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2 Einfuhrung in die lineare Algebra
2.1 Vektorraume und ihre Unterraume
Definition 2.1.1. Sei K ein Korper. Ein Vektorraum uber K (oder K-Vektorraum)ist eine Menge V mit einer Addition genannten Verknupfung
V × V → V : (x, y) 7→ x+ y
und einer Skalarmultiplikation genannten Verknupfung
K × V → V : (λ, x) 7→ λ · x ,
sodass gilt
(V1) (V.+) ist eine abelsche Gruppe; mit neutralem Element 0 (oder auch inHandschrift 0).
(V2) ∀α, β ∈ K, ∀x ∈ V : (α + β) · x = α · x+ β · x;
(V3) ∀α ∈ K, ∀x, y ∈ V : α · (x+ y) = α · x+ α · y;
(V4) ∀α, β ∈ K, ∀x ∈ V : (αβ) · x = α · (β · x);
(V5) ∀x ∈ V : 1 · x = x (hier ist 1 = 1K das Einselement in K).
Die Elemente in V heißen Vektoren, die Elemente in K heißen Skalare. DasElement 0 ∈ V heißt Nullvektor.
Bemerkung. (1) ∀x ∈ V : 0 · x = 0.
(2) ∀λ ∈ K, ∀x ∈ V : (−λ) · x = −(λ · x). Insbesondere gilt (−1) · x = −x.
Beispiel. (1) Kn mit Addition (x1, . . . , xn)+(y1, . . . , yn) = (x1+y1, . . . , xn+yn), Skalarmultiplikation λ · (x1, . . . , xn) = (λx1, . . . , λxn).
(Man veranschauliche sich dies durch ein Bild einer Vektoraddition/Skalar-multiplikation im R2.)
(2) KN = {(xn)n∈N = (x1, x2, x3, . . .) |xn ∈ K} mit Addition (xn)n∈N +(yn)n∈N = (xn + yn)n∈N, Skalarmultiplikation λ · (xn)n∈N = (λxn)n∈N.
(3) C als R-Vektorraum (Skalarmultiplikation ist gewohnliche Multiplikation inC von Elementen in R ⊂ C mit solchen aus C).
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(4) Ahnlich: R als Q-Vektorraum, oder allgemeiner: Falls R ein Ring ist dereinen Korper K als Unterring hat, so wird R auf naturliche Weise einK-Vektorraum.
(5) R[X] (Polynome uber R) als R-Vektorraum (man kann R[X] als Ringauffassen, der R als Unterring hat und obiges Prinzip anwenden).
R[X]n (Polynome vom Grad ≤ n ∈ N0) ist R-Vektorraum.
(6) M nichtleere Menge, Abb(M,K) als K-Vektorraum:
f + g : M → K : x 7→ f(x) + g(x) , λ · f : M → K : x 7→ λf(x)
(7) L(Kn) = {f ∈ Abb(Kn, k) | ∃a1, . . . , an ∈ K : f(x1, . . . , xn) = a1x1 +. . .+ anxn}, die linearen Abbildungen von Kn nach K, als K-Vektorraum(Addition, Skalarmultiplikation wie in Abb(Kn, K).
Bemerkung. Das Losen eines linearen Gleichungssystems ist nichts anderes alsdas simultane Losen von Gleichungen
f1(x1, . . . , xn) = b1
f2(x1, . . . , xn) = b2...
...fm(x1, . . . , xn) = bm
mit fi ∈ L(Kn), bi ∈ K. Die Vektorraumstruktur von L(Kn) kann dann benutztwerden, um solche Systeme zu losen.
Definition 2.1.2. K Korper, V ein K-Vektorraum. Eine Teilmenge U von Vheißt Untervektorraum (oder Unterraum, oder Teilraum) von V falls gilt:
(UV1) U 6= ∅;
(UV2) ∀x, y ∈ U : x+ y ∈ U (d.h. U ist abgeschlossen bzgl. Vektoraddition);
(UV3) ∀x ∈ U . ∀λ ∈ K: λ · x ∈ U (d.h. U ist abgeschlossen bzgl. Skalarmulti-plikation).
Bemerkung. (1) U Unterraum von V =⇒ 0 ∈ U . (UV1) kann also ersetztwerden durch: (UV1’) 0 ∈ U .
(2) Ein Unterraum U eines Vektorraums V ist selber ein Vektorraum mit der vonV geerbten Vektoraddition und Skalarmultiplikation.
(3) Man kann (UV2) und (UV3) durch ein einziges Axiom ersetzen: (UV4)∀α, β ∈ K, ∀x, y ∈ U : α · x+ β · y ∈ U .
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Beispiel. (1) v ∈ R2. Rv := {λ · v |λ ∈ R} ist Unterraum von R2. Fallsv 6= 0, so ist (man mache ein Bildchen) Rv die Gerade durch den Urprungin “Richtung” v.
(2) v, w ∈ R3. Rv + Rw := {λ · v + µ · w |λ, µ ∈ R} ist Unterraum vonR3. Falls v, w 6= 0, nicht Vielfache voneinander, so ist (man mache einBildchen) Rv + Rw die Ebene durch den Urprung, die durch v und w“aufgespannt” wird.
(3) Man kann in obigen Beispielen R durch K und R2 bzw. R3 durch einenbeliebigen K-Vektorraum V ersetzen, und erhalt mit v, w ∈ V , dass Kvund Kv +Kw Unterraume von V sind.
(4) {(xn)n∈N | limn→∞ xn = 0}, die Nullfolgen in RN, bilden einen Unterraumvon RN.
(5) {(xn)n∈N | limn→∞ xn existiert und ist endlich}, die konvergenten Folgenin RN, bilden einen Unterraum von RN.
(6) {f ∈ Abb(M,K) | f(m0) = 0}, die Abbildungen, die in m0 ∈ M eineNullstelle haben, bilden einen Unterraum von Abb(M,K).
(7) I ⊆ R Intervall, Abbst(I,R) := {f ∈ Abb(I,R) | f ist stetig} ist einUnterraum von Abb(I,R).
(8) L(Kn) ist ein Unterraum von Abb(Kn, K), und auch ein Unterraum vonAbbst(K
n, K).
(9) R[X]n ist ein Unterraum von R[X].
(10) Jeder Vektorraum V hat {0} und V als Unterraume.
(11) Z2 ⊂ R2 ist kein Unterraum ((UV2) gilt, (UV3) gilt nicht);
R(1, 0) ∪ R(0, 1) ⊂ R2 ist kein Unterraum ((UV3) gilt, (UV2) gilt nicht);
{(x, y) ∈ R2 | 3x+5y = 10} ⊆ R2 ist kein Unterraum (dies ist eine Gerade,die nicht durch den Ursprung geht; (UV2), (UV3) gelten beide nicht)
Aber: {(x, y) ∈ R2 | 3x + 5y = 0} ⊆ R2 ist ein Unterraum (parallel zurobgigen Geraden, nun aber durch den Ursprung).
Satz 2.1.3. K Korper, V K-Vektorraum, U1, . . . , Un Unterraume von V . Danngilt:
(1) U1 ∩ . . . ∩ Un ist ein Unterraum von V ;
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(2) U1 + . . .+ Un := {x1 + . . .+ xn |xi ∈ Ui} ist ein Unterraum von V .
Lemma 2.1.4. K Korper, V K-Vektorraum, U Unterraum von V . Seien n ∈ N,x1, . . . , xn ∈ U , λ1, . . . , λn ∈ K. Dann gilt:
∑ni=1 λi · xi ∈ U .
Definition und Satz 2.1.5. K Korper, V K-Vektorraum, n ∈ N, x1, . . . , xn ∈V . Die Menge
Lin{x1, . . . , xn} := {n∑
i=1
λi · xi |λi ∈ K}
heißt lineare Hulle oder Spann von x1, . . . , xn. Ihre Elemente heißen Linear-kombinationen von x1, . . . , xn. Lin{x1, . . . , xn} ist ein Unterraum von V undwird der von x1, . . . , xn erzeugte oder von x1, . . . , xn aufgespannte Unterraumgenannt.
Beispiel. (1) v, w ∈ R2 \ {0}, keine Vielfachen voneinander. Dann ist die vonv, w “aufgespannte” Ebene genau Lin{v, w}.(2) R[X]n = Lin{1, X,X2, . . . , Xn}.Definition und Satz 2.1.6. K Korper, V K-Vektorraum, M ⊆ V .
Falls M = ∅, so definiert man Lin(M) := {0}.Falls M 6= ∅, so definiert man
Lin(M) := {n∑
i=1
λi · xi |n ∈ N, λi ∈ K, xi ∈M},
d.h. Lin(M) besteht aus allen endlichen Linearkombinationen, die sich mit El-ementen aus M bilden lassen. Lin(M) heißt lineare Hulle oder Spann von M .Es gilt:
(1) Lin(M) ist ein Unterraum von V .
(2) Sei U ⊆ V ein Unterraum mit M ⊆ U . Dann gilt Lin(M) ⊆ U , d.h.Lin(M) ist der kleinste Unterraum von V , der M enthalt.
2.2 Lineare Gleichungssysteme (LGS)
Definition 2.2.1. Ein LGS uber einem Korper K von m Gleichungen in nUnbekannten x1, . . . , xn ist ein Gleichungssystem der Form
a11x1 + a12x2 + . . . + a1nxn = b1
a21x1 + a22x2 + . . . + a2nxn = b2...
......
...am1x1 + am2x2 + . . . + amnxn = bm
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mit aij ∈ K, bi ∈ K (1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n). Die Elemente aij heißenKoeffizienten des LGS, die Elemente bi die “rechten Seiten”.
Das LGS heißt homogen falls b1 = . . . = bm = 0, andernfalls inhomogen. EineLosung dieses LGS ist ein n-Tupel (x1, . . . , xn) ∈ Kn welches die obigen mGleichungen simultan erfullt.
Beispiel. (i) Uber Q:
x1 − x2 + x3 = 13x2 + 2x3 = 5
5x3 = −10
n = 3, m = 5,
a11 = 1 a12 = −1 a13 = 1 b1 = 1a21 = 0 a22 = 3 a23 = 2 b2 = 5a31 = 0 a32 = 0 a33 = 5 b3 = −10
Losen “von unten nach oben” ergibt genau eine Losung: (x1, x2, x3) = (6, 3,−2).
(ii) Uber C:x1 + 2ix2 = 3
3ix1 − 6x2 = 1 + i
Gleichung (2) minus 3i mal Gleichung (1) ergibt 0 = 1−8i �, also keine Losung.
(iii) Uber Rx1 + 2x2 + 3x3 = 0
3x1 − x2 + 2x3 = 0
Subtrahiere 3 mal Gleichung (1) von Gleichung (2) =⇒ x2 = −x3, setze dies inGleichung (1) ein =⇒ x1 = −x3.
Man kann also x3 frei wahlen, z.B. x3 = a ∈ R, und damit sind alle Losungenvon der Form (x1, x2, x3) = (−a,−a, a) = a(−1,−1, 1), a ∈ R (anschaulich:die Losungsmenge ist eine Gerade in R3 durch den Ursprung).
Definition 2.2.2. m,n ∈ N, K Korper. Eine m×n-Matrix M mit Koeffizientenin K ist eine rechteckige Anordnung von m · n Elementen aij ∈ K, 1 ≤ i ≤ m,1 ≤ j ≤ n der Form
M =
a11 a12 . . . a1n
a21 a22 . . . a2n...
......
am1 am2 . . . amn
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aij heißt der ij-te Koeffizient von M oder der Koeffizient in der i-ten Zeile undj-ten Spalte. m ist die Anzahl der Zeilen, n die der Spalten.
Mm×n(K) bezeichnet die Menge aller m × n-Matrizen mit Koeffizienten in K(oder “uber K”). Falls m = n so schreibt man kurz Mn(K) statt Mn×n(K).
Eine 1 × n-Matrix (a1 . . . an) nennt man auch Zeilenvektor oder genauer n-
Zeilenvektor, Eine m × 1-Matrix
a1...am
nennt man auch Spaltenvektor oder
genauer m-Spaltenvektor.
Bemerkung. Eine m × n-Matrix besteht aus m n-Zeilenvektoren, bzw. aus nm-Spaltenvektoren.
Die obige Matrix M schreibt man auch kurz als
M = (aij)1≤i≤m1≤j≤n
oder einfach M = (aij) wenn die Zeilenanzahl m/Spaltenanzahl n klar ist (wiez.B. im Ausdruck (aij) ∈Mm×n(K)).
Definition 2.2.3. Dem LGS uber K aus Defintion 2.2.1 ordnet man die folgendeMatrix A ∈Mm×n(K) und den folgenden m-Spaltenvektor b zu:
A :=
a11 a12 . . . a1n
a21 a22 . . . a2n...
......
am1 am2 . . . amn
b :=
b1...bm
und man spricht vom LGS
a11 a12 . . . a1n b1
a21 a22 . . . a2n b2...
......
...am1 am2 . . . amn bm
bzw. vom LGS (A|b).
Man nennt A die Matrix dieses LGS, und (A|b) die erweiterte Matrix dieses LGS.
Man definiert die Losungsmenge dieses LGS als
L(A|b) := {(x1, . . . , xn) ∈ Kn | (x1, . . . , xn) ist eine Losung des LGS (A|b)}
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Beispiel. Mit den Beispielen vom Anfang von Abschnitt 2.2:
(i) (A|b) =
1 −1 1 10 3 2 50 0 5 −10
, L(A|b) = {(6, 3,−2)}.
(ii) (A|b) =
(1 2i 3
3i −6 1 + i
), L(A|b) = ∅.
(iii) (A|b) =
(1 2 3 03 −1 2 0
), L(A|b) = {(a, a,−a) | a ∈ R}.
Satz 2.2.4. Sei (A|b) ein LGS uber einem Korper K mit A ∈Mm×n(K), b ein
m-Spaltenvektor. Sei 0 =
0...0
der m-Spaltennullvektor.
(i) L(A|0) ist ein linearer Untervektorraum von Kn.
(ii) Falls das LGS (A|b) eine Losung besitzt, sagen wir c = (c1, . . . , cn) ∈ Kn,so gilt
L(A|b) = c+ L(A|0) = {c+ u |u ∈ L(A|0)} ,d.h. die Losungen vom LGS (A|b) sind genau die Elemente, die sichals Summe von einer speziellen Losung von (A|b) und den verschiedenenLosungen des homogenen LGS (A|0) schreiben lassen.
Beispiel. (i) LGS: 2x1 − x2 = 2. Hier: (A|b) = (2 − 1|2).
L(A|0) = {(x, 2x) |x ∈ K} = K · (1, 2), (1, 0) ist spezielle Losung von (A|b)=⇒ L(A|b) = (1, 0) + K · (1, 2) = {(1 + a, 2a) | a ∈ K} (oder auch L(A|b) =(0,−2) +K · (1, 2)).
(ii) LGS uber R:
[x1 + 2x2 + 3x3 = 1
3x1 − x2 + 2x3 = 3
], (A|b) =
(1 2 3 13 −1 2 3
),
L(A|0) = R · (1, 1,−1) (siehe fruheres Beispiel), (1, 0, 0) ist spezielle Losungvon (A|b)=⇒ L(A|b) = (1, 0, 0) + R · (1, 1,−1) (oder auch L(A|b) = (0,−1, 1) + R ·(−1,−1, 1), oder . . .).
Definition und Satz 2.2.5. Zwei LGS (A|b) und (A′|b′) mit A,A′ ∈Mm×n(K)heißen aquivalent, (A|b) ∼ (A′|b′), wenn sie durch eine Kette von sogenann-ten elementaren Umformungen der folgenden Art ineinander ubergefuhrt werdenkonnen:
1. Vertauschen zweier Gleichungen;
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2. Multiplizieren einer Gleichung mit einem a ∈ K∗;
3. Ersetzen der i-ten Gleichung durch die Summe der i-ten Gleichung plus αmal der j-ten Gleichung, wobei α ∈ K und i 6= j.
Falls (A|b) ∼ (A′|b′), so gilt L(A|b) = L(A′|b′) (aquivalente LGS haben diegleiche Losungsmenge).
Beispiel. 1 2 −1 12 1 −1 2−1 −1 2 0
Gl.(2)−2×Gl.(1)+3
1 2 −1 10 −3 1 0−1 −1 2 0
Gl.(3)+Gl.(1) +3
1 2 −1 10 −3 1 00 1 1 1
Gl.(2)↔Gl.(3) +3
1 2 −1 10 1 1 10 −3 1 0
Gl.(3)+3×Gl.(2)+3
1 2 −1 10 1 1 10 0 4 3
1/4×Gl.(3) +3
1 2 −1 10 1 1 10 0 1 3/4
Dies liefert (von unten nach oben): x3 = 3
4, x2 = 1− x3 = 1
4, x1 = 1− (2x2 −
x3) = 54, also L(A|b) = {(5
4, 1
4, 3
4)}.
Beispiel. 2 1 0 −1 31 −1 1 0 20 1 1 1 2
Gl.(1)↔Gl.(2) +3
1 −1 1 0 22 1 0 −1 30 1 1 1 2
Gl.(2)−2×Gl.(1)+3
1 −1 1 0 20 3 −2 −1 −10 1 1 1 2
Gl.(2)↔Gl.(3) +3
1 −1 1 0 20 1 1 1 20 3 −2 −1 −1
Gl.(3)−3×Gl.(2)+3
1 −1 1 0 20 1 1 1 20 0 −5 −4 −7
−1/5×Gl.(3) +3
1 −1 1 0 20 1 1 1 20 0 1 4/5 7/5
Die Variable x4 kann somit frei gewahlt werden, z.B. x4 = a ∈ R. Damit ergibtsich (von unten nach oben): x3 = 7
5− 4
5a, x2 = 3
5− 1
5a, x1 = 6
5+ 3
5a, und somit
(in Spaltenform)x1
x2
x3
x4
=1
5
6370
+ a
3−1−45
a ∈ R.
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Also: L(A|b) = 15(6, 3, 7, 0)+R(3,−1,−4, 5), insb. ist 1
5(6, 3, 7, 0) eine spezielle
Losung und L(A|0) = R(3,−1,−4, 5).
Satz 2.2.6. (Gauß-Verfahren, Stufenform)(a) Jedes LGS (A|b) (mit A ∈ Mm×n(K) laßt sich durch elementare Umfor-
mungen in ein aquivalentes LGS (A|b) in folgender Stufenform uberfuhren:
xk1 + . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . + a1nxn = b1
xk2 + . . . . . . . . . . . + a2nxn = b2
. . ....
...
xkr + . . . + arnxn = br0 = br+1...
...
0 = bm
mit 1 ≤ k1 < k2 < . . . < kr ≤ n, 0 ≤ r ≤ m, wobei aiki = 1 fur i ≤ r, aij = 0fur j < ki und ebenfalls aij = 0 fur i > r.
(b) LGS (A|b) (und damit LGS (A|b)) hat eine Losung genau dann, wenn br+1 =
. . . = bm = 0.
In dieser Situation erhalt man alle Losungen, indem man die xj mit j 6∈ {k1, . . . , kr}frei wahlt, und die ubrigen xkr , xkr−1 , . . . , xk2 , xk1 sukzessive “von unten nachoben” aus den r oberen Gleichungen berechnet.
Beispiel.0 0 1 3 3 21 2 1 4 3 31 2 2 7 6 52 4 1 5 3 4
Gl.(1)↔Gl.(2) +3
1 2 1 4 3 30 0 1 3 3 21 2 2 7 6 52 4 1 5 3 4
Gl.(3)−Gl.(1)
Gl.(4)−2×Gl.(1)+3
1 2 1 4 3 30 0 1 3 3 20 0 1 3 3 20 0 −1 −3 −3 −2
Gl.(3)−Gl.(2)
Gl.(4)+Gl.(2)+3
1 2 1 4 3 30 0 1 3 3 20 0 0 0 0 00 0 0 0 0 0
Gl.(1)−Gl.(3) +3
1 2 0 1 0 10 0 1 3 3 20 0 0 0 0 00 0 0 0 0 0
Man hat drei “freie” Variablen x2, x4, x5. Nun lassen sich x1, x2 in Abhangigkeitder freien Variablen bestimmen:
x3 = 2− 3x4 − 3x5 , x1 = 1− 2x2 − x4
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oder mit x2 = a, x4 = b, x5 = c:x1
x2
x3
x4
x5
=
10200
+ a
−2
1000
+ b
−1
0−3
10
+ c
00−3
01
Bemerkung. Die Zahl r in 2.2.6 bezeichnen wir mit Rang des LGS. Wir werdensehen: egal wie man (A|b) mittels elementarer Umformungen in Stufenformumwandelt, der so erhaltene Rang ist immer der gleiche.
Definition 2.2.7. Sei A ∈Mm×n(K). Die folgenden Umformungen der MatrixA heißen elementare Zeilenumformungen (Spaltenumformungen):
1. Vertauschen zweier Zeilen (Spalten);
2. Multiplizieren einer Zeile (Spalte) mit α ∈ K∗;
3. Addieren des α-fachen der j-ten Zeile (Spalte) zur i-ten Zeile (Spalte),wobei i 6= j und α ∈ K.
2.3 Basis und Dimension
Erinnerung. Gegeben ein K-Vektorraum V , ein Vektorensystem x1, . . . , xn inV . Eine Linearkombination in den xi ist ein Vektor der Form λ1x1 + . . . +λnxn mit λi ∈ K. Die λi heißen Koeffizienten dieser Linearkombination. DerSpann (die lineare Hulle) Lin{x1, . . . , xn} ist der Untervektorraum aller solcherLinearkombinationen.
Beispiel. In R3, betrachte das Vektorensystem e1 =(
100
), e2 =
(010
), e3 =
(001
).
Man zeigt leicht: Lin{e1, e2, e3} = R3. Es gilt sogar: zu jedem x ∈ R3 gibt eseindeutig bestimmte Koeffizienten λi ∈ R mit x = λ1e1 + λ2e2 + λ3e3.
Definition 2.3.1. Sei x1, . . . , xn ein Vektorensystem in einem K-VektorraumV .
(1) x1, . . . , xn ist ein Erzeugendensystem von V falls gilt: Lin{x1, . . . , xn} = V .
(2) Das Vektorensystem x1, . . . , xn ist linear unabhangig wenn fur alle λ1, . . . , λn ∈K gilt: λ1x1 + . . .+ λnxn = 0 =⇒ λ1 = . . . = λn = 0.
Ein Vektorensystem ist linear abhangig, falls es nicht linear unabhangig ist.
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Satz 2.3.2. Sei x1, . . . , xn ein Vektorensystem in einem K-Vektorraum V . Diefolgenden Aussagen sind aquivalent.
(1) Das System x1, . . . , xn ist linear unabhangig.
(2) ∀λ1, . . . , λn, µ1, . . . , µn ∈ K gilt: λ1x1 + . . .+ λnxn = µ1x1 + . . .+ µnxn=⇒ λ1 = µ1, . . . , λn = µn.
Beispiel. Betrachte in R3 das Vektorensystem x1 =(
110
), x2 =
(101
), x3 =(
011
).
Angenommen λ1x1 + λ2x2 + λ3x3 = 0. Man erhalt das LGS
λ1 + λ2 = 0λ1 + λ3 = 0
λ2 + λ3 = 0
Also 1 1 0 01 0 1 00 1 1 0
elementareUmformungen
+3
1 1 0 00 1 1 00 0 2 0
Falls 2 6= 0 in K (z.B. in K = R), so gilt also 2λ3 = 0, also λ3 = 0, damitλ2 = 0, und damit λ1 = 0. Das System ist also linear unabhangig.
Falls 2 = 0 in K (z.B. in K = Z/2), so gilt immer 2λ3 = 0. Also kann λ3 ∈ Kbeliebig gewahlt werden, λ2 + λ3 = 0 impliziert dann λ2 = −λ3 = λ3 (da0 = 2 = 1 + 1, also −1 = 1). Und damit auch λ1 = −λ2 = λ3. Alle moglichenLinearkombinationen, fur die gilt λ1x1 + λ2x2 + λ3x3 = 0, erhalt man in diesemFall fur (λ1, λ2, λ3) = (a, a, a) mit a ∈ K beliebig. Insbesondere gilt fur a = 1:x1 + x2 + x3 = 0, die xi sind also linear abhangig.
Bemerkung. (1) Falls ein Vektorensystem x1, . . . , xn den Nullvektor enthalt(z.B. x1 = 0), so ist es linear abhangig.
(2) Falls in einem Vektorensystem x1, . . . , xn ein Vektor ein Vielfaches einesanderen ist (z.B. x1 = λx2), so ist es linear abhangig.
Korollar 2.3.3. Gegeben ein Vektorensystem x1, . . . , xn in Km der Form xi =( a1i...
ami
), 1 ≤ i ≤ n, aij ∈ K. Die folgenden Aussagen sind aquivalent:
(1) Das System x1, . . . , xn ist linear unabhangig.
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(2) Das LGS
a11λ1 + a12λ2 + . . . + a1nλn = 0...
......
...am1λ1 + am2λ2 + . . . + amnλn = 0
hat als einzige Losung λ1 = . . . = λn = 0.
Definition 2.3.4. Ein Vektorensystem x1, . . . , xn in einem K-Vektorraum V isteine Basis von V falls es linear unabhangig und ein Erzeugendensystem von Vist.
Beispiel. Betrachte in R3 das Vektorensystem x1 =(
110
), x2 =
(101
), x3 =(
011
). Wir haben schon gesehen: Das System x1, x2, x3 ist linear unabhangig.
Ist es ein Erzeugendensystem von R3 ? Um dies zu zeigen, mussen wir versuchen,
einen beliebigen Vektor(
abc
)∈ R3 als Linearkombination der xi zu schreiben,
d.h. wir mussen λ1, λ2, λ3 ∈ R finden mit abc
= λ1
110
+ λ2
101
+ λ3
011
,
dies bedeutet, dass man das LGS 1 1 0 a1 0 1 b0 1 1 c
losen muss. Mit dem Gauß-Verfahren findet man die Losung
(λ1, λ2, λ3) =1
2(a+ b− c, a− b+ c,−a+ b+ c) .
Also ist x1, x2, x3 auch ein Erzeugendensystem von R3.
Satz 2.3.5. Sei x1, . . . , xn ein Vektorensystem in einem K-Vektorraum V . Diefolgenden Aussagen sind aquivalent.
(1) Das System x1, . . . , xn ist eine Basis von V .
(2) Jedes x ∈ V lasst sich schreiben als Linearkombination x = λ1x1 + . . . +λnxn mit eindeutig bestimmten λ1, . . . , λn ∈ K.
12
Beispiel. In Kn betrachte
ei :=
0...010...0
← i-te Zeile
e1, . . . , en bildet dann eine Basis von Kn, genannt Standardbasis von Kn. Falls
c =
( c1...cn
)∈ Kn, so ist naturlich c =
∑ni=1 ciei, die Koeffizienten in dieser Lin-
earkombination entsprechen also den Komponenten (“Koordinaten’) des Spal-tenvektors c,
Bemerkung. In einem Vektorraum gibt es i.A. viele verschiedene Vektorensys-teme, die die Eigenschaften einer Basis erfullen, d.h. die Wahl einer Basis ist i.A.nicht eindeutig.
Bemerkung 2.3.6. (1) Ist das Vektorensystem v1, . . . , vn linear unabhangig,so auch jedes Teilsystem vi1 , . . . , vir , 1 ≤ i1 < . . . < ir ≤ n.
(2) Ist das Vektorensystem v1, . . . , vn linear abhangig, so auch jedes Vektoren-system v1, . . . , vn, vn+1, . . . welches v1, . . . , vn enthalt.
(3) Die lineare (Un)abhangigkeit hangt nicht von der Reihenfolge der Vektorenim Vektorensystem ab.
(4) Das nur aus dem Nullvektor 0 bestehende Vektorensystem ist linear abhangig,und damit auch jedes Vektorensystem, welches 0 enthalt.
(5) Wenn es im Vektorensystem v1, . . . , vn Indizes i 6= j gibt mit vi = λvj,λ ∈ K∗, so ist dieses Vektorensystem linear abhangig.
Lemma 2.3.7. Sei v1, . . . , vn ein Vektorensystem in einem K-Vektorraum V .Dann sind aquivalent:
(1) v1, . . . , vn sind linear abhangig;
(2) ∃vi in diesem Vektorensystem mit vi ∈ Lin{v1, . . . , vi−1, vi+1, . . . , vn}.
Beispiel. Im R-Vektorraum der Polynome R[X] kann es kein endliches Erzeu-gendensystem geben (man argumentiere mit dem Grad von Polynomen). Kannman trotzdem sinnvoll den Begriff einer Basis von R[X] definieren ?
13
Erinnerung: Sei M eine beliebige Teilmenge eines K-Vektorraums V . Mandefniert Lin(M) als den Unterraum aller endlichen Linearkombinationen, die sichaus Vektoren aus M bilden lassen:
Lin(M) = {∑n
i=1 λixi |n ∈ N, λi ∈ K, xi ∈M}
Definition 2.3.8. Sei M eine Teilmenge eines K-Vektorraums V .
(1) M heißt linear unabhangig falls ∀n ∈ N, ∀x1, . . . , xn ∈ M mit xi 6= xjfalls i 6= j gilt, dass das Vektorensystem x1, . . . , xn linear unabhangig ist.
(2) M heißt Basis von V , falls M linear unabhangig ist und Lin(M) = V(d.h. M ist ein Erzeugendensystem von V ).
Beispiel. Der R-Vektorraum R[X] hat als Basis z.B. {1, X,X2, X3, . . .}.
Satz 2.3.9. Sei V ein K-Vektorraum und M = {xi ∈ V | i ∈ I} ⊂ V , wobei Ieine geeignete Indexmenge ist und xi 6= xj fur i 6= j. Dann sind aquivalent:
(1) M ist Basis von V ;
(2) Jedes x ∈ V lasst sich auf eindeutige Weise schreiben als x =∑
i∈I λiximit λi ∈ K, wobei nur endlich viele der λi 6= 0 sind (man sagt auch: fastalle λi = 0).
Satz 2.3.10. Jeder K-Vektorraum V besitzt eine Basis.
Zum Beweis braucht man einen Satz aus der Mengenlehre, das sogenannte Zorn-sche Lemma. Dies wurde im Rahmen der Vorlesung zu weit fuhren, deshalbersparen wir uns den Beweis und werden nur den Beweis im Spezialfall endlicherzeugter Vektorraume fuhren
Definition 2.3.11. Ein K-Vektorraum V heißt endlich erzeugt, falls er einendliches Erzeugendensystem besitzt, d.h. falls es n ∈ N, v1, . . . , vn ∈ V gibtmit Lin{v1, . . . , vn} = V .
Ein Spezialfall von Aufgabe 8.2(b) ist folgendes Lemma.
Lemma 2.3.12. Sei v1, . . . , vn ein Vektorensystem in einem K-Vektorraum Vund sei v ∈ V . Dann gilt:
v ∈ Lin{v1, . . . , vn} ⇐⇒ Lin{v1, . . . , vn} = Lin{v1, . . . , vn, v}
14
Satz 2.3.13 (Spezialfall von Satz 2.3.9). Sei V ein endlich erzeugter K-Vektor-raum und sei v1, . . . , vn irgendein endliches Erzeugendensystem von V . Dannkann eine Basis von V konstruiert werden durch Weglassen geeigneter Vektorenaus diesem Erzeugendensystem, d.h., es existieren Indizes 1 ≤ i1 < . . . < ir ≤ n,sodass vi1 , . . . , vir eine Basis ist.
Insbesondere hat jeder endlich erzeugte K-Vektorraum eine Basis.
Satz 2.3.14 (Basiserganzungssatz). Sei V ein K-Vektorraum, v1, . . . , vn ein lin-ear unabhangiges Vektorensystem in V . Angenommen, man hat w1, . . . , wr ∈ Vmit Lin{v1, . . . , vn, w1, . . . , wr} = V . Dann kann v1, . . . , vn durch Hinzunahmegeeigneter Vektoren wi, sagen wir (nach Umnummerierung!) w1, . . . , wk, k ≤ r,zu einer Basis v1, . . . , vn, w1, . . . , wk von V erganzt werden.
Insbesondere lasst sich jedes (endliche) linear unabhangige Vektorensystem ineinem endlich erzeugten Vektorraum zu einer Basis des Vektorraums erganzen(man nehme als w1, . . . , wr irgendein endliches Erzeugendensystem von V ).
Im Beweis benotigt man
Lemma 2.3.15. Sei V ein K-Vektorraum, v1, . . . , vn ein linear unabhangigesVektorensystem in V , w ∈ V mit w 6∈ Lin{v1, . . . , vn}. Dann ist das Vektoren-system v1, . . . , vn, w linear unabhangig.
Um den spateren Steinitzschen Austauschsatz zu beweisen, benotigt man
Lemma 2.3.16 (Austauschlemma). Sei v1, . . . , vn eine Basis eines K-Vektor-raums V , w ∈ V \{0}. Dann ∃i ∈ {1, . . . , n} sodass v1, . . . , vi−1,w,vi+1, . . . , vnwieder eine Basis ist.
Satz 2.3.17 (Steinitzscher Austauschsatz). Sei V ein K-Vektorraum mit Ba-sis v1, . . . , vn, und sei u1, . . . , ur ein linear unabhangiges Vektorensystem in V .Dann ist r ≤ n. Ferner gibt es r Vektoren unter den vi, sagen wir nach Um-nummerierung v1, . . . , vr, sodass durch Austauschen dieser gegen u1, . . . , ur manwieder eine Basis hat: u1, . . . ur, vr+1, . . . , vn ist Basis von V .
Bemerkung. Fur r = 1 ist der Steinitzsche Austauschsatz nichts anderes alsdas vorangehende Austauschlemma.
Korollar und Definition 2.3.18. In einem endlich erzeugten Vektorraum Vhaben je zwei Basen gleich viele Elemente. Diese Zahl heißt Dimension von V ,dimV . Falls V nicht endlich erzeugt ist, so schreibt man dimV =∞.
Korollar 2.3.19. Sei dimV = n und x1, . . . , xr ∈ V mit r > n =⇒ x1, . . . , xrlinear abhangig.
15
Korollar 2.3.20. Sei dimV = n und x1, . . . , xn ∈ V . Dann sind aquivalent:
(1) x1, . . . , xn ist eine Basis von V .
(2) x1, . . . , xn ist ein Erzeugendensystem von V .
(3) Das Vektorensystem x1, . . . , xn ist linear unabhangig.
Korollar 2.3.21. Sei V ein Vektorraum endlicher Dimension. Sei U ein Unter-vektorraum. Dann gilt: dimU = dimV ⇐⇒ U = V .
Beispiel. • dimKn = n.
• U = {(x1, . . . , xn) ∈ Kn |∑n
i=1 xi = 0} ist ein Unterraum von Kn mit
dimU = n− 1 (Ubung).
• dimK[X]n = n+ 1 (K Korper).
• Sei a ∈ K, U = {P (X) ∈ K[X]n |P (a) = 0}. U ist ein Untervektorraumvon K[X] mit dimU = n (Ubung).
2.4 Lineare Abbildungen und Matrizen
Definition 2.4.1. Seien V,W zwei K-Vektorraume. Eine Abbildung f : V →W heißt lineare Abbildung (lineare Transformation, linearer Homomorphismus,Vektorraumhomomorphismus) falls gilt:
(LA1) f(x+ y) = f(x) + f(y) ∀x, y ∈ V ;
(LA2) f(λ · x) = λ · f(x) ∀x ∈ V , ∀λ ∈ K.
Die Menge aller linearen Abbildungen von V nach W wird mit L(V,W ) (oderHomK(V,W )) bezeichnet.
Falls f ∈ L(V,W ) und f bijektiv, so nennt man f einen linearen Isomorphismus(oder Vektorraumisomorphismus).
Bemerkung. Die Bedingungen (LA1) und (LA2) konnen auch in einer einzigenBedingung zusammengefasst werden:
∀x, y ∈ V , ∀λ, µ ∈ K gilt f(λ · x+ µ · y) = λ · f(x) + µ · f(y).
Wir erinnern uns: Abb(V,W ) hat die Struktur eines K-Vektorraums mittels derOperationen
f + g : V → W : x 7→ f(x) + g(x)λ · f : V → W : x 7→ λf(x)
16
Satz 2.4.2. Seien U, V,W K-Vektorraume.
(1) L(V,W ) ist ein Untervektorraum von Abb(V,W ).
(2) f ∈ L(U, V ), g ∈ L(V,W ) =⇒ g ◦ f ∈ L(U,W ).
(3) Falls f ∈ L(V,W ) ein linearer Isomorphismus ist, so ist die Umkehrabbil-dung f−1 : W → V auch ein linearer Isomorphismus.
Beispiel. (1) V = R[X], W = R. Sei r ∈ R. Definiere die Abbildung, diedurch Auswerten des Polynoms in r gegeben ist:
αr : R[X]→ R : P (X) 7→ P (r)
Dann gilt αr ∈ L(R[X],R).
(2) Sei Diff(R,R) die Menge der differenzierbaren Funktionen R→ R. Dies istein Untervektorraum von Abb(R,R). Wir definieren:
D : Diff(R,R)→ Abb(R,R) : f 7→ f ′
Dann gilt D ∈ L(Diff(R,R),Abb(R,R)).
(3) Sei f ∈ Diff(R,R), r ∈ R und
Dr : Diff(R,R) 7→ R : f 7→ f ′(r) .
Dann ist Dr = αr ◦D ∈ L(Diff(R,R),R) (αr definiert wie in (1)).
Beispiel. Wir bezeichnen Spaltenvektoren in Kn von nun an mit ~x (um sie vonZeilenvektoren zu unterscheiden). Sei
~e1 =
10...0
, . . . , ~en =
0...01
die Standardbasis in Kn, und sei ϕ ∈ L(Kn, Km). Sei nun
ϕ(~ei) =
a1i...ami
∈ Km und ~x =
x1...xn
∈ Kn
Dann ist ~x =∑n
i=1 xi~ei und damit wegen der Linearitat von ϕ:
ϕ(~x) =n∑
i=1
xiϕ(~ei) =
a11x1 + . . .+ a1nxn...
am1x1 + . . .+ amnxn
(∗)
17
Kennt man also die Bilder ϕ(~ei), dann lasst sich ϕ(~x) fur jedes ~x ∈ Kn mittels(∗) bestimmen.
Definition 2.4.3 (Matrix-Vektor-Produkt). Fur
A =
a11 . . . a1n...
...am1 . . . amn
∈Mm×n(K) und ~x =
x1...xn
∈ Kn
definiert man das Matrix-Vektor-Produkt A~x wie folgt:
A~x :=
a11x1 + . . .+ a1nxn...
am1x1 + . . .+ amnxn
Anders ausgedruckt: Wenn
~ai :=
a1i...ami
die i-te Spalte in obigem A ist, kann man schreiben A = (~a1 ~a2 . . . ~an) und mit~x wie zuvor gilt:
A~x = x1~a1 + x2~a2 + . . .+ xn~an .
Bemerkung. Im Matrix-Vektor-Produkt muss die Anzahl der Spalten der Matrixgleich der Anzahl der Reihen (die Lange) des Spaltenvektors sein.
Beispiel.(1 −2 20 3 −1
)·
213
= 2 ·(
10
)+ 1 ·
(−23
)+ 3 ·
(2−1
)=
(60
)Bemerkung. Mit den Notationen in vorheriger Definition und mit ~e1, . . . , ~en derublichen Standardbasis in Kn gilt: A~ei = ~ai, die i-te Spalte von A.
Satz 2.4.4. Sei A ∈Mm×n(K). Dann ist die Abbildung
LA := Kn → Km : ~x 7→ A~x
linear, d.h. LA ∈ L(Kn, Km).
Falls auch B ∈Mm×n(K) so gilt:
LA = LB ⇐⇒ A = B .
18
Satz 2.4.5. Seien V,W zwei K-Vektorraume und f, g ∈ L(V,W ). Angenom-men v1, . . . , vn ist eine Basis von V . Dann gilt:
f = g ⇐⇒ f(vi) = g(vi) fur 1 ≤ i ≤ n .
D.h. lineare Abbildungen sind schon durch die Bilder der Basisvektoren eindeutigbestimmt.
Korollar 2.4.6. (Notationen wie in Definition 2.4.3 und dem Beispiel davor.)Sei f : Kn → Km eine linear Abbildung, sei f(~ei) = ~ai, 1 ≤ i ≤ n, undA = (~a1 ~a2 . . . ~an) ∈ Mm×n(K). Dann gilt f = LA, d.h. ∀~x ∈ Kn giltf(~x) = A~x.
Also kann jede lineare Abbildung Kn → Km nach dieser Rezeptur als Matrix-Vektor-Produkt mit entsprechend gewahlter Matrix A ∈ Mm×n(K) realisiertwerden. A ist dabei eindeutig bestimmt: falls B ∈ Mm×n(K) mit f(~x) = A~x∀~x ∈ Kn, so gilt A = B (nach Satz 2.4.4).
Definition 2.4.7. (1) Matrizenaddition: Seien A,B ∈ Mm×n(K), wobei A =
(~a1 ~a2 . . . ~an) und B = (~b1~b2 . . . ~bn) mit Spaltenvektoren ~ai,~bi ∈ Km. Dann
definiert man die Summe A+B wie folgt:
A+B = (~a1 +~b1 ~a2 +~b2 . . . ~an +~bn)
Anders ausgedruckt mittels der Koeffizienten der Matrizen A und B: A =(aij), B = (bij) ∈ Mm×n(K), so definiert man A + B = (cij) ∈ Mm×n(K)mittels cij = aij + bij fur 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n.
(2) Matrizenmultiplikation: Seien A ∈ M`×m(K), B = (~b1~b2 . . . ~bn) ∈
Mm×n(K). Dann existieren also die Matrix-Vektor-Produkte A~bi ∈ K`, undman definiert das Matrizenprodukt
AB := (A~b1 A~b2 . . . A~bn) ∈M`×n(K)
Anders ausgedruckt mittels der Koeffizienten von A,B: seien A = (aij) ∈M`×m(K), B = (bij) ∈ Mm×n(K), so definiert man AB = (cij) ∈ M`×n(K)mittels
cij =m∑k=1
aikbkj
fur 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n.
Bemerkung. Das so definierte Matrizenprodukt AB existiert nur falls
Anzahl der Spalten von A = Anzahl der Zeilen von B.
19
In diesem Fall gilt
Anzahl der Zeilen von AB = Anzahl der Zeilen von AAnzahl der Spalten von AB = Anzahl der Spalten von B.
Beispiel. A ∈M4×5(K), B ∈M5×4(K), C ∈M4×4(K).
Dann existieren die folgenden Matrizenprodukte: AB, BA, BC, CA, CC.
Die folgenden Matrizenprodukte existieren nicht: AA, BB, CB, AC.
Beispiel. (1 2 34 5 6
) 1 −23 −45 −6
=
(22 −2849 −64
) 1 −2
3 −45 −6
( 1 2 34 5 6
)=
−7 −8 −9−13 −14 −15−19 −20 −21
Satz 2.4.8. Seien A ∈ M`×m(K), B ∈ Mm×n(K), AB ∈ M`×n(K). Seienferner
LA : Km → K` : ~x 7→ A~xLB : Kn → Km : ~x 7→ B~xLAB : Kn → K` : ~x 7→ AB~x
Dann gilt LA ◦ LB = LAB.
Notation. Wir schreiben in Mn×n(K):
In :=
1 0 . . . . . . 0
0 1. . .
......
. . . . . . . . ....
.... . . 1 0
0 . . . . . . 0 1
In ∈Mn×n(K) wird auch die n× n Einheitsmatrix genannt.
Satz 2.4.9 (Rechenregeln fur Matrizen). (a) A ∈Mk×`(K), B ∈M`×m(K),C ∈ Mm×n(K). Dann gilt: A(BC) = (AB)C, d.h. Matrizenmultiplika-tion ist assoziativ (sofern die Produkte definiert sind).
(b) A,B ∈M`×m(K), C,D ∈Mm×n(K). Dann gilt A(C+D) = AC+AD,(A+B)C = AC+BC, d.h. Matrizenaddition und Matrizenmultiplikationsind distributiv (sofern die Produkte/Summen definiert sind).
20
(c) A ∈Mm×n(K). Dann gilt: ImA = A = AIn.
Korollar 2.4.10. Mn(K) := Mn×n(K) ist mit der obigen Matrizenaddition undder obigen Matrizenmultiplikation ein Ring mit der Nullmatrix 0n ∈ Mn×n(K)(in der alle Koeffizienten 0 sind) als Nullelement, und der Einheitsmatrix In alsEinselement.
Bemerkung. n = 1: M1(K) ∼= K (als Ring). M1(K) ist aber im eigentlichenSinne nicht identisch mit K: M1(K) sind die Elemente aus K mit “Klammern”drumherum.
n ≥ 2: Mn(K) ist nicht kommutativ, z.B. fur n = 2:(0 10 0
)(1 00 0
)=
(0 00 0
)aber (
1 00 0
)(0 10 0
)=
(0 10 0
)Definition und Satz 2.4.11. Sei f : V → W eine lineare Abbildungzwischen K-Vektorraumen V und W .
• Der Kern von f ist definiert als
Kern(f) = {x ∈ V | f(x) = 0} ;
• Das Bild von f ist definiert als
Bild(f) = {f(x) |x ∈ V } .
Kern(f) ist ein Untervektorraum von V .
Bild(f) ist ein Untervektorraum von W .
(Beweis: Ubung!)
Bemerkung. Insbesondere in der englischsprachigen Literatur schreibt man oftker(f) statt Kern(f) (engl. kernel) und im(f) statt Bild(f) (engl. image).
Satz 2.4.12. Sei f : V → W eine lineare Abbildung zwischen K-VektorraumenV und W . Dann gilt:
f injektiv ⇐⇒ Kern(f) = {0} ⇐⇒ [∀x ∈ V : f(x) = 0 =⇒ x = 0] .
21
Lemma 2.4.13. Sei V ein K-Vektorraum mit dimV = n <∞, und sei U ⊆ Vein Untervektorraum von V . Dann gilt dimU ≤ dimV .
Satz 2.4.14 (Dimensionsformel fur lineare Abbildungen). Sei f : V → W einelineare Abbildung zwischen K-Vektorraumen V und W , wobei dimV = n <∞.Dann gilt
dimV = dim Kern(f) + dim Bild(f)
Beweisskizze. • Zeige: ∃ endliche Basis von Kern(f), sagen wir, x1, . . . , xkmit k ≤ n (benutze Lemma 2.3.13).
• Erganze dies zu einer Basis x1, . . . , xk, y1, . . . , y` von V (warum geht das?)
• Zeige: Bild(f) = Lin{f(y1), . . . , f(y`)}.
• Zeige: f(y1), . . . , f(y`) ist ein linear unabhangiges Vektorensystem in Bild(f).
• Folgere hieraus: f(y1), . . . , f(y`) ist eine Basis von Bild(f).
• Zeige schließlich: dimV = dim Kern(f) + dim Bild(f).
Bemerkung. Diese Formel gilt im Prinzip auch, falls dimV = ∞ ist. Denndann gilt dim Kern(f) =∞ oder dim Bild(f) =∞. (Warum?)
Korollar 2.4.15. Sei f : V → W eine lineare Abbildung zwischen K-VektorraumenV und W mit dimV = dimW = n <∞. Dann gilt:
f injektiv ⇐⇒ f surjektiv ⇐⇒ f bijektiv.
Sei nun A ∈ Mm×n(K), ~b ∈ Km, und sei ~0 der Nullvektor in Km. Betrachte
das LGS (A|~b). Dann gilt offenbar fur die Losungsmenge
L(A|~b) = {~x ∈ Kn |A~x = ~b} = {~x ∈ Kn |LA(~x) = ~b}
und daher
Korollar 2.4.16. L(A|~0) = Kern(LA). Insbesondere gilt: Sei A ∈ Mm×n(K)eine Matrix, die durch elementare Zeilenumformungen aus A gewonnen werdenkann. Wir wissen, dass L(A|~0) = L(A|~0). Daher auch Kern(LA) = Kern(LA).
Definition 2.4.17. Sei V ein K-Vektorraum. Eine nichtleere Teilmenge U ⊆ Vheißt affiner Unterraum von V falls es einen Untervektorraum W von V und einv ∈ V gibt mit U = v +W := {v + w |w ∈ W}.
22
Beispiel. (1) Die Gerade
(xy
)=
(11
)+ t
(2−1
), t ∈ R. Hier: U ={
t
(2−1
) ∣∣∣∣ t ∈ R}
und v =
(11
).
(2) Die Ebene {(x, y, z) |x − y + z = 1} in R3. Hier hat man dann W ={(x, y, z) |x− y + z = 0} = L((1 − 1 1|1)), v = (1, 0, 0) (oder v = (0,−1, 0),oder. . . ).
(3) A ∈ Mm×n(K), ~b ∈ Km. L(A|~b) ist affiner Unterraum von Kn sofern es
eine Losung ~c ∈ Kn gibt (d.h. A~c = ~b): dann gilt L(A|~b) = ~c+ L(A|~0).
Satz 2.4.18. V K-Vektorraum, U ⊆ V affiner Unterraum.
(1) Sei W ein Untervektorraum von V und v ∈ V sodass U = v + W . Seiv′ ∈ V . Dann gilt: U = v′ +W ⇐⇒ v′ ∈ U .
(2) U ist ein Untervektorraum von V ⇐⇒ 0 ∈ U .
2.5 Rang von Matrizen und LGS
Notation. Sei
A =
a11 . . . a1n...
...am1 . . . amn
∈Mm×n(K)
Wir bezeichnen die Spaltenvektoren mit
~ai =
a1i...ami
∈ Km(S)
und die Zeilenvektoren mit
ai = (ai1 . . . ain) ∈ Kn(Z)
Definition 2.5.1. (1) Sei V ein K-Vektorraum. Man definiert den Rang einesVektorensystems v1, . . . , vn in V als Rang{v1, . . . , vn} := dim Lin{v1, . . . , vn}.(2) Sei A ∈ Mm×n(K) mit Zeilenvektoren ai ∈ Kn
(Z), 1 ≤ i ≤ m, und Spal-
tenvektoren ~aj ∈ Km(S), 1 ≤ j ≤ n. Man definiert den Zeilenrang RangZ(A)
bzw. Spaltenrang RangS(A) von A wie folgt:
RangZ(A) := Rang{a1, . . . , am}RangS(A) := Rang{~a1, . . . ,~an}
23
Definition und Satz 2.5.2 (Rangformel fur Matrizen). Sei A ∈ Mm×n(K).Dann gilt:
RangZ(A) = RangS(A)
Also: “Zeilenrang gleich Spaltenrang”. Man definiert daher den Rang von A alsRang(A) := RangZ(A) (= RangS(A)).
Zum Beweis zeigt man zuerst den folgenden Spezialfall:
Lemma 2.5.3. Sei A ∈Mm×n(K) in Zeilenstufenform. Dann gilt: RangZ(A) =RangS(A).
Nun benotigt man folgende Beobachtung:
Lemma 2.5.4. Sei v1, . . . , vn ein Vektorensystem in einem K-Vektorraum V .Der Rang dieses Vektorensystems andert sich nicht, wenn man
(1) zwei Vektoren darin vertauscht;
(2) vi durch vi + λvj ersetzt fur λ ∈ K und i 6= j;
(3) vi durch λvi ersetzt fur λ ∈ K∗.
Diese Operationen, angewandt auf die Zeilen einer Matrix, entsprechen den ele-mentaren Zeilenumformungen. Man erhalt also
Korollar 2.5.5. Sei A ∈ Mm×n(K). Sei A ∈ Mm×n(K) eine Matrix in Zeilen-stufenform, die durch elementare Zeilenumformungen aus A gewonnen wurde.Dann gilt RangZ(A) = RangZ(A).
Wir benotigen schließlich
Lemma 2.5.6. Sei A ∈ Mm×n(K) und LA : Kn(S) → Km
(S) : ~x 7→ A~x. Dann
gilt RangS(A) = dim Bild(LA).
Beweis der Rangformel. Sei A ∈ Mm×n(K) gegeben und A eine Matrix inZeilenstufenform, die durch elementare Zeilenumformungen aus A gewonnenwurde. Es gilt:
RangZ(A)(2.5.5)
= RangZ(A)(2.5.3)
= RangS(A)(2.5.6)
= dim Bild(LA)(2.4.14)
= n− dim Kern(LA)(2.4.16)
= n− dim Kern(LA)(2.4.14)
= dim Bild(LA)(2.5.6)
= RangS(A)
24
Korollar 2.5.7. Sei A ∈ Mm×n(K), ~b ∈ Km(S). Dann gilt: LGS (A|~b) hat eine
Losung ⇐⇒ Rang(A) = Rang(A|~b).
Korollar 2.5.8 (Dimensionsformel fur LGS). Sei A ∈ Mm×n(K). Dann gilt:dimL(A|~0) = n− Rang(A).
Korollar 2.5.9. Sei A ∈ Mm×n(K), ~b ∈ Km(S). Dann gilt: LGS (A|~b) hat eine
eindeutige Losung ⇐⇒ Rang(A) = Rang(A|~b) = n.
Korollar 2.5.10. Sei A ∈ Mm×n(K). Dann gilt: LGS (A|~b) hat eine Losungfur alle b ∈ Km
(S) ⇐⇒ Rang(A) = m.
2.6 Regulare Matrizen
Die Menge Mn(K) = Mn×n(K) der (quadratischen) n×n Matrizen ist ein Ringfur die Matrizenaddition/multiplikation mit Einselement In. Wir erinnern daran,dass die Einheitengruppe dieses Rings definiert ist als
Mn(K)∗ = {A ∈Mn(K) |A hat ein multiplikatives Inverses}= {A ∈Mn(K) | ∃B ∈Mn(K) : AB = BA = In}
Fur ein B mit AB = BA = In schreiben wir auch A−1 := B.
Fur A ∈Mn(K) gilt sicher Rang(A) ≤ n.
Definition 2.6.1. (1) A ∈Mn(K) heißt regular falls Rang(A) = n.
(2) A ∈Mn(K) heißt invertierbar falls A ∈Mn(K)∗.
(3) Man schreibt auch GLn(K) fur Mn(K)∗ und nennt GLn(K) die allgemeinelineare Gruppe vom Grad n.
Bemerkung. Wir wissen, dass fur A ∈Mn(K) gilt: Rang(A) = dim Bild(LA).Damit folgt sofort: A regular⇐⇒ Rang(A) = dim Bild(LA) = n⇐⇒ Bild(LA) =Kn
(S) ⇐⇒ LA surjektiv ⇐⇒ LA injektiv ⇐⇒ LA bijektiv (die letzten beiden
Aquivalenzen: 2.4.15).
Satz 2.6.2. Sei A ∈Mn(K). Dann sind aquivalent:
(i) A regular;
(ii) ∀~b ∈ Kn(S): LGS (A|~b) hat eine eindeutige Losung;
(iii) ∃B ∈Mn(K) : BA = In;
25
(iv) ∃C ∈Mn(K) : AC = In;
(v) A invertierbar;
(vi) LA bijektiv.
Satz 2.6.3. Sei A ∈Mn(K) regular. Dann kann A durch elementare Zeilenum-formungen in In ubergefuhrt werden.
Definition 2.6.4. Die elementaren Matrizen in Mn(K) sind definiert wie folgt:
• Fur 1 ≤ k, ` ≤ n, k 6= `: Ek` = (aij) mit aii = 1 fur i 6= k, `, akk = a`` =0, ak` = a`k = 1, aij = 0 fur alle i 6= j mit (i, j) 6= (k, `), (`, k);
• Fur 1 ≤ k, ` ≤ n, k 6= `, λ ∈ K: Ek`(λ) = (bij) mit bii = 1 ∀i, bk` = λ,bij = 0 fur alle i 6= j mit (i, j) 6= (k, `);
• Fur 1 ≤ k ≤ n, λ ∈ K∗: Ekk(λ) = (cij) mit cii = 1 fur i 6= k, ckk = λ,cij = 0 fur i 6= j.
Lemma 2.6.5. Sei A ∈Mn×m(K).
• Ek`A erhalt man aus A durch Vertauschen der k-ten mit der `-ten Zeile;
• Ek`(λ)A erhalt man aus A durch Addieren des λ-fachen der `-ten Zeilezur k-ten Zeile;
• Ekk(λ)A erhalt man aus A durch Multiplizieren der k-ten Zeile mit λ.
Satz 2.6.6 (Verfahren zur Bestimmung des Inversen einer Matrix). Sei A ∈Mn(K). Betrachte die n× 2n Matrix (A|In).
Wende elementare Zeilenumformungen auf (A|In) an, sodass dabei A in Zeilen-
stufenform A ubergeht: dies entspricht dem sukzessiven Multiplizieren von (A|In)von links mit elementaren Matrizen E1, . . . , Er:
Er . . . E1(A|In) = (Er . . . E1A|Er . . . E1In) = (A|B)
mit B := Er . . . E1. Man bestimme Rang(A) = Rang(A). Falls Rang(A) < n,so haben wir kein Inverses.
Falls Rang(A) = n, so existiert ein Inverses und wir wenden elementare Zeilenum-
formungen auf (A|B) an, sodass A in In ubergeht: dies entspricht dem sukzes-
siven Multiplizieren von (A|B) von links mit elementaren Matrizen E ′1, . . . , E′s:
E ′s . . . E′1(A|B) = (E ′s . . . E
′1A|E ′s . . . E ′1B) = (In|C)
mit C := E ′s . . . E′1B = E ′s . . . E
′1Er . . . E1. Dann gilt: A−1 = C.
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Beweis. Wir mussen nur noch zeigen, dass, falls Rang(A) = n, fur obiges C gilt:C = A−1. Aber wir wissen: A−1 existiert, falls Rang(A) = n. Wir wissen nachKonstruktion auch: CA = In. Also A−1 = InA
−1 = (CA)A−1 = C(AA−1) =CIn = C.
Beispiel. 1 1 0 1 0 01 0 1 0 1 02 −1 1 0 0 1
(2)− (1), (3)− 2 · (1)+3
1 1 0 1 0 00 −1 1 −1 1 00 −3 1 −2 0 1
−1 · (2), (3)− 3 · (2)+3
1 1 0 1 0 00 1 −1 1 −1 00 0 −2 1 −3 1
−1/2 · (3) +3
1 1 0 1 0 00 1 −1 1 −1 00 0 1 −1/2 3/2 −1/2
(2) + (3) +3
1 1 0 1 0 00 1 0 1/2 1/2 −1/20 0 1 −1/2 3/2 −1/2
(1)− (2) +3
1 0 0 1/2 −1/2 1/20 1 0 1/2 1/2 −1/20 0 1 −1/2 3/2 −1/2
Also: 1 1 0
1 0 12 −1 1
−1
=
1/2 −1/2 1/21/2 1/2 −1/2−1/2 3/2 −1/2
Korollar 2.6.7. A ∈ Mn(K) invertierbar (regular) ⇐⇒ A ist ein Produkt vonelementaren Matrizen.
Bemerkung. • AEk` erhalt man aus A durch Vertauschen der k-ten mitder `-ten Spalte;
• AEk`(λ) erhalt man aus A durch Addieren des λ-fachen der k-ten Spaltezur `-ten Spalte;
• AEkk(λ) erhalt man aus A durch Multiplizieren der k-ten Spalte mit λ.
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Bemerkung. Sei A ∈Mn(K), ~b ∈ Kn(S). Wir wissen: ∃ eine eindeutige Losung
~c ∈ Kn(S) des LGS (A|~b) ⇐⇒ RangA = n ⇐⇒ A−1 existiert.
Also: A~c = ~b =⇒ ~c = A−1A︸ ︷︷ ︸=In
~c = A−1~b (∗).
Insbesondere gilt dann: Kennt man A−1 (sofern es existiert), so lasst sich das
LGS (A|~b) leicht mittels (∗) losen.
2.7 Koordinatensysteme und Darstellungsmatrizen
Satz 2.7.1. Seien V,W K-Vektoraume mit dimV = n <∞, sei v1, . . . , vn eineBasis von V und w1, . . . , wn ein Vektorensystem in W . Dann existiert genau einelineare Abbildung F : V → W mit F (vi) = wi, 1 ≤ i ≤ n. Ferner gilt:
(1) F injektiv ⇐⇒ w1, . . . , wn linear unabhangig;
(2) F surjektiv ⇐⇒ w1, . . . , wn ist ein Erzeugendensystem von W ;
(3) F bijektiv ⇐⇒ w1, . . . , wn ist eine Basis von W .
Definition und Satz 2.7.2. Zwei K-Vektorraume heißen isomorph, in ZeichenV ∼= W , falls es einen Vektorraumisomorphismus f : V → W gibt.
Isomorphie definiert eine Aquivalenzrelation zwischen K-Vektorraumen.
Korollar 2.7.3. Sei V ein K-Vektorraum, dimV = n < ∞, sei B : v1, . . . , vn
eine Basis von V , und sei ~e1 =
10...0
, . . . , ~en =
0...01
die Standardbasis
von Kn. Dann existiert ein eindeutig bestimmter Vektorraumisomorphismus
ΨB : V → Kn : ψB
(n∑
i=1
λivi
)=
n∑i=1
λi~ei =
λ1...λn
Insbesondere gilt V ∼= Kn.
Definition 2.7.4. Ein solcher Isomorphismus ΨB heißt auch Koordinatensystemin V . Falls x =
∑ni=1 λivi ∈ V , so heißt λi die i-te Koordinate von V bzgl. der
Basis B : v1, . . . , vn.
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Bemerkung. Sei f : V → Kn ein Vektorraumisomorphismus mit Umkehrab-bildung f−1 : Kn → V (welche wieder ein Vektorraumisomorphismus ist nach2.4.2). Sei vi := f−1(~ei). Dann ist das Vektorensystem B : v1, . . . , vn eine Basisvon V (nach 2.7.1), und es gilt also f = ΨB. Also lasst sich jeder Vektorrau-misomorphismus f : V → Kn wie in 2.7.3 beschreiben fur eine geeignete BasisB.
Korollar 2.7.5. Seien V,W K-Vektorraume mit dimV = n <∞, sei v1, . . . , vneine Basis von V und sei f : V → W linear.
(1) f injektiv ⇐⇒ f(v1), . . . , f(vn) linear unabhangig;
(2) f surjektiv ⇐⇒ f(v1), . . . , f(vn) ist ein Erzeugendensystem von W ;
(3) f bijektiv ⇐⇒ f(v1), . . . , f(vn) ist eine Basis von W .
Korollar 2.7.6. Seien V,W endlich erzeugte K-Vektorraume. Dann gilt: V ∼=W ⇐⇒ dimV = dimW .
Definition und Satz 2.7.7. Seien V,W K-Vektorraume mit dimV = n <∞ und dimW = m < ∞. Seien A : v1, . . . , vn eine Basis von V und B :w1, . . . , wm eine Basis von W . Sei f : V → W linear. Wir haben:
V
ΨA o��
f // W
o ΨB��
KnF
// Km
und definieren F := ψB ◦ f ◦Ψ−1A : Kn → Km.
Wir wissen: es existiert eine eindeutig bestimmte Matrix D ∈ Mm×n(K) mitF = LD. Man nennt D die Darstellungsmatrix der linearen Abbildung f : V →W bzgl. der Basen A und B, in Zeichen: MA
B (f) := D.
Seien x =∑n
i=1 λivi und f(x) =∑m
i=1 µiwi mit λi, µi ∈ K, so gilt
D
λ1...λn
=
µ1...µm
Bemerkung. Mit den Notationen wie zuvor gilt: Sei f(vj) =
∑mi=1 dijwi, 1 ≤
j ≤ n, dann hat man
D = MAB (f) =
d11 . . . d1n...
...dm1 . . . dmn
.
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Beispiel. (1) V = R[X]3, f : V → V : P (X) 7→ P ′(X). Sei A = B :1, X,X2, X3. Dann gilt
MAA (f) =
0 1 0 00 0 2 00 0 0 30 0 0 0
.
(2) Sei V = R[X]3, W = R[X]2, f : V → W : P (X) 7→ P ′(X). A :1 +X3, 1 +X2, 1 +X, 1−X und B : 1, 1 +X, 1 +X +X2. Dann gilt
MAB (f) =
0 −2 1 −1−3 2 0 0
3 0 0 0
.
Definition 2.7.8. Sei f : V → W eine lineare Abbildung zwischen K-Vektorraumen.Der Rang von f ist definiert als Rang(f) := dim Bild(f).
Satz 2.7.9. Sei f : V → W eine lineare Abbildung zwischen K-Vektorraumenmit dimV = n <∞, dimW = m <∞.
(1) Seien A eine Basis von V und B eine Basis von W . Dann gilt: Rang(f) =Rang(MA
B (f)).
(2) Sei Rang(f) = r. Dann konnen die Basen A und B so gewahlt werden,dass
MAB (f) =
(Ir 0r×(n−r)
0(n−r)×r 0(n−r)×(n−r)
)(wobei 0k×` die k × ` Nullmatrix ist).
2.8 Direkte Summe und Quotientenraume
Satz 2.8.1. Seien U1, U2 endlich erzeugte Untervektorraume eines K-VektorraumsV . Dann sind U1 ∩ U2 und U1 + U2 endlich erzeugte Untervektorraume von Vund es gilt:
dim(U1 + U2) = dimU1 + dimU2 − dim(U1 ∩ U2) .
Bemerkung. Fur Untervektorraume U1, U2, U3 gilt i.A. (U1 +U2)∩U3 6= (U1 ∩U3) + (U2 ∩ U3).
Z.B. in R2: U1 = {t(
10
)| t ∈ R}, U2 = {t
(01
)| t ∈ R}, U3 = {t
(11
)| t ∈ R}.
Hier hat man U1 + U2 = R2 und somit (U1 + U2) ∩ U3 = U3, aber U1 ∩ U3 =U2 ∩ U3 = {0}, also (U1 ∩ U3) + (U2 ∩ U3) = {0}.
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Definition 2.8.2. Seien U1, U2 Untervektorraume eines K-Vektorraums V . Mansagt, dass V direkte Summe von U1 und U2 ist falls gilt:
(DS1) V = U1 + U2;
(DS2) U1 ∩ U2 = {0}.
Man schreibt dann auch: V = U1 ⊕ U2.
Bemerkung. (0) V = V ⊕ {0}.
(1) Sei V = U1 ⊕ U2. Falls V endlich erzeugt ist, so gilt dimV = dimU1 +dimU2. Ist x1, . . . , xm Basis von U1, y1, . . . , yn Basis von U2, so istx1, . . . , xm, y1, . . . , yn Basis von V .
(2) Sei W ⊆ V ein Untervektorraum. Man nennt einen UntervektorraumU ⊆ V Komplement von W in V falls gilt V = W ⊕ U .
Ein solches Komplement existiert immer: sei B Basis von W , erganzediese zu einer Basis A von V , sei B′ = A \ B. Dann ist U = Lin(B′) einKomplement von W in V : V = W ⊕ U .
(3) Sei W ⊆ V ein Untervektorraum. Komplemente von W in V sind i.A. nichteindeutig bestimmt: z.B. gilt im Beispiel in vorangegangener Bemerkungin R2: R2 = U1 ⊕ U2 = U1 ⊕ U3 = U2 ⊕ U3.
(4) Die folgenden Aussagen sind aquivalent:
• V = U1 ⊕ U2;
• V = U1 + U2, und ∀xi ∈ Ui, i = 1, 2 gilt: x1 + x2 = 0 =⇒x1 = x2 = 0;
• V = U1 + U2, und ∀xi, yi ∈ Ui, i = 1, 2 gilt: x1 + x2 = y1 + y2 =⇒x1 = y1 und x2 = y2.
(5) Der Begriff der direkten Summe kann auf mehr als zwei Summanden aus-gedehnt werden: Seien U1, . . . , Un Untervektorraume von V . Man sagt,dass V die direkte Summe der Untervektorraume U1, . . . , Un ist, in ZeichenV = U1 ⊕ . . .⊕ Un, falls gilt:
• V = U1 + . . .+ Un, und
• falls xi ∈ Ui, 1 ≤ i ≤ n, mit x1 + . . .+ xn = 0, dann gilt x1 = . . . =xn = 0.
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In diesem Fall gilt dimV =∑n
i=1 dimUi.
Damit gilt z.B.: Sei x1, . . . , xn Basis von V , so gilt V = Kx1⊕ . . .⊕Kxn.
Definition und Satz 2.8.3. Sei V ein K-Vektorraum, U ⊆ V ein Untervektor-raum. Wir definieren die folgende Relation auf V :
∀x, y ∈ V : x ∼ y :⇐⇒ x− y ∈ U .
(1) Diese Relation ist eine Aquivalenzrelation auf V . Die Aquivalenzklasse vonx ∈ V wird mit [x]U bezeichnet.
(2) Es gilt: [x]U = x+ U (dies ist also ein affiner Unterraum von V ).
Die Menge der Aquivalenzklassen wird mit V/U bezeichnet:
V/U := {[x]U |x ∈ V }
(3) Auf V/U definiert man eine Addition und eine Skalarmultiplikation wie folgt:∀x, y ∈ V, λ ∈ K:
[x]U + [y]U := [x+ y]Uλ · [x]U := [λx]U
Diese Operationen sind wohldefiniert und mit ihnen wird V/U zu einem K-Vektorraum, den man Quotientenraum (oder Faktorraum) von V bzgl. U nennt(man sagt “V uber U” oder “V modulo U”).
Satz 2.8.4. Sei V ein endlich erzeugter K-Vektorraum, U ⊆ V ein Untervek-torraum. Dann gilt dim(V/U) = dimV − dimU .
Bemerkung. Der Beweis zeigt: Sei V ein endlich erzeugter K-Vektorraum, U ⊆V ein Untervektorraum, und W ein Komplement von U in V , d.h. V = U ⊕W .Ist w1, . . . , wm Basis von W , so ist [w1]U , . . . , [wm]U Basis von V/U .
Satz 2.8.5. Sei f : V → W ein Vektorraumhomomorphismus. Die folgendeAbbildung f : V/Kern(f)→ W ist wohldefiniert und linear:
f : V/Kern(f)→ W : [x]Kern(f) 7→ f(x)
Es gilt: f ist injektiv und Bild(f) = Bild(f). Somit ist f : V/Kern(f) →Bild(f) ein Vektorraumisomorphismus:
V/Kern(f) ∼= Bild(f)
Insbesondere gilt: dim(V/Kern(f)) = dimV − dim Kern(f) = dim Bild(f).
Bemerkung. Hiermit hat man automatisch auch einen neuen Beweis von Satz2.4.14: dimV = dim Kern(f) + dim Bild(f).
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