zur Übertragung des scrophularia mottle virus

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Phytopath. Z., 78, 278—281 (1973) © 1973 Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg ISSN 0031-9481 /ASTM-Coden:PHYZA3 Kurze Mitteilungen Biologische Bundesanstalt fur Land- und Forstwirtschajt, Institut fiir landwirtschaftliche Virusforschung, Braunschweig Zur ijbertragung des Scrophularia Mottle Virus Von H. L. WEIDEMANN Eingegangen am 13. Juli 1973 In Scrophularia nodosa-Pflcinzen ist ein Virus nachgewiesen, das erstmals von HEIN (1959) isoliert wurde. Auf Grund serologischer und elektronenmikro- skopischer Befunde sowie physikalischer und chemischer Eigenschaften erwies es sich als zugehorig zur turnip yellow mosaic virus-Gruppe (TYMV). Als Namen wurde dafiir Scrophularia mottle virus (ScMV) vorgeschlagen (BERCKS et al. 1971). Die Viren der TYMV-Gruppe sind leicht mechanisch zu ubertragen. Als Vektoren wurden bei einzelnen Viren bisher nur Kafer, jedoch nicht Insek- ten mit stechend-saugenden Mundwerkzeugen aufgefunden (vgl. WALTERS 1969). Die vorliegenden Untersuchungen dienten dazu, den natiirlichen Vektor des ScMV zu finden und zu prlifen, inwieweit sich das ScMV auch hinsichtlich seiner Ubertragbarkeit in die TYMV-Gruppe einfugt. Bei der Suche nach einem Vektor fiel auf, dafi an naturlichen Standorten S. nodosa-V&znzen regelmafiig mit Kafern der Gattung Cionus (Curculionidae) und deren Larven besiedelt waren. Es lag deshalb nahe, mit diesen Kafern eine Laborzucht aufzubauen, um sie auf ihre Vektoreignung zu priifen. Dabei handelte es sich um folgende vier Arten: Cionus tuherculosus Scop., C. scrophulariae Lin., C. hortulanUs Geoffr. und C. alauda Hrbst. Blattlause und Kafer aus anderen Familien wurden auf den Pflanzen nicht gefunden. Fiir die Ubertragungsversuche wurde S. nodosa sowohl als Virusquelle wie auch als Empfangerpflanze verwendet. Da die Ausbildung der Symptome auf S. nodosa oft nicht sehr deutlich war und grofieren Schwankungen unterlag, wurden von alien Pflanzen mechanische Ubertragungen auf Antirrhinum majus und Datura stramonium als Testpflanzen vorgenommen. Zwei Versuchsanord- nungen wurden gewahlt. In der ersten sollte die Vektoreignung der Kafer iiber- haupt festgestellt werden. Die verwendeten Kaferarten frafien dafiir 24 Stunden

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Page 1: Zur Übertragung des Scrophularia Mottle Virus

Phytopath. Z., 78, 278—281 (1973)© 1973 Verlag Paul Parey, Berlin und HamburgISSN 0031-9481 /ASTM-Coden:PHYZA3

Kurze Mitteilungen

Biologische Bundesanstalt fur Land- und Forstwirtschajt,Institut fiir landwirtschaftliche Virusforschung, Braunschweig

Zur ijbertragung des Scrophularia Mottle Virus

Von

H. L. WEIDEMANN

Eingegangen am 13. Juli 1973

In Scrophularia nodosa-Pflcinzen ist ein Virus nachgewiesen, das erstmalsvon HEIN (1959) isoliert wurde. Auf Grund serologischer und elektronenmikro-skopischer Befunde sowie physikalischer und chemischer Eigenschaften erwieses sich als zugehorig zur turnip yellow mosaic virus-Gruppe (TYMV). AlsNamen wurde dafiir Scrophularia mottle virus (ScMV) vorgeschlagen (BERCKSet al. 1971). Die Viren der TYMV-Gruppe sind leicht mechanisch zu ubertragen.Als Vektoren wurden bei einzelnen Viren bisher nur Kafer, jedoch nicht Insek-ten mit stechend-saugenden Mundwerkzeugen aufgefunden (vgl. WALTERS1969).

Die vorliegenden Untersuchungen dienten dazu, den natiirlichen Vektordes ScMV zu finden und zu prlifen, inwieweit sich das ScMV auch hinsichtlichseiner Ubertragbarkeit in die TYMV-Gruppe einfugt. Bei der Suche nach einemVektor fiel auf, dafi an naturlichen Standorten S. nodosa-V&znzen regelmafiigmit Kafern der Gattung Cionus (Curculionidae) und deren Larven besiedeltwaren. Es lag deshalb nahe, mit diesen Kafern eine Laborzucht aufzubauen, umsie auf ihre Vektoreignung zu priifen. Dabei handelte es sich um folgende vierArten: Cionus tuherculosus Scop., C. scrophulariae Lin., C. hortulanUs Geoffr.und C. alauda Hrbst. Blattlause und Kafer aus anderen Familien wurden aufden Pflanzen nicht gefunden.

Fiir die Ubertragungsversuche wurde S. nodosa sowohl als Virusquelle wieauch als Empfangerpflanze verwendet. Da die Ausbildung der Symptome aufS. nodosa oft nicht sehr deutlich war und grofieren Schwankungen unterlag,wurden von alien Pflanzen mechanische Ubertragungen auf Antirrhinum majusund Datura stramonium als Testpflanzen vorgenommen. Zwei Versuchsanord-nungen wurden gewahlt. In der ersten sollte die Vektoreignung der Kafer iiber-haupt festgestellt werden. Die verwendeten Kaferarten frafien dafiir 24 Stunden

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Zur Obertragung des Scrophularia Mottle Virus

TabellenObertragungen des Scrophularia mottle virus durch verschiedene Cionus-Arten

{Curculionidae) von Scrophularia nodosa auf S. nodosa.Ergebnisse der Testungen auf A. majus und D. stramonium.

Tabelle 1

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Kaferart

Clonus scrophulariaeC. hortulanusC. tuberculosusC. alaudaLarven Lj

Anzahl verwendeter PflanzenAnzahl infizierter Pflanzen

45/1055/1047/749/519/616/1017/5

infizierterPflanzen

22181510326329

virusaufnahme 24 Stunden; Virusabgabe 24 Stunden, ohne Hungerzeit.

Tabelle 2

Kaferart

C. scrophulariae

C. hortulanus

C. tuberculosus

C. alauda

verschiedene Larvenstadien

Anzahl verwendeter PflanzenAnzahl infizierter Pflanzen

a:b:a:b:a:b:a:b:b:

52/351/057/163/160/560/344/045/015/1

Pflanzeninfizierter

602285007

Virusaufnahme: 5 Tage (bei Larven mindestens 24 Stunden); Virusabgabe: 24 Stunden;Hungerzeiten nach Virusaufnahme: a = 2 Stunden, b = 24 Stunden.

auf der Virusquelle und wurden danaeh fur 24 Stunden auf die Empfanger-pflanzen gesetzt. Aufierdem wurden in dieser Versudisanordnung Ubertragungs-versuche mit Larven durchgefiihrt, die nach ihrer Grofie mit Li bis L3 bezeichnetwurden. Die Larven wurden den einzelnen Kaferarten nicht zugeordnet.

In der zweiten Anordnung ging es um die Persistenz des Virus im Vektor.Zwischen Virusaufnahme und -abgabe wurden hier 2 bzw. 24 Stunden Hunger-zeiten eingefligt. Die Virusaufnahme betrug in diesem Falle fiinf Tage, dieAbgabe wiederum 24 Stunden. Larven verschiedener Grofie befanden sich min-destens 24 Stunden auf der Virusquelle.

In alien Versuchen wurde jede Pflanze mit zwei Kafern bzw. Larvenbesetzt. Friihestens sechs Wochen danach erfolgten die Testungen auf A. majusund D. stramonium.

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280 WEIDEMANN

Die Ergebnisse der ersten Versuchsanordnung sind in Tabelle 1 zusammen-gefafit. Wie man daraus ersieht, vermogen alle verwendeten Kaferarten dasScMV zu ubertragen. Der Ubertragungserfolg ist jedoch nicht sehr hoch. Mit22 % infizierter Pflanzen iibertrug C. scrophulariae das ScMV am erfolg-reichsten, C. alauda erwies sich mit 10% als der ungeeignetste Ubertrager. DieLarven iibertrugen das ScMV besser als die Imagines, was offenbar auf diegrofiere Frafiaktivitat dieser Tiere zuruckzufiihren ist.

Die Ergebnisse der zweiten Versuchsanordnung zeigt Tabelle 2. Wie mandaraus ersieht, ist nach zweistiindiger Hungerzeit die Ubertragungsrate bereitssehr vermindert. C. alauda iibertrug das ScMV uberhaupt nicht mehr. Nach24stundigem Hungern ist auch C. scrophulariae nicht mehr in der Lage, dasVirus zu ubertragen. Bei C. tuberculosus sank der Anteil der infizierten Pflanzenauf 5 %, C. hortulanus iibertrug weniger als 2 %. Die Larven vermochten nachdieser Hungerzeit nur noch eine von 15 Pflanzen zu infizieren.

Versuche, das ScMV mit Blattlausen zu iibertragen, schlugen fehl. Myzuspersicae iibertrug das Virus nach Hungerzeiten weder nach 5 Minuten noch nach24 Stunden Aufnahmezeit bei 24stiindiger Abgabe auf 30 verwendete S. no-dosa-PRanzen.

Das ScMV ahnelt damit auch hinsichtlich seiner Ubertragbarkeit durchKafer anderen Viren der TYMV-Gruppe. Jedoch wurden hier bisher nur Kaferaus der Familie der Chrysomeliden als Vektoren aufgefunden, wahrend es sichim Falle des ScMV um Curculioniden handelt. Wegen der geringen Haltbarkeitdes ScMV am Vektor ist anzunehmen, dafi das Virus allein an den aufierenMundwerkzeugen der Kafer haftet und die Ubertragung durch mechanischeInokulation beim Fressen erfolgt. Eine engere Virus-Vektor-Bindung, wie sie beieinigen Viren dieser Gruppe beobachtet oder auf Grund langfristiger Uber-tragungen angenommen wurde (vgl. WALTERS 1969, WEIDEMANN und BODE1973), kann hier wohl ausgeschlossen werden. Da CionK5-Arten allein S. nodosabesiedelten ist anzunehmen, dafi es sich hier um die natiirlichen Vektoren desScMV handelt. Mit der Kenntnis des Vektors kann das Kryptogramm des ScMV(nach GIBBS) vervollstandigt werden, es lautet:

R/1 : 2,1/37 : S/S : S/Cl

Summary

The Transmission of Scrophularia Mottle Virus

Scrophularia mottle virus (ScMV) ist transmitted by weevils of the genusClonus (table 1), but not by aphids. The transmission rate decreases when star-ving periods are inserted between the acquisition of virus and the feeding onhealthy plants (table 2). Since weevils of the genus Cionus occur on Scrophu-laria nodosa under natural conditions, it is suggested that they are the naturalvectors of ScMV.

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Zur Obertragung des Scrophularia Mottle Virus 281

Literaturverzeichnis

BERCKS, R., W. HUTH, R. KOENIG, D . LESEMANN, H . L. PAUL und G. QUERFURTH, 1971: Scro-

pkularia mottle virus: Charakterisierung und Vergleich mit anderen Viren der turnipyellow mosaic virus-Gruppe. Phytopath. Z. 71, 341—356.

HEIN, A., 1959: Beitrage zur Kenntnis der Viruskrankheiten an Unkrautern. V. Ein Virus vonScrophularia nodosa L. Phytopath. Z. 36, 290—310.

WALTERS, H . J., 1969: Beetle transmission of plant viruses. Adv. Virus Res .15, 339—363.WEIDEMANN, H . L., und O. BODE, 1973: Untersuchungen liber ein neues isometrisches Virus aus

Atropa belladonna L. IV. Versuche zur Ubertragbarkeit des Belladonna mottle virus.Phytopath. Z. 76, 6—10.

Anschrift des Verfassers: Institut fiir landwirtsdiaftliche Virusforschung, 33 Braun-schweig, Messeweg 11/12.

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