1 |. die umsetzung der un – behindertenrechtskonvention im internationalen vergleich – wie wird...
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• Die Umsetzung der UN – Behindertenrechtskonvention im internationalen Vergleich – Wie wird die Inklusion von Menschen mit Behinderungen im In- und Ausland verwirklicht?
• Vortrag von Klaus Lachwitz, Präsident Inclusion International, London, am 19. Juni 2013 in Kiel auf Einladung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung in Schleswig – Holstein, Dr. Ulrich Hase.
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Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
(UN-Behindertenrechtskonvention - BRK)
• verabschiedet von den Vereinten Nationen im Dezember 2006,• von Deutschland ratifiziert im Dezember 2008,• innerstaatliches deutsches Recht im Rang eines einfachen Bundesgesetzes seit dem
26. März 2009.
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• Damit steht die UN –
Behindertenrechtskonvention formal unter dem
höherrangigen Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland, aber gleichrangig neben dem
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), den
Sozialgesetzbüchern I – XII und anderen
Bundesgesetzen.
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Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO):
• ca. 1 Mrd. Menschen sind „behindert“. Dies
entspricht etwa 15 % der Weltbevölkerung.• 80 % der behinderten Menschen leben in
Entwicklungsländern.• Unter den Menschen, die als „arm“ gelten, d. h.
weniger als 2 Dollar pro Tag zur Verfügung haben, gilt
jeder fünfte (20 %) als behindert.
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• Inzwischen haben 132 Mitgliedsstaaten der
Vereinten Nationen die
Behindertenrechtskonvention ratifiziert (Stand:
30. März 2013), davon allerdings 25 unter
Vorbehalt gemäß Art. 46 BRK bzw. unter
Hinterlegung einer sog. Interpretationserklärung.
Dazu zählen u.a. Australien, Frankreich,
Großbritannien, Kanada, die Niederlande und
Norwegen.
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Die Behindertenrechtskonvention ist die Antwort der
Weltgemeinschaft auf die weltweit verbreitete Tradition,
Menschen mit Behinderungen aus überwiegend
medizinischer Perspektive als Menschen mit Defiziten,
als Problemfälle, nicht als Träger von Rechten und
gleichberechtigte Bürger zu beschreiben.
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Weltweit haben sich behinderte Menschen und ihre Interessenvertreter gegen diese Betrachtung zur Wehr gesetzt. In einem langen Prozess, der insbesondere in der Dekade der Vereinten Nationen (UN) für Menschen mit Behinderungen (1980 bis 1990) angeschoben wurde, haben behinderte Menschen und ihre Interessenvertreter aus aller Welt den Nachweis führen können, dass es notwendig ist, die allgemeinen Menschenrechte aus ihrer Perspektive zu konkretisieren.
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• Die UN – Behindertenrechtskonvention ist ein
Völkerrechtsvertrag, d.h. ein Vertragsstaat der
Vereinten Nationen, der die Konvention wie die
Bundesrepublik Deutschland ohne Vorbehalt
ratifiziert, ist rechtlich gebunden und verpflichtet,
den Inhalt der UN – Behindertenrechtskonvention
auf nationaler Ebene umzusetzen.
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Der Gedanke der Selbstbestimmung und der Inklusion
durchzieht die BRK wie ein roter Faden: Der behinderte
Mensch soll selbst entscheiden dürfen, wie und mit
wem er leben möchte, und er soll das Recht und die
Möglichkeit haben, von Anfang an mitten in der
Gesellschaft zu wohnen, beschult zu werden, zu
arbeiten usw.
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• „Disability is no longer a matter of Charity, but a
matter of Human Rights !“
• Frei übersetzt: Die Beeinträchtigung eines
Menschen wird nicht länger als ein
Leidenszustand angesehen, dem man mit
Almosen begegnet, sondern als eine besondere
Daseinsform menschlichen Lebens, die dem
Schutz der Menschenrechte unterliegt.
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Die wichtigsten Ziele der Behindertenrechtskonvention:
• uneingeschränkte Bürgerrechte für alle Menschen mit
Behinderungen (Status als vollwertige und
gleichberechtigte Bürger ihrer jeweiligen Gesellschaft);
• Selbstbestimmung und Autonomie;
• Umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Inklusion);
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• Barrierefreiheit und Nachteilsausgleich;
• Schutz vor Diskriminierung in der Form eines
umfassenden Diskriminierungsverbots.
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• Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP
hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass
alle Gesetze, die Menschen mit Behinderungen
direkt oder indirekt betreffen, künftig an der
Behindertenrechtskonvention zu messen sind.
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• Allerdings hat die Bundesregierung im Zuge der
Beratungen der UN –
Behindertenrechtskonvention im Deutschen
Bundestag eine Denkschrift veröffentlicht, in der
sie einzelne Artikel der UN – BRK sehr restriktiv
interpretiert und häufig behauptet, der Inhalt der
Konvention entspreche weitgehend der
deutschen Rechtslage (vgl. BT – Drs. 16 / 10808
vom 8. November 2008).
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• Zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention
hat die Bundesregierung am 15. Juni 2011 einen
Nationalen Aktionsplan (NAP) verabschiedet.
Dieser Aktionsplan ist zu finden unter:
• www.bmas.de
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• Er deckt folgende Handlungsfelder ab:
• Arbeit und Beschäftigung; Bildung; Prävention,
Rehabilitation, Gesundheit, Pflege; Kinder, Jugendliche,
Familie, Partnerschaft; Frauen; Ältere Menschen; Bauen
und Wohnen; Mobilität; Kultur und Freizeit;
Gesellschaftliche und Politische Teilhabe;
Persönlichkeitsrechte; Internationale Zusammenarbeit.
• Er enthält außerdem einen Maßnahmenkatalog nach
Handlungsfeldern.
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• Das Bundesregierung hat außerdem am 3. August
2011 ihren „Ersten Staatenbericht“ zum
Übereinkommen der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK)
beschlossen (zu finden unter: www.bmas.de) und
dem von den Vereinten Nationen gemäß Art. 34
BRK als Kontrollgremium eingesetzten
Fachausschuss über die Rechte von Menschen
mit Behinderungen zur Prüfung vorgelegt.
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• Etwa 80 deutsche Nichtregierungsorganisationen
– darunter alle Behindertenverbände und
Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege -
haben sich zu einer BRK – Allianz
zusammengeschlossen und am 26. März 2013
einen sog. Parallelbericht (Schattenbericht)
vorgestellt und dem UN – Fachausschuss zur
Information und Prüfung zugesandt (zu finden
unter: www.brk-allianz.de)
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• Innerstaatliche Durchführung und Überwachung (Monitoring) – Art. 33 BRK:
• - Einrichtung einer Anlaufstelle (sog. Focal Point) in Ministerien und Behörden
• - Schaffung von „unabhängigen Mechanismen“ zur Überwachung der Umsetzung (sog. Monitoring) der BRK (Berufung des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin, zur offiziellen „Kontrollstelle“)
• - Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Überwachungsprozess (Beispiel: der Inklusionsbeirat beim Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen).
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• Im internationalen Vergleich hat Deutschland Art.
33 UN – BRK durch die Etablierung der
Monitorstelle im Deutschen Institut für
Menschenrechte, Berlin, auf vorbildliche Weise
umgesetzt.
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• Hinweise auf einige wichtige Artikel in der
Behindertenrechtskonvention und ihre
Umsetzung im internationalen Vergleich:
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• Die UN – BRK geht von einem neuen
Behinderungsbegriff aus: Gemäß Buchstabe e)
der Präambel „entsteht Behinderung aus der
Wechselwirkung zwischen Menschen mit
Beeinträchtigungen und einstellungs- und
umweltbedingten Barrieren, die sie an der vollen,
wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an
der Gesellschaft hindern.“
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• Demgegenüber gilt in Deutschland z.B. noch
immer § 2 der Eingliederungshilfeverordnung
vom 27. 5. 1964. Danach sind geistig behindert
Personen, die infolge einer Schwäche ihrer
geistigen Kräfte in erheblichem Umfang in ihrer
Fähigkeit zur Teilhabe am Leben der Gesellschaft
eingeschränkt sind.
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• Aus internationaler Perspektive ist allerdings in
den meisten UN – Vertragsstaaten, die das
Übereinkommen der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen
ratifiziert haben, die Neufassung des
Behinderungsbegriffs noch nicht umgesetzt
worden.
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• Besonders ausgeprägt ist in der UN –
Behindertenrechtskonvention der Schutz vor
Diskriminierung (vgl. Art. 2, 3b, 5 UN – BRK): Jede Form
von Diskriminierung ist verboten und muss von den
Vertragsstaaten durch die Vornahme angemessener
Vorkehrungen bekämpft werden. Als Diskriminierung gilt
jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung
aufgrund von Behinderung, die Menschen mit
Behinderungen bei der Ausübung ihrer Menschenrechte
beeinträchtigt.
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• Der Konzeption des Schutzes vor Diskriminierung
in der UN – BRK liegt der US – Americans with
Disabilities Act (ADA) von 1990 zugrunde. Die
Vereinigten Staaten von Amerika haben zwar die
UN – BRK noch nicht ratifiziert, aber mit dem
ADA ein umfassendes und wirksames Instrument
zur Sicherstellung der Nichtdiskriminierung von
Menschen mit Behinderungen geschaffen!
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• Deutschland verfügt über keinen mit dem ADA
und den Artikeln 2, 3b), 5 UN – BRK
vergleichbaren Schutz vor Diskriminierung,
sondern nur über rudimentäre Ansätze im
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), im
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
und im SGB IX (Klagerecht der Verbände).
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• Gemäß Art. 2 und 4 f) UN – BRK sind die Vertragsstaaten
verpflichtet, bei der „Forschung und Entwicklung für Güter,
Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen“ ein
universelles Design anzustreben.
• In Deutschland orientieren sich die DIN – Normen immer
noch weitgehend an den Belangen nichtbehinderter
Menschen. Insbesondere Kanada und Norwegen
versuchen, technische Standards zur allgemeinen Norm zu
erklären, die auf die besonderen Bedürfnisse von
behinderten Menschen Rücksicht nehmen.
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Art. 24 Bildung
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives (inklusives) Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen.
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Art. 24 Bildung
(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass
a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;
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• Inklusive Bildung i.S. des Art. 24 BRK ist ein
kulturelles und soziales Recht gemäß Art. 4 Abs.
2 BRK und legt den Vertragsstaaten somit die
Verpflichtung zur schrittweisen Verwirklichung
im Rahmen zur Verfügung stehender finanzieller
Mittel auf (sog. Progressionsvorbehalt).
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• Auch kulturelle, wirtschaftliche und soziale
Rechte i.S. des Art. 4 Abs.2 BRK müssen jedoch
sofort umgesetzt werden, wenn die Verweigerung
der Umsetzung den sehr weit gefassten
Tatbestand der Diskriminierung i.S. der Art. 2 und
5 BRK erfüllt.
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Die Ablehnung einer staatlichen Schulbehörde, ein
behindertes Kind in die Grundschule aufzunehmen,
kann im Einzelfall eine Diskriminierung i. S. d. Art. 4
Abs. 1, Art. 5 BRK sein, denn die Verweigerung, sog.
angemessene Vorkehrungen (reasonable
accomodations) zu treffen, um einem behinderten Kind
den Grundschulbesuch zu ermöglichen, unterfällt dem
Diskriminierungsverbot gemäß Art. 5 Abs. 2 BRK.
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• Besonders weit fortgeschritten ist die Umsetzung des Art.
24 UN – BRK in einigen Provinzen Kanadas. In einem
Prozess, der bereits vor Einführung der UN – BRK
begonnen hat, wurden die Sonderschulen aufgelöst und die
sonderpädagogisch ausgebildeten Lehrkräfte in die
Regelschule überführt. Jede Schule verfügt über eine
Gruppe von Sonderpädagogen, die meistens nicht selbst
als Klassenlehrer eingesetzt werden, sondern den
Klassenlehrern beratend zur Seite stehen bzw. den
Unterricht mit gestalten.
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Entmündigungen oder Anordnungen von gesetzlicher Vertretung durch Dritte, die zur Folge haben, dass Menschen mit Behinderungen ganz oder teilweise als geschäftsunfähig gelten, sind mit dem Recht auf Selbstbestimmung unvereinbar. Dies folgt insbesondere aus Art. 3 und Art. 12 BRK.
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• Art. 3 BRK (Allgemeine Grundsätze)
• Die Grundsätze des Übereinkommens sind:
• a) die Achtung der dem Menschen
innewohnenden Würde, seiner individuellen
Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene
Entscheidungen zu treffen, sowie seiner
Unabhängigkeit.
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Art. 12
(2) Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und H a n d l u n g s f ä h i k e i t genießen.
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Art. 12
(3) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen,
um Menschen mit Behinderungen Zugang zu der
U n t e r s t ü t z u n g zu verschaffen, die sie bei der
Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit
gegebenenfalls benötigen.
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• Deutschland hat die Entmündigung 1992
abgeschafft und das Vormundschaftsrecht durch
ein im internationalen Vergleich fortschrittliches
Betreuungsrecht ersetzt. Dennoch handelt ein
Betreuer häufig nicht als Unterstützer im Sinne
des Art. 12 UN – BRK, sondern als gesetzlicher
Vertreter. Es bedarf deshalb einer Untersuchung,
inwieweit insb. die Praxis des Betreuungsrechts
mit Art. 12 UN – BRK übereinstimmt oder
kollidiert.
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• Auch hier sind einige Provinzen in Kanada damit
befasst, den klassischen Vormund durch
kommunale Netzwerke zu ersetzen, die Menschen
mit geistiger Behinderung oder mit Demenz bei
der Ausübung ihrer rechtlichen
Handlungsfähigkeit unterstützen.
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• Art. 29 (Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben)
• „Die Vertragsstaaten garantieren…a)…die freie
Willensäußerung von Menschen mit Behinderungen als
Wähler und Wählerinnen…“
• Gemäß § 13 Nr. 2 BWahlG sind Personen in Deutschland
vom Wahlrecht ausgeschlossen, für die ein Betreuer zur
Besorgung aller Angelegenheiten bestellt worden ist. Die
Zahl dieser Personen wird auf etwa 20 000 geschätzt.
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• Demgegenüber hat z.B. das japanische Parlament
vor drei Wochen ein Gesetz verabschiedet,
wonach alle Menschen unabhängig von Art und
Grad ihrer Behinderung wahlberechtigt sind.
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• Art. 13 UN – BRK (Zugang zur Justiz)
• „(1) Die Vertragsstaaten gewährleisten Menschen
mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen
wirksamen Zugang zur Justiz….“
• Für gehörlose und blinde Menschen ist dieser
Zugang in Deutschland weitgehend
sichergestellt; für Menschen mit einer geistigen
Behinderung oder psychischen Erkrankung ist
dies nicht der Fall.
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• Israel hat aufgrund des Art. 13 UN – BRK die
Verfahrensvorschriften zum Kreuzverhör
geändert, wenn Menschen mit einer geistigen
Behinderung vernommen werden.
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Art. 14 (Freiheit und Sicherheit der Person)
(1 b) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Freiheit nicht rechtswidrig und willkürlich entzogen wird … und dass das Vorliegen einer Behinderung in k e i ne m F a l l eine Freiheitsentziehung rechtfertigt.
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• Die zwangsweise Unterbringung von Menschen
mit Behinderungen entweder gemäß § 1906 BGB
oder nach den Unterbringungsgesetzen der
Länder (PsychKGs) ist sehr umstritten. Dies gilt
allerdings ebenfalls für fast alle mit Deutschland
vergleichbaren Industrienationen.
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Art. 19 (Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft)
Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit g l e i c h e n W a h l m ö g l i c h- k e i t e n wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben
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Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den … Genuss dieses Rechts zu erleichtern, indem sie … gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben möchten und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben.
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Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass
b) Menschen mit Behinderungen Zugang zu einer Reihe von
gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause haben,
…. einschließlich der persönlichen Assistenz, die zur
Unterstützung des Lebens in der Gemeinschaft …
notwendig ist.
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Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass
c) gemeindenahe Dienstleistungen und Einrichtungen
für die Allgemeinheit Menschen mit Behinderungen
auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu
Verfügung stehen und ihren Bedürfnissen Rechnung
tragen.
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Fasst man den Inhalt des Art. 19 zusammen und versucht man ihn in ein sozialpolitisches
Programm umzusetzen, so zeigt sich eine Vielfalt von Pflichten/Anregungen für die künftige
Sozialgesetzgebung:
1. Leben und Wohnen behinderter Menschen unabhängig von Art und Ausmaß der Behinderung in
der Normalität, d. h. in Wohnungen und Häusern mitten in der Gemeinde,
2. Barrierefreie Sozialraumgestaltung, die behinderten Menschen eine unabhängige
Lebensführung in der Gemeinde ermöglicht,
3. Hilfe und Schutz durch persönliche Assistenz,
4. Behindertengerechte Angebote und Dienstleistungen aller Art.
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• In Deutschland leben noch immer viele Menschen
mit geistiger Behinderung oder psychischen
Erkrankungen in stationären Einrichtungen und
Wohnheimen. Zwar wir das ambulant betreute
Wohnen in der Gemeinde verstärkt ausgebaut,
aber der Mehrkostenvorbehalt der Sozialhilfe
führt in Einzelfällen dazu, dass Menschen mit
Behinderungen gegen ihren Willen vollstationär
versorgt werden.
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• In einigen skandinavischen Länder, in Kanada, in
Teilen der USA ist das Konzept der sog.
Deinstitutionalisierung entweder bereits
umgesetzt oder sehr weit fortgeschritten. In
einigen Ländern Zentral- und Osteuropas wird
der Ausbau von Einrichtungen hingegen weiter
forciert, teilweise mit Hilfe der europäischen
Strukturfonds.
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• Wichtige Impulse zur Umsetzung der UN – BRK
auf internationaler Ebene können vom UN –
Ausschuss für die Rechte von Menschen mit
Behinderungen (Art. 34) erwartet werden. Dieser
Ausschuss wird im Verlauf der nächsten Jahre
nicht nur die Staatenberichte der Vertragsstaaten
kritisch prüfen, sondern sog. Generell Comments
(allgemeine Kommentierungen) für jeden
einzelnen Menschenrechtsartikel in der UN - BRK
beraten und verabschieden.
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• Wichtige Impulse werden auch von dem von
Deutschland ratifizierten Fakultativprotokoll zum
Übereinkommen über die Rechte von Menschen
mit Behinderungen ausgehen, das unter
bestimmten Bedingungen eine
Individualbeschwerde von Einzelpersonen oder
Personengruppen ermöglicht, die behaupten,
Opfer einer Verletzung der UN – BRK zu sein.
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• Art. 27 (Arbeit und Beschäftigung)
• (1) Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche
Recht von Menschen mit Behinderungen auf
Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die
Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu
verdienen, die in einem offenen, inklusiven und
für Menschen mit Behinderungen zugänglichen
Arbeitsmarkt frei gewählt oder angenommen
wird.
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• In einigen Ländern sind Bemühungen im Gang,
Menschen mit geistigen Behinderungen oder
psychischen Erkrankungen Arbeitsmöglichkeiten
am freien Arbeitsmarkt zu verschaffen
(„supported employment“). In Deutschland
überwiegt hingegen die Beschäftigung dieses
Personenkreises in einer Werkstatt für behinderte
Menschen (WfbM).
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!