x. mitteilungen der wiener mineralogischen gesellschaft

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X. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen 6esellschaft. Monatsversammlung am 20. November 1905 im mineralogisoh-petrographischen Universit~tts-Institute. Anwesend 33 Mitglieder, 1 Gast. Der Priisident Prof. F. Beeke begrtil~t die Mitglieder am Be- ginne des Winterhalbjahres und heil~t den als Gast anwesenden Prof. J. Hobbs aus )ladison Wis. willkommen. Er gedenkt des Ver- lustes, den die Wiener Mineralogisehe Gesellsehaft dutch den Tod der Mitglieder Hofrat Andreas Kornhuber, gest. in Pret~burg 21. April 1905, und Dr. J. Melion in Brtinn~ gest. 7. April 1905, erlitten hat. u F. Beeke: Skiodromen-Modelle. Die Firma Krantz in Bonn hat nach den Angaben des Vortragenden Modelle hergestellt, welche den Verlauf der Skiodromen in ein- und zweiaehsigen Kry- stallen illustrieren. Die Modelle bestehen aus Kugelu yon Gyps yon 20 cm Durehmesser, die mit einer Handhabe versehen und fiir den Gebrauch in der Vorlesung bereehnet sind. Die Skiodromen der rascheren Welle sind mit blauer, die der laugsameren Welle mit rotor Farbe aufgetragen und heben sieh yon dem gelbliehweil~ gettinten Grund gut ab. Ftinf M odelle sind her- gestellt, und zwar: la. Optiseh einaehsig negativ. Meridian-Skiodromen blau, ~qua- wrial-Skiodromen rot.

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Page 1: X. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft

X. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen 6esellschaft.

M o n a t s v e r s a m m l u n g

am 20. November 1905 im mineralogisoh-petrographischen Universit~tts-Institute. Anwesend 33 Mitglieder, 1 Gast.

Der Priisident Prof. F. Beeke begrtil~t die Mitglieder am Be- ginne des Winterhalbjahres und heil~t den als Gast anwesenden Prof. J. Hobbs aus )ladison Wis. willkommen. Er gedenkt des Ver- lustes, den die Wiener Mineralogisehe Gesellsehaft dutch den Tod der Mitglieder Hofrat Andreas K o r n h u b e r , gest. in Pret~burg 21. April 1905, und Dr. J. Melion in Brtinn~ gest. 7. April 1905, erlitten hat.

u F. Beeke: Sk iodromen-Mode l le . Die Firma Krantz in

Bonn hat nach den Angaben des Vortragenden Modelle hergestellt, welche den Verlauf der Skiodromen in ein- und zweiaehsigen Kry- stallen illustrieren. Die Modelle bestehen aus Kugelu yon Gyps yon 20 cm Durehmesser, die mit einer Handhabe versehen und fiir den Gebrauch in der Vorlesung bereehnet sind.

Die Skiodromen der rascheren Welle sind mit blauer, die der laugsameren Welle mit rotor Farbe aufgetragen und heben sieh yon dem gelbliehweil~ gettinten Grund gut ab. Ftinf M odelle sind her- gestellt, und zwar:

la. Optiseh einaehsig negativ. Meridian-Skiodromen blau, ~qua- wrial-Skiodromen rot.

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200 ~[itteilungen der Wiener Hineralogischen Gesellschaft.

1 b. Optisch einaehsig positiv. Meridian-Skiodromen rot, ~_qua- torial-Skiodromen blau.

2. Optisch zweiaehsig negativ, 2V----300 (Aragonit). Meridian- Skiodromen blau, 2i.quatorial-Skiodromen rot.

3. Optisch zweiachsig positiv, 2V--600 (Diopsid). Meridian- Skiodromen rot, ~quatorial-Skiodromen blau.

4. Optiseh neutral, 2V--900 (Bronzit). Ein System rot, das andere blau.

Die Modelle sind sehr gut geeignet, fiber die Verteilung der Ausl~ischungsrichtungen in ein- and zweiachsigen Krystallen, fiber das Zustandekommen und die Lage der dunklen Biischel der Inter- ferenzbilder (Isogyren), in beliebigen Sehnitten, die i~Ierkmale ein- und zweiaehsiger, positiver und negativer Krystalle Auskunft zu g'eben.

Hugo Hinterberger , Universit~tslehrer der Photographie, be- spricht die Herstellung fa rb ige r mik ropho tograph i sehe r Auf- nahmen im polar i s ie r ten Lieht. Die Aufnahmen erfolgen unter Verwendung dreier abgestimmter Liehtfilter. Von den drei erhaltenen Negativen werden Diapositive aus Gelatine hergestellt, deren Farbe komplementiir ist zu den Liehtfiltern. Dureh sorgf'~iltiges Oberdecken der drei farbigen Bilder kommt ein Gesamtbild zustande, welches namentlich die einfachen Farbent(ine der unteren Ordnungen der Newtonschen Farbenskala recht gut darstellt. Proben derartiger Bilder wurden vorgelegt.

Dr. Koeehl in: Neue Mineralien. Der Vortragende berichtet kurz fiber zwei neubesehriebene

Gattungen,-yon denen Belegstfieke vorgelegt werden konnten, n~imlich fiber Purpurit und Stilpnochloran.

Purpuri t . Graton und Scha l le r (Amer. Journ., 1905, XX, pag. 146--151).

Kleine, unregelmiiflige Massen yon purpurroter oder dunkel- toter Farbe in kleinen Linsen oder ~derchen auf den zinnftihrenden Pegmatitg~ingen der Faires Tin Mine zu Kings Mountain, Oaston Co., Nord-Carolina in Begleitung yon Kassiterit, Turmalin, Apatit, Spo- dumen, Lepidolit und einem Mineral, das wahrscheinlieh Lithiophilit ist~ ferner Mangandioxyd etc. und auf einem Li-fiihrenden Pegmatit-

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 201

gange am Hiriat Hill, Pala, San Diego Co., Kalifornien, begleitet yon Triphylin.

Chemisehe Zusammensetzung (Mn, Fe)~ 03 �9 P2 05 �9 H,O; wahr- scheinlich rhombisch, ausgebildete Krystalle unbekannt; Spaltbarkeit nach zwei Richtungen wahrscheinlieh unter 90 o, eine ziemlich voll- kommen, die andere weniger gut. H ~ 4--4"5, spez. Gewicht unge- f~hr 3"15, Strich purpur bis tief rosenrot; eigentiimlieher Seidenglan/, besonders auf Bruehfl~chen. In sehr diinnen Schliffen durchsichtig; pleochroitiseh (scharlaehrot-purpurrot), Doppelbrechung stark, Bre- chungsquotient wahrscheinlich zwisehen 1"60--1"65.

Es wird angenommen, da~ der Purpurit in einem Falle aus Lithiophilit, im anderen aus Triphylin entstanden ist und seinerseits wieder in eine braunschwarze, pechgliinzende Masse sich verwandett~ die an beiden Fundorten den Purpurit umgibt.

Referent erinnert daran, da~ sich zu Chanteloube und Penb Maine als Umwandlungsprodukt yon Heterosit purpurrote Massen finden, die allem Anscheine nach mit obigem Purpt~rit identisch sind. Stiicke yon beiden Often lagen aus der Sammlung des Hofmuseums vor.

St i lpnochloran. Fr. Kre t schmer (Zentralbl. fiMin., 1905, Nr. 7, pag. 203).

Findet sich als Umwandlungsprodukt des Thuringits innerhalb der Lagermasse des Ottilienhauptlagers des Eisenerzbergbaues yon Gobitschau bei Sternberg in M~hren bald in grSl~eren Nestern, bald in derben Lagerpartien. Die E~zlager liegen auf dem mitteldevonischen Schalsteinzuge Sternberg--Bennisch, wo sie stets am Kontakt voll Tonschiefer und Scbalstein, an letztereu gebunden, auftreten. Das Erz besteht aus Thurin~t, Magnetit and Limonit.

Der Stilpnochloran (yon a-~0,~Q gliinzend und Z),~o~Q gelb) ist groin- bis kleinschuppig mit regelloser, paralleler oder f~eherf'6rmiger Anordnung, zeigt eine ausgezeichnete Spaltbarkeit, lebhaften Fettglanz auf Spaltfl~ichen, erbsen- und bis ockergelbe Farbe, gelben bis gelb- grauen Strich und f'tihlt sich talkahnlich an. H - - 2 - - 3 , spez. Ge- wicht 1"81--1"83. Zusammensetzung: H~, (A1, Fe)~o (Ca, Mg) Si9 Qe. Er gehSrt zur Gruppe der Leptochlorite. Ein Stiick dieses Minerals hatte Herr Kommerzialrat W ein b e rg er beigestellt.

Weiters wird erwRhnt, da~ yon dem bekannten Fundorte am Lengenbache im Binnentale wieder eine Reihe yon Mineralien durch

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2 0 2 ~Iitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

P. H. Sol ly (Mineralog. Magazine, 1905, XIV, 72--80) bekannt ge- r.acht worden ist. Es sind:

1. Hutchinsoni t , genannt naeh Dr.A. Hutchinson, Demon- strator der Mineralogie an der Universit~it Cambridge. Sehr kleine Kryst~llchen it. Dolomit oder mit Sartorit und Rathit verwachsen, u. zw. entweder als dunkelrote Prismen orieutiert auf den Prismen- fliichen yon Sartorit oder Rathit, oder als liehtrote KrystaUe auf dell Kopffliichen dieser Mineralieu. Krystallsystem rhombiseh, 0"8175 : 1 : 07549. Habitus: fiaches, rhombisehes Prisma mit zahlreiehen kleincu Domen- und Pyramidenfiiichen. Farbe rot his grausehwarz. Strich zinnoberrot; durehsiehtig bis fast opak; H = 1"5--2 ; Spaltbarkeit naeh (100) gut. Naeh Prior ein Sulfarsenit you T1, Pb, Ag und Cu mit fast 20% Tl; wahrscheinliehe Formel : (Tl, Cu, Ag): S. As~ S3 -I- PbS.As~S3.

2. Smith i t , genannt nach G.F. Herbert Smi th , Assistenten im mineralog. Departement des Britisehen Museur.s. ]~[it Hutchinsoait, Sartorit und Rathit im Dolomit. Kleine monokline Krystiillchen, 2"2309: 1: 1"9657; ~= 780 47"5'. Def. Habitus naeh gleiehen sie fiachen hexagonalen Pyramiden mit Basis. Lichtrot, durehsichtig his durchscheinend, Diamantglanz, Strich zinnoberrot, am Liehte obeL'- fi~ichlieh orangerot werdend. H = 1"5--2, Spaltbarkeit naeh 100 sehr vol|kommen. Nach Prior ist die Zusar.mensetzung AgAsS2, Smithit, ist also die dem Miargyrit (AgSbS~) entsprechende As-Verbindung.

3. Trechmanni t , genannt naeh Dr. Charles O. T rech r . ann . Kleine rote Krysfiillehen auf Baumhauerit; rhomboedriseb a : c = = 1:0"6556. In Farbe, Strich und Harte iihnlich den beiden vorher- gehenden Verbreitungen. Zusar.mensetzung noch nieht bekannt.

4. Marrit, genannt nach Dr. J. E. Marr yon Cambridge. 2--3 mm grol~e wiirfelahnliehe, sehr forr.enreiche Krystalle, monoklin, 0"5763 : 1:0"4739; ~ = 88 o 45'. Blei- bis stahlgrau, meist bunt angelaufen, stark metallgliinzend, Strich br'~iunlichsehwarz. H = 3. Die Krystalle wurden bisher blo~ auf einem Stiieke mit Lengenbachit und Pyrit gefnnden. Die Zusammensetzung ist noch unbekannt.

5. Lengenbach i t ~), genannt nach def. Bathe, der das bekannte

~) Es ist zu bemerken, daft die unter den Binnentaler 3Iiaeralien am 7. November 1904 ausgestellt gewesenen Stiicke, die als Jentsehit bezeichnet waren, tatsiiehlich Lengen- baehit waren. Ein Jentschit (nicht za verwechsela mit Jenzschit = Opal) seheint iiber-

haupt nicht besehrieben worden zu sein.

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Mitteilungen der Wiener ~iineral.ogischen Gesellsehaft. 203

Dolomitlager im Binnentale durehsehneidet, bildet diinne, blattf6rmige, gestreifte Krystalle, oft zusammengerollt, bis 4cm lang, mit ausge- zeichneter Spaltbarkeit naeh der gro/3en Flt~che. Die Bl~itter erscheinen manchmal unter bestimmten Winkeln verwachsen, offenbar verzwillingt, Krystallsystem wahrscheinlich triklin. Biegsam, nicht elastisch, auf Papier schreibend, stahlgrau, oft bunt angelaufen, metallglt~nzend. Strieh schwarz mit braunem Stich, spez. Gewicht--5'80.

Nach einer Analyse von Hutchinson (vgl. Miers, Sitzung der London. rain. Ges., 14. Juni 1905) ist die Zusammensetzung 7PbS. .2A~$3, wobei ein Tell des Pb durch Ag, ein Teil des As durch Sb ersetzt ist.

6. Bowmanit , genannt nach H.L. Bowman, Demonstrator der Mineralogie an der Univcrsit~it Oxford. Rhomboedrisch, a : e - - 1~1"1847, mit den Formen o (111); r (100); f ( i l l ) meist rosetten- f'drmig.e Aggreg.ate dtinner Tafeln mit gekriimmten Flt~chen. Die Krystalle sind gewShnlich seehsseitige Tafeln nach (111), manchmal oktaeder~ihnlich. Honiggelb, mit lebhaftein Glas- bis Harzglanze und weifiem Strieh, vollkommen spaltbar naeh (111); durchsichtig, optiseh positiv, einachsig. H = 4"5, spez. Gewicht = 3"2.

Nach Bowman zeigt sich alas Mineral in mancher Hinsicht dem Hamtinit ~ihnlich, ist jedoeh wesentlich ein Phosphat yon Ca und Almit etwasFe, H20 undvielleicht Mg. Ferner fund Bowman bei diinuen Tafeln nach der Basis sine Teilung in sechs zweiachsige Felder; manche Krystalle erwiesen sieh aber als einachsig'.

Ferner sind noeh folgende Gattungen beschrieben worden: Na~git J. Wada (Wada, Minerals of Japan, 1904; englisch

yon Ogawa). Ein Silikat von Uran und Thor zusammen mit Fergusonit in

einer Zinnwtische bei Tokayama, Proviuz Mino, Japan, gefundeLl. Bildet kleine sph~roidische Aggregate mit drusiger Oberfl~iche ; einzelne 3--5 ~m grol3e Krystalle erwiesen sich als tetragonal, wahrscheinlich isomorph mit Zirkon. Dunkelpistaziengrtin, auch graugriin und rStlich. Stark lichtbrechend, schwach doppelbreehend, oft isotrop, stark radio- aktiv. H ungei~,~hr 7"5, spez. Gewicht-- 4"09. Zusammensetzung: SiO.2 34'89, UO~ 28"27, ThO~ 16"50, Ta.,.O~ 7"60, Nb, Q 4"10, CeO2 1"59, Fe~. 03 1'60, CaO 1"7 l, MgO 0'57, H~ 0 3"12 = 99"35. Ge- nannt nach der Lokalit~it Na~gi bei Tokayama, wo er gefunden wurde.

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204 Mitteilungen der Wiener ~ineralog4schen Gesellschaft.

P a 1 m e r i t, Eugenio C a s o r i a (Atti Acead. Georgofil6 (5) I. Juli 3, 1904. Nach dem Refcrat im Amerie. Journal, 1905, XIX, 90).

Well3, amorph, pulvrig, fettig iihnlieh gereinigtem Kaolin. H Ks AI~ (P 04)3 +TH, O. Vom Guanolager in einer Hi~hle im Monte Alburus bei Controne, Prov. Salerno, Italics.

Palachei t , A. S. Eak le (Univ. California Bull. geol. 1903, III, 123), lose zusammenh~tngende Aggregate kleincr, monokliner, tiefziegel- voter Krystalle yon Redington Mercury Mine, Knoxville, Californien, wurde als identisch mit Botryogen erkannt.

Tych i t , Penf ie ld & Jamieson (Americ. Journal, 1905, XX, pug. 217).

Klcine, lose Oktaeder, iiul3erlich yon Northupit nicht zu unter- seheiden, die aber statt der CI- eine S03-Reaktion geben. Northupit ist 2MgC03.2Na~COs. 2NaC1. Er l~ifit sich such kiinstlich darstellen. Es gelang, auf analoge Weise oktacdriseheKrystalle yon der Zusammen- setzung : 2 Mg COs. 2 Na~ C03. Na~ S04 darzustellen. An diesen warde be- stimmt : spez. Gewicht -- 2"588, H -- 3"5--4, Brechungsindex = 1"510. Nach der qualitativen PrUfung und den physikalischen Eigensehaften wird angenommen, dal~ die ktinstlichen Krystalle mit den natiirlichen identisch sind. Tychit ist genannt yon ~Z'~ Gliick, Zufall in An- spielung auf den Umstand, daft unter 4000Krystallen yon anscheinen- dem Northupit der zuerst gepriifte und einer der letzten dem neuen Mineral angeh~rten und aufierdem davon nut noch 2 Krystalle ge- funden warden, deren Analyse verunglUekte. Derzeit existiert nut ein Tychitkrystall, dcr sich im Besitze der Brush Collection der Sheffield Scientific School befindet.

Souesit, G. Chr. Hoffmann (Americ.Journal, 1905, XIX, 319), gefunden mit Plat-in, Iridosmium, Gold, Magnetit, Ilmenit, Quarz, Granat etc. als feiner Sand in den Goldw~schen am Fraser River, Linooet District in Britisch-Kolumbien. Stshlgrau, halbmetalliseh gl~tnzend, stark magnetiseh, hiimmerbar. Spez. Gewieht = 8"215 ; Zu- sammensetzung: Ni 76"48, Fe 22"30, Cu 1'22. Genannt nach Mr. F. Soues, der den Sand zur Untersuehung einssndte. Ist eine Ni- Fe-Legierung, nicht wesentlich versehieden yon Awaruit und Josephinit.

Giorgiosit, A. Lacroix (Bull. soci&6 fran~. Min., 1905, XXVIII, 198), eine pulverige, aus kleinen Sph~,rolithen bestehende Form eines

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischea Gesellschaft. 205

basisehen Magnesiakarbonats, dem nach der Xhnlichkeit seiner optischen Eigenschaften mit denen des kiinstlichen Produktes, der kohlensauren Magnesia der Pharmazie z.T., die Formel 4MgCQ. Mg(OH),. 4H~O zugeschrieben wird. Fand sich zusammen mit einer amorphen Form, der die Zusammensetzung 3MgCO~. Mg(OH)~. 3H~O zukommen soll, nach der Eruption yon 1866 als Begleiter yon Koehsalzkrusten in Spalten yon Lava auf Santorin. Genannt nach seinem Vorkommen auf dem Giorgios.

Felix Cornu: Die saure Reaktion HO-haltiger Silikate. Der Iahalt dieses Vortrages ist in Heft 5, Bd. XXIV der Mineral.-petrog,'. Mitteilungen abgedruckt.

Hiittenmeister N ickm an n in ZSptau hat eine prachtvolle Stufe yon Chabasit, Desmin yon der hohen Warte bei ZSptau vorgelegt.

A.v. Loehr : Zur Ausstellung yon Z i rkon bemerkt der Vor- tragende, dal3 es ihm gelungen sei, eine ganze Serie der spezifisch leichten Zirkone zu erwerben, fiber welche Dr. Koeeh l in vor zwei Jahren berichtet hat. 1) Diese leichten Zirkone zeigen meist grtine Farbe, sind leicht getrtibt, lassen oft das Phanomen der Katzen- augen erkennen und zeigen im geschliffenen Zustande einen oft pr~ehtigen zarten Sehichtenbau. Beim Erhitzen zerspringen manche ~chichten, wobei ein Netzwerk yon feinen Spriingen entsteht, das an das Ge~ider mancher Insektenfttigel erinnert. Der Vortragende betont die Wichtigkeit einer genauen chemischen Untersuchung dieser abweicbenden Variet~it und ist bereit, das Material hierfiir zur Ver- fiigung zu stellen.

Die Ausstellung yon Z i r k o n e n , zu der das Hofmuseum, das ~Iineral.-petr. Univ.-Institut, die Mitg'lieder v. L o e h r , Kiirschner, K~nig', Perlep~ Weinberge r reiche Beitr~ge geschickt hatten, gab eine lehrreiche Suite dieses interessanten Minerals.

Folgende Fundorte waren in z. T. sehr schSnea Exemplaren vertretea:

S a u a l p e, hiibsche, kleine braane Krystal le in Zoisit eingewachsen.

P f i t s c h, W i 1 d k r e u z j o c it, mehrere Exemplare der bekannten wasserhellen,

aufgewachsenen Zirkone, die in Begleitung yon fleischrotem Titani t und Klinochlor

aaf unregelm~illigen Kltiften eines Grtinschiefers sitzen.

1) Mitteilungen tier W. M.G., 1908, Nr. 12, Min.-Petr. Mitt. 22.

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206 Yitteilangen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Zd ja rbe rg , Miihren, kleine braunschwarze Pyramiden in Feldspar. E x p a i l l y bei Lo P a y , hiibsehe, rotbraune Krystalle, eingewachsen in

basaltische Lava (Hyazinth). Ve s uv, einige prachtvolle, hellblaue, durchscheinende Krystalle, fast reine

Pyramiden in Drusenritumen eines Auswiirflings, begleitet yon Rhyakolith, aus der Sammlung Weinb erg e r verdienen b~sondere Erwiihnung.

M i a s k , die bekannten sehSnen braungelben Krystalle aus Pegmatit waren mehrfach vertreten.

L a u r v i k , Arenda] , Hi t te rS , F r e d e r i k s v i i r n , Norwegen. Von den c e y l o n i s e h e n Zirkonen hatte v. L o e h r eine grebe Suite aus-

gestellt, darunter die interessanten, meist grtinen, spezifisch leichten Exemplare (~iehe oben).

Yon amerikanischen Fundorten war unter anderem Re n fr e w durch mehrere schSne Stufen mit Zwillingen vertr~ten. An diesen Zwillingen ist 5fter ein deutlicher Einflul] der Zwillingsbildung auf die Krystallfbrm zu erkennen. Infolge vermehrten Wachstums an der Zwillingsgrenze kommen start der richtigen ll0-Flitchen steile vizinale hhl zur Entwicklung, deren Polkanten am ausspringenden und einsprin~enden Winkel um mehrere Grade veto Parallelismus abweichen, der bei Entwicklung der richtigen ll0-Fl~iehen zu beobachten w~re.

Das Hofmnseum butte aueh eine Reihe der frfiher unter besonderem Namen aufgefiihrten verfinderten Zirkone ausgestellt, wie: Malacon, 0erstedtit, Auerbachit, Cyrtolit.

Geschliffene Zirkone yon z.T. prachtvollem Feuer waren yon Dr. P e r l e p ausgestellt worden.

Herr K 5 nig hatte rohen Zirkon yon Frederiksv~irn, wie er technisch gewonuen wird, ausgestellt.

M o n a t s v e r s a m m l u n g

am 4. Dezember 1905 im mineralogisch-petrographischen Institut der Universitat. Anwesend : 30 Mitglieder.

Geschi ih l iche Mi t te i lungen: Dem Verein s ind be ige t re ten :

Herr Dr. Ado l f G s t S t t n e r , Wien .

, Hans K r e t s c h m e r , Wi tkowi t z .

, R o l f v . G ~ r g e y , Wien (a .o . ) .

Yortr~ige : Prof. C. D o e l t e r (Graz) : D i e T h e o r i e d e r S i l i k a t s c h m e l z e n

u n d i h r e A n w e n d u n g a u f d i e G e s t e i n e .

Bei dem Studium der S i l ika t schmelzen e rg ib t sich die gri igte

Schwie r i gke i t bei dem Best immen der Sehmelzpunkte . Man k a n n in

d ieser Hinsicht zweier le i Ar ten yon S i l i ka t en un te r sche iden , solche:

bei denen das Iu terva l l zwischen Beginn des Schmelzens und vSll iger

DUnnfli issigkeit ein grofies ist, wie bei Or thoklas , Albi t , Leuci t , und

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschalt. .90"/

solehe, bei welchen dieses Intervall nur geriug ist, wie bei Augit, Fayalit, Hedenbergit.

Beziiglieh der Sehmelzpunkte der letzteren herrschen nur geringere Unterschiede zwischen den Beobaehtungen einzelner Beobaehter, die mehr yon den verschiedenen 3[ethoden oder der grSgeren oder geringeren Genauigkeit herriihren, abet im ganzen nicht wesentliche sind. Anders verhNt es sich bei den erstgenannten Verbindungen, wo Unter- sehiede yon 100--1500 zwisehen den Resultaten versehiedener Be- obaehter vorliegen. Hier handelt es sieh daram, was man unter Schmelzpunkt versteht, ob dieser, wie manehe annehmen, der Punkt der vSlligen Verfliissigung ist, oder der, bei welehem, wie ieh es annehme, der t3bergang in die amorphe Phase eintritt, welcher bei manehen Silikaten, ohne dag der KSrper stark fliissig wird, sieh vollzieht. Man mug immer beriicksiehtigen, dal3 die Sehmelzgesehwindigkeit eine sehr geringe ist. Ich halte die opfisehen 5Iethoden, bei denen der i_':bergang direkt zu beobaehten ist, fiir genauer als die thermisehen. da die Absorption der Sehmelzwarme aueh nieht plStzlieh, sondern allmiihlieh vor sieh geht; dann ist zu bertieksiehtig'en, dal~ iiberhaupt bei thermisehen Methoden groge Mengen yon Substanz niitig sind, dann aber Riihren unbedingt notwendig wiire, was aber bei Silikaten beim Sehmelzpunkte unmSglieh ist. ~) J o l y hat seinerzeit daraufauf- merksam gemaeht, dag man bei sehr langsamem Steigen der Tempe- ratur, wenn man dutch Stunden lang um wenige Grade erhitzt, niedrigere Sehmelzpunkte erhiilt, und es diirfte sieh vielleieht die Notwendigkeit ergeben, um den genauen Sehmelzpunkt zu erhalten, in ~thnlieher Weise vorzugehen, und dm'eh mehrere Stunden lang bei derselben Temperatur zu belassen und dann erst wieder um 10--L20 ~ zu steigen. Ieh glaube, man wiirde dann riehtigere, abet aueh niedrigere Temperaturen erhalten, als manche Autoren behaupten, vielleieht dtirfte der untere Punkt des Intervalles (yon mir in frttheren Ar- beiten T~ genannt), der jedenfalls sehon einen Beginn des Sehmelzens anzeigt, riehtiger sein als der obere, bei dem Verfliissigung eintritt. Eine Kombination der thermisehen mit der optischen Methode w~re anzustreben, ist aber bisher nieht durehftthrbar gewesen.

~) C u s a e k erhielt fiir Quarz 1420 ~ w/i.hrend i t e r a e u s 1650 o annimmt, ]etzteres ist abet der Verfliissigungspunkt, der wirkliehe Schmelzpunkt ist dann l~ingst iiberschritten ; auch die Augaben yon A 11 e n and D a y fiir Feldsp~ite erscheinen viel zu hoch. Natiirlicher Albit und Labradorit haben sicher keine so hohen Schmelzpunkte.

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208 ~Iitteilungen der Wiener M.ineralogischen Gesellschaft.

BezUglieh der Bestimmany, der eutektischen Punkte, der Be- stimmung der Schmelzpunkte aus Gemengen and der der Erstarrtmgs- punkte iiberhaupt ist die Viskositii, t der Silikate wiehtig, wie dieselbe aueh ftir die Ausseheidung und Krystallbildung aus Silikat- sehmelzen yon allergr~il~ter Bedeutung ist. Infolge der Viskosit~tt ist z. B. beim Sehmelzen yon Gemengen die LiSsungsgesehwindigkeit so gering, dal~ man als Beginn des Sehmelzens oft nahezu den Sehmelzpunkt der niedrigst sehmelzenden Komponente erh~tlt, oder etwa das arithmetisehe Mittel der Sehmelzpunkte, also riesige Inter- valle; diese Punkte haben daher weniger Bedeutung.

Davon maehen albit- and nephelinhaltige Gemenge eine Aus- nahme, bei diesen liegen aueh die Sehmelzpunkte der Krystallgemenge unter den Schmelzpunkten beider Komponenten. Die Erweiehungs- punkte der Gl~tser stimmen bei diesen F~llen mit den Sehmelzpunkten der Krystangemenge ziemlieh zusammen, wahrend sie sonst viel niedriger liegen, man kann, wie meine bisberigen Versuehe an tiber hundert Misehtmgen zeigen, dutch Bestimmung der Sehmelzpunkte der Gl~iser die eutektisehe Mischung als diejenige mit dem niedrig- sten Sehmelzpunkt bestimmen.

Die Anwendung der thermisehen Methode bei der Bestimmung" der Erstarrungskurven ist bei Silikaten keine leiehte Aufgabe, da das notwendig'e Rtlhren bier nieht durehfiihrbar ist, daher erfolgt, wie dies aueh bei den Vogtsehen Versuehen der Fall war, zumeist bei Anwendung grSl~erer Mengen nieht gleiehzeitige Erstarrung. Bei eutektisehen Misehuugen ist das Intervall iibrigens nieht, wie es die Theorie verlangt, Null, sondern betragt immerhin bei der Erstarrung 25--45 o, wahrend bei Misehungen in anderen Verhiiltnissen dieses Intervall noeh grSl3er ist. Ieh halte daher die optisehe Methode der Beobachtung der Schmelz- und Erstarruny, spunkte f'tir g'enauer, ob- gleieh ieh atteh die thermisehe Methode angewandt habe, aber wegen tier allm~hliehen Krystallisation oder andrerseits wegen dem allm~ihlieh verlaufenden Schmelzprozel3 istjene Methode mit Vorsieht anzuwenden, denn beide Prozesse gehen zumeist nicht plt~tzlich vor sieh, sondern mit geringer Gesehwindigkeit.

Bei der Ausscheidung der Silikate spielt infolge der grogen Vis- kosit~it die Sbers~ttigung', die UnterkUhlung eine grol3e Rolle, es werden dadureh labile Gleiehgewiehte erzeugt, wie bereits Meyerhoffer

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. ~ 0 9

vom theoretischen Standpunkte hervorhobl), und infolgedessen kann die Ausseheidungsfolge, wie sie der Theorie nach erfolgen sollte, wenn man, wie J. Vogt, nur das Verh~ltnis zur eutektischen Mischung berUeksichtigt, umgekehrt werden. Von g r~ te r B e d e u t a n g i s t a b e r die K r y s t a l l i s a t i o n s g e s e h w i n d i g k e i t und das K r y s t a l l i s a - t i o n s v e r m S g e n . Die einfache Betrachtung, wonaeh jede Mischung zweier Komponenten aus dem Eutektikum + der vorherrschenden Komponente besteht, und daher letztere sich zuerst ausscheidet und dann das Eutektikum, trifft zumeist aueh bei zwei Komponenten nicht zu, denn auch nach den theoretischen Betrachtungen yon B a k h u i s - R o o z e b o o m 2) mu~: damit die Ausscheidung nur naeh dem eutektischen Schema erfolge~ die Krystallisationsgeschwindigkeit unendlich grog sein. Diese ist aber bei Silikaten infolge ihrer Vis- kositKt sehr gering und ftir verschiedene Verbindungen sehr verschieden, und dasselbe gilt ffir das Krystallisationsverm~gen. ~) Bei sehr vis- kosen Silikaten, wie Albit, Orthoklas, Quarz etc., sind jene GrSgen sehr gering und kSnnen Verbindungen daher in trockenen viskosen Sehmelzfl~issen nicht zur Ausscheidunff kommen, aufierdem kommt in Betracht, dag z. B. Quarz, Albit, Orthoklas bei hohen Temperaturen nicht stabil sind, die Geschwindigkeit, mit der sich das heterogene Gleichgewicht einstellt, ist KuSerst klein; jene Verbindungen kSnnen daher nur zuletzt zur Ausscheidung gelangen.

Nut bei Verbindungen, deren Krystallisationsgeschwindigkeit gro~ ist, wie dies bei einigea Schlaekenmineralien: Melilith, Aker- manit, Fayalit , der Fall ist, kSnnte zum Tell wenigstens die Aus- scheidung nach dem eutektischen Schema erfolgen.

Endlich ist zu beriicksichtigen (und namentlich gilt dies bei mehr als zwei Komponenten, wie dies bei Gesteinen der Fall ist) das Eintreten von chemischen Reaktionen.

Schmilzt man zwei Verbindungen zusammen, die verschiedene Metalle enthalten, so kSnnen sich entweder neue Verbindungen durch doppelte Umsetzung bilden, oder aber auch unter Umst~,nden iso- morphe Mischkrystalle entstehen, abgesehen yon dem theoretisch normalen Fall, dab sieh einfach dieselben Verbindungen wieder

t) Z. f. Krystall., Bd. 36, 1902 ; vgl. M i e r s, British Association Report 1905

-~) Heterogene Gleich~ewichte II, 1904. 3) C. D o e i t e r, Silikatschmelzen III. Sitz.-Ber. Wiener Ak. 1905.

Mineralog. and petrogr. ~itt. XX'V'. 1906. (Mitteilungen.) 1~

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210 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

bilden ; es kann auch eine der Komponenten glasig erstarren. Hierbei spielt aber die Abkiihlungsgesehwindigkeit eine ~ofle Rolle und k~innen bei versehiedener Abkiihlung verschiedene K~rper auftreten. Bei drei und vier Komponenten, wie sie in den natUrliehen Ge- steinen vorliegen, ktinnen Reaktionen viel haufiger auftreten als bei zwei Komponenten.

Es gibt also jedenfalls eine Anzahl yon Faktoren, welehe die Ausseheidungsfolge beeinflussen; entweder treten zwischen den Ver- bindungen, welehe als Komponenten zu betrachten sind, Reaktionen ein, dann wird die Sehmelzkurve und aueh die Ausseheidungsfolge beeinflul3t, oder abet es scheiden sieh nur die Komponenten wieder ab ; in diesem einfaehen Falle sollte nun, wenn wires mit Legierungen zu tun hatten, nu t die ehemisehe Z u s a m m e n s e t z u n g , ver- g ' l iehen mit der e u t e k t i s e h e n Misehung, mal~gebend sein, was abe t n ieh t zutrifft , da die K r y s t a l l i s a t i o n s g e s e h w i n - d i g k e i t resp. das Krys ta l l i sa t ionsvermt~gen , dann die Unter- kUhlung und die Stabilit~tt maneher Verbindungen in Betraeht kommt. Albit, Orthoklas, Quarz sind nur bei niederen Temperaturen existenzfiihig, seheiden sieh daher nut bei solehen ab, also zuletzt.

Die Tatsaehe, dag aus troekenen Sehmelzen sieh eine Anzahl yon Verbindungen, wie die oben genannten und aueh Glimmer, Horn- blende, nieht ausseheiden k~nnen, h~ingt also mit der Stabilit~tt bei hohen Temperaturen zusammen.

Naeh dem eutektisehen Schema k~nnen sieh nut jene Mineral- gemenge ausseheiden, deren Komponenten, wie bei einigen yon Vogt behandelten, groile Krystallisationsgesehwindigkeit, geringe Unter- kiihlung zeiffen and die wenig dissoziiert sind, das sind aber in Gesteinen nur selten auftretende Verbindungen.

Wiehtig ist die Frage nach dem Dissoziationsgrad, den man nieht, wie Vogt es tut, einfaeh vernachliissigen daft, bisher wissen wir nur, daft Dissoziation vorhanden ist, aber der Grad dtirfte bei versehiedenen Verbindungen und verschiedenen LSsungsmitteln stark sehwanken und sind einschliig'ige Versuche notwendig. Die Frage, ob in einer Schmelze nur ~olekiile dieser oder dissoziierte Molekiile, o-b 0xyde oder Elemente vorhanden sind, ist gegenw~irtig nicht zu liisen~ dies kann nur auf experimentellem Weffe g'eschehen.

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 211

A. v. L o e h r : Gyps yon B i e d e r m a n n s d o r f . In den Tegelgruben yon Biedermannsdorf wurden im ver-

gangenen Jahre Krystallgruppen und KrystallstScke yon rauchgrauen Gypskrystallen angetroffen, die der Versammlung vorgelegt wurden.

De r se lbe : T o p a s mit E insch l t i s sen . Drei vorgelegte Topaskrystalle yon M u r s i n k a sind durch

eigenttimliche Ketten yon Einschltissen bemerkenswert, welche die klaren durchsichtigen Krystalle in der Richtung der Vertikalachse dnrchsetzen. Sie haben z. T. deutlich erkennbare pyramidale Gestalt, manchmal mit abw~irts gewendeter, manchmal mit aufwiirts ge- riehteter Spitze und stellen unsymmetrisch entwickelte negative Kry- stalle dar, die wie Perlen an einer Sehnur in der Richtung der Vertikalachse aufgereiht sind. Sie scheinen leer zu sein. Auf der End- fliiche 001, auf der diese Ketten enden, sieht man ein kleines Grtibchen.

Felix Cornu legt mebrere Stufen vor, auf denen er Minerale der Glimmer-Zeolithgruppe (Gyrolith, Zeophyllit und ein neues Mineral ,,Reyerit '~1) gefunden hat~ mit deren Untersuchung er jetzt be- schiifti~ ist.

Dr. F. W a c h t e r legt zwei Stufen yon R u t i l aus dem Re l l s t a l (Montafon, Vorarlberg) vor. Die eine, Fragment einer grofien Siiule~ eingesch]ossen im Glimmerschiefer, wurde 2 Stunden yon der Ein- mtindung des Rellsbachs in die Ill auf einer mitten im Rellsbach angeschwemmten Schuttanhiiufung gefunden, die zweite, eine kleinere Siiule, eingewaehsen in Quarz, auf einer kleinen Kiesbank im Rells- bachbett etwa 100m ober dem letzten Hause yon Vandans. Das Montafontal war bisher als Fundort so groi~er Rutile nicht bekannt.

~) Yon Niakornak in GrSnland.

14"

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212 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellsehatt.

A u s s t e U u n g : R u t i l , A n a t a s , B r o o k i t . Abk~h~zungen: H = H o f m u s e u m , ~[P.=~finer~l.-petrograph. Institu~, K = S a m m l u n g Kiirschner,

P ~ Sammlung Dr. Perlep, V : Sammlung Yeidl, W ~ Sammlung Weinberger.

I. Rutll .

Folgende Fundorte waren z. T. dutch sehr sehSne Exemplare vertreten: M a l l o n i t z bei Klattau, BShmen, dunkle S~ulen ,Nigrin ~, H. H i r s c h e g g e r A l p e Steiermark 100. 111. 110. 101, H. Mo d r i a e h . Gro~e zerbrochene, einfache KrystaUe in Quarz eingewaehsen, W, H. P i n z g a u . R~tlichbraune, stark gestreifte S~ule eingewachsen in Quarz und

in einem Winkel yon 700 anscheinend bruchlos gebogen, H. R a u r i s . Nadeln mit Klinochlor auf Kltiften im Kalkglimmerschiefer bis

15ram lang und l m m breit unter zirka 600 gekreuzt, H; ferner eine einfache S~ule 320. 101 mit der n~heren Fundortbezeichnung G r i e s w ie s und feine haar- fSrmige Einschliisse in Bergkrystal], H; htibsche KrystaUe, K; Stficke mit der Bezeichnung ~Hohe Tanern ~ diifften yon ebendaher stammen, V.

P r ~L g r a t t e n. Ringsum ausgebildete Krystalle mit Zoisit eingewachsen in Quarz, H.

Z i l l e r t a l F l o i t e . Rutil, Anatas mad Brcokit in kleinen Kryst~llchen in Drusenr~umen yon Aplit, H.

S c h w a r z e n s t e i n. Haarbraune Nadeln, K. P f i t s c h . Ein gro~er dicker kniet~Srmiger Zwilling, W; Drusen stark ge-

defter schSn rotbrauner Krystalle auf Per ikl in , H; S~ulen eingewachsen in Peri- klin, K.

S o n k l a r s p i t z e , sfidliche Stubaier Gruppe. Sagenit auf einer Quarz- platte, K.

R e l l s b a c h , V o r a r l b e r g . Neues Vorkommen vgl. die ~Iitteilung yon Dr. Waehter oben.

B i n n e n t a 1. Niedrige Pyramiden in Zwillingsstellung verwachsen, H ; sch6ne KrystaUe mit Magnetit aufgewachsen, K ; z. T. yon sonderbarer skelettartiger Aus- bildung, H; Pseudomorphosen yon Rutil und ~[agnetit nach Titaneisen oder Eisen- glanz, H.

T r a v e r s e 11 a. Einfache s~ulenl~Srmige Krystalle, H. I 1 m e n g e b i r g e. Eiafache KrystaUe 111 und Zwfllinge, letztere in charak-

teristischer Weise verzerrt. ,Ilmenorutil", H. S i i d - A . u s t r a l i e n . Sch~ne ideal ausgebildete Zwillinge, W. Amerikanische Fundorte. N . - K a r o l i na . Alexander Co., Emerald and Hiddenite Mine. Fl~Lchenreiche

sch~ne Krystalle mit (001) ; ein schSner Zwilling nach (301), Original yon G. yore Rath gemessen; gezeichnet in Fig. 9 in Dana, Mineralogy ; eine Stufe rail rhomboedrischen Carbonat und Muscovit, ferner Bergkrystall mit Rutil-Einschliissen. S~mtlich H. Polk. Co., Whitnant Gold Mine die Edisonit benannte Variet~t, H.

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 21~

G e o r g i a . Graves lit. S/iulens grol~er Krystall, oben (101), unten (111) vorherrschend, W; grol]e prachtvolle Krystalle, Wendezwillinge mit geneigten Achsen. Von jedem Individuum sind our zwei Fl~chen (110) und eine (100) ent- wickelt. Die ersteren schliel~en zu einer pyramidalen Form zusammen, H. und ~IP.

A r k a n s a s . Mag-aetcove. Eia schSner Aehtling mit geneigten Achsen, kreiselfSrmig aus der Sammlung Braun, H; Ein Exemplar zeigt die Arkansit ge- naDnte Paramorphose yon Rutil nach Brookit, H; auch V.

V i r g i n i a. Lynchbnrg. Wendezwilling mit Hauptachsen in einer Ebene und kreiselFSrmig mit geneigten Achsen, ~t.

J e n k i n s l and. (Bieser Fundort wird in Dana nicht erw~hnt.) SehSne herz- FSrmige Zwillinge and Durchwachsungszwillinge nach (301) mit Verwachsang des eiospringenden spitzen Winkels, H.

B r a s i l i e n . Rio Janeiro, San Domingo Kap. Sagenit in einem miarolitisch ausgebfldeten aplitischen Gestein, H; 5aarfGrmige Einschliisse in Quarz mit der unbestimmten Fundortangabe ~Brasilien ". H.

II. Anatas.

R a u r i s, Grieswies-Alpe. Schwarze Pyramide 111 2- -3 m m groin, H ; fl/ichen- reichere Krystalle zeigen (111) (101) and eine zu 111 vizinale stumpfere Pyra- mide, H.

H o h e S~ule bei Virgen, Still-Alpe. Anatas-Tafeln mit Biischeln von haar- FGrmigem Rutil besetzt, das Gauze eingewachsen in Quarz, ein fiberaus zierliches Gebilde, H.

P i z A ul. Oktaeder~hnliche Krystalle, H. T a v e t s c h . Schwarze Krystalle (111) (001), letztere Form durch eine

vizinale Pyramide ersetzt, H; dunkelblaue (111) auf Bergkrystall, H. B i n n e n t a 1. Ein prachtvoller, lebhaft gelb geF~rbter Krystall, 8 seit. Pyramiden

vorherrschend, W; ~ihnliche kleinere, H und MP; stumpfe Pyramiden mit Magnetit mehrere Stufen, W; ,Wistrin", stumpfe Pyramiden mit 100, H.

D a u p h i n ~ , Bourg d'Oisans. Kleine blaue (111) auf Quarz, H. Br a s i l i e n . ~Iattogrosso, Pyramided auf Quarz, H; Minasgeraes, grol]e

Tafeln mit vizinalen PyramideD, It.

I I I . Brookit.

Von dem bekannten Fundort S ~ u l s p i t z e nSrdl, von V i r g e n , Tirol, lagen zahlreiche schGne Exemplare vor (H, W, MP), die schGnsten and grS~ten aus der Sammlung Perlep. Der grGl]te 5r hoeh, 42ram breit, ein tadelloser, ganz unbe- sch~digter, 50ram hoch, 27m~n breit. Eine Stufe zeigt Brookit mit Calcit auf Chloritsehiefer aufgewachsen.

T r e m a d o c, Wales. SchSne aufgewaehsene Krystalle, ~IP, H. T a v e t s c h. Tafeln aufgewachsen, V.

Filiale

B e s u c h d e r F i l i a l e d e r F i r m a Zeiss .

Am 18, Dezember 1905 besuchte die Wiener Mineralogische Gesellschaft die der Firma Zeiss (Jena) in Wien. Herr Otto demonstrierte das yon der

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214 ~fitteflungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Firma hergestellte Ultramikroskop, das zur Sichtbarmachung ultramikroskopischer, in einem darchsichtigen ~Iedium suspendierter Teilchen dient. Durch sinnreiche Vorrichtungen wird eine ~iufierst dtinne Schichte krfiftig horizontal durchleuchtet and durch ein vertikales ~Iikroskop die an den submikroskopischen Teilchen entste- henden Beugungsbilder beobachtet. Antler kolloidaler SilberlSsung and Rnbinglas wurden auch mehrere geeignete Mineralschliffe besehen. Chalcedon, Amethyst, Rauchquarz, blaues Steinsalz und Apatit HeBen deutliche Erscheinungen erkennen.

Mona t sve r sammlung , zug le ich G e n e r a l v e r s a m m l u n g am 8. Janner 1906 im mineralogisch-petrographischen Universitiits-Institute.

Anwesend : 24 ~itglieder.

Der Prasident F. Beeke begriil3t die Anwesenden und kon- statiert die Besehlufif'~higkeit.

Der Sehriftfiihrer G. F i r t s eh erstattet den Jahresberieht tiber die Vereinst~ttigkeit im Jahre 1905.

Der Vizepr~isident F. Be rwer th erstattet den Kassaberieht, der iiber Berieht und Antrag des Revisors Dr. Koeehl in yon der Yersammlung zur Kenntnis genommen und hierdureh dem Ausschug das Absolutorium erteilt wird.

Hierauf erfolgte die Wiederwahl des vorigen Aussehusses mittelst Stimmzettel und die Wahl des Revisors Dr. Koeehl in durch Akklamation.

Vortriige:

Prof. F. Beeke legt Stufen yon Steinsalz und Gyps vor, die das mineralogisehe Universitiits-Institut durch Vermittlung yon Ministerialrat O. Freiherrn v. Buschman erhalten hat.

S te insa lz yon Wie l i ezka zeigt prachtvolle klare Krystalle mit starker Verzerrung der Wiirfelform. Ein aufgewachsener Krystall: ist ein rechtwinkeliges Parallelepiped mit den Dimensionen Liinge 27 ram, Breite 6"6 mm~ Dicke 4"6 ram. Ein anderer macht den Ein- druek einer sehmal reehteckigen Tafel yon der Liinge 24ram, Breite l l '3mm, Dieke 4"8ram.

Gyps yon Bochnia aufgewacbsen auf einer Unterlage yon kiirnigem Steinsalz ist dadurch interessant, da/3 nebeneinander ein- faehe Krystalle und Zwillinge nach (100) auftreten. Die ersteren sind kleiner, stark gestreekt nach der Polkante yon (111), die Fliichen (110) niedrig, (010) ganz sehmal. Die nach dem Augenschein der-

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Mitteilungen der Wiener Mineralogisehen Gesellschaft. 215

selben Generation angehSrigen Zwillingskrystalle sind stark gestreekt nach der Vertikalaehse, (110) und (010) sind beiliiufig im Gleiehge- wicht, neben den (lll)-Fli~chen treten an der Endigung unregel- miil3ige FSichen des hinteren Quadranten hervor.

Andreas Xaver StiJtz.O Z u s e i n e m 1 0 0 . T o d e s t a g e .

Von Friedrich Berwer th .

Der grol~e Naturforscher und tiefgelehrte Humanist des Refor- mationszeitalters, zugleich der Patriarch der mineralogischen Wissen- schaft, Georg Agr ico la , dessert Ansichteu fiber eine gute Erziehung noch heute berufen sind, in vorbildlicher Weise Geist und Gemtit der Lehrenden und Lernenden zu befruchten, schreibt in einem Briefe an seinen Freund P l a t e a n u s uuter andern auch den Satz nieder: ~ich geize n ich t nach Ruhm, es geni igt mir e n icht mil3achtet zu werden. ~

Dies Einbekenntnis des grol~en Mannes ist so reeht geeignet, auch einem bescheidenern Gelehrten, als Agr i co l a eider ware den sichern Weg zur Erwerbung unangefochtener Anerkennung zu zeigen. Wer immer die Wahrheit sucht und das Wissen mehrt, wird nicht mitiachtet werden, auch dann nicht, wenn es ihm versagt war, ein 3[eister in seinem Fache zu sein. All unser Wissen yon heute beruht auf der Arbeit der Vorfahren und auf keinem Gebiete menschlichen Fortschrittes vermissen wir die Kontinuitiit der nattirlichen Entwick- lung. Die Vertiefung in eine solche Betrachtung macht uns bescheiden und gereeht.

Aus dieser Empfindung heraus, erscheint es mir angemessen, in unserer heutigen Generalversammlunff des in wenigen Tagen zum hundertsten Male sich jiihrenden Todestages eines 5sterreichischen Mineralogen piet~ttvolI zu gedenken und dem am Sonnabend den 11. Februar 1806 in der ~k. k. Burg" in Wien als Naturalienkabinetts- direktor verstorbenen Andreas Xaver StUtz gerechte Worte der Er- innerung zu weihen. Seine Lebensarbeit und der Hintergrund, auf

t) Vortrag, gehalten in der Generalversammlung der Wiener mineralogischea Gesellsehaft, am 8. Ji~nner 1906.

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216 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen GeseIlschaff.

dem er sie verrichtete, bedeuten das Aufleuchten des ersten Schimmers vom Morgenrot des heraufziehenden naturwissensehaftlichen Zeit- alters in 0sterreich.

Naeh den im Stifte Klosterneuburg befindlichen Arehivakten ist Sttitz am 22. August 1747 in Wien geboren worden. Es war ibm also beschieden, in einer der grSllten und bewegtesten Epoehe ~sterreichischer Staatsgeschiehte auf dem stillen Gebiete der Wissen- sehaft zu wirken. Um Stiitz auf sein Arbeitsfeld zu folgen, ist es n~itig, etwas aus der Vorgesehiehte der naturhistorisehen Hofsamm- lungen mitzuteilen. Kaiser Karl VI., dessert Praehtliebe und Kunst- sinn Wien die herrlichsten Barockbauten yon F i sche r v. Er laeh, H i l d e b r a n d und andern Meistern, sowie die grofle Pflege der Musik, Diehtkunst und bildenden Kiinste verdankt, hattc seine 19jiihriffe Toehter Maria Theres i a mit dem Prinzen yon Lothring'en F ranz S t e p h a n vermiihlt. An dem ungltickliehen Tiirkenkriege, in dem Belgrad verloren ging, hatte sieh auch Franz als Feldherr beteiligt. FUr den ungltieklichen Ausgang des Krieges machte Karl VI. siimt- liehe Feldherren als sehlechte Schiller P r inz Eugens verantwortlich und lieg sie einsperren. Aueh den Sehwiegersohn Franz traf die kaiserliche Ungnade. Er wurde als Grofiherzog yon Toskana fur zwei Jahre in sein Grofiherzogtum beurlaubt, um es aus eigener Ansehauung kennen zu lernen, l~ber den Aufenthalt yon F ranz in Toskana ist mir nichts bekannt. Ich mSehte aber die Meinung aus- sprechen, daft die sp~ter zum Durehbruche gekommene u yon F ranz f'fir sch(~ne IMinerale in Florenz entstanden ist. Zu dieser Zeit besag niimlich Johann Ritter yon Bai l lou in Florenz wohl die gr~llte und sch~nste Mineralsammlung Europas, die er nach seinem eigenen System geordnet und in einem gedruekten Kataloge auch beschrieben hatte. 3Jan darf nun voraussetzen, dali Franz in seinen florentinisehen Mul~estunden mit Bai l lou in Beziehung getreten ist und dessert Mineralsammlung aus eigener Ansehauung gekannt hat.

Nach der Throubesteigung" Maria T h e r e s i a s 1740 empfindet es der nunmehrige Kaiser Franz I. sehr, dal3 die Pflege der Natur- kunde in den Liindern seiner Gemahlin sehr zuriickgeblieben war, und am Versitumtes naehzuholen, besehliel3t er die Griindunff eines naturhistorisehen Museums als Pri~ateigeutum des Holes in der Hauptstadt des Reiches, um es dem sehon bestehenden physikalischen Museum und jenem flit 3iiinzen anzug'liedern.

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. ~217

Vor dem Jahre 1748 besal~ der Hof an Mineralien niehts anderes als einige Klumpen Goldes und Silbers aus S~idamerika, wahrscheinlich Geschenke der habsburgischen Kiinige in Spanien, daun den grol~en Edel-Opal uud nut ganz wenige Minerale nebst Kunstwerken yon Bergkrystall, Aehat und Jaspis, die in der Schatz- kammer aufbewahrt wurden. Als nun Franz I. ernstlich daran giDg, die erste Grundlage f[ir das neue Museum zu legen, mag er sich der ihm bekannten Bail louschen Sammlung in Florenz erinnert haben, denn im Jahre 1748 kaufte er diese Sammlung an und er- nannte den Besitzer Johann Ritt. v. Bai l lou zum Direktor tier Sammlung mit vertragsmiit3iger Erblichkeit dieser Stelle auf je den ~iltesten Nachkommcn. Die Sammlunr wurde yon Bai l lou mit Hilfe seines Sohnes L u d w i g 1749 nach seinem eigenen Systeme in dem sp~ttern and his vor wenigen Jahren noch in Verwendung gestandenen grol~en Lesesaale des Hofbibliotheksgeb~iudes aufgestellt uud der kleine mineralogische Besitzstand aus der Schatzkammer zugef'tigt. Da- mit war die Griindung der kaiserlicheu Hofmineralsammlung voll- zogen. Kaiser Franz soll die Sammlung fast t~iglich besucht haben. Das persSnliche Interesse, das er an tier Sammlung nahm, liel~ ihn bald die Unvollkommenheiten derselben erkennen u n d e r kaufte in tier Folge jedes ihm angebotene sch0ne oder seltene Mineral. Zur Herbeischaffung der 5sterreichischen Vorkommnisse sandte er den Physiker Jos. Nagl zuerst nach Steiermark, dann uach Ungarn in die Karpathen, spiiter nach Frankreich, England und Holland. Wie tier sich Franz I. in mineralogische Studien einlie[~, beweisen die Versuche, die er in Gemeinschaft mit dem Jesuitenpater F r a n z im Labora- torium des Jesuiten-Klosters, der nachmaligen alten Universitiit, tiber die Gewinnung grol~er Diamanten auf dem Wege der Schmelzung anstellte, wobei als unerwartetes Resultat die Verbrennbarkeit der Diamanten erwiesen wurde. Von dem nach Amerika gesendeten Botaniker J a c q u i n wnrden nebst vielen anderen Mineralen die kost- baren Smaragde und das erste Platin nach Europa gebracht. 1758 stirbt tier erste Direktor Johann Ritter v. Ba i l lou und sein Sohn L u d w i g B a l t h a s a r wird Direktor der Naturaliensammlung. In den wenigen Jahren intensiver FSrderung der Aufsammlungen und der Erweckung des Interesses an den Naturobjekten war die Vorliebe flit Naturwissenschaften so gewaltig gehoben und vertieft worden, da[~ Maria Theresia und Franz I. sich entschlossen, neue Einriehtungen

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218 Mitteilungen der Wiener Mineralogisehen Gesell,qehaft.

zu schaffen, um das Studium und die Verbreitung der Naturwissen- schaften in ihren Staaten zu ermiiglichen. Schon im Jahre 1749 wurde an der Universitiit in Wien eine eigene Lehrkanzel fiir Natnrwissen- schaft, Botanik und Chemic errichtet und alle anderu Universit~iten erhie]ten solche 1753. Im Jahre 1754 wurde der botanische Garten gegriindet, 1763 an der Universitiit in Prag die erste Lehrkanzel fiir das Studium der theoretischen Mineralogie und Bergwerkswissen- schaft errichtet und 1760 die Bergakademie in Schemnitz gestiftet. 1775 erhielten sehlieitlich alle Universitfiten LehrstLihle fiir Naturge- sehichte.

Wie rasch die N~igungen zur Pflege der Naturwissenschaften sich entwickelten, iiul]erte sich vor allem in der Anlage yon Pri~at- sammlungen, deren in den siebziger Jahren des achtzehaten Jahr- hunderts in Wien schon 6 gemischte, 13 Mineral- und 13 Pflanzen- sammlungen bestanden.

Auch die Kaiserin Malia Theresia nahm an den Bestrebungen ihres Gemahls das lebbafteste Interesse und f0rderte in jeder Weise die Unternehmungen zur Vermehrung der Sammlungen. Als ein Zeichen ihrer Sympathien fiir die Mineralsammlung miissen wir auch die Schenkung des bekannten Edelsteinstranl~es ansehen, den sic als t~berraschung" fiir ihren Gemahl in die Sammlung stiftete.

Als Franz I., der f'tir Maria Theresia in bezug auf Kunst und Wissenschaft ein zweiter Cosmus yon Medici gewesen war, im Jahre 1765 starb, war die Weiterentwicklung der Sammlungen gesichert. Maria Theresia wandte jetzt in erhShtem ~[afie ihre Fiir- sorge den yon ihrem Oemahl geschaffenen Institutionen za. Sic stellte vorerst die Sammlungen unter den Schutz des Oberstk~immreramtes und iibergab sic aus dem Privateigentum in das Eigentum des Staates. Ebenfalls auf ihre Anordnungen bin werden die Sammlungen in die neuerbauten, liings des Augustinerganges, an der Rtickseite des HoG bibliotheksgebiiudes gelegenen S~tle Ubertragen. Die Naturalien fiillten hier zwei, die physikalischen Instrumente ebenfalls zwei. die Miinzen und Antiquen fiinf S~,ile. Es sind dies jene Riinme, in denen das Mine- ralienkabinett bis 1884. also 120 Jahre untergebraeht war. Vielen Wienern der iilteren Generation stehen die intimen Riiurne noch in an- genehmer Erinnerung.

Auch bei dieser Neuaufstellung wurde die Mineralsammlung, trotz der damals schon herrschenden Systeme yon Wal le r ius und

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellsehaft. 219

Cronstedt , wieder naeh dem Systeme yon Bai l tou ausgestellt. In den ersten Jahren dieser Periode scheint eine gewisse Erstarrung im Organismus der Verwaltung" des Institutes eing.etreten zu sein. Der Stillstand ergab sich aus der Interesselosig.keit des Direktors Ludwig. v. Bai l lou an der Sammlung..

Einige Bewegung. und Geschaftigkeit brachte erst der Oberst- k~tmmerer Graf Ors ini -Rosenberg. wieder in das Kabinett, indem er 1778 Johann Baptist Meffer[e zum Kustos ernannte. ~'ber Auf- trag Maria Theresias und Josefs wird jetzt die Einsammlung. der inl~ndischen Minerale aus siimtlichen Bergwerken Osterreichs, die Anfstellung. der Sammlung nach wissensehaftliehen Prinzipien und die Herausgabe eines systematischen Verzeichnisses der Sammluug ang.eordnet. Zur Durchfiihrung dieser weitgreifenden Aufg.aben wurde Ignaz Edl. v. Born yon Praff, wo er Beisitzer des obersten Miinz- und Berg.meisteramtes war, nach Wien berufen. Damals war v. Born die bedeutendste Pers~inliehkeit auf dem Gebiete der mineralog.ischen und bergm~nnischen Wissenschaften in Osterreieh. Borns Ansehen war auch tiber die Fachkreise hinaus tier in die damalige Gesellschaft eing.edrung.en, denn ein anonymer Schilderer yon Biederm~nnern der Josefinisehen Zeit schreibt tiber Born: ,Wet sich yon dem Worte Biedermann einen richtig.en and bestimmten Begriff machen will, mug sieh einen Mann denken, wie Born. Tiitiff flit das allgemeine Beste, unermtidlich im Forschen nach Lieht und Wahrheit, eifer- siichtig, fiir den Ruhm des Vaterlandes, mitteiiend, belehrend, auf- munternd far jedes aufkeimende Genie, Feind der Bigotterie und Gleisnerei, Verteidig'er der Vernunft und ihrer Rechte - - so ung.ef'~hr ist der Umrif~ eines wahren Biedermannes und dies ist Born."

Auf Borns Antrieb ist es in den Jahren 1777--1780 in den S~tlen des Mineralienkabiuettes sehr lel)haft zugeg.ang'en. Nebst den Arbeiten flit die Neuaufstellung der Sammlungen mui3ten die Ein- sendungen yon den Bergwerken tibernommen werden, die sich bei den vielen pers(;nlichen Beziehung.en Borns auch yon anderer Seite in g.roi3em Magstabe mehrten.

Bei den A ufstellung'sarbeiten w urde B o r n durch Karl H a i d i n g. e r, den Vater des sp~teren ersten Direktors der geol0gischen Reichs- anstalt, und yon Kustos Meg.erie unterstiitzt. In der Anordnung. der Sammlung" tblgte man jetzt den Mineralsystemen yon Wal l e r iu s und Crons tedt . Es war dies die dritte Aufstetlung. der Mineralsammlung.

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220 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Wegen seiner wissenschaftlichen TUchtigkeit wurde Karl H a id inge r anf Anempfehlung you Born zum Direktorsadjunkteu und Born selbst wegen seiner Verdienste um die Sammlung zum Hofrate bei der k. k. Hofkammer ftir Miinz-und Bergwesen ernannt. Fiir die Beschreibung der Mineralsammlung hat Born selbst die Zeit nicht mehr gefunden. Dafiir besitzen wir aus dem Jahre 1782 yon Karl H a i d i u g e r eine ,?~bersicht der E i n t e i l u n g der kais. Natura- l i e n s a m m l u n g im a l lgemeinen" .

Als J o s e f I I . auf den Thron gelangt war, konnte man es nieht anders erwarten, dal3 der weitsehende und die Aufkliirung der Geister fBrdernde Monarch auch den naturwissenschafflichen Hof- instituten seine ganze Aufmerksamkeit zuwendete.

Es wurden auf seinen Einflul3 hin die versehiedensten Be- ziehungen zur Erwerbung yon Mineralen angekniipft. Reiehe Bestiinde kamen aus der aufgelassenen Theresianischen Akademie und den auf- gehobenen K15stern in die Hofsammlung. In Wien betraf die Auf- l~sung das Schwarzspanierkloster und das Stilt St. Dorothea.

Die yon J o s e f I I . ausgeriisteten Expeditionen nach Amerika und Afrika betrafen mehr botanische Forsehungeu, doeh wurde da- reals yon Boos der an beiden Euden ausgebildete gigantische Berg- krystall aus Madagaskar mitgebraeht. In diese Zeit f~llt eine wegeu des Gegenstandes bemerkenswerte und yon der St. Petersburger Aka- demie preisgekrSnte Publikation yon K. Ha id inge r , E u t w u r f e iner s y s t e m a t i s c h e n E in t e i l ung der Geb i rgsa r ten" , verSffentlieht in den you Born begriindeten ,Physikalisehen Arbeiten der ein- trachtigen Freunde in Wien ~, erschienen 1783--88.

Wenn wir aus dem yore ttofe geschaffenen Brennpunkte natur- wissenschaftlicher Forschung heraustreten, so erscheint dessen Schaffung zunJichst bier in Wien um so bedentungsvoller, als im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts noch kein Lehrstuhl fiir Miueralogie an der Wiener Universit~it bestand. Es wurde an der UuiversitJit nur ein dreistUndiges Kolleg iiber allgemeine Naturgesehichte gelesen und an der medizinischen Fakultat das notdurftigste fur die Mediziner aus Mineralogie gelehrt. An dieser Riickstandigkeit der Naturwissen- schaften im 5ffentlicheu Unterrichte mag die Reaktion gegen den Protestantismus ihren Hauptanteil haben, in deren Gefolge auch die Verdr~ingunff der Humanisteu yon der Universit~t eintrat, so dal~ fur

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~Iitteiluagen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 2P21

mehr als ein Jahrhundert die freie Forschung gehemmt war und in Fesseln lag.

Wenn wir yon Born, J a e q u i n und dem yon W i e s n e r ge- wiirdigten Ingenhousz absehen, so wirkte um diese Zeit kein her- vorragender ~Naturforseher in 0sterreich. Wie weir die Mineralogie in diesem Zeitalter in Osterreich zurtickstand, bezeugt uns die ein- fache Nennung der damals im Auslande wirkenden namhaftesten Gelehrten; es sind dies , ,Waller ius, Rom4 de r I s l e , Werner~ H a u y , Crons ted t , B e r g m a n n , K l a p r o t h , V auque l i n , auch Lavo i s i e r s Stern war schon aufgegangen. Das Anlegegoniometer, das LStrohr und die Senkwage zur Bestimmung des spezifisehen Gewichtes bildeten sehon das Instrumentarium fiir mineralogische Untersuchungen und durch das Studium der Krystallgestalten, der Entstehung der Minerale und durch die quantitative Mineralanalyse wurden die ersten erfolgreichen Grundlagen zur wissensehaftlichen Behandlung der Minerale gelegt.

Wenn wir diesen so verhei~ungsvoll entwickelten Verhiiltnissen im Auslande die gleichzeitigen Zust~nde in Osterreieh gegentiber- stellen, w o e s eben noch kaum eine Naturforschung gab, so riieken die hohen Verdienste yon Franz I., Maria Theresia, Josef II., Leopold II. and Franz I. yon Osterreieh umso leuchtender in die H5he, als sie alle ohne Ausnahme dureh die Griindung und F5rderung der natur- wissenschaftlichen ttofsammlungen, sowie Schaffung vieler anderer Einrichtungen im Staate zum Studium der Naturobjekte, der Natur- wissensehaft selbst das Heimatrecht in 0sterreich gegeben haben.

Wiihrend allen den eifrigen Bemiihungen, die kaiserlichen Samm- lungen zu vermehrea und sie zu Sti~tten wissenschaftlicher Anregung umzugestalten, war in unmittelbarer Niihe der ,Burg ~ Andreas St ritz, dem es beschieden war, 20 Jahre am Naturalienkabinette zu wirken, zum Manne herangereift. ~ber das Elternhaus yon Stiitz und seine erste Erziehung haben wit keine Nachricht. Wir dtirfen aber voraus- setzen, dal~ er ein Sohn nicht vermSgender Leute gewesen ist, da er in seinem 16. Lebensjahre in den Orden der regulierten Chor- herren des heiligen Augustins zu St. Dorothea in Wien eingetreten ist. An Stelle des Dorothea-Klosters steht heute das k.k. Versatzamts- geb~ude in der Dorotheergasse. Im Kloster wurde er am 31. Mai 1764 eingekleidet, am 2. Juni 1765 legte er die feierliehen Geliibde ab and nachdem er am 20. Juli 1770 mehrere Si~tze aus den theologischen

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222 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Wissenschaften verteidigt hatte, wardr er am 20. September 1771 zum 2riester geweiht. Er mu~ fiber eine gute Rednergabe verfiigt haben, denn am 1. April 1778 wird er zum Feiertagsprediger in seinem Stifte ernannt. Neben seinen priesterlicben Obliegenheiten mug St ritz sehr flei~ige Studien aus Naturgeschiehte und besonders in Minera- Iogie betrieben haben. Die ersten, vielleieht entscheidenden An- regungen zu mineralogiseben Studien diirfte er yore Konsistorialrat und Weltpriester Franz Kol le r erhalten haben, der in Wien einer der ersten Mineralsammler war.

Jedenfalls hat er sein reiches Wissen in mineralogischer Hinsicht vorwiegend dutch Selbststudium erworben. Eine tiefgehende Beein- flussung hat er dann unverkennbar yon v. Born erfahren und ist er yon diesem zu mineralogischen Studien angeeifert worden. Bei seinem organisatorischen Talente und der Grogzii~gkeit seines Wesens ist Born, der einen gro~en Bund aller Naturfreunde griinden wollte, gewiil frUhzeitig auf den aufgekliirten nnd strebsamen Priester auf- merksam geworden. Dail Stfitz v. Born schon vor 1775 bekannt war, geht unzweideutig aus einer Bemerkung hervor, die er in seinem ,zweiten Versuehe seiner Mineralgescbiehte yon 0s.terreich unter der Enns" macht, w o e s heilit ,als ich meinen ersten Versuch ftir den Herrn Hofrat v. Born aufzeichnete ". Das macht ganz den Eindruck, als babe v. Born dem jungen Stiitz die Aufsehreibung der Mineral- geschichte NiederSsterreichs FSrmlich aufgetragen oder mindestens nahegelegt. Jedenfalls ist Stii tz zu Born in einem Verh~iltnisse ge- standen wie der Schiller zum Lehrer. Den , e r s t e n Versueh e iner M i n e r a l g e s c h i c h t e yon 0 s t e r r e i c h u n t e r der Enns" bat Stiitz noch als Priester des Stiftes in den yon Born herausgegebenen ,Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Biihmen~ Prag 1777" veriiffentlicht. Dieser Umstand und die Zueignung des Sonderabdruckes seines ,ersten Versuches" an v. Born , erschienen 1783 in Wien: lassen erkennen, dat~ zwisehen v. Born und StUtz ein reger wissen- schaftlicher Verkehr bestanden hat, der den jungen Stiitz in seinen Entschlie~ungen wesentlich beeinflatit hat. ?2ber allen Arbeiten yon StUtz schwebt der Geist v. Borns, tiberall driingen sich die engen Beziehungen beider an die Oberflache. Auch die Charakteranlage mag die seeliseh gleichgestimmten Manner aneinander gefesselt und in :freundschaftliehen Gef'tihlen verbunden haben.

Derselbe Anonymus, dessen Urteil fiber v. Born ich mit-

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 223

geteilt habe, schreibt tiber Stii tz: , E i n e r der g e r i n g e r n An- zah l , n~.mlich der aufgek l~ i r t en , g u t d e n k e n d e n und ntitz- l i chen Theo logen . " Welch pr~chtige and schlagende Charakteristik der PersSnlichkeit yon Stiitz. Es ist ein Funken des Zeitgeistes, der in unser Bild da blitzartig hereinleuchtet. Man ftihlt es aus den wenigen Worten deutlich heraus, dal~ die Gesellschaft damals in zwei Lager geschieden war. Die Vertreter des einen widerstrebten einer verntinftigen Volksaufklitrung und die andera bef'drderten die Ver- tilgung der Vorurteile, der Mil~brituche and des Aberglaubens. Sttitz gehSrte zu den letzteren, er war ein ,Josephiner", ein wahrer Priester im Sinne Kaiser Josefs, aufgekliirt im Geiste, gut im Herzen, lest und recht in der Tat. Es sind die Tage der proklamierten kon- fessionellen Duldung in 0sterreich, wo die Protestanten 1783 das ,KSnigskloster" in der Dorotheergasse ankauften und ihr erstes Gottes- haas gegentiber dem gesperrten Dorotheakloster, hinter dessert Mattern Sttitz sieh herangebildet hatte, einriehteten.

Es scheint nun, da6 die Schliel]ung des Dorotheenstiftes, dessen Besitz an das Stilt Klosterneuhurg fiel, die Entscheidung yon Stti tz mitbestimmt haben mag, die Lehrkanzel der Naturgeschichte, Geogra- phie und Mechanik an der k. k. Real-Akademie in Wien anzunehmen.

Im Naturalienkabinette ereignete sich kurz nach t~bernahme seines Lehramtes an der Reat-Akademie ein Personenwechsel. Der begabte Kar l H a i d i n g e r wird n/imtich 1.786 als Professor und Berg'rat nach Chemnitz berufen, um dort die ersten Amalgamations- htitten nach dem Systeme v. Borns einzurichten. In diese freie Stelle wird jetzt auf Anempfehlung v. Borns durch den Kaiser der ehemalige Kanonikus Abbd Sttttz berufen u n d e r iibernimmt provisorisch die Geschiifte des abgetretenen Kar l Ha id inge r . Dartiber, warm Stiitz den Ehrentitel ,Abb~" erhalten hat, bestehen keine Aufzeichnungen.

Als Sttitz seine Berufung an die Mineralsammlung erhielt, war er in derselben kein Fremdling mehr. Er hat schon vorher die Kabinettsriiume fieiilig besueht, denn er hat schon vor seinem Ein- tritte in das Museum im Jahre 1784 eine , B e s p r e c h u n g der im kais. b I a t u r a l i e n k a b i n e t t e a u f b e w a h r t e n Zeo l i the" ver- 5ffentlicht. Als n~ichste Arbei~ liel~ er eine , ,Beschre ibung der Cha lzedone des kais. N a t u r a l i e n k a b i n e t t s zu Wien, nebs t v e r s c h i e d e n e n A n m e r k u n g e n tiber d iese S t e ina r t " folgen.

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224 Mitteilungen tier Wiener ~Iineralogischen Gesellschaft.

In diesen Jahren iibte v. Born iiberhaupt einen aehr wohl- t~tigen Einflul3 auf den wissensehaftliehen Betrieb in den Sammlungen aus und dureh das gute Beispiel beeinflugt, ersehienen aueh yon andern viele gehaltvolle naturwissensehaftliche Abhandlungen, die in den yon Born herausgegebenen Zeitsehriften veri~ffentlicht wurden.

Als. 1790 Leopold II. die Reg'ierung ~ibernahm, trug aueh er wie seine Vorg~inger Sorge fiir die ausgiebige Vermehrung der Sarnm- lungen. Das ~iul3erte sieh in unangenehmer Weise darin, dat3 die alten R~ume die vorhandenen Vorrate nieht mehr fassen konnten. Die physikalisehen Instrumente wurden darum ger/tumt und in ein Gemaeh des Sehweizer Hofes [ibertragen. Von den zwei fi-ei gewor- denen S~.len wurde ein Saal der Mineralsammlung zugesehlagen und der andere Saal mit den florentinisehen Mosaiken belegt, wo auf einem Tisehe aueh der Edelsteinstraul3 aufgestellt war. Wegen dieser ~ul3eren Umst~tnde und der raseh fortsehreitenden wissensehaftliehen Ergebnisse sah sieh L e o p old veranlagt, eine abermalige Aufstellung der naturhistorisehen Sammlung anzubefehlen. Aueh diese Aufstellung - - in der Reihe der Aufstellungen die vierte - - wurde tiber Antrag des Oberstk~mmerers F i i r s ten Rosenbe rg wieder v. Born iiber- tragen und ibm als Heifer Direktorsadjuukt Stiitz und Kustos Johann B. Megerle beigegeben. Aber noch vor Beginn der Durehfiihrung dieser Arbeiten stirbt v. Born 1791. Die Leitung und Ausftihrun~ der Neuaufstellung wird jetzt dem Direktorsadjunkten Stiitz tiber- traffen, wobei er yon Kustos J o h a n n B. Meger le und dessert Sohn J o h a n n Kar l Megerle unterstiitzt wird. J o h a n n Karl Megerle hatte dutch mehrere Jahre unentgeltlieh die sehon vorhandenen Kon- ehylien, Krebse, Insekten, Strahltiere und Zoophyten gepflegt.

In wissensehaftlieher Hinsieht war die Neuordnung der Minerale dringlieh geworden, weil dutch die yon den Chemikern ,bewirkte neue Lehrart in tier Seheidekunst und Naturlehre ~ und dureh die in erster Reihe yon den Deutschen und unter ihnen besonders yon Werne r aufgefundenen ~ui3eren Kennzeiehen der Minerale die Be- stimmung und Seheidung der Minerale griindlieher geworden war wie bisher.

Naeh den vorausgegangenen miindliehen Bespreehungen mit Born legte Stiitz der :Nenaufstellung das eben yon Werner er- schienene, auf die natiirliche tVerwandtschaft aufgebaute Mineral- system zngrnnde. In einigen Stiicken glaubte Stiitz die Wernersche

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Mitteilungen der Wiener MineraIogischen Gesellschaft. 225

Anordnung verlassen zu miissen and sagt dariiber, ,es sei dies ein Beweis, da$ man nieht auf die Worte des Meisters blindlings zu schwSren, sondern selbst zu priifen gewohnt sei". Vor allem wendet er sich scharf gegen die yon Werner gebrauchten Mineralnamen, insofern sie yon der Farbe, dem Geburtsorte oder deren ersten Erfindern hergenommen sind, auch die ewigen Ausg~inge in die Silbe it beleidigen sein Ohr. Sollte jemand mit diesen Snderungen unzufrieden sein, so erkl~irt er ,griindliehe Zureehtweisungen oder bessere Namen mit Dank anzunehmen", nut wiinsehe er, ,da$ selbe mit Bescheidenheit and nieht in dem diktatorischen, so uuhSflichen als unsehickliehen Tone gemaeht werden mSchten, der vielen unserer jiingeren Sehrift- steller so gel~ufig ist. Auf Unbilden and kindische Riigen pflege er yon jeher mit stilIsehweigender Veraehtung zu antworten."

Wit lernen hier den feingebildeten Stiitz als sehr selbst~indigen Arbeiter und bei aller Milde seines Wesens aueh als einen Mann kennen, der tiber die nStige Festig'keit und Energie verfiigte, unbe- rufene Besserwisser zureehtzuweisen.

Beztiglieh der Nomenklatur sehlo$ er sieh also vollstandig der alteren Sehule an und verwendete aueh die yon Sehee l e benutzten alten ehemisehen Zeiehen zur Bestimmung des ~Iineralgesehleehts.

In der yon St iitz gew~hlten Einteilung und Nomenklatur finden wir als Appendix zu den erdigen Mineralen die Gesteine und am Schlusse die Versteinerungen angefiigt. Bei Durehfiihrung dieser Arbeit maeht sieh uns Stiitz als ein ausgezeichneter Musealbeamter be- kannt. Der yon Sti i tz hergestellte Katalog in 7 B~inden, als Cata- logus St t i tz ianus bekannt, ist eigenhandig yon Sttitz verfagt und enth~ilt in lateinischer Sprache eine genaue Beschreibung nebst genauer Angabe des Fundortes und des Gewiehtes jeder Mineralstafe der Sammlung. Die Anlage des Kataloges ist heute noeh als ein Muster in der Darstellung und musealen Behandlung der Minerale zu be- zeiehnen.

In seiner Mineraltabelle sehen wir unter Eisen als Sippsehaft auch das Ferrum nativum meteorieum aufgefiihrt. Da die Abfassung des Kataloges um alas Jahr 1795 herum fallen mug, wo Ch iadn i s klassisehe erste Publikation fiber die Feuermeteore noeh nieht er- sehienen war, ist es interessant zu erfahren, was fiir Ansichten da- reals vor 110 Jahren im Mineralienkabinett fiber diese merkwiirdigen Steine des Himmels bestanden. Der vielseitige St~itz hat uns aueh

~[ineralog. und [petrogr. Mitt. XXY. 1906. (Mitteil. Notizen. Litoramr.) 15

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226 ~itteilungen tier Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

hieriiber seine Meinung abgegeben. Er erh~ilt yon dem bei Eiehsttidt in Bayern am 19. Februar 1785 im Fallen beobachteten Meteorstein eine Probe und sagt yon ihr, dag sie aus asehgrauem Sandstein und feinen gediegenen EisenkSrnern besteht. Die Besehreibung der Fall- erscheinungen erinnert ibn daran, dag auch an das Mineralienkabinett ein ,Klog" gediegenen Eisens, 71 Pfund schwer, als ein yore Himmel gefallener Stein eingesendet worden ist und ,fiber dessert Ent- s t e h u n g s a r t sehon manehe r Mund sich in hShnisches L~icheln verzogen hat". Er teilt nun die vom bischSflichen Vikar K u k u l y e w i e h in Agram aufgenommene und historisch gewordene Urkunde fiber den bei Hraschina 1751 stattgefundenen und beob- achteten Meteoritenfal| mit. Zu den Zeugenaussagen bemerkt S tiitz: ,Die ungesehmfickte Art, mit welcher das ganze gesehrieben ist, die ~bereinstimmung der Zeugen, die gar keine Ursaehe hatten, fiber einer Lfige so ganz einig zu werden und die ~hnlichkeit der Gesehichte mit der zu Eichsttidt, machten mir es wenigstens wahr- seheinlich, da~ wirklieh etwas an der Sacbe sein mSge. ~ Diese ganz kluge Auffassung verl}igt S tfit z aber vollstiindig und er kalkuliert weiter: ,Freylich, dal~ in beiden F~llen das Eisen vom Himmel ge- fallen sein solh mSgen wohl-im Jabre 1751 selbst Deutschlands auf- gekltirtere KSpfe bei der damals unter uns herrsehenden schrecklichen Ungewigheit in der Naturgesehichte und der praktischen Physik ge- glaubet haben; aber in unsern Zeiten w~ire es unverzeiblieh, solehe Mtirehen auch nur wahrscheinlieh zu finden."

Trotz seinen Zweifeln am himmlischen Ursprung der Meteoriten verzeiehnet Stfitz doch scbon 5 MeteoritenF~lle als Teile der Sammlung in seinem Kataloge, das Pallaseisen, Agram, Tabor, L'Aigle, Mauer- kirchen und Eichsttidt. Zu einer selbsttindigen Sammlung sind die Meteoriten erst 1813 vereinigt worden. - -

~ber die in drei S}ilen und 59 Sehr~inken erfolgte Neuaufstelluag braehte Stiitz eine kleine Publikation, ,Neue E i n t h e i l u n g der N a t u r a l i e n s a m m l u n g Wien 1793 ~. Nach Vollendang dieser Auf- stellung wird das Naturalienkabinett fiber kaiserliche Anordnung zum ersten Male wSchentlich einmal flit den 5ffentliehen Besuch freigegeben. Personen yon Rang, Fremde und Gelehrte batten gegen Anmeldung jederzeit Zutritt.

In seinem Berieht an den Oberstktimmerer Grafen yon Col loredo tiber die Fertigstellung des Kataloges der Sam,nlung, die

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Mitteilungen tier Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 227

damals zusammen aus 18.10I Nummern Zoophyten, Petrefakten und Steinen besteht, bemerkt Sttitz: ,Setzen wir die Pracht maneher Stttcke hinzu, den unvergleichlichen Platz, dem es weder an Licht, noch an Raum, noeh an Trockne fehlt, und die guten Sehriinke, worin sie bewahret werden, so darf ich mir schmeicheln, Eure Ex- zellenz den Schutzherrn des vorztiglichsten Mineralienkabinetts Europas zu nennen." In demselben Beriehte bittet er dann, wenn naeh er- haltenem Frieden es erlaubt sein wird, um eine Wasserwage~ um eine LStrohrmaschine und die n(itigen Biicher, sowie am Unter- stiitzung bei Herausgabe seines Kataloges. Zur Herausgabe des Kataloges ist es nicht gekommen. - - In einer besonderen Eingabe an den Oberstkiimmerer kommt die biedere and ehrliehe Denkweise you Stiitz zum Ausdruek. Er meldet, da$ Abb~! Vitr i in Krems dem Kabinett eine Sammlung yon Steinen aus der Donau und den dortigen Gegenden als Geschenk anbiete. ,Ungeachtet der gute alte Mann nach der Besehreibung zu urtheilen manchmal das gesehen zu haben scheint, was er sehen wollte, so kSnnte es doch vielleieht seiner Gutherzigkeit wehe thun, wenn sein Geschenk verschmiiht wiirde." Vitri erhielt darauf einen sehr artigen franzSsisehen Brief mit dem Danke ffir die Schenkung. - -

Im Jahre 1795, inmitten der Abfassung des Kataloges, macht Stiitz eine Reise nach Siebenbtirgen in das Erzgebirge. Er ver- brachte hier mit dem Besuche der dortigen Bergwerke und dem Aufsammeln yon Mineralien, wie er sehreibt, ,sehr gliickliche Tage". Das Resultat dieser Reise ist die Abhandlung , P h y s i k a l i s c h - m i n e r a l o g i s c h e B e s c h r e i b u n g des Gold- und S i l b e r b e r g - w e r k e s zu S z e k e r e m b e bei Nagy~g , nebs t e iner Zugabe tiber e in ige p r o b l e m a t i s c h e Mine ra l i en S iebenb i i rgens ~. Die Arbeit wurde yon der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin 1799 mit dem Lobspruche beehrt, ,selbe sei mit so vielen wichtigen und sch~inen naturhistorischen Notizen und Bemerkungen verwebet, dafi jeder Freund der Geognosie und Mineralogie sich fl'euen wird, hier etwas ganzes und vollstiindiges fiber jene noch bei weitem nicht genug bekannten Bergwerke beisammen zu finden ~. Etwas sp~iter machte Stfitz auch eine Reise nach Karlsbad und den n~ichstge- legenen Bergsgidten. Von dieser Reise ist uns nar bekannt, dal~ er eine groge Ausbeute an Mineralien mitbraehte.

Auch unter der Regierung F ranz II. (Franz I. yon 0sterreieh) 15,

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228 ~Iitteilungen der Wiener M.ineralogisehen Gesellschaft.

wird die Beschaffung yon Mineralen energiseh betrieben. Die Gesandten an den fremden Hiifen erhalten Auftrag zur Aufbringung mineralo- gischer Seltenheiten. Eine groge Reihe yon Erzherzogen sehenken die auf ihren Reisen gesammelten Sehiitze dem Naturalienkabinette undes wird jetzt auch iiblieh, dafl Private die Sammlungen dutch Geschenke bereiehern. - -

Die Griindung des zoologisehen Museums im Jahre 1796 haben die Mineralogen gewig ohne Neid begrUgt, deun die Mittel f'fir die mineralogisehen Sammlungen blieben au|~echt, die Dotation fiir die Minerale wurde sogar auf 4000 Gulden j~ihrlieh erh(iht, and S t i i t z erhielt Gelegenheit~ auch seine zooloffischen Kenntnisse zu erproben. Als n~imlich Johann Karl Eber le , der Direktor des neugegriindeten und yon ihm eingeriehteten ,Physikalischen und astronomischen Kunst- und Naturthiereabinetts", das im linken Fltigel des Hofbibliotheksgebiiudes untergebraeht war, seine Stelle verlassen mugte, wurde Stiit z, der sehon vorher zum zweiten Direktor ernannt war und den Titel eines k., aueh k. k. Rates erhalten hatte, aueh zum Direktor des zoologiseh-physikaliseh-astronomischen Kabinetts ernannt. Dutch diese Ernennung war der iiugere hnstog gegeben, dag im Jahre 1802 das Kltere Mineralienkabinett mit dem neuen zoologisehen Museum vereinigt wurde unter dem Titel ,Vereinigtes Naturalien-, physikalisehes und astronomisehes Cabinet". W~ihrend dieser Wand- lung starb der in Faehkreisen giinzlieh unbekannt gebliebene Direktor L u d w i g F r e i h e r r v. Bail lou. Dessen Sohn verziehtete jedoeh in einsiehtsvoller Weise fiir sich und fiir seine Naehkommen auf die erbliehe Direktorswiirde und Stiitz wurde jetzt mit erhShtem Gehalte alleiniger Direktor der vereinigten Naturalienkabinette. Von jetzt an wendet sieh Stiitz vollstiindig der Zoologie zu und J o h a n n Karl Megerle pflegt die Mineralsammlung. Es fiel Stiitz die schwierige Aufgabe zu, das in theatraliseher Weise hergeriehtete Tierkabinett, in dem sieh aueh zwei ausgestopfte Mensehen, ein Neger und ein Mulatte, befanden, naeh wissensehaftliehen Grund- s~itzen zu ordnen. Stiitz widmet seine ganze Arbeitskraft bis an sein Lebensende dieser neugestellten Aufgabe und den in den ersten Anfiingen stehenden botanisehen Sammlungen. Seinem Lieb- lingsstudium, der Mineralogie, hat er aber trotz aller Amts- btirden nicht entsagt. In den Ferialwoehen und auch sonst mug der wigbegierige und sein Vaterland fiber alles liebende Mann viele

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Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 229

Jahre hindurch immer wieder auf die Ebenen, in die Taler und auf die Berge NiederSsterreichs hinausgewandert seth, um die in seinen beiden ersten Versuchen tiber die ,Mineralgesehichte yon ()sterreich unter der Enns" gemachten, meist auf Tradition alterer Literatur und Privatberichten beruhenden Mitteilungen zu ergiinzen und vor allem seine Kenntnisse auf eigene Beobachtungen zu griinden. In dieser Absicht hat er alle Teile NiederSsterreichs bereist uud ein StUck der Freude, die er auf diesen Exkursionen empfunden hat, ist auch in das wissenschaftliche Hauptwerk seines Lebens tiber- gegangen. Mit dem in Duodezformat erschienenen Buehe ,Minera- l og i s ehes T a s c h e n b u c h , e n t h a l t e n d e ine O r y k t o g r a p h i e v o n Unter~is te r re ich , zum G e b r a u e h e r e i s e u d e r Minera logen , h e r a u s g e g e b e n yon J. B. Meger le yon Miihlfeld, Wien- T r i e s t 1807" hat Sttitz sich in der mineralogisehen Lokalgeschiehte ein unvergiingliches Deukmal gesetzt. Seine Forschungen erstreekeu sich nicht nur auf die Minerale, sie bezieheu sich aueh auf die Gebirffsarten, die Versteinerungeu und die Schichtenfolge der Ab- lagernngen. Es ist begreiflich, dag die Erzvorkommnisse und andere Natzminerale den breiteren Raum im Buche einnehmen. In seine wissenschaftlichen Mitteilungen liigt er stets ]okalgeschichtliche Be- merkungen einfiiegen uud wit erfahren nicht nut, wie es in Wien, sondern aueh auf dem Lande mit den mineralogischen Keuntnissen damals bestellt war. So erziihlt er uus, dal~ der Weltpriester Franz Kol l e r in den Annalen der ~sterreichischen Naturkunde nicht ver- gessen werden daft, weil er in Wien beinahe der erste war, der das Studium der Natur aus seinem Niehts emporgehoben und zum Vehikel dazu die Lust, Sammlungen you Naturalien anzulegeu, in die Stifte Melk, Seitenstetten und Kremsmtinster verbreitet hat. In den Grundztigen hat el' die Gesteine und die GebirgszUge riehtig er- kannt. Der Schneeberg wurde z. B. damals aueh als ausgebrannter Vulkan aufgefal~t. Stiitz besteigt diesen ,Auswuchs der Erde" und konstatiert, dali er ebensowenig fur ein Urgebirge zu halten ist, ,denn er besteht aus dichtem Kalkstein und der gehCirt nicht zll der iilteren Formation ". Ebenso hat er herausgebracht, dag die Gneise und Schiefer des Waldviertels, die er fast alle kennt, wie auch der ,Namiester Stein" in der Wachau auf das rechte Ufer der Donau hiniibersetzen.

Den vier Abschnitten, in denen er seine Mineralffeschichte ab-

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230 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

handelt, den Vierteln ober und unter dem Wiener Weld und den u ober und unter dem Manhartsberge, hat er einen Absehnitt ,yon der Stadt Wien ~ vorangestellt und somit uns ein getreues Ab- bild aus der Wiegezeit der Mineralogir in Nieder~sterreieh hinter- lessen. Das mineralogisehe Tasehenbueh ist abet nieht nur des erste Kompendium der Mineralgesehiehte Nieder~sterreiehs, es ist, wie dies sonst =ieht immer zu sein pflegt, auch der helle Abglanz der Seele des Verfassers. Aus allen Zeilen dieses Buches sprieht ein beseheidener, streng wahrheitsliebender Mann und vorziiglieher Beobaehter zu uns, dessen Augen sieh allem zuwenden, was in deren Bereich kommt. Seine Meinung tiber eine richtige Naturforsehung sprieht er in dem beherzigenswerten Satze aus: , D e r N a t u r f o r s e h e r , dam es um w a h r e Aufk l / i rung in s e ine r W i s s e n s c h a f t zu thun ist, d a r f nie zu V e r m u t h u n g e n und H y p o t h e s e a se ine Z u f l u c h t nehmen , so lange er hof fen kann , die W a h r h e i t a u f dem f fewShn l i ehen Wege der E r f o r s c h u n g au fzu f inden . " - -

Gelegentlieh laBt er uns auch erkennen, daft sein Gemiitsleben yon deutschem Ehrgefiihl getragen war. AIs es einmal vorkam, da$ der Finder yon Lazulith, aus Furcht, seine Friichte zu verlieren, wahrscheinlieh einen falsehen Fundort angegeben hat, da sagt Sttitz: ~Wenn das w a h r ware, so w~ire das n i eh t deu tseh ge- hande l t . " - - Bringt man in Ansehlag, daft er die klassisehen Sprachen vollkommen beherrsehte, so ist es nicht anders zu erwarten, daft seine Mitteilungen yon einer sehSnen Diktion getragen sind. Niemals wird er unklar und niemals verliert er sieh in Plattheiten, die unscheinbarsten Beobaehtungen erg~inzen sich zu einer klaren Darstellung des Geschauten. St~gt man hie und da auf Natursehil- derungen, die wir yon unserem heutigen Standpunkte aus belacheln mSchten, so ist er eben auch hierin ein eehter Vermittler der naiven Anschauungen, mit denen damals der einzelne Mensch noch den un- bekannten Gebirgen gegenUberstand. Wie er Rodaun besucht, schreibt er: ,Die sehr hohen Mittelgebirge, welche sich hinter Rodaun er- heben, babe ieh mit vieler Miihe bestiegen, besonders den hfichsten yon Allen, den man Kammersteig nennt. ~ In der Wachau bewunderte er den Flei$ der dortigen Einwohner. ,Alle diese wahrhaft hohen Gebirge, die am linken Ufer der Donau liegen, sind dureh trocken gemauerte, breite Abs~itze stufenweise abgesehnitten, deren es an einigen Orten 30 iibereinander gibt. Manche reichen so hoeh hinauf,

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daft die oben in den Weinbergen arbeitenden Leute yon unten aus gesehen, wie kleine Kinder aussehen, uud bis zu dieser HShe haben die Menschen die Dammerde getragen, mtissen den nSthigen Diinger hinaufschleppen und wiederholen diese herkulisehe Arbeit, so oft Wolkenbriiche die Erde wieder herabschwemmen und dieses alles, um einen Most zu erzielen, der mehr zu Essig als zu Wein gemacht wird. Man verzeihe uns diese Ausschweifung, die ich nut beigefiigt habe, um zu zeigen, zu welehem Grade yon Arbeitsamkeit auch meine sonst so ziemlich bequemen Landsleute erhoben werden kSnnen."

Die Herausgabe des ,,Mineralogischen Taschenbuehes '~, das er noch persSnlieh druckreif fertiggestellt hatte, hat Stii tz nicht mehr erlebt. Er starb am 11. Februar 1806 ganz unverhofft im 59. Lebens- jahre in der ,k. k. Burg", wahrscheinlieh in seiner Amtswohnung, die unterhalb des Mineralienkabinettes im Erdgeschosse gelegen war.

Aus einem Naehrufe in der ,Wiener Zeitung" yore 1. Miirz erfahren wir, dal3 die Verdienste yon Sttitz auch im Auslande an- erkannt waren. Er war gewi~hltes Mitglied der Sozietiit der Bergbau- kunde zu Zellerfeld am Harz und der Gesellschaft der naturforschen- den Freunde in Berlin, dann besal~ er das Diplom als Ehrenmitglied der Jenaiseheu mineralogisehen Sozietiit. Der Nachruf schliefit mit den Worten: ,Krankheiten, die er sich durch Anstrengungen zuge- zogen hatte, konnten seinen Eifer nicht ermiiden. Die Wissenscnaften verloren an ihm einen eifi'igen Verehrer, vide einen tiitigen Freund, Notleidende einen Wohltiiter."

Die Gebeine yon Stiitz ruhen in Klosterneuburg. Seine Krone ist der Ruhm seines Gewissens. Wir schiitzen

Sttttz als eine mit allen Vorziigen des Wiener Charakters ausge- stattete PersSnlichkeit und verehren ihn als einen angesehenen Ver- treter der Wissenschaft im josefinischeu Zeitalter. 0toni laurie d ignus . - -

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A u s s t e l l u n g : Z 4 n u s t e i n .

Zu der Ausstellung hatten folgende Wiener Sammhngen Beitriige geliefert: Hofmuseum, H. Mineralogiseh-petrograph. Universitiits-Institut, MP. Mineralogisches Universit~its-Institut, MI. Professor K i i r s c h n e r , K. FerDer hatte Oberlandesgerichtsrat F r i e s e r in Leitmeritz eine Zahl sehr

eharakteristiseher Stufen eingesendet, F.

Erz0ebirge. Ehrenfriedersdorf: Wendezwillinge mit vorwaltendem (100) auf Quarz, H.

Zkhnliche etwas kleinere Krystalle, F. Abertham: Eingesprengt in Zwittergestein, M[. Graupen: Sch~ne Drusen brauner Krystalle, Zwillinge mit 110 vorwaltend,

100 hko untergeordnet, H. Andere St/icke zeigen vorwaltend 100, z. T. Wende- zwiUinge, H. F. MP.

Zinnwald: Flache Krystalle, Zwillinge, vorwaltend 111 parkettiert, 101 tief gerieft, MI ; besonders hiibsch ausgebildeter Zwilling auf schneewei~em Quarz, F. Dieselbe Ausbildung, sehr h/ibsche Krystalle mit Zinnwaldit, K.

Fine etwas andere Ausbildung zeigen schSne Drusen yon Zwillingskrystallen mit vorwaltendem 110, 100, hko; 110 schSn parkettiert, H. ikhnlich verhalten sich lichtbraune Krystalle mit vorwaltendem 110 mit ganz kleinem Visier, H.

Sehlaggenwald: Ein sehr grol]er Krystall zeigt 111 vorwaltend rail kegel- fdrmigen krummfliichigen Subindividuen besetzt, samtschwarz, MI. Andere Stticke zeigen Zinnstein begleitet yon Kupferkies und Quarz, ~H; in Begleitung yon Topas eingeh/illt von Nakrit, F. Eine Druse h/ibscher Wendezwillinge zeigt 100 und 110 im Gleiehgewieht, die Pyramiden nut in Spuren, F. Eine andere zeigt kleine Pyramiden in Zwillingsstellung, F. Prttchtige Zwillinge auf QuarzkrystaUen aufgewachsen oder abgebrochen, darunter ein Exemplar yon 15 cm LRnge, H. SchSne Zwillinge mit vor- waltendem 110 und 111 zeigen Spuren natfirlicher ~tzung, MP.

Cornwall,

St. Just: Nadelzinnerz rail 111 und 101 als Endigung, zumeist Krystallst~ck3, MP. ~hnl/ch, abet mit der achtseitigen Pyramide 321, sehSn entwickelt, M.I.

Penzance: Einfache Krystalle auf derbem Qnarz mit 001. 110. 111. zwei hko. 101. Die Form 100 sehr schmal, H.

Niiherer Fundort nicht angegeben: Gro~e Pyramiden 111 mit 110 und 101, K. Faser/ge Aggregate (l~Iolzzinn), H. Paragenetisch interessant sind zwei Stufen :

Derbe dichte ~Iassen mit Kupferkies (Levant Mine), ~fI., ferner Zinnstein neben Kupferkies und Arsenkies als Bindemittel yon rundlichen ger611Rhnliehen Knollen yon dichtem Chlorit, MI.

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~orbiham

La Villeder : Pracbtvoller Wendedrilling, H. Hellbraune einfache 111. 110, hko. Die Prismenfl~chen stark gerieft, H. SchSne einfache Krystalle in Quarz eingewachsen 110. 111, MP.

Elba: Kleiue Krystalle auf einer Turmalindruse in Pegmatit, H. Australien, Vegetable Creek: SchSne Zwillinge 110. 111, untergeordnet 100, H. Bolivien, Jupa-Jopo: Ein derbes feinkSrniges Geschiebe, H. Mexiko, Durango: Gesch~ebe yon Holzzinn und traubige Aggregate, H.

Schliel]lieb seien noch einige priichtige Stiicke yon kiinstlichem Zinnstein erw~hnt, welche yon einer Hfitte zu T a l g a u be i Salzburg stammten und yon A r z r u n i vor liingerer Zeit gemessen wurden. 1) Die Krystalle sind hiiufig skelett- fSrmig yon licht nelkenbrauner, ins Violette gehender F~rbung. Diese Krystalle bilden sich in den Hohlraumen der W~nde eines aus Schamotteziegeln bestehenden Beh~lters, in dem metallisches Zinn l~ngere Zeit in geschmolzenem Zustaude erhalten wird.

1) Zeitschrift fiir Krystallogr. 25. 467. 1896.