zusammenhang zwischen dipolmoment und kohäsionskräften. iii

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539.6 : 541.54 : 536.423 ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIPOLMOMENT UND KOHASIONSKRAFTEN. 111 VON A. E. VAN AKKEL. Fur Verbindungen ohne permanentes Dipolmoment gilt, wie friiher gezeigt wurde, fur die Siedepunkte ') die Beziehung die aus der von van Laar gefundenen Additivitat der Va und b-Werte folgt, wenn man nur noch T k und Vk proportional zu T, und V, setzt. Enthalt die Verbindung nur Halogenatome und ist in Z'Va, das !/'an des Zentralatoms nicht mitzurechnen, es sei denn, weil dieses Atom so von den iibrigen Atomen eingehiillt ist, dass sich seine Anziehung nicht nach aussen bemerkbar macht (Van Laar) oder weil die Polarisierbarkeit des C-Atoms sehr klein ist ')), so nimmt die Formel folgende einfache Gestalt an die fur die Tetrahalogenmethanderivate sehr schon bestatigt wird. Fur die Hexahalogenathane muss dieselbe Formel gelten ; nur hat man hier statt V, den Wert 2 V, fur die Zentraiatome einzufiihren. Aus einem einzigen Siedepunkt konnen wir K bestimmen und dann die ubrigen berechnen. V-2 Vc ~ Ts (ber) 1 Ts (gef.) I v l I Verbindung __ ___ ~- _ _ ~ ___~~- ~-~ ~ ~ __~ _____ ~- I 88 101.6 123.4 135 2 142.3 160.4 158.8 66 1 90° 89.6 I 276 101.4 ' 320 1132 , 364 120.3 I (390) 138 4 456 136.8 1 450 193.5O 276 320.4 364 (390) 459.5 458.5 '1 A. E. van Arkel, Rec. triw. chim. 51, 1081 (19321. *) A. E. van Arkel und W. de Groot, Physica 12, 211 (1932).

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Page 1: Zusammenhang zwischen Dipolmoment und Kohäsionskräften. III

539.6 : 541.54 : 536.423

ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIPOLMOMENT UND KOHASIONSKRAFTEN. 111

VON

A. E. VAN AKKEL.

Fur Verbindungen ohne permanentes Dipolmoment gilt, wie friiher gezeigt wurde, fur die Siedepunkte ') die Beziehung

die aus der von van Laar gefundenen Additivitat der V a und b-Werte folgt, wenn man nur noch T k und Vk proportional zu T, und V, setzt.

Enthalt die Verbindung nur Halogenatome und ist in Z 'Va , das !/'an des Zentralatoms nicht mitzurechnen, es sei denn, weil dieses Atom so von den iibrigen Atomen eingehiillt ist, dass sich seine Anziehung nicht nach aussen bemerkbar macht (Van Laar) oder weil die Polarisierbarkeit des C-Atoms sehr klein ist ')), so nimmt die Formel folgende einfache Gestalt an

die fur die Tetrahalogenmethanderivate sehr schon bestatigt wird. Fur die Hexahalogenathane muss dieselbe Formel gelten ; nur hat

man hier statt V, den W e r t 2 V, fur die Zentraiatome einzufiihren. Aus einem einzigen Siedepunkt konnen wir K bestimmen und

dann die ubrigen berechnen.

V-2 Vc ~ Ts (ber) 1 Ts (gef.) I v l I

Verbindung _ _ ___ ~- _ _ ~ _ _ _ ~ ~ - ~-~ ~ ~ _ _ ~ _____ ~-

I 88

101.6 123.4 135 2 142.3 160.4 158.8

66 1 90° 89.6 I 276

101.4 ' 320 1132 , 364 120.3 I (390) 138 4 456 136.8 1 450

193.5O 276 320.4 364 (390) 459.5 458.5

'1 A. E. van Arkel, Rec. triw. chim. 51, 1081 (19321. *) A. E. van Arkel und W. de Groot, Physica 12, 211 (1932).

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Auch hier ist die Uebereinstimmung noch gut. Eine ahnliche Formel muss auch fur die Aethylenverbindungen

gelten. Dabei miissen wir aber bedenken, dass diese Verbindungen zwar kein Dipolmoment zeigen, dass jedoch in beiden CX2-Gruppen Gruppenmomente vorhanden sind, die z.B. die Unterschiede im Siedepunkt der trans- und cis-Verbindungen zur Folge haben. Da weiter diese Dipolmomente wahrscheinlich nicht so von den vier Halogenatomen umhiillt sind, dass die Wirkung nach aussen voll- standig aufgehoben wird, ist bei diesen Verbindungen der Dipol- beitrag TD nicht mehr zu vernachlassigen. Streng genommen ware dies eigentlich auch bei den Verbindungen C,X, zu erwarten. Hier scheint aber TD wohl wegen der starkeren Umhullung nur sehr klein zu sein. Wir schreiben also fur die Aethylenderivate:

und nehmen nun an, dass TD unabhangig ist von den eingefuhrten Halogenen, wie dies allgemein der Fall ist. W i r finden dann

K = 4.39 TD = 66O,

Damit lassen sich nun die ubrigen Siedepunkte berechnen.

I I I

- I I I I I 1 I

CF, = CBrF CBrF = CBrF CCI, = CCI, CCI, = CClBr

CBrF = CBr, CCIBr = CCIBr CCIBr = CBr,

CBr, = CBr,

85.1 103.2 114.2 120.5 121.3 126.8 133.1 139.4

63.1 81.2 92.2 98.5 99.3

104.8 111.1 117.4

272O 346 392 420 422 446 474 500

270.5O 343 394 42 1 420 44 5 478 500

Die Uebereinstimmung ist sehr gut. Es fragt sich nun, ob den Werten der zwei Konstanten noch eine Bedeutung zukommt.

Plausibel ist, dass die Konstante K etwas hoher ausfallt als bei den Methanderivaten, denn aus der Ableitung der Formel ist ersichtlich, dass K um so grosser sein wird, je weniger die Atome im Molekul von einander verdeckt werden. Da nun bei den Aethylenderivaten die vier Halogenatome in einer Ebene liegen, bei den Methanderivaten in der mehr gesch!ossenen Tetraederanordnung, kommt der grossere Wert fur K hier nicht unerwartet.

Fur TD wird 66' gefunden. Jeder Dipol ist von zwei Halogenen und einer CX,-Gruppe umgeben. Dass fur den Beitrag zu dem Siedepunkt ein etwas kleinerer Wert gefunden wird als bei den Methanderivaten mit drei Halogenen scheint plausibel.

Es erscheint zwecklos, auch fur die wasserstoffhaltigen Aethan- und Aethylenverbindungen quantitativ den Beitrag der Dipolmomente in den Siedepunkten zu berechnen, da man hier schon bei den

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Methanderivaten auf grosse Schwierigkeiten stosst. Dass qualitativ ein Parallelismus zwischen Dipolbeitrag und Dipolgrossen vorhanden ist. wurde friiher schon bemerkt

Da auch hier wieder die TD-Werte konstant und die TL-Werte (nahezu) additiv sind, lasst sich der Siedepunkt einer Halogen- verbindung genau berechnen, wenn man nur den Siedepunkt einer Verbindung desselben Typus kennt und die Aenderungen der Siedepunkte bei der Substitution F - C1- Br :w J bei einer Ver- bindung der Gruppe bekannt ist. Dies bleibt sogar bei Propan und hoheren Kohlenwasserstoffen giiltig. Aus dem Siedepunkt kann man oft schliessen, mit welchem Isomeren man es zu tun hat.

Aethanderivate.

Subst i t uenten -_____

2 Cl

3 c1

4 CI

C1. Br

2 Br

2 F , 2 B r

CI, 2 B r

2 CI. 2 Br

3 Cl. 2 Br

F, 3 B r

2F, 3 B r

4 Br

ClJ

2 NO, No* I

Stellung

1.2 1.1

1.1.2 1.1.1

1.1.2.2 I .1,1.2 1 --2 1- 1

1.2 1.1

1.1-2.2 1 . I - 1.2 1-1.2 1-1.1

1.1 -- 2.2 1.1 --1.2

1.1.1-2.2 1.2.2-- 1.1 2-1.1.2 1-1.1.2

1.2-- 1 . I .2 2.2-1.1.2 1 . I -2.2 1.1-1.2

1-2 1-1 1-2 1-1 1-2 1-1

1.2 1.1

1.28 1.20 1.44 1 3 2 I .59 I 54 1 70 1 6 7 2 18 2.09 2.31 2.24 2 27 2 13 2 39 2.27 2.317 2.315 2.67 2.60 2.067 2.067 2.97 2.87 2.16 2.05 2.52 2.4 1

1.40 1.25 1.45 1.35

i I I

I

i I

1

i

~

I 1

I I

I I i

i I , i I

200 20 26 26 26 26 16 16 20 20 20 12 16 16 19 16 0 0

18 17.5 17.5 17.5 20 20 19 19 29 29

7.5 7

23.5 23.5

1 Siedepunkt

' 84O I 59

114

1 147 I 130 1 108

, 74

83 132 I07 107 93

163 124 I97 177 200 200-205 178 163 146 143.5 - -

140 118 163 143 173 125 95 ( 5 mm) 72 (12 mm)

A. E. van Arkel und J. L. Snoek. diese Zeitschrift 52, 719 (1933).

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736

Chlorpropanderivate.

CI 1 3

2 c1

3 CI

4 CI

6 CI

7 c1

- 1.3 1.2 1.1 2.2

1.2.3 1.1.3 1.1.2 1.2.2

I .1.2.3 1.2.2.3 1.1.2.2 1.1.1.2

1.1.2.2.3.3 1.1.1.2.3.3

1.1.1.2.2.3.3 1.1.1.2.3.3.3

0.890 0.859 1.19 1.16 1.13 1.09 1.42 1.36 1.35 1.33 1.521 1.498 1.477 1.478 1.714 1.698 1.805 1.792

200 20 17 17 17 20 15 15 15 15 15 15 13 15 34 34 34 34

46O 36

125 97 76 70

158 147 132 123 179 164 153 152 218.5 216 164 (90 mm)! 165 (90 mm)?

Bis zu den Propanderivaten lasst sich fur isomere Halogenderivate

Die Reihenfolge f u r die Dichlorpropane ist fur die Siedepunkte.

Mit den Siedepunkten geht aber die Dichte bei 20° parallel. Nach Kopp sind die Molekularvolumina beim Siedepunkt fu r

alle Verbindungen (nahezu) gleich. Je hoher also der Siedepunkt ist. um so weiter ist man bei ZOO vom Siedepunkt entfernt und um so kleiner ist das Molekularvolumen bei dieser Temperatur. Die Dichten isomerer Verbindungen bei konstanter Temperatur zeigen also die gleiche Reihenfolge wie die Siedepunkte. Angenommen ist dabei, dass die Ausdehnungskoefizienten fur die verschiedenen Isomeren die gleiche Temperaturabhangigkeit zeigen. Die Tabelle (S. 735) enthalt alle Falle, in denen in Beilstein’s Handbuch die Dichten isomerer Aethanderivate angegeben sind. Von den Propanderivaten sind nur die Chloride aufgenommen. Nur in einem Fall weicht die Reihenfolge der Dichten von der erwarteten ab (Tetrachlorpropane). Falls die Isomerie auf der Stellung der Halogene beruht, sind die Dichten gleich, die Siedepunkte nur ausserst wenig verschieden. Auch die NO,-Derivate folgen der Regel.

Ein allgemeiner Zusammenhang zwischen Grosse des Dipolmomentes und Siedepunkts liess sich a m deutlichsten bei den Benzolderivaten zeigen. Es hat sich nun gezeigt, dass dies auch bei den hetero- zyklischen Verbindungen der Fall ist. Betrachten wir tunachst die Pyridinderivate. Pyridin hat ein Dipolmoment von p = 2.10-18, das wohl im N-Atom seinen Sitz hat. Es liegt kein Grund vor, weshalb dieses Moment unsymmetrisch in Betug auf das Molekul orientiert

die Reihenfolge der Siedepunkte angeben ‘)).

1.3) 1.3) 1.1 ) 22.

4, A. E. van Arkel, Rec. trav. chim. 51, 1081 (1932).

Page 5: Zusammenhang zwischen Dipolmoment und Kohäsionskräften. III

737

sein sollte. W i r nehmen also an, dass es der Diagonale des Sechs- ringes parallel gerichtet ist. Das Vorzeichen ist noch unbekannt ; da aber dass 2 C1-Pyridin einen hoheren Siedepunkt hat als die beiden Isomeren, nehmen wir an, dass die Dipole des C1 und N in dieser Verbindung sich verstarken, und also beide mit demselben Vorzeichen zu nehmen sind wie die Dipole der C-C1-Bindungen in Benzol.

Urn die resultierenden Dipolmomente der Pyridinverbindungen berechnen zu konnen, nehmen wir an, dass sie ebenso gross sind wie die Momente der entsprechenden Benzolderivate, also

p Halogen == 1.6.10-18, NO, = 4.10--'8,

Fur eine Gruppe von Isomeren sol1 jetzt die Reihenfolge der

Alkyl = -0 45.10-18.

Siedepunkte dieselbe sein wie die der Dipolmomente.

Pyridinderivate.

2 1 3.0 3 ~ 1 8 4 2 3 4

2.6 2.3 2 5 2.4 3.4 3.5

2.3.6 2.3.4 2.4.6 2 3.5 3.4.5 2 4.5

2 3 4 4 3 2 4 3 2

0.5 3.0 1.8 0.5 3.5 3.2 2.0 1.8 1 .o 0.5 3.0 2.2 2.0 1.8 1 .o 0.5 5.3 3.8 2.0 2.4 2.2 1.8 2.4 2.2 1.8

Siede- punkt

168O

___

148-145 147-14t

194 174

249

235

-

-

- -

222 297 *)

284 *) 284 *) 282 *)

256 216

I45 143 129

-

-

-

164-166 162--166

148.5

Stellung tuent

4 3 2

3.5 3.4 2.4 2.3 2.5 2.6 3.- 4 2%- 5 3.4.5 2.3.4 2.4.5 2.3.5 2.4.6 2.3.6 2-4 4--2

6-2.4 4-2.6

3 2

,u 1 0- '8 - _ _ -~ .-

2.4 2.2 1.8 2.4 2.3 2.2 2.1 2.0 1.8 2.6 2.0 2.8 2.5 2 .4 2.2 2.0 1.8 3.0 0.3 3.0

w 0.0

(2.8) (1 3)

Siede- punkt

274O

269 170 164

___ ~ -

269-270

157- 159 -

1607 143 190 174

1 92 -- 193 188-190 183- 185 171-172 173-174 i~ 192

-

163 213 178 25 1 204

*) Die Siedepunkte dieser Tribrompyridine waren noch nicht bekannt : anf meine Bitte hin hat sich Herr Professor Wibaut bereit erklart dieselbe bestimmen zu lassen. wofiir ich ihrn an dieser Stelle rneinen verbindlichsten Dank aussprechen rnochte.

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738

Im Benzolkern konnen aber auch zwei CH-Gruppen durch N ersetzt werden. Es entstehen die Diazine (Pyridazin (o), Pyrimidin (m), und Pyrazin (p)). Zu erwarten ist, dass sich die Dipole wieder wie diejenigen der C-C1-Bindungen bei den Chlorbenrolen zusammensetzen.

Verbindung

o-Diatin m- .. p- ..

Methy I-o-Diazin .. -m- ,, .. -m- ,, .. -m- ., 9, -p ,.

Diazinderiva te.

Siedep. 11 Verbindung I Ezk 1 p lo-'"/ Siedep. _______ ________ -

116 ., -m-..

155.5 154.5 142

Auch bei den Thiophenderivaten bleibt die Regel giiltig. Es scheint, dass das Moment wieder dasselbe Vorzeichen hat wie bei Pyridin. Es werden hier aber die Winkel zwischen den Substituenten unsicher : Die Reihenfolge bei den Dimethylderivaten ist dadurch schon nicht einwandfrei anzugeben. Es hat hier aber die Verbindung mit dem grossten Dipolmoment den hochsten, die mit dem kleinsten Moment den niedrigsten Siedepunkt.

Fur die iibrigen heterozyklischen Verbindungen (Pyrol, Furan etc.) fehfen die experimentellen Daten zum grossten Teil.

Thiophenderivate.

Verbindung ' Stellung ~. I __ - - -. .. -

I CH:I I 3

2

! 1:: 2 CH,

2.3 I 2.5

'* 10 -18

-_ . ~-

0.9 0.5 0.9 0.5 0.9

- ? 0.2

- 7

Siedepun k t - . ~-

~ ~

1 1 4 O 112-113 135-136 132-134 144--146 137 - 138 136-137

134

Z u m Schluss noch einige Bemerkungen uber die Lage der Siede- punkte der Naphthalinderivate und die Verbindungen, die man erhalt. wenn man in Naphthalin oder dessen Derivaten eine oder mehrere CH-Gruppen durch N ersetzt.

Da bei diesen Verbindungen, wie bei den Benzolderivaten, anzu- nehmen ist. dass die Gruppenmomente feste Winkel miteinander einschliessen, werden wir auch hier wieder die Regel bestatigt finden, dass das para-Derivat hoher siedet als das ortho-Derivat

Page 7: Zusammenhang zwischen Dipolmoment und Kohäsionskräften. III

739

wenn beide Gruppenmomente das gleiche Vorzeichen haben, um- gekehrt aber, wenn die Vorzeichen der Gruppenmomente ver- verschieden sind.

Es konnen leider nur sehr wenig Beispiele angefiihrt werden:

Substituenten .-___.

~ ___.

2 CI

2 N

NCI

CH, -N (Methy l-chinoline)

CH,--N (Methyl.-isochinoline)

Stellung

1.2 1.3 1.4 2.3 1.3 1.4 1.2 1.3 1.4 1.4 1.3 1.2 2.4 2.3 2.1

y 10-18 _..___ ____

3.5 2 0 3.5 2 0 3.1 1.8 0.4 2.4 2.2 1.8 2.2 1.8 1.8

Siedepunkt --___

-.

291O 287 315 242 229 268 255? 260

258-- 260 252-254 246-248

256 246

243--245

Ausser den bei Benzol moglichen Isomeriefallen finden sich bei den Naphthalinderivaten noch weitere Falle vor. So gibt es schon zwei Monoderivate. Nach unseren bisherigen Ueberlegungen konnen zwei Effekte den Unterschied im Siedepunkt der beiden Isomeren verursachen.

Bedenkt man, dass eine Gruppe, die an das Kohlenstoffatom 1 gebunden ist, von einer Seite durch den zweiten Benzolkern daran verhindert wird sich Nachbarmolekiilen zu nahern, so muss man fur alle 1-Derivate einen niedrigeren Siedepunkt erwarten als fur die 2-Derivate.

Es zeigt sich aber, dass, wenn der Substituent eine OH- oder NH,-Gruppe ist, das I-Derivat hoher siedet. Damit fallt die Erklarung fort, wenn jedenfalls nicht noch ein zweiter Effekt zugleich wirksam ist. Naphthalinderivate, bei denen alle Substituenten sich in einem Benzolring befinden, kann man auffassen als Benzolderivate, in denen zwei H durch die Gruppe -C,H, ersetzt sind. Nun haben wir gesehen, dass Einfiihrung einer Alkyl- oder Phenylgruppe ein kleines Moment von der Grossenordnung -0.4 erzeugt. Es wird dabei wenig ausmachen, ob, falls zwei Gruppen eingefiihrt werden, diese sich zu einer Kette vereinigen. Es ist somit das Naphthalinderivat mit einem Orthoxylolderivat zu vergleichen. Nun lasst sich leicht ableiten, dass ein 1 .2-Dimethylc3 X-benzol einen niedrigeren Siede- punkt haben wird als ein 1.2-Dimethvl-4 X-benzol, wenn X ein Halogen oder NO, ist, dagegen einen niedrigeren Siedepunkt wenn X eine Alkylgruppe, OH oder NH, ist. Besonders interessant waren die Siedepunkte der Monoalkylnaphthaline, da man hier negative

Page 8: Zusammenhang zwischen Dipolmoment und Kohäsionskräften. III

740

Mornente und feste Orientierung hat. Leider sind hier aber die Siedepunkte gerade sehr unsicher ; vielleicht darf man doch noch schliessen, dass die 1 -Derivate den hochsten Siedepunkt haben.

Substituent Stellung Siedepunkt j 1 P

CI

Er

NO2

2 212.5O 1 I 212(216) 2 I 264-266

2 282 1 1 278

304

1 1 259-262

- 2 1

Substituent

CHB

OH

Stellung

1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2

Siedepunkt

236-242’ 241-243 258 (251)

251 274? 278? 347 325

>300 280 305 30 1

Bei den Diderivaten gibt es Falle von Isomerie, aus denen man schliessen kann, wie die Wirkung zweier Dipole von ihrem gegen- seitigen Abstand abhangt. W i r vergleichen die Isomeren 1.2 und 1.7. In beiden Fallen ist der Winkel zwischen den Gruppenmomenten 60’. der Totaldipol also

V(Ft7+IUZ) wenn p, und p2 die Einzelmomente sind. 1st der Abstand aber sehr gross, wie beim 1.7-Derivat der Fall ist, so tragen beide Gruppen- momente unabhangig von einander zu TD bei. Sie verhalten sich dann wie ein Dipol von der Grossenordnung p ’ p 1 2 + ~ 9 2 . O b der Siedepunkt der 1.2 Verbindung hoher oder niedriger liegt als der Siedepunkt der 1.7 Verbindung, hangt nur davon ab, ob pIp2 positiv oder negativ ist. Haben beide Gruppen das gleiche Vorzeichen (C1 und N), so siedet 1.2 hoher als 1.7. Wenn das Vorzeichen verschieden ist (CH,, N) hat aber das 1.7-Derivat den hochsten Siedepunkt.

__-

2 Chlorchinoiin 268O 7 256 2 Methylchinolin 247 7 260

Einen ahnlichen Fall haben wir bei der 1.3 und 1.6 Isomerie. Hier ist bei kleiner Entfernung (1.3) der _ _ _ _ Dipol gleich v ’ p 1 2 + pZn - pl~,, bei grosser Entfernung wieder pI2 + pz2. Es siedet also das 1.3- Derivat niedriger wenn ,uL1 und pi das gleiche Vorzeichen haben.

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74 1

3 Chlorchinolin 2 5 5 O 6 262 3 Methylchinofin 253 ? 6 2 5 a ?

und dasselbr ist auch fur die Isxneren 1.4 und 1.5 XI erwarten.

+ Chlorchinolin 260° 7 268 4 Methylchinolin 259 '> 254

Nur an einer Ste!le findet man eine Abweichung von der erwar- teten Reihenfolge.

Es zeigt sich also, dass auch bei den Naphthalinderivatcn der Zusammenhang zwischen Dipolmonienten und Lage der Siedepunkte sich bis auf Einzelheiten nacliweisen lasst. Fur weitere Untersuchungen sind aber genauere Mierte der Siedepunkte und der Dipolniomente erfocderlich.

Messungen der Dipolniomente hsi heterozyklischcn Verbindungen sind i m Gange. Wir haben bereits in Uebereinstimmung mit der Siedepunktsregcrl feststellen kijnnen, dass das 2.3-Dimethylchinoxalin und 2.6-Din?etliylpyrazin Dipole von der Gr6ssenordnung 0.6. I0 - ' I i

habcn, uncl dass das 2.5-Dimethylpyrazin cin Moment null hiit. llar,;lus Folgt Ijchon, dass die Momentc der N-Gruppen sich in diescn Ver bi nd el ng e n p r a k t i sc h au f he b en.

( R e p le 24 rnai 1933).

26