windskript v11

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Inhalt 1-1 Stand: 7.05.2013 [email protected] Inhalt Inhalt 1-1 1. Charakteristik der Windströmung 1-1 1.1. Grundlagen der Strömungsmechanik 1-1 1.1.1. Eigenschaften der Luft 1-1 1.1.2. Bewegung von Strömungen 1-1 1.1.3. Grundgleichungen der Strömung 1-3 1.1.4. Laminare und turbulente Strömungen 1-4 1.1.5. Strömungsgrenzschicht 1-5 1.1.6. Strömungsablösung 1-6 1.2. Statistische Beschreibung des Zufallsprozesses 1-6 1.2.1. Eindimensionale Beschreibung 1-6 1.2.2. Mehrdimensionale Beschreibung 1-7 1.3. Extremwerttheorie 1-7 1.4. Baupraktische Regelungen für das Windklima in Europa 1-9 2. Quasistatische Windlastformulierung 2-12 2.1. Windkräfte als Folge von Druckdifferenzen 2-12 2.2. Aerodynamische Formbeiwerte 2-12 2.2.1. Kraftbeiwerte 2-13 2.2.2. Druckbeiwerte 2-13 2.3. Admittanzansätze 2-14 3. Schwingungsanfälligkeit von Bauwerken 3-15 3.1. Böenreaktion 3-15 3.1.1. Dynamik der Windfelder 3-15 3.1.2. Dynamik der Strukturen 3-17 3.1.3. Bestimmung der dynamischen Bauwerksreaktionen 3-18 3.1.4. Windlastdefinition für schwingungsanfällige Baukörper nach DIN EN 1991-1-4:2010 und DIN EN 1991-1-4:2010/NA 3-18 3.1.5. Berechnungsbeispiel zur Bestimmung der Böenreaktion 3-20 3.2. Wirbelerregte Querschwingungen 3-21 3.2.1. Karman’sche Wirbelstrasse 3-22 3.2.2. Aerodynamische Kraft infolge Wirbelablösung 3-25 3.2.3. Einflussfaktoren auf die aerodynamische Erregerkraft aus Wirbelablösung 3-27 3.2.4. Berechnungsverfahren zur Bestimmung der wirbelerregten Schwingungen 3-28 4. Literatur 4-30

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Windskript

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  • Inhalt 1-1

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Inhalt

    Inhalt 1-1

    1. Charakteristik der Windstrmung 1-1

    1.1. Grundlagen der Strmungsmechanik 1-1

    1.1.1. Eigenschaften der Luft 1-1

    1.1.2. Bewegung von Strmungen 1-1

    1.1.3. Grundgleichungen der Strmung 1-3

    1.1.4. Laminare und turbulente Strmungen 1-4

    1.1.5. Strmungsgrenzschicht 1-5

    1.1.6. Strmungsablsung 1-6

    1.2. Statistische Beschreibung des Zufallsprozesses 1-6

    1.2.1. Eindimensionale Beschreibung 1-6

    1.2.2. Mehrdimensionale Beschreibung 1-7

    1.3. Extremwerttheorie 1-7

    1.4. Baupraktische Regelungen fr das Windklima in Europa 1-9

    2. Quasistatische Windlastformulierung 2-12

    2.1. Windkrfte als Folge von Druckdifferenzen 2-12

    2.2. Aerodynamische Formbeiwerte 2-12

    2.2.1. Kraftbeiwerte 2-13

    2.2.2. Druckbeiwerte 2-13

    2.3. Admittanzanstze 2-14

    3. Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-15

    3.1. Benreaktion 3-15

    3.1.1. Dynamik der Windfelder 3-15

    3.1.2. Dynamik der Strukturen 3-17

    3.1.3. Bestimmung der dynamischen Bauwerksreaktionen 3-18

    3.1.4. Windlastdefinition fr schwingungsanfllige Baukrper nach DIN EN 1991-1-4:2010

    und DIN EN 1991-1-4:2010/NA 3-18

    3.1.5. Berechnungsbeispiel zur Bestimmung der Benreaktion 3-20

    3.2. Wirbelerregte Querschwingungen 3-21

    3.2.1. Karmansche Wirbelstrasse 3-22

    3.2.2. Aerodynamische Kraft infolge Wirbelablsung 3-25

    3.2.3. Einflussfaktoren auf die aerodynamische Erregerkraft aus Wirbelablsung 3-27

    3.2.4. Berechnungsverfahren zur Bestimmung der wirbelerregten Schwingungen 3-28

    4. Literatur 4-30

  • Charakteristik der Windstrmung 1-1

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    1. Charakteristik der Windstrmung

    1.1. Grundlagen der Strmungsmechanik

    1.1.1. Eigenschaften der Luft

    Luft ist ein Gas und daher streng genommen kompressibel. Die Dichte der Luft

    ist nicht konstant, sondern variiert abhngig von der Lufttemperatur und dem

    Luftdruck:

    m

    kg

    TR

    p

    l

    dabei sind: p Luftdruck [N/m]

    Rl Gaskonstante der trockenen Luft [Nm/(kgK)]

    T Temperatur [K]

    Im weiteren Verlauf dieses Kapitels wird sich zeigen, dass die Luftdichte einen

    linearen Einfluss auf die resultierenden Windlasten hat. Aus diesem Grund ist

    die Abhngigkeit von Luftdruck und Temperatur prinzipiell bei der Lastermitt-

    lung nach obiger Gleichung zu bercksichtigen. Im Bauwesen wird jedoch zu-

    meist auf der sicheren Seite mit einem einheitlichen Luftdruck von =1,25

    kg/m gerechnet.

    Aufgrund der direkten Abhngigkeit vom vorherrschenden Luftdruck, ist die

    Dichte darber hinaus indirekt abhngig von der Strmungsgeschwindigkeit.

    Geschwindigkeitsschwankungen bis ca. 50 m/s rufen jedoch nur vergleichsweise

    geringe nderungen der Luftdichte von = 0,01 kg/m hervor. Da solche

    Windgeschwindigkeiten nur in sehr exponierten Lagen berhaupt erreicht wer-

    den knnen, wird in der Bauwerksaerodynamik die Dichtenderung, die durch

    die Geschwindigkeit hervorgerufen wird, vernachlssigt.

    1.1.2. Bewegung von Strmungen

    Die Bewegung von Strmungsteilchen wird wie in der Mechanik bzw. Dynamik

    durch die Angabe der Koordinaten einzelner infinitesimal kleiner Volumenele-

    mente in Abhngigkeit von der Zeit beschrieben.

    Ist der Geschwindigkeitsvektor v unabhngig von der Zeit, also in einem Punkt

    des Strmungsfeldes zu allen Zeiten gleich, so nennt man die Strmung statio-

    nr. Eine instationre Strmung hingegen ist von der Zeit abhngig, wie z. B.

    der Wind. Eine Momentaufnahme einer instationren Strmung zu einem be-

    stimmten Zeitpunkt kann durch Stromlinien beschrieben werden.

  • Charakteristik der Windstrmung 1-2

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 1-1: Stromlinien eines Strmungszustandes und lokale Geschwindigkeitvektoren

    Bahnlinien stellen den Weg dar, den die einzelnen Strmungsteilchen im Laufe

    der Zeit nehmen. Sie sind also eine teilchenabhngige und keine zeitabhngige

    Beobachtung. Bahnlinien kann man sichtbar machen, indem man der Strmung

    einzelne sichtbare Partikel beimischt. Bei einer Beobachtung einer Oberfl-

    chenwasserstrmung knnen das einzelne schwimmende Partikel (z.B. Alumi-

    niumpulver) sein, in einer Luftstrmung knnen dies beispielsweise Partikel

    eines lnebels sein.

    Im Sonderfall der eine stationre Strmung fallen Bahnlinien und Stromlinien

    zusammen.

    Abbildung 1-2: Bahnlinien eines Strmungszustandes

    Bestimmte instationre Bewegungen lassen sich durch eine Koordinatentrans-

    formation als stationre Bewegungen darstellen. Ein einfach nachzuvollziehen-

    des Beispiel ist die Umstrmung eines Schiffsrumpfes:

    Fr einen am Ufer stehenden ruhenden Beobachter erscheint die Strmung um

    das vorbeifahrende Schiff als eine instationre. Er sieht die Bahnlinien der

    Strmung und das Strmungsbild ist zu jedem Zeitpunkt ein anderes. Einem

    Beobachter auf dem Schiff erscheint die Strmung um den Bug stationr.

    Stromlinien und Bahnlinien sind zu jeder Zeit gleich und das Strmungsbild

    ndert sich im Laufe der Zeit fr ihn nicht.

  • Charakteristik der Windstrmung 1-3

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    1.1.3. Grundgleichungen der Strmung

    1.1.1.1 Kontinuittsgleichung

    Es wird eine Stromrhre in einem stationren Strmungsfeld betrachtet, die

    durch Stromlinien begrenzt ist. Die jeweils umschlossenen Flchen sind A1 und

    A2. Da sich bei stationrer Strmung die Masse in der Rhre nicht ndert und

    ber den Mantel keine Masse ein- oder ausfliet, kann der Massenfluss durch

    die Flchen gleichgesetzt werden:

    1 1 1 = 2 2 2

    Fr eine inkompressible Strmung gilt 1 = 2. Die Kontinuittsgleichung ver-

    einfacht sich somit zu:

    1 1 = 2 2

    und drckt daher aus, dass die Durchstrmung einer Stromrhre einer antipro-

    portionalen Beziehung zwischen Querschnittsflche und Geschwindigkeit un-

    terworfen ist, d.h. bei groem Querschnitt ist die Geschwindigkeit klein und

    umgekehrt.

    Abbildung 1-3: Bahnlinien eines Strmungszustandes

    Die Kontinuittsgleichung stellt die wesentliche Beziehung bei der Auslegung

    von Strmungsfhrenden Kanlen dar.

    1.1.1.2 Bernoullische Gleichung (fr eine stationre Strmung)

    Die Bernoullische Gleichung beschreibt die auf ein Strmungsteilchen wirken-

    den Krfte in einer stationren und reibungsfreien Strmung, welches sich ent-

    lang einer Stromlinie von Punkt 1 nach Punkt 2 bewegt.

  • Charakteristik der Windstrmung 1-4

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 1-4: Stromlinie und Strmungsgren in den Punkten 1 und 2

    Mit einem Krftegleichgewicht, der Integration ber den Weg und einigen Um-

    formungen erhlt man die Bernoullische Gleichung:

    1 +

    212 + 1 = 2 +

    222 + 2 = .

    dabei sind: pi statischer Druck Druckenergie

    gzi geodtische Druck Potentielle Energie

    /2u Geschwindigkeitsdruck Kinetische Energie

    i Punkt auf der Stromlinie

    Die Summe aus statischem und Geschwindigkeitsdruck wird als Gesamtdruck

    bezeichnet. Fr den Geschwindigkeitsdruck ist darber hinaus die Bezeichnung

    Staudruck gebruchlich.

    1.1.4. Laminare und turbulente Strmungen

    Von laminarer Strmung oder auch Schichtenstrmung spricht man, wenn sich

    die einzelnen Strmungsschichten getrennt voneinander bewegen. Sie knnen

    sich zwar mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit bewegen, sie vermischen

    sich jedoch nicht. Sichtbar machen kann man eine laminare Strmung im Was-

    ser wenn man einer Farbe einleitet und sich dann ein Farbfaden innerhalb des

    Strmungsfeldes ausbildet.

    Bei Erhhung der Geschwindigkeit fngt der Farbfaden an zu flattern und es

    wird ein Zustand erreicht, bei dem das gesamte Strmungsfeld gefrbt ist. Dann

    spricht man von einer turbulenten Strmung. Der Strmungshauptrichtung sind

    rumliche Schwankungen berlagert. Diese Schwankungen knnen regelmig

    oder auch stochastisch sein (Bild 2.13). Die Strmungsgeschwindigkeit wird

    dann mit einem stationren und einem instationren Anteil nach folgenden Glei-

    chungen getrennt fr die jeweiligen Geschwindigkeitskomponenten u, v, w be-

    schrieben:

    = +

    = +

    = +

    Dabei bezeichnet die Komponente u die Windgeschwindigkeit in Windrichtung,

    die Komponenten v und w die jeweils zur Windgeschwindigkeit orthogonalen

    Komponenten. Die stationren Anteile werden mit Querstrich gekennzeichnet

    Stromlinie

  • Charakteristik der Windstrmung 1-5

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    (Mittelwert), die fluktuierenden Anteile mit Hochkomma (Schwankungsanteil).

    Abbildung 1-5: Knstlich generierter Zeitverlauf einer Windgeschwindigkeitskomponente u

    Die Umstrmung von Gebuden und die daraus resultierenden Kraftwirkungen

    werden von der Turbulenzstruktur des Windes beeinflusst. Mit der mittleren

    Geschwindigkeit und der Standardabweichung lsst sich der sogenannte

    Turbulenzgrad Iu fr die Hauptwindrichtung wie folgt berechnen:

    =

    Der Turbulenzgrad ist eine wichtige Gre zur Beschreibung der Turbulenz-

    struktur, die z.B. auch bei der Konzeption eines Modellversuchs bercksichtigt

    werden muss. Sie ist auerdem die wesentliche Gre bei der Erfassung von

    Lastspitzen und zur korrekten Modellierung von dynamisch geprgten System-

    antworten.

    1.1.5. Strmungsgrenzschicht

    Fr Rohrstrmung oder Strmungen entlang von Wnden muss die Wirkung der

    Reibung bercksichtigt werden. An der Wand haftet die Strmung, whrend in

    einem gewissen Abstand zur Wand die Geschwindigkeit die der freien Auen-

    strmung erreicht. Die Strmung in der wandnahen Schicht wird als Grenz-

    schicht bezeichnet.

    Abbildung 1-6: Grenzschichtausbildung an der reibungsbehafteten Wand

    Der Einfluss der Wandreibung klingt asymptotisch nach auen ab. Der Grenz-

    schichtrand ist dort erreicht, wo die Geschwindigkeit nur noch 1 Prozent vom

    Wert der freien Auenstrmung abweicht.

    Parallele Bahnlinien innerhalb der Grenzschicht weisen auf eine laminare Str-

    mung. Nach einer gewissen Lauflnge findet ein Umschlag in eine turbulente

    Grenzschicht statt, was zu einer Formvernderung im Grenzschichtprofil fhrt.

    In der Baupraxis ist nur die turbulente Grenzschicht von Bedeutung.

  • Charakteristik der Windstrmung 1-6

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    1.1.6. Strmungsablsung

    Strmungsablsungen knnen dann beobachtet werden, wenn ein Medium ent-

    lang einer Wand in Richtung wachsenden Druckes strmt, z.B. in einem Dif-

    fusor oder um einen Kreiszylinder. Die Strmungsgeschwindigkeit auerhalb

    der Grenzschicht nimmt stetig ab und der Druck steigt nach Bernoulli dement-

    sprechend an. Da der Gesamtdruck in der Auenstrmung und in der Grenz-

    schicht gleich ist, steigt auch der Druck in der Grenzschicht an und die Teilchen

    des Mediums werden abgebremst. Die Strmung kommt in unmittelbarer

    Wandnhe gnzlich zum erliegen, so dass die Teilchen die Grenzschicht von der

    Wand abdrngt: die Strmung lst ab. Hinter dem Ablsepunkt strmt das Me-

    dium an der Wand entgegen der Strmungsrichtung.

    Ist der Druckanstieg zu klein, wie z.B. bei einem Diffusor mit kleinem ff-

    nungswinkel, kann der Strmungsimpuls in Strmungsrichtung aufrecht erhalten

    werden und die Strmung lst nicht ab. Bei der Umstrmung scharfer Kanten

    lst die Strmung immer ab (siehe Bild 2.3).

    1.2. Statistische Beschreibung des Zufallsprozesses

    1.2.1. Eindimensionale Beschreibung

    Da es sich bei dem Lastfall Wind um einen Zufallsprozess auf der Einwirkungs-

    seite handelt, bedient man sich zu seiner vollstndigen Beschreibung blicher-

    weise statistischer Methoden.

    Bereits in Abbildung 1-5 wurde ein exemplarischer Zeitschrieb einer Windge-

    schwindigkeitsreihe dargestellt. Fr eine nhergehende statistische Beurteilung

    kann nun die Dichteverteilung der auftretenden Geschwindigkeiten angegeben

    werden, und man kann fr bliche Windzeitreihen feststellen, dass die zugrun-

    deliegende Verteilung Gau ist. Aus dieser Erkenntnis folgt, dass sowohl die

    Lage als auch die Form der Verteilung vollstndig durch Mittelwert und Stan-

    dardabweichung beschrieben werden kann.

    Abbildung 1-7: Knstlich generierter Zeitverlauf einer Windgeschwindigkeitskomponente u

    Entsprechend der Wahrscheinlichkeitstheorie fr normalverteilte Prozesse kn-

    nen somit aus diesen Gren diejenigen Windgeschwindigkeiten abgeleitet wer-

    den, die zu beliebigen berschreitenswahrscheinlichkeiten gehren (hufig er-

    forderlich fr das Sicherheitskonzept).

    ...

  • Charakteristik der Windstrmung 1-7

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Zeitabhngige Funktionen knnen unterschiedlicher Natur sein, die Autokorre-

    lationsfunktion gibt Aufschluss darber ob es sich bei einer zeitabhngigen

    Funktion um einen Trend, ein rein stochastisches oder ein periodisches Signal

    handelt.

    1.2.2. Mehrdimensionale Beschreibung

    Neben der Zeitabhngigkeit ist fr die Bewertung der resultierenden Windbelas-

    tung auch die rumliche Ausdehnung der bewegten Luftmassen im Bereich des

    betrachteten windbeaufschlagten Bauwerks oder Bauteils wesentlich. Eine wich-

    tige Bedeutung kommt hierbei dem Korrelationsgrad der einwirkenden Windge-

    schwindigkeiten an verschiedenen Einwirkungspunkten zu.

    Abbildung 1-8: Beispiel fr dreidimensionale knstliche Windfelder

    1.3. Extremwerttheorie

    Das Sicherheitskonzept der europischen Windlastnormung fordert fr Bemes-

    sungszwecke die Verwendung von charakteristischen Geschwindigkeitswerten

    mit einer jhrlichen Nichtberschreitenswahrscheinlichkeit von 98%. Die zuge-

    hrige statistische Wiederkehrperiode liegt damit bei R=50 Jahren.

    Zur Bestimmung der charakteristischen Gren auf dem geforderten Sicher-

    heitsniveau wurde von Gumbel (1954) eine vergleichsweise einfach zu hand-

    habebene Vorgehensweise beschrieben, um die Formparameter einer sog. Typ I-

    Extremwertverteilung anhand von gemessenen jhrlichen Extremwerten abzu-

    leiten.

    Die Summenhufigkeitsfunktion der Typ I-Extremwertverteilung hat die Form:

    () = { [

    ]} (1.1)

    dabei sind: u der Modalwert der Verteilung

    a der Skalierwert

    Die Wiederkehrperiode R kann direkt aus der Summenhufigkeitsfunktion FU(u)

    berechnet werden:

    =1

    1() (1.2)

    Substituiert man nun in Gleichung (1.1) das FU(U) durch Umstellung von Glei-

    chung (1.2), so erhlt man die zur Wiederkehrperiode R zugehrige Windge-

  • Charakteristik der Windstrmung 1-8

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    schwindigkeit UR:

    = +1

    { [ (1

    1

    )]} (1.3)

    Im Falle von ausreichend groen Wiederkehrperioden R, kann Gleichung (1.3)

    vereinfacht geschrieben werden:

    = +1

    () (1.4)

    Zur Anwendung der Gumbel-Methode wurde in [5] folgendes Vorgehen be-

    schrieben:

    Bestimmung des Hchstwertes der Windgeschwindigkeit Ui fr jedes

    Kalenderjahr

    Sortierung der Geschwindigkeitswerte in aufsteigender Reihenfolge,

    entsprechend der Ordnungszahlen: 1,2,mN

    Jedem Geschwindigkeitswert Ui wird eine Nichtberschreitens-

    wahrscheinlichkeit pi zugeordnet, gem pi m/(N + 1)

    Die reduzierte Wahrscheinlichkeit kann nun zu yi = ln( ln pi) be-

    rechnet werden

    Die Windgeschwindigkeiten Ui knnen nun ber der reduzierten Wahr-

    scheinlichkeit yi aufgetragen werden.

    Die skizzierte Vorgehensweise stellt eine praktische Alternative zur Verwen-

    dung von Gumbel-Wahrscheinlichkeitspapier dar, da die Darstellung und die

    Bestimmung der Regressionsfunktion nun in linearer Darstellung erfolgen kn-

    nen.

    Zunchst ist zu prfen, ob die verwendeten Extremwerte tatschlich entspre-

    chend der angenommenen Typ 1-Extremwertverteilung verteilt sind. Dies ist der

    Fall, wenn sich die Daten im Gumbelpapier bzw. im linearen Mastab ber die

    reduzierte Wahrscheinlichkeit in guter Nherung durch eine Gerade approximie-

    ren lassen.

    Aus der Regressionsgeraden knnen nun die Parameter fr den Skalierungswert

    a und den Modalwert u ermittelt. Der Ordinatenabschnitt entspricht dem Mo-

    dalwert u, die Steigung der geraden entspricht dem Kehrwert des Skalierungs-

    faktors a.

    Der zu Wiederkehrperiode R zugehrige Wert der Windgeschwindigkeit kann

    nun bestimmt werden mittels der Gleichungen (1.3), bzw. (1.4).

    In der Abbildung Abbildung 1-9 ist beispielhaft die Auswertung von meteorolo-

    gischen Winddaten dargestellt. Die Ablesung des charakteristischen Geschwin-

    digkeitswertes erfolgt fr p=0,98 bei einer reduzierten Wahrscheinlichkeit von

    y=-ln(-ln(0,98))=3,91.

  • Charakteristik der Windstrmung 1-9

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 1-9: Exemplarische Auswertung der jhrlichen extremen Windgeschwindigkei-

    ten (10-mintiges Mittel) in H=10,0m Hhe ber einen Zeitraum von T=50 Jahren bei einer

    reduzierten Wahrscheinlichkeit von y=3,91 (entsprecht einer Nicht-berschreitens-

    wahrscheinlichkeit von p=0,98)

    1.4. Baupraktische Regelungen fr das Windklima in Europa

    Die europische Windlastnormung ist seit Beginn des Jahres 2011 im Normen-

    werk Eurocode 1-1-4 vereinheitlicht. Neben diesem Basisdokument, das in

    Deutschland als DIN EN 1991-1-4 [2] erschienen ist, haben die Mitgliedsstaaten

    die Mglichkeit in bestimmten Grenzen abweichende Werte oder auch Metho-

    den fr ihre Staatsgebiete festzulegen. Dies geschieht in Form der sog. Nationa-

    len Anhnge, in Deutschland ist dies im Falle der Windlastnorm die DIN EN

    1991-1-4/NA:2010 [3].

    Bei der Bestimmung von Windlasten sind also generell die landesspezifischen

    Regelungen ber die Nationalen Anhnge zu beachten, diese haben Vorrang

    gegenber den Angaben im Basisdokument.

    Grundstzlich werden die Windlastzonenkarten in den Nationalen Anhngen

    behandelt. Fr Deutschland beispielsweise sieht die 1991-1-4/NA:2010 [3] da-

    bei vier unterschiedliche Windlastzonen vor, fr die die zugehrigen Basiswerte

    der mittleren Windgeschwindigkeit (Mittelungszeit t=600s, Hhe der Messung

    in z=10,0m, Gelndekategorie II) angegeben werden.

    y = 1,8104x + 17,667

    0

    5

    10

    15

    20

    25

    30

    -2 -1 0 1 2 3 4 5

    Win

    dgs

    chw

    ind

    igke

    it in

    m/s

    Reduzierte Wahrscheinlichkeit y

    Exemplarische Extremwertstatistik

  • Charakteristik der Windstrmung 1-10

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 1-10: Windzonenkarte fr Deutschland [3]

    In Fllen, in denen die Windlastzonenkarte nach Abbildung 1-10 zu grob er-

    scheint, knnen Einstufungen entsprechend der Verwaltungsgrenzen beim Deut-

    schen Institut fr Bautechnik heruntergeladen werden:

    www.dibt.de/de/Data/TB/Windzonen_nach_Verwaltungsgrenzen.xls

    Fr die Bestimmung der hhenabhngigen Geschwindigkeits- und Turbulenz-

    profile ist die Gelndesituation im Umfeld des Bauvorhabens zu kategorisieren.

    Hierzu wird zwischen vier sog. Gelndekategorien (I-IV, s.h. Abbildung 1-11)

    unterschieden, zustzlich definiert der deutsche Nationale Anhang zwei Misch-

    profile (Kste und Binnenland).

  • Charakteristik der Windstrmung 1-11

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 1-11: Gelndekategorien fr Deutschland [3]

    Fr die Definition der Mischprofil wird auf die DIN EN 1991-1-4/NA:2010 [3]

    verwiesen.

    Die fr die baupraktische Bemessung im Normalfall magebenden Hhenprofile

    des Benwindgeschwindigkeitsdruckes knnen mit den zuvor genannten Einstu-

    fungen spezifisch fr den betrachteten Standort des Baukrpers festgelegt wer-

    den. Hierzu werden fr die einzelnen Gelndekategorien die entsprechenden

    Formel in

    Tabelle 1 Berechnungsformeln fr hhenabhngige aerodynamische Profile

  • Quasistatische Windlastformulierung 2-12

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    2. Quasistatische Windlastformulierung

    2.1. Windkrfte als Folge von Druckdifferenzen

    Umstrmte und durchstrmte Baukrper rufen aufgrund ihres Strmungswider-

    standes eine Druckdifferenz im Strmungsfeld hervor. Im Abschnitt 1.1.3 wurde

    in diesem Zusammenhang die Bernoullische Energiegleichung eingefhrt.

    Windkrfte entstehen grundstzlich aus solchen Druckdifferenzen. Fr die Nor-

    mierung von Windwirkungen auf standardisierte Geometrien, werden aerody-

    namische Beiwerte eingefhrt, die letztendlich immer die auftretenden Druck-

    differenzen auf geometrische Gren und die Anstrmbedingungen beziehen.

    2.2. Aerodynamische Formbeiwerte

    Die kinetische Energie des zuvor beschriebenen dreidimensionalen Windge-

    schwindigkeitsfeldes ruft die individuelle Bauteilbelastung hervor. Die effektiv

    einwirkenden Lastkomponenten sind ihrerseits von der Bauteilgeometrie, der

    Einbausituation, der aerodynamischen Dichtigkeit gegenber windgeschtzten

    Bereichen (z.B. Innenrumen), etc. abhngig.

    Abhngig von dem betrachteten Krper der relevanten Windwirkung und der

    Mglichkeit zur Erfassung dieser Windwirkungen, werden unterschiedliche

    Formbeiwerte verwendet.

    Im Falle geschlossener Oberflchen, knnen sehr einfach die Differenzdrcke

    direkt erfasst werden. Die zugehrigen Beiwerte werden dann als (Differenz)-

    druckbeiwerte bezeichnet. Bei Zusammengesetzten Bauteil (beispielsweise

    Fachwerktrger, Brckenquerschnitte) macht eine Messung der Oberflchendr-

    cke aufgrund der Vielzahl der beteiligten Flchen in den meisten Fllen wenig

    Sinn. Stattdessen werden in diesen Fllen die Gesamtwindwirkungen (Krfte,

    Momente) fr die Bestimmung von sog. Kraft- und Momentenbeiwerten ermit-

    telt.

    Die Unterscheidung, ob Kraft- und Druckbeiwerte verwendet werden sollen

    resultiert darber hinaus aus dem Bemessungsziel. Kraftbeiwerte werden im

    Wesentlichen zur Beschreibung von resultierenden Windlasteffekten, wie z.B.

    von Fundamentkrften von Hochhusern oder Brckenbauwerken verwendet.

    Druckbeiwerte hingegen beschreiben die lokalen Flchenlasten auf Bauwerks-

    oberflchen, z.B. im Fassaden- oder Dachbereich.

    Aus zahlreichen Messungen (vorwiegend im Windkanal) sind die aerodynami-

    schen Beiwerte fr frei angestrmte (nicht verschattete) Bauteile und Bauwerks-

    formen in der Regel gut dokumentiert. Mit ihrer Hilfe knnen die Wirkungen

    der Windbelastung hinsichtlich unterschiedlicher Kraftwirkungsrichtungen

    (Kraftbeiwerte cD, cL und cM) oder hinsichtlich der individuellen Druckvertei-

    lung (Druckbeiwerte cp,e, cp,i und cp,net) bezogen auf ein definiertes Referenzma

    zur Bercksichtigung von Mastabseffekten bestimmt werden.

  • Quasistatische Windlastformulierung 2-13

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Die Anstrmcharakteristik ist bei allgemeinen Untersuchungen im Falle von

    Kraftbeiwerten zumeist weitgehend laminar (also turbulenzfrei) und im Falle

    von Druckbeiwerten fr die uere Bauwerkshlle zumeist mig turbulent,

    entsprechend der natrlichen Strmungsgrenzschicht im lndlichen Gebiet (Ge-

    lndekategorie II).

    In den wenigsten Fllen entspricht bei baupraktischen Belangen die Zusammen-

    setzung des einwirkenden Windes den idealisierten Annahmen der freien An-

    strmung. Im Normalfall werden jedoch die entsprechenden Beiwerte trotzdem

    verwendet und mit dem an die individuelle Situation angepassten regionalen

    Windfeld kombiniert. Fr bliche Formen sind die aerodynamischen Beiwerte

    weitgehend bekannt und sie knnen Tabellenwerken oder Normen entnommen

    werden. Fr ungewhnliche Geometrien sind Windkanalversuche ein geeignetes

    Instrument, um realistische Strmungsbeiwerten zu erlangen.

    2.2.1. Kraftbeiwerte

    Entsprechend Ihrer Windwirkung knnen generell unterschiedliche Kraft- und

    Momentenbeiwerte fr die Lastbeschreibung verwendet werden. Im Brckenbau

    hat sich die Verwendung von zwei aerodynamischen Windkrften (cDrag, d.h. in

    Windrichtung und cLift, d.h. senkrecht zum Wind, entgegen der Erdschwere) und

    eines Momentenbeiwertes (cMoment, d.h. um die Brckenachse tordierend) einge-

    brgert.

    Das Vorgehen zur Ermittlung der Kraftbeiwerte ist vergleichsweise einfach. Es

    werden die resultierenden Krfte z.B. im Bereich von Brckenauflagern mittels

    geeigneter Sensoren gemessen und mit einer geometrischen Gre (z.B. Breite

    des Brckendecks) sowie dem einwirkenden Bengeschwindigkeitsdruck nor-

    miert. Auf diese Weise erhlt man aerodynamische Beiwerte, die unabhngig

    vom Mastab und der einwirkenden Windgeschwindigkeit gltig sind.

    Bei der Verwendung der Kraftbeiwerte im Rahmen von Bemessungsaufgaben

    ist besonders auf die Gltigkeit der ihnen zugrundeliegen Modellierung bezogen

    auf die Planungsaufgabe zu achten, sowie die korrekte Verwendung der zur

    Normierung verwendeten Bezugsgren zu achten.

    2.2.2. Druckbeiwerte

    Auf die Oberflche eines Baukrpers wirkt infolge der Windanstrmung eine

    Druckkraft, die sich aus dem Produkt des rtlichen Druckes und einer Flche

    ergibt. Der resultierende Druck auf eine Flche A ergibt sich durch die Differenz

    zwischen dem rtlichen Druck p und dem ungestrten statischen Referenzdruck

    p0. Zur Definition des Druckbeiwertes wird diese Differenz auf den Staudruck

    bezogen:

    =0

    =

    0

    2

    2

    Wichtig bei der Angabe des Druckbeiwertes ist auch hier die Bezugshhe, in der

    die Bezugswindgeschwindigkeit definiert ist.

    Zur Ermittlung von Druckbeiwerten werden die zu vermessenden Oberflchen

  • 2-14

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    mit geeigneten Drucksensoren bzw. mit Messstellen, die ber druckweiterlei-

    tende Schluche mit solchen Sensoren verbunden sind, ausgestattet und im

    Windkanal (ggf. unter Bercksichtigung unterschiedlicher Anstrmrichtungen)

    vermessen. Die auf diese Weise ermittelten Drcke werden mit dem einwirken-

    den Bengeschwindigkeitsdruck normiert. Auf diese Weise erhlt man aerody-

    namische Beiwerte, die unabhngig vom Mastab und der einwirkenden Wind-

    geschwindigkeit gltig sind.

    2.3. Admittanzanstze

    Als aerodynamische Admittanz wird die bertragung von der Windstrmung in

    Windkrfte verstanden. Dabei wird neben dem zuvor beschriebenen Kraftbei-

    wert auch die Reduktion der Windeffekte fr aufgrund geringerer Gleichzeitig-

    keit der hherfrequenten Strmungsanteile bercksichtigt. Anschaulich kann die

    Benfrequenz im direkten Zusammenhang mit der geometrischen Gre der

    Benballen gesehen werden, so dass sich mit zunehmender Frequenz die Ab-

    messungen der Benanteile verringern, und die Wind beanspruchten Bauteile

    mit abnehmender Gleichzeitigkeit belasten.

    Die aerodynamische Vergrerungsfunktion HA(f) wird abhngig von der Fre-

    quenz formuliert. Am weitesten verbreitet ist die von Vickery verffentlichte

    Funktion.

    Die aerodynamische Vergrerungsfunktion nimmt Werte zwischen 1 und 0 an,

    tatschlich verkleinert sie also die effektive Windwirkung fr zunehmende Ei-

    unwirkungsfrequenzen.

    Die Bercksichtigung von aerodynamischen Admittanzen ist besonders bei der

    dynamischen Untersuchung von Bauteilen wichtig, da fr die Untersuchung von

    Benresonanzeffekten eine realistische Bercksichtigung der maximalen Bau-

    teilantworten mglich ist.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-15

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    3. Schwingungsanflligkeit von Bauwerken

    3.1. Benreaktion

    Generell sind mit dem Begriff der Benreaktion die Zeitabhngigkeit der Belas-

    tung des Baukrpers und die damit einhergehende Zeitabhngigkeit der Last-

    wirkung verbunden.

    Mit der Fluktuation der Windlastkomponenten auf der Oberflche des Baukr-

    pers gehen zwei wichtige Effekte einher:

    1. Die Belastung ist Frequenzabhngig, niedrige Lastfrequenzen gehen mit

    einer stark korrelierten Lastwirkung einher, whrend mit zunehmender

    Lastfrequenz kleinere Benballen auf die Oberflche treffen, die den

    Baukrper nicht mehr gleichzeitig komplett belasten. Je grer die

    windbeaufschlagte Lasteinzugsflche, desto strker ist der Lastminde-

    rungseffekt.

    2. Die Bauwerksantwort ist Frequenzabhngig, die Systemantworten wer-

    den im Bereich der Eigenfrequenzen dynamisch berhht. Besonders

    stark kommt dieser Effekt bei niedrigfrequenten und gering gedmpften

    Strukturen zum Tragen.

    Fr eine nhere Betrachtung der Windlasteffekte, die sich aus Benreaktion

    ergeben, ist also eine detaillierte Kenntnis der dynamischen Eingangsgre

    (Windfelder) und des belasteten System (Struktur) erforderlich.

    3.1.1. Dynamik der Windfelder

    Die Zeitabhngigkeit des Windes kann am anschaulichsten im Frequenzbereich

    beschrieben werden. Die Frequenzbereichsdarstellung ist dabei nichts anderes

    als die Zerlegung eines Zeitverlaufssignals in eine endliche Zahl von harmoni-

    schen Schwingungskomponenten. Der effizienteste Algorithmus zur berfh-

    rung von Zeitsignalen in die Frequenzbereichsdarstellung ist die Fast-Fourier-

    Transformation (FFT). Die Transformation eines beliebigen Zeitsignals fhrt zu

    Amplituden- und Phasenspektren, sie ist eindeutig und umkehrbar (Inverse

    FFT).

    Die Frequenzbereichsdarstellung der Windgeschwindigkeitsamplituden im sog.

    Leistungsdichtespektrum kann aufgefasst werden als Energiegehalt der Einwir-

    kungskomponente, die mit den jeweiligen (der Frequenz entsprechenden) Wie-

    derholraten einhergehen. Eine sehr bekannte Darstellung des meteorologischen

    Windgeschwindigkeitsspektrums ist als van-der-Hoven-Spektrum in der Litera-

    tur bekannt geworden. Fr bauwerksaerodynamische Fragestellungen ist vor

    allem der Bereich kurzer Wiederkehrperioden (Sekunden bis wenige Minuten,

    entsprechend ca. 0,01-10 Hz) relevant.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-16

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 3-1: Van-der-Hoven Spektrum der Windgeschwindigkeitskomponenten

    Im Bereich dieser Lastfrequenzen kommen beide im Abschnitt 3.1 beschriebe-

    nen zeitabhngigen Windlasteffekte (Korrelationsminderung und Resonanz-

    vergrerung) zum Tragen.

    Der groe Vorteil der Frequenzbereichsdarstellung von stochastischen Windge-

    schwindigkeitszeitreihen liegt darin, dass sich der zufllige Charakter allein im

    Phasenspektrum abbildet, whrend die Verteilung der Geschwindigkeitskompo-

    nenten im Amplitudenspektrum von der Stochastik unbeeinflusst bleibt und

    lediglich von aerodynamischen Standort- und Windklimatischen Faktoren ab-

    hngt. Im Klartext bedeutet dies, dass wiederholte Messungen der Windge-

    schwindigkeit zu unterschiedlichen Zeitfunktionen fhren werden, die Amplitu-

    denspektren jedoch nahezu identisch ausfallen (vgl. Abbildung 1-8).

    Abbildung 3-2: Vergleich von Windereignissen im Zeitbereich (oben) und im Spektralbe-

    reich als Leistungsdichtespektrum (unten)

    In den gngigen Windlastnormen werden Leistungsdichtespektren der Windge-

    schwindigkeit fr unterschiedliche Standorte und Referenzwindbedingungen

    angegeben. Sie basieren im Wesentlichen auf zahlreichen Originalmessungen an

    unterschiedlichen Standorten, wie sie von einer Vielzahl von Autoren dokumen-

    tiert wurden. Besonders die von Kaimal beschriebene dimensionslose Formulie-

    rung des Windlastspektrums wird inzwischen bevorzugt in den Normen ver-

    wendet:

    ()

    2 =

    6,8

    (1 + 10,2 )53

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-17

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    mit ist:

    = ()

    ()

    dabei sind: f Frequenz [Hz]

    Lu(z) Integrales Lngenma der Turbulenz in Windrichtung am

    Standort in der Bezugshhe z [m/s]

    () Mittlere Windgeschwindigkeit am Standort in der Bezugs-

    hhe z [m/s]

    Die aerodynamischen Kenngren knnen standortabhngig den Windlastnor-

    men, z.B. aus Windzonenkarten und Topographiekategorien entnommen wer-

    den.

    3.1.2. Dynamik der Strukturen

    Die Relevanz von benbedingten Resonanzantworten hngt bei Baustrukturen

    mageblich von den Eigenfrequenzlagen und Dmpfungswerten ab. Auch diese

    Struktureigenschaften lassen sich im Frequenzbereich elegant in Form der me-

    chanischen Admittanz ausdrcken. Hiermit wird letztlich die Systemantwort

    infolge pulsierender Einheitslasten mit unterschiedlicher Frequenz beschrieben

    und sie stellt somit eine Erweiterung der statischen Flexibilittsbeziehung (als

    inverse der Steifigkeitsmatrix) im Hinblick auf die Belastungsfrequenz dar.

    Ausgehend von der matriziellen Bewegungsgleichung fr harmonisch (nicht-

    phasenverschoben) angeregte Systeme:

    + + = cos( )

    Erfolgt die allgemeine Formulierung in der komplexen Zahlenebene durch Be-

    rcksichtigung der Ableitungen:

    = 2

    =

    Die allgemeine Bewegungsgleichung fr beliebige Phasenlagen ergibt sich zu:

    (2 + + ) = eit Hierbei wird aufgrund der Analogie zur Statik der Klammerausdruck aus der

    obigen Gleichung als dynamische Steifigkeit bezeichnet. Durch die matrizielle

    Inversion wird die dynamische Steifigkeit schlielich in die vollstndige kom-

    plexe bertragungsfunktion des Systems HS berfhrt:

    () = (2 + + )

    1

    Der Verlauf der mechanischen bertragungsfunktion fr unterschiedliche Struk-

    turdmpfungen macht deutlich, wie stark die Resonanzwirkung bei Anregungen

    im Bereich der Eigenfrequenz ausfllt. Niedrige Dmpfungsdekremente von

    z.B. =0,01 bis 0,02 treten bei Stahlschornsteinen auf, so dass hier selbst kleine

    Anregungskomponenten zu erheblichen Schwingamplituden fhren knnen.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-18

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 3-3: Exemplarische Darstellung der mechanischen bertragungsfunktion eines

    MDOF-Systems und Frequenzzoom im Bereich der 1. Eigenfrequenz

    3.1.3. Bestimmung der dynamischen Bauwerksreaktionen

    Wie zuvor beschrieben, erfolgt in der Bauwerksaerodynamik die Beschreibung

    der dynamischen Einwirkungsgren und des Systemverhaltens am effektivsten

    im Frequenzbereich. Bereits 1965 wurde von Alan Davenport ein Verfahren

    vorgestellt, dass die zuvor beschriebenen Spektralkomponenten verwendet und

    zur Bestimmung der benbedingten Windlastantworten verwendet werden kann.

    Dieses Prinzip wird als Davenportsches Spektralverfahren bezeichnet und ist in

    nahezu unvernderter Form die Standardmethode von heutigen Windlastnor-

    men.

    In der nachstehenden Abbildung sind die einzelnen Komponenten anschaulich

    zusammengestellt.

    Abbildung 3-4: Davenportsches Spektralverfahren zur Berechnung beninduzierter Bau-

    werksschwingungen

    Die wesentlichen Eingangsgren die die Anwendung des Verfahrens ermgli-

    chen, wurden in den vorhergehenden Kapiteln.

    3.1.4. Windlastdefinition fr schwingungsanfllige Baukrper nach

    DIN EN 1991-1-4:2010 und DIN EN 1991-1-4:2010/NA

    Bei schwingungsanflligen Bauwerken bzw. Bauteilen muss grundstzlich die

    mit den Schwingamplituden einhergehende Laststeigerung aus der Massentrg-

    1,0E-05

    1,0E-04

    1,0E-03

    1,0E-02

    1,0E-01

    1,0E+00

    1,0E+01

    0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0

    Ve

    rfo

    rmu

    ng

    [m]

    Frequenz [Hz]

    Dynamische bertragungsfunktion eines MDOF-Systems

    d=0.005 d=0.02 d=0.05

    0,0

    0,5

    1,0

    1,5

    2,0

    2,5

    3,0

    3,5

    4,35 4,37 4,39 4,41 4,43 4,45 4,47 4,49

    Ve

    rfo

    rmu

    ng

    [m]

    Frequenz [Hz]

    Dynamische bertragungsfunktion eines MDOF-Systems (Zoom bei 1. EF)

    d=0.005 d=0.02 d=0.05

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-19

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    heit der Struktur beim Nachweis bercksichtigt werden. In die gngigen Nor-

    men hat ein an das Davenport-Schema angelehntes Verfahren Einzug gehalten,

    dass gegenber dem im Abschnitt 3.1.3 vorgestellten Spektralverfahren vor

    allem der Einschrnkung auf Systeme mit einem dynamischen Freiheitsgrad

    unterliegt, bzw. sich auf System, die durch Generalisierung auf ein 1-DOF Sys-

    tem hinreichend genau abgebildet werden.

    Darber hinaus gelten folgende Einschrnkungen:

    - Das Verfahren ist gltig fr vertikale Kragsysteme in der Grundschwin-

    gungsform (z.B. Kamine, Hochhuser, etc.). Es darf nherungsweise fr

    Einfeldtrger in der Grundschwingungsform verwendet werden.

    - Es darf linear-elastisches Tragverhalten angenommen werden.

    - Das Verfahren ist nicht fr durchlaufende Systeme, sowie fr abge-

    spannte Masten, seilverspannte Brcken und Bogenbrcken anzuwen-

    den.

    Sofern das zu untersuchende System die Einschrnkungen verletzt, ist das

    Spektralverfahren (nach Abschnitt 3.1.3) bzw. im Falle von Nichtlinearitten

    erweiterte Methoden basierend auf Zeitbereichsuntersuchungen zu verwenden.

    Bauwerke gelten als schwingungsanfllig (im Sinne des Nationalen Anhangs fr

    Deutschland, DIN EN 1991-1-4/NA), wenn ihre Verformungen unter Windein-

    wirkungen durch Benresonanz um mehr als 10% vergrert werden. In diesem

    Falle mssen die Windlasten mittels geeigneter Methoden unter Bercksichti-

    gung der Strukturdynamik bestimmt werden, beispielsweise nach dem Verfah-

    ren des Benreaktionsfaktors. Nach diesem Verfahren wird eine statische Er-

    satzlast fr die Gesamtwindwirkung ermittelt:

    = ()

    dabei sind: cscd Strukturbeiwert [-]

    cf Kraftbeiwert [-]

    qp(ze) Bengeschwindigkeitsdruck in der Bezugshhe ze [N/m]

    Aref Bezugsflche [m]

    Die detaillierte Berechnungsweise des Strukturbeiwerts wird im Abschnitt 3.1.5

    anhand eines Berechnungsbeispiels dargestellt. Dort finden sich auch die Ver-

    weise auf die verwendeten Abschnitte bzw. Formeln der Normstelle.

    Die Bewertung, ob eine Struktur infolge der Benwirkung als Schwingungsan-

    fllig zu bezeichnen ist, erfolgt auf Basis des dynamischen Faktors cd:

    =1 + 2 2 + 2

    1 + 2 ,

    Die einzelnen Parameter sind [2] bzw. [3] beschrieben, auf eine Wiedergabe

    wird an dieser Stelle verzichtet. Im nachstehenden Berechnungsbeispiel werden

    die notwendigen Berechnungsschritte jedoch exemplarisch am Beispiels ein

    Stahlkamins dargestellt.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-20

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    3.1.5. Berechnungsbeispiel zur Bestimmung der Benreaktion

    Im folgenden Beispiel soll ein Berechnungsablauf zur Bestimmung der Benre-

    sonanz fr einen Schornstein auf Basis der DIN 1055-4 gezeigt werden. Das

    System erfllt die o.g. Einschrnkungen, so dass die Anwendbarkeit gegeben ist.

    Basisgeometrie [1] DIN EN 1991-1-4

    Hhe H 120 m [2] DIN EN 1991-1-4/NA:2010-12

    Breite B 4 m

    Dicke T 0,04 m

    Querschnittsdaten

    A 0,49763 m

    I 0,97555 m4

    W 0,48778 m

    Dichte Stahl 8000 kg/m

    Lngenbezogene Masse 3981,03 kg/m

    quiv. Rauhigkeit k 0,5 mm [1] Tabelle 7.13

    Standortbedingungen

    Windzone 3 [2] Bild NA.A.1

    vref 27,5 m/s "

    Gelndekategorie II [2] Bild NA.B.1

    Windcharakteristik in Hhe H=ze

    Bezugshhe ze 72 m [1] Bild 6.1

    Mittlere Geschwindigkeit vm 37,7 m/s [2] Tabelle NA.B.2

    Mittlerer Geschwindigkeitsdruck qm 889,0 N/m

    Turbulenzinstensitt Iv 0,139 "

    Bengeschwindigkeitsdruck qp 1594,1 N/m "

    Integrallngenma 207,0 m [2] Formel (NA.C.2)

    Aerodynamische Beiwerte

    Reynoldszahl Re 1,0E+07 [1] Formel (7.15)

    Bezogene qu. Rauigkeit k/b 1,3E-01

    Kraftbeiwert cf,0 1,212 [1] Bild 7.28

    Schlankheit 21,0 [1] Tabelle 7.16, Zeile 2Vlligkeitsgrad 1 [1] Formel (7.28)

    Effektive Schlankheit 0,84 [1] Bild (7.36)

    Kraftbeiwert cf 1,018 [1] Formel (7.19)

    Dynamische Struktureigenschaften

    Eigenfrequenz n1 0,279 Hz nach Petersen Baudynamik

    Log. Dmpfungsdekrement 0,012 [1] Tabelle F.2

    261.79

    0,1

    1

    10

    100

    1000

    0 0,5 1 1,5 2 2,5 3

    Dynamische Vergrerungsfunktion

    Sizze

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-21

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Das Berechnungsbeispiel macht deutlich, dass das Berechnungsverfahren des

    Benreaktionsfaktors gegenber der einfachen Bemessung mit dem Benge-

    schwindigkeitsdruck zwei Effekte mit sich bringt:

    1. Lastabminderung aufgrund der Nicht-Gleichzeitigkeit der Windlast (rea-

    listischere Lastkorrelation durch aerodynmisches Admittanzmodell), in

    der Rechnung: B=0,605 (volle Lastkorrelation wrde B=1,0 bedeu-

    ten).

    2. Laststeigerung aufgrund der in der spektralen Leistungsdichte der

    Windkraft vorhandenen Lastkomponenten im Bereich der Systemeigen-

    frequenz, ), in der Rechnung: R=7,79 (Quasistatische Reaktion wrde

    R=1,0 bedeuten).

    Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass die Vernachlssigung der Bauwerks-

    schwingungen aus Benresonanz, eine erhebliche Unterbemessung des Trag-

    werks zur Folge gehabt htte.

    Zustzlich bei schwingungsanflligen Bauwerken erforderliche Ermdungs-

    nachweise sind nicht Gegenstand dieses Berechnungsbeispiels.

    3.2. Wirbelerregte Querschwingungen

    Ein besonderes Phnomen in der Bauwersaerodynamik stellen die sogenannten

    Wirbelerregten Querschwingungen dar. Bei diesem dynamischen Anregungs-

    Bestimmung des Benreaktionsfaktors

    B 0,605 [1] Formel (B.3)

    fL 1,530 [1] Abschnitt B.1

    h 4,080

    b 0,136

    aerody. bertragungsfkt. Rh 0,215 [1] Formel (B.7)

    aerody. bertragungsfkt. Rb 0,915 [1] Formel (B.8)

    SL 0,0963 [1] Formel (B.2)

    R 7,7925 [1] Formel (B.6)

    vE 0,2685 [1] Formel (B.5)

    Spitzenfaktor kp 3,3763

    Dynamischer Faktor cd 2,25 [2] Formel (NA.C.5)

    Strukturbeiwert cscd 1,88 [1] Formel (6.1)

    Bestimmung der Schwingungsanflligkeit

    Dynamischer Faktor: cd 2,253 > 1.1

    Bewertung schwingungsanfllig [2] Abschnitt NA.C.2

    Bemessungslast

    F=cscdcfqp(ze)BH 1756,2 kN [1] Formel (5.3)

    Strukturantworten

    max. Verformung (inkl. Benres.) 2,13 m Schneider Bautabellen

    max. Verformung (quasistatisch) 0,95 m mit qb ermittelt

    Einspannmoment 126444 kNm

    Biegespannung B 259225,6 kN/m

    259,2 N/mm

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-22

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    mechanismus, liegt die Entstehungsursache bei alternierenden Krften, die sich

    in Folge periodisch ablsender Wirbel quer zur Anstrmrichtung einstellen. Der

    Prozess der harmonischen Wirbelablsung ist auf die Karmansche Wirbelstras-

    se zurckzufhren und ihre Stabilitt hngt von einer Reihe von strmungsme-

    chanischen Randbedingungen ab, auf die im Folgenden detaillierter eingegangen

    werden soll. Fr querschwingungsanfllige Bauwerke muss im Nachweis der

    Tragfhigkeit und im Ermdungsnachweis die auftretenden Amplituden berck-

    sichtigt werden.

    Querschwingungsanfllige Bauwerke sind:

    schlank, d.h. sie weisen geringe Steifigkeiten bezogen auf die Lnge auf

    schwach gedmpft

    z.B. Trme, Schornsteine, Trger, Brcken

    3.2.1. Karmansche Wirbelstrasse

    In der Strmungsmechanik unterscheidet man zwei Strmungsformen. Bei la-

    minarer Strmung flieen Schichten unterschiedlicher Geschwindigkeiten ne-

    beneinander ohne starken Austausch von Teilchen quer zur Strmungsrichtung.

    Bei turbulenter Strmung ist die Vermischung der Teilchen wesentlich intensi-

    ver, so dass die Geschwindigkeit starke, unregelmige Schwankungen auf-

    weist.

    Abbildung 3-5: Ausbildung der Karmanschen Wirbelstrasse am Kreiszylinder (links) und

    momentane Druckverteilung bei Wirbelablsung (rechts)

    Die Reynolds-Zahl Re ist das Verhltnis von Trgheits- zu Reibungskrften des

    Mediums und beschreibt die Strmungsform des bewegten Mediums. Sie be-

    rechnet sich aus:

    =

    []

    dabei sind: d Bezugsbreite (z.B. Zylinderdurchmesser)

    u Strmungsgeschwindigkeit

    kinematische Viskositt (=1,510-5 m/s)

    Unterhalb der kritischen Reynolds-Zahl ist die Strmung laminar, oberhalb tur-

    bulent.

    Auenstrmung und wandnaher Grenzschichtstrmung. In der Grenzschicht

    wchst die Geschwindigkeit quer zur Strmungsrichtung von Null bis zu dem

    Wert der ungestrten Auenstrmung, da die wandnahen Strmungsteilchen am

    Krper haften und die nchsten Schichten abbremsen (Viskositt).

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-23

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abgesehen von aerodynamischen Krpern, bei denen die Stromlinien den Kr-

    perkonturen folgen, findet an allen anderen Krpern eine Ablsung der Str-

    mung statt. Dabei werden die strmenden Teilchen vom Krper abgedrngt. Das

    Medium am Krper befindet sich nicht mehr in einer geordneten Bewegung.

    Eine Strmung lst ab, wenn eine Richtungsumkehr und eine Rckstrmung in

    der wandnahen Grenzschicht entstehen. Dafr mssen als Voraussetzungen

    erfllt sein, dass Reibungskrfte bertragen werden und ein Druckanstieg ent-

    steht oder dass an spitzen Kanten eine erzwungene Ablsung entsteht.

    Abbildung 3-6: Strmungsablsung und Richtungsumkehr

    An einem Kreiszylinder erfolgt die Ablsung infolge Reibung und Druckan-

    stieg. Durch die Querschnittsverbreiterung entsteht ein Druckanstieg, durch

    den die Teilchen in Wandnhe, die aufgrund der Reibung schon langsamer sind,

    zustzlich abgebremst werden. Die Strmung am Krper kann zum Stillstand

    kommen und in Gegenrichtung zurckstrmen, whrend die Auenstrmung

    weiter vorwrts fliet. Dieser rcklufige Strom zwingt die Strmung zur Abl-

    sung von der Krperwand (Ablsepunkt).

    Stromabwrts von diesem Punkt fliet am Krper das Medium gegen die Str-

    mungsrichtung. Hinter dem Ablsepunkt entsteht ein Nachlaufgebiet, in dem ein

    konstanter Heckdruck herrscht.

    Abbildung 3-7: Strmungsablsung am Kreiszylinder

    Der zurckflieende Teil der Strmung rollt sich auf einer Seite des Zylinders

    zu einem Wirbel auf. Aus Gleichgewichtsgrnden entsteht am Krper entgegen-

    gesetzt zur Strmungsrichtung ein Gegenwirbel.

    Dadurch wird die Geschwindigkeit auf der einen Seite des Krpers kleiner als

    auf der anderen. Der entstehende Druckunterschied ruft eine Kraft $F_y$ quer

    zur Strmung hervor. Nach einer Weile lst sich auf der anderen Zylinderseite

    ein Wirbel ab und der Vorgang wiederholt sich in umgekehrter Richtung. Es

    entsteht eine wechselnde Querkraft Fy, die den Krper zu Schwingungen anre-

    gen kann.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-24

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Abbildung 3-8: Einteilung der Reynoldszahlbereiche beim laminar-turbulenten bergang

    der Zylindergrenzschicht nach Roshko

    In Abhngigkeit der Reynolds-Zahl der Grenzschichtstrmung entstehen an

    einem Zylinder unterschiedliche Wirbelformen.

    a) unterkritischer Bereich

    Die Grenzschicht ist laminar. Sie erhlt wenig Energiezufuhr aus der Auen-

    strmung und lst vor dem Querschnittsmaximum ab. Es entsteht eine stabile

    Wirbelstrae, da die Ablselinie entlang des Zylinders gerade ist. Der Ablse-

    winkel ist kleiner als 90.

    b) berkritischer Bereich

    Es tritt laminare Ablsung auf. Die dabei entstehende Ablsezone bleibt aber

    lokal begrenzt. Die Strmung legt sich durch den Impulsaustausch mit der Au-

    enstrmung wieder an die Oberflche an. Von dieser Stelle an ist die Strmung

    in der Grenzschicht turbulent. Sie kann einem Druckanstieg nun lnger folgen,

    so dass sich der Ablsepunkt stromabwrts verschiebt und ein schmales Nach-

    laufgebiet entsteht.

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-25

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    Das laminare Wiederanlegen der Strmung wird von der Krmmung des Zylin-

    ders, von der Geschwindigkeit und der Turbulenz der Auenstrmung beein-

    flusst. Mit steigenden Reynolds-Zahlen wandert der Umschlagpunkt in der

    Grenzschicht stromaufwrts vor den laminaren Ablsepunkt, so dass der Abl-

    sepunkt aufgrund der anwachsenden Lauflnge sich in dieselbe Richtung ver-

    schiebt. Der Ablsewinkel variiert zwischen 135 und 110. Im Nachlauf bil-

    den sich keine ausgeprgten Wirbel, da die Ablsung entlang des Zylinders un-

    gleichmig erfolgt.

    c) transkritischer Bereich

    Es liegt eine rein turbulente Ablsung vor. Der Umschlagpunkt der Grenz-

    schicht befindet sich so weit vorne, dass die turbulente Grenzschicht aufgrund

    der langen Lauflnge viel Energie verliert und deshalb frhzeitig ablst. Bei

    einer rein turbulenten Ablsung liegt der Ablsewinkel bei ca. 110. Der

    Nachlauf ist wieder breiter und die Wirbelbildung ausgeprgter, da eine einheit-

    liche Ablsung erfolgt.

    Da die Form der Grenzschicht von der Zylinderoberflche und der Turbulenz

    der ungestrten Strmung beeinflusst wird, variieren die Grenzen dieser drei

    Reynolds-Zahl Bereiche in Abhngigkeit der Oberflche und der Auenstr-

    mung.

    Die Entstehung von Wirbeln an einem Kreiszylinder ist abhngig von folgenden

    Faktoren:

    Strmungsform in der Grenzschicht

    Krmmung des Zylinders

    Rauigkeit der Oberflche

    Turbulenz der Auenstrmung

    Die Grenzschichtstrmung an Querschnitten mit scharfen Kanten lst immer ab,

    da die Kanten eine Ablsung erzwingen. Die Wirbelbildung ist unabhngig von

    der Form der Grenzschichtstrmung. Entlang der Kanten des Krpers bildet sich

    eine gerade Ablselinie.

    3.2.2. Aerodynamische Kraft infolge Wirbelablsung

    Die alternierend ablsenden Wirbel der Luftstrmung bewirken am ruhenden

    Krper Druckunterschiede, die eine alternierende Kraft quer zur Strmungsrich-

    tung erzeugen.

    (, ) = (, ) (, ) () [

    ]

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-26

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    dabei sind: plat(t,z) zeitabhngige Kraft pro Lngeneinheit infolge

    Wirbelablsung

    clat lateraler Erregerkraftbeiwert (auch Seitentriebbeiwert)

    Staudruck

    d Breite quer zur Strmungsrichtung

    Der Erregerkraftbeiwert clat ist am Kreiszylinder wie folgt definiert:

    = () sin()20

    2

    dabei sind: cp Druckbeiwert auf der Oberflche

    r Zylinderradius

    Winkel

    q Staudruck im Staupunkt

    p Differenz zwischen Staupunkt und betrachteter Stelle

    Die Strouhal-Zahl St ist ein Proportionalittsfaktor, der die Ablsefrequenz der

    Wirbel beschreibt. Er berechnet wie folgt:

    =

    dabei sind: fw Wirbelfrequenz

    d Zylinderdurchmesser

    u Strmungsgeschwindigkeit

    Die Strouhalbeziehung gibt an, dass die Ablsefrequenz der Wirbel fw gleich

    der Geschwindigkeit der Wirbel in Windrichtung dividiert durch den Abstand lw

    zwischen zwei gleichgerichteten Wirbeln ist. Da der Abstand lw proportional zur

    Breite d quer zur Windrichtung ist und die Geschwindigkeit der Wirbel in

    Windrichtung von der anstrmenden Windgeschwindigkeit u abhngt, ist die

    Ablsefrequenz proportional zum Quotienten u/d.

    Abbildung 3-9: Schematische Darstellung der Wirbelablsungen am Kreiszylinder

    Die Wirbelablsefrequenz fw vergrert sich proportional zur Windgeschwin-

    digkeit und umgekehrt proportional zur Querschnittsbreite d. Sie ist identisch

    mit der Frequenz der Seitentriebskraft. Die erforderliche Windgeschwindigkeit,

    bei der die Wirbel mit der Bauwerkseigenfrequenz ablsen (Resonanz) wird mit

    der Strouhal-Zahl St berechnet:

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-27

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    =

    Die Strouhal-Zahl eines Kreiszylinders wird beeinflusst von:

    der Querschnittsform

    der Rauigkeit der Oberflche

    der Turbulenz der Auenstrmung

    Die Strouhal-Zahl eines scharfkantigen Krpers hngt von dem Verhltnis der

    Tiefe zur Breite des Querschnitts ab, da eine erzwungene Ablsung der Str-

    mung stattfindet.

    3.2.3. Einflussfaktoren auf die aerodynamische Erregerkraft aus Wirbelablsung

    Die effektiv wirkenden aerodynamischen Erregerkrfte sind von einer Vielzahl

    von Faktoren abhngig. Einige wesentliche Merkmale sind nachfolgend zusam-

    mengestellt:

    Abhngigkeit von der Wirklnge frequenzgleiche, jedoch phasenverschobenen

    Wirbelablsungen entlang der Lngsachse des Zylinders, fhren mit zunehmen-

    der Distanz zum Ablsungszentrum zu abnehmenden Lastkorrelationen.

    Spitzeneffekt (engl.: tip-effect): Strung der seitlichen Wirbelbildung am freien

    Ende des Zylinders, da am stumpf endenden Zylinderkopf eine waagerechte

    Ablsung erzwungen wird. In einem Bereich, der auf ein bis zwei Zylinder-

    durchmesser geschtzt wird, findet keine geordnete Wirbelbildung statt. Die

    Erregerkraft ist in diesem Bereich reduziert.

    Locking-in Effekt: In der Nhe der kritischen Anstrmgeschwindigkeit, ndert

    sich die Ablsefrequenz nicht mehr proportional zur Anstrmgeschwindigkeit,

    sondern springt bei zunehmender Amplitude auf die Schwingfrequenz und bleibt

    ber einem gewissen Geschwindigkeitsbereich konstant. Die Schwingung be-

    wirkt einen verbreiterten Geschwindigkeitsbereich, in dem die Wirbel mit der

    Eigenfrequenz des Systems ablsen. Schwankungen der Strmungsgeschwin-

    digkeit stren die einmal erregten Schwingungen weniger.

    Mit zunehmender Amplitude nimmt die Korrelation der Erregerkrfte im Reso-

    nanzfall zu.

    Abbildung 3-10: Schematische Darstellung des Locking-in Bereiches und dortige Abwei-

    chung von der Strouhal-Beziehung

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-28

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    3.2.4. Berechnungsverfahren zur Bestimmung der wirbelerregten Schwingungen

    Der kritischste dynamische Schwingzustand eines Systems wird als Resonanz-

    zustand bezeichnet. In diesem Fall ist die Frequenz der angreifenden ueren

    Belastung gleich einer wesentlichen Eigenfrequenz des Systems. Im resonanz-

    fall wchst die Schwingamplitude kontinuierlich an, die Begrenzung der resul-

    tierenden Schwingungen wird in diesem Zustand allein durch die dmpfungsbe-

    dingte Energiedissipation des Systems bewerkstelligt. Aus diesem Grund ist das

    Strukturbedingte Dmpfungsvermgen im Resonanzzustand entscheidend fr

    die Gre der zu erwartenden Schwingamplituden.

    Fr einfache Tragwerke (z.B. Trme, Schornsteine, einfeldrige Brcken) kann

    die Beschreibung des dynamischen Systemverhaltens hufig auf ein

    1-Freiheitsgradsystem (1-DOF) abgebildet werden (Generalisierung). Die Be-

    stimmung der zu erwartenden Bauwerksschwingungen unter harmonischer Wir-

    belablsung kann in diesem Fall auf Basis der generalisierten Gren vorge-

    nommen werden:

    die Feder bildet die Steifigkeit c des Bauwerks ab

    der viskose Dmpfer bildet die Strukturdmpfung d ab

    die Punktmasse bildet die Masse des Systems ab

    Voraussetzung fr die im Folgenden beschriebene Systemgeneralisierung ist

    eine Modalanalyse des Tragwerks und somit die Bestimmung der 1. Eigenfre-

    quenz f1 und der zugehrigen Modalform ().In der nachstehenden Abbildung

    ist der einfachste dynamische Fall des Einmassenschwingers skizziert.

    Abbildung 3-11: Schematische Darstellung eines Einmassenschwingers und dynamische

    Kenngren

    Fr ein derartig vereinfachtes generalisiertes 1-DOF System, kann die allgemei-

    ne Bewegungsgleichung wie folgt formuliert werden:

    + + = ()

    Die einzelnen Generalisierungsgren werden nach den bekannten Regeln der

    Strukturdynamik durch Normierung mit der zugehrigen Eigenformen des

    Tragwerks bestimmt. Die Generalisierungsgren lauten verkrzt im einzelnen:

    () = (, ) () ()

    0 generalisierte Erregerkraft

    = () 2(z)dz

    0 generalisierte Masse

  • Schwingungsanflligkeit von Bauwerken 3-29

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    1 Hierbei bezeichnet das Lehrsche Dmpfungsma

    = 2 = (21)

    2 generalisierte Steifigkeit

    = 2 Strukturdmpfung1

    Zur Ermittlung von dynamischen Strukturantworten wird die mechanische Ver-

    grerungsfunktion des Systems formuliert. Diese beschreibt die resultierende

    Systemantwort infolge harmonischer Systemerregung in Abhngigkeit der

    Erregerkraftfrequenz:

    =

    1

    (

    1)2+[1(

    1)2]2=

    m

    Im Resonanzfall lsen die Wirbel mit der Eigenfrequenz des Bauwerks ab

    (fw=f1). Die maximale Amplitude im eingeschwungenen Zustands erreicht in

    diesem Fall den Wert:

    =

    Die von ablsenden Wirbeln hervorgerufene Erregerkraft pro Lngeneinheit

    wird mathematisch erfasst:

    () =

    2 (, )

    2 ()

    Dabei ist (, ) die Standardabweichung des maximalen Erregerkraftbeiwer-

    tes, der phasenverschoben entlang der Achse angreift. Dieser wird durch die

    Standardabweichung des rtlichen Erregerkraftbeiwertes clat (maximaler Wert in

    einer Querschnittsebene) ersetzt.

    Abbildung 3-12: Reale und vereinfachte Krfteverteilung unter wirbelerregten Quer-

    schwingungen

    Die Phasenverschiebung der ablsenden Wirbel entlang der Bauwerksachse

    wird mit der Korrelationslnge L* als Ma der zeitgleich wirkenden Krfte

    bercksichtigt. Zur Ermittlung der grten Auslenkung werden die korrelierten

    Krfte in dem Bereich angesetzt, wo sie die grte Durchbiegung hervorrufen.

    Bei einem eingespannten Kragarm werden sie am freien Ende angesetzt. Zur

    Berechnung der maximalen Amplitude mit der Standardabweichung des Erre-

    gerkraftbeiwertes clat wird die Korrelationslnge in die Wirklnge L umgewan-

    delt. Die Wirklnge L ist grer als die Korrelationslnge L*, so dass die gene-

  • Literatur 4-30

    Stand: 7.05.2013 [email protected]

    [1] EN 1990:2002 (D), 04.2002: Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung.

    [2] DIN EN 1991-1-4:2010 (D), 12.2010: Einwirkungen auf Tragwerke, Teil 1--4: Allgemeine Einwirkun-

    gen, Windlasten; Deutsche Fassung EN 1991-1-4:2005+A1:2010+AC:2010.

    [3] DIN EN 1991-1-4/NA:2010 (D), 12.2010: Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter, Euro-

    code 1: Einwirkungen auf Tragwerke, Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen, Windlasten.

    [4] Emil Julius Gumbel: Statistics of extremes. Columbia University Press, New York (1958).

    [5] Holmes, John D. (2007): Wind loading of structures. 2. Ed. London: Taylor & Francis.

    ralisierte Erregerkraft Pgen infolge grerer Angriffslnge die maximale Auslen-

    kung des Systems hervorruft.

    Um eine geschlossene Lsung der gesuchten Querschwingamplituden im Reso-

    nanzfall zu ermglichen, mssen weitere Gren eingefhrt werden:

    =2

    2 Scruton-Zahl (auch Massendmpfungsparamter)

    = ()2(z)dz0

    2(z)dz0

    quivalente Masse pro Lngeneinheit

    = |(z)|dz0

    4 2(z)dz0

    Beiwert der Schwingungsform

    = (z)dz

    (z)dz0

    Wirklngenfaktor

    Hiermit ergibt sich die Formel zur Berechnung der Querschwingungsamplitude

    im eingeschwungenen Resonanzzustand:

    =

    1

    21

    Die Berechnung der Querschwingamplituden muss im Allgemeinen iterativ

    erfolgen, da die Wirklnge L* und damit der Wirklngenfaktor KW unmittelbar

    von der berechneten Querschwingamplitude abhngen. In der aktuell gltigen

    Windlastnorm DIN 1055-4 wird fr die anzusetzende Wirklnge L* angegeben:

    = 6 fr

    < 0,1

    = 4,8 + 12

    fr 0,1

    0,6

    = 12 fr

    > 0,6

    Die Berechnung ist in der Regel nach 1-2 Iterationen abgeschlossen.

    Mit den auf diese Weise berechneten Amplituden knnen dann die Betriebsfes-

    tigkeitsnachweis des Bauteils gefhrt.

    4. Literatur