zieloffenheit ein widerspruch zur abstinenz? · zu 1: zieloffene innere haltung • „ich weiß...

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© Körkel (2015) Fachtagung des Mühlhofs Zentrum für Suchttherapie und Rehabilitation Das Abstinenzparadigma in der Suchttherapie: zwingend oder überholt? St. Gallen, 12. Februar 2015 Zieloffenheit ein Widerspruch zur Abstinenz? ? Joachim Körkel

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© Körkel (2015)

Fachtagung des Mühlhofs – Zentrum für Suchttherapie und Rehabilitation

Das Abstinenzparadigma in der Suchttherapie: zwingend oder überholt?

St. Gallen, 12. Februar 2015

Zieloffenheit – ein Widerspruch zur Abstinenz?

?

Joachim Körkel

„Wo kämen wir hin,

wenn jeder sagte, wo kämen wir hin,

und keiner ginge, um zu sehen,

wohin er käme, wenn er ginge?“

Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827)

© Körkel (2015)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

5. Behandlungsansatz kontrollierter Konsum

6. Indikation

7. Umsetzung von Zieloffenheit

8. Fazit

Übersicht

© Körkel (2015)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

Übersicht

© Körkel (2015)

Abstinenz ist eine wertvolle Lebensoption.

Abstinenz ist eine wertvolle Behandlungsoption:

- ↑ Gesundheitliche Genesung, Führerscheinwiederer-

langung, Lebenszufriedenheit ... (Maffli et al. 1995)

- ↓ Arbeitsunfähigkeits- und Krankenhaustage (Klein et al.

1998), innerfamiliäre Gewalt (O‘Farrell et al. 2003) …

Ergo: Das Ziel der Abstinenz steht überhaupt

nicht in Frage. Es sollte in der

Behandlungspalette (und Selbsthilfe)

stets enthalten sein.

Suchtmittelabstinenz als Ziel

© Körkel (2015)

Trotzdem ist es sinnvoll, die Behandlungspalette

um Reduktionsprogramme zu ergänzen, denn: „There is a wealth of alternatives“ (Miller et al. 2003).

Abstinenzbehandlung

+ Reduktionsbehandlung

© Körkel (2015)

zieloffene

Suchtbehandlung

Abstinenz als Ziel (Forts.)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

Übersicht

© Körkel (2015)

„Zieloffene Suchtarbeit“ bedeutet, mit

Menschen (Patienten, Klienten, Betreuten,

Bewohnern etc.) an einer Veränderung ihres

problematischen Suchtmittelkonsums zu

arbeiten, und zwar auf das Ziel hin, das sie

sich selbst setzen.

Definition

„Zieloffene Suchtarbeit“ (ZOS)

© Körkel (2015)

1. eine innere Haltung der Zieloffenheit

2. State-of-the-Art-Wissen auch über Konsumreduktion

3. die Fähigkeit, mit Kl. in einem sanktionsfreien,

einladenden Dialog für jede konsumierte Substanz ihre

Zielvorstellungen zu erkunden und zwischen Zielen

abzuwägen

4. Vorhalten eines passgenauen Angebots zum Erreichen

des substanzspezifischen Ziels (oder Überweisung in ein

entsprechendes Angebot).

Voraussetzungen zieloffenen Arbeitens

© Körkel (2015)

Zu 1: Zieloffene innere Haltung

• „Ich weiß nicht, was das Beste für den Kl. ist.“

• „Es steht jedem Kl. zu, gemäß seinen eigenen

Lebensvorstellungen zu leben – auch im Hinblick auf den

Suchtmittelkonsum (sofern er andere nicht schädigt).“

• „Menschen verändern sich am ehesten, wenn sie ihre

eigenen Ziele verfolgen.“

• „Menschen sind am ehesten dazu bereit, sich für ein neues

Ziel (z.B. Abstinenz) zu entscheiden, wenn sie selbst die

Erfahrung machen, dass ihr bisheriges Ziel (z.B.

Konsumreduktion) nicht den gewünschten Erfolg bringt.“

• „(Auch) Abstinenz ist ein wertvolles Ziel.“

• Usw. © Körkel/ ISS (2015)

Was haben

Sie in den

letzten 12

Monaten

konsumiert

?

Wie hätten Sie gerne,

dass es mit Ihrem [Zigaretten- etc.] Konsum

weitergeht?

nichts

verändern –

alles ok so

weniger

(oder

anders)

konsumieren

eine Zeit

lang

abstinent

leben

für immer

damit

aufhören

(Abstinenz)

Sonsti-

ges

Zigaretten

X X

Alkohol

X X

Beruhigungs-

mittel („Benzos“)

-

Cannabis

X X

Heroin

-

Substitutions-

mittel -

Kokain/ Crack

-

Zu 3: Systematische Zielabklärung

Behandlungen für das letztendlich vom Patienten

gewählte Konsumziel vorhalten:

- Abstinenzbehandlungen für Abstinenzmotivierte

- Reduktionsbehandlungen für Menschen, die

zu einer abstinenten Lebensweise nicht

motivierbar oder dazu nicht in der Lage sind.

- Bei Konsum mehrerer Substanzen (z.B. Alkohol

und Nikotin) kann beides Hand in Hand gehen.

© Körkel (2015)

Zu 4: Passgenaue Angebote

• Weiterentwicklung des eigenen Arbeitsansatzes von

niedrigschwellig-suchtbegleitender Arbeit,

ausschließlicher Abstinenzausrichtung oder

Abstinenzausrichtung mit vereinzelten

Reduktionsangeboten (z.B. 2x Gruppe zu KT pro Jahr)

hin zu durchgängig zieloffener Ausrichtung der

eigenen Arbeit.

• Es bedeutet nicht, dass abstinenzorientierte

Behandlungsangebote entfallen, „geschwächt“ oder

in der ihnen zustehenden Bedeutung herabgestuft

werden sollten.

Summa summarum bedeutet ZOS für Einrichtungen:

© Körkel (2015)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

Übersicht

© Körkel (2015)

1. Erhöhung der Behandlungsquote von Menschen, die durch

Abstinenzbehandlung nicht erreicht werden.

2. Erhöhung der Behandlungsquote von „Gescheiterten“, die

durch Abstinenzbehandlung nicht mehr erreicht werden.

3. Harm reduction durch Reduktionsbehandlung (z.B. ↓

Mortalität).

4. Reduktionsbehandlung als Brücke zur Abstinenz.

5. Angemessene Behandlung von Menschen, die eine

Abstinenzbehandlung mit Reduktionsziel „durchziehen“ (oder

in der niedrigschwelligen Drogenhilfe in ihrer Sucht

verharren).

Vorteile eines zieloffenen Behandlungssystems

(Abstinenz und Reduktion als Optionen)

© Körkel (2015)

% Patienten/-innen in abstinenzorientierter Alkoholismustherapie, die kein Abstinenzziel

verfolgen

USA

GB

GB

CAN

D

© Körkel (2015)

© Joachim Körkel, Gabi Becker, Volker Happel & Gero Lipsmeier (2011)

40,4

87,7 88,7

79,4

43,9 46,2

69

0

20

40

60

80

100

Zigaretten Crack Heroin Benzos Cannabis Alkohol Kokain

%

© K

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el, B

ecker,

Happel &

Lip

sm

eie

r (2

008)

Veränderungsvorsatz

Frankfurter „Szene“-Drogenabhängiger

(Bezug: Alle Konsumentinnen der jeweiligen Substanz; N=113)

bei durchschnittlich

2,77 Substanzen

Reduktionswunsch

7. Weniger Behandlungsabbrüche.

8. „Geschmeidigere“ Behandlung, „adherence.

9. Die Ergebnisse von Abstinenzbehandlung sehen nicht so

rosig aus, dass die Suche nach Ergänzungen überflüssig

wäre.

10. Gute Behandlungsergebnisse bei Reduktionsbehandlung.

11. Einhaltung bioethischer Maximen (Autonomie + „Sollen

setzt Können voraus“).

© Körkel (2015)

Vorteile eines zieloffenen Behandlungssystems

(Abstinenz und Reduktion als Optionen)

12. Ökonomischer Nutzen, z.B. für Krankenkassen.

13. Anschluss an internationale Standards (z.B. Europäische Zulassungsbehörde für Medizinale Produkte [EMA

2010]).

© Körkel (2015)

Vorteile eines zieloffenen Behandlungssystems

(Abstinenz und Reduktion als Optionen)

© Körkel (2015)

Verbreitung von Programmen zum kontr. Trinken in

verschiedenen Ländern (% Einrichtungen mit kT-Angebot)

Geschulte KT- Fachkräfte in D, CH, A (vgl. www.kontrolliertes-trinken.de)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

Übersicht

© Körkel (2015)

Verhaltenstherapeu-

tische Programme

zum (selbst-)

kontrollierten

Trinken

(Behavioral Self-

Control Trainings)

Art der Behandlung

Selbsthilfegruppen

- z.B. „Moderation

Management“

Pharmakologische

Behandlungen

- z.B. Naltrexon

- z.B. Nalmefen (Selincro®)

© Körkel (2015)

Ziel der Behandlung:

Trinkmengenreduktion

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

5. Behandlungsansatz kontrollierter Konsum

Übersicht

© Körkel (2015)

Selbstkontrollierter Substanzkonsum liegt vor, wenn eine

Person (sie selbst!) ihren Konsum an einem zuvor

festgelegten Plan bzw. an Regeln ausrichtet.

Das bedeutet de facto, jeweils für eine Woche voraus zu planen:

1. Anzahl konsumfreier Tage

2. maximale Konsummenge an Konsumtagen

3. maximaler Gesamtkonsum in der ganzen Woche

und ggf. den Kontext festzulegen: Wann, wo und mit wem

soll konsumiert werden?

Definition

„Selbstkontrollierter Substanzkonsum“

© Körkel (2015)

Beispiele von BSCT-Selbsthilfemanualen

© Körkel (2015)

Autodidaktisches

„12+Programm“ zum kontrollierten Rauchen

– mit der Option des

Übergangs zur Abstinenz

(Drinkmann & Quest Akademie, 2007)

© Körkel (2015)

Ambulantes Einzelprogramm zum kontroll. Trinken (EkT)

(Gehring & Projektgruppe kT, 2003)

Ambulantes Gruppenprogramm zum kontroll. Trinken (AkT)

(Körkel & Projektgruppe kT, 2001)

© Körkel (2015)

Programmvariante für die Arbeit mit Wohnungslosen

(„kT-WALK“) (Projektgruppe kT, 2004)

© Joachim Körkel (2015)

Manual für TrainerInnen

CD-ROM mit

Arbeits- und

Info-Blättern

Handbuch für TN

KISS = „Kompetenz im selbstbestimmten

Substanzkonsum“ (Körkel & GK Quest Akademie, 20134)

„Change Your Smoking

(… and more) “

Einzel-/ Gruppen-programm zur Reduktion oder Beendigung des

Konsums von Tabak (und ggf. weiterer Substanzen)

(Körkel & Nanz, 2014)

Inhalte der Programme zum kontrollierten Konsum

- Konsumtagebuch

- Festlegung einer Standard(zähl)einheit

- Bilanzierung des Konsums

- Wöchentliche Festlegung von drei Obergrenzen/Zielen

(Höchstkonsum pro Tag und Woche; Anzahl alkoholfreier Tage)

- Strategien zur Konsumbegrenzung und Risikobewältigung

- Zielüberprüfung und ggf. Wechsel zur Abstinenz

- Freizeitgestaltung, Bewältigung von Belastungen, Umgang

mit Ausrutschern und Rückfällen, Nein-Sagen lernen

© Körkel (2015)

© Körkel (2015)

Pocket-Trinktagebuch (Baseline) (Körkel 2004)

6 Bier (0,5l, 5 %) 17.00

3

Stammkneipe, Kumpels alle trinken;

relaxen × ?

2 Whisky (2cl, 40 %) ?

Mit welchem Getränk nehmen Sie mehr

Gramm Alkohol zu sich?

1 Whisky (2 cl) 1 Glas Bier (0,3 l)

© Körkel (2013)

1 Standardeinheit entspricht

Deutschland: 20 Gramm Schweiz: 12 Gramm

© Körkel (2015)

Einwöchige Zielfestlegung

(Quelle: Programm „AkT“; Körkel et al. 2001)

1

3

15

×

zuvor: 0

zuvor: 7

zuvor: 35

Pocket-Trinktagebuch

2 Bier (0,5l, 5 %) 18.00 2

2 zu Hause relaxen

1

15

2

0

2

3

3

3

kT-Gespräch/

Arzttermin

© Körkel (2015)

© Körkel (2015)

Die Wirksamkeit von Konsumreduktionsprogrammen ist

empirisch belegt für

• Alkohol (Apodaca & Miller 2003; Saladin & Santa Ana 2004; Walters 2000)

• illegale Drogen (Körkel, Becker, Happel & Lipsmeier 2011)

• Tabak (Hughes 2000; Hughes & Carpenter 2005)

• pathologisches Glücksspiel (Ladouceur, Lachance & Fournier 2009)

© Körkel (2015)

Programme zum kontrollierten Trinken schneiden

mindestens genauso gut ab wie Abstinenzbehandlungen –

auch bei Alkoholabhängigen:

Durchschnittliche Erfolgsquote: 65%

Durchschnittliche Reduktion: 30-60%

10-30% gehen zur Abstinenz über

(Kontrolliertes Trinken als „Brücke zur Abstinenz“)

Konsumreduktion ist eine

Erfolg versprechende Zieloption

(Apodaca & Miller 2003; Rosenberg 1993; Saladin & Santa Ana 2004; Walters 2000)

© Körkel (2015)

„Wir wissen, dass kein Alkoholiker jemals wieder

kontrolliert trinken kann“ (Anonyme Alkoholiker 1992 [Blaues Buch], S. 35)

„Es gibt Wahrheiten, die gelten weder

für alle Menschen noch für alle Zeiten“

(Voltaire)

Dies schließt nicht aus, dass “es durchaus möglich

(wenn nicht wahrscheinlich) ist, dass ein moderates

Trinkverhalten für einige Alkoholkonsumenten eine

permanente Unmöglichkeit darstellt, wohingegen es

für andere erreichbar ist” (Miller, 1983, S. 71).

Miller, W.R. (1983). Journal of Studies on Alcohol, 44, 68-83.

© Körkel (2015)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

5. Behandlungsansatz kontrollierter Konsum

6. Indikation

Übersicht

© Körkel (2015)

Selektive Indikation

• zu Konsumveränderung bereit oder

motivierbar

• Abstinenz nicht gewünscht

• zu Abstinenz nicht in der Lage

Absolute Kontraindikation:

• bereits bestehende Abstinenz

oder Abstinenzziel

Relative Kontraindikation:

• Mischkonsum

• Schwangerschaft/Stillzeit

• suchtmittelsensible körperl. Vorschäden

• suchtmittelsensible Medikation

• neg. Konsumfolgen (z.B. Verurteilungen)

Adaptive Indikation

Selektive Kontraindikation

Programmtyp?

• Autodidaktisches Programm

• Einzelprogramm

• Gruppenprogramm

Gruppenbildung?

• Geschlossene oder offene Gruppe

Programmdauer?

• 10 Sitzungen oder mehr

Booster-Sitzungen?

• Anschlussprogramm

(z.B. „KT-Plus“)

© Körkel (2015)

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

5. Behandlungsansatz kontrollierter Konsum

6. Indikation

7. Umsetzung von Zieloffenheit

Übersicht

© Körkel (2015)

• Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung zu

Zieloffenheit

• Aneignung wissenschaftlicher Erkenntnisse („state-

of-the-art“) zu Konsumreduktion/ -sbehandlung

Herausforderungen für die ambulante Suchthilfe

Im

ple

men

tier

ungsp

roze

ss

• Systematische Zielabklärung für alle Substanzen

• Vorhalten auch von Reduktionsbehandlungen für

alle Substanzen

• Neue öffentliche Platzierung der Einrichtung

↔ ↔

© Körkel/ ISS (2015)

• Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung zu

Zieloffenheit

• Aneignung wissenschaftlicher Erkenntnisse („state-

of-the-art“) zu Konsumreduktion/ -sbehandlung

Herausforderungen für die stationäre Suchthilfe

I

mple

men

tier

ungsp

roze

ss

• Sanktionsfreies Klima, das zu Zieloffenheit einlädt

• Systematische Zielabklärung für alle Substanzen

• Vorhalten von Reduktionsbehandlung für Tabak

• „KT-/KISS-stationär“ zum Heranführen an

Konsumreduktion

• Alkoholkonsum bei Heimfahrten/ an Wochenenden

↔ ↔

↔ ↔

© Körkel/ ISS (2015)

• Auseinandersetzung mit dem eigenen Verständnis

von Drogenabhängigen und Drogenarbeit

(Akzeptanz, Suchtbegleitung, intrinsische

Änderungsmotivation)

• Aneignung wissenschaftlicher Erkenntnisse („state-

of-the-art“) zu Konsumreduktion/ -sbehandlung

Herausforderungen für die niedrigschwellige Drogenarbeit

I

mple

men

tier

ungsp

roze

ss

„Arbeit am Konsum“:

• Systematische Zielabklärung für alle Substanzen

• Vorhalten von Reduktionsbehandlungen für alle

Substanzen

• Wo – wann – wie – wer? (Kontext für ZOS)

• Ggf. Überweisung an andere Stellen

↔ ↔

↔ ↔

© Körkel/ ISS (2015)

• Arbeit am Suchtmittelkonsum als integrale

Aufgabe der eigenen Arbeit ansehen

• Aneignung von Suchtbehandlungskompetenz (auch

bzgl. Konsumreduktion/ -sbehandlung)

Herausforderungen für nicht-suchtspezifische Hilfen

(Sozialpsychiatrische Hilfen, Wohnungslosenhilfe etc.)

I

mple

men

tier

ungsp

roze

ss

„Arbeit am Konsum“:

• Systematische Zielabklärung für alle Substanzen

• Vorhalten auch von Reduktionsbehandlungen für

alle Substanzen

• Wo – wann – wie – wer? (Kontext für ZOS)

• Ggf. Überweisung an andere Stellen

↔ ↔

↔ ↔

© Körkel/ ISS (2015)

• Lädt das Klima unserer Einrichtung dazu ein, dass Kl.

(Bewohner etc.) offen über ihren Konsum und ihre

Konsumziele sprechen? Sagen die Kl. die Wahrheit – oder

äußern sie sich sozial erwünscht? Falls ja: Begünstigen

wir das?

• Wissen wir von unseren Kl. genau, was, wann, wo, wie

und wie häufig sie konsumieren? Fragen wir systematisch

danach – klären wir das ab?

• Beziehen wir alle Substanzen in unsere Betrachtung mit

ein – z.B. auch Tabak?

• Was bieten wir Kl., die reduzieren, aber nicht abstinent

von Alkohol, Zigaretten, Cannabis etc. leben wollen, als

Behandlungsangebot an?

• …

Daraus ergeben sich u.a. folgende Fragen:

© Körkel (2015)

Implementierung von Zieloffener Suchtarbeit bedeutet,

Zieloffene Suchtarbeit so in die Behandlung zu integrieren,

dass sie fester, ganz normaler Bestandteil

• des Einrichtungsselbstverständnisses,

• des Behandlungskonzeptes,

• der alltäglichen Arbeit aller MitarbeiterInnen

• wie auch der Außendarstellung der Einrichtung

geworden ist.

(„to mainstream an innovation within an organization“).

© Körkel (2015)

Implementierung

Zieloffen arbeitende Einrichtung

• Einrichtungsname: …?

• Angebote (Alkohol., Zigaretten, illeg. Drogen): … ? • Diagnostik: …? • Personalentwicklung der Mitarbeitenden: …? • Öffentlichkeitsarbeit: …?

• …

Wo stehen wir heute?

Implementierungsprozess

Wo wollen wir hin?

• diverse abstinenzorientierte Motivations- und Behandlungsangebote • Indikative Gruppen • …..

Implementierung von ZOS beim Caritasverband für Stuttgart

© Körkel (2015)

Diagnostisches Radar

1. Gesamtleiter für die 29 Sucht- und

Sozialpsychiatrischen Einrichtungen

stößt Implementierungsprozess an.

2. Steuergruppe mit allen Leitungen aus

Sucht + Sozialpsychiatrie + BWL

wird eingerichtet.

3. Kick-Off-Veranstaltung mit ca. 80 der

130 MitarbeiterInnen.

4. 5 Diagnose-Workshops mit je 10-16

MA aus den Einrichtungen

5. Steuergruppe beschließt, was wann

mit welchen Ressourcen geändert

werden soll.

6. Projektgruppen erarbeiten konkrete

Veränderungsvorschläge.

7. Steuergruppe beschließt Umsetzung.

8. Einführung der Veränderungen.

9. Prozessevaluation und Adaption.

Gesamtdauer: ca. 2,5 – 3 Jahre

1. Abstinenz: Lebensform & Behandlungsziel

2. Ansatz der Zieloffenheit

3. Vorteile zieloffener Suchtbehandlung

4. Arten von Reduktionsbehandlung

5. Behandlungsansatz kontrollierter Konsum

6. Indikation

7. Umsetzung von Zieloffenheit

8. Fazit

Übersicht

© Körkel (2015)

© Körkel (2015)

1. Du kannst nur mit PatientInnen arbeiten, die anwesend

sind (physisch und mental).

2. Säge nicht den Ast ab, auf dem die PatientInnen sitzen,

bevor du ihnen geholfen hast, eine Leiter zu bauen.

3. PatientInnen haben immer recht.

4. Verlange niemals von PatientInnen, gegen ihre eigenen

Interessen zu handeln.

5. Peile kleine, machbare Fortschritte von Woche zu Woche

an und hüte dich vor utopischen Fernzielen.

Fazit

(Extrakt aus Kanfers 11 Gesetzen der Therapie)

Körkel, J. (2013). 10-Schritte-Programm zum Kontrollierten

Trinken. Ein Selbstlernmanual zur Alkoholtrinkmengen-

reduktion. Heidelberg: GK Quest Akademie (Tel. +496221-7392030

oder www.gk-quest.de/shop/de)

[→ ausführliches 10-Schritte-Selbstlernprogramm]

Körkel, J. (2014a). Kontrolliertes Trinken. So reduzieren Sie

Ihren Alkoholkonsum. Stuttgart: Trias-Verlag [→ Kurzversion des 10-Schritte-Selbstlernprogramm]

Körkel, J. (2014b). Alkoholtherapie: Vom starren

Abstinenzdogma zu einer patientengerechten Zielbestimmung.

Suchtmedizin, 16, 211-222. [→ Fachartikel]

Körkel, J. (2014c). Das Paradigma Zieloffener Suchtarbeit:

Jenseits von Entweder – Oder. Suchttherapie, 15, 165-173. [→ Fachartikel]

Vertiefende Literatur zum Vortrag

© Körkel (2015)