1 afpg/arbeitsstelle für forensische psychologie und gerichtsgutachten schwere belästigung und...
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AFPG/Arbeitsstelle für Forensische Psychologie und Gerichtsgutachten
Schwere Belästigung und Nachstellung
(Stalking) Prof. Dr. Hans-Georg W. Voß
Roundtable Bedrohungsmanagement
Lufthansa Aviation Center
18.11.2013
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Gliederung• Phänomenologie und Verbreitung
• Typologische Ansätze
• Management von Stalkingfällen (Risikoanalyse,
Prävention, Therapie)
• Stalking im betrieblichen Rahmen
• Stalking in der Rechtsprechung und kritische
Anmerkungen
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Phänomenologie des StalkingPhänomenologie des Stalking
• DefinitionDefinition
Das beharrliche Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische und/oder psychische Unversehrtheit und Sicherheit dadurch bedroht wird
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• Typische Äußerung einer Betroffenen:
• "Ich gehe auf niemanden mehr zu, geh‘ nicht
mehr alleine raus und schließe mich zuhause
ein, verriegele die Türen und Fenster,
kontrolliere vor jeder Fahrt mein Auto genau,
habe Angst, in den Briefkasten zu sehen,
fühle mich ständig verfolgt, da er gedroht hat:
'Wenn ich mit Dir fertig bin, kannst Du nicht
mehr normal leben' ".
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- Erotomanie - der Wahn, geliebt zu werden- Obsessive - Fixierung auf bestimmte Person(en)- „Cyberstalking“ - Stalking über Medien- „Stalking-by-Proxy“ - Verwandte, nahestehende Personen- Häusliche Gewalt (Nachstellung im häuslichen Rahmen)- Mobbing (spezifisches Ziel: Entfernung vom Arbeitsplatz)
Formen/verwandte Konzepte
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Quelle: BKA„Tatmittel Internet“(2012)
Stalking: 1.440 (5,8%)Bedrohung 2.562 (10,5%)
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Verbreitung und Vorkommen
• Meta-Analyse: 108 Stichproben in 103 Studien mit ca.
70.000 Teilnehmern (n. Spitzberg, 2002):
• 12 -20% aller Personen
• 16-24% der Frauen
• 8-10% der Männer
• 75% der Opfer sind Frauen, 25% Männer
• 50% aller Stalkingfälle im Anschluss an
Liebesbeziehung
• 75% durch Bekannte, 25% durch Fremde
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Verbreitung und Vorkommen
Zahlen abhängig von der Definition:- "leichte Angst" als Folge: 12% der Frauen, 4% der Männer- "erhebliche Angst" als Folge:
8% der Frauen, 2% der Männer- Englische Studie (10 000 Einwohner)
Lebenszeitprävalenz 16% der Frauen, 7% der Männer
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Verbreitung und Vorkommen
Unter Berücksichtigung aller epidemiologischen Studien ergibt sich eine
Lebenszeitprävalenz von
12-16% bei den Frauen und
4-7% bei den Männern
dafür, mindestens einmalig Opfer zu werden
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Verbreitung und Vorkommen
• Beziehungskonstellation Zielperson/Täter- Ex-Partner/in 49 %- Bekannte/r 14 %- Arbeitskollege/in 8 %- Fremde/r 8 %- Sonstige 7 %- Freund/in 5 %- Professionelle Bez. 4 %- Ex-Partner/in von
Partner/in 3 %- Familienmitglied 2 %- (Voß, Hoffmann & Wondrak, 2006)
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Stalking-Verhaltenskategorien
Hyperintimität, exzessives Interesse an Beziehung Annäherung, Beobachten, Nachfolgen Invasion, Betreten des Privatgeländes, Wohnung Ausspionieren von Angehörigen, Bekannten Verängstigen und Belästigen Bedrohen, Kontrollieren, Druck (auch physisch) Aggression, Gewalt (auch sexuelle)
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Art der KontaktaufnahmeMehrfachnennungen, Angaben in %
• Telefonanrufe (85)• Herumtreiben in der Nähe (68)• Über Dritte (65)• Im Umfeld nach Zielperson fragen (55)• vor Haustür stehen (54)• Briefe (50)• SMS (47)• Nachlaufen (44)• Unerwünschte Geschenke (43)
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• wortloses Dasitzen/Dastehen (39)• Nachrichten an Auto/Haustür (35)• E-Mails (35)• Verfolgen mit Auto (35)• Beschädigung von Eigentum (26)• Eindringen in Wohnung (18)• schockierende Dinge verschicken (13)• Dienstleistungen i. N. der Zielperson (10)
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Psychische AuswirkungenMehrfachnennungen, in %
• Gefühl der inneren Unruhe (82)
• Nervosität, Schreckhaftigkeit (72)
• Angst (72)
• Mißtrauen gegenüber anderen (69)
• Wut, Reizbarkeit, Aggressionen (68)
• Depressionen (49)
• Panikattacken (33)
• Keine (2)
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Auswirkungen allgemein(andere Studien)
• Persönlichkeitsveränderungen (83%)• Veränderungen im Alltag (82%)• Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen (73%)• Höhere Gewaltbereitschaft und Gewaltausübung
in der Beziehung, aggressiver (27%)• Selbst häufiger Opfer von Gewalteinwirkung
(sexuell und nicht-sexuell), dabei in mehr als 40% der Fälle Verletzungen
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Klassifikation von Stalkern
• Einteilung nach unterschiedlichen Verhaltensweisen und Krankheitsbildern
• 5 Haupttypen (n. Mullen et al, 2000)
- zurückgewiesene
- beziehungssuchende
- rachsüchtige
- attackierende
- erotomane, psychopathische
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Der zurückgewiesene Stalker
• Größte Gruppe• Meist Ex-Partner• Oft Motivations-Mix aus Wut und
Wiederannäherung• Glauben, dass Opfer sie provoziert • Auch Rachegefühle (narzisstische
Kränkung)
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Der beziehungssuchende Stalker
• Fehlwahrnehmung von Beziehung
• Ignorieren/Uminterpretieren von Feedback des Opfers
• Idealisieren des Opfers, „Verehrertypen“
• Oft isolierter Lebensstil des Täters
• Opfer kann als Partner/Freund/ Elternfigur gewünscht werden
• Unempfindlich gegenüber Abwehr
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Der rachsüchtige Stalker
• Opfer steht für Unrecht, das dem Täter vermeintlich angetan wurde
• Täter wollen Ohnmacht in Macht wandeln
• Opfer soll Angst und Verzweiflung spüren
• Täter fühlen sich berechtigt zu stalken, selbst als „Opfer“, das Vergeltung übt
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Der attackierende Stalker
• Täter (fast) immer männlich
• Stalking ist Vorstufe zur Gewalttat (Ausspähen, Macht-Fantasien, Üben)
• Häufig sexuelle Gewalttat
• Opfer bemerken Stalking nicht
• manchmal Defizite bei sozialem Beziehungsnetzwerk Einzelgängertypen)
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Erotomane, morbide, krankhafte Stalker
• Meist psychopathische Persönlichkeit, häufig paranoide Störung
• Motivation: Kontrolle/Dominanz
• Opfer als „Jagdobjekt“
• Subtile Stalking-Techniken
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Weitere Klassifikation*
• Exbeziehungsstalking („Ex-Partner-Stalking“)• Verliebtheitsstalking (“Infatuation Harassment“)• Wahnhaft fixiertes Stalking (Delusional Fixation
Stalking“)• Sadistisches Stalking („Sadistic Stalking“)• ___________________________________ * Typologie nach Sheridan & Blaauw, 2002
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Umgang mit Stalkingfällen (Management)
• Situationsanalyse und Risikoeinschätzung
• Spezielles Fallmanagement
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Situationsanalyse und Risikoeinschätzung• Vorbeziehung zwischen Opfer und Täter• Aktuelle Beziehung (Kinder ?)
• Stalkinghandlungen (Rangfolge nach Häufigkeit, Dauer und Schwere der Beeinträchtigung)
• Infrastruktur (bevorzugte Orte, räumliche Distanzen, Rückzugsmöglichkeiten, „Pufferzonen“, Barrieren)
• Alltagsstruktur (tägl. wiederkehrende Verrichtungen, Gewohnheiten, Zeiten Wohnung/Arbeitsplatz)
• Daten, Beweismittel (Briefe, Berichte dritter Personen, Protokolle/Polizei, Fotos, SMS, E-Mail, Telefonmitschnitte usw.)
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Risikoeinschätzung/Gefährdung (1/2)
Das Risiko ist höher, wenn...• auf Seiten des Täters
- dieser ein ehemaliger Intimpartner ist (Ex-Partner)- konkrete Drohungen geäußert wurden- insgesamt eine hohe Gewaltbereitschaft erkennbar ist- es häusliche Gewalt in der Vorbeziehung gegeben hat- Stalking aus Rachemotiven heraus erfolgt - es Hinweise auf eine zunehmende obsessive Fixierung
auf die Zielperson gibt bei psychischer Einengung (zunehmend Zeit mit Nachstellungen, kommt von Gedanken an Zielperson nicht los, evtl. Depressivität, Äußerung von Suizidgedanken)
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Risikoeinschätzung/Gefährdung (2/2)- es eine kriminelle Vorgeschichte gibt- Substanzmissbrauch vorliegt (Alkohol, sonstige Drogen)- Waffen vorhanden sind- eine psychiatrische Erkrankung oder abnorme/ emotional
instabile Persönlichkeit vorliegt- kaum soziale Ressourcen verfügbar sind (Einzelgängertyp)auf Seiten des Opfers - eine geringe emotionale Belastbarkeit vorliegt - bereits mehrfach bzw. länger andauernde Stalking-Episoden
gegeben hat- eine geringe Einsichtsfähigkeit (auch intellektuelle Defizite)
besteht- Kaum soziale Ressourcen verfügbar sind (z. B . Freunde,
Nachbarn, Verwandte)- gemeinsame Kinder vorhanden sind
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Fallmanagement: Prävention und Therapie
Zwei Ebenen: Defensive (verdeckte) und/oder offensive
Strategien (eventuell aufbauend)
Team-Ansatz und Vernetzung (Kriminalpsychologen, Juristen, Polizei,
Hilfsorganisationen, Selbsthilfegruppen) Allgemein gilt: je höher das Risiko, je stärker die
Bedrohung, um so eher offensive Maßnahmen Viele Fälle von Ex-Partner-Stalking (Zurückgewiesene)
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Defensive Strategien
• Bei minderschweren und moderaten Fällen• Installation von Warnsystemen• Nahestehende Personen aufklären• Verhaltensstrategien zur Vermeidung von
Kontakt• Mail-/Spamfilter, Sicherheitsprogramme
(Cyberstalking)
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Offensive Strategien
• Polizeiliche Maßnahmen (Ermittlungen, Gefährderansprache)
• Vorgehen nach GewSchG, §238 StGB
• In Betrieben: Ansprache, Abmahnung, Kündigung
• Therapeutische Interventionen
(Voraussetzung: compliance)
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Therapeutische Interventionen• Für Täter:- bisher nur i.R. klinischer Fälle – Beratung– Therapie in gemischten Fällen (Drogen, Alkohol)• Für Opfer:- Psychotherapie des posttraumatischen
Belastungssyndroms, Traumatherapie- Psychotherapie sonstiger Folgen des Stalking- Unterstützende Medikation
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Gewalt am Arbeitsplatz (workplace violence)
• Bisher Randthema im Bereich Arbeitssicherheit• Psychische Störungen allgemein in 2012 für mehr als 53
Millionen Arbeitstage-Ausfälle verantwortlich• 41% der Frühverrentungen psychisch bedingt
(Altersdurchschnitt 48 Jahre)• Wirtschaftlicher Schaden 6,3 Mrd. Euro • Rechtlicher Rahmen: AschG, BetrVG, AGG, OEG, BGB,
SGB• Präventive Maßnahmen:
– Sensibilisierung des Personals für Warnsignale– Systematische Früherkennungsprogramme– Deeskalationstrainig für besonders gefährdete Mitarbeiter– Ansprechpartner (Konzernsicherheit, Personalrat, psychologischer
Dienst, innerbetriebliche task force)– Leitlinien i. S. einer workplace policy
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Stalking in Betrieben und Organisationen
• Stalking als Teil von workplace violence
• Zwei Fälle:
• (a) Täter und Opfer sind Betriebsangehörige
• (b) Täter gehört nicht der Organisation an
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Täter und Opfer sind Betriebsangehörige
• Einige Maßnahmen wie Kontaktvermeidung oftmals nicht möglich
• Verdeckte Maßnahmen schwer zu realisieren
• Offene Maßnahmen möglichst früh (Deeskalation)• Ansprache des Täters durch fachlich geschultes Personal• Hier gemeinsame Anhörung beider Parteien eventuell sinnvoll• Formelle Abmahnung• Außerordentliche fristlose Kündigung (BAG-Urteil v. 19.04.10)
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Täter gehört nicht (mehr) der Organisation an
• Stalking am Arbeitsplatz• Defensive und offensive Maßnahmen: Ansprache, Hausverbot, „lokale
Öffentlichkeit“ herstellen (Arbeitskollegen/-innen), Abwehr von Cyberstalking
• Stalking außerhalb des Arbeitsplatzes – Betriebliche Maßnahmen beschränken sich auf präventive Maßnahmen
und Beratung/Betreuung des Opfers – Vermittlung professioneller Hilfe
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Stalking in der Rechtssprechung
• Gewaltschutzgesetz (GewSchG) von 2001• § 238 StGB „Nachstellung“• Im betrieblichen Bereich:
– § 241 Abs. 2 BGB (Schutz- und Aufklärungspflicht des Arbeitgebers)
– §§ 617-619 BGB (Schutzvorschriften)– Stalking = Belästigung n. § 3 Abs. 3 AGG– Stalking und sexuelle Belästigung n. § 3 Abs. 4 AGG– Mitbestimmungsrechte n. § 87 Abs.1 Nr.1 und Nr. 7 BetrVG– Betriebsrat kann Entlassung fordern, n. § 104 BetrVG– Opferentschädigungsgesetz (OEG) Stalking-Opfer haben nur
Anspruch auf Versorgungsleistungen, wenn ihnen körperliche Gewalt angetan wurde. Rein psychischer Terror reiche nicht aus (BuSozG v. 07.04.11)
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Sonstige Delikte in Verbindung mit § 238 StGB
Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz, GewSchG)
In Kraft getreten 01.01.2002 Regelt Fälle, in denen eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit
oder die Freiheit einer anderen Person widerrechtlich verletzt Maßnahmen: Wohnungsbetretungsverbot, Näherungsverbot, Verbot, über
Telekommunikationsmittel Verbindung aufzunehmen, Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen
In Absatz 2: wenn eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht hat oder …. in die Wohnung…eindringt oder eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt
GewSchG
- Positiva:
Präventivmaßnahmen zur Abwehr weiterer Taten
bereits die Bedrohung ist strafbar
Täter kann aus gemeinsamer Wohnung unverzüglich verwiesen werden
neue Formen der (widerrechtlichen) Annäherung und Verfolgung werden berücksichtigt (Telekommunikation, Internet)
- Probleme:
Verankerung im Zivilrecht und Beweislast beim Opfer
"Stalking" als wiederholte und chronifizierte Belastung nicht berücksichtigt
Strafandrohung eher von geringem Gewicht (zumeist Geldstrafe, Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr)
Der § 238 StGB (Nachstellung) im Wortlaut
(1)Wer einem Menschen unbefugt nachstellt, indem er beharrlich
1. seine räumliche Nähe aufsucht,
2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3. unter missbräuchlicher Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesem Kontakt aufzunehmen,
4. ihn mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder
5. eine andere vergleichbare Handlung vornimmt und dadurch seine Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahe stehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
(in Kraft getreten am 31.03.2007)
§ 238 StGB im Wortlaut
Erledigungsarten (gesamt) und Gründe für Einstellung
Einstellung57.0%
Verurteilung / Strafbefehl 35.5%
Freispruch3.7%
sonstige Erledigungsart3.7%
§ 15326.2%§ 154 8.2%
§ 17037.7%
§ 37614.8%
sonstige Einstellung 13.1%
§170 StPO Tat nicht strafrechtlich relevant§154 StPO fällt nicht beträchtlich ins Gewicht§153 StPO kein öffentliches Interesse§376 StPO Verweis auf Privatklage
Quelle: Voß, 2011
Fazit
Die Strafnorm…- beseitigt bestehende Handlungsunsicherheiten a.d. Gebiet des
Gefahrenabwehrrechts- berücksichtigt v. a. die hohe Frauenquote im Bereich des Ex-
Partnerstalking (ca. 50 % aller Fälle)- Stalking im Kernstrafrecht führt zu mehr Klarheit in Beratungs- und
Interventionssituationen (Symbolkraft des Strafrechts wirkt sich aus)
- Strafwürdigkeit von Stalkinghandlungen vom Gesetzgeber konkretisiert
- Spezifischer Opferschutz soll gewährleistet werden- Ersetzt nicht das GewSchG - Strafandrohung von Gewalt/Stalking nach Trennung/Scheidung
hilft im Falle von häuslicher Gewalt den betroffenen Frauen und erhöht die Anzeigebereitschaft
• aber….
jede Tat muss dem Oberbegriff „Nachstellung“ entsprechen
- „andere vergleichbare Handlung“ (Abschn. 1, Satz 5) verbesserungsbedürftig (StA kommt hier besondere Bedeutung zu)
- „beharrlich“ : rel. große Unsicherheit, in Akten v.a. „mehrmalige Wiederholung“
- „schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung“ = unklar, sehr dehnbar (hohe Diskrepanz zw. subj. Erleben und strafrechtl. Würdigung)
- einmalig traumatisierte Opfer nicht berücksichtigt
- bisher fast nur Fälle nach Abschnitt (1) und (2)
-Einstellungsrate der Verfahren mit knapp 60% sehr hoch
- Bisher kaum von der Möglichkeit einer De-Eskalationshaft (U-Haft, § 112a Abs.1 Nr.1 StPO) Gebrauch gemacht
- nach (4) ein Antragsdelikt – Schwelle für viele betroffene Frauen zu hoch
-- neue Initiative des Gesetzgebers: Stalking als Bestandsdelikt
Aber…
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Ausgewählte Forschungsbeiträge
Voß, H.-G. & J. Hoffmann (Hrsg.)(2002), Themenheft Stalking. Polizei & Wissenschaft, Heft 4.
Voß, H.-G.: Zur Psychologie des Stalkings. In: J. Bettermann. & M. Feenders (Hrsg.): Stalking - Möglichkeiten und Grenzen der Intervention. Frankfurt/Main: Verlag für Polizeiwissenschaft 2004.
Voß; H.-G. (2005). Stalking im Kontext von Beziehungen. Praxis der Rechtspsychologie, 15. Jg., Heft2, S. 183-197.
Voß, H.-G., Hoffmann, J., & Wondrak, I. (2005). Stalking in Deutschland – aus Sicht der Betroffenen und Verfolger. Baden-Baden: Nomos Verlag.
Voß, H.-G. & Küken, H. (2006). Gibt es ein spezifisches Persönlichkeitsprofil des Stalkers. Familie, Partnerschaft, Recht, 12, S. 180-185.
Hoffmann, J. & Voß, H.-G. (Hrsg.) (2006). Psychologie des Stalking. Grundlagen-Forschung-Anwendung. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft
Voß, H.-G. W. (2008). Stalking: Unerwünschtes Belästigen und Verfolgen auspsychologischer Sicht. In A. Dessecker & R. Egg (Hrsg.), Gewalt im privaten Raum: aktuelle Formen und Handlungsmöglichkeiten. Kriminologie und Praxis (KuP): Bd. 54 (S. 75–95). Wiesbaden.
Voß, H.-G. W. (2011) §238 StGB "Nachstellung" und Gewaltschutzgesetz – Wirksamkeit. Ergebnisse einer Befragung von Opfern und eine Analyse von Gerichtsakten zum §238 StGB und zum GewSchG. In: Praxis der Rechtspsychologie 21 (2.), S. 322-338
Weitere Beiträge unter www.afpg-online.de, und www.stalkingforschung.de