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M21AH10 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung Erster Tag 107 Aufgaben davon 47 Einzelaufgaben und 60 Aufgaben in 4 Fallstudien Zu den Prüfungsunterlagen des heutigen Prüfungstages gehören Aufgabenheft Bildbeilage Laborparameter-Tabellen mit Referenzbereichen Antwortbeleg Referenzbereiche für Laborparameter sind von methodischen und probandenbedingten Ein- flussfaktoren abhängig und werden daher in der Fachliteratur häufig unterschiedlich ange- geben. In dieser Prüfung stellen die beigefügten Laborparameter-Tabellen die maß- gebende Grundlage für Laborwert-Beurteilungen dar. Achten Sie zur Vermeidung von Nachteilen bitte auf eindeutige Markierungen auf Ihrem Antwortbeleg! Die in diesem Prüfungsheft vorgelegten fallbezogenen Prüfungsaufgaben und Fallstudien können au- thentischen Erkrankungsfällen nachgebildet sein, erlauben infolge Anonymisierung aber keine Rück- schlüsse auf die Krankengeschichten konkreter Personen. © Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz Dieses Aufgabenheft einschließlich der Anlagen ist Eigentum des IMPP. Es wird ausschließlich zur persönlichen Information des Prüflings bzw. zum dienstlichen Gebrauch überlassen. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig. Die Prüfungsaufgaben sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Jegliche Nutzung, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung sowie Umgestaltung – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des IMPP zulässig. Ein Service von Via medici online · 2. Ärztliche Prüfung Herbst 2010 Copyright © 2011 Georg Thieme Verlag KG

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Page 1: Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung Erster Tag · PDF fileIkterus besteht nicht. Um welche Erkrankung handelt es sich am wahrscheinlichsten? (A) chronische Pericarditis constrictiva

M21AH10

Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung

Erster Tag 107 Aufgaben

davon

47 Einzelaufgaben und

60 Aufgaben in 4 Fallstudien

Zu den Prüfungsunterlagen des heutigen Prüfungstages gehören

• Aufgabenheft • Bildbeilage • Laborparameter-Tabellen mit Referenzbereichen • Antwortbeleg

Referenzbereiche für Laborparameter sind von methodischen und probandenbedingten Ein-flussfaktoren abhängig und werden daher in der Fachliteratur häufig unterschiedlich ange-geben. In dieser Prüfung stellen die beigefügten Laborparameter-Tabellen die maß-gebende Grundlage für Laborwert-Beurteilungen dar. Achten Sie zur Vermeidung von Nachteilen bitte auf eindeutige Markierungen auf Ihrem Antwortbeleg! Die in diesem Prüfungsheft vorgelegten fallbezogenen Prüfungsaufgaben und Fallstudien können au-thentischen Erkrankungsfällen nachgebildet sein, erlauben infolge Anonymisierung aber keine Rück-schlüsse auf die Krankengeschichten konkreter Personen. © Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen, Mainz

Dieses Aufgabenheft einschließlich der Anlagen ist Eigentum des IMPP. Es wird ausschließlich zur persönlichen Information des Prüflings bzw. zum dienstlichen Gebrauch überlassen. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig.

Die Prüfungsaufgaben sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Jegliche Nutzung, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung sowie Umgestaltung – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des IMPP zulässig.

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Einzelaufgaben

1 Ein 55-jähriger Patient klagt seit einem Jahr über eine allgemeine Schwäche mit Dyspnoe. Bei der klinischen Untersuchung fallen eine bei (tiefer) Inspiration zuneh-mende Halsvenenstauung, eine Lebervergrößerung, Aszites und Ödeme auf. Ein Ikterus besteht nicht.

Um welche Erkrankung handelt es sich am wahrscheinlichsten?

(A) chronische Pericarditis constrictiva

(B) Leberzirrhose

(C) Budd-Chiari-Syndrom

(D) Nephroblastom

(E) nephrotisches Syndrom

2 Ein 56-jähriger Mann berichtet seinem Arzt über Nachtschweiß mit der Notwendig-

keit, den Schlafanzug zu wechseln, und eine Gewichtsabnahme von 10 kg in den letzten 8 Wochen. Subjektiv seien ihm auch vergrößerte Lymphknoten im Halsbe-reich aufgefallen. Ansonsten sei er immer gesund gewesen. Außer einem anlässlich einer Appendektomie mit 22 Jahren erfolgten Klinikaufenthalt gibt er keinen weite-ren an.

Die Untersuchung zeigt einen Patienten in deutlich reduziertem Allgemeinzustand. Palpatorisch finden sich mehrere ca. 2−3 cm große, nicht druckdolente verschiebli-che Lymphknoten im Halsbereich links und supraklavikulär rechts. Im abdominellen CT werden ebenfalls mehrere bis 3 cm große Lymphknoten, vor allem paraaortal dargestellt. Die Entfernung eines Lymphknotens ergibt die Diagnose eines diffusen großzelligen aggressiven Non-Hodgkin-Lymphoms vom B-Zell-Typ mit CD20-Expression. Insgesamt ergeben die Untersuchungen ein Stadium IIIB nach Ann Arbor.

Da bei dem Patienten eine normale Nieren- und Leberfunktion und keine Hinweise auf eine kardiale Erkrankung vorliegen, schlägt der Arzt als Behandlung 6 Zyklen einer Kombination aus dem Antikörper Rituximab und einer Polychemotherapie nach dem CHOP-Schema vor.

Ein solches Vorgehen ist hinsichtlich des Behandlungszieles am zutreffendsten zu bezeichnen als

(A) palliative Therapie

(B) kurative Therapie

(C) neoadjuvante Therapie

(D) adjuvante Therapie

(E) Rezidivtherapie

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2. ÄP Herbst 2010 – Tag 1

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3 Bei einer 69-jährigen Patientin mit systemischem Lupus erythematodes, die seit

Langem mit Hydroxychloroquin und niedrig dosierten Glukokortikosteroiden behan-delt wird, treten akut die in den Abbildungen Nr. 6 und Nr. 7 der Bildbeilage ge-zeigten Veränderungen an Armen und Beinen auf.

Diese sind am ehesten zurückzuführen auf Autoantikörper gegen

(A) Kardiolipin

(B) Thrombozyten

(C) Gerinnungsfaktor VIII

(D) Proteinase 3

(E) Komplementfaktor C1q

4 Ein 21-jähriger Mann hat nach etwa einer Stunde Aufenthalt in einer überfüllten

Diskothek heftigste Luftnot, der ein kurzer Husten vorausging. Der hinzugezogene Notarzt findet den Patienten mit ängstlicher, blasser Fazies und Tachypnoe vor. Über allen Lungenabschnitten ist das Atemgeräusch kaum wahrnehmbar („silent chest“). Der Thorax ist stark überbläht. Der Blutdruck beträgt 115/80 mmHg, die Pulsfrequenz 132/min.

Welche Diagnose trifft am wahrscheinlichsten zu?

(A) Herzinfarkt

(B) linksseitiger Pneumothorax

(C) Lungenembolie

(D) rupturiertes Aortenaneurysma

(E) akuter Asthmaanfall

5 Bei einem 57-jährigen Patienten wird die Diagnose eines linkszentral wachsenden

nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms gestellt. Nach erfolgloser Radiochemothera-pie kommt es im Krankheitsverlauf zu einem ausgedehnten Prozess mit Verdrän-gungserscheinungen der Trachea und des Mediastinums (siehe Abbildung Nr. 10 der Bildbeilage).

Welche Therapie zur Linderung des hier am wahrscheinlichsten vorliegenden Lei-dens ist am effektivsten?

(A) Wiederholung der Chemotherapie mit einem Cisplatin-haltigen Therapieschema

(B) Kleinraumbestrahlung des linken Stammbronchus

(C) Sedativa und Antitussiva in Kombination mit Sauerstoff

(D) systemische Glukokortikosteroide zusammen mit Diuretika

(E) Pleuradrainage mit Instillation von Talkum

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6 Ein 65-jähriger Mann wird in eine Klinik eingewiesen, da er seit 4 Wochen über dif-

fuse Bauchschmerzen klagt. Aufnahmegründe sind jetzt in erster Linie eine einmali-ge Hämatemesis und ein zunehmendes Schwächegefühl. Der Patient hat innerhalb des letzten halben Jahres 5 kg an Gewicht verloren.

Bei der Aufnahmeuntersuchung sieht man einen blassen Mann, Größe 172 cm, Ge-wicht 74,5 kg; RR 150/90 mmHg, Puls 80/min. Der klinische Status ist ansonsten un-auffällig.

Im Labor zeigt sich eine hypochrome, noch normozytäre Anämie.

Die Laborparameter-Untersuchung ergibt im Einzelnen folgende auffällige Werte:

Hb 90 g/L MCHC 300 g/L Leukozyten 11 200/µL CRP 11,7 mg/L

EKG, Thoraxröntgenaufnahme und Abdomensonogramm sind ohne pathologischen Befund. Bei der Ösophagogastroduodenoskopie (siehe Abbildungen Nr. 8 und Nr. 9 der Bildbeilage) findet sich ein tumoröser ulzerierender Prozess im Antrum, der fast die gesamte Zirkumferenz umfasst. Es werden 10 Biopsate entnommen. Ferner fin-det sich eine Pylorusstenose. Histopathologisch und immunhistochemisch werden folgende Befunde erhoben: dichte Infiltrate mittelgroßer lymphoider Zellen, Granu-lationsgewebe, Ulzerationen, Ki-67 positiv, Helicobacter pylori positiv; CD 20 posi-tiv, CD 5/10/23 negativ.

Im CT des Thorax finden sich amorphe flaue Verdichtungen < 1 cm subpleural, im CT des Abdomens eine Steatosis hepatis und eine Magenantrumverdickung zirkulär auf 1 cm.

Der Pathologe stellt die Diagnose eines diffusen mittelgroßzelligen B-Zell-Lymphoms, eines sogenannten niedrig malignen Marginalzonenlymphoms des Magens vom MALT-Typ. Die daraufhin durchgeführte Endosonographie zeigt, dass der Tumor auf die Mukosa und Submukosa beschränkt ist; dies entspricht dem sogenannten Stadium E I 1 gemäß Ann-Arbor-Klassifikation, modifiziert nach Musshoff.

Welche therapeutische Vorgehensweise ist zunächst am sinnvollsten?

(A) Polychemotherapie nach dem CHOP-Schema

(B) Radiatio

(C) totale Gastrektomie

(D) H.-pylori-Eradikation

(E) Magenteilresektion und Radiatio

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7 Eine 45-jährige Frau stellt sich beim Hausarzt vor wegen zunehmender, eher volu-

minöser Diarrhöen, die sie schon seit einem halben Jahr plagen und zu maximal 5 Stuhlgängen am Tag führen. Darüber hinaus klagt sie über Blähungen und einen Ge-wichtsverlust von 3 kg. Die weiterführenden Untersuchungen ergeben die Diagnose einer Zöliakie.

Welcher Befund ist damit am ehesten vereinbar?

(A) Zottenhyperplasie im Dünndarm

(B) Nachweis lymphozytenarmer Areale in der Lamina propria des Dünndarms

(C) Pankreatitis

(D) Nachweis pathognomonischer Veränderungen im gesamten Dünndarm

(E) Nachweis von Antikörpern gegen Gewebetransglutaminase in der serologischen Diagnostik

8 Im Rahmen einer Koloskopie zur Kolonkarzinom-Früherkennung fällt bei einem 54-

jährigen Patienten eine polypenartige tumoröse Raumforderung im Sigma auf, die mittels Schlinge endoskopisch abgetragen wird. Den histopathologischen Befund zeigt Abbildung Nr. 1 der Bildbeilage mittels HE-Färbung.

Welche Erkrankung liegt am wahrscheinlichsten vor?

(A) Kolonkarzinom

(B) MALT-Lymphom

(C) hyperplastischer Polyp

(D) Peutz-Jeghers-Polyp

(E) tubuläres Adenom

9 Eine 41-jährige Patientin kommt in die hausärztliche Sprechstunde, da sie Schmer-

zen bei der Defäkation hat. Seit einigen Tagen treten beim Stuhlgang akute Schmerzen auf mit einem ca. 2 Stunden lang andauernden krampfartigen Nach-schmerz. Mit diesem Geschehen verbunden sind hellrote, zum Teil streifige Blutauf-lagerungen auf dem Kot.

Wie lautet die wahrscheinlichste Diagnose?

(A) Analfissur

(B) Analfistel

(C) perianaler Abszess

(D) Rektumkarzinom

(E) Sigmadivertikulitis

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10 Eine 40-jährige Patientin stellt sich erneut beim Hausarzt vor, nachdem die not-

fallmäßig mit Nifedipin eingeleitete und später zudem mit einem Betablocker fort-gesetzte Therapie ihrer arteriellen Hypertonie nicht zu einem Erfolg geführt hat. Der Blutdruck ist weiterhin mit meist über 160/110 mmHg nicht im Zielbereich. Die Patientin berichtet jetzt auch über eine körperliche Schwäche, sie könne nicht rich-tig und ausdauernd gehen, auch sei die Empfindung an ihrer Haut anders als sonst.

Sie fragt nach Nebenwirkungen der Medikamente. Der Hausarzt geht mit der Patien-tin die Beipackzettel und früheren Befunde erneut durch: Alle Werte des Basislabors waren unauffällig (Kreatinin, CK, AST, ALT, Urinstatus), lediglich das Serumkalium war mehrfach auf deutlich unter 3 mmol/L erniedrigt, was der Arzt auf den gele-gentlichen Einsatz pflanzlicher Abführmittel durch die Patientin zurückgeführt und bisher mit einem Kaliumpräparat behandelt hat.

Die Patientin gibt nun an, das Abführmittel seit Wochen nicht mehr genommen zu haben.

Welche Erkrankung liegt am wahrscheinlichsten vor?

(A) M. Conn

(B) Phäochromozytom

(C) Dermatomyositis

(D) Aortenisthmusstenose

(E) M. Cushing

11 Ihre 65-jährige Patientin mit Hypertonie zeigte bisher eine gute Blutdruckeinstel-

lung (125/85 mmHg) unter 8 mg Candesartan täglich. Der zuletzt vor 3 Monaten be-stimmte Kreatinin-Wert im Serum lag bei 1,1 mg/dL. Seit 2 Wochen jedoch zeigen die häuslich selbst gemessenen Blutdruckwerte sowie der jetzt bei Ihnen in der Pra-xis gemessene Wert eine deutliche Verschlechterung an (155/100 mmHg), das aktu-elle Kreatinin im Serum liegt bei 1,8 mg/dL.

Welches der innerhalb der letzten 4 Wochen neu eingenommenen Medikamente kommt als Ursache der Befundverschlechterung in erster Linie in Betracht?

(A) Diclofenac zur Behandlung von Schmerzen im rechten Knie

(B) Povidon-haltige Augentropfen zur Behandlung von Keratitis sicca

(C) Simvastatin zur Behandlung von erhöhten Lipidwerten

(D) Tolterodin zur Behandlung von Symptomen einer Dranginkontinenz

(E) Johanniskrautextrakt zur Behandlung einer depressiven Verstimmung

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12 Bei einer 30-jährigen Patientin wird klinisch der Verdacht auf eine Hyperthyreose

geäußert. Laborchemisch finden sich auffällig erhöhte T3-, T4- sowie TRAK- und TPO-Ak-Werte. Im Ultraschall zeigt sich eine deutlich vergrößerte Schilddrüse mit homogen erniedrigtem Echomuster. Das anschließend angefertigte Szintigramm ist auf Abbildung Nr. 3 der Bildbeilage dargestellt und veranschaulicht eine signifikant vergrößerte Schilddrüse mit einem 99mTc-Uptake von 25 %.

Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?

(A) akute eitrige Thyreoiditis

(B) M. Basedow

(C) diffuse Karzinose

(D) Hashimoto-Thyreoiditis

(E) multifokale Autonomie

13 Eine 47-jährige Frau stellt sich zur Abklärung rezidivierender Zustände von Schwit-

zen, Tachykardie sowie Schwäche- und Hungergefühl in einer Praxis vor.

Die Patientin hat festgestellt, dass diese Symptome durch Nahrungsaufnahme schnell verschwinden und dass sie häufig kurze Zeit − etwa 2 Stunden − nach einer größeren kohlenhydratreichen Mahlzeit auftreten.

Eine Blutzuckerbestimmung während des Anfalles ergibt einen leicht erniedrigten Wert von 50 mg/dL.

Der Zyklus der Patientin ist regelmäßig. Medikamente nimmt sie nicht ein. Körper-größe 169 cm, Gewicht 80 kg.

Was ist am wahrscheinlichsten Ursache der Beschwerden?

(A) Insulinom

(B) Insuffizienz von Nebennierenrinde oder Hypophysenvorderlappen

(C) Alkoholexzess mit Nahrungskarenz

(D) Magenentleerungsstörung infolge idiopathischer autonomer Neuropathie

(E) reaktive (postprandiale) Hypoglykämie, z.B. im Anfangsstadium eines Diabetes mellitus Typ 2

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14 Eine 75-jährige Typ-2-Diabetikerin stellt sich wegen einer ungeklärten Gewichtszu-

nahme von 15 kg über die letzten 4 Wochen bei ihrem behandelnden Internisten vor.

Dieser erhebt folgende Befunde: − Blutdruck 180/80 mmHg bds. − Gefäßgeräusch im Oberbauch links − ausgeprägte periphere Ödeme

Die Patientin berichtet, eine ophthalmologische Untersuchung, die sie regelmäßig durchführen lasse, habe vor 2 Monaten keine diabetischen oder hypertensiven Au-genhintergrundveränderungen ergeben. Ihren Diabetes habe sie mit Diät und Met-formin bisher relativ gut kontrolliert (HbA1c-Werte unter 42 mmol/mol [6,0 %]).

Die Laboruntersuchung des Blutes bzw. des Urins zeigt folgende Werte: Kalium 5,8 mmol/L Natrium 144 mmol/L Kreatinin 1,0 mg/dL Harnstoff 50 mg/dL Gesamteiweiß 45 g/L Cholesterin 420 mg/dL Leukozyten 5 200/µL Hb 116 g/L (normochrom, normozytär) Thrombozyten 186/nL Urinstix: Hb −, Protein +++, Leukozyten −

Welche Erkrankung erklärt am ehesten die plötzliche Gewichtszunahme?

(A) hypertensive renale Schädigung (Nephrosklerose) bei V.a. Nierenarteriensteno-se links

(B) Mangelernährung bei falscher Diabetesdiät

(C) IgA-Nephropathie

(D) diabetische Nephropathie

(E) membranöse Glomerulonephritis

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15 Ein 46-jähriger Patient wird zur Abklärung einer seit Monaten zunehmenden Be-

lastungsdyspnoe stationär aufgenommen. Die Röntgenaufnahme des Thorax zeigt einen unauffälligen Befund. Der Patient berichtet zudem über seit Jahren beste-hende Schmerzen der Finger, welche bei Kälte verstärkt aufträten und sich bei Wärme besserten. Eine vor wenigen Wochen wegen Schluckbeschwerden durchge-führte Untersuchung der Schilddrüse sei unauffällig gewesen. Die klinische Untersuchung zeigt digitale Ulzera an den Fingern D3 rechts und D2 und D4 links sowie eine nicht gelenkbezogene derbe Schwellung aller Finger, der Hände und der Unterarme. Zudem fallen Teleangiektasien auf. Der pulmonale Auskultationsbefund ist unauffällig. Die Lungenfunktionsprüfung ergibt eine diskrete restriktive Ventilationsstörung sowie eine Einschränkung der CO-Diffusionskapazität auf unter 60 % des altersentsprechenden Referenzwertes. Aufgrund des echokardi-ographischen Befundes wird der Verdacht auf eine erhebliche pulmonalarterielle Hypertonie geäußert. In der daraufhin durchgeführten Rechtsherzkatheteruntersu-chung bestätigt sich die pulmonalarterielle Hypertonie.

Die erste Labordiagnostik zeigt eine leicht beschleunigte BSG und ein unauffälliges Differenzialblutbild. Die PTT ist normwertig. Zudem sind antinukleäre Antikörper mit einem Titer von 1 : 2 048 sowie Antikörper gegen Zentromere nachweisbar.

Welche Diagnose trifft am wahrscheinlichsten zu?

(A) eosinophile Fasziitis

(B) Polyarteriitis nodosa

(C) Churg-Strauss-Syndrom

(D) systemische Sklerodermie

(E) Antiphospholipidsyndrom

16 Ein 35-jähriger Mann sucht nach seinem Umzug in eine andere Stadt erstmals eine

dort ansässige hausärztliche Praxis auf, weil er seit einigen Tagen unter einem re-spiratorischen Infekt leidet. Dem Allgemeinmediziner fällt auf, dass der Patient mit einem stolpernden und breitbeinigen Gang und mit ausladenden Armbewegungen das Untersuchungszimmer betritt. Der Patient hat sichtlich Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Alkoholgeruch ist nicht zu bemerken. Auch seine verbalen Äußerungen lassen den Patienten vollkommen bewusstseinsklar und nüchtern wirken.

Was lässt dieses Bild der Gangstörung am ehesten vermuten?

(A) Peroneusparese

(B) progressive Muskeldystrophie

(C) Syringomyelie

(D) zentrale Halbseitenlähmung

(E) zerebellare Ataxie

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17 Die Ehefrau eines 59-jährigen Patienten ruft Sie frühmorgens zu einem dringenden

Hausbesuch, weil sie befürchtet, ihr Mann habe einen Schlaganfall erlitten. Nach dem Aufwachen hatte er bemerkt, dass er seine rechte Hand nicht mehr bewegen konnte. Bei der Untersuchung stellen Sie fest, dass die Hand schlaff am Arm hängt. Weder die Finger noch die Hand können gestreckt werden. Faustschluss, Finger-spreizen und Fingerschließen sind jedoch möglich.

Welche der Diagnosen ist am ehesten zutreffend?

(A) akute Durchblutungsstörung des rechten Armes

(B) Karpaltunnelsyndrom

(C) Radialislähmung

(D) Tendovaginitis

(E) zervikaler Bandscheibenprolaps

18 Ein 68-jähriger Landwirt, der seit Jahrzehnten von einem niedergelassenen Allge-

meinmediziner hausärztlich betreut wird, weist über die Jahre einen langsam an-steigenden systolischen Blutdruckwert auf. Schließlich liegt dieser auch bei kurzfris-tig wiederholten Messungen stets im hypertonen Bereich mit Werten zwischen 160 und 165 mmHg. Die diastolischen Werte sind jedoch stets unauffällig und betragen zwischen 80 und 85 mmHg. Eine organische Ursache für diese Erhöhung des systoli-schen Blutdruckes lässt sich nicht eruieren, sodass der Hausarzt bei dem Patienten die Diagnose einer primären isolierten systolischen Hypertonie stellt.

Welche der Konsequenzen ergibt sich für den Patienten aus dieser Diagnosestellung am ehesten?

(A) Eine medikamentöse Behandlung ist erst dann indiziert, wenn der systolische Blutdruck in Ruhe dauerhaft die Grenze von 180 mmHg übersteigt.

(B) Der Betroffene darf keine anstrengenden körperlichen Aktivitäten mehr entfal-ten; von der Weiterführung seines landwirtschaftlichen Betriebes ist abzuraten.

(C) Es gelten die gleichen Behandlungsempfehlungen wie für die systolisch-diastolische Hypertonie.

(D) Es dürfen ausschließlich Diuretika zur Blutdrucksenkung verwendet werden.

(E) Solange keine Herzmuskelhypertrophie hinzutritt, braucht keine antihyperten-sive medikamentöse Therapie eingeleitet zu werden.

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19 Sie betreuen als Allgemeinmediziner seit Jahren eine nun 65-jährige Patientin we-

gen eines Diabetes mellitus Typ 2. Trotz Ihrer ständigen und beharrlichen Aufklä-rung ist die Patientin weiterhin mäßig übergewichtig. Eine Insulinpflichtigkeit be-steht bislang jedoch nicht. Ansonsten kennen Sie die Patientin als rüstige und agile Person, die aktiv am Leben teilnimmt. Nun sucht die Patientin Sie wegen Unter-schenkelbeschwerden auf, die sich langsam (innerhalb von Wochen) eingestellt hät-ten. Die Schmerzen träten in der Wadenmuskulatur auf, seien besonders beim Treppensteigen und Laufen schlimm und ließen nach Ausruhen nach. In der klini-schen Untersuchung sind die Gelenke frei beweglich; die Muskulatur ist kräftig und gut tonisiert. Neurologische Defizite finden sich nicht.

Welche der Erkrankungen kommt differenzialdiagnostisch vorrangig in Betracht?

(A) akute tiefe Unterschenkelvenenthrombose (Phlebothrombose)

(B) diabetischer Fuß

(C) Kaudasyndrom

(D) Lumboischialgie

(E) periphere arterielle Verschlusskrankheit

20 Wegen gelegentlichen Schwindels und Unwohlseins kommt eine 59-jährige Frau in

die Praxis ihres Hausarztes. Sie ist 172 cm groß und wiegt 94 kg. Außer L-Thyroxin 100 µg pro Tag zur Rezidivprophylaxe nach Strumaresektion vor 12 Jahren nimmt sie keine Medikamente. Der Blutdruck beträgt 140/80 mmHg. Das EKG zeigt eine Sinustachykardie von 108/min. Ein Vergleichs-EKG vom Vorjahr wies noch einen normofrequenten Sinusrhythmus auf.

Welche der Maßnahmen kommt jetzt am ehesten in Betracht?

(A) abwartendes Offenlassen und Wiedereinbestellung der Patientin zum Kontroll-EKG in 4 Wochen

(B) Anwendung niedermolekularen Heparins

(C) Bestimmung von TSH, fT3, fT4

(D) i.v. Gabe eines Betablockers

(E) notfallmäßige Einweisung in das nächstgelegene Krankenhaus

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21 Ein 35-jähriger Patient klagt seinem Hausarzt über schwere einseitige Kopfschmer-

zen, die vor allem am frühen Morgen gegen 3.00 Uhr auftreten und von denen er aufwache. Dabei ist sein Auge gerötet und tränt und seine Nase ist verstopft und läuft. Erst mit Tagesanbruch geht es ihm wieder besser und er findet Ruhe und Schlaf. Das wiederholt sich dann oft 2−3 Tage lang so. Fieber, Gewichtsverlust, Seh-störungen, Schmerzen der Kaumuskulatur oder depressive Verstimmung sind hierbei nicht aufgetreten.

Welche der Diagnosen ist vorrangig zu stellen?

(A) akuter Glaukomanfall

(B) Clusterkopfschmerz

(C) klassische Migräne

(D) Riesenzellarteriitis

(E) Spannungskopfschmerz

22 Eine 74-jährige Patientin wird nach einem sog. „Vernichtungskopfschmerz“ sehr

schläfrig und deshalb in die Notaufnahme eines Kreiskrankenhauses eingeliefert. Wegen suspekter EKG-Veränderungen diagnostiziert man einen Herzinfarkt und ver-legt sie im oberflächlichen Koma − nicht intubiert − auf die Intensivstation. Nach vier Tagen verschlechtert sich die Patientin akut in ein tiefes Koma (Glasgow Coma Scale 3), wird nach endotrachealer Aspiration notfallmäßig intubiert, beatmet und Ihnen per Hubschrauber zugewiesen. Ohne Zeitverzögerung beginnen Sie in der Kli-nik mit der apparativen Diagnostik. Die Abbildungen Nr. 4 und Nr. 5 der Bildbeilage zeigen je eine repräsentative Schicht des nativen Notfall-CTs und des Angio-CTs nach intravenöser Applikation von 100 mL Kontrastmittel.

Worauf deuten die CT-Schichten der dargestellten Befunde am ehesten hin?

(A) akute Hirnstammblutung aus einem Kavernom

(B) akuter Infarkt der A. cerebri media durch thrombembolischen Verschluss

(C) akutes Epiduralhämatom aus einem Aneurysma der A. meningea media

(D) akutes Subduralhämatom in der hinteren Schädelgrube aus einem Basilaris-aneurysma

(E) subarachnoidale und intrazerebrale Blutung aus einem Aneurysma der A. cerebri media

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23 An einem kalten Januartag bittet ein 28-jähriger Mann seinen Hausarzt zu einem

Hausbesuch, da er Fieber von 39,0 °C, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schluck-beschwerden und Schnupfen habe. Er habe schon ASS und Tee mit Rum genommen, ohne hierdurch eine Besserung seiner Beschwerden zu bewirken.

Der Hausarzt findet bei der klinischen Untersuchung bis auf einen geröteten Rachen und die erhöhte Körpertemperatur von 39,0 °C keine Besonderheiten. Es wird daher von ihm ein viraler respiratorischer Infekt vermutet, wie er derzeit häufig auftritt.

In der Nacht ruft dann die Ehefrau des Patienten beim Hausarzt an. Ihrem Mann gehe es deutlich schlechter. Er sei verwirrt, unruhig, zeitweise reagiere er auch nicht auf Ansprache. Vor ca. 1 Stunde sei er im Halbschlaf aufgestanden, sei zu-nächst über einen Stuhl gestürzt und habe dann einfach in die Ecke miktioniert.

Bei der erneuten klinischen Untersuchung findet der Hausarzt einen auch auf Schmerzreize nicht erweckbaren Mann mit Fieber um 40 °C. Die Pupillen sind ver-engt, reagieren auf Licht. Der Puls ist rhythmisch um 100/min, RR 130/70 mmHg. Es besteht ausgeprägte Nackensteifigkeit.

Auf welche der Erkrankungen fällt der Verdacht nun vorrangig?

(A) Alkoholintoxikation

(B) intrazerebrales Hämatom

(C) Meningitis

(D) Sinusvenenthrombose

(E) Subarachnoidalblutung

24 Ein 54-jähriger Landwirt stellt sich in der Notaufnahme vor, da er vor etwa einer

Stunde bei Arbeiten im Stall mit besonderer Belastung der linken oberen Extremität plötzlich einen Drehschwindel wahrgenommen habe, weiterhin habe er doppelt ge-sehen und sei gangunsicher gewesen. Diese Attacke habe nur 1−2 Minuten angehal-ten. Der Patient berichtet, dass er schon seit Wochen häufiger belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der linken oberen Extremität habe, intermittierend sei es auch in Kombination mit den Schmerzen zu einer Schwäche der Muskeln gekommen. Der Patient leidet seit 20 Jahren an einem Hypertonus, die Blutfette seien erhöht, weiterhin sei bei ihm vor 3 Jahren ein Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt worden.

Die akute neurologische Untersuchung zeigt unauffällige Befunde bis auf einen kaum tastbaren Radialispuls links.

Welche Diagnose liegt am wahrscheinlichsten bei dem Patienten vor?

(A) Thoracic-outlet-Syndrom

(B) neuralgische Schulteramyotrophie

(C) Aortenaneurysma

(D) Subclavian-steal-Syndrom

(E) Thrombose der V. jugularis interna

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25 Eine 23-jährige Patientin stellt sich vor, nachdem sie zum zweiten Mal bewusstlos

geworden ist. Das erste Ereignis trat vor etwa 6 Monaten im Rahmen eines gastroin-testinalen Infektes auf. Wegen anhaltender Diarrhöen hatte die Patientin die Zeit überwiegend im Bett verbracht und sich praktisch nur von Tee und Zwieback er-nährt. Nach Abklingen der Durchfälle kam es beim morgendlichen Aufstehen zum Schwarzwerden vor den Augen und zur Bewusstlosigkeit. Die Patientin stürzte auf die Fliesen des Badezimmers und zog sich Prellmarken an der rechten Schulter und an der Stirn zu. Über die Dauer der Bewusstlosigkeit können keine Angaben gemacht werden, zu einem Zungenbiss oder zu Einnässen sei es nicht gekommen.

Das zweite Ereignis trat während einer längeren Autofahrt auf. Die Patientin war Beifahrerin und sagte ihrem Freund, der das Auto fuhr, nach etwa 2-stündiger Fahrt, dass sie sich unwohl fühle und er eine Pause einlegen solle. Der Freund fuhr auf einen Parkplatz. Die Patientin stieg aus dem Wagen und kollabierte. Der Freund beobachtete, dass sie mit den Armen rhythmisch gezuckt habe. Sie sei allerdings nach wenigen Sekunden wieder vollkommen klar gewesen und ein Zungenbiss sei wiederum nicht aufgetreten.

Welche Diagnose ist in erster Linie zu stellen?

(A) Grand mal

(B) komplex partielle Anfälle

(C) Basilarisischämie

(D) konvulsive Synkope

(E) Narkolepsie

26 Eine 35-jährige, bisher gesunde Patientin klagt über seit 3 Tagen bestehende krib-

belnde akrale Missempfindungen der unteren und oberen Extremitäten beidseits. Seit gestern könne sie auch nur noch mit Mühe die Treppe hinaufsteigen und komme aus der Hocke nicht mehr hoch. Ihre klinisch-neurologische Untersuchung zeigt eine distal betonte Paraparese der Beine mit zwar noch gehfähiger Patientin, aber nicht mehr möglichem Fersengang, aufgehobenem Einbeinhüpfen, Unmöglichkeit des Auf-richtens aus der Hocke, ohne sensible Ausfälle. Alle Muskeleigenreflexe sind erlo-schen, die Blasenentleerung intakt. Der Liquor ist unauffällig.

Welche Erkrankung ist die wahrscheinlichste?

(A) Guillain-Barré-Syndrom

(B) klinisch isoliertes Syndrom (zervikale Myelitis) im Rahmen einer möglichen mul-tiplen Sklerose

(C) zervikale Myelonkompression (ventrale Kompression)

(D) Polyradikulitis bei Neuroborreliose

(E) Syringomyelie (zentromedulläres Syndrom)

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27 Ein 42-jähriger Patient wird über den Hausarzt in der neurologischen Ambulanz vor-

gestellt. Beschrieben werden eine progrediente Atrophie der Zungenschleimhaut, ein Verlust der Vibrationsempfindung insbes. im Bereich der Malleoli und eine lang-sam progrediente spastische Paraparese der Beine mit erstaunlicherweise nicht ein-deutig gesteigerten Muskeleigenreflexen. Das Romberg-Zeichen sei bei dem Patien-ten positiv gewesen. Die Ehefrau des Patienten berichtet, dass der Ehemann para-noide Gedanken geäußert habe. In der Labordiagnostik sei beim Hausarzt eine me-galozytäre hyperchrome Anämie festgestellt worden.

Welche Diagnose liegt mit größter Wahrscheinlichkeit vor?

(A) alkoholische Polyneuropathie

(B) B12-Avitaminose mit funikulärer Myelose

(C) alkoholtoxische Enzephalopathie

(D) metastatischer Prozess im Bereich des Hippokampus

(E) progrediente Herpes-simplex-Enzephalitis

28 Eine 56-jährige Patientin stellt sich vor wegen zunehmender Durchschlafstörungen.

Sie gibt an, dass sie nahezu regelhaft zwischen 2 und 3 Uhr nachts aufwache wegen eines Umschnürungsgefühles im Bereich der Beine. Sie habe auch das Gefühl, die Muskeln würden sich verkrampfen, ohne dass dies sichtbar sei. Sie könne dann nicht im Bett bleiben, sondern müsse umherlaufen. Tagsüber habe sie eigentlich keine Probleme. Schwierig sei es für sie allerdings, wenn sie ein längeres Konzert oder das Theater besuche. Dann würde sie auch Missempfindungen im Bereich der Beine nach etwa 2 Stunden bekommen.

Welche Therapie ist hier in erster Linie indiziert?

(A) Chinin

(B) Citalopram

(C) Doxepin

(D) Pramipexol

(E) Sulpirid

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29 Eine 44-jährige Patientin klagt seit einigen Tagen über heftige Kopfschmerzen. Die

Kopfschmerzen seien im Liegen nicht vorhanden, sondern insbesondere dann, wenn sie sich aufsetze oder längere Zeit stehe. Neben den Kopfschmerzen kommt es zu einer Nackensteifigkeit, einem Tinnitus, manchmal zu einer Hypakusis, zu einer Photophobie und zu einem leichten Übelkeitsgefühl. Sie verbringe zurzeit den Tag eigentlich liegend im Bett oder auf dem Sofa. Zweimal habe sie jetzt beim längeren Stehen im Rahmen der Kopfschmerzattacke auch ein Sehen von Doppelbildern be-merkt.

Die neurologische Untersuchung, durchgeführt bei der liegenden Patientin, erbringt unauffällige Befunde.

Welche Diagnose liegt bei dieser Patientin mit größter Wahrscheinlichkeit vor?

(A) Liquorunterdrucksyndrom

(B) Trigeminusneuralgie

(C) intrakranielle Drucksteigerung

(D) Tolosa-Hunt-Syndrom

(E) Spannungskopfschmerz

30 Eine 72-jährige Patientin berichtet, dass sie am Tag zuvor für jeweils etwa eine

Minute auf dem rechten Auge erblindet sei. Kopfschmerzen seien nicht mit dabei gewesen. Sie habe einen hohen Blutdruck, eine Hypercholesterinämie und einen Typ-2-Diabetes. Der neurologische Befund ist jetzt unauffällig.

Welche Diagnostik ist in dieser Situation am wichtigsten?

(A) Ophthalmodynamographie

(B) Ableitung der optisch evozierten Potentiale

(C) Messung des Blutdrucks an beiden Armen

(D) MRT des Gehirns

(E) Doppler-Sonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Halsgefäße

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31 Eine 41-jährige, Ihnen aufgrund einer episodisch verlaufenen Schizophrenie gut be-

kannte Patientin, berichtet, dass sie aufgrund ihres psychischen Wohlbefindens die verordnete Langzeitmedikation vor ca. 5 Monaten abgesetzt habe. Sie sei sich nun unsicher, ob dies der richtige Schritt gewesen sei, da seit einigen Tagen „spirituelle Kräfte“ wieder aktiv seien und versuchten, sie in ihre Einflusssphäre zu bringen. Diese Kräfte hätten sich bereits großer Teile ihrer Gedankenwelt, ihres Wollens und Handelns bemächtigt, sodass davon kaum noch „Eigenes“ für sie übrig geblieben sei. So habe sie sich auch kaum getraut, sich in den letzten zwei Tagen schlafen zu legen, um nicht vollständig von den „spirituellen Kräften“ in Besitz genommen zu werden und als willenloses Objekt wie ein roboterhaftes Wesen vor sich hin zu le-ben.

Das vorliegende psychopathologische Symptom lässt sich am ehesten einordnen als

(A) Ich-Störung

(B) illusionäre Verkennung

(C) zönästhetische Halluzination

(D) Wahnwahrnehmung

(E) Zerfahrenheit

32 Ein 65-jähriger Patient berichtet über eine seit 3 Jahren bestehende depressive

Verstimmung. Zunehmend habe er Schmerzen in beiden Schultergelenken und ent-lang der Wirbelsäule. Das Schreiben falle ihm zunehmend schwerer, die Buchstaben seien deutlich kleiner geworden. Bei Aufregung verspüre er einen Tremor in der rechten Hand.

Welche Diagnose liegt mit größter Wahrscheinlichkeit vor?

(A) idiopathisches Parkinson-Syndrom

(B) M. Alzheimer

(C) essenzieller Tremor

(D) Multisystematrophie

(E) Wegener-Granulomatose

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33 Ein Patient erleidet eine distale Radiusfraktur. Initial findet sich eine Hypästhesie

im Versorgungsgebiet des N. medianus. Es erfolgt die Reposition der Radiusfraktur in störungsfreier Anästhesie und Anlage eines Gipsverbandes. Die Gefühlsstörungen im Bereich des N. medianus sind nach der Reposition rückläufig und nach 1 Woche nicht mehr nachweisbar.

Um welche der folgenden Nervenschädigungen hat es sich bei der von Ihnen gefun-denen Sensibilitätsstörung am wahrscheinlichsten gehandelt?

(A) Axonotmesis

(B) Neurapraxie

(C) Neurotmesis

(D) Neurom

(E) Waller-Degeneration

34 Ein 45-jähriger Patient mit einer schweren depressiven Episode ohne psychotische

Symptome wird Ihnen zur stationären Weiterbehandlung zugewiesen. Bei dem Pati-enten sind aus der Vorgeschichte sowohl einige depressive als auch mehrere schwe-re manische Episoden bekannt. Von Seiten seines Hausarztes ist der Patient, der seit einem halben Jahr keine Psychopharmaka mehr eingenommen hatte, seit 5 Ta-gen mit 40 mg des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Citalopram anbe-handelt worden.

Welche der unten angeführten psychopharmakologischen Behandlungsstrategien sollte in erster Linie vereinbart werden?

(A) keine Änderung der bisherigen Medikation

(B) Kombination der bestehenden Citalopram-Medikation mit Tranylcypromin

(C) Umsetzen der bestehenden Citalopram-Medikation auf Amitriptylin

(D) Kombination der bestehenden Citalopram-Medikation mit Valproat

(E) Kombination der bestehenden Citalopram-Medikation mit Clozapin unter Beach-tung der erforderlichen Blutbildkontrollen

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35 Ein 12-jähriges Mädchen wurde Opfer eines schweren Verkehrsunfalls, bei dem der

Vater verstarb und die Mutter eine Querschnittslähmung erlitt. Das Mädchen trug nur leichte Verletzungen davon. In der Folge zeigte es sich antriebsgemindert, apa-thisch, hatte Schlafstörungen und verweigerte das Essen. Im Kontakt mit Verwand-ten war das Mädchen teilweise raptusartig aggressiv. Episodisch zeigte es Desorien-tiertheit und war wie in Trance. Es wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.

Was gehört typischerweise am wenigsten zur Kernsymptomatik?

(A) intrusive Bilder

(B) Übererregbarkeit

(C) Rückzug und Vermeidung

(D) dissoziales Verhalten

(E) dissoziative Symptome

36 In der Ambulanz stellt sich die 29-jährige Frau M. mit seit 12 Wochen progredien-

ten, für sie sehr quälenden, sich aufdrängenden Gedanken vor, sich im Kontakt mit anderen Menschen, aber auch Objekten zu beschmutzen. Sie selbst erlebe die Ge-danken als unsinnig, könne sie jedoch nicht unterdrücken. In letzter Zeit sei hinzu-gekommen, dass sie, wenn sie solche Gedanken habe, nun auch ein gewisses Ritual absolvieren müsse, was ihren Alltag erheblich belaste und sie sehr einschränke.

Welche Aussage bezüglich der beschriebenen Symptomatik und deren Behandlung ist richtig?

(A) Die Patientin leidet an einer Symptomatik, die sich für gewöhnlich erst nach dem 50. Lebensjahr manifestiert.

(B) Die beschriebene Symptomatik tritt ausschließlich in Kombination mit Tic-Störungen auf.

(C) An der obigen Symptomatik erkranken mehr Männer als Frauen.

(D) Pharmakotherapeutisch können bei der obigen Symptomatik sogenannte Mood-Stabilizer die Prognose deutlich verbessern.

(E) Bei der obigen Symptomatik finden sich häufig Komorbiditäten mit depressiven Erkrankungen bzw. Angsterkrankungen.

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37 Eine 62-jährige Patientin wird Ihnen von der Abteilung Innere Medizin zugewiesen,

da bei der dort durchgeführten ausführlichen Diagnostik keine die Beschwerden der Patientin erklärenden Befunde erhoben werden konnten. Die Patientin gibt an, dass sie seit mehreren Jahren in wechselnder Intensität unter Unterleibsschmerzen mit häufigen Durchfällen und Brennen beim Wasserlassen leide. Oft bereite ihr schon der Anblick gewisser Speisen Ekel und löse einen Brechreiz aus, sodass sie deswegen ihre Ernährung komplett habe umstellen müssen. Weiterhin leide sie an Schmerzen im unteren Brustwirbelbereich, an den gesamten unteren Gliedern der Extremitä-ten, insbesondere im Ansatzbereich der Sehnen, und an einer allgemeinen Muskel-schwäche. Schon bei ganz geringfügigen alltäglichen Verrichtungen verspüre sie eine Kurzatmigkeit und ein Schwindelgefühl. Sie habe schon die verschiedensten Spezialisten aufgesucht, die jedoch ihre Beschwerden bisher nie erfolgreich hätten behandeln können. Man habe sie nun in die hiesige Klinik für Psychiatrie und Psy-chotherapie überwiesen, wobei sie jedoch nicht glaube, hier am richtigen Platz zu sein, da ihre Beschwerden nicht psychischer Art seien. Prinzipiell sei sie ein fröhli-cher, unternehmungslustiger und an vielen Dingen interessierter Mensch; nur in der letzten Zeit sei sie nicht mehr so richtig in der Lage, ihr Leben aktiv und sorglos zu gestalten, was aufgrund der geschilderten körperlichen Beschwerden und der bisher frustran verlaufenen Diagnostik und Therapieversuche nachvollziehbar sei.

Die Verdachtsdiagnose (nach ICD-10) lautet am ehesten:

(A) hypochondrische Störung

(B) mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom

(C) Somatisierungsstörung

(D) anhaltende somatoforme Schmerzstörung

(E) dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen

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38 Ein 24 Jahre alt gewordener Mann wurde tot in seiner völlig verwahrlosten Wohnung

aufgefunden. Den Behörden war er schon als langjährig intravenös Drogenabhängi-ger bekannt. Bei der rechtsmedizinischen Obduktion der Leiche ergaben sich keine pathologisch-anatomischen Befunde, die den Tod unmittelbar erklären könnten. Toxikologisch fand sich ein deutlicher Hinweis auf eine Heroinüberdosierung. Die histologische Untersuchung des Gehirns zeigte multiple kleine unscharf begrenzte und zumeist perivenös angeordnete Entmarkungsherde in den Großhirnmarklagern mit Infiltraten aus mononukleären Makrophagen sowie einigen mehrkernigen Zellen, wie in Abbildung Nr. 2 der Bildbeilage gezeigt.

Welche Aussage trifft am ehesten zu?

(A) Es handelt sich um eine typische toxische Leukenzephalopathie, verursacht durch chronischen Heroinabusus.

(B) Die mehrkernigen Riesenzellen entsprechen Riesenzellen vom Langhans-Typ; eine zerebrale Tuberkulose ist anzunehmen.

(C) Es handelt sich um typische mehrkernige Riesenzellen bei einer HIV-Enzephalitis, die durch Fusion HIV-infizierter Monozyten entstehen.

(D) Es liegt eine Zytomegalievirus-Infektion des ZNS vor.

(E) Unabhängig vom intravenösen Drogenabusus hat sich eine postinfektiöse En-zephalomyelitis mit perivasalen Entmarkungsherden entwickelt.

39 Eine im Alter von 58 Jahren an amyotropher Lateralsklerose erkrankte Patientin

starb nach 1-jährigem Krankheitsverlauf mit rasch zunehmenden Lähmungen an einer beidseitigen eitrigen und abszedierenden Aspirationspneumonie.

Welcher pathologische Befund liegt bei dieser Patientin am wahrscheinlichsten vor und erklärt am besten die Entstehung dieser Form der Lungenentzündung?

(A) Rarefikation der Neurone des Motorkortex

(B) subpial und subkortikal betonte Gliose und Markfaserrarefikation

(C) Rarefikation der Neurone in den Kerngebieten der Hirnnerven IX und XII

(D) Rarefikation der Nervenzellen in den Vorderhörnern des Rückenmarks

(E) Degeneration der Vorder- und Seitenstränge des Tractus pyramidalis

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40 Eine junge Frau im Alter von 30 Jahren stellt sich in Ihrer Praxis mit rezidivierend

auftretenden Hautrötungen, Diarrhö und asthmaähnlichen Anfällen vor. In letzter Zeit fühle sie sich außerdem nicht leistungsfähig. Die körperliche Untersuchung der Patientin ergibt ein abgeschwächtes Atemgeräusch rechts basal.

Welche der folgenden Untersuchungen ist zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose „Karzinoidsyndrom“ am wenigsten geeignet?

(A) Bestimmung der 5-Hydroxyindolessigsäure im 24-Stunden-Urin

(B) Bestimmung der Vanillinmandelsäure im 24-Stunden-Urin

(C) Bronchoskopie

(D) Computertomographie Thorax/Abdomen

(E) Somatostatin-Rezeptorszintigraphie

41 Ein 68-jähriger Mann stellt sich in Ihrer Praxis mit zunehmender Luftnot vor. Aus der

Berufsanamnese wissen Sie, dass der Patient 30 Jahre im Bergbau tätig war. Die kli-nische Untersuchung des Patienten ergibt ein abgeschwächtes Atemgeräusch im Be-reich der rechten Thoraxhälfte, die Perkussion eine deutliche Dämpfung in diesem Bereich. Nach Erstellung einer Röntgenaufnahme des Thorax zeigt sich eine homo-gene Verschattung mit einer nach lateral ansteigenden Spiegelbildung des rechten basalen Hemithorax. Unter dem Verdacht eines Pleuraergusses führen Sie nach sonographischer Kontrolluntersuchung eine Punktion des Ergusses durch. Die laborchemische Untersuchung des Ergusses ergibt ein Gesamteiweiß von 45 g/L und ein Verhältnis des Gesamteiweißes im Pleuraerguss zum Gesamteiweiß im Serum von 0,7.

Welche Verdachtsdiagnose trifft in diesem Fall am wahrscheinlichsten zu?

(A) Chylothorax

(B) Leberzirrhose

(C) Linksherzinsuffizienz

(D) nephrotisches Syndrom

(E) Pleuramesotheliom

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42 Als diensthabendem Arzt in der Notaufnahme einer Klinik wird Ihnen durch den Not-

arzt ein 65-jähriger Patient mit seit Langem bekannter arterieller Hypertonie ein-gewiesen, der durch akut einsetzende heftigste Thoraxschmerzen auffiel. Der Not-arzt registrierte außerdem eine Blutdruckdifferenz zwischen linkem und rechtem Arm. Während des Transports in die Klinik kam es zum Blutdruckabfall (90/40 mmHg) mit Tachykardie (130 Schläge/min) und Stauung der Halsvenen. Auskultato-risch sind leise Herztöne sowie ein neu aufgetretenes diastolisches Herzgeräusch zu hören.

Welche der folgenden Differenzialdiagnosen trifft in diesem Fall am wahrschein-lichsten zu?

(A) akute Aortendissektion

(B) akuter Myokardinfarkt

(C) Aortenklappenstenose

(D) Bandscheibenvorfall

(E) Lungenembolie

43 Bei einer 18-jährigen Patientin mit Verdacht auf Pneumonie fallen auf einem Tho-

raxröntgenbild neben einer Vergrößerung des linken Ventrikels beidseits zahlreiche Rippenusuren auf. Auf Befragen gibt die Patientin eine Belastungsdyspnoe an, die Lunge stellt sich im Röntgenbild unauffällig dar.

Welcher weitere radiologische Befund würde zu der vorliegenden Erkrankung am besten passen?

(A) Vergrößerung des linken Vorhofes

(B) Vergrößerung der rechtsseitigen Herzhöhlen

(C) Verkalkung der Aortenklappe

(D) Verschmälerung der Aorta ascendens

(E) Einziehung der proximalen Aorta descendens

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44 Ein 28-jähriger, bisher gesunder, sportlich aktiver Mann klagt in letzter Zeit über

eine, wenn auch geringe Belastungsdyspnoe.

Bei einer sportlichen Betätigung verspürt er plötzlich einen schneidenden Schmerz zwischen den Schulterblättern, der sich nach kurzer Zeit bessert, sich jedoch später in die unteren Extremitäten fortleitet. Der Patient zeigt eine zunehmende Schock-symptomatik mit Oligurie und klagt über Bauchschmerzen. Im EKG finden sich Zei-chen einer Linksherzhypertrophie und einer globalen Ischämie.

Welche Diagnose ist am wahrscheinlichsten?

(A) familiäre Kardiomyopathie mit Status embolicus

(B) periphere arterielle Thrombembolie mit ulzeropolypöser bakterieller Endokar-ditis

(C) frischer Myokardinfarkt bei familiärer Hypercholesterinämie

(D) Marfan-Syndrom mit Aortenklappeninsuffizienz und Aneurysma dissecans

(E) globale Herzinsuffizienz bei akuter rheumatischer Myokarditis

45 Eine 65-jährige schlanke Patientin (Größe 170 cm, 60 kg, BMI 21 kg/m2) wendet sich

wegen zunehmender Müdigkeit und auffallender Blässe an ihren Hausarzt. Aufgefal-len sei ihr in den vergangenen Tagen erstmalig das Absetzen von schwarzem Stuhl, Durchfall liege aber nicht vor. Die Patientin ist Raucherin (30 Pack years) und trinkt nach eigenen Angaben 1−2 Gläser Rotwein pro Abend. Wegen anhaltender Rücken-schmerzen nimmt sie seit 6 Monaten unregelmäßig 2−3 Tabletten eines NSAR (nichtsteroidales Antirheumatikum) ein, ansonsten aber keine weiteren Medikamen-te. Sie leide außerdem seit ca. 2 Wochen unter „gastritischen Beschwerden“, die zu wiederholten z.T. heftigen Brechreizanfällen führten, bei denen aber nur Schleim zu Tage komme.

Aufgrund des schwarzen Stuhls und eines erniedrigten Hämoglobinwertes von 88 g/L vermutet der Hausarzt eine obere gastrointestinale Blutung und überweist die Pati-entin an einen Gastroenterologen.

Welche Verdachtsdiagnose trifft am ehesten zu?

Es handelt sich um

(A) eine Fundusvarizenblutung

(B) einen M. Crohn

(C) ein Magenulkus infolge von NSAR-Einnahme

(D) ein Mallory-Weiss-Syndrom

(E) ein Pankreaskopfkarzinom

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46 Ein 75-jähriger Patient mit bekannten Herzrhythmusstörungen klagt seit einigen

Stunden über heftige Bauchschmerzen. Da die Bauchschmerzen jetzt besser gewor-den seien, möchte der Patient die Notfallaufnahme verlassen. Die körperliche Un-tersuchung zeigt ein geblähtes Abdomen mit diffusem leichtem Druckschmerz ohne Peritonismus. Darmgeräusche sind nicht auskultierbar. Die Blutwerte zeigen eine Leukozytose und eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins. Der Patient hat in der Notfallaufnahme einmal blutig abgeführt.

Welche der folgenden Diagnosen ist am wahrscheinlichsten?

(A) Divertikulitis

(B) Mesenterialinfarkt

(C) Pankreaskarzinom

(D) Pankreaspseudozyste

(E) Zystikusverschlussstein

47 Eine 20-jährige Patientin kommt mit seit dem Vortage bestehenden, zunehmend

progredienten Unterbauchschmerzen und Unwohlsein in die Notaufnahme. Kurz nach Beginn der Schmerzen berichtet die Patientin über Übelkeit und einmaliges Erbrechen. Ähnliche Beschwerden hatte die Patientin noch nie zuvor, Dysurie und Diarrhö werden verneint. Die letzte normale Menstruation endete vor 1 Woche und die Patientin verneint hier Auffälligkeiten in der Vergangenheit. Die Patientin ver-hütet mittels Intrauterinpessar. Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich eine Patientin in leicht reduziertem Allgemein- und schlankem Ernährungszustand mit warmer Haut, gemessen wird eine Körpertemperatur von 38,2 °C rektal. Bei der Palpation findet sich ein Druck-schmerz mit Punctum maximum im rechten Unterbauch, geringfügig auch links mit geringer Abwehrspannung rechts. Auskultatorisch finden sich spärliche Darmgeräu-sche. Die rektale Untersuchung ergibt einen Druckschmerz nach rechts. Ein Portio-schiebeschmerz ist nicht auslösbar. Blutdruck, Puls und Atemfrequenz sind regel-recht. Die Laboruntersuchung zeigt eine Leukozytose und eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins.

Bei der Sonographie findet sich im Douglas-Raum wenig freie Flüssigkeit. Die Nieren stellen sich regelrecht dar, ohne Aufstau. Die Gallenblase stellt sich steinfrei dar, kein Aufstau der extrahepatischen Gallenwege. Die Adnexe stellen sich beidseits ohne pathologischen Befund dar.

Welche ist die wahrscheinlichste Diagnose?

(A) Adnexitis

(B) Appendizitis

(C) Cholezystitis

(D) Pyelonephritis

(E) Sigmadivertikulitis

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Fallstudien

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Fallstudie Nr. I Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 48 bis 62. Der 53-jährige Herr Wolfgang S. stellt sich zum wiederholten Male bei seinem Hausarzt vor, nachdem er zunehmende Blutauflage-rungen auf dem Stuhl und Blut auf dem Toilettenpapier bemerkt hat. Weiterhin hat er ein verstärktes Druckgefühl beim Stuhl-gang bemerkt. Diese Symptomatik hatte er bereits bei der ersten Konsultation vor 12 Monaten dem Hausarzt geschildert, die Be-schwerden waren jedoch damals wie dann auch später zwischendurch immer auf das Hämorrhoidalleiden geschoben worden.

Herr S. ist 182 cm groß und 93 kg schwer (BMI 28 kg/m2). Als zusätzliche Erkrankung ist eine Mitralstenose zu erwähnen, bei im Echokardiogramm nachgewiesener normaler Auswurffraktion. Vor 2 Jahren erlitt Herr S. unter Belastung passagere Herzrhythmus-störungen bei intermittierendem Vorhof-flimmern. Es erfolgte daraufhin eine kurze Antikoagulationstherapie; wegen leichter pektanginöser Beschwerden nimmt Herr S. Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg täglich. An sportlichen Aktivitäten werden Fahrradfah-ren und Schwimmen unternommen. Herr S. ist in seinem Beruf als Versicherungskauf-mann voll leistungsfähig, er ist Nichtrau-cher, trinkt gelegentlich eine Flasche Bier oder einen Viertelliter Wein, es besteht keine diabetische Stoffwechsellage. In sei-ner Familie sind Krebserkrankungen, insbe-sondere kolorektale Karzinome, nicht be-kannt.

Die Untersuchung des Hausarztes zielt jetzt auf eine sofortige Rektoskopie, nachdem bisher die Hämorrhoidenbehandlung mit Zäpfchen und Salben im Vordergrund ge-standen hat. Es ist bei Herrn S. die erstma-lige Darmspiegelung; er sah bislang keinen Anlass zu einer solchen Untersuchung. Emp-fehlungen zu einer Darmuntersuchung wa-ren ihm zwar bekannt, wegen berichteter Unannehmlichkeiten aber von ihm abge-lehnt worden.

Bei der rektoskopischen Untersuchung er-gibt sich der in Abbildung Nr. 17 der Bild-beilage dargestellte Befund. Das entnom-mene Biopsat ergibt histologisch die Diag-nose eines mittelgradig differenzierten Adenokarzinoms des Rektums.

Herr S. wird zur operativen Behandlung in eine Klinik überwiesen, in der die Untersu-chungen komplettiert werden. Bei der dort vorgenommenen rektalen digitalen Unter-suchung ist der Tumor in Höhe von 9 cm ab ano tastbar. Zur diagnostischen Sicherung der Tumorhöhe wird eine erneute Rek-toskopie durchgeführt, die das vorherige Ergebnis bestätigt. Des Weiteren wird eine Endosonographie durchgeführt.

Das MRT des Beckens und des Abdomens zeigt ein die Rektumwand durchwandern-des Karzinom mit Infiltration des perirekta-len Fettgewebes ohne Infiltration von Blase oder Beckenwand und ohne offensichtliche Lymphknotenvergrößerungen. In der Leber und paraaortal sind keine Metastasen zu erkennen.

Die ergänzende Koloskopie gelingt trotz des subtotal stenosierenden Tumors, es findet sich in der Höhe von 30 cm ab ano ein ge-stielter Polyp, der zunächst verbleibt, um dann im Rahmen der geplanten Operation entfernt zu werden. In dem restlichen Dickdarm sind keine weiteren Karzinome oder Polypen nachzuweisen.

Aufgrund der Diagnose wird dem Patienten eine neoadjuvante Radiochemotherapie empfohlen, die insgesamt 2 Monate in An-spruch nimmt. Diese Therapie verträgt Herr S. sehr gut, unter laufender allgemeinme-dizinischer und laborchemischer Kontrolle. Nach Abschluss der neoadjuvanten Therapie erfolgt eine nochmalige Rektoskopie. Die Operation wird als anteriore Rektumresek-tion mit protektivem Anus praeter durchge-führt. Die Operationsvorbereitungen beste-hen unter anderem in Abführmaßnahmen und einer orthograden Spülung mit insge-samt 3 L Trinklösung.

Präoperative Laborwerte (auszugsweise):

Leukozyten 5 460/µL Hb 155 g/L CRP 13 mg/L Kreatinin 1,0 mg/dL CEA 8 µg/L

Präoperativ erhält Herr S. eine Antibioti-kaprophylaxe als sogenannten Single-Shot

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aus Mezlocillin und Metronidazol. Der Ope-rationsverlauf gestaltet sich technisch ohne Komplikationen, die Operation dauert 240 min. Der Blutverlust beträgt etwa 1 000 mL, ein Volumendefizit wird ausge-glichen, Herr S. wird extubiert auf die In-tensivstation verlegt. Die histologische Di-agnose des entnommenen Präparates lau-tet: ypT3, N0, M0, G2.

Nach der postoperativen Kreislaufstabilisie-rung auf der Intensivstation entwickelt Herr S. am 5. postoperativen Tag Temperaturen von 39 °C, eine Herzfrequenzsteigerung auf 140/min und eine Tachyarrhythmie, eine Pneumonie und eine diabetische Stoffwech-sellage mit Blutzuckerwerten bis zu 300 mg/dL, eine Leukozytose von 15 000/µL, ein CRP von 320 mg/L und ein Procalcitonin von 15 µg/L (Referenzwert < 0,5 µg/L). Dies erfordert eine intensiv-medizinische Behandlung und eine gründli-che Ursachenforschung. Diese postoperati-

ven Komplikationen werden beherrscht, die Bauchwunde verheilt ohne Infektion, der Anus praeter, der als Ileostoma angelegt wurde, funktioniert einwandfrei, und Herr S. kann die Klinik nach 3 Wochen verlassen.

Er unterzieht sich einem festgelegten Nach-sorgeprogramm mit Laborkontrollen, Sono-graphie- und CT-Untersuchungen. Die Ver-sorgung des protektiven Ileostomas bereitet Herrn S. wegen einer vermehrten Produkti-on von Stuhlflüssigkeit Schwierigkeiten. Zwei Monate nach Entlassung gerät er bei einem Serumkreatinin von 2,5 mg/dL in eine Niereninsuffizienz, die einen Kranken-hausaufenthalt erfordert.

Die Rückverlagerung des Ileostomas erfolgt 6 Monate nach der Primäroperation mit einer nachfolgenden Wundinfektion, die konservativ beherrscht werden kann. Herr S. ist in den folgenden Monaten beschwer-defrei.

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48 Nachdem Herr S. mit seinem Hämorrhoidalleiden und der geschilderten Be-schwerdesymptomatik erstmals den Hausarzt aufgesucht hatte, war welche Un-tersuchung als erstes indiziert?

(A) Koloskopie

(B) Computertomographie des Beckens

(C) rektale digitale Untersuchung

(D) Magnetresonanztomographie des Beckens

(E) Rektoskopie

49 Mit welcher Frage hätte der Hausarzt ein Symptom erfragen können, das am stärksten auf ein kolorektales Karzinom hinweist?

Eine Frage nach

(A) stechenden Schmerzen während der Defäkation

(B) Analpruritus

(C) Veränderung des Stuhlverhaltens

(D) Schmerzen beim Wasserlassen

(E) Gewichtszunahme

50 Der Befund der bei Herrn S. durchgeführten Rektoskopie ist auf Abbildung Nr. 17 der Bildbeilage wiedergegeben.

Worum handelt es sich bei dem Befund von Herrn S. am ehesten?

(A) hereditäres kolorektales Karzinom ohne Polyposis

(B) Karzinom auf dem Boden eines Adenoms

(C) Spätkomplikation einer Colitis ulcerosa des Rektums

(D) szirrhöses Karzinom

(E) Karzinom bei Gardner-Syndrom

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51 Bei Herrn S. wurde eine Endosonographie durchgeführt.

Welcher Zweck wird generell mit der Endosonographie vorrangig verfolgt?

(A) Grading des Tumors

(B) Differenzierung von Ulkus-Karzinom und Polypen-Karzinom

(C) Feststellung der Artdiagnose

(D) Einschätzung der T-Klassifikation nach UICC

(E) genaue Lokalisation des Karzinoms ab ano

52 Herr S. fragt nach der Prognose seiner Erkrankung.

Welche 5-Jahres-Überlebensrate ist in Bezug auf das bei Herrn S. diagnostizierte Tumorstadium am ehesten anzunehmen?

(A) über 90 %

(B) 60−70 %

(C) 40−50 %

(D) 20−30 %

(E) unter 10 %

53 Bei Herrn S. wurde eine neoadjuvante Radiochemotherapie durchgeführt.

Welche Aussage zur neoadjuvanten Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms trifft am ehesten zu?

(A) Sie dient generell der Vermeidung von Lokalrezidiven.

(B) Sie kann generell keine Minderung des Tumorstadiums ermöglichen.

(C) Sie beeinflusst grundsätzlich nicht die Operabilität des Tumors.

(D) Sie erfolgt bei Herrn S. unter palliativer Zielsetzung.

(E) Sie gilt in dem vorliegenden Fall als Voraussetzung für eine sphinktererhaltende Operation.

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54 Herr S. hat wegen seiner vorangegangenen pektanginösen Beschwerden Acetyl-salicylsäure (ASS) 100 mg eingenommen. Vor dem operativen Eingriff wird ein Umsetzen auf ein niedermolekulares Heparin diskutiert.

Welche Aussage trifft in diesem Zusammenhang am ehesten zu?

(A) ASS bewirkt eine irreversible Enzymhemmung in den Thrombozyten.

(B) ASS bewirkt eine Thrombozytenaggregationshemmung, die durch die Gabe von Antithrombin III beseitigt werden kann.

(C) Die Wirkung von ASS auf die Thrombozyten kann durch Vitamin K aufgehoben werden.

(D) Die Wirkung von ASS auf die Thrombozyten wird durch das niedermolekulare Heparin übernommen.

(E) ASS sollte aufgrund der Anamnese intraoperativ durch Phenprocoumon ersetzt werden.

55 Der Pathologe hat an anderer Stelle des entnommenen Operationspräparates einen Polypen untersucht und in diesem ein Carcinoma in situ diagnostiziert.

Durch welche der folgenden Angaben wird dieser histologische Befund am bes-ten charakterisiert?

(A) Die Submukosa ist nicht infiltriert.

(B) Der Tumor hat die Submukosa infiltriert, die Muscularis propria ist intakt.

(C) Der Tumor hat die Muscularis propria durchbrochen, die Serosa ist intakt.

(D) Der Tumor penetriert die Serosa, eine Infiltration benachbarter Strukturen liegt jedoch nicht vor.

(E) Eine Aussage über die Tumorinfiltration kann anhand dieses Befundes nicht ge-troffen werden.

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56 Die operative Vorgehensweise bei Herrn S. heißt sphinktererhaltende, tiefe an-teriore Rektumresektion. In der onkologischen Chirurgie sind bestimmte Richtli-nien einzuhalten.

Welche Aussage zur Operation von Herrn S. trifft am wenigsten zu?

(A) Es werden neben der Resektion des tumortragenden Rektums zusätzlich die Lymphknoten im Lymphabflussgebiet des Tumors mit entfernt.

(B) Das gesamte Mesorektum wird entfernt.

(C) Es gilt das Lymphabflussgebiet entlang der A. mesenterica superior zu erfassen.

(D) Zur Beurteilung des Lymphknotenstatus (N-Klassifikation nach UICC) müssen mindestens 12 Lymphknoten untersucht werden.

(E) Das bei Herrn S. diagnostizierte Tumorstadium erlaubt eine Resektion mit kura-tiver Zielsetzung.

57 Am 5. postoperativen Tag kommt es bei Herrn S. zu einem Temperaturanstieg.

An welche Ursache ist dabei in erster Linie zu denken?

(A) reaktive Temperaturerhöhung nach langer Operationszeit und Unterkühlung

(B) Insuffizienz der Rektumanastomose

(C) maligne Hyperthermie

(D) interstitielle Urozystitis als Begleitreaktion der ausgedehnten Rektumresektion

(E) allgemeine, nicht infektbedingte Entzündungsreaktion aufgrund der vorangegan-genen Radiochemotherapie

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58 Bei Herrn S. wurde am 5. postoperativen Tag ein erhöhter CRP-Wert gemessen.

Welche Aussage zu dieser Erhöhung trifft am ehesten zu?

(A) Das hohe CRP ist durch die vermehrte CRP-Freisetzung aus dem verbleibenden Rektum zu erklären.

(B) Das erhöhte CRP ist typisch für eine akute virale Infektion des Respirationstrak-tes.

(C) Das erhöhte CRP ist eine typische Reaktion auf die neoadjuvante Radio-chemotherapie.

(D) Das erhöhte CRP spricht für eine Sepsis.

(E) Das erhöhte CRP ist ein Hinweis auf eine ödematöse Begleitpankreatitis.

59 Herr S. entwickelt postoperativ eine Pneumonie. Diese Komplikation kann sich innerhalb von 48 Stunden zu einem Adult Respiratory Distress Syndrom (ARDS) entwickeln.

Welche Aussage zum ARDS trifft generell am wenigsten zu?

(A) Ein ARDS ist häufig eine kardial bedingte Komplikation, z. B. aufgrund einer Tachyarrhythmie.

(B) Ein ARDS ist durch beidseitige Verschattungen im Röntgenbild gekennzeichnet.

(C) Das frühe Stadium eines ARDS ist häufig durch eine Hyperventilation gekenn-zeichnet.

(D) Im Falle einer Hypoxie sollte mit niedrigem Spitzenbeatmungsdruck beatmet werden.

(E) Die Kombination von ARDS, Nierenversagen und Leberversagen ist typisch.

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60 Nach der Entlassung unterzieht sich Herr S. einem regelmäßigen Nachsorgepro-gramm.

Welche Untersuchung spielt dabei die wichtigste Rolle?

(A) Bestimmung des CEA

(B) Bestimmung des AFP

(C) Sonographie der Leber in vierwöchigen Abständen

(D) Abdomen-CT alle 2 Monate

(E) Bestimmung des CA 19−9

61 Beim Herrn S. besteht kein Anhalt für Fernmetastasen.

Im Falle von Metastasen kämen beim metastasierenden Rektumkarzinom ver-schiedene Chemotherapeutika in Betracht.

Welches der folgenden Chemotherapeutika eignet sich am besten zur oralen Gabe?

(A) 5-Fluorouracil

(B) Irinotecan

(C) Oxaliplatin

(D) Bevacizumab

(E) Capecitabin

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62 Bei Herrn S. bestand aufgrund seiner Familienanamnese kein Anhalt für eine genetische Ursache seines Karzinoms. Hingegen stellt das Lynch-Syndrom (HNPCC-Syndrom) eine hereditäre Form des Kolonkarzinoms dar.

Nach welchem der folgenden extraintestinalen Tumoren müsste dann innerhalb der Familie vorrangig gefahndet werden?

(A) Bronchialkarzinom

(B) Nebennierenrindenkarzinom

(C) C-Zell-Karzinom der Schilddrüse

(D) Hypophysenadenom

(E) Endometriumkarzinom

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Fallstudie Nr. II Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 63 bis 77. Die 35-jährige Frau W. F. stellt sich wegen Müdigkeit, Leistungsminderung und allge-meiner Abgeschlagenheit bei ihrem Haus-arzt vor. Die Symptome bestünden seit einigen Tagen, vorher habe sie sich immer fit und leistungsfähig gefühlt. Vor ca. einer Woche habe sie − wie auch ihre Kinder − eine Durchfallepisode durchlaufen. Der Durchfall sei nicht blutig gewesen, aber sie habe mehrmals auf dem Toilettenpapier hellrotes Blut bemerkt. Zudem habe sie sowieso öfter Juckreiz und Brennen in der Analgegend. Aber inzwischen sei der Durch-fall abgeklungen und sie ernähre sich wie-der normal. Über ihre Essgewohnheiten befragt, gibt Frau F. an, des Öfteren Fleisch in rohem oder halbrohem Zustand (z.B. Tartar) zu verzehren.

Anamnese Bei Frau F. sind keine schwerwiegenden Vorerkrankungen bekannt, die Familien-anamnese ist unauffällig. Das einzige Er-wähnenswerte sei, nach Aussage von Frau F., eine anfallsartig auftretende schmerz-hafte Blassfärbung der Finger beider Hände gewesen, die sie vor allem bei Kälte ver-spürt habe. Diese Symptomatik habe sich aber in letzter Zeit gebessert. Frau F. ist verheiratet und hat 2 gesunde Kinder im Alter von 11 und 13 Jahren. Aktuelle Medikation: orales Kontrazepti-vum, Vitamin-C-Präparat, gelegentlich ASS wegen Kopfschmerzen. Sie ist Raucherin (15 pack years), Alkoholkonsum wird von ihr verneint.

Körperlicher Untersuchungsbefund Die Patientin befindet sich in gutem Allge-meinzustand und übergewichtigem Ernäh-rungszustand, BMI 29,4 kg/m2 (Körper-gewicht 80 kg, Körpergröße 165 cm), RR 155/95 mmHg beidseits, Herzfrequenz 82/min. Das Abdomen ist weich, es beste-hen kein Ikterus, keine Ödeme.

Der Hausarzt veranlasst bei Frau F. zu-nächst eine Blutabnahme zur Bestimmung verschiedener Laborparameter und bestellt die Patientin 5 Tage später wieder in seine Praxis ein, um sie über die Ergebnisse der

Laboruntersuchung zu informieren.

Laborbefund I (Auszug) Kalium (S) 3,4 mmol/L Natrium (S) 140 mmol/L Kreatinin (S) 1,4 mg/dL Leukozyten 6 500/µL Hb 100 g/L Thrombozyten 75/nL Urinteststreifen: unauffällig GFR (nach Cockcroft-Gault) ca. 71 mL/min

Der Blutdruck der Patientin wird jetzt mit 160/100 mmHg gemessen, Herzfrequenz 88/min. Außerdem liegen diskrete Knöchel-ödeme vor. Der Hausarzt verordnet ihr zu-nächst einen Betablocker (Bisoprolol). Die Kontrolle der Laborparameter wird um-gehend veranlasst.

Laborbefund II (Auszug) Kalium (S) 4,6 mmol/L Natrium (S) 140 mmol/L Kreatinin (S) 1,8 mg/dL Leukozyten 7 500/µL Hb 93 g/L Thrombozyten 53/nL Urinteststreifen: unauffällig

Nach Eingang der Laborbefunde (2 Tage später) wird Frau F. über die Ergebnisse telefonisch benachrichtigt und zur stationä-ren Behandlung in eine internistische Klinik eingewiesen.

Aufnahmebefund Bei der stationären Aufnahme am nächsten Morgen zeigt sich die Patientin sehr abge-schlagen, außerdem hat sie leichtes Nasen-bluten. Sie berichtet über neu aufgetretene Zahnfleischblutungen beim Zähneputzen. Der arterielle Blutdruck beträgt beidseits 160/105 mmHg, HF 88/min. Herztöne rein und rhythmisch, Lunge auskultatorisch un-auffällig. Abdomen ohne Druckdolenz, Le-ber unter dem rechten Rippenbogen, Milz nicht vergrößert tastbar, Lymphknoten nicht palpabel. Es bestehen ein leichter Ikterus sowie mäßige Knöchelödeme beid-seits. Neurologischer Status orientierend unauffällig.

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Laborbefund bei stationärer Aufnahme (Auszug) Kalium (S) 5,3 mmol/L Natrium (S) 140 mmol/L Kreatinin (S) 2,2 mg/dL Bilirubin, gesamt (S) 2,5 mg/dL AST (S) 40 U/L ALT (S) 35 U/L Leukozyten 8 500/µL Hb 89 g/L Thrombozyten 43/nL Urinteststreifen: unauffällig Haemoccult®-Test: positiv direkter Coombs-Test: negativ Aufgrund der o.a. sowie zusätzlich be-stimmter Laborparameter wird bei Frau F. zunächst eine hämolytische Anämie diag-nostiziert.

Ruhe-EKG Tachykarder Sinusrhythmus mit einer Fre-quenz von 100 Schlägen/min, sonst unauf-fällig

Abdomensonographie Nieren beidseits leicht vergrößert, gering verdichtetes Parenchym

Am Abend der Klinikaufnahme wird durch die Analyse eines Blutausstriches der Pati-entin die Diagnose „hämolytisch-urämisches Syndrom“ (HUS) gestellt (siehe Abbildung Nr. 14 der Bildbeilage). Auf eine Nierenbi-opsie wird bei Frau F. verzichtet.

Differenzialdiagnosen: Diarrhö-assoziiertes HUS Kontrazeptivum-induziertes HUS

Bei Frau F. wird das orale Kontrazeptivum abgesetzt und unverzüglich eine Therapie eingeleitet. Außerdem wird die antihyper-tensive Therapie durch Zugabe eines Diure-tikums (Torasemid) zu dem bereits verab-reichten Betablocker (Bisoprolol) intensi-viert. In den Stuhlproben der Patientin werden keine HUS-spezifischen Erreger nachgewie-sen. 10 Tage nach Therapiebeginn werden so-wohl normotone Blutdruckwerte (unter fortbestehender Medikation) als auch eine

weitgehende Besserung der Laborparameter erreicht.

Laborbefund nach Therapie Kalium (S) 4,3 mmol/L Kreatinin (S) 1,2 mg/dL Leukozyten 6 500/µL Hb 98 g/L Thrombozyten 220/nL LDH (S) 320 U/L Bilirubin, gesamt (S) 1 mg/dL

Nach weiteren 5 Tagen kann die Patientin aus der Klinik entlassen werden. Das Diure-tikum wird abgesetzt, der Betablocker als Langzeitmedikation beibehalten. Die Pati-entin wird aufgefordert, regelmäßige am-bulante Kontrollen durchführen zu lassen. Außerdem wird ihr dringend angeraten, das Rauchen einzustellen und ihr Körpergewicht zu reduzieren. Zur Kontrazeption wird Frau F. die Einlage eines IUP empfohlen.

Ein halbes Jahr nach der Entlassung aus der internistischen Klinik wird bei Frau F. wäh-rend einer Kontrolluntersuchung eine per-sistierende Hypertonie (Werte um 150/80 mmHg) festgestellt. Sie erklärt dem behandelnden Arzt, dass sie unter der Me-dikation „total müde“ geworden sei und die Tabletten deshalb eigenständig abgesetzt habe. Sie raucht weiterhin, ihr Körpergewicht liegt jetzt bei 85 kg.

Laborbefund (nach ½ Jahr) Kalium (S) 3,4 mmol/L Natrium (S) 140 mmol/L Kreatinin (S) 1,7 mg/dL Hb 111 g/L Urin: pH 6,0; spezif. Gewicht: 1 020 g/L Urinteststreifen: Hb −, Proteinurie +++ (stark), Leukozyten −

Eine nun bei der Patientin durchgeführte Nierenbiopsie erbringt folgenden Befund: renale Defektheilung nach HUS, Nephro-sklerose (siehe Abbildung Nr. 15 der Bild-beilage). Die Patientin wird erneut darauf hingewiesen, dass es durch Rauchen und Hypertonie zu einer weiteren Verschlechte-rung der Nierenfunktion kommen kann.

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63 Bei der ersten vom Hausarzt veranlassten Laboruntersuchung fiel bei Frau F. zunächst ein erniedrigter Hämoglobinwert auf.

Welche der folgenden Diagnosen wäre bei einer jungen Frau wie Frau F. ohne Kenntnis der später erhobenen Befunde am ehesten in Erwägung zu ziehen?

(A) autoimmunhämolytische Anämie durch Kälteagglutinine (IgM)

(B) Eisenmangelanämie

(C) megaloblastäre Anämie (Folsäuremangel)

(D) renale Anämie

(E) Sichelzellanämie

64 Die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) kann entweder durch Clearance-Methoden gemessen oder anhand der Serumkreatinin-Konzentration abgeschätzt werden. Zum Zeitpunkt der ersten Laboruntersuchung liegt bei Frau F. die geschätzte GFR (nach Cockcroft-Gault) bei ca. 71 mL/min.

Welcher der folgenden Werte wäre bei der Bestimmung der GFR einer gesunden Frau im Alter von Frau F. am ehesten zu erwarten?

(A) ca. 35 mL/min

(B) ca. 60 mL/min

(C) ca. 100 mL/min

(D) ca. 250 mL/min

(E) ca. 400 mL/min

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65 Das von Frau F. beklagte leichte Nasenbluten kann durch die bei ihr vorliegende Hypertonie zusammen mit der diagnostizierten Thrombozytopenie bedingt sein.

Welche der folgenden Blutungen sind am typischsten für eine ausgeprägte Thrombozytopenie?

(A) diffus verteilte Petechien

(B) Gelenkblutungen

(C) großflächige Sugillationen

(D) massive gastrointestinale Blutungen

(E) Muskelhämatome

66 Im Rahmen der erweiterten Labordiagnostik, die bei Frau F. bei Aufnahme in die internistische Klinik veranlasst wurde, sind neben den in der Fallbeschreibung explizit aufgeführten Laborparametern noch andere hämatologische bzw. kli-nisch-chemische Kenngrößen bestimmt worden.

So wurde bei Frau F. unter anderem ein weiterer Marker gemessen, dem hohe Aussagekraft als empfindlichem Parameter der intravaskulären Hämolyse zuge-sprochen wird.

Um welchen Parameter handelt es sich am wahrscheinlichsten?

(A) alkalische Phosphatase

(B) C-reaktives Protein

(C) D-Dimere

(D) Haptoglobin

(E) PTT

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67 Außerdem wurden bei der Patientin im Rahmen der erweiterten Labordiagnostik bei der Aufnahmeuntersuchung LDH (S), indirektes Bilirubin (S), Serumeisen und die Anzahl der Retikulozyten im Blut bestimmt.

Welche Befundkonstellation ist für die hämolytische Anämie von Frau F. am wahrscheinlichsten?

(A) LDH, indirektes Bilirubin und Retikulozytenzahl erhöht

(B) Retikulozytenzahl und direktes Bilirubin erhöht, LDH im Normbereich

(C) Hämoglobin, Retikulozytenzahl und Serumeisen erniedrigt

(D) Retikulozytenzahl erniedrigt, LDH und direktes Bilirubin erhöht

(E) LDH erhöht, indirektes Bilirubin und Retikulozytenzahl im Normbereich

68 Bei Frau F. fiel der im Rahmen der Anämie-Diagnostik durchgeführte fäkale Okkultblut-Test (Haemoccult®-Test) positiv aus.

Wie ist dieses Ergebnis bei der Patientin am wenigsten zu erklären?

(A) Einnahme eines Vitamin-C-Präparates

(B) Hämorrhoidalblutung

(C) Nasenbluten

(D) Verzehr rohen Fleisches

(E) Zahnfleischblutungen

69 Zur weiteren Differenzialdiagnose der hämolytischen Anämie wurde bei Frau F. in der Klinik ein direkter Coombs-Test durchgeführt. Dieser Test fiel bei Frau F. negativ aus.

Bei welcher der folgenden Erkrankungen wäre dieser Test am wahrscheinlichsten positiv gewesen?

(A) autoimmunhämolytische Anämie vom Wärmetyp

(B) Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel

(C) hereditäre Elliptozytose

(D) hereditäre Sphärozytose

(E) Sichelzellanämie

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70 Der diensthabende Arzt stellte die Diagnose hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) durch die Analyse eines Blutaustriches der Patientin.

Auf der Abbildung Nr. 14 der Bildbeilage ist der entsprechende Blutausstrich dargestellt. Worum handelt es sich bei den durch die Kreismarkierung umschlos-senen, für diese Erkrankung typischen Zellformen am wahrscheinlichsten?

(A) Akanthozyten

(B) Dakryozyten

(C) Drepanozyten

(D) Fragmentozyten

(E) Megalozyten

71 Differenzialdiagnostisch muss bei Frau F. zwischen einem Diarrhö-induzierten und einem Kontrazeptivum-induzierten hämolytisch-urämischen Syndrom unter-schieden werden. Bei der Stuhluntersuchung konnten keine auf ein HUS hinwei-senden Erreger nachgewiesen werden.

Bestimmte Serotypen welches der folgenden Erreger kämen als Auslöser für ein HUS im Anschluss an eine Diarrhö am ehesten in Betracht?

(A) Clostridium perfringens

(B) Escherichia coli

(C) Leptospiren

(D) Rota-Viren

(E) Yersinia enterocolitica

72 Welches/r der folgenden bei Frau F. beschriebenen Symptome/Befunde gehört am wenigsten zu dem typischen Erscheinungsbild eines hämolytisch-urämischen Syndroms?

(A) arterielle Hypertonie

(B) hämolytische Anämie

(C) periphere Ödeme

(D) Raynaud-Syndrom

(E) Thrombozytopenie

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73 Aufgrund der klassischen klinischen Konstellation des HUS bei Frau F. konnte bei Vorliegen einer Kontraindikation auf eine Nierenbiopsie zur Abklärung der rena-len Beteiligung zunächst verzichtet werden.

Welcher der bei Frau F. vorliegenden Befunde stellt am ehesten eine Kontrain-dikation für die perkutane Nierenbiopsie dar?

(A) Hyperkaliämie

(B) Hypertonie

(C) Thrombozytopenie

(D) reduzierte GFR

(E) Übergewicht

74 Auf Abbildung Nr. 16 der Bildbeilage ist das histologische Ergebnis der Nieren-biopsie eines anderen Patienten mit HUS dargestellt.

Welche der folgenden Aussagen dazu trifft am ehesten zu?

Der histologische Befund zeigt

(A) eine Bildung von Mikrothromben aus Plättchen und Fibrin in Glomeruluskapilla-ren

(B) eine diffuse Proliferation der Mesangiumzellen der Glomeruli mit einer Zunahme der mesangialen Matrix

(C) eine diffuse Verdickung der Kapillarwände der Glomeruli durch Kalkablagerun-gen

(D) eine nekrotisierende extrakapilläre Proliferation der Glomerulusepithelien mit sog. Halbmondbildung

(E) eine Proliferation von Endothel- und Mesangiumzellen sowie Infiltration des Glomerulus durch Granulozyten und Monozyten

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75 Nach Sicherung der Diagnose eines HUS wird bei Frau F. unverzüglich mit der Behandlung begonnen, da ein rechtzeitiger Beginn für Therapieerfolg und Prog-nose der Erkrankung von entscheidender Bedeutung ist. Dabei entscheiden sich die behandelnden Ärzte für eine weitgehend etablierte Therapiemaßnahme.

Um welche der folgenden Maßnahmen handelt es sich dabei am wahrscheinlichs-ten?

(A) Gabe von Breitbandantibiotika

(B) hochdosierte Heparingabe

(C) Plasmapherese mit Ersatz durch Gefrierplasma (GFP)

(D) Splenektomie

(E) Vitamin-B12-Substitution

76 Außer dem bei Frau F. vorliegenden HUS gibt es eine weitere Erkrankung, die der Gruppe der mikroangiopathischen hämolytischen Anämien zugeordnet wird.

Um welches der folgenden Krankheitsbilder handelt es sich dabei am ehesten?

(A) disseminierte intravasale Koagulation (DIC)

(B) Evans-Syndrom

(C) idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP)

(D) Purpura Schoenlein-Henoch

(E) thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)

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77 Ca. ein halbes Jahr nach der stationären Behandlung von Frau F. wurden im Rah-men der regelmäßigen ambulanten Kontrolle erneut Veränderungen in den Blut- und Urinbefunden sowie eine persistierende Hypertonie festgestellt.

Welche der folgenden Funktionsstörungen der Niere lässt sich aufgrund der Vor-geschichte und anhand dieser aktuellen Befunde am wahrscheinlichsten diagnos-tizieren?

(A) akute postinfektiöse Glomerulonephritis

(B) chronische Niereninsuffizienz

(C) nephrotisches Syndrom

(D) rapid progressive Glomerulonephritis

(E) renale tubuläre Azidose

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Fallstudie Nr. III Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 78 bis 92. Herr Milan C., 72 Jahre alt, stellt sich we-gen zunehmender Luftnot beim Arzt vor. Die Luftnot trete inzwischen schon bei ge-ringen körperlichen Belastungen auf, z.B. müsse er beim Treppensteigen auf halber Höhe stehen bleiben. Auch müsse er Pausen einlegen, wenn er sich wasche. Diese Be-schwerden bestünden seit einigen Monaten, Luftnot habe er auch beim flachen Liegen, deshalb schlafe er mit 2 Kopfkissen. Husten habe er „seit Jahren“ unverändert, dabei ein wenig Auswurf, der gelblich verfärbt sei.

In der Vorgeschichte sind zu erwähnen: Anterolateralinfarkt (vor 15 Jahren), opera-tive Koronarrevaskularisation (als 4-facher Bypass; 6 Monate danach), Hyperlipoprote-inämie, Diabetes mellitus Typ 2 (seit 15 Jahren bekannt), sowie hochgradige Karo-tisstenosen beidseits.

In Ruhe (beim Sitzen im Sessel und während der Nacht) habe er keine Missempfindungen in der Brust, bei Anstrengung und auftre-tender Luftnot habe er druckartige Be-schwerden in der linken Brusthälfte, aber keine Schmerzen wie vor 15 Jahren. Er ha-be anhaltend „dicke Beine“, nachts müsse er 2- bis 3-mal zur Toilette. Der Appetit sei weitgehend erhalten, dennoch habe er im letzten halben Jahr 8 kg abgenommen. An Medikamenten nehme er ein Mononitrat so-wie Metoprolol, Acetylsalicylsäure, Metfor-min und Simvastatin.

Berufs- und Sozialanamnese (auszugsweise)

Aufgewachsen ist Herr C. im ehemaligen Jugoslawien, er lebt seit knapp 30 Jahren in Deutschland, jedoch immer noch mit starken Verständigungsschwierigkeiten. Er lebt mit seiner Ehefrau allein in einer klei-neren Wohnung, 8 erwachsene Kinder sind außer Haus. Auf Nachfrage berichtet er von einer wechselvollen beruflichen Tätigkeit, so habe er nach der Schule im Hochbau gearbeitet, ohne spezielle Berufsausbil-dung. Nach der Einreise nach Deutschland habe er bei verschiedenen Tiefbaufirmen gearbeitet und Rohre verlegt. Seit seinem Herzinfarkt beziehe er eine Erwerbsunfä-higkeitsrente. Das Inhalationsrauchen habe

er erst vor einigen Wochen beendet, die Exposition beträgt ca. 50 Pack years.

Klinischer Untersuchungsbefund (auszugsweise)

Sicht- und hörbare Belastungsluftnot (beim An- und Auskleiden). Lippenzyanose, leich-te Fingernagelzyanose, zusätzlich ausge-prägte Trommelschlägelfinger und Uhrglas-nägel. Körpergröße 163 cm, Gewicht 60 kg. Mund und Rachenraum unauffällig, keine Soorbeläge. Prominente Halsvenen. Über den Karotiden beidseits Strömungsgeräu-sche. Keine Struma, über den zentralen Atemwegen kein Stridor. Thorax seiten-gleich beatmet. Über den Lungenabschnit-ten sonorer Klopfschall, leises Vesikulär-atmen, kein Giemen, kein Pfeifen. Über beiden Mittel- und Unterfeldern lateral und dorsal endinspiratorisches Knistern, das auch nach Hustenstoß verbleibt. Herzaktion regulär, 2/6 Systolikum über Erb und aorta-ler Ausflussbahn, auffallend betonter 2. Herzton mit Punctum maximum über dem 2. Interkostalraum links. Blutdruck 140/90 mmHg. Bauchdecken weich, kein Aszites. Leber 2 Querfinger in der Medi-oklavikularlinie unter dem rechten Rippen-bogen palpabel, keine tastbar vergrößerte Milz. Nierenlager nicht klopfschmerzhaft. Rektale Untersuchung unauffällig.

Bei den Laborwerten finden sich keine kli-nisch relevanten Auffälligkeiten.

Lungenfunktionsanalysen (auszugsweise)

Mittelschwere restriktive Ventilationsstö-rung. Messung der CO-Diffusionskapazität nicht möglich, Herr C. kann nicht die erfor-derlichen 15 Sekunden lang den Atem an-halten.

Arterielle Blutgasanalysen

Unter Ruhebedingungen bei starker Hyper-ventilation: beginnend schwergradige Hypoxämie, die mit 2 L/min Sauerstoff aus-geglichen werden kann. Im 6-Minuten-Geh-test werden nur 240 m (Richtwert: > 350 m) erreicht. Dabei entwickelt sich eine schwerstgradige Hypoxämie mit einem pO2 von nur 46,6 mmHg (schwergradige Diffusi-onsstörung); pCO2 stets zwischen 32 und

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36 mmHg; pH zwischen 7,39 und 7,43. Wäh-rend der Nacht unter kontinuierlicher Sau-erstoffzufuhr von 2 L/min sehr gute durch-schnittliche Sauerstoffsättigung.

EKG

(siehe Abbildungen Nr. 12 und Nr. 13 der Bildbeilage)

Bildgebende Verfahren

Röntgenaufnahme des Thorax: Die p.-a. Aufnahme ist auf Abbildung Nr. 11 der Bild-beilage dargestellt.

HRCT: Bild einer ausgedehnten Lungen-fibrose mit segmental betonter milchglasar-tiger Dichteanhebung, vor allem in den Un-terlappen. In den Oberlappen Zeichen des Lungenemphysems. Im Bereich der Unter-felder Bronchiektasen.

Echokardiographie (auszugsweise)

Schwere pulmonale Hypertonie. Leicht ein-geschränkte linksventrikuläre Pumpfunkti-on.

Rechtsherzkatheteruntersuchung

In Ruhe bereits schwere pulmonalarterielle Hypertonie mit einem pulmonalarteriellen Mitteldruck (PAMP) von 45 mmHg. Nach Sauerstoffapplikation von 6 L/min keine signifikante Senkung. Bei einer Belastung von nur 20 Watt Anstieg des PAMP auf 61 mmHg. Unter Ruhebedingungen grenz-wertige Erhöhung des Wedgedrucks auf 12 mmHg, bei Belastung Anstieg auf 18 mmHg.

Bronchoskopie

Außer Zeichen der chronischen atrophi-schen Bronchitis makroskopisch keine Auf-fälligkeiten. Wegen der pulmonalen Hyper-tonie ist eine transbronchiale Lungenbiop-sie kontraindiziert.

Bronchoalveoläre Lavage (BAL)

Deutlich erhöhte Gesamtzellzahl und relativ erhöhte Zahl neutrophiler Granulozyten. Keine Lymphozytose, keine Eosinophilie.

Zusammenfassende Diagnosen

Idiopathische Lungenfibrose mit restriktiver Ventilationsstörung, schwerer Diffusionsstö-rung, Hypoxie und schwerer sekundärer pulmonaler Hypertonie. Koronare Dreige-fäßkrankheit mit Zustand nach ACVB (aortokoronarer Venenbypass) und leicht eingeschränkter systolischer Pumpfunktion. Diabetes mellitus.

Therapie und Prozedere

Fortführung der kardialen Therapie mit Mononitrat retard, Metoprolol, Acetylsali-cylsäure und einem Lipidsenker. Intensivie-rung der kardialen Therapie mit Furosemid und Spironolacton. Einleitung einer Thera-pie mit Prednisolon. In Bezug auf eine Sau-erstofftherapie wird eine Entscheidung ge-troffen. Die Therapie mit Metformin wird fortgeführt. Geplant ist eine Kontrolle der Befunde, insbesondere der Lungenfibrose und der pulmonalen Hypertonie, nach 4 Wochen. Bei fehlender Besserung kommt ein Einsatz weiterer Medikamente infrage.

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78 Bei Herrn C. liegt eine pulmonale Hypertonie vor.

In die Definition der pulmonalen Hypertonie geht in erster Linie mit ein:

(A) eine Hypertrophie des rechten Ventrikels

(B) ein erhöhter pulmonalarterieller Mitteldruck unter Belastung

(C) eine Erhöhung des zentralen Venendrucks in Ruhe (im Liegen)

(D) eine Blutdruckerhöhung im kleinen Kreislauf postkapillär der Lungenkapillaren

(E) das Vorliegen einer Rechtsherzinsuffizienz

79 Herr C. hatte im Aufnahmebefund einige typische Symptome einer pulmonalen Hypertonie.

Zu den typischen Symptomen einer langjährigen pulmonalen Hypertonie gehört generell am wenigsten:

(A) Orthopnoe

(B) Unterschenkelödeme

(C) Übelkeit

(D) vergrößerte Leber

(E) Aszites

80 Bei Herrn C. wurden im Rahmen der körperlichen Untersuchung Uhrglasnägel festgestellt.

Uhrglasnägel können auch bei anderen Erkrankungen auftreten.

Für welche der folgenden Erkrankungen sind sie am typischsten?

(A) maligne Lungenerkrankungen (z.B. Bronchialkarzinome)

(B) Hypophysenadenome (z.B. Prolaktinom, Akromegalie)

(C) mitochondriale Erkrankungen (z.B. chronisch progressive Ophthalmoplegie)

(D) chronische Nebennierenrindeninsuffizienz (z.B. M. Addison)

(E) chronische Niereninsuffizienz (z.B. diabetische Nephropathie, Analgetikaneph-ropathie)

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81 Die Zusammenschau der Blutgasanalysen von Herrn C. lässt sich am treffendsten wie folgt bewerten:

(A) Normalbefund

(B) respiratorische Alkalose

(C) respiratorische Azidose

(D) respiratorische Globalinsuffizienz

(E) respiratorische Partialinsuffizienz

82 Das Ruhe-EKG von Herrn C. (siehe Abbildungen Nr. 12 und Nr. 13 der Bildbeila-ge) wurde in der Klinik befundet.

Welche Angabe war in diesem Befund am wahrscheinlichsten zu finden?

(A) Linkstyp

(B) AV-Block I. Grades

(C) P pulmonale

(D) Sinustachykardie

(E) Rechtsschenkelblock

83 Bei Herrn C. wurde eine Spirometrie durchgeführt.

Welcher Befund ist am wahrscheinlichsten zu erwarten?

(A) Verringerung der relativen Einsekundenkapazität

(B) Verringerung der Resistance

(C) Erhöhung der statischen pulmonalen Compliance

(D) Verringerung der Vitalkapazität

(E) Erhöhung des Residualvolumens

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84 Herr C. erhält Prednisolon.

Welche der unten aufgeführten Nebenwirkungen ist für die Therapie mit Prednisolon generell am typischsten?

(A) Dysphorie

(B) Haarausfall

(C) arterielle Hypotonie

(D) Hyperkaliämie

(E) Thrombopenie

85 Die Ursache der Lungenfibrose ließ sich bei Herrn C. letztendlich nicht klären. Im Rahmen der Anamneseerhebung wurde diesbezüglich jedoch gezielt gefragt.

Welche der unten aufgeführten Fragen ist diesbezüglich am wenigsten geeignet?

Eine Frage nach

(A) Arbeit in der Landwirtschaft

(B) Kontakt mit Vögeln

(C) Tätigkeit in der Holzverarbeitung

(D) Arbeit mit Methanol

(E) Arbeit mit Isocyanat

86 Herr C. erhält nach der Beendigung des stationären Aufenthaltes einen ambulan-ten Termin zur Verlaufskontrolle.

Welches der unten aufgeführten Medikamente käme bei Herrn C. zusätzlich im Falle fehlender Besserung in erster Linie in Betracht?

(A) Amiodaron

(B) Azathioprin

(C) Interferon beta

(D) Bleomycin

(E) Busulfan

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87 Im weiteren Krankheitsverlauf könnte sich die Notwendigkeit ergeben, Herrn C. ein Medikament zur Senkung des pulmonalarteriellen Mitteldrucks zu verab-reichen.

Welches der unten aufgeführten gefäßaktiven bzw. antihypertensiven Medika-mente wird zur Senkung des pulmonalarteriellen Mitteldrucks vorrangig einge-setzt?

(A) Clonidin

(B) Prazosin

(C) Sildenafil

(D) Tamsulosin

(E) Urapidil

88 Ein Bestandteil der Therapie von Herrn C. ist Spironolacton.

Welche der unten aufgeführten Nebenwirkungen ist bei der Gabe von Spirono-lacton generell am häufigsten?

(A) Hyperglykämie

(B) Hyperkaliämie

(C) Hyperkalzämie

(D) Hypermagnesiämie

(E) Hyperurikämie

89 Bei Herrn C. wurde eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt.

Der sogenannte Verschlussdruck (wedge pressure) liefert dabei in erster Linie Auskünfte über

(A) den Druck im linken Vorhof

(B) den Druck im rechten Ventrikel

(C) den Druck im rechten Vorhof

(D) den pulmonalarteriellen Mitteldruck

(E) den zentralen Venendruck

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90 Wie lässt sich die pulmonale Hypertonie bei Herrn P. pathogenetisch am besten erklären?

(A) bronchiale Entzündung, bronchiale Hyperreaktivität, endobronchiale Obstruktion

(B) Mukushypersekretion, verstärkte Aktivität von Proteasen

(C) Ausbildung von Granulomen und lokal begrenzte Vaskulitis

(D) Vasokonstriktion, Entstehung von Mikrothrombosen und Umbauprozesse

(E) Infiltration durch eosinophile Granulozyten, Freisetzung von Proteaseinhibitoren

91 Bei Herrn C. war über eine Sauerstofftherapie zu entscheiden.

Welche Aussage hierzu trifft am ehesten zu?

(A) Im Fall einer Sauerstoffgabe ist bei Herrn C. langfristig mit einem deutlichen Abfall des arteriellen CO2-Partialdrucks zu rechnen.

(B) Im Fall einer Sauerstoffgabe ist bei Herrn C. langfristig mit einem Anstieg des pulmonalarteriellen Mitteldrucks zu rechnen.

(C) Im Fall einer Sauerstoffgabe ist bei Herrn C. langfristig mit einer deutlichen Verbesserung der Vitalkapazität zu rechnen.

(D) Bei Herrn C. besteht aufgrund der erhobenen Befunde im Hinblick auf Sauer-stofftherapie eine Kontraindikation.

(E) Der Sauerstoff ist bei Herrn C. täglich und möglichst kontinuierlich zu verabrei-chen.

92 Zur treffenden Befundung des Röntgenbildes von Herrn C. (siehe Abbildung Nr. 11 der Bildbeilage) gehört in erster Linie welche der folgenden Angaben?

(A) Auf dem Bild ist eine Einengung des Retrosternalraumes zu erkennen.

(B) Die Segmentarterien sind im Vergleich zu den zentralen Lungenarterien erwei-tert.

(C) Eine Verschmälerung des Pulmonalisbogens ist zu erkennen.

(D) Das Bild zeigt eine betonte Herztaille.

(E) Es liegt eine beidseitige retikuläre Zeichnungsvermehrung in der Lunge vor.

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Fallstudie Nr. IV Die nachfolgende Fallbeschreibung gehört zu den Aufgaben 93 bis 107. Der 2½-jährige Silvio T. wird im Herbst 2004 auf Veranlassung seines Kinderarztes in der Spezialsprechstunde für neuromusku-läre Erkrankungen einer Universitätskinder-klinik vorgestellt. „Zur Begutachtung“ schlägt der niedergelassene Pädiater eine Muskeldystrophie oder die spinale Muskel-atrophie vom Typ Kugelberg-Welander (Typ III) vor. Der Verdacht auf eine derartige Erkrankung ergab sich aus einem ungelen-ken Gangbild und einer erheblich erhöhten Konzentration der Kreatinkinase im Blut-serum des Jungen. Silvio ist das zweite Kind eines nicht ver-wandten Ehepaares italienischer Herkunft. Seine Eltern und die 5-jährige Schwester sind im Wesentlichen gesund. Zur sonstigen Familienanamnese berichtet die Mutter auf Befragen, dass ihr Bruder mit 16 Jahren an einer „Muskelschrumpfung“ verstorben sei; ihre Schwester sei gesund. Silvio selbst ha-be sich nach einer unauffälligen Neugebo-renenperiode problemlos, wenn auch nicht besonders schnell entwickelt. Er sei nur wenig gekrabbelt. Im Alter von 18 Monaten habe er zu laufen begonnen und erste Wor-te gesprochen. Mit dem Sprechen komme er nur langsam voran, was die Mutter auf die Zweisprachigkeit ihrer Familie zurückführt. Vor einigen Wochen sei dem Kinderarzt Silvios ungeschickter Gang aufgefallen; daraufhin habe er das Blut des Kleinen un-tersuchen lassen. Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich ein freundlicher Junge in gutem Allge-mein- und Ernährungszustand; Größe mit 93,5 cm, Gewicht mit 14 kg und Kopfum-fang mit 51 cm jeweils innerhalb der Altersnorm (50.−75. Perzentile). Das Kind spricht sehr wenig, versteht und befolgt aber einfache Aufforderungen. Haut und Schleimhäute, Hals, Brust- und Bauchraum regelrecht. Gelenke frei beweglich. Ner-vensystem und Muskulatur mit folgenden Befunden: Nervenaustrittspunkte am Kopf frei. Regelrechte Bulbo- und Pupillomoto-rik, keine Schwäche der mimischen Musku-latur. Müheloses Heben der Arme über die Horizontale; sicheres Greifen beidseits mit der gesamten Hand. Muskeltonus der Beine relativ niedrig mit Valgusstellung in den

Sprunggelenken; feste Konsistenz der Wa-den. Staksiges Gangbild; bei schnellerem Gehen leichtes Trendelenburg-Zeichen. Aufstehen vom Boden und Hochkommen aus dem Liegen nur mit Mühe möglich. Keine pathologischen Muskelkontraktionen; kein Nachweis von Sensibilitätsstörungen. Seh- und Hörvermögen unauffällig. Eine orientierende Blutuntersuchung ergibt bei Silvio die folgenden pathologischen Befunde: CK 33 390 U/L, AST (GOT) 465 U/L, ALT (GPT) 846 U/L. Im Blutserum der Mutter werden bei einer vergleichenden Untersuchung folgende Enzymkonzentrationen festgestellt: CK 422 U/L, AST (GOT) 22 U/L, ALT (GPT) 40 U/L. Aus den erhobenen Befunden ergibt sich die Arbeitsdiagnose einer erblichen Muskeldys-trophie. Dem nun anstehenden kurzen Kli-nikaufenthalt des Jungen zur eingehende-ren Diagnostik stimmt Frau T. sofort zu, wobei sie offenbar den Gedanken an eine gravierende Erkrankung ihres Sohnes noch nicht wahrhaben will.

Während des stationären Aufenthaltes des Jungen erfolgen umfangreichere Blutunter-suchungen mit folgenden Ergebnissen: CK 29 562 U/L, CK-MB 935 U/L AST (GOT) 411 U/L, ALT (GPT) 621 U/L LDH 1 935 U/L Kalzium (gesamt) 2,8 mmol/L Innerhalb des Referenzbereiches liegen die Serumkonzentrationen von γ-GT, AP, CRP, Natrium, Kalium, Magnesium, Chlorid, Phosphat, Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, Troponin I (cTnI) und TSH, ebenso die Glu-kosekonzentration im Blut, die Konzentra-tionen von Laktat und Ammoniak sowie die Werte der Gerinnungsparameter im Plasma, die BSG sowie das rote und weiße Blutbild. Eine Spezialdiagnostik mit Bestimmung der Plasmakonzentrationen von Gesamtcarni-tin, Acylcarnitin und freiem Carnitin ergibt Normalwerte. Eine Sonographie der Extremitätenmuskula-tur lässt keinen sicher pathologischen Be-fund erkennen. Echokardiographie und EKG liefern regelrechte Ergebnisse.

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Die molekulargenetische Suche nach Dele-tionen erbringt nicht den Nachweis einer krankheitstypischen Deletion auf dem kur-zen Arm des X-Chromosoms. Daraufhin wird eine Muskelbiopsie anbe-raumt: Eine präoperative Elektromyo-graphie zeigt laut Befundbericht Aktivi-tätsmuster, die mit einem myopathischen bzw. muskeldystrophischen Prozess gut vereinbar sind, nicht aber typische Zeichen einer neurogenen Läsion. Anschließend wird ein Biopsat aus dem M. vastus lateralis ent-nommen. Ein histopathologischer Schnitt des Muskels ist auf Abbildung Nr. 18 der Bildbeilage dargestellt. Immunhistologisch wird an diesem Gewebe die Verdachtsdiag-nose einer Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) bestätigt (siehe Abbildung Nr. 19 der Bildbeilage). Vor Silvios Entlassung aus der Klinik erfolgt eine behutsame Aufklärung beider Eltern des Kindes über die Erkrankung ihres Soh-nes, an die sich eine humangenetische Be-ratung anschließt. Dabei stellt sich heraus, dass die Schwester von Frau T. im 4. Monat schwanger ist, wobei sie ihr erstes Kind erwartet; Frau T.s Schwager ist gesund. Es wird eine pränatale Diagnostik empfohlen, die leider den hochgradigen Verdacht auf eine Erkrankung des männlichen Fetus er-gibt. Daraufhin wird die Entscheidung zum Abbruch dieser Schwangerschaft getroffen. Die mit diesen Vorgängen verbundene emo-tionale Belastung für die ganze Familie kann von den betreuenden Ärzten nur zum kleineren Teil aufgefangen werden.

Im Sommer des Jahres 2005 kommt es bei dem motorisch aktiven Silvio zu einem Sturz auf den linken Arm. Der Vater tastet eine abnorme Vorwölbung oberhalb des Ellenbogens und stellt den Jungen darauf-hin am späten Abend in der chirurgischen Notfallambulanz des Universitätsklinikums vor. Der Junge ist in stabilem Allgemeinzu-stand und klagt über eine schmerzhafte Schwellung und Bewegungseinschränkung des Ellenbogens. Eine wesentliche Hautkon-tusion besteht nicht; Durchblutung sowie Sensibilität und Motorik der Hand sind in-takt. Radiologisch zeigt sich eine strecksei-tig abgekippte suprakondyläre Humerus-fraktur mit leichter radialseitiger Ein-stauchung ohne Trümmerzone oder Epikon-dylenabriss. Eine orientierende Blutunter-suchung ergibt folgende Befunde:

AST (GOT) 168 U/L, ALT (GPT) 461 U/L, CK 34 410 U/L; Normalwerte für Natrium, Kali-um, Kalzium, Magnesium, Chlorid, Phos-phat, γ-GT, Kreatinin, Harnstoff, CRP, Ge-rinnungsparameter, rotes und weißes Blut-bild. Am nächsten Morgen erfolgen in Allgemein-narkose eine geschlossene Reposition und angemessene Retention der Fraktur. Am darauffolgenden Tag kann der Junge bei gutem Allgemeinbefinden in ambulante Weiterbehandlung entlassen werden.

Im Jahr 2006 entwickelt sich Silvio insge-samt zufriedenstellend: Er macht psycho-motorische Fortschritte und hat weiterhin viel Freude an der Bewegung. Hierzu tragen sowohl eine gute krankengymnastische Übungsbehandlung als auch spielerische Aktivitäten des Vaters bei. Die Aufmerk-samkeitsspanne des Kindes ist allerdings deutlich verkürzt. Der Junge erhält einen Integrationsplatz in einer Kindertagesstät-te, die er gern besucht. Bei einer Verlaufsuntersuchung werden die folgenden motorischen Einschränkungen dokumentiert: Im Stand diskrete Hyperlordosierung der LWS, Tendenz zum Stehen auf dem Vorfuß. Schnelleres Gehen möglich, dabei Tren-delenburg-Zeichen. Kein monopedales Hüp-fen möglich. Hochkommen aus dem Liegen mit sog. Trickbewegungen über die Seite. Aufstehen vom Boden in krankheitstypi-scher Weise (siehe Abbildung Nr. 21 der Bildbeilage). Kraftminderung der proxima-len Extremitäten- und der Rumpfmuskula-tur auf 6−8/10, Kraftminderung der dista-len Extremitätenmuskulatur auf 9/10. Ex-tensionsdefizit von 10° im oberen Sprung-gelenk (OSG) rechts und von 15° im OSG links.

Bei einer erneuten molekulargenetischen Diagnostik mit Sequenzierung des gesamten Gens in einem Speziallabor gelingt der auf-wändige Nachweis des vorliegenden geneti-schen Defekts.

Auch im Jahr 2007 erweisen sich die moto-rischen Fähigkeiten des Jungen als erfreu-lich stabil. Es besteht weiterhin eine globa-le Sprachentwicklungsstörung mit verrin-gertem Wortschatz, Dysgrammatismus und undeutlichem Sprechen; die Familie folgt dem Rat zur Aufnahme einer logopädischen Behandlung. Außerdem wird bei dem inzwi-

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schen 5-jährigen Silvio − nach entsprechen-den Voruntersuchungen − die von seinem Alter an empfohlene Pharmakotherapie der Muskeldystrophie mit dem Glukokortikoid Deflazacort eingeleitet. Knapp vier Wochen nach Therapiebeginn wird eine weitere stationäre Aufnahme des Jungen in die Kinderklinik aufgrund eines dentogenen, am rechten Unterkiefer gele-genen Abszesses erforderlich, der in der MKG-chirurgischen Klinikabteilung bereits

gespalten wurde. Die anfänglichen Entzün-dungszeichen mit ausgeprägter Schwellung des Operationsgebietes und der regionalen Lymphknoten bilden sich unter Behandlung mit Cefuroxim zügig zurück. Vor der Klinikentlassung nach einwöchigem Aufenthalt werden mit Silvios Eltern noch-mals die Chancen und Risiken seiner Ste-roidbehandlung erörtert; es fällt daraufhin eine Entscheidung zur Fortführung dieser Pharmakotherapie.

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93 Die vom niedergelassenen Kinderarzt differenzialdiagnostisch zunächst in Erwä-gung gezogene Form der Muskelatrophie unterscheidet sich von Silvios tatsäch-licher Erkrankung durch mehrere Merkmale.

Hierzu gehört (neben einer normalen oder gering erhöhten CK-Konzentration im Blutserum) am ehesten

(A) das ausschließlich sporadische (nicht hereditäre) Vorkommen

(B) das frühere Eintreten eines Entwicklungsstillstandes

(C) das häufige Vorkommen von Muskelfaszikulationen

(D) der regelmäßige Beginn mit einer ein- oder beidseitigen Fazialisparese

(E) die strenge Begrenzung auf die unteren Extremitäten im gesamten Verlauf

94 Welche der folgenden Angaben trifft für die bei Silvio beobachtete Sprachstö-rung am besten zu?

(A) Sie ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unabhängig von der rein motorischen Erbkrankheit des Kindes.

(B) Sie ist insgesamt als Dysarthrie durch eine Schwäche der an den Sprechvor-gängen beteiligten Gesichtsmuskulatur anzusehen.

(C) Sie ist am wahrscheinlichsten als psychogener Mutismus infolge einer gestörten affektiven Verarbeitung der Körperbehinderung anzusehen.

(D) Sie lässt im gegebenen Zusammenhang an eine nicht progrediente kognitive (Teilleistungs-)Störung denken, die mit der Erbkrankheit assoziiert ist.

(E) Sie weist auf eine krankheitstypische Demenz hin, die im Regelfall mit einem progredienten Verlust geistiger Fähigkeiten parallel zum Muskelabbau einher-geht.

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95 Auf dem histopathologischen Schnittbild des Muskelbiopsats von Silvios Ober-schenkel zeigen sich in HE-Färbung verschiedene krankheitstypische Verände-rungen (siehe Abbildung Nr. 18 der Bildbeilage).

Hierzu gehört/gehören am wenigsten wahrscheinlich:

(A) große subsarkolemmale Glykogeneinlagerungen in Muskelfasern

(B) Proliferate von Bindegewebe und Fettzellen

(C) schollige Degeneration (Nekrose) von Muskelfasern

(D) vermehrte Kaliberschwankungen von Muskelfasern

(E) Zentralisierung von Muskelzellkernen

96 Die immunhistologische Untersuchung von Silvios Muskelbiopsat (siehe Abbildung Nr. 19 der Bildbeilage) bestätigt im Vergleich mit einem entsprechenden Normalbefund (siehe − in stärkerer Vergrößerung − Abbildung Nr. 20 der Bildbei-lage) die hier gestellte Verdachtsdiagnose durch die Darstellung eines weitge-henden Fehlens von

(A) Dysferlin

(B) Dystrophin

(C) Emerin

(D) Lamin A/C

(E) Laminin α2

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97 Die erste molekulargenetische Untersuchung erbringt bei Silvio nicht den Nachweis einer krankheitstypischen Gendeletion auf dem kurzen Arm des X-Chromosoms.

Welche der folgenden Ursachen kommt hierfür am ehesten in Betracht?

(A) Das betroffene Gen ist besonders klein und kann deshalb der molekulargeneti-schen Analyse entgehen.

(B) Die nachweisbaren Deletionen sind nur für ca. ¼ der Krankheitsfälle einer DMD verantwortlich.

(C) Höchstwahrscheinlich liegt der Erkrankung in diesem Fall ein Fragiles-X-Syndrom zugrunde, das sich der üblichen molekulargenetischen Diagnostik in der Regel entzieht.

(D) Im vorliegenden Fall kann eine Punktmutation des betroffenen Gens bestehen.

(E) In etwa der Hälfte der Fälle einer DMD ist das betroffene Gen auf dem langen Arm des X-Chromosoms lokalisiert.

98 Nach Sicherung der Diagnose von Silvios Erbkrankheit stellt sich heraus, dass seine Tante mütterlicherseits schwanger ist. Der behandelnde Arzt denkt dar-aufhin unmittelbar (d.h. vor der entsprechenden Pränataldiagnostik) über das Risiko für das Ungeborene nach, ebenfalls Träger des entsprechenden Gen-defekts zu sein. Dabei geht er davon aus, dass Silvios verstorbener Onkel müt-terlicherseits an derselben Muskelkrankheit litt wie der Kleine. Die Möglichkeit von Neumutationen bzw. Keimzellmosaiken lässt der Arzt angesichts der Famili-enanamnese für seine Schätzung unberücksichtigt.

Unter diesen Voraussetzungen kommt die Wahrscheinlichkeit einer Genträger-schaft des Fetus welchem der folgenden Werte am nächsten?

(A) 1/4

(B) 1/3

(C) 1/2

(D) 2/3

(E) 3/4

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99 Welche der folgenden Gefahren muss bei Silvio im Zusammenhang mit der Ope-ration im Jahr 2005 speziell aufgrund seiner Erbkrankheit am ehesten beachtet werden?

Das Risiko

(A) einer ausgedehnten Leberzellnekrose

(B) einer bedrohlichen Hypokaliämie

(C) einer malignen Hyperthermie(-ähnlichen Reaktion)

(D) rezidivierender nächtlicher Hyperventilationsepisoden

(E) von Magenkrämpfen mit beschleunigter Magenentleerung

100 Welches der folgenden Osteosyntheseverfahren ist zur Versorgung (Retention) der hier beschriebenen Fraktur am besten etabliert?

(A) Anlage eines Ringfixateursystems (Fixateur externe)

(B) Einbringen einer Kondylenplatte (Winkelplatte)

(C) Kirschner-Spickdrahtosteosynthese

(D) konventionelle (aufgebohrte) Marknagelung (nach Küntscher)

(E) Zuggurtungsosteosynthese (mit Cerclage)

101 Anlässlich einer Kontrolluntersuchung des Kindes im Jahr 2006 werden Silvios Bewegungsabläufe beim Aufstehen vom Boden fotografisch dokumentiert (siehe Abbildung Nr. 21 der Bildbeilage).

Das hier ersichtliche, für seine Erbkrankheit typische Manöver ist am treffends-ten zu bezeichnen als

(A) Apley-(Grinding-)Zeichen

(B) Gowers-Zeichen

(C) Hoffmann-Tinel-Zeichen

(D) Lhermitte-Zeichen

(E) Stellwag-Zeichen

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102 Bei Betrachtung von Abbildung Nr. 21 der Bildbeilage ist an Silvios Gestalt eine im gegebenen Zusammenhang charakteristische Auffälligkeit feststellbar.

Hierbei handelt es sich am ehesten um welche der folgenden Veränderungen?

(A) Atrophie beider Mm. deltoidei

(B) Kontraktur des rechten Handgelenks

(C) (Pseudo-)Hypertrophie der Waden

(D) Schulterblatthochstand (Sprengel-Deformität)

(E) sog. Kahnbauch

103 Bei den Kontrollvorstellungen des Kindes werden auch Reflexprüfungen durchge-führt.

Welche der folgenden Konstellationen ist dabei nach einigen Krankheitsjahren am wahrscheinlichsten zu erwarten? [BSR = Bizepssehnenreflex; PSR = Patellar-sehnenreflex; ASR = Achillessehnenreflex]

(A) abgeschwächter BSR, abgeschwächter PSR, normaler ASR, negatives Babinski-Zeichen

(B) abgeschwächter BSR, gesteigerter PSR, abgeschwächter ASR, negatives Babinski-Zeichen

(C) gesteigerter BSR, abgeschwächter PSR, negativer ASR, negatives Babinski-Zeichen

(D) normaler BSR, gesteigerter PSR, gesteigerter ASR, positives Babinski-Zeichen

(E) normaler BSR, normaler PSR, negativer ASR, positives Babinski-Zeichen

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104 Im Jahr 2007 wird bei Silvio eine medikamentöse Behandlung seiner Erbkrank-heit eingeleitet. Von dem hierfür verwendeten Arzneistoff sind verschiedene erwünschte und unerwünschte Wirkungen zu erwarten.

Welcher der folgenden Effekte ist dabei in diesem Fall am wenigsten wahr-scheinlich?

(A) Verlangsamung des krankheitstypischen Kräfteverfalls

(B) Förderung des Längenwachstums

(C) Verringerung der Knochenstabilität im Langzeitverlauf

(D) Förderung der Entwicklung einer stammbetonten Adipositas

(E) Erhöhung des Risikos einer Kataraktentwicklung im Langzeitverlauf

105 Welche der folgenden Angaben gilt am ehesten für das Wirkspektrum des Anti-biotikums, das bei Silvio laut Fallbericht im Zusammenhang mit dem dentogenen Abszess eingesetzt wird?

Es wirkt im Regelfall

(A) fast ausschließlich gegen Staphylokokken einschließlich Methicillin-resistenter Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA)

(B) hochselektiv gegen grampositive Keime einschließlich der Enterokokken

(C) gegen eine Reihe grampositiver (z.B. A-Streptokokken) und gramnegativer Keime (z.B. Haemophilus influenzae)

(D) vornehmlich gegen gramnegative Keime einschließlich Pseudomonas aeruginosa

(E) vornehmlich gegen Anaerobier wie Bacteroides fragilis sowie gegen Mykoplasmen und Chlamydien

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106 Im weiteren Krankheitsverlauf des Patienten muss mit zusätzlichen Problemen gerechnet werden.

Am wenigsten zu erwarten ist dabei die Entwicklung

(A) einer behandlungsbedürftigen Skoliose

(B) einer juvenilen myoklonischen Epilepsie

(C) einer Myokardinsuffizienz

(D) von Herzrhythmusstörungen

(E) von Kontrakturen der Hüft- und Kniegelenke

107 Welche der folgenden prognostischen Angaben zum zeitlichen Verlauf der Erb-krankheit trifft für den vorliegenden Fall am ehesten zu?

(A) Angesichts des bisherigen Krankheitsverlaufs ist mit einer annähernd normalen Lebenserwartung des Patienten zu rechnen.

(B) Der übliche Spontanverlauf der Krankheit ist durch jeweils mehrjährige Schübe und Remissionen gekennzeichnet.

(C) Durch kontinuierliches intensives Krafttraining lässt sich im Regelfall eine lang-jährige Stabilität der motorischen Fähigkeiten nach der Pubertät erreichen.

(D) Mit dem Verlust der Gehfähigkeit spätestens in der 2. Lebensdekade des Patien-ten muss gerechnet werden.

(E) Mit dem Eintreten einer Ateminsuffizienz muss nicht vor dem 4. Lebensjahr-zehnt des Patienten gerechnet werden.

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