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Wirtschaftsporträt Südtirol Autoren: Oswald Lechner Barbara Moroder Sachbearbeiterin: Alberta Mahlknecht Bozen, August 2012

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Page 1: Wirtschaftsporträt Südtirol - Handelskammer Bozen · 2015. 2. 13. · Wirtschaftsporträt Südtirol. 1. Die Lage und Wirtschaftsgeschichte. Südtirol ist die nördlichste Provinz

WirtschaftsporträtSüdtirol

Autoren:Oswald LechnerBarbara Moroder

Sachbearbeiterin:Alberta Mahlknecht

Bozen, August 2012

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3 Wirtschaftsporträt Südtirol

Inhaltsverzeichnis Seite

1. Die Lage und Wirtschaftsgeschichte 5

2. Die Leute 7

3. Die wirtschaftliche Leistung 10

4. Die Unternehmen 12

Landwirtschaft 14 VerarbeitendesGewerbe 15 Baugewerbe 16 Handel 16 Gastgewerbe 17 Dienstleister 18 ExkursHandwerk 19

5. Entwicklungsfaktoren: Innovation, Internationalisierung und Kooperation 20

Innovation 20 Internationalisierung 20 Kooperation 21

6. Die Wirtschaftspolitik in Südtirol 22

Handelskammer 22

7. Nachhaltigkeit 24

8. Südtirol im Vergleich 25

9. Herausforderungen für die Zukunft 26

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Wirtschaftsporträt Südtirol

1. Die Lage und Wirtschaftsgeschichte

Südtirol ist die nördlichste Provinz Italiens und liegt mitten in den Alpen. Das Land, welches sehr zentral in Europa gelegen ist, grenzt an Österreich, an die Schweiz sowie an die Provinzen Sondrio, Trient und Belluno. Durch Südtirol führt eine der wich-tigsten Verkehrsadern in Europa, nämlich die Brennerachse. Die Brennerautobahn ist gleichzeitig die wichtigste alpenüberque-rende Verbindung.

Die gesamte Oberfläche Südtirols be-trägt 7.400 km². Doch das Land ist sehr gebirgig und daher ist nur ein kleiner Teil besiedel- und bewirtschaftbar. Nur 14% der gesamten Fläche liegt unter 1.000 Höhenmetern!

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Die geschichtlichen und politischen Ereignisse haben einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Südtiroler Wirtschaft ausgeübt. Der Anschluss Südtirols an Italien nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) bedeu-tete für die Südtiroler Unternehmen verän-derte wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Im Zuge der Italienisierung durch den Faschismus wurde im Süden von Bozen eine für Südtirol atypische Schwermetallindustrie angesiedelt und erst nach und nach wurden die Fachkräfte vor Ort ausgebildet. Die Option während

des Zweiten Weltkriegs veranlasste viele Arbeitskräfte nach Österreich und Deutschland auszuwandern, wobei sich der Schaden durch die Umsiedlungsverzögerung und die Rückoption in Grenzen hielt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann für Südtirol der wirtschaftliche Aufschwung, gleichzeitig aber auch eine Umbruchphase: Aufgrund der Automatisierung in der Landwirtschaft in den 50er und 60er Jahren wan-derten viele Südtiroler von der Peripherie in die Zentren oder in das Ausland ab. Gerade rechtzeitig setzte in den 70er Jahren ein Boom im Fremdenverkehr ein. Unterstützt durch eine vorausblickende Politik wurden entlegene Gebiete aufgewertet und eine Landflucht verhindert. In den 80er und 90er Jahren stabilisierten sich die Bevölkerungszahl und der wirtschaftliche Wohlstand in Südtirol. Der Beginn des 21. Jahrhunderts ist von offenen Märkten und der Herausforderung mit der kleinbetrieblichen Struktur im Wettbewerb standzuhalten, gekennzeichnet.

Die friedliche Lösung der politischen Konflikte hat positiv zur Wirtschaftsentwicklung beigetragen, da sie eine Voraussetzung für ein effizientes Funktionieren der Wirtschaft ist. Durch die Anbindung an Italien ist Südtirols Wirtschaft enger mit Italien als mit den nördlichen Nachbarn verflochten. Die kulturelle Vielfalt sowie die Zweisprachigkeit der Südtiroler Bevölkerung öffnet dem Land zusätzliche Chancen für die Wirtschaft (z.B. Großhandel, Niederlassungen deutscher und österreichischer Unternehmen).

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2. Die Leute

Im Wirtschaftskreislauf stellt die Bevölkerung die eigene Arbeitskraft und Kompetenzen zur Verfügung, gibt Geld für den Konsum aus und stellt Gespartes für Kredite zur Verfügung.

Südtirol zählt 511.750 Einwohner (31.12.2011), was 0,8% der Gesamtbevölkerung Italiens entspricht. Gesamt gesehen ist Südtirol nicht sehr dicht besiedelt: pro km² leben 69 Personen. 41% der Bevölkerung lebt in den Stadtgemeinden, der Rest lebt verstreut in kleineren Ortschaften im Tal und am Berg.

In Südtirol hat in den letzten Jahren eine Alterung der Bevölkerung eingesetzt, wenn auch nicht im Ausmaß wie im restlichen Staatsgebiet und in anderen Ländern. Die bevölkerungsstärkste Schicht ist in der Altersgruppe von 40 bis 44 Jahren zu finden.

Die Südtiroler Bevölkerung gliedert sich in 207.120 Haushalte, mit durchschnittlich 2,4 Personen pro Haushalt. Über die Jahre hin-weg hat sich die Haushaltsgröße beträcht-lich reduziert, von 4,3 Personen im Jahr 1951 auf 2,4 Personen im Jahr 2010.

Bildung

97% der 16-jährigen Südtiroler befinden sich in einer Ausbildung: Etwas mehr als zwei Drittel besuchen eine Oberschule und der Rest eine berufsbildende Schule (Vollzeitkurse oder Lehre).

Als höchsten Bildungsgrad weisen 23% der Südtiroler Bevölkerung ab 6 Jahren einen Ober- oder Berufsschulabschluss auf, 6% einen Hochschulabschluss.

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Arbeitsmarkt266.300 Südtiroler gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Gemessen an der Bevölkerung in der Altersklasse von 15 bis 64 Jahren ergibt dies eine Erwerbstätigenquote von 73,5%. Im Vergleich dazu beträgt die Erwerbstätigenquote auf gesamtstaatlichem Gebiet 62,5% und in der EU27 71,2% (Eurostat Daten).

Frauen sind weniger stark in die Arbeitswelt eingebunden, da sie sich vor allem ab dem Alter von 30 Jahren der gesellschaftlich wichtigen Aufgabe der Kindererziehung widmen und nach der Familienpause nicht immer in den Beruf zurückkehren. Die Erwerbstätigenquote der Frauen beträgt 65,5% im Vergleich zu den 81,3% der Männer (ASTAT).

69% der Beschäftigten in Südtirol ge-hen einer Tätigkeit im Bereich der Dienstleistungen (oder tertiärer Sektor) nach, 23% im produzierenden Gewerbe (oder sekundärer Sektor). In der Landwirtschaft (primärer Sektor) arbeiten 8% der Beschäftigten. Was die Entwicklung der Beschäftigtenstruktur anbelangt, liegt Südtirol im internationalen Trend: Auch in Südtirol haben die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft abgenommen und die Dienstleistungstätigkeiten zugenommen. Dennoch hat die Südtiroler Landwirtschaft einen vergleichsweise höheren Stellenwert als im europäischen Schnitt.

Die wichtigsten Tätigkeitsbereiche im pro-duzierenden Gewerbe sind das Bauwesen, die Metall- und die Nahrungsmittelindustrie. Im Dienstleistungssektor sind vor allem der Handel, das Gastgewerbe und die öffent-liche Verwaltung zu nennen. Die Arbeitslosenrate (Anteil der Arbeits-suchenden an den Erwerbspersonen) liegt in Südtirol bei 3,3%. Dies bedeutet volks-wirtschaftlich gesehen Vollbeschäftigung. Im gesamtstaatlichen Durchschnitt liegt die Arbeitslosenquote bei 10,1% und in der EU27 bei 10,3% (Eurostat).

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Doch der Südtiroler Arbeitsmarkt ist von den Saisonen geprägt: In der Landwirtschaft, im Gastgewerbe und im Bauwesen werden in einigen Monaten des Jahres besonders viele Arbeitskräfte benötigt und in den restlichen Monaten wenige oder keine.

Einkommen und KonsumDer durchschnittliche Südtiroler Haushalt verfügt über ein Netto-Jahreseinkommen von 33.000 Euro. Pro Kopf macht dies 15.000 Euro aus.

Gemessen an den gesamten Ausgaben, die ein Haushalt im Laufe eines Jahres tätigt, nehmen die Nahrungsmittel einen verhält-nismäßig geringen Teil (13%) in Anspruch. Bedeutend mehr wird für die Wohnung und Energie (35%) ausgegeben.

Die Inflationsrate (prozentuelle Veränderung der Verbraucherpreise) lag in Südtirol in den letzten zehn Jahren durchschnittlich bei 2,3%. Damit liegt Südtirol leicht über dem gesamtstaatlichen Schnitt. Im Zuge der wirtschaftlichen Verlangsamung im Jahr 2009 entwickelte sich die Inflationsrate gegen Null, befindet sich mitt-lerweile mit einem Wert von 2,8% wieder auf dem vorherigen Niveau.

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3. Die wirtschaftliche Leistung

Haushalte und Unternehmen tragen gemeinsam zur gesamtwirtschaftlichen Leistung eines Landes bei. Gemessen wird dies anhand des Bruttoinlandprodukts.

Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) ei-ner Volkswirtschaft (ca. 17,3 Milliarden Euro für Südtirol im Jahr 2009) ist die Summe der Produktion von Waren und Dienstleistungen, welche im Laufe eines Jahres bereitgestellt wurden. Das BIP kann auf drei unterschiedlichen Wegen ermittelt werden, welche alle zum selben Ergebnis führen, nämlich zur gesamten Wirtschaftsleistung in eine Zahl gepresst.

• Über die Entstehungsseite: Das BIP wird ermittelt, indem die Wertschöpfung aller Produzenten zusammengezählt wird.

• Über die Verteilungsseite: Die Unternehmen produzieren mit Hilfe der Haushalte. Diese ar-beiten in den Unternehmen und werden dafür entlohnt. Das BIP wiederum ist die Summe aller Einkommen: Einkommen aus abhängiger Arbeit und Einkommen aus Unternehmertätigkeit. Die Einkommen in Südtirol setzen sich folgendermaßen zusammen: 46% der Einkommen stammen aus unselbständiger Arbeit und die restlichen 54% der Einkommen aus Unternehmertätigkeit.

• Über die Verwendungsseite: Unternehmen produzieren als Endprodukte entweder Konsum- oder Investitionsgüter. Das BIP kann wiederum ermittelt werden als Summe der Konsum- und Investitionsgüter. Man spricht auch vom verfügbaren Güter- und Dienstleistungsvolumen einer Volkswirtschaft. Handelt es sich um eine offene Volkswirtschaft mit Importen und Exporten, so weicht das verfügbare Güter- und Dienstleistungsvolumen vom BIP um den Saldo zwischen Importen und Exporten ab. Südtirol hat gegenüber dem „Ausland“ ein Exportdefizit: Es kommen mehr Waren über die Grenzen Südtirols herein, als hinausgeliefert werden.

An der Aussagekraft des BIP wird Kritik geübt, weil es zwar das quantitative Wachstum, nicht aber eine qua-litative Entwicklung bezeichnet. Durch ein höheres BIP und den damit erweiterten Konsummöglichkeiten wachsen in der Regel auch die Belastungen für Mensch und Umwelt. Andererseits ist ein hohes wirt-schaftliches Niveau die Voraussetzung dafür, dass viele Anliegen im Umwelt- und im sozialen Bereich realisiert werden können, z.B. Klärung der Abwässer und das gute Gesundheitswesen.

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Das wirtschaftliche Wachstum gibt die reale Veränderung des BIP, also unter Berücksichtung der Preissteigerung, von einem Jahr auf das andere wieder. Nachdem die Wirtschaft im Jahr 2009 stagnierte, er-holte sie sich in den Jahren 2010 und 2011. Für 2012 deutet alles auf eine schrittweise Abschwächung der Konjunkturdynamik ohne drastischen Einbruch.

Das BIP ist Maßstab für die Gesamtleistung einer Volkswirtschaft. In Südtirol beträgt das BIP pro Kopf 34.700 Euro und liegt somit deutlich über dem EU-Mittelwert. Dieser hohe Wert ist vor allem auf die hohe Beschäftigung zurückzuführen. Was das BIP pro Beschäftigtem oder die Produktivität betrifft, liegt Südtirol im EU-Schnitt. Das BIP pro Kopf muss bei Vergleichen allerdings in Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten gesetzt werden: Ein niedriges BIP pro Kopf relativiert sich, wenn die Preise für Wohnung, Nahrungsmittel, Energie usw. verhältnismäßig gering sind.

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4. Die Unternehmen

Zielsetzung der Unternehmen ist es, mit den eingesetzten Faktoren Arbeit, Kapital und Boden Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, um somit der Nachfrage der Konsumenten nachzukommen.

In Italien müssen alle unternehme-rischen Tätigkeiten im Handelsregister der Handelskammer eingetragen werden. Das Handelsregister der Handelskammer Bozen zählt insgesamt 57.712 Unternehmen, 17.133 davon sind in der Landwirtschaft tätig. Im Jahr 2011 wurden im Handelsregister 2.635 Unternehmen gelöscht und 3.029 Unternehmen neu ein-getragen (Unternehmensgründung und -nachfolge inbegriffen, Movimprese 2010). Dabei hängt der Saldo sehr stark vom all-gemeinen Wirtschaftsklima ab. Anfang der 90er Jahre gab es aufgrund einer ungün-stigen Wirtschaftslage mehr Löschungen als Neueintragungen. Langfristig sind jedoch keine großen Zuwächse der Unternehmen insgesamt zu erwarten.

Nach ihrer Rechtsform sind der große Teil (63%) der Südtiroler Unternehmen Einzelunternehmen. 21% gehören zu den Personengesellschaften und 13% zu den Kapitalgesellschaften. Diese Aufteilung weist bereits auf die kleinbetriebliche Struktur der Südtiroler Unternehmen hin. Die durchschnittliche Größe eines Unternehmens beträgt vier Beschäftigte.

Neben den 57.712 Unternehmen in Südtirol gibt es noch die Freiberufler, die nicht im Handelsregister erfasst werden, wie z. B. Architekten, Rechtsanwälte, Wirtschaftsberater usw.

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Der größte Teil der Kredite in Südtirol wird an Unternehmen vergeben. Privatkredite haben in Südtirol einen Anteil von fast 23%. 2011 betrug das Kreditvolumen in Südtirol 17,2 Mrd. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Kreditvolumen um 1% angestiegen (Wirtschaftsbarometer, Januar 2012).

Gemessen an den Beschäftigten zeichnet sich die Südtiroler Wirtschaft durch eine sehr ausgeglichene Struktur aus. Die Daten beziehen sich auf Vollzeitäquivalenten, sprich zwei Teilzeitbeschäftigte (50%) wer-den als eine Vollzeitäquivalente gezählt. Auch Überstunden erhöhen die Anzahl der Vollzeitäquivalenten. Aus diesem Grund ist der Wert für das Gastgewerbe hoch.

30% aller Unternehmen sind in der Landwirtschaft tätig. 17% zählen zu den Dienstleistern und 15% zum Handel.

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Die privaten Dienstleister nehmen ei-nen großen Anteil an der gesamten Wertschöpfung ein. Der Landwirtschaft kommt in diesem Zusammenhang eine ge-ringe Bedeutung zu, zumal die Produktivität unterdurchschnittlich ist.

Landwirtschaft

Die Landwirtschaft hat in Südtirol eine jahrhundertlange Tradition und hat auch heute noch eine verhält-nismäßig große Bedeutung. Trotz des Rückgangs der Beschäftigten in der Landwirtschaft über die Jahre hinweg, hat sich der Sektor in letzter Zeit stabilisiert, auch dank der Förderpolitik. Die Landwirtschaft in Südtirol hat einen hohen Stellenwert für andere Wirtschaftsbereiche: So bewirtschaften zwei Drittel aller Landwirte ihren Hof nicht im Vollerwerb, was bedeutet, dass sie im Zu- und/oder Nebenerwerb in anderen Sektoren der Wirtschaft tätig sind. Zudem ist die Landwirtschaft aufgrund ihrer Funktion als Landschaftspfleger und als Lieferant von typischen regionalen Produkten für den Tourismus sehr bedeu-tend.

Südtirol zählt insgesamt 17.133 landwirtschaftliche Betriebe. Die Talbauern sind meist im Obst- und Weinbau tätig, während sich die Milchwirtschaft auf die Bauern am Berg konzentriert.

Die landwirtschaftliche Nutzfläche in Südtirol beträgt 267.000 Hektar (36% der Gesamtfläche in Südtirol). Diese setzt sich vor allem aus Grünland (Wiesen, Weiden) zusammen (90%), aus Anbauflächen für den Obstbau (7%) und jenen für den Weinbau (2%).

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Den höchsten Anteil an der Produktion in der Landwirtschaft erzielen jedoch die Obstbauern. Die Obstproduktion (im wesentlichen Äpfel) hat eine große Bedeutung: Südtirol produziert fast die Hälfte aller Äpfel Italiens und 10% aller Äpfel Europas. Insgesamt sind dies 1.064.639 Tonnen Äpfel. Ein be-trächtlicher Teil des Obstes wird exportiert, der Rest wird zum größten Teil auf dem nationalen Markt abgesetzt. Die mengenmäßig bedeutendsten Sorten der über 20 in Südtirol angebauten Gattungen sind Golden Delicious, Gala und Red Delicious. Neben den Äpfeln ist noch ein geringer Anteil an Birnen zu verzeichnen. In weitaus geringerem Ausmaß werden in Südtirol auch Beeren (vor allem Erdbeeren und Himbeeren) sowie Marillen angebaut.

Der zweite Pfeiler der Südtiroler Landwirtschaft ist die Milchwirtschaft. Südtirol zählt 136.000 Rinder. Davon sind etwas mehr als die Hälfte Milchkühe. Die Milch wird fast ausschließlich von den Sennereigenossenschaften verarbeitet (371 Mio. Liter Milch im Jahr 2011).

Die Südtiroler Weinwirtschaft produziert größtenteils Qualitätsweine (94% der Anbaufläche ist der Produktion von Qualitätswein gewidmet). Die Rot- und Weißweine werden zu fast gleichen Teilen ange-baut (356.000 Hektoliter). Fast die Hälfte der Weine werden in Südtirol verkauft, 19% im restlichen Italien. Der Rest wird vor allem nach Deutschland, in die Schweiz, in die USA und nach Österreich exportiert.

Beim Gemüse werden vor allem Kartoffeln, Blumenkohl und rote Rüben angebaut.

Verarbeitendes Gewerbe

Das verarbeitende Gewerbe umfasst die Herstellung von Sachgütern. Dabei werden Ausgangsstoffe (Rohstoffe) unter Einsatz von Energie, Arbeitskraft und weiteren Produktionsmitteln in ein „neues“ Produkt umgewandelt. Die Rohstoffe für die Herstellung der Sachgüter können aus der Landwirtschaft, aus dem Bergbau oder aus dem verarbeitenden Gewerbe stammen. Das Ergebnis der Produktion kann ein Endprodukt sowie ein Halbfabrikat sein.

Zum verarbeitenden Gewerbe gehören so-wohl handwerkliche Tätigkeiten als auch industriell organisierte Betriebe. Während das Handwerk eine lange Tradition in Südtirol aufweist, ist die Industrie in Südtirol sehr jung. Bis in die 60er Jahre blieb die Bozner Industriezone auch die einzige im ganzen Land. Erst nach und nach ent-standen weitere Industrieansiedelungen, welche sich in den Tallagen rund um die Städte konzentrierten. Mittlerweile befinden sich in fast allen Gemeinden entlang der Hauptdurchzugsstrecken im Vinschgau, Burggrafenamt, Unterland, Eisack-, Wipp- und Pustertal Industriezentren.

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Insgesamt arbeiten knapp 37.000 Menschen und 4.600 Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe.

Fehlende Grundflächen, der Mangel an Fachkräften, die Führungskompetenzen (Personalführung, Kostenrechnung) sowie Forschung und Entwicklung gehören zu den größten Herausforderungen der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe.

Baugewerbe

Das Baugewerbe umfasst die Planung und Ausführung von Hoch-, Tief-, Straßen- und Landschaftsbauten. Aber auch der Innenausbau (Installateur, Fliesenleger usw.) gehört zu diesem Sektor.

In Südtirol gehören 6.900 Unternehmen und 16.000 unselbständig Beschäftigte diesem Wirtschaftszweig an. Dabei hat die Anzahl der Betriebe und Beschäftigten im Baugewerbe in den letzten Jahren stark zugenommen (unter anderem durch die begünstigende Gesetzgebung). Die Unternehmen im Baugewerbe sind vor allem auf dem lokalen Markt tätig. Die Herausforderung dieser Branche besteht also vor allem darin, trotz steigendem Angebot und dem gesättigten Markt die Leistungen abzusetzen, d.h. auf neue Produkte zu setzen (z.B. Sanierung, Klimahaus) und stärker über die Grenzen hinweg tätig zu werden.

Handel

Aufgrund seiner geografischen Lage und der bedeutenden Brennerroute entwickelte sich Bozen schon sehr früh zu einem wichtigen Handelszentrum. Schon 1202 wurden die „jährlichen Märkte“ abgehalten. Als Messestadt erreichte Bozen im 16. und 17. Jahrhundert seine Blütezeit.

Der Großhandel nimmt noch heute eine wichtige Rolle als Warenumschlagplatz zwischen den Märkten südlich und nördlich von Südtirol ein. Ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor um diese Brückenfunktion aus-zuüben ist die Kenntnis des deutschen, österreichischen und italienischen Marktes, einschließlich der Sprachen. Die Vermittlerrolle des Großhandels ist jedoch asymmetrisch, d.h. der Gütertransfer vom mitteleuropä-ischen hin zum nationalen Markt ist wesentlich bedeutender als die Vermittlung italienischer Produkte in die umgekehrte Richtung. Die Waren des Südtiroler Großhandels stammen zu 46% aus dem Ausland, zu 39% aus dem restlichen Italien und nur zu 15% aus der eigenen Produktion. Umgekehrt werden die Waren zu 43% in Südtirol, zu 49% im restlichen Italien und nur zu 8% im Ausland abgesetzt.

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Der Einzelhandel übernimmt in Südtirol die entscheidende Verteilungs- und Versorgungsfunktion. Diese Funktion ist in Südtirol deshalb besonders wich-tig, da die Bevölkerung und auch der Fremdenverkehr geografisch stark gestreut sind. Noch ist die Nahversorgung in allen Südtiroler Gemeinden gewährleistet, zu-mal es in jeder Gemeinde mindestens ei-nen Verkaufspunkt mit Lebensmitteln gibt. Vielfach handelt es sich hierbei um kleinste Geschäfte, die dank des Fremdenverkehrs überleben. Im Vergleich gibt es in Südtirol

mehr Einzelhandelsbetriebe je Einwohner als in Österreich oder Deutschland, auf nationaler Ebene liegt Südtirol im Schnitt.Jedoch hat auch in Südtirol der Konzentrationsprozess im Einzelhandel eingesetzt: Es entstehen immer größere Verkaufsstrukturen in den größeren Gemeinden entlang der Hauptverkehrslinien.

Gastgewerbe

Der Fremdenverkehr entwickelte sich in Südtirol um 1830 in Form von Erholungsurlaub. Zuerst entstand das Kurzentrum Meran, bald folgten auch Gries bei Bozen, Brixen und Toblach. Später kam auch der Bergsteigertourismus dazu. Die beiden Weltkriege brachten ungünstige Zeiten für den Fremdenverkehr und erst in den 70er Jahren boomte dieser Zweig wieder und trug dazu bei, den allgemeinen Wohlstand in Südtirol zu steigern.

Südtirol zählt 4.200 gastgewerbliche Beherbergungsbetriebe (Hotels, Pensionen) und 6.000 nichtgast-gewerbliche Beherbergungsbetriebe (Privatzimmervermieter, Campings) mit insgesamt 219.000 Betten.

Jährlich werden in den lokalen Beherbergungsbetrieben 28,9 Millionen Nächtigungen registriert. Rund 36% der Gäste sind Italiener. Die Gäste aus dem Ausland kommen vor allem aus Deutschland. Die Auslastung der Betten in den gast-gewerblichen Betrieben ist in den letzten Jahren ständig gestiegen und liegt bei 36%.

Der Anteil an ausländischen Arbeitskräften ist in diesem Wirtschaftsbereich sehr hoch, denn Einheimische bevorzugen geregelte Arbeitszeiten an Werktagen.

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Die Saisonbeschäftigung und die kurzfristigen Arbeitsverhältnisse sind weiters kennzeichnend für den Arbeitsmarkt im Fremdenverkehr. Auch sind die Arbeitsplätze im Fremdenverkehr durch ihre dezentrale Streuung geprägt.

Als Boombranche innerhalb des Fremdenverkehrs hat sich in den letzten Jahren der Urlaub auf dem Bauernhof entwickelt. Immer mehr Gäste suchen einen ruhigen Urlaub inmitten der Natur und eines landwirtschaftlichen Betriebs.

Gemessen an den Nächtigungen nimmt der Sommertourismus einen höheren Stellenwert ein als der Wintertourismus.

Dienstleister

Südtirol hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Dienstleistungsgesellschaft ent-wickelt. Während 1950 rund 30% der Beschäftigten im Dienstleistungssektor tätig waren, sind es heute fast 70% (ein-schließlich öffentliche Verwaltung, Handel und Gastgewerbe). Damit liegt Südtirol im internationalen Trend, denn auch in an-deren europäischen Ländern hat dieser Sektor im Laufe der Jahre stark zugenom-men.

Schließt man die traditionellen Dienstleistungsbereiche wie Handel, Gastgewerbe und den öffentlichen Sektor aus, verbleiben eine Vielfalt von Tätigkeiten. Diese reichen von Transportdienstleistungen (z.B. Speditionen) über Finanz- und Immobilienvermittlung (z.B. Banken, Makler) bis hin zu persönlichen Dienstleistungen (z.B. Schönheitspfleger, Tagesmutter) und zu unternehmensorientierten Dienstleistungen (z.B. Wirtschaftsberater). In Südtirols Dienstleistungsbereich (ausgenommen Handel, Gastgewerbe, öffentlicher Sektor) arbeiten derzeit 9.900 Unternehmen und 42.100 Beschäftigte (dies entspricht 16% aller Beschäftigten). Diese sind vor allem auf dem lokalen Markt tätig.

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Exkurs Handwerk

Ein Handwerksunternehmen ist ein Unternehmen, dessen Tätigkeit im Verzeichnis der handwerklichen Tätigkeiten aufgelistet ist (siehe Handwerksordnung) und mindestens drei der folgenden Voraussetzungen erfüllt:

„a)dieFertigungderGüterunddieErbringungderDienstleistungenerfolgennichtvorwiegendserienmä-ßig,

b) esgibtkeineorganisatorischeTrennungineineProduktions-undeineVerwaltungseinheitundfolglichkeinegetrennteFührungderbeidenEinheitenundderbetreffendenMitarbeiterinnenundMitarbeiter,

c) dieFertigung derGüter und dieErbringungderDienstleistungenerfolgen nicht vorwiegenddurchsystematischeArbeitsteilung,

d) dieAufträgewerdeninderRegelnichtzurGänzeanandereUnternehmenweitergegeben,e) dieFertigungderGüterunddieErbringungderDienstleistungenerfolgenvorwiegendauftragsbezo-

gen.“(Quelle: Handwerksordnung, Landesgesetz vom 25. Februar 2008, Nr. 1)

Das Südtiroler Handwerk zählt 13.075 Unternehmen und 43.747 Beschäftigte.Die Vielfalt der handwerklichen Tätigkeitsbereiche in Südtirol ist sehr groß: Derzeit werden nicht weniger als 428 ver-schiedene handwerkliche Tätigkeiten aus-geübt, allerdings sind in drei Vierteln da-von weniger als 10 Betriebe tätig, in einem Drittel sogar nur ein einziger. Auf der an-deren Seite gibt es einige wenige Berufe, in denen sich sehr viele Betriebe bzw. Beschäftigte konzentrieren.

Jeder dritte Handwerker ist entweder Maurer, Friseur, Elektrotechniker, Tischler, Maler/Lackierer oder Autotransporteur.Gemessen an den Beschäftigten stellen Maurer, Tischler, Autotransporteure, Elektrotechniker, Installateure, Bäcker, Maler und Lackierer, Friseure, „Sonstige Hoch- und Tiefbauer“ und Kfz-Techniker über die Hälfte aller Beschäftigten des Südtiroler Handwerks.

Die meist kleinstrukturierten und beruflich buntgefächerten Handwerksunternehmen geben der Südtiroler Wirtschaft eine große Stabilität und bieten viele Arbeitsplätze, vor allem auch in der Peripherie. Das Handwerk ist damit einer der wichtigsten Eckpfeiler der Südtiroler Wirtschaft.

Der Großteil (82,7%) des Umsatzes von 2009 wurde mit Kunden aus Südtirol erwirtschaftet. Nur 2,5% der Südtiroler Handwerksunternehmen führen regelmäßig einen grenzüberschreitenden Warentransport in Höhe von 103,3 Mio. Euro durch. Seit 2004 haben die Importe und Exporte konstant zugenommen.

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5. Entwicklungsfaktoren: Innovation, Internationalisierung und Kooperation

InnovationDie Wettbewerbsfähigkeit eines Landes wird unter anderem an seinen Forschungs- und Innovationstätigkeiten gemessen. Durch Forschung und Innovation können Unternehmen eine höhere Produktivität erzielen.

In Südtirol sind die Mittel, welche Unternehmen für Forschung und Entwicklung bereitstellen, unterdurch-schnittlich: 0,6% des BIP fließt in Südtirol in Entwicklungsaktivitäten; der Anteil in der EU ist um ein vielfaches höher. Zwar sind die Betriebe in Südtirol innovativ, aber nur selten werden Produkte entwickelt, die zur Gänze neu sind. Vielfach beschränkt sich die Innovation auf Imitation und den Ankauf von Know how. Ein weiterer Indikator, der zur Messung der Innovationsfähigkeit herangezogen wird, ist die Anzahl der hinterlegten Patente.

In Südtirol werden jährlich 60 - 70 Patente hinterlegt. Die Registrierung eines Patents ist auch ein Kostenfaktor und wird daher von den durchschnittlich kleinen Betrieben in Südtirol seltener in Anspruch genommen.

Internationalisierung

Südtirol exportierte 2011 Waren im Wert von 3.663 Mio. Euro und importierte Waren im Wert von 4.644 Mio. Euro. Das heißt, Südtirol verbucht eine negative Warenbilanz, da die Importe höher als die Exporte sind.

Gemessen am BIP beträgt die Südtiroler Exporttätigkeit 20% (Jahr 2011) dies ist unterdurchschnittlich im Vergleich zu an-deren Regionen im Umfeld von Südtirol. Allerdings gibt es viele Bemühungen, die Exportquote zu steigern.

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Die wichtigsten Südtiroler Exportprodukte sind: landwirtschaftliche Produkte, Maschinen und Teile so-wie Zubehör für Kraftwagen. Der wichtigste Handelspartner, was den Export und den Import betrifft, ist Deutschland, gefolgt von Österreich. Südtirol setzt 72% seiner Exporte im EU27-Raum ab. Umgekehrt stammen die Importe zu 87% ebenfalls aus der EU27.

Die Wirtschaftsbereiche mit dem höchsten Exportanteil sind die landwirtschaftlichen Genossenschaften und die Industrie. Auch der Tourismus ist stark auf ausländische Kaufkraft angewiesen.

Für die Verflechtung Südtirols mit dem rest-lichen Staatsgebiet gibt es keine Daten, an-hand welcher die Ströme exakt gemessen werden könnten. Aufgrund einer eigenen Erhebung des WIFO wissen wir aber, dass die Beziehung mit Italien quantitativ bedeu-tender ist, als jene mit dem Ausland.

Kooperation

Besonders kleine Unternehmen stoßen oft an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und können so be-stimmte Marktchancen nicht effizient nutzen. Die eigenen Ziele können meist schneller, wirkungsvoller und mit geringerem Risiko erreicht werden, wenn zwei oder mehrere Unternehmen ihre Vorhaben ge-meinsam anpacken, wie beispielsweise ein Innovationsvorhaben, eine Exporttätigkeit oder die Annahme eines Großauftrags. Aber nicht nur horizontale Kooperationen (Zusammenarbeit mit Betrieben derselben Branche) eröffnen ein großes Potential, sondern auch vertikale Kooperationen sind interessant und wichtig. Ein Beispiel dafür stellt das Baugewerbe dar, wo die Kunden verstärkt schlüsselfertige Komplettlösungen (also Zusammenarbeit von Betrieben mehrerer Branchen) wünschen.

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6. Die Wirtschaftspolitik in Südtirol

Die Aufgabe der Wirtschaftspolitik ist es, Rahmenbedingungen festzulegen, innerhalb welcher sich die Wirtschaft mit all ihren verschiedenen Akteuren entfalten kann.

Autonomie, Steuern und WirtschaftsförderungDer Provinz Bozen steht aufgrund der vielen Zuständigkeiten durch die Autonomie ein umfangreiches Budget zur Verfügung, welches selbst verwaltet wird. Die Regionen mit Normalstatut haben verminderte Kompetenzen und lediglich ein Drittel an Budget je Einwohner zu verwalten.

Grundsätzlich gilt: Die Einführung sowie auch die Verwaltung der Steuern obliegt dem Staat. Das Autonomiestatut legt jedoch zwei wichtige Grundsätze bzgl. der Finanzen fest: 1) Der Großteil der in Südtirol eingehobenen Steuern (ca. 90%) steht dem Land zur Verfügung. 2) Die Zuweisung von Geldmitteln an das Land muss mit periodischer Regelmäßigkeit erfolgen.

Somit verfügt das Land bei den Ausgaben über eine vollkommene Autonomie.

Das Budget des Landes um-fasst 5.124 Millionen Euro. Eine Rahmenbedingung für das lokale Unternehmertum ist beispielsweise der Anteil am Landeshaushalt, der für die Wirtschaftsförderungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wird. Für die Wirtschaftsförderung in Südtirol werden 7,6% des gesamten Budgets verwen-det. Die Schwerpunkte der Südtiroler Wirtschaftsförderung betreffen: • Wachstum• Innovation• Umwelt • Nahversorung.

Zudem bestehen finanzielle Anreize für Neugründungen, Kooperationen, Familienfreundlichkeit usw.

Handelskammer

Daneben setzt auch die Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer, kurz Handelskammer, konkrete Maßnahmen, um die positive Entwicklung der Südtiroler Unternehmen zu unterstützen.

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Die Handelskammer ist eine alle Wirtschaftsbereiche übergreifende Institution und gesetzlich eingerich-tete Körperschaft. Sie hat zum einen vom Gesetz auferlegte Aufgaben zu erfüllen, wie beispielsweise die Führung des Handelsregisters und der Weinbergrolle. In erster Linie ist die Handelskammer aber ein modernes Dienstleistungsunternehmen mit folgenden Schwerpunkten:

• Wirtschaftsinformation und Wirtschaftsforschung • Weiterbildung • Export • Unternehmensentwicklung • Marktregelung • Landwirtschaft • Umwelt.Die Freiberufler sind nicht im Handelsregister eingetragen, sondern in eigenen Berufskammern verzeich-net.

WirtschaftsverbändeDie Handelskammer ist nicht die einzige Interessensvertretung der Wirtschaft in Südtirol: Die einzelnen Wirtschaftsbereiche werden je von einem eigenen Verband vertreten.

Die Verbände setzen sich auf politischer Ebene für die Interessen der jeweiligen Mitglieder ein und bie-ten den ihnen angegliederten Unternehmen Dienste an, wie z.B. die Führung der Lohnbuchhaltung, Schulungen usw. Die Mitgliedschaft in den Verbänden ist freiwillig. Hier ein kurzer Überblick über die Wirtschaftsverbände in Südtirol: • HGV – Hoteliers- und Gastwirteverband • Unternehmerverband Südtirol • LVH – Landesverband der Handwerker • Südtiroler Bauernbund • SHV – Südtiroler Vereinigung der Handwerker und Kleinunternehmen • Südtiroler Wirtschaftsring • USEB – Unione Operatori Economici • hds - Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol • Verband der Selbständigen Südtirols • Vereinigung Südtiroler Freiberufler

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7. Nachhaltigkeit

Nachhaltige Entwicklung verknüpft wirtschaftliche Entwicklung und den allgemeinen Wohlstand mit dem dauerhaften Schutz unserer Lebensgrundlagen. Wirtschaftlich gesehen muss in Zukunft verstärkt ein qualitatives und nicht nur quantitatives Wachstum angestrebt werden.

Eine Vorreiterrolle hat sich die Südtiroler Bauwirtschaft bereits im Bereich des Klimahauses erarbeitet. Auch im Bereich Umwelttechnik und Abfallwirtschaft hebt sich Südtirol hervor.

Herausforderungen sind hierbei vor allem der Verkehr und die soziale Verantwortung.

• Verkehr: Er ist wichtig, damit eine arbeitsteilige Wirtschaft funktio-nieren kann. Trotzdem muss das Verkehrsvolumen in Grenzen ge-halten werden und besonders die negativen Begleiterscheinungen wie Lärm, Stau, Luftverschmutzung durch Innovationen reduziert oder wenn möglich eliminiert werden.

• Soziale Verantwortung: Hier sind die Unternehmen angesprochen, welche auf der einen Seite den familiären Aspekt ihrer Mitarbeiter (Vereinbarkeit Familie und Beruf) und auch Umweltaspekte in ihre Agenden aufnehmen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.

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8. Südtirol im Vergleich

Südtirols Bevölkerung beträgt 0,8% an der gesamtitalienischen Einwohnerzahl. Der Beitrag zum nationa-len BIP hingegen ist überdurchschnittlich und liegt bei 1,2%.

Südtirol hebt sich vom nationa-len Durchschnitt vor allem durch die Landwirtschaft und hier die Obstwirtschaft ab. Weiters ist der Fremdenverkehr zu nen-nen: 7% aller Nächtigungen Italiens werden in Südtirol verzeichnet. Die Arbeitslosenrate ist im nationalen Vergleich sehr gering und die wirtschaftliche Entwicklung stabiler. Die Zweisprachigkeit beeinhaltet auch ei-nen Wettbewerbsvorteil, genauso wie das duale Ausbildungssystem in Südtirol, wel-ches einmalig in Italien ist. Schließlich ist Südtirol ein Gebiet mit einer extrem hohen Lebensqualität: Im Ranking des SOLE 24 ORE beispielsweise liegt Südtirol alljähr-lich vorne.

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STÄRKEN

Günstige geografische Lage zwischen dem süddeutschen, österreichischen und italieni-schen Markt, sowie an einer der wichtigsten Verkehrsverbindungen in Europa.

Hohe Lebensqualität und sozialer Frieden kenn-zeichnen Südtirol.

Zweisprachigkeit der Bevölkerung sowie Kenntnisse des deutschen, österreichischen und italienischen Marktes.

Die gepflegte Landschaft und noch intakte Umwelt bedeuten Attraktion für den Tourismus und Lebensqualität für die Bevölkerung.

Qualität zeichnet die Produkte und Dienstleistungen der Südtiroler Unternehmen aus.

Die Nahversorgung ist in allen Gemeinden ge-währleistet.

HERAUSFORDERUNGEN

Der zunehmende Verkehr bringt Belastungen für Mensch und Wirtschaft. Die „Vermittlerrolle“ Südtirols birgt noch Chancen, vor allem im Dienstleistungsbereich.

In Zukunft wird die konstruktive Zusammen-arbeit von allen gesellschaftlichen Partnern (Wirtschaft, Soziales und Umwelt) immer wichti-ger: Die Förderung des Wirtschaftsverständnisses,die Integration der ausländischen Bevölkerung, die soziale Verantwortung der Unternehmen und die Bekämpfung der Schwarzarbeit spielen hier-bei eine große Rolle.

Fremdsprachen, insbesonders Englisch und auch Offenheit sind Voraussetzung für die Internationalisierung der lokalen Unternehmen.

Die gebirgige Beschaffenheit Südtirols bedeutet einen Mangel an Gewerbeflächen, bzw. hohe Preise dafür. Nachhaltiges Wirtschaften wird in Zukunft wichti-ger sein als quantitatives Wachstum. Das positive Image Südtirols muss auch in Zukunft gepflegt werden.

Die Produktivität ist aufgrund der geringen Betriebsgröße und aufgrund des Anteils an Unternehmen in traditionellen Sektoren durch-schnittlich.

Konzentrationstendenzen sind im Einzelhandel und besonders im Bereich Lebensmittel feststell-bar.

9. Herausforderungen für die Zukunft

Ziel ist es, den hohen wirtschaftlichen Wohlstand in Südtirol zu stabilisieren, was bedeutet, die Stärken weiter auszubauen und an den Herausforderungen konsequent zu arbeiten:

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Ein Aufholbedarf herrscht im Bereich Export und Innovation. Die Südtiroler Betriebe können ihre Kleinstrukturiertheit durch Kooperation überwin-den.

Eine geringe Arbeitslosigkeit bedeutet für die Südtiroler Unternehmen große Schwierigkeiten bei der Personalsuche. Facharbeiter im techni-schen Bereich sind besonders nachgefragt. In bestimmten Bereichen ist der Arbeitsmarkt von der Saisonalität geprägt.

Auch die Lebenskosten sind in Südtirol über-durchschnittlich hoch.

In der beruflichen Weiterbildung, ein zukünftig immer wichtiger werdender Bereich, gibt es noch großen Aufholbedarf. Weiters ist eine verstärkte Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft not-wendig.

Die Möglichkeiten Familie und Beruf zu vereinba-ren müssen verbessert werden.

Die konjunkturelle Stabilität beruht auf ei-ner ausgeglichenen und kleinbetrieblichen Wirtschaftsstruktur.

Südtirol hat einen gesunden Arbeitsmarkt.

Das Pro-Kopf-Einkommen liegt über dem natio-nalen und europäischen Durchschnitt.

Die duale Ausbildung und die Ausbildung allge-mein sind von hoher Qualität gekennzeichnet.

Fleiß, Motivation und Loyalität gehören zu den Eigenschaften eines durchschnittlichen Mitarbeiters in Südtirol.

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