich-tung eines reinen Fichtenbestandes. Diebereits vorhandenen Jungwuchsflächenzeigen diese Entwicklung sehr deutlich.Um ein weiteres Verschwinden derstandortgerechten Laubbaumansamungdurch Wildverbiss zu verhindern, müs-sen die Wildbestände in diesem Bereichkontrolliert werden.

– temporäre Pflegezone„Steinberg“

Die temporäre Pflegezone „Steinberg“grenzt im Norden an die Pflegezone, imSüden an die Kernzone und umfasst denNordhang des Steinbergs und den Eis-kopf. Der Nordhang des Steinbergs istGamseinstandsgebiet.

Wildbestandregulierung in diesem Be-reich ist notwendig, um den Umbau deram Nordabfall des Steinbergs liegendennaturfernen Wälder zu naturnäherenBeständen zu unterstützen. Die Wälderübernehmen in diesem Bereich Schutz-funktionen für die Siedlungsgebieteund sonstigen Infrastruktureinrichtun-gen der Gemeinde Ramsau außerhalbder Nationalparkgrenze. Eine alleinigeGamsbejagung in der Pflegezone er-scheint vor diesem Hintergrund derzeitnicht ausreichend.

– temporäre Plegezone„Kitzkartauern“

Die temporäre Pflegezone „Kitzkartau-ern“ erweitert die Zone der Wildbe-standregulierung nach Osten bis zumGrat oberhalb der Steilhänge zum Wim-bachtal. Sie beginnt im Norden bei ca.1.300 m ü.NN, schließt im südlichen Be-reich den Stanglahnerkopf mit ein undendet an der Hochalmscharte.

Der völlig vergraste Nordwesthang desStanglahnerkopfes – das Kitzkar – istLawinenanrissgebiet insbesondere fürschwere Nassschneelawinen. Der nachNorden anschließende Westhang ist einvon Felswänden durchsetzter Steilhangmit stark erosionsgefährdeter Bodendek-ke. Der Bereich wird vom Gamswildnicht nur als Einstand mit entsprechen-dem nicht tolerierbarem Verbiss an deraus Gründen der Schutzfunktion unbe-dingt erforderlichen Waldverjüngung ge-nutzt. Das Wild dringt von hier aus auchbevorzugt in das tiefergelegene waldbau-liche Schwerpunktgebiet „Schwarzen-ederer“ ein. Der hier durch Pflanzungeingeleitete Umbau der Fichtenbeständein naturnähere Laubmischwälder mitTanne ist durch die Höhe der Verbiss-schäden in Frage gestellt. Eine Wildbe-Bild 109: Bergmischwaldverjüngung mit Tanne (NPV, Diaarchiv)

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standsregulierung in diesem Bereich istdaher erforderlich.

– temporäre Plegezone„Wimbachtal“

Die temporäre Pflegezone „Wimbach-tal“ erstreckt sich südlich der Pflegezo-ne von den Wimbachquellen bis zumWimbachschloss. Nördlich der Alpel-wand reicht das Gebiet weiter nachOsten bis zur Grauen Wand.

Das Rotwild aus dem Wimbachtal ziehtmit beginnendem Winter zu einem gro-ßen Teil in das Wintergatter Schapbachunweit der Nordgrenze des National-parks. Für die Rotwildbestandsregulie-rung ist die zwischen Wimbach- und Kö-nigsseetal liegende Fläche der perma-nenten Pflegezone mittelfristig ausrei-chend. Darüber hinaus soll für einenÜbergangszeitraum noch eine Regulie-rung des Rotwildes im Wimbachtalselbst möglich sein. Eine jagdliche Beru-higung dieses Bereichs und eine Über-führung in die Kernzone soll in 10 Jah-ren stattfinden. Auch mit Blick auf dieReduzierung der Gams bietet die perma-nente Pflegezone mittelfristig bejagba-re Flächen in ausreichender Größe.

– temporäre Pflegezone„Watzmanngrube“

Die temporäre Pflegezone „Watzmann-grube“ schließt im Westen bei der Guglan die permanente Pflegezone an, um-schließt die latschenbewachsene Senkeder Watzmanngrube und verläuft nun innordöstlicher Richtung – die Hangkanteschon vor dem Watzmannhaus querend– bis zur Falzschneide. Diese bildet dieOstgrenze bis zum Zusammentreffen mitder permanenten Pflegezone auf Höheder Grubenalmlichte.

Die aktiven Maßnahmen zum Umbauder unnatürlich fichtenreichen Wälderfinden ihre Höhenbegrenzung im Be-reich des Stuben-Gruben-Weidegebietesbei ca. 1.400 m ü.NN. Oberhalb diesesBereiches ist ein flächiges Unterwan-dern der Fichten-Lärchen- bzw. Lärchen-bestände durch reine Fichte festzustel-

len, da die in guten Ansätzen vorhande-ne Bergahorn- und Vogelbeerverjün-gung sowie auch stellenweise die jungeLärche durch Wildverbiss, Verschla-gen und Verfegen in ihrer Höhenent-wicklung dermaßen beeinträchtigt wer-den, dass sie sich gegenüber der Fichtenicht durchsetzen können und letztend-lich ausfallen. Um eine natürliche Wald-entwicklung zumindest in Ansätzen si-cherzustellen, ist eine Wildbestandregu-lierung auch in den etwas höher gelege-nen Einstandsgebieten notwendig, vondenen aus insbesondere das Gamswilddie Umbauflächen permanent aufsuchtund schädigt.

– temporäre Plegezone„Watzmannkar“

Die temporäre Pflegezone „Watzmann-kar“ schließt im Osten an die Falzalman, zieht ins Watzmannkar und steigthier bis ca. 1.800 m ü.NN. Unterhalb derFelsabstürze des Kederbichls sinkt siewieder ab, quert den genannten, dasKar östlich begrenzenden Rücken beiErreichen des geschlossenen Lärchen-

altbestandes und schließt das Blockkarzwischen Kleinem Watzmann und Moos-lahner bis ca. 1.700 m ü. NN ein. Vonhier nach Norden abfallend wird amStichweg zu den Schneelöchern wiederdie permanente Pflegezone erreicht.Vom tiefsten Punkt oberhalb des Schap-bachbodens bei nur 1.100 m ü.NN steigtdie Grenze der temporären Pflegezoneüber den markanten Geländesporn inder Verlängerung des Watzmannkarszum Falzsteig auf.

Innerhalb des aufgezeigten Bereicheskommen natürlicherweise neben Berg-ahorn und Vogelbeere auch die Buche,die Esche und die Ulme sowie die extremverbissgefährdete Tanne vor. Aufgrundder Steilheit des Hanges unterhalb desFalzsteiges, der stellenweise von verwit-terungsanfälligen Konglomerat- undBrekzienwänden durchsetzt ist, hat dieBestockung deutliche Schutzwaldeigen-schaft. Zur Sicherung einer Dauerbe-stockung der natürlicherweise vorkom-menden Baumarten ist die Bejagung desSchalenwildes bis in den unteren Be-reich der Einstandsgebiete notwendig.

Bild 110: Am Schrainbach (NPV, Diaarchiv)

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– temporäre Plegezone „WestlicheKönigs- und Oberseewände“

Die temporäre Pflegezone „Westliche Kö-nigssee- und Oberseewände“ erfasst abder Echowand den Bereich der Seewän-de, der vom Ufer aus noch bejagt werdenkann. Dazu zählen auch das Gebiet umden unteren Teil des Rinnkendlsteigs,die Halbinsel St. Bartholomä sowie derEisgraben.

Während in den westlichen Seewändenüberwiegend das Gamswild seinen spät-herbstlichen Lebensraum findet undhier auf ein für die höher gelegenen Wäl-der (z.B. Roint) verträgliches Maß be-grenzt werden kann, muss der Eisgrabenim Frühwinter zur Zuwachsabschöpfungderjenigen Rotwildpopulation genutztwerden, deren Sommereinstandsgebietein den jagdfreien Nationalparkkernge-bieten des Röth-, Grünsee- und Funten-seebereiches liegen.

– temporäre Plegezone „ÖstlicheKönigs- und Oberseewände“

Die temporäre Pflegezone „Östliche Kö-nigs- und Oberseewände“ reicht vom Kö-nigsbach im Norden in ihrem oberen Be-reich bis zur Felswand nördlich des See-

106 Nationalparkplan Berchtesgaden 2001

aukopfs im Süden. Die naturschutzfach-lich besonders hochwertig eingestuftenFlächen im Bereich des Seeaukopfs defi-nieren die südliche Grenze. Die westli-che Grenze verläuft zwischen 1.000 und1.100 m ü.NN. Im Osten grenzt sie an diepermanente Pflegezone, d.h. an dieLichtweideflächen der Büchsen-, Seeau-und Gotzenalm. Aus gleichen Gründenwie bei den westlichen Seewänden wur-de zusätzlich auch der ufernahe Bereichin die Zone der Wildbestandregulierungaufgenommen. Bezüglich des Rotwildesist vorerst eine Bejagung nur in Formeiner Restabschusserfüllung notwendig.

Aus forstlicher Sicht erscheint in diesemBereich eine kurz- bis mittelfristigdurchgeführte jagdliche Beruhigung er-reichbar. Bis dahin können die Waldbe-stände ausreichend stabilisiert werden,so dass davon ausgegangen werdenkann, dass sich ein Wald-Wild-Gleichge-wicht aufbaut. Anzustreben ist in jedemFalle eine Entlassung dieser Flächennach 10 Jahren in die Kernzone.

– temporäre Pflegezone „Röth“

Die temporäre Pflegezone „Röth“ um-fasst den unteren Bereich der Röthwand

um den Röthsteig bis in eine Höhe vonca. 900 m ü.NN. Die sehr laubbaumrei-chen Bestände im Steilwandbereich ha-ben extreme Schutzfunktion. Der ver-jüngungsschädigende Einfluss des Scha-lenwildes muss durch jagdliche Maß-nahmen begrenzt werden.

– temporäre Pflegezone„Regenbergl, Gotzentauern“

Die temporäre Pflegezone „Regenbergl,Gotzentauern“ schließt die Waldweide-flächen westlich, südlich und östlich derRegenalm ein. Sie umfasst den Bereichdes Kleinen Regenbergls, reicht nach Sü-den bis zur Obergrenze der Talwand undLandtalwand und erstreckt sich nachNorden bis auf eine Höhe von 1.800 mü.NN ins Mittlere Laafeld. Die nördlicheGrenze definiert sich u.a. nach dem Vor-kommen naturschutzfachlich hochwerti-ger bzw. hochsensibler Standorte im Be-reich des Mittleren Laafelds, die in dieKernzone integriert sind.

Der beschriebene Geländeausschnittist insbesondere Rotwildeinstandsge-biet. Im Winter wandert das Wild u.a.über das Brustkendl hinab zum Ober-see und entlang des Obersees und Kö-nigssees zur Wildfütterung Reitl undnach St. Bartholomä. Mit der großzügi-gen Ausweisung der permanenten Pfle-gezone im Umfeld der Seen und spe-ziell der Wildfütterungen besteht keineNotwendigkeit einer Bejagung des Rot-wildes in den Sommereinstandsgebie-ten. Abschüsse in ausreichendem Um-fang sind auf den Wanderungen desRotwildes in die Winterquartiere undin den Winterquartieren selbst mög-lich. Eine auf 10 Jahre begrenzte Fort-setzung von Maßnahmen der Wildbe-standsregulierung im Umfeld der Regen-alm dient einer Unterstützung derWaldentwicklung nach der vorgesehe-nen Beendigung der Waldweide aufder Regenalm.

– temporäre Plegezone„Farrenleitenwand“

Die temporäre Pflegezone „Farrenlei-tenwand“ umschließt in ihrem nörd-

Bild 111: Rosenkäfer (NPV, Diaarchiv)

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107Nationalparkplan Berchtesgaden 2001

lichen Teil die Farrenleitenwand unddie nach Nordwesten folgenden bewal-deten Hangabschnitte. Im Süden er-streckt sie sich zwischen dem Priesberg-moos im Westen und der Rotspielschei-be im Osten.

Für das Wildtiermanagement in diesemFlächenausschnitt gelten vergleichbareBedingungen wie im Falle der bereitsbeschriebenen temporären Pflegezone„Östliche Königssee- und Oberseewän-de“.

– temporäre Pflegezone „Ruckkarl“

Die kleine temporäre Pflegezone „Ruck-karl“ schließt an den östlichen Rand derpermanenten Pflegezone von Königs-berg- und Königstalalm an und besitztihre östliche Begrenzung am Fuß desTeufelsgemäuers.

In diesem unterschiedlich dicht bewal-deten Bereich konzentriert sich de-ckungsliebendes Schalenwild. Eine Be-jagung ist hier neben Gründen derWaldentwicklung auch im Hinblick aufdie Praktikabilität notwendig.

– temporäre Pflegezone „Alpeltal“

Die temporäre Pflegezone „Alpeltal“ er-streckt sich zwischen den Felsabstürzendes Dürreckberges im Norden und desBrettbereichs im Süden entlang desAlpeltalsteigs bis in eine Höhe von ca.1.700 m ü.NN.

Dieser Talbereich wird jahreszeitlich un-abhängig immer wieder von größerenGamsrudeln aus dem Brett-Göllbereichaufgesucht, die von hier aus in die tie-fer gelegenen Wälder – überwiegendSchutzwälder (u.a. auch Straßenschutz)– eindringen und die Zusammenset-zung der sich in den zahlreich vorhan-denen Bestandeslücken entwickelndenVerjüngungsansätze empfindlich stö-ren. Die in diesem Bereich über dieGrenze der permanenten Pflegezonehinausreichenden jagdlichen Maßnah-men sind auch im Hinblick auf das Wild-tiermanagement für den gesamten Göll-Brettbereich notwendig.

– temporäre Pflegezone „Endstal“

Die temporäre Pflegezone „Endstal“ er-weitert die waldbaulich notwendige Pfle-

gezone im nordöstlichen Bereich des Na-tionalparks von der Waldbestandsgrenzeüber die Schuttfächer bis zu den Fels-partien von Pflughörndl, Göllwestwandund Mannlgrat, beginnend beim Absturzdes Pflugtals und endend in Fallinieunterhalb des östlichen Mannlgratkopfes.

Der gesamte Bereich des Endstalsgrenzt an das außerhalb Nationalparksgelegene SchutzwaldsanierungsgebietKehlstein an. Zum Schutz der Pflanzun-gen in den Sanierungsgebieten sowieder extrem stark verbissenen Laub-baumverjüngungen im Bereich der per-manenten Pflegezone sowie der Schutt-ströme muss die Fläche für die Wildbe-standregulierung bis an die Felswändeausgedehnt werden.

9.3.3 Verteilung der Biotoptypen auf dieKern- und Pflegezone

Der Naturraum Berchtesgadener Alpenund darin der Nationalpark Berchtesga-den zeichnen sich durch ein komplettesHöhenspektrum von der submontanenbis hinauf zur alpinen Stufe aus. Erstre-benswert ist daher, dass die Kernzoneund die temporäre Pflegezone (als po-tentielle Kernzone) einen möglichst re-präsentativen und zusammenhängen-den Ausschnitt des Naturraums mit al-len darin vertretenen Höhenstufen undnatürlicherweise vorkommenden Bio-toptypen abdecken.

Tabelle 11 auf Seite 108 beinhaltet eineÜbersicht über die flächenmäßige Re-präsentanz der unterschiedlichen Bio-toptypen innerhalb der Zonen des Na-tionalparks. Die jeweils dominierendenTypen sind grau unterlegt.

Die aus dieser Auswertung resultierendeUngleichverteilung der Ökosystemtypenin den Zonen des Nationalparks hat ihreUrsache im wesentlichen in der Höhen-plazierung der Zonen. Die Pflegezone er-streckt sich – insbesondere nutzungsbe-dingt – in den tieferen Lagen und nörd-lichen Randbereichen des National-Bild 112: Blüte der Europäischen Lärche (NPV, Diaarchiv)

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parks, während die Kernzone in den hö-heren Lagen im Innern des National-parks liegt. In der Kernzone sind dement-

108 Nationalparkplan Berchtesgaden 2001

sprechend die alpinen Ökosysteme (Fels,Schuttfluren, alpine Rasen, Latschenge-büsche) überproportional vertreten.

Andererseits sind die Waldökosyste-me innerhalb der (permanenten undtemporären) Pflegezone überrepräsen-tiert.

In der permanenten Pflegezone besit-zen Nadelrein- und Nadelmischwaldbe-stände hohe Flächenanteile, obwohlsich die Pflegezone überwiegend überdie Höhenzone der submontanen Laub-wälder und insbesondere der montanenBergmischwälder erstreckt. Ein Manage-mentziel in der permanenten Pflegezo-ne besteht darin, die Entwicklung natur-ferner, nicht standortgerechter Wälderhin zu naturnäheren Bestände aktiv zuunterstützen.

Innerhalb der temporären Pflegezonenehmen die Laub-Nadelwälder und dieNadelmischwälder den größten Flä-chenanteil ein. Ziel in der temporärenPflegezone ist es, über eine auf 10 Jahrebegrenzte Fortsetzung der Wildbe-standsregulierung ein Herauswachsender bereits in der Waldverjüngung vor-handenen Mischbaumarten aus demÄser des Schalenwildes zu garantieren.

Bild 113: An der alpinen Waldgrenze (NPV, Diaarchiv)

CIR-Ökosystemtyp Kernzone permanente Pflegezone temporäre Pflegezone gesamt Nationalpark

anstehender Fels,offene Schuttflur 28,06 % 0,57 % 5,36 % 19,28 %

alpine Rasen 24,15 % 11,01 % 11,88 % 19,78 %

Grünland(brache), Lägerfluren 0,83 % 2,43 % 0,92 % 1,21 %

Wald Jungwuchs 0,78 % 4,86 % 3,82 % 2,04 %

Laub(misch)wald 0,11 % 0,64 % 1,17 % 0,34 %

Laub-Nadel-Mischwald 10,14 % 33,71 % 42,88 % 19,13 %

Nadelwald (inkl. Fichte) 7,14 % 17,19 % 12,00 % 9,98 %

Nadelmischwald 4,65 % 11,61 % 10,28 % 6,84 %

Lärchen-(Zirben-)wald 4,45 % 0,06 % 0,35 % 3,01 %

Kahlschlag, Windwurf 0,14 % 1,84 % 1,48 % 0,68 %

Latschengebüsch 16,51 % 2,30 % 5,45 % 12,01 %

Grünerlengebüsch 0,21 % 0,27 % 0,09 % 0,21 %

Zwergstrauchheiden 0,16 % 0,31 % 0,25 % 0,21 %

Bäume, Feldgehölze,Gebüsche 0,04 % 0,26 % 0,64 % 0,15 %

Moore 0,04 % 0,46 % 0,05 % 0,14 %

Still-, Fließgewässer 0,06 % 11,49 % 0,06 % 2,74 %

Firnfelder, Gletscher 0,37 % – – 0,25 % Übrige 2,16 % 0,98 % 3,32 % 2,00 %

gesamt 100,00 % 100,00 % 100,00 % 100,00 %

Tab. 11: Repräsentanz der CIR-Ökosystemtypen in den Zonen des Nationalparks