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Filmikone Ursula Andress: «Gibt es in der Schweiz keine berühmten Fussballer wie in Italien?»
Ursula Andress Superstar aus Ostermundigen management & branding
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Frau Andress, wie fühlt man sich als berühm-
tester Schweizer Star?
Sie übertreiben. Gibt es in der Schweiz keine
berühmten Fussballer wie in Italien? Tennis-
spieler Roger Federer ist, glaube ich, noch
berühmter als ich.
Kennen Sie ihn persönlich?
Leider nein. Aber er scheint mir nicht nur
ein grosser Sportler, sondern auch ein gros-
ser Mensch zu sein.
Ogi und Blocher?
Sie müssen entschuldigen, ich kenne die
Schweizer Politik nicht wirklich. Dafür lebe
ich zu lange im Ausland. Fragen Sie mich
nach Sportlern oder Künstlern. Von den Po-
litikern habe ich ohnehin fast nie eine gute
Meinung.
Warum?
Die meisten Politiker, gerade bei uns in Ita-
lien, versprechen nur, bis sie gewählt sind.
Anschliessend erinnern sie sich nicht mehr
an ihre Versprechen.
Sie leben heute in Italien. Der ehemalige
Ministerpräsident Berlusconi gilt als grosser
Frauenverführer.
Ja, Berlusconi ist zumindest ein Mann (lacht).
Seinen Hang zu jungen Damen möchte ich
nicht kommentieren. Doch als Politiker hat
er nicht mehr gestohlen als andere. Die Po-
litik in Italien ist nun mal ein widerliches
Gewerbe, vor allem für Menschen, die ehr-
lich arbeiten. Die meisten Parlamentarier
vertreten nur ihre eigenen Interessen. Es
ist wirklich traurig, in Italien bekommen die
Pensionierten zwischen 400 und 600 Euro.
Gleichzeitig wird alles teurer. Ich weiss
nicht, wie die alten Menschen ihren gan-
zen Lebensunterhalt bezahlen können. Ein
Politiker, der sein Amt lediglich drei Jahre
ausübt, bekommt hingegen lebenslang eine
Pension und kann daneben andere Tätigkei-
ten ausüben. Weil in Italien die Regierungen
ständig ändern, wurden wichtige Bauten wie
Autobahnen oder Spitäler gar nie fertigge-
stellt. Wer kommt schlussendlich für das gan-
ze Fiasko auf? Das Volk.
Wie leben Sie heute?
Ich lebe heute in einem Landhaus in Itali-
en. Ich sage aber immer, ich lebe bei meiner
Familie. Heute gibt es kein Land mehr, in
welchem man leben kann. Heute ist alles so
global. Ich fühle mich als Weltbürger. Ich bin
wirklich froh, dass ich die Welt noch kennen-
gelernt habe, als sie vielfältig war. Das heisst,
Russland war Russland, Thailand Thailand.
Heute ist alles verschmolzen. Ich mag dies
nicht so. Viele Länder haben ihre Kulturen
verloren.
Aber in Ostermundigen fühlen Sie sich
noch zu Hause?
Selbstverständlich. In Ostermundigen könn-
te ich Ihnen heute noch meinen Schulweg
zeigen. Ich weiss auch noch, mit welchen
Problemen wir im Winter zu kämpfen hat-
ten. Ich erinnere mich sehr gut an meinen
alten Schulweg, den ich heute noch prob-
lemlos finden würde. Im Winter hatte es in
Ostermundigen jeweils sehr viel Schnee. Ich
sehe mich immer noch, wie wir auf unseren
«Stögelischuhen» ausrutschten. Doch auch
Ostermundigen ist nicht mehr wie früher:
In meiner Jugend gab es in unserem Dorf
nur Velos. Wer heute nach Ostermundigen
kommt, glaubt, er sei auf einer Autobahn.
Das gefällt mir gar nicht.
Wenn Sie zurückblicken: Was war für Sie die
schönste Zeit Ihres Lebens?
Zweifelsohne die Sechzigerjahre. Damals
sprühte alles vor Lust und Lebensfreude. Heu-
te mag man an die Zukunft gar nicht denken.
Es wirkt alles düster und depressiv. Eine Welt-
krise, wie sie jetzt abläuft, habe ich noch nie
erlebt. Denken Sie nur an Griechenland, Spa-
nien oder Italien. Das einzige Land, das funk-
tioniert, ist die Schweiz. Aber auch hier sollen
die Leute ständig reklamieren, sagt man mir.
Blicken wir nochmals auf Ihre Karriere zurück.
Wann haben Sie zum ersten Mal realisiert,
dass Ostermundigen zwar schön ist, aber doch
nicht die ganz grosse Welt bedeutet?
Das habe ich nie so wahrgenommen. Ich bin
bei meinem Grossvater, welcher eine Gärt-
nerei betrieb, aufgewachsen. Ich war bereits
als Kind sehr neugierig. Da ich immer wie-
der von zu Hause weggelaufen bin, muss-
te mich die Polizei anschliessend wieder
zurückbringen. Ich war schon ein bisschen
verrückt: Bereits als kleines Kind wollte ich
schwimmen lernen, ohne überhaupt richtig
laufen zu können. Ich ging auch immer ger-
ne in die Berge, weil ich dort einen Gold-
schatz vermutete.
Trotzdem wollten Sie nicht in Bern bleiben?
Mit siebzehn habe ich mich in den Schauspie-
Weltstar aus OstermundigenDie Bernerin Ursula Andress gehört zu den grössten Filmikonen Hollywoods. Am 3. November wird sie in Bern für «50 Jahre James Bond» geehrt. Im Vorfeld hat sie «persönlich» eines ihrer seltenen Interviews gewährt. Ein Gespräch über Sean Connery, Elvis Presley, James Dean und die grosse Liebe.
Interview: Matthias Ackeret Bilder: Franco Marocco, Parwez Mohabat-Rahim und Keystone
Ursula Andress
«Wenn man vom Herzen gesteuert wird, fasst man keine rationalen Entscheide.»
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ler Daniel Gélin verliebt und bin ihm nach
Paris gefolgt. Deswegen wurde ich sogar von
Interpol gesucht (lacht). Wenn man jung ist,
erkennt man keine Gefahren. In Paris nahm
ich Schauspiel-, Tanz- und Englischunter-
richt. Später arbeitete ich als Mannequin in
Rom. Meine erste kleine Schauspielrolle er-
hielt ich 1955 in einem Casanova-Film. Dann
bekam ich den Ruf aus Hollywood.
Marlon Brando hat Ihnen in Amerika geholfen.
Marlon Brando hat mir wirklich viel gehol-
fen. Er war der Freund eines Freundes. Ich
lernte ihn bereits in Rom kennen. Als ich bei
Paramount unterschrieben hatte, war er der
einzige Mensch, den ich in Amerika kannte.
Er hat damals ein bisschen zu mir geschaut.
Sie kannten wirklich alle Grossen des zwan-
zigsten Jahrhunderts ...
Ja, ich hatte sehr viel Glück in meinem Le-
ben. Paramount wollte aus mir eine neue
Greta Garbo machen. Wurde man damals
von einer Filmfirma engagiert, musste man
für sieben Jahre unterschreiben. In dieser
Zeit lernte ich alle Grossen von Hollywood
kennen. Sie müssen sich vorstellen, Holly-
wood war ein Dorf ...
Wie Ostermundigen?
Nein, nein, viel kleiner noch. Ich fühlte mich
in Hollywood trotzdem nicht zu Hause. Ich
war wie ein kleines Schulmädchen und habe
dauernd rebelliert, wollte dort wieder aus-
brechen. Schlussendlich habe ich meinen
Paramount-Vertrag zurückgekauft.
Wie haben Sie dies gemacht?
Ich wollte mich einfach nicht für eine so lan-
ge Zeit verpflichten und konnte mich auch
nicht dem Hollywood-System unterordnen.
Es tönt zwar schön, Schauspielerin zu sein.
In der Realität ist dies aber ein sehr harter
Job. Die Freiheit war für mich immer das
wertvollste Gut. Ich erkannte schon früh,
dass ich eine freie Seele bin, die nicht einge-
fangen werden kann.
Wie haben die Amerikaner darauf reagiert?
Natürlich mit Unverständnis. Die meisten
meiner Schauspielerfreunde gaben alles auf,
um ihren Traum zu realisieren. Ich tickte
vollkommen anders. Paramount setzte gros-
se Hoffnungen in mich, ohne dass ich in ei-
nem Film je mit gespielt hätte. Die Angebote,
die sie mir machten, verwarf ich, gleichzeitig
stellte ich neue Forderungen, die mir so-
gleich erfüllt wurden. Aber auch diese lehnte
ich ab. Die Erwartungen, die Paramount in
mich setzte, waren so gross, dass ich Angst
bekam, daran zu zerbrechen und all meine
Freiheit zu verlieren.
Wie verbrachten Sie den ganzen Tag?
Damals, in den Fünfzigerjahren, kannte ich
niemanden, der arbeitete. Es war die Zeit
der Dolce Vita in Rom. Da waren so viele
Regisseure, die mich immer wieder, sogar
auf offener Strasse, anhielten und fragten, ob
ich in ihrem Film mitspielen wolle. Wie viele
Filme damals, in den Fünfzigerjahren, wohl
gedreht worden sind …
Und mit Paramount?
Paramount schickte mich in die Schauspiel-
schule, um mich auf meine Karriere vorzu-
bereiten. Das hat mir aber nicht gepasst,
sodass ich schon bald wieder ausgebrochen
bin. Aber auch mit den Privatlehrern funkte
es nicht wirklich. Nachträglich weiss ich gar
nicht, woher ich mir dieses Freiheitsrecht
herausnahm. Von 1954 bis 1955 war ich bei
Paramount unter Vertrag, danach wechsel-
te ich bereits für zwei Jahre zu Columbia.
Auch dort war alles sehr kompliziert für
mich. 1957 heiratete ich den Filmregisseur
John Derek.
Er war später auch mit Linda Evans und Bo
Derek verheiratet.
John war ein fantastischer Mann. Mit ihm
bin ich um die Welt gereist. Er war auch
ein wunderbarer Fotograf und fotografierte
mich 1965 für den Playboy. Bis zu seinem
Tod blieb ich eng mit ihm verbunden. Auch
mit seinen späteren Frauen (lacht). 1962 rief
mich erneut Columbia an und präsentierte
mir eine Rolle, die so gut sei, dass ich sie
nicht ablehnen könne.
James Bond?
Ja. Sie sagten mir, dass es sich um eine kleine
Rolle in einem netten Spionagefilm von Ian
Fleming handle. Dieser sei einer der Lieb-
Ursula Andress wurde 1936 in Ostermundigen
geboren. Ihren Durchbruch erreichte sie vor fünfzig
Jahren als Bikini-Girl im ersten Bond-Film «James
Bond jagt Dr. No». Für diese Rolle wurde sie mit
dem Golden Globe ausgezeichnet und erreichte da-
durch Weltberühmtheit. Später drehte sie mit Elvis
Presley, Marcello Mastroianni, Jean-Paul Belmondo
und anderen. 1965 erschien sie im Playboy. Heute
lebt Ursula Andress in Italien. Sie hat einen Sohn.
Zur Person
«Ich ahnte bei Elvis schon bald, dass es nicht gut kommen würde. Er konnte kein normales Leben führen.»
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Tag auf dem Set verbrachte. Eigentlich war er
der richtige James Bond. Auch Sean Connery
war äusserst zuvorkommend. Für mich war
der Filmdreh von «Dr. No» eine sehr positi-
ve Erfahrung. Damals ahnte noch niemand,
dass der Film so erfolgreich werden würde.
Als die Dreharbeiten fertig waren, erwartete
ich von den Produzenten Albert R. Broccoli
und Harry Salzman eine Reaktion, doch ich
wartete vergeblich. Ich ging nach Hause und
war dann völlig überrascht, als mich Leute
ganz begeistert anriefen, welche den Film
gesehen hatten. Ich war wirklich überrascht,
lingsautoren von John F. Kennedy. «Also»,
dachte ich mir, «dieses Mal kannst du nicht
Nein sagen.» Ich mag mich noch gut erin-
nern, wie wir zusammen mit Kirk Douglas
das Drehbuch studierten. Alle lachten. Mei-
ne Rolle bestand aus wenigen Worten und
beschränkte sich auf das Herumrennen im
weissen Bikini. «Okay», dachte ich mir, «da
kann ja nichts falsch laufen.»
Wie verliefen die Filmaufnahmen?
Ian Fleming, der Autor von James Bond, war
ein sehr interessanter Mann, der den ganzen
welches Echo meine Bikiniszene ausgelöst
hat. Bis heute.
Die Bikiniszene hat Sie unsterblich gemacht.
Es scheint so – und ich habe daran auch kei-
nen Rappen verdient.
Ärgert Sie dies?
Schon ein bisschen, denn ich finde es nicht
wirklich gerecht. Das Geld geht bis heute
an die James-Bond-Verwertungsfirma. Diese
bestimmt auch, ob man die Szene für Werbe-
zwecke einsetzen darf oder nicht. Ich habe
Dreamteam: Ursula Andress mit Elvis Presley.
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die Erfahrung gemacht, dass es besser ist,
Geld zu haben als keines.
Wie viel ist ihre Szene in Dr. No wert?
Es ist wahnsinnig, die Filmgesellschaft hat
mit dem James Bond Milliarden verdient.
Eine deutsche Bank wollte vor einigen Jah-
ren mit Sean und mir für eine Altersversiche-
rung werben. Wir sollten fünfzig Jahre später
nochmals die Bikiniszene nachspielen, was
ich sehr witzig fand. Schlussendlich dauerte
die Verhandlung mit der James-Bond-Ge-
sellschaft über ein Jahr. Jedes Komma und
alles wurde geregelt. Es war so anstrengend,
dass die Bank völlig entgeistert den Bettel
hinwarf.
Es hatte niemand mit diesem durchschlagen-
den Erfolg der Bikiniszene gerechnet?
Nein, wirklich nicht.
Sie haben viele berühmte Menschen kennen-
gelernt. Wie haben Sie beispielsweise Elvis
Presley erlebt?
Nach dem grossen Erfolg von «Dr. No»
hat mich Paramount angerufen und mein-
te: «Ursula, nun schuldest du uns aber et-
was.» Ich hatte ein bisschen ein schlechtes
Gewissen, weil sie so gut zu mir waren und
ich von ihnen bislang nur profitiert hatte,
ohne einen Film mit ihnen zu drehen. Sie
boten mir eine Rolle als junge russische
Prinzessin an der Seite von Elvis Presley
an. Ich zuckte zusammen und antwortete,
dass ich mit jedem spiele, nur nicht mit El-
vis Presley, den ich als ordinär empfand.
Daraufhin schlug Paramount ein Treffen
vor, zu welchem ich widerwillig ging. Doch
ich hatte mich vollkommen geirrt: Elvis
war unheimlich reizend, liebenswürdig und
nett. Er entsprach überhaupt nicht seinem
Image, welches er als Rock’n’Roller hatte.
Elvis hatte soeben seinen Militärdienst in
Deutschland beendet und verfügte über
hervorragende Manieren. Auch hier zeigte
sich, dass die grossen Stars privat oftmals
ganz anders sind, als wir sie auf der Lein-
wand wahrnehmen.
Ursula Andress mit ihrem langjährigen Lebenspartner Jean-Paul Belmondo.
«Es hat niemand mit dem durch-schlagenden Erfolg der Bikiniszene gerechnet.»
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Warum sind Sie dann nicht die neue Frau Pres-
ley geworden?
Oh, mein Gott. Das war unmöglich, da ich
zu jenem Zeitpunkt bereits verheiratet war.
Trotzdem blieben wir befreundet.
Wie haben Sie auf seinen Tod 1977 reagiert?
Ich ahnte bei Elvis schon bald, dass es nicht
gut kommen würde. Es ist unmöglich, ein
normales Leben zu leben, wenn man so be-
rühmt ist wie Elvis oder Michael Jackson. El-
vis konnte nie in ein Kino oder Restaurant
gehen. Sein ganzes Leben spielte sich im Stu-
dio, den Konzertsälen oder den Hotels ab, in
denen er übernachtete. Er war immer von
acht Bodyguards umgeben.
Hatten Sie viel Kontakt?
Ja, wir haben bis zu seinem Tod sehr viel
telefoniert. Er wollte immer nach Europa
kommen und dabei auch meinen damaligen
Lebenspartner, Jean-Paul Belmondo, ken-
nenlernen. Dazu kam es leider nicht mehr.
Wie sind Sie mit dem Starrummel umgegan-
gen?
Der Starrummel war mir eigentlich immer
zuwider. Deswegen wollte ich auch nie so
berühmt werden. Ich habe Ihnen bereits vor
unserem Gespräch erzählt, dass ich nicht
gerne über mich selbst spreche. Ich war
schon immer ein Einzelgänger, heute möchte
ich am liebsten leben wie ein Eremit (lacht).
Glücklicherweise habe ich eine innere Zu-
friedenheit gefunden. Auf Partys verzichte
ich gerne. Auch mein Freundeskreis besteht
aus sehr wenigen Menschen.
Trotzdem: Sie kannten die ganze Welt ...
Ich war im Golden Age in Hollywood und
lernte all die grossen Stars wie Marilyn
Monroe, Elizabeth Taylor, Bette Davis,
Frank Sinatra oder Peter Sellers kennen.
Mit einigen, wie Frank, Elvis und Peter,
habe ich zusammengearbeitet. Später kam
noch Marcello Mastroianni dazu. Auch ihn
mochte ich sehr.
Mit James Dean waren Sie sogar enger be-
freundet.
Ja, wir waren in den letzten drei Monaten
vor seinem Tod sehr eng befreundet. Er war
ein so netter und schüchterner Junge. Eines
Tages rief mich sein Manager an und fragte
mich, ob ich Jimmy kennenlernen möchte.
Sie haben James Dean an seinem letzten Tag
im Jahre 1955 gesehen.
Jimmy wollte, dass ich mit ihm in seinem neu-
en Auto Richtung San Francisco fahre, um
den Motor zu testen. Am Morgen um acht
Uhr holte er mich ab. Gerade in diesem Mo-
ment kam John Derek, mein späterer Ehe-
mann. Jimmy wusste, dass wir uns liebten,
und ging alleine. Wenig später erfuhr ich, dass
er tödlich verunfallt war. Das war ein Schock.
Heute glaube ich, dass es Schicksal war.
Waren Sie an seiner Beerdigung?
Ich konnte nicht, die Presse und der ganze
Rummel. Ich stand ihm sehr nahe, und er
liebte es gar nicht, wenn man alles öffentlich
machte. Die Headlines und Geschichten …
das war nicht Jimmys Show.
Mit vielen Grössen waren Sie privat liiert.
Mit Jean-Paul Belmondo waren Sie acht Jahre
zusammen.
Das stimmt, keiner war so charismatisch wie
Belmondo. Er ist ein Schauspieler, der sein
Geschäft wirklich von der Pike auf gelernt
hat und nicht einfach von der Strasse her
kam, wie viele von uns. Vor einigen Jahren
planten wir ein gemeinsames Projekt. Leider
kam es nicht dazu, weil Jean-Paul teilweise
gelähmt ist. Das macht ihm sehr zu schaffen.
Wie erleben Sie die Filmwelt heute?
Wenn ich in den Zeitungen lese, dass im
Fernsehen ein neuer Hollywood-Film ge-
zeigt wird, versuche ich, ihn anzuschauen. Es
hat mich sehr gefreut, dass der französische
Film «The Artist» den Oscar gewonnen hat.
Haben Sie mit Schweizer Schauspielern
Kontakt?
Ich durfte in den Achtzigerjahren mit gros-
sartigen Schweizer Schauspielern den Film
«Klassezämekunft» drehen. Das war wunder-
bar. Maximilian Schell kenne ich sehr gut, von
den Jüngeren ist mir gerade niemand präsent.
Im Juni wurde in Bern eine Rose nach Ihnen
benannt.
Ursula Andress mit ihrem langjährigen Lebenspartner Jean-Paul Belmondo.
«Keiner war so charismatisch wie Belmondo.»
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Die Gärtnerei Wyss in Ostermundigen hat
das initiiert. Das hat mich, als Gärtners-
tochter, sehr gefreut. Es ist in der heutigen
schnelllebigen Zeit überhaupt nicht selbst-
verständlich, dass man sich noch an mich
erinnert. Wir haben den berühmten James-
Bond-Film 1962, also vor genau fünfzig
Jahren, gedreht, und die Leute kennen ihn
immer noch. Die Szene wird heute noch oft
in Werbefilmen aufgegriffen. Für mich ist es
auch eine grosse Ehre und Freude, zur Eh-
renbürgerin von Ostermundigen ernannt
worden zu sein. Das war wirklich eine schö-
ne Überraschung für mich.
Glauben Sie heute noch an die grosse Liebe?
Ja, das ist ganz wichtig. Man muss lieben,
sonst macht das Leben keinen Sinn. Wie
will man ohne Liebe durch das Leben
schreiten? Man kann nicht ständig ver-
liebt sein, denn wahre Liebe bedeutet auch
Schmerzen und Verletzungen. Dabei stellt
sich die Frage: Will man diesen Preis noch-
mals bezahlen?
Wie lieben Sie?
Ich hatte sehr leidenschaftliche Partner-
schaften, in denen ich einen sehr hohen Preis
zahlen musste. Heute bin ich allein und füh-
le mich sehr glücklich. Ich muss niemandem
mehr Rechenschaft ablegen. In jedem Alter
lebt man anders.
Sie waren in den Beziehungen immer die
Stärkere?
Überhaupt nicht. Ich war anfänglich immer
die Stärkere, irgendwann hat es aber gekippt.
Am Ende war ich immer der Sklave.
Wirklich?
Ja, wenn man vom Herzen gesteuert wird,
fasst man keine rationalen Entscheide mehr.
Aber haben Sie die absolute Liebe erlebt?
Ich hatte in meinem Leben viele grosse Lie-
ben. Und bei jeder glaubte ich, sie sei für
ewig.
«Man muss lieben, sonst macht das Leben keinen Sinn.»
Ursula Andress als Schülerin in Ostermundigen … … und als Hollywood-Ikone.
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Herr Righetti, wie sind Sie eigentlich zu Ursula
Andress gekommen?
Seit vielen Jahren schon beraten wir parallel
zu unserer PR- und Eventarbeit auch inter-
national bekannte Persönlichkeiten. Durch
meine Zusammenarbeit im kulturellen Be-
reich mit dem Prinzen von Italien, Emanue-
le Filiberto von Savoyen, bin ich auf Ursula
Andress gestossen. Es war für mich wie Lie-
be auf den ersten Blick. Natürlich professio-
nell gesprochen.
Markentechnisch gesehen: Wie viel ist Ursula
Andress heute wert?
Frau Andress ist eine der ganz wenigen wirk-
lich grossen Filmikonen Hollywoods. Wie Ma-
rylin Monroe oder James Dean hat sie sich im
kollektiven Bewusstsein der Leute verankert.
Oder anders gesagt: Sie brauchte mit ihrem
Filmdebüt in «Dr. No» nur knapp neunzig
Sekunden, um den Zeitgeist einer ganzen Ge-
neration zu prägen und unsterblich zu wer-
den. Das macht einen grossen Star in meinen
Augen aus: Man kann ihm nicht widerstehen.
Noch heute erhält sie Tausende von Fanbrie-
fen aus der ganzen Welt Doch wenn man Ur-
sula Andress nur auf das Bild des Bond-Girls
reduziert, wird man ihr nicht gerecht.
Warum? Sie ist doch das Ur-Bond-Girl
schlechthin, wurde sogar ganz offiziell zum
«Besten Bond-Girl aller Zeiten» ernannt.
Ich staune immer wieder, wie eindimensional
Ursula Andress gerade hier in der Schweiz
gesehen wird. Kaum jemand hat hier, nicht
einmal im Ansatz, eine Vorstellung von ihrer
Karriere. Die Andress hat in über dreissig
Kinofilmen mitgewirkt und dabei mit den
Grössten der Filmgeschichte zusammengear-
beitet, sie hat grossartige Künstler und Mu-
siker inspiriert, wie zum Beispiel Tom Jones,
Burt Bacharach oder Matthew Barney, die
berühmtesten Fotografen der Welt, wie Ave-
don, Newton, Lord Snowdon, standen bei ihr
an, um mit ihr arbeiten zu dürfen. Der ita-
lienische Meisterregisseur Franco Zeffirelli
reiste mit Ursula Andress sogar nach Rio,
und das nur, um ihr sein Kostüm für den Kar-
neval dort auf den Leib anzupassen. Und erst
kürzlich realisierte Bruce Weber mit ihr eine
wunderbare Fotostrecke in der italienischen
Vogue. Der Star Ursula Andress ist unendlich
mal mehr als nur das «Bond-Girl».
Wie wird Frau Andress denn zum Beispiel in
Italien, wo sie lebt, oder in London, der Hei-
mat der Bond-Filme, gesehen?
In Italien ist sie die unsterbliche Schönheit, die
die Dolce Vita als Protagonistin mitgeprägt
und den Männern mit ihrer Erscheinung die
Luft zum Atmen entzogen hat. Das hat schon
etwas fast Übernatürliches (lacht). In London
sieht man Ursula Andress natürlich auch als
das Bond-Girl, aber auch als Schauspielerin mit
vielen anderen Facetten – sie hat ja dort mit den
ganz Grossen zusammengearbeitet, wie zum
Beispiel Peter O’Toole, Sir Laurence Olivier
oder Sir Christopher Lee. Der Film «Shee», in
dem sie 1965 mit Christopher Lee gespielt hat,
gilt heute als ein Fantasyfilm-Klassiker. Schwer
zu sagen, ob wir mehr Autogrammwünsche mit
Shee- oder Bond-Fotos erhalten.
Erkennt man ausserhalb der Schweiz Ursula
Andress auf der Strasse?
In Italien wie auch in London können wir
So «vermarktet» man Ursula AndressDer Berner Kommunikationsmanager Claudio Righetti «vermarktet» seit Jahren den Schweizer Filmstar Ursula Andress. Gegenüber «persönlich» erklärt er ihr Erfolgsgeheimnis.
Interview: Matthias Ackeret Bilder: Parwez Mohabat-Rahim
Claudio Righetti
Claudio Righetti: «Ursula Andress ist mehr als nur als das ‹Bond-Girl›.»
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kaum zehn Minuten unerkannt durch die
Strassen gehen. Noch heute erkennt Ursula
Andress jeder, und das obschon ihr letzter
richtiger Kinofilm weit über zwanzig Jahre
zurückliegt. In London musste ich mit Ursula
Andress einige Male sogar in ein Taxi flüch-
ten, weil wir von Autogrammjägern umstellt
waren. Das alles ist ziemlich phänomenal,
finde ich, für eine Person, die sehr zurück-
gezogen lebt, sich immer treu geblieben und
auch sehr bescheiden ist. Ursula Andress
möchte im Grunde kein Star sein und dem
allem entfliehen. Darum setzen wir auch nur
wenige Projekte mit ihr um, obschon stän-
dige neue Anfragen eintreffen. Auch Inter-
viewwünsche muss ich meistens absagen
oder die Leute vertrösten, gerade heute zum
Beispiel die Sunday Times.
Sie haben mit vielen Persönlichkeiten wie
Amanda Lear, Igor Ustinov, Prinz Emanuele
Filiberto von Italien oder ganz zu Anfang Ihrer
Karriere mit Rolf Knie zusammengearbeitet.
Wie haben Sie den Kontakt zu diesen Persön-
lichkeiten hergestellt?
1/2 Inserat quer links
ANzEIGE
Um es kurz zu sagen: Sie finden mich, nicht
ich sie. Man kann diese Kontakte und das,
was daraus erwächst, nicht planen. Das er-
gibt sich in der Regel aus Begegnungen und
einer gewissen Reputation, die sich herum-
gesprochen hat. Alles beruht auf Stil und na-
türlich Vertrauen. Doch unsere Kernarbeit
ist das Creative Management. Alles andere
ist dem untergeordnet.
Sie haben Ihre Agentur in Bern. Ist dies ein
Vorteil oder ein Nachteil?
Ich stelle immer wieder fest, wie schlecht
Bern im Grunde vernetzt ist. Manchmal
habe ich den Eindruck, wir leben hier wie
Peter Pan in Neverland, einem Ort also, den
niemand finden soll! Nicht selten muss ich
ausländischen Leuten am Telefon erklären,
dass wir uns ganz in der Nähe von Gstaad
befinden, worauf diese dann antworten: «Oh,
in the mountains.» Doch für mich ist der
Standort kein Nachteil. Ich bin trotz allem
gerne in Bern, und die, die mich finden wol-
len, finden mich auch hier. Zudem plane ich,
auf der Welle der sehr erfolgreichen Lancie-
rung des Hotels Schweizerhof letztes Jahr
Bern zu helfen, sich als Hauptstadt im Kul-
turgesellschaftlichen besser zu positionieren.
Dafür haben wir mit der Agentur Furrer
Hugi & Partner das Eventformat «Gala de
Berne» geschaffen. Die erste grosse Gala fin-
det am 3. November zu Ehren von Ursula
Andress statt, dies vor dem Hintergrund des
fünfzigsten Filmjubiläums von James Bond.
Und es wird auch das erste Mal sein, dass die
zwei berühmtesten Bernerinnen, Ursula
Andress und Michelle Hunziker, in ihrer
Heimatstadt vereint sind.