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22. Thüringer Arbeitsschutztag 13.03.2014 Dipl.-Chem. S. Rauscher
20 Jahre Asbestverbot in Deutschland
Welchen Stand haben wir erreicht und wo liegen
noch Problemstellen?
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Dipl.-Chem. Sigrun Rauscher
SIMEBU Thüringen GmbH
22. Thüringer Arbeitsschutztag 13.03.2014 Dipl.-Chem. S. Rauscher
Historie der Asbestnutzung
Asbest seit dem Altertum bekannt und
genutzt
Ende 19. Jh. Beginn des
Asbestabbaus in großem Maßstab
Kanada (Prov. Quebec, Stadt
Asbestos)
Russland (Ural, Оblast
Swerdlowsk, город Асбест)
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Quelle: Herausforderung Asbest, Universum Verlag
Quelle: unbekannt
Asbestabbau
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Industrielle Nutzung von Asbest
Über 3.000 Anwendungen in fast allen Industriezweigen
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Textilindustrie Fertigung durch Weben, Flechten oder Stricken von Arbeitsschutzkleidung, Isoliermatten,
Brandschutzdecken, Isolierschnüren, technischen Geweben
Glasindustrie Hitzeschutzkleidung, Asbestpappen als Gleitbahnen und Ablagen
Schiffsbau Feuerschutzplatten „Neptunit“, Verkleidungen, Isolierschnüre, Asbestpappen, Kitte
Fahrzeugbau Asbestbänder, Bremsbeläge, Kupplungsscheiben, Zylinderkopfdichtungen
Ofen-/Heizungsbau Asbestschnüre, Asbestpappen
Lacke und Farben Farbzusatz, asbesthaltige Filtriermaterialien, Talkum als Farbenzuschlagstoff
Keramische Industrie Asbest – Schutzkleidung, Isolierschnüre
Chemische Industrie Diaphragmen, Filtermaterial, Weichstoffpackungen
Dichtungsmassen (Kautasit), Flächenkitte, Spachtelmassen im Säureschutz (Havegit)
Pharma-Industrie Filterschichten, Entkeimungsschichten
Getränke-Industrie Entkeimungsschichten, Filtermaterial (Bierasbest)
Elektrotechnik Kitte (Gurokitt), Isolierungen, Unterlagen und Schalterdosen
Bauwesen Asbestzementerzeugnisse (AZ), AZ-Zubehör- und Komplettierungsteile
Leitbauplatte „Sokalit“
Feuerhemmende Baumaterialien („BAUFATHERM“, „PROMABEST“)
asbesthaltige bauchemische Produkte (Kitte, Spachtel- und Vergussmassen „MORINOL“)
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Entwicklung der Asbest-Industrie in Deutschland
1871 Gründung der Firma Asbestwerke Louis Wertheim
in Frankfurt am Main, spätere Frankfurter
Asbestwerke AG
1878 Gründung der Firma Sächsische Asbestfabrik G.
und A. Thoenes in Radebeul
1899 – 1913 Entwicklung der Asbestzement – Industrie
• Naßverfahren von L. Hatschek für Asbestzement
• Reichspatent DRP. 126 329 „Eternit“ Eternit
AG
• Halbtrocken – Verfahren von Österfeld („Fulgurit“)
• erste Druckrohre
1916 Gewinnung von Amphibol – Asbest bei
Klettigshammer /Thür. durch die Firma F.
Burgmann
1915 Herstellung der ersten gewebten Bremsbänder in
Deutschland Fa. Kirchbach in Coswig /Elbe
1920 erste formgepreßte Brems- und Kupplungsbeläge
durch „Jurid“ in Coswig/Elbe
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Quelle: Herausforderung Asbest, Universum Verlag
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Die krankmachende Wirkung von Asbest
1900 Erkennen erster Asbestose-
Erkrankungen
1918 Berufsgenossenschaften lehnen
Versicherung von Werftarbeitern
gegen asbestbedingte
Lungenerkrankungen ab
1936 Anerkennung der Asbestose als
BK
1943 Anerkennung asbestbedingten
Lungenkrebs als BK
60er Jahre Zusammenhang Asbest -
Mesotheliom
1976/1992 Anerkennung des
Mesotheliom als BK
1997 Anerkennung des Kehlkopfkrebs
als BK
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Quelle: Herausforderung Asbest, Universum Verlag
Quelle: SUVA
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Schutz vor den Gefahren durch Asbest
Anfang der 60er Jahre erste unverbindliche Empfehlungen der
Berufsgenossenschaften an die Betriebe zur Begrenzung der
Asbesteinwirkungen
1969 Verbot Spritzasbesteinsatz in der DDR
1973 Anstieg der Asbest-Weltproduktion auf
5,3 Mio. Tonnen 1973 Erster TRK-Wert für Asbest: 1.000.000 F/m³
1977 Verbot Spritzasbesteinsatz in der BRD
1980 Studie des UBA zu Asbest-Gefahren
1981 Politik verlangt „Asbest aus dem Verkehr zu ziehen“
Verwendungsbeschränkungen asbesthaltiger Produkte
1988 Asbest wird von AGS von Gruppe II in Gruppe I (stark
krebserregend) eingestuft
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1989 Richtlinie für die Bewertung und Sanierung schwach
gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (Asbest-
Richtlinie)
1990 Erste TRGS 519 Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder
Instandhaltungsarbeiten
1990 TRK-Wert für Asbest auf 250.000 F/m³ abgesenkt
1990 Ende des Asbesteinsatzes im Hochbau in Deutschland
11/1993 Herstellungs- und Verwendungsverbot für
Asbest in Deutschland
2005 Herstellungs- und Verwendungsverbot für
Asbest in der Europäischen Union für alle
Mitgliedsstaaten
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Schutz vor den Gefahren durch Asbest
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TRGS 519 Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder
Instandhaltungsarbeiten
Kernpunkte von 1990 bis zur aktuellen Fassung
Anzeigepflicht
Ausführung von Arbeiten nur unter Aufsicht ausgebildeter
Sachkundiger
Ausbildung von Sachkundigen nur durch autorisierte
Einrichtungen
Arbeiten an schwach gebundenen Asbest nur durch
zugelassene Firmen
Anforderungen an die Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren
Vorgaben zu Schutzmaßnahmen von der Vorbereitung der
Arbeiten bis zur Entsorgung des Materials
Kontrolle durch die Arbeitsschutzbehörden
Umfassendes Schutzkonzept wird vorgegeben!
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Stand nach 20 Jahren Asbestverbot in Deutschland
Asbest ist nach wie vor in der bebauten
Umwelt vorhanden
ABER: Kein Sanierungsgebot für
Asbestzement-Produkte
Gesundheitsgefährdung durch Asbest wird
in den Medien immer wieder thematisiert
ABER: Wissen um die Produkte nimmt
ab! Unsachgemäßer Umgang zu!
Auftraggeber und Bauherren sind
bisher NICHT zur Asbest-Erkundung
verpflichtet!
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Quelle: SIMEBU
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Sätze aus einem „Fach-Artikel“ zum Thema Asbest
Asbestfasern werden durch „Zementfasern“ ersetzt
Je nach Weiterverarbeitung unterscheidet man zwischen
Hartasbest bzw. Weißasbest und schwach gebundenem
Asbest bzw. Spritzasbest.
Asbest ist nur dann stark krebserregend, wenn es eingeatmet
wird.
Bauarbeiter sind besonders auf Wellplattendächern gefährdet, da
diese nicht absturzsicher sind.
Schutzanzüge und Atemschutzmasken sind bei Arbeiten im
Freien, wenn sie den Regeln der TRGS 519 entsprechen,
nicht erforderlich.
Entfernung von Spritzasbest: Nach der vollständigen Entfernung
der Fasern lässt man das Gebäude mehrere Tage ruhen, sodass
sich alle in der Luft befindlichen Fasern setzen können.
Aus der Zeitschrift: „Der Maler und Lackierer“ Heft 11/2013 S. 28 -30
Der Autor ist Architekt, prom. Kunsthistoriker und Denkmalpfleger.
Und der Sachkundige staunt und wundert sich! © SIMEBU® Thüringen GmbH 10
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Verantwortung für Gefahrstofferkundungen bei
Abbruch- und Sanierungsobjekten
Gebäudeeigner/
Bauherr
veranlasst und
beauftragt
Erkundung durch
Sachkundige Person
- Recherche
- Begehung
- Analysen
Fachplanung
- Gefährdungsermittlung
- Gefährdungsbeurteilung
- Arbeitsverfahren, Schutzmaßnahmen
- Entsorgungskonzept SiGeKo nach
BaustellV
SiGe-Plan Ausschreibung mit allen
„besonderen Leistungen“
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Beispiele für Fundstellen
Asbest wurde überall verwendet!
Fehl-Anwendungen sind häufiger als allgemein
angenommen, besonders Asbestzement war ein
beliebtes Heimwerker-Produkt!
Die Bandbreite möglicher Anwendungen ist fast
„unendlich“!
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Fensterbank (Weiß- und Blauasbest)
Asbest – Beispiele – Fundstellen Asbestzement
Wasseraufbereitungsanlage Ummantelung Rauchabzug
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Asbest – Beispiele – Fundstellen Hochbau
Fußbodenplatten
Deckenverkleidung
Kanalummantelung
Leichtbauplatte
SOKALIT
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Asbest – Beispiele – Fundstellen Hochbau
Vinyl-
Asbest-
Platten und -
Fliesen
Floor-Flex: Asbest (ca. 20 Gew.-%) fest in PVC-Matrix eingebunden
Cushion-Vinyl: Asbest (ca. 40 – 98 Gew.-%) als Träger-Pappe
Vinyl-Asbest-Platten mit der Handelsbezeichnung Dunloplan Pastell-Polyflex Quelle: T. Ebert
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Ein Sonderfund - Asbestpapier als Beschichtungsmaterial für GFK-Dachplatten
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Deckenstreifen
als Anschluss Decke / Wand
Deckenstreifen
als Feuerschutzabschluss
Asbest – Beispiele – Fundstellen Hochbau
Fundort im
monolithischen
Wohnungsbau
Brandschutzplatte
BAUFATHERM
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Asbest – Beispiele – Fundstellen technische Anlagen
Dichtungen Brandschutzklappen
Bremsbeläge
an Maschinen
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Asbest – Beispiele – Fundstellen technische Anlagen
Reine Asbestschnüre
Asbestschnur als
Ofendichtung
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Asbest – Beispiele – Brandstelle mit AZ - Dachplatten
Quelle: www.diehallos.de thüringen 24.03.2012
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Asbeststücke als
Abstandshalter im Isoliergefäß
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Asbest – Beispiele – Fundstelle Haushaltsgeräte
Präsent-Panne: Post verschenkte
Asbest-Kaffeekannen an
Briefträger dpa 31.01.2008
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Asbest wird immer noch abgebaut und verwendet!
Weltproduktion von Rohasbest:
– 94 % Chysotil (Weißasbest)
– 4 % Krokydolith (Blauasbest)
– 2 % Amosit (Braunasbest)
Produktion:
1976 – 5,6 Mio. t
2007 – 3,5 Mio. t
Verbrauch:
2006 - 2,2 Mio. t
Durch Importe droht
neue „Asbest-Gefahr“!
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Gefährdungsminimierung durch Umbenennung
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Chrysotil
Aus der Stadt
„Asbestos“
wurde
„Chrysotil“.
Nur die Gefahr
ist dadurch nicht
gebannt!