zweiachsige bemessung von...
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Zweiachsige Bemessung von Stahlbeton-Querschnitten
Dr.-Ing. Casimir Katz, SOFiSTiK AG, Oberschleißheim
Zusammenfassung:
Die Schubbemessung von Stahlbetonquerschnitten ist wohl die Aufgabe mit den meisten
empirischen Elementen in den verschiedenen Bemessungsnormen. Bei einer zweiachsigen Bean-
spruchung ist wenig Literatur und schon gar keine anerkannten Rechenregeln verfügbar. Von einer
allgemeinen Software erwartet man aber immer eine Lösung.
Summary:
The shear design of a reinforced concrete section is presumably the most empirical element in many
design codes. For biaxial bending hardly any literature may be found and the codes do not provide
any rules, but a general software is expected to provide a solution for all cases.
1 EINFÜHRUNG
1.1 Schubspannungen
Die Definition eines 3D-Spannungstensors besteht aus drei Normalspannungen und sechs
Schubspannungskomponenten, die sich aber infolge von Gleichgewichtsbedingungen auf drei
reduzieren. Der Spannungszustand lässt sich auch durch die drei Invarianten bzw. Haupt-
spannungen und deren Richtungen beschreiben. Viele Bodenmechaniker und Betonbauer neigen
deshalb dazu, die Existenz von Schubspannungen grundsätzlich zu verneinen und lassen nur die
Hauptspannungen gelten.
Als Grundlage ist es sinnvoll sich vor Augen zu halten, dass es zwei Möglichkeiten gibt,
Schubspannungen zu berechnen. Mit dem Kraftgrößenverfahren kann man die allgemeinbekannte
Formel aus dem statischen Moment herleiten:
V SI b
τ ⋅=⋅
(1)
-
Mit den bekannten Nachteilen, dass eigentlich keiner der Werte in dieser Formel ohne Vorbehalte
anwendbar ist. Insbesondere bei mehrfach zusammenhängenden Querschnitten sind aufwändige
Zusatzbetrachtungen erforderlich.
Allgemeiner ist es, mit dem Weggrößenverfahren und der Methode der Finiten Elemente oder der
Integralgleichungen die Differenzialgleichung der Verwölbung zu lösen:
2 2
2 2
: 0
xxy
xxz
x
xy y xz z
wG zy x
wG yz x
w wG w Gy z x
Boundary condition n n
τ
τ
σ
τ τ
⎛ ⎞∂ ∂Θ= −⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠
∂ ∂Θ⎛ ⎞= +⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠⎛ ⎞∂ ∂ ∂
Δ = + = −⎜ ⎟∂ ∂ ∂⎝ ⎠+ =
(2)
Stahlbeton heißt fast immer: gerissener Querschnitt. Und damit haben wir ein spezielles
nichtlineares Problem vor uns. Wenn der Querschnitt gerissen ist, so ist die Normalspannung Null,
damit auch ihre Ableitung und der inhomogene Teil der Poisson’schen Differentialgleichung
verschwindet. Damit wird die Ableitung der Schubspannungen ebenfalls zu Null und die
Schubspannungen müssen einen konstanten Wert annehmen.
Den wenigsten Ingenieuren dürfte es bewusst sein, dass genau
dieser Sachverhalt sich in der bekannten Formel für den
Schubfluss V/z verbirgt, die ja einen konstanten Wert des
Schubflusses in der Zugzone von der Nulllinie bis zur
Bewehrung postuliert. Damit ergibt sich der links skizzierte
Verlauf der Schubspannungen:
Abbildung 1: Schubspannungen Zustand II
Ein ähnlicher Fall ergibt sich bei nicht mitwirkenden Querschnittsteilen. Wenn man sich einen
Kastenquerschnitt mit Torsionsbeanspruchung näher betrachtet, kommt man zur Erkenntnis, dass
die nicht mitwirkenden Teile sehr wohl für Schub mitwirkend sein müssen. Aber da die
Normalspannung Null ist, erhält man wieder einen konstanten Wert der Schubbeanspruchung:
Abbildung 2: Schubspannungen aus Querkraft an einem Querschnitt mit nicht mitwirkenden Teilen
-
1.2 Bemessung mit Schubspannungen
Alte Bemessungsnormen haben beim Schub gerne mit Abzugsspannungen gearbeitet: Man
berechnet eine völlig fiktive Schubspannung aus Querkraft und Querschnittsfläche, zieht davon
einen Anteil des Betons ab und berechnet für den Rest eine erforderliche Bügelbewehrung.
c s c sl yslV V V b h A f zτ= + = ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ (3)
Das ist zwar einfach, aber nicht sachgerecht. Davon abgesehen, dass eine konstante Schubspannung
über den gesamten Querschnitt eine starke Vereinfachung darstellt, der Hebelarm z nicht eindeutig
ist, sind auch die real-mathematischen Schubspannungen sehr empfindlich von der Orientierung
des Koordinatensystems abhängig. Wenn man z.B. in einem gevouteten Träger den Schnitt nur ein
kleines bisschen verändert, ergeben sich sehr unterschiedliche Werte der Schubspannungen:
Abbildung 3: Schubspannungen an einem gevouteten Träger
1.3 Schubfluß
Mit dem Erscheinen der DIN 1045-1 hatten sich die Verfasser hingegen bemüht, das Wort
Schubspannung völlig zu vermeiden. Leider wurde dabei das Kind mit dem Bade ausgeschüttet,
indem man gleich ausschließlich auf die Querkraft V übergegangen ist. Damit ergeben sich jedoch
bei der Interaktion mit Torsion oder bei der Bemessung von Gurten gegliederter Querschnitte
erhebliche Klimmzüge. Es ist wesentlich sinnvoller auf eine Schubkraft Tv = V/z überzugehen, die
problemlos mit der Schubkraft Tt aus Torsion überlagert werden kann. Beim Anschluss von Gurten
oder gevouteten Querschnitten wird man statt dessen den Unterschied der Längskraft ΔFd/av eines
abgetrennten Teils verwenden:
. . 2d t
v k
V F MT b z B oder oderz a A
τ Δ= ⋅ =⋅ (4)
10.62
57.90
52.1053.960
00
00
00
-28.
-53.
-32..
.
-
Abbildung 4: Längsschubkräfte beim Anschluss von Gurten (aus DIN 1045-1)
Ein besonderes Problem entsteht nun dann, wenn beide Seiten des betrachteten Segments
plastifiziert sind bzw. im Rechteck-Bereich des Parabelrechteck-Diagramms liegen. Aus Gleich-
gewichtsgründen wäre die Schubkraft eigentlich Null, die DIN 1045-1 definiert jedoch in
Gleichung (83), dass die Schubkraft näherungsweise im Verhältnis der abgetrennten Druckkraft zur
Gesamtzugkraft sich aus der maximalen Schubspannung im Querschnitt definiert. In AQB wurde
eine Verallgemeinerung dieser Formel implementiert, die zahlreiche weitere Sonderfälle (Längs-
normalkraft, Schnitte senkrecht zur Nulllinie etc.) abdeckt:
maxges ges
Z DT T ABSZ D⎡ ⎤
= ∗ −⎢ ⎥⎣ ⎦
(5)
Aber auch diese Formel muss mit Vorsicht angewendet werden wenn man mehrfach zusammen-
hängende Querschnitte hat bzw. ein Teilstück in der Mitte herausschneidet. Dann muss man
nämlich das unterschiedliche Vorzeichen der Schubkräfte der einzelnen Schnittflächen genau
beachten und die Formel versagt im Grenzfall wenn das abgetrennte Teilstück zu klein wird. In all
diesen Fällen wird man auf die linear elastischen Schubspannungen zurückgreifen müssen.
Sowohl die linear elastischen Schubspannungen wie auch die Methode der abgetrennten Teilflächen
sind bei einer zweiachsigen Beanspruchung anwendbar. Bei letzterer muss man jedoch einige
zusätzliche Annahmen treffen. Zuerst muss man den Wert Tmax der im einachsigen Fall mit V/z
halbwegs klar definiert ist, verallgemeinern z.B. mit
2 2
max 2 2
y zV VTy z
+=
+ (6)
Die zweite Annahme nimmt für herausgeschnittene Teilsegmente an, dass die Verteilung der
Schubspannungen auf die Schnittränder sich im Zustand II nicht ändert.
Die Bemessung mit dem Fachwerkmodell auf eine zulässige Hauptdruckspannung und eine
erforderliche Bügelbewehrung ist danach dann in allen Fällen einfach zu bewerkstelligen.
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2 BEISPIEL EINES TRÄGERS
Im folgenden soll ein einfacher Träger unter einer kombinierten Querbelastung betrachtet werden.
Ein Rechteckquerschnitt mit b/h = 40/50 cm, und einer Stützweite von 4.0 m wird mit einer
Belastung von 140 kN/m in Hauptrichtung und 100 kN/m in Querrichtung untersucht.
Abbildung 5: Halbierter Einfeldträger mit Symmetriebedingung
2.1 Klassische Rechnung
Die Schnittgrößen am Schubschnitt im Abstand von 40 cm betragen:
Vy = 160.0 kN Mz = -72.00 kNm
Vz = 224.0 kN My = 100.80 kNm
Mit einem statischen Randabstand von 5 cm und einem Hebelarm von z = 0.9 d ergibt sich daraus
ein Schubfluss je Bügelseite von
Ty = ½ ·160.0/0.315 = 253.97 kN/m
Tz = ½ ·224.0/0.405 = 276.54 kN/m
Mit einem Neigungswinkel des Fachwerks von 45° und einem Abstand von 40 cm ergäbe sich
dadurch eine Kraft in den senkrecht zur Stabachse angeordneten Bügeln von 101.6 bzw. 110.6 kN.
Diese Kräfte sind so völlig unabhängig von einem zusätzlich wirkenden konstanten Moment in
Querrichtung, lediglich ein genauerer Hebelarm könnte eine Einfluss haben.
2.2 Fachwerkmodell
Wenn man eine glaubhafte Referenzlösung benötigt, so wird man am besten ein Fachwerkmodell
erstellen. Dabei muss man zwar einige Annahmen über den Neigungswinkel treffen, muss die
Bewehrung vorab abschätzen und sich Gedanken über eine Skalierung der Steifigkeit der
-
Betondruckstreben machen. Das hier verwendete Modell enthält an nichtlinearen Effekten dann
aber nur den Ausfall der Betonstreben auf Zug. Der Hebelarm der inneren Kräfte ist jetzt 0.8h für
die vertikale Beanspruchung und 0.75h für die horizontale Beanspruchung.
Abbildung 6: Fachwerkmodell des halbierten Einfeldträgers
Die einachsige Beanspruchung ergibt das vertraute Bild der Druck und Zugstreben:
Abbildung 7: Einachsige Beanspruchung am halbierten Einfeldträger: Druck- und Zugstreben
Bei der zweiachsigen Beanspruchung ergibt sich jedoch ein anderes Bild:
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Abbildung 8: Zweiachsige Beanspruchung am halbierten Einfeldträger: Druck- und Zugstreben
Die folgende Tabelle stellt die nach den beiden Methoden ermittelten Bügelkräfte gegenüber:
Belastung links rechts oben Unten
Klassisch 111 111 102 102
Nur vertikal 84 84 0 0.7
Nur horizontal 0.4 0 60 60
Kombiniert 97.3 70.7 70 50
Kombiniert + Mz 97.7 70.3 70.3 49.7
Kombiniert - Mz 89.6 78.4 64.2 55.8
Tabelle 1: Kräfte der Bügel im Fachwerkmodell
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Man erkennt, dass ein gleichsinniges Moment die Kräfte nur gering ändert, wohingegen ein
gegensinniges Moment deutlichere Abweichungen hervorruft. Die Summe der Fachwerkkräfte ist
jedoch konstant. Somit ist unsere klassische Bemessung gar nicht so falsch für diesen Fall. Die
kleinen Spaltzug-Bewehrungen der einachsigen Beanspruchungen sind um eine Größenordnung
kleiner als die Abweichungen zu den zweiachsigen Fällen.
2.3 AQB-Bemessungsmodell
AQB kann leider nicht nach dem 3D Fachwerkmodell rechnen. Es folgt dem Konzept der abge-
trennten Teilflächen. Die erste Frage die sich stellt, ist welche Form der Abtrennung denn am
sinnvollsten ist. Schräge Schnitte wie der rechts haben die unschöne Eigenschaft, dass es einige
Unklarheiten bei der Umrechnung der meisten Werte gibt und dass die Zuordnung der Bügel zur
Schubkraft ebenfalls nur gemeinsam verstanden werden kann. Die abgeknickten Schubschnitte über
Eck muss AQUA mit STEU STYP 3 berechnen, damit die Verteilungsfaktoren richtig ermittelt
werden, dann ergeben sich aber hier die gleichen Ergebnisse wie beim durchgehenden Schnitt!
Abbildung 9: Schubschnitte aus AQUA für AQB
Die folgende Tabelle stellt die von AQB ermittelten Schubflüsse der Schnitte unserer klassischen
Rechnung gegenüber:
Belastung Hebel vertikal horizontal unten links unten rechts
oben links
oben rechts
Klassisch 0.405
0.315 277 244
Nur vertikal 0.38 298 0 298 298 273 273
Nur horizontal 0.25 0 300 266 237 266 237
Kombiniert 0.32 323 288 457 288 279 836
Kombiniert + Mz 0.31 327 389 464 387 26 707
Kombiniert - Mz 0.36 322 252 400 322 558 401
Resultierende des Fachwerk komb.
0.40 0.30
243/177 125/175 273 217 299 249
Tabelle 2: Schubkräfte in Schubschnitten
-
Die vom Programm AQB ermittelten Hebelarme sind deutlich kleiner. Die DIN 1045-1 verlangt ja
auch einen Höchstwert des Hebelarms von d-2·cnom, der hier aber nicht maßgebend wird. Das
Fachwerkmodell dürfte hier wohl einen zu günstigen Hebelarm ansetzen. Auch der häufig
angesetzte Wert des Hebelarms in Feldmitte ist nur geringfügig (2 cm) größer als die Werte in der
Nähe des Auflagers. Die Werte von AQB zeigen eine deutliche Sensitivität gegenüber der Richtung
der Nulllinie, die in der folgenden Grafik für die drei kombinierten Lastfälle angegeben ist:
0.20
0.00
-0.2
0
-14.17
0.20
0.00
-0.2
0
-4.35
-14.17
-14.17
0.20
0.00
-0.2
0
-9.66-1
4.17
Abbildung 10: Spannungsverteilungen / Lage der Nulllinie der Lastfälle 3 bis 5
Aus der Sicht des Querschnitts sind die Schubbeanspruchungen der Ecken auch ganz sinnvoll
berechnet. Gerade die sehr unterschiedlichen Werte im Lastfall 4 der oberen Ecke, sind ein Indiz für
die Verlagerung der Schubbeanspruchung auf die hochbelastete rechte Seite.
3 NEUE MÖGLICHKEITEN – FE-QUERSCHNITTE
Mit der Weiterentwicklung der heißen Bemessung wurde die Möglichkeit geschaffen, den gesamten
Querschnitt als FE-Struktur zu behandeln. Der wesentliche Entwicklungsschritt dazu war die
Trennung der reinen Netzgenerierung wie auch die thermische Analyse von der Definition der
zusätzlichen Querschnittselemente wie Bewehrung oder Nachweis-Schnitten bzw. Punkten.
Wenn man es genau betrachtet, so ist ein Stab-Querschnitt bereits eine “Substructure” bei der ein
dreidimensionales Kontinuum mittels der Bernoulli-Hypothese in seinen Verformungs-
möglichkeiten eingeschränkt und damit in einen vereinfachten Ansatzraum projeziert wird. Alle
Verschiebungen im gesamten Kontinuum werden primär durch die sechs Verschiebungen entlang
der Stabachse beschrieben:
( ) ( )( )( )
x xo yo s zo s
y yo xo m
z zo xo m
u u z z y y
u u z z
u u y y
ϕ ϕ
ϕ
ϕ
= + − − −
= − −
= + − (7)
-
Hinzu kommt eine komplexere Funktion für die Verwölbung w(y,z), die man meist mit
Einheitsverwölbungszuständen für Torsion und Querkraft formuliert.
Für den Stab selbst arbeitet man mit integrierten Schnittgrößen und Querschnittswerten:
( ) ( )
;
;
y zx z y
A
y zy x z zz yz
A
y zz x y yz yy
A
y zy yx y
y yzA
yzz zx z
z yzA
t zx D yx D t xA
uN dA EA EA EAx x x
uM z dA EA EA EAx x x
uM y dA EA EA EAx x x
V VV dAGA GA
VVV dAGA GA
M y y z z dA GI
ϕ ϕσ
ϕ ϕσ
ϕ ϕσ
τ
τ
τ τ
∂∂ ∂= ⋅ = + −
∂ ∂ ∂
∂∂ ∂= ⋅ ⋅ = + −
∂ ∂ ∂
∂∂ ∂= ⋅ ⋅ = + −
∂ ∂ ∂
= ⋅ Θ = +
= ⋅ Θ = +
⎡ ⎤= − − − ⋅ = Θ⎣ ⎦
∫
∫
∫
∫
∫
xb x m
A
M w dA ECxϕσ ∂= ⋅ ⋅ =∂
∫
∫ (8) Die Querschnittswerte werden teils als Integrale über die Koordinaten, teils über die Spannungen
ermittelt:
2 2
2 2
2 22 2
2
; ;
; ;
; ;
y yA A A
yy zz yzA A A
yx yx zxzxy z yz
A A A
tA
MA
EA E dA EA E y dA EA E z dA
EA E y dA EA E z dA EA E y z dA
GA dA GA dA GA dAG G G
w wGI G y z dAy z
EC E w dA
τ τ ττ
= ⋅ = ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅
= ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅
= ⋅ = ⋅ = ⋅
⎡ ⎤⎛ ⎞∂ ∂⎛ ⎞= + − − ⋅⎢ ⎥⎜ ⎟⎜ ⎟∂ ∂⎝ ⎠⎝ ⎠⎢ ⎥⎣ ⎦
= ⋅ ⋅
∫ ∫ ∫
∫ ∫ ∫
∫ ∫ ∫
∫
∫
(9)
Elastizitäts- und Schubmodul sind natürlich nicht konstant, man kann sie als Tangenten- oder
Sekantenmodul einführen. In jedem Falle können sich zusätzliche eingeprägte Vordehnungen bzw.
Krümmungen ergeben. Normalerweise eliminiert man einige Terme indem man geeignete
Referenzsysteme wie Schwerpunkt und Hauptachsen verwendet, aber eine allgemeine Lösung sollte
alle Terme berücksichtigen.
-
Bei der heißen Bemessung haben wir in jedem Punkt des Querschnitts eine unterschiedliche
Temperatur und damit Vordehnung gegeben. Die Spannung ist damit hochgradig nichtlinear, sie
setrzt sich aus der komplexen Vordehnung und einer Zusatzdehnung nach der Bernoulli-Hypothese
zusammen:
( )( )( ) s y z fiy k z kσ ε σ ε ε= − ⋅ + ⋅ − Θ (10) SOFiSTiK AG, 85764 Oberschleißheim, Bruckmannring 38, Tel:089/315-878-0WINGRAF (V14.58-23) 2.11.2007
SEITE 58
Calibration of temperature distribution of a column (BK 2003 S. 211)
M 1 : 2.40X
YZ
Spannung des Querschnitts in Stablängsrichtung aus der Elementmitte , Lastfall 1 Interior column,Stab 1001 X=0 m , von -16.2 bis -2.30 Stufen 0.347 MPa
-16.2
-16.0
-15.6
-15.3
-14.9
-14.6
-14.2
-13.9
-13.5
-13.2
-12.9
-12.5
-12.2
-11.8
-11.5
-11.1
-10.8
-10.4
-10.1
-9.7
-9.4
-9.0
-8.7
-8.3-8.0-8.0-7.6-7.6-7.3-7.3-6.9-6.9-6.6-6.6-6.3-6.3-5.9-5.9-5.6-5.6-5.2-5.2-4.9-4.9-4.5-4.5-4.2-4.2-3.8-3.8
-3.5
-3.1
-2.8-2.3
-0.20 -0.10 0.00 0.10 0.20 m
-0.2
0-0.1
0-0
.00
0.10
0.20
SOFiSTiK AG, 85764 Oberschleißheim, Bruckmannring 38, Tel:089/315-878-0WINGRAF (V14.58-23) 2.11.2007
SEITE 59
Calibration of temperature distribution of a column (BK 2003 S. 211)
M 1 : 2.40X
YZ
Spannung des Querschnitts in Stablängsrichtung aus der Elementmitte , Lastfall 1 Interior column,Stab 1001 X=1.00 m , von -19.2 bis -1.11 Stufen 0.451 MPa
-19.2
-19.0
-18.5-18.1-18.1-17.6-17.6-17.2-17.2-16.7-16.7-16.2-16.2-15.8-15.8
-15.3
-14.9
-14.4
-14.0
-13.5
-13.1
-12.6
-12.2
-11.7
-11.3
-10.8
-10.4
-9.9
-9.5
-9.0
-8.6
-8.1-7.7-7.7-7.2-7.2-6.8-6.8-6.3-6.3-5.9-5.9-5.4-5.4-5.0-5.0-4.5-4.5-4.1-4.1-3.6-3.6
-3.2
-2.7
-2.3
-1.8-1.1
-0.20 -0.10 0.00 0.10 0.20 m
-0.2
0-0.1
0-0
.00
0.10
0.20
SOFiSTiK AG, 85764 Oberschleißheim, Bruckmannring 38, Tel:089/315-878-0WINGRAF (V14.58-23) 2.11.2007
SEITE 60
Calibration of temperature distribution of a column (BK 2003 S. 211)
M 1 : 2.40X
YZ
Spannung des Querschnitts in Stablängsrichtung aus der Elementmitte , Lastfall 1 Interior column,Stab 1001 X=2.00 m , von -21.0 bis 0 Stufen 0.525 MPa
-21.0
-20.5
-20.0
-19.4
-18.9
-18.4
-17.9
-17.3
-16.8
-16.3
-15.8
-15.2
-14.7
-14.2
-13.7
-13.1
-12.6
-12.1
-11.6
-11.0
-10.5
-9.9
-9.5
-8.9
-8.4
-7.9
-7.4
-6.8
-6.3
-5.8
-5.3
-4.7
-4.2-3.7-3.7-3.2-3.2-2.6-2.6-2.1-2.1
-1.6
-1.1
-0.50.0
-0.20 -0.10 0.00 0.10 0.20 m
-0.2
0-0
.10
-0.00
0.10
0.20
Abbildung 11: Längsspannungen bei heißer Bemessung
Wenn aber die Spannung bekannt ist, so kann man grundsätzlich auch die Ableitung der Spannung
für die Poisson-Gleichung oder die Differenz der Spannungen für den Längsschub ermitteln. Eine
exakte Bestimmung der Ableitung ist nahezu ausgeschlossen. Die Standardlösung ist aber nach der
Produktregel ermittelbar:
( ) ( )x xd M d M dMdx dM dx
σ σ= ⋅
d.h. wir haben einen Wert innerhalb des Querschnitts, der sich aus dem Tangentenmodul bezüglich
des Moments ergibt, den wir mit der Ableitung des Moments, bzw. der Querkraft multiplizieren.
Veränderliche Normalkräfte und Vouten sollen jetzt erst mal unberücksichtigt bleiben.
Ungeklärt ist bislang ob man hier besser den mathematisch korrekten Wert des Tangentenmoduls
verwenden sollte oder ob der Sekantenmodul nicht nur wegen seiner numerischen Vorteile die
bessere Wahl darstellt.
Die folgenden Bilder zeigen die Schubspannungsverteilungen für Querkraft (Abb. 12) und
Torsionsmoment (Abb. 13) jeweils für den kalten und heißen Zustand:
-
Abbildung 12: Schubspannungen durch Vz in kaltem / heißen Querschnitt
Man kann eine Konzentration der Querkraft-Schubbeanspruchung auf die äußeren Teile erkennen
und ein Anwachsen des Hebelarms der inneren Kräfte. Bei der Torsion vergleichmäßigt sich der
Schubfluss und kommt der Form des eingeschriebenen Kreises näher.
Abbildung 13: Schubspannungen durch Mt in kaltem / heißen Querschnitt bzw. Mt2 (kalt)
Ähnliche Betrachtungen gelten für einen gerissenen Querschnitt.
die nebenstehende Abbildung zeigt die Spannungsverteilung in
einem solchen Querschnitt. Es gibt einen großen Bereich ohne
Spannungen und einen Bereich mit konstanter Druckspannung.
Beide haben auf den ersten Blick keine Änderung der Spannung
in Längsrichtung. Auch wenn man die Spannungsdifferenz
betrachtet, ergibt sich die Hypothese, dass es in diesem Bereich
eine konstante Schubspannung geben müsste. Da die
Schubspannung am Rande Null ist, wäre Sie dann in der
plastifizierten Druckzone ebenfalls Null. Hier ist wieder der Widerspruch zu unserer Anschauung,
den wir dadurch umgehen können, dass wir mit Sekantensteifigkeiten arbeiten. Die folgenden
-
Bilder zeigen die Schubspannungen die mit dieser Annahme und einem konstanten Schubmodul im
gesamten Querschnitt ermittelt wurden:
Abbildung 14: Schubspannungen für Vy (links), Vz (mitte) und Vperp (rechts) mit Sekantensteifigkeiten
Die unsymmetrische Verteilung der vertikalen Schubbeanspruchung ist ein klares Indiz dafür, dass der Standard-Ansatz basierend auf der einachsigen Beanspruchung nicht zutreffend sein kann. Das rechte Bild wurde mit der tatsächlichen zweiachsigen Spannungsverteilung für die Ableitung der Spannung berechnet. Es gibt dann keine unabhängigen Schubkräfte, der Schub definiert sich immer senkrecht zur Nullinie. Diese Ergebnisse sind natürlich erst ein Anfang, ob man sie auch allgemein für nichtlineare Berechnungen oder gar Bemessungen wird verwenden können, muss sich erst noch erweisen.
4 AUSBLICK
Warum soll ein trivialer Stabquerschnitt mit so hohem Aufwand
berechnet werden? Derzeit arbeiten wir nicht nur an der nichtlinear-
elastischen Analyse solcher Querschnitte sondern auch an den
Algorithmen zur plastischen Berechnung. Die zugehörige Methode
ist als das Sandhügelverfahren bekannt, hat sich aber für den
allgemeinen Fall als außerordentlich komplex herausgestellt:
Abbildung 15: Sandhügel für einen komplexeren Querschnitt
Da Querschnitte wie Eingangs erwähnt ideale Substructures darstellen, eröffnen Sie auch die
Möglichkeiten einer wirklich performanten Parallelisierung. Durch das neue Konzept einer eigenen
Datenbank für jeden Querschnitt, wird die Implementierung neuer nichtlinearer Verfahren mit der
Verfolgung von Lastgeschichten bzw. von Lastzyklen in naher Zukunft möglich sein.
Selbstverständlich wird es in Kürze auch möglich sein, das Finite-Element-Netz der Querschnitte in
AQUA automatisch zu erzeugen.
Die Zukunft der Berechnungsverfahren bleibt also spannend !
-
5 LITERATUR
[1] HARTMANN F. , KATZ C., Structural Analysis with Finite Elements, Springer, Berlin, 2003, 2nd ed. 2006
[2] SOFiSTiK Manual „AQUA“ , SOFiSTiK AG, Oberschleißheim (1987-2007) [3] SCHADE D. , Zur Wölbkrafttorsion von Stäben mit dünnwandigem Querschnitt
Ingenieur−Archiv, 38, pp 25−34, 1969 [4] KATZ C., Self-Adaptive Boundary Elements for the Shear-Stress in Beams
Proceedings of the 2nd Boundary Element Technology Conference, MIT (J.J. Connor, C.A. Brebbia ed) Computational Mechanics Publications, 1986
[5] SCHADE D., Zur Berechnung von Querschnittswerten und Spannungsverteilungen für Torsion und Profilverformungen von prismatischen Stäben mit dünnwandigen Querschnitten. Z. Flugwiss.Weltraumforschung 11 , 167−173. 1987
[6] KATZ C., Fließzonentheorie mit Interaktion aller Stabschnittgrößen bei Stahltragwerken Stahlbau 66, pp 205-213, Ernst & Sohn, Berlin, 1997
[7] KATZ C., BELLMANN J., From Geometry to Finite Element Analysis European Conference on Computational Mechanics ECCM Munich, 1999
[8] GRUTTMANN F., WAGNER, W.: Ein Weggrößenverfahren zur Berechnung von Quer-kraftschubspannungen in dünnwandigen Querschnitten, Bauingenieur 76, pp. 474-480 (2001)
[9] KRAUS, M., Computerorientierte Berechnungsmethoden für beliebige Stabquerschnitte des Stahlbaus, Shaker Verlag, Aachen 2005
[10] KETTIL P., RODENAS J.J., AGUILERA TORRES C. WIBERG N.-E., Strength and deformation of arbitrary beam sections using adaptive FEM, Computers and Structures Volume 85, pp 15-29, 2007