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Jörg Zeyringer BusinessVillage Faszination Geld – wie es uns motiviert und antreibt Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie dieses Buch und beobachten Sie sich selbst WIE GELD WIRKT Leseprobe

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Geld fasziniert! Es motiviert und treibt uns an – doch nicht immer so, wie wir es erwarten. Begeben Sie sich auf eine spannende Reise und erfahren Sie, was Motivation wirklich bedeutet und warum Geld Menschen bewegt. Lesen Sie von Träumen, Freiheit, Macht und davon, welchen Reiz Geld aus neurowissenschaftlicher Sicht auf das menschliche Lust- und Belohnungszentrum ausübt. Verdirbt Geld den Charakter? Weshalb ist der Anreiz, Steuern zu sparen, so groß? Warum überschreiten Menschen für Geld selbst moralische Grenzen? Wie funktioniert Geld in Unternehmen? Antworten darauf liefert der promovierte Motivationspsychologe Jörg Zeyringer. In seinem neuen Buch korrigiert er die sieben großen Irrtümer, die dafür verantwortlich sind, dass viele Menschen immer noch glauben, dass Geld nicht motiviere. Schonungslos nimmt er Abschied vom Modell des „Homo oeconomicus“ – den es nur bei den Affen gibt – und dem Aberglauben, „Geld sei nicht so wichtig“. Er stellt sauber recherchiert neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus den verschiedenen Disziplinen in einen bemerkenswerten Zusammenhang und bringt es auf den Punkt: Geld motiviert doch, macht zufrieden und glücklich!

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Page 1: Wie Geld wirkt

Jörg Zeyringer

BusinessVillage

Faszination Geld – wie es unsmotiviert und antreibt

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen

Sie dieses Buch und beobachten Sie sich selbst

WIE GELDWIRKT

Leseprobe

Page 2: Wie Geld wirkt

Jörg ZeyringerWie Geld wirktFaszination Geld – wie es uns motiviert und antreibt1. Auflage 2014 © BusinessVillage GmbH, Göttingen

BestellnummernISBN 978-3-86980-251-0 (Druckausgabe)ISBN 978-3-86980-253-4 (E-Book, PDF)

Direktbezug www.BusinessVillage.de/bl/928

Bezugs- und VerlagsanschriftBusinessVillage GmbH Reinhäuser Landstraße 22 37083 GöttingenTelefon: +49 (0)5 51 20 99-1 00 Fax: +49 (0)5 51 20 99-1 05E–Mail: [email protected] Web: www.businessvillage.de

Layout und SatzSabine Kempke

AutorenfotoMag. Friederike Zeyringer

Druck und BindungAALEXX Buchproduktion GmbH, Großburgwedel

CopyrightvermerkDas Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspei-cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Alle in diesem Buch enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden von dem Autor nach bestem Wissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Verlages. Er übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrich-tigkeiten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

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Inhalt | 3

Inhalt

Über den Autor .............................................................................. 5

Vorwort ......................................................................................... 7

1. Geld regiert die Welt .................................................................. 9

1.1 Prozession des Reichtums ..................................................... 111.2 Ein Blick in die Geschichte: So regiert Geld die Welt ................. 14

2. Motivation und Geld – die sieben großen Irrtümer ....................... 29

2.1 Irrtum eins: Warum wir nicht glauben dürfen, dass Geld motiviert ........................................................................... 30

2.2 Irrtum zwei: Geld ist nicht wichtig ......................................... 402.3 Irrtum drei: ›Nur‹ Geld motiviert, und dies ›am stärksten‹,

und zwar ›jeden‹ ................................................................. 472.4 Irrtum vier: Der Mensch ist nur intrinsisch motivierbar.

Geld scheidet daher als Motivator aus .................................... 532.5 Irrtum fünf: Der Glaube an ein rationales Entscheiden und das

Modell des Homo oeconomicus ............................................. 612.6 Irrtum sechs: Geld macht nicht glücklich ................................ 702.7 Irrtum sieben: Mit Geld kann man nicht alles kaufen ................ 78

3. Was Motivation wirklich bedeutet .............................................. 87

3.1 Grundlagen: Motiv, Motivation und Wert-Erwartungsmodell ........ 883.2 Was uns wirklich antreibt – ›The Big Three‹ – das motivationale

Basispaket ......................................................................... 943.3 Jeder Mensch tickt anders, auch motivational ......................... 983.4 Motivation – ein biochemischer Prozess im Gehirn ................. 105

4. Geld bewegt Menschen ............................................................ 115

4.1 Nicolás Mihanovich – eine Geschichte über Wert, Erwartung und Geld ......................................................................... 116

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4.2 Von Träumen, Freiheit und Macht: Weshalb Geld eine starke Motivation darstellt .......................................................... 123

4.3 Geld ist längst nicht nur Mittel zum Zweck – wir wollen es haben ............................................................................. 134

4.4 Von Geld-Bedürfnissen und Geld-Motiven ............................. 1384.5 Motivation Geld aus neurologischer Sicht ............................. 1444.6 Geld macht zufrieden und glücklich ..................................... 149

5. Geld und Gesellschaft ............................................................. 165

5.1 »Diesmal kommen meine Zahlen« – das Phänomen der Lottozahlen ..................................................................... 166

5.2 Gewinnspiele im Rundfunk ................................................. 1725.3 Geld, Beziehung und Familie ............................................... 1795.4 Warum der eine seine Steuer zahlt und der andere nicht .......... 1855.5 Geld und Fußball .............................................................. 1955.6 Verdirbt Geld wirklich den Charakter? ................................... 202

6. Wie Geld in Unternehmen und Organisationen funktioniert ........ 209

6.1 Wenn Menschen in die Managerrolle schlüpfen – das Konzernspiel .............................................................. 211

6.2 Die Bedeutung einer leistungsorientierten Vergütung und eines fairen Gehalts .................................................................. 215

6.3 Wenn Geld wichtiger wird als Menschenrechte ....................... 221

7. Motivation Geld – ein Fazit ...................................................... 225

8. Literaturverzeichnis ................................................................ 231

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Über den Autor | 5

Über den AutorDr. Jörg Zeyringer ist promovierter Motivations-psychologe und setzte sich bereits Ende der 1990er-Jahre in seiner Doktorarbeit mit der The-matik ›Geld und Motivation‹ auseinander.

Seit 1993 ist er erfolgreich als Trainer und Bera-ter in der Wirtschaft und im Gesundheitswesen tätig. Seine Kernkompetenzen liegen in Motiva-tion und Verhalten, Führen, Persönlichkeits- und

Teamentwicklung, Kommunikation und Coaching. Als Mentalcoach betreut er Trainer und Spieler der höchsten österreichischen Fußballliga und der Nationalmannschaft. Er bildet Sportpsychologen sowie Mentaltrainer aus. Die österreichische Sportwoche nennt ihn ›Mentalguru‹ und holt gerne seine Expertise ein.

Durch seine internationalen Seminare und nicht zuletzt durch seine Bücher Der Treppenläufer – wie man sich und andere motiviert (2003), Die 11 Gesetze der Motivation im Spitzenfußball (2006, mit Adi Hütter), Der neue Treppenläufer (2010) sowie Balance als Führungsstrategie – Werkzeuge für gutes Management (2010) zählt Jörg Zeyringer zu den renommiertesten Motivationsexperten im deutschsprachigen Raum. Er ist gefragter Redner bei Kongressen und Keynote-Speaker.

Mit seiner Frau und vier Kindern lebt er in Seekirchen am Wallersee nahe der Stadt Salzburg.

KontaktE-Mail: [email protected]: www.zeykom.at

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Vorwort | 7

VowortGeld, so heißt es, regiert die Welt, aber wer regiert das Geld? Diese Frage zeigt die doppelte Bedeu-tung von Geld als unentbehrliches Instrumenta-rium für die Wirtschaft und unser tägliches Leben, aber auch seine religiösen wie auch machtbezo-genen Implikationen. All dies trifft auf sämtliche Erscheinungsformen von Geld zu, von der Kaurimu-schel über Münzen und Papiergeld bis hin zu Fiat-geld und elektronischem Geld wie Bitcoins. Geld fasziniert die Menschen seit jeher mit geradezu erotischer Wirkung. Ebenso war seine Erschaffung

immer schon Wunschziel von Alchemisten, wie wir erst jüngst wieder erle-ben konnten. Die Macht von Geld wird im Tanz um das goldene Kalb, aber auch in zahlreichen Gemälden, Kompositionen und literarischen Werken verdeutlicht, wobei die Darstellung der Magie des Geldes in Goethes Faust II nach wie vor von zeitloser Aktualität geblieben ist. Mit der Frage nach dem Wesen und der Wirkung des Geldes ist auch eine nicht zu unterschät-zende sowohl extrinsische wie intrinsische motivationspsychologische Dimension verbunden, wie uns die Tulpenkrise im 17. Jahrhundert und die aktuelle, durch eine Immobilienkrise ausgelöste Finanz- und Wirtschafts-krise als Resultat vor Augen führen.

Die Entwicklung des Geldwesens ist eine der Großleistungen menschlicher Vorstellungskraft: Bedrucktes Papier oder eine elektronische virtuelle Ein-heit erhält auf einen Schlag durch bloße Übereinkunft im Rahmen der menschlich konstruierten Wirklichkeit hohen Wert. Die Funktionsfähigkeit dieses Systems basiert auf Vertrauen. Weil sich Geld scheinbar grenzenlos vermehren lässt, braucht es für den richtigen Umgang mit Geld für den Ein-zelnen wie für Staaten und Organisationen immer entsprechende Boden-haftung. Daher müssen die akut gewordenen Verwerfungen, die nicht

© AIC, Daniel Novotny

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8 | Vorwort

zuletzt Resultat einer zunehmenden Abkoppelung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft in Verbindung eines Paktes der Geldwirtschaft mit Gier, Arroganz und Dummheit sind, beseitigt und ein zukunftsstarkes Geld-, Bank- und Finanzsystem installiert werden.

Jörg Zeyringer richtet in verdienstvoller Weise seine Ausführungen auf die vielfältigen mit Geld verbundenen Dimensionen und leistet damit einen wertvollen Beitrag, um unser Verständnis von einer der bedeutsamsten Errungenschaften der Menschheit zu erweitern.

Dr. Hannes Androsch,Industrieller und langjähriger österreichischer Finanzminister

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1. Geld regiert die Welt

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10 | Geld regiert die Welt

Nimm die Belehrung von mir anDas war ein weiser und hoher MannDer uns das Geld ersonnen hat,An niederen Tauschens und Kramens stattDadurch ist unsere ganze WeltIn ein höher Ansehen gestelltUnd jeder Mensch in seinem BereichSchier einer kleinen Gottheit gleich.Daß er in seinem MachtbezirkGar viel hervorbring und bewirk.Gar vieles zieht er sich herbeiUnd ohn viel Aufsehen und GeschreiBeherrscht er abertausend Händ,Ist allerwegen ein Regent.Da ist kein Ding zu hoch noch fest,Das sich um Geld nicht kaufen läßt.

Monolog aus der Schuldknechtszene

aus Hugo von Hofmannsthals Jedermann

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Geld regiert die Welt | 11

1.1 Prozession des Reichtums

Jedes Jahr im Sommer vollzieht sich in Salzburg mit dem Beginn der Fest-spiele ein Aufmarsch der besonderen Art: die Prozession des Reichtums. Die Vermögenden und Reichen dieser Welt demonstrieren ihre gesellschaft-liche Stellung und bieten ein Schauspiel, das nicht im Festspielprogramm steht. Es ereignet sich in den Gassen und Straßen der Altstadt, wenn sich die prominenten Gäste auf den Weg zur Felsenreitschule, ins große Fest-spielhaus oder auf den Domplatz machen. Dabei führt niemand Regie, und dennoch läuft diese Prozession nach verlässlichen, stabilen Regeln und Ritualen ab. Wie jede Inszenierung braucht auch diese Vorstellung ihr Pub-likum.

Der Kampf um die besten Plätze wird dabei von den Schaulustigen ebenso heftig geführt wie von den Berufsfotografen. Polizisten und Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen sorgen dafür, dass in der mit Fahnen geschmück-ten Hofstallgasse genügend Platz bleibt, damit die Limousinen möglichst nahe an den Veranstaltungsort fahren können und die prominenten Fest-spielgäste nur einen kurzen Fußweg zu ihren reservierten Plätzen zurück-legen müssen.

Die Hauptdarsteller wissen natürlich, dass sie von einem Publikum erwar-tet werden. Es scheint ihnen bewusst zu sein, welche Rolle sie in dieser Inszenierung spielen und was von ihnen erwartet wird. So stellen sie sich perfekt inszeniert zur Schau, demonstrieren ihren Reichtum sowie ihre Macht und lassen die Zuseher für einen kurzen Augenblick daran teilha-ben.

Während zwei bekannte Persönlichkeiten sich in Richtung Domplatz ent-fernen, kommt die nächste Limousine herangefahren. Langsam rollt sie in die Hofstallgasse. So haben die Zuseher Zeit, ihre Aufmerksamkeit auf das neue Ziel zu lenken. Alle hoffen, dass noch prominentere Gäste aus dem nächsten Auto steigen.

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Wieder wird von einem Chauffeur eine Tür im Fond geöffnet. Diesmal kommt ein junger Frauenkopf zum Vorschein. Ein breites Lächeln zeigt sich in einem perfekt geschminkten Gesicht, das von braunem, zur Seite gestyl-tem Haar betont wird. Als die herumstehenden Menschen dieses Gesicht sehen, wird es laut. Lauter als zuvor. Viele schreien und rufen. »Ist sie es? Ist sie es wirklich?«, hört man jemanden aus einer Gruppe staunender Zuschauerinnen fragen.

Die Menge ist sichtlich zufrieden. Es macht ihr nichts aus, dass nun der Star aus dem Blickfeld gerät. Es kommen ja weitere und immer mehr große Limousinen. In immer kürzeren Abständen werden prominente Festspiel-gäste in die Salzburger Altstadt gefahren. Dabei sieht man auffällig viele Vertreter des europäischen Hoch- und Geldadels, Persönlichkeiten aus der Film- und Musikbranche sowie bekannte Manager von großen, internatio-nal operierenden Konzernen.

Wer diese Szenen in Salzburg einmal erlebt hat, bekommt eine Ahnung davon, wie Status und Reichtum ausgestellt werden. Dabei dienen Sym-bole als dramaturgische Stilmittel. Sie vermitteln eindeutige Botschaften und werden von Beobachtern bewusst wie unbewusst wahrgenommen und

verstanden. Dabei lässt sich eine innere von einer äußeren Symbolik unterscheiden.

Zur inneren Symbolik gehören in der Hauptsa-che körpersprachliche Elemente. Die extrava-gante Kleidung, der man ansieht, dass sie von einem Designer stammt und teuer gewesen sein muss, sowie der massive und gut sicht-bare Schmuck, der vorwiegend von Frauen

getragen wird und der keinen Zweifel offenlässt, dass er ein Vermögen wert ist. Ebenso die gestylten, oft außergewöhnlichen Frisuren und wei-tere sichtbare Accessoires, von denen jedes einzelne eine Geschichte von Geld erzählt. In diese Kategorie gehört des Weiteren die Art und Weise, wie

Bei der Zurschaustellung von Geld lässt sich eine

innere von einer äußeren Symbolik unterscheiden.

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sich diese Menschen bewegen. Eher langsam und bedächtig. Dabei schaffen sie es, mit den staunenden Beobachtern wie mit den Pressefotografen über Blickkontakte zu kommunizieren und doch unangreifbar und distanziert unter sich zu bleiben.

Ein klassisches Kriterium der äußeren Symbolik stellt die Anzahl der Pres-sefotografen dar. Je mehr Objektive auf einen Festspielgast gerichtet sind, desto prominenter und wichtiger ist er. Ebenfalls in diese Symbolkatego-rie gehören die reservierten Plätze bei den Aufführungen. Es sind nicht irgendwelche Plätze, sondern die besten. Die Luxuskarossen, mit denen viele der besonderen Festspielgäste möglichst nahe an die Aufführungs-plätze gebracht werden, stellen ein zusätzliches Zeichen der äußeren Sym-bolik dar. Normale Menschen können sich diese außergewöhnlichen Autos gar nicht leisten. Dass diese Fahrzeuge mittels Sondergenehmigung ihre Passagiere überallhin in die Salzburger Altstadt fahren können, versteht sich von selbst. Dass nicht alle Beobachter diese Inszenierung gut finden, zeigt ein Leserbrief, den die Salzburger Nachrichten im Sommer 2012 ver-öffentlichten. Ein empörter Leser warf die Frage auf, warum Menschen, die »zwei gesunde Beine haben, bis vor die Türe des Festspielhauses gefahren werden müssen«.

Darin kann man eine durchaus verständliche Reaktion des kleinen Man-nes aus dem Volk sehen, die sich gegen die Exklusivität des Reichtums und gegen das Ausgeschlossensein richtet. Denn obwohl die Prozession des Reichtums in aller Öffentlichkeit stattfindet, wird sie von einer klei-nen und geschlossenen Gruppe zelebriert. Obwohl das Volk zusehen kann, bleibt es draußen. Die Zusammensetzung der kleinen, exklusiven Gruppe bleibt über Jahre stabil, es gibt kaum personelle Veränderungen. Es sind jedes Jahr aufs Neue die gleichen Personen zu bewundern. In ihrer Pro-zession akzeptieren sie auch einige Adabeis, die zwar nicht über diesen Reichtum verfügen, jedoch den entsprechenden Anschein zu erwecken ver-mögen. Gemeinsam ist den Mitgliedern dieser kleinen, exklusiven Gruppe, dass ihnen ihr Vermögen die Macht verleiht, Türen in eine andere Welt zu

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öffnen. Eine Welt, von der viele Menschen träumen, die sie als bessere Welt sehen und deren Teil sie gerne sein möchten. Vielleicht erreichen Fernseh-übertragungen von Hochzeiten sowie Beerdigungen aus Adelsfamilien und Königshäusern deshalb so hohe Einschaltquoten.

Eine feine Ironie, die dieses alljährlich in Salzburg stattfindende Spekta-kel von anderen ähnlichen Inszenierungen wie dem Hahnenkammrennen in Kitzbühel oder dem Formel-1-Grand-Prix in Monte Carlo unterschei-det, besteht darin, dass sich Reiche und Mächtige aufmachen, um auf der Jedermann-Bühne vor Augen geführt zu bekommen, wie sich das Leben und Sterben des reichen Mannes vollzieht.

Die Prozession ist die wirksame Vorführung der Geldmacht, bei der das im Mittelpunkt stehende Objekt, das Geld, eben nicht konkret gezeigt wird. Besser: Man führt eindringlich vor, was Vermögen vermag. Im medialen Zeitalter, das hierzulande Demokratie verspricht, macht es allemal mehr Eindruck zu vermitteln, dass Geld von der Masse abhebt, als ein Bündel Scheine vor sich herzutragen. Die Reichen tragen vielmehr ihren Wert zur Schau, sie verkörpern ihr Geld.

1.2 Ein Blick in die Geschichte: So regiert Geld die Welt

»Wer auch immer Gold besitzt, verfügt über einen Schatz, der den Seelen sogar den Himmel öffnen kann.«

Christoph Kolumbus

Geld regiert die Welt. Für viele ist das eine Tatsache, die unsere heutige Zeit treffend beschreibt. Vielen ist allerdings nicht bewusst, wie eng ver-bunden Macht und Geld von Beginn an waren. In einer kurzen Reise durch die Zeit möchte ich einige historische Ereignisse beschreiben, die dies ver-deutlichen.

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Münzen lassen einen Staat entstehenAls im Königreich Lydien im 7. Jahrhundert vor Christus die ersten geschla-genen Münzen aufkamen und verwendet wurden, veränderten sich die vor-herrschenden Strukturen grundlegend. Die Finanzmacht der Händler stieg durch das neu geschaffene Geld dermaßen an, das sich dadurch die Mög-lichkeit eröffnete, auch politische Macht zu übernehmen. Der erste Herr-scher, der in diesem Zusammenhang erwähnt wird, ist Gyges (circa 680 bis 644 vor Christus), der Begründer der Mermnaden-Dynastie. Der Unterstüt-zung der Händler gewiss, beseitigte er den amtierenden König Candaules, übernahm selbst die Herrschaft und heiratete die Frau seines Vorgängers.

Viele Wissenschaftler sehen darin die Geburtsstunde der Staatsform der Tyrannis (dieses Kapitel stützt sich in der Hauptsache auf: Jung/Pieper/Traub 2011 und von Braun 2012). Mit Gyges kam zu dieser Zeit also zum ersten Mal ein Herrscher auf den Thron, dessen Anspruch sich von Geld herleitete. Mit ihrem Vermögen konnten sich die reichsten Händler Söldner leisten, eigene Heere auf-stellen und die bis dahin herrschende Aristokratie entmachten. Den Kämpfern in den Söldnerheeren stand ein gewichtiger Vorteil zur Seite. Durch die bessere Bezahlung waren sie höher motiviert als ihre Gegner. Christina von Braun, Professorin an der Humboldt-Universität in Berlin, schreibt: »Das Geld erlaubte es, Berufsheere zu schaffen und große Armeen zusammenzu-stellen. Sie waren – in der Antike wie später – wegen ihrer besseren Aus-bildung, ihrer Erfahrung im Kampf und ihrer Motivation (die Bezahlung) anderen Heeren zumeist überlegen« (von Braun 2012: 376). Damit stellt sie einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Geld und Motivation her.

Die Mermnaden-Dynastie herrschte fünf Generationen lang im Königreich Lydien. Der Name des letzten Vertreters wird heute noch verwendet, wenn es um die Darstellung von Geld und Reichtum geht – König Krösus: ›reich wie Krösus‹. Tatsächlich soll der sagenumwobene König der Lydier sehr wohlhabend gewesen sein. Sein Reichtum stand jedoch in keinem Vergleich

Besser bezahlte Soldaten kämpfen

besser!

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zu dem anderer Herrscher. Dass Krösus dennoch heute noch mit sagenhaf-tem und unermesslichem Vermögen in Verbindung gebracht wird, hat einen anderen Grund. Krösus standen Goldmünzen, die sogenannten Kroiseios, zur Verfügung. Geprägt mit einem königlichen Siegel machte diese Münze mächtig Eindruck, wo immer sie auftauchte. Allein schon der Besitz eini-ger dieser Münzen führte dazu, dem Inhaber unermesslichen Reichtum zu unterstellen (Bernstein 2005).

Geld wird eine Quelle des geschichtlichen FortschrittsDer britische Historiker und Harvard-Professor Niall Ferguson, der als Spe-zialist für Finanz- und Wirtschaftsgeschichte gilt, meint in einem Inter-view mit dem Spiegel: »Ich glaube, Geld ist die Quelle – oder besser der Geburtshelfer – beinahe allen Fortschritts in der Geschichte« (Jung/Pie-per/Traub 2011: 19). Damit verdeutlicht der renommierte Wissenschaftler, dass die Motivationskraft des Geldes kein Phänomen unserer modernen Zeit ist. Natürlich hat sich im Laufe der Jahrhunderte einiges in Bezug auf Geld und Verhalten verändert. Seine Kraft jedoch, seine Anziehung auf Men-schen und seine Beeinflussung des menschlichen Verhaltens besitzt Geld, seitdem es auf der Welt ist.

Der Harvard-Professor geht davon aus, dass sich hinter jedem historischen Ereignis ein finanzielles Geheimnis verbirgt. So ist er der Überzeugung, dass beispielsweise der Aufstieg von Florenz und der Ruhm der Stadt auf die finanzielle Macht der Medici zurückzuführen ist. Die Medici haben als Bankiers mit dem Wechseln von Geld ein Vermögen erwirtschaftet. Durch ihren Reichtum waren sie in der Lage, in die Architektur und den Kunst-markt zu investieren. »Botticellis Gemälde wären ohne die Medici kaum denkbar«, meint Niall Ferguson.

Ein historisches Beispiel, das verdeutlicht, wie groß der Einfluss des Gel-des auf den Lauf der Geschehnisse ist, sieht Niall Ferguson in der Franzö-sischen Revolution. Sie ist nach Ansicht des Wissenschaftlers zumindest indirekt die Folge einer finanziellen Misere. Durch die hohen Ausgaben für

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die Kriege von Ludwig XIV., dem Sonnenkönig, sei die Monarchie in eine finanzielle Notlage geraten. Das wiederum habe den Revolutionären in die Hände gespielt und stärkte ihre Antriebskraft. So gesehen setzte die Revo-lution den König ab und inthronisierte zugleich einen neuen: das Geld, das das Bürgertum antrieb und ihm zum Aufstieg verhalf.

Was aber ist das überhaupt, Geld? Schon Aristoteles beschreibt die Funk-tion des Geldes in seiner Nikomachischen Ethik. Geld »ist das Maß, das alle Güter kommensurabel macht […]« (Liessmann 2009: 11). Aristoteles ver-weist darauf, dass Geld seinen Wert nicht dadurch gewinnt, weil es selbst einen Wert hat, sondern dadurch, dass es jeden Wert repräsentieren kann. Lange Zeit blieb Geld so, wie es der griechische Philosoph beschrieb. Erst in unserer Zeit änderte sich das, wie wir noch sehen werden. So stellt Geld einen bestimmten Wert dar und kann in materieller Form (Münzen) wie immaterieller Form (Schulden) vorliegen und als Tauschmittel verwendet werden.

Das Wort Geld leitet sich vom germanischen Begriff ›gelt‹ ab. Damit ist in erster Linie das Götteropfer, sind aber auch Begriffe wie zurückzahlen, wert sein, vergelten oder entschädigen gemeint.

Dieser Ursprung macht die Nähe des Geldes zum Göttlichen deutlich. Erin-nern wir uns an die Worte von Hofmannsthals Jedermann: »Und jeder Mensch in seinem Bereich schier einer kleinen Gottheit gleich.«

Geld brachte aber auch einen praktischen Nutzen mit sich. Als im 7. Jahr-hundert vor Christus in Lydien die ersten Münzen aufkamen, erleichter-ten diese den Warenverkehr erheblich. Sie hatten stets die gleiche Größe, schauten immer gleich aus und waren jedes Mal gleich schwer – voraus-gesetzt, sie waren echt. Münzen konnte man zählen. Durch die Art und Weise, wie sie gemacht waren, und durch ihren Anteil an Edelmetallen übten Münzen von Anfang an einen gewissen Reiz auf die Menschen aus.

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Wie sehr Geld zunächst an das Göttliche gebunden war, wurde im antiken Griechenland unter anderem dadurch verdeutlicht, dass auf den Münzen nicht Herrscher, sondern Götter abgebildet waren. Der deutsche Archäo-loge und Althistoriker Ernst Curtius soll in einem Vortrag, den er 1869 vor der Preußischen Akademie hielt, gesagt haben: »Die Götter waren die ers-ten Kapitalisten in Griechenland und ihre Tempel sind die ältesten Geldin-stitute.« Im Laufe der Zeit ersetzten jedoch weltliche Herrschaftssymbole jene der Götter auf den Münzen. Damit wurde der weltliche Machtanspruch unmissverständlich untermauert.

Eine Konkurrenz nahm ihren Anfang. So bestand im alten Rom eine der ersten Handlungen eines neuen Machthabers darin, neue Münzen prägen zu lassen. Christina von Braun schreibt dazu: »Dieser Akt galt als das sicherste Zeichen von Herrschaft.« Der erste römi-

sche Kaiser, der anstelle des Bildnisses einer Gottheit jenes eines Menschen auf eine Münze prägen ließ, war Julius Cäsar. Die von ihm ausgegebenen Münzen trugen sein Bildnis. Damit wird ersichtlich, welche Kraft dem Geld im alten Rom zugeschrieben wurde und wie Geld bereits damals die Mäch-tigen angetrieben hat. Marcus Tullius Cicero, Schriftsteller und Philosoph, Anwalt und Politiker sowie einer der berühmtesten Redner Roms, soll dazu geäußert haben: »Geld regiert die Welt – auch im Krieg.«

Tatsächlich hängt die Geschichte des Geldes eng mit jener der Kriegsführung, wie ich am Beispiel der Französischen Revolution bereits kurz beschrieben habe, zusammen. Kriege zu führen war und ist eine teure Angelegenheit. Die dafür nötigen finanziellen Mittel aufzubringen, stellte sich jedes Mal aufs Neue als große Herausforderung dar. Der österreichische Feldherr Rai-mondo Graf von Montecuccoli, Ritter vom Goldenen Vlies, einer der bedeu-tendsten Militärtheoretiker im 17. Jahrhundert, soll gesagt haben: »Zum Kriegführen braucht man drei Dinge: Geld, Geld und nochmals Geld« (Eybl 2005). Und im Französischen kennt man das Sprichwort ›Geld ist der Nerv des Krieges‹.

Geld regiert die Welt –

auch im Krieg!

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Das Ende Napoleons wird von Wirtschaftshistorikern ebenfalls im Zusam-menhang mit dem Thema Geld erklärt. In der Schlacht bei Waterloo, einem kleinen Dorf in der Nähe von Brüssel, standen sich am 18. Juni 1815 Napo-leons französische Truppen und englische Kampfverbände, denen noch weitere aus anderen Nationen angehörten, unter dem Kommando des spä-teren englischen Premierministers General Wellington gegenüber. Dieser Kampf, der zur endgültigen Abdankung Napoleons führte, wurde von den Kontrahenten auf völlig unterschiedliche Weise finanziert. Die Franzosen beschafften sich die finanziellen Mittel in der Hauptsache durch Plünde-rungen. Eine Methode, die einen gewissen Einmaligkeitscharakter aufweist, denn wo nichts mehr ist, kann nichts mehr geholt werden. So brachten die Plünderungen nach einer gewissen Zeit nicht mehr viel ein. Die Engländer hingegen besorgten sich die nötigen Mittel etwas fantasievoller. Sie borg-ten sich das Geld und machten Schulden. Eine Methode, die zumindest häufiger wiederholt werden kann. So stellten sie die nötigen finanziellen Mittel verlässlich sicher und konnten die Schlacht letztlich auch dadurch zu ihren Gunsten entscheiden. Die ›gut gefüllte Kriegskasse‹ gehört heute noch zum etablierten Sprachschatz im Management. Wer also Krieg führen wollte, brauchte Geld und musste sich mit den Bankiers gutstellen.

Nicht immer funktionierte dies. So soll Gutle Rothschild, die Ehefrau von Mayer Amschel Rothschild, dem Gründer des gleichnamigen Bankhauses, die Zukunft vorausgesagt haben, indem sie meinte: »Es kommt nicht zum Krieg – meine Söhne geben kein Geld dazu her.« Dabei galten die Roth-schilds im 18. und 19. Jahrhundert als sichere Geldquelle, bei der sich beinahe ganz Europa bediente. Heinrich Heine formulierte seine Gedan-ken zur Gelddynastie folgendermaßen: »Geld ist der Gott unserer Zeit, und Rothschild ist sein Prophet.« Hier wird sichtbar, dass sich die Nähe von Geld und Gott in den 2.500 Jahren, die zwischen dem Aufkommen des ers-ten Geldes und dieser Formulierung liegen, nicht verändert hat.

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Tatsächlich zieht sich der Zusammenhang von Geld und Religion bezie-hungsweise Gottheit ebenso wie ein roter Faden durch die Geschichte der Menschheit wie jener von Geld und Macht. Im Laufe der Zeit setzte sich die Kirche sowohl als politische wie auch als religiöse und wirtschaftliche Instanz durch und gewann immer größeren Einfluss. Daher wurden auf die gängigen Münzen zum einen die religiöse, zum anderen die kaiserliche Autorität geprägt. Wie stark die religiöse Symbolik das Geld beeinflusst hat, zeigt die wohl bekannteste Münze früherer Jahrhunderte, der Kreu-zer. Er erhielt seinen Namen durch das Doppelkreuz, das auf einer Seite abgedruckt war.

Die Entstehung der ersten Banken und BankencrashsAls sich im Laufe der Zeit immer mehr Städte entwickelten, veränderte sich die Gesellschaft langsam und stetig, Schritt für Schritt in eine Gesell-schaft der Geldwirtschaft. In Florenz entstanden um 1300 die ersten Ban-ken. Ihr Name erinnert daran, dass Geldgeschäfte zunächst unter freiem Himmel, auf Bänken sitzend abgewickelt wurden. Knapp fünfzig Jahre spä-ter erlebt der Frühkapitalismus seinen ersten Bankenkrach. Dieser betraf die Bankiers Bardi und Peruzzi, die damals zu den wichtigsten Bankhäusern gehörten. Das Haus beschäftigte über einhundert Angestellte in fünfzehn Kontors, die sich über ganz Europa verteilten. Zu den auserlesenen Kunden des Bankhauses zählten auch die englischen Könige Edward II. und Edward

III. Mithilfe der Bankiers konnten sich die Herrscher ihren Hof sowie Militär und Flotte leisten. Zunächst verdien-ten die Bankiers prächtig und England verschuldete sich zusehends. Durch den beginnenden Hundertjährigen Krieg musste immer mehr Geld aufge-nommen werden, bis England schließ-

lich ausblutete. 1345 weigert sich Eduard III. seine Schulden bei Bardi und Peruzzi zurückzuzahlen. Dies und Währungsspekulationen zogen den Ruin der Bankiersfamilien nach sich.

Je stärker der Handel aufblühte, desto größere

Anforderungen waren an die Geldwirtschaft

gestellt.

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Je stärker der Handel aufblühte, desto größere Anforderungen waren an die Geldwirtschaft gestellt. Münzen verloren zusehends an Bedeutung. Neue Geldmittel und Zahlungsmethoden kamen auf und etablierten sich nach und nach, beispielsweise der Wechsel, der als Ursprung des modernen bargeldlosen Zahlungsverkehrs gilt, oder Inhaberschuldscheine.

Die Art des Geldes änderte sich. Nicht jedoch die Kraft, die von ihm aus-ging. Im Gegenteil. Wissenschaftler sind sich einig, dass die Wirkmacht über die Realität umso größer wurde, je abstrakter Geld wurde und je mehr sich in ein Symbol, das Papiergeld, verwandelte.

1605 gründete Papst Paul V. die erste Staatsbank in Europa, die Santo Spi-rito. Um 1660 führte die schwedische Bank in Stockholm das erste offizielle Papiergeld Europas ein. Knapp sechzig Jahre später brachte der schotti-sche Ökonom John Law das Papiergeld nach Frankreich. Interessanterweise setzte in etwa zur gleichen Zeit die allgemeine Alphabetisierung in Europa ein. Trug das als Geld bedruckte Papier dazu bei, dass die Menschen lesen lernten?

Ein weiteres Phänomen setzte just mit dem Aufkommen des Papiergel-des ein: das Glücksspiel. Der Schweizer Soziologe Urs Stäheli meint: »Der Erfolg des Glücksspiels ist in engem Zusammenhang mit der Etablierung von Papiergeld zu sehen.« Das Papiergeld trug von Anfang an das Poten-zial in sich, die Fantasie der schnellen Geldvermehrung bei vielen Men-schen anzustacheln. Damit hatte es die Kraft, sowohl die Motivation der Menschen als auch deren Verhalten zu beeinflussen. Diese Kraft hat es bis heute nicht verloren.

In London wurde in etwa zur selben Zeit mit einem Kapital von mehr als einer Million Pfund, die als Anleihen verkauft wurden, 1694 die Bank of England gegründet. Damit konnte der Staat die nationale Wirtschaft

Ein weiteres Phänomen setzte just mit dem

Aufkommen des Papiergeldes ein: das Glücksspiel.

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und die Preisentwicklung stark beeinflussen. Die Metapher ›Geld regiert die Welt‹ bekam durch die Staatsbanken, die nach und nach geschaffen wurden, eine neue Dimension. John Kenneth Galbraith, der als einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts gilt, stellte einen tref-fenden Vergleich an: »Die Bank of England ist in jeder Hinsicht für das Geld, was der Petersdom für den christlichen Glauben darstellt.« Wieder wird uns der Zusammenhang von Geld und Religion vor Augen geführt. Tat-sächlich erinnern Architektur und Baustil vieler Bankzentralen an Tempel und Kathedralen.

Die Währung, die bis heute die Welt beherrscht wie keine zweite und die auf die meisten Menschen die wohl größte Wirkung ausstrahlt, wurde Ende des 18. Jahrhunderts erstmals in Umlauf gebracht. 1785 wurde der

Dollar als Währung in den gesamten USA eingesetzt. Am 3. März 1849 wurde im Kongress ein Gesetz verab-schiedet, das der Münzanstalt United States Mint das Prägen zweier Goldmünzen erlaubte. Der ›Gold Dollar‹ mit einem Nominalwert von 20 Dollar wurde als Münze

geprägt. Die ersten Dollar-Noten, die sogenannten Greenbacks, wurden Anfang der 1860er-Jahre in Umlauf gebracht. Mit ihnen wurde der Sezes-sionskrieg finanziert.

Geld trieb die Menschen schon immer an. Es motivierte sie zu neuen Zielen und es machte sie erfinderisch. Eine besondere Geschichte, die heute noch fortgeschrieben wird, nahm Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland ihren Anfang. Etwa zur selben Zeit verwirklichten zwei Männer beinahe die gleiche Idee: Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch. Durch die fortschreitende Industrialisierung verloren viele Handwerker und kleine Familienbetriebe ihre Existenzgrundlage. Zahlreiche Bauern waren durch anhaltende Missernten in ihrer Existenz gefährdet. Dies erkannten die beiden Männer und gründeten Hilfsorganisationen. Ihre Idee der Hilfe zur Selbsthilfe unterschied sich nur in der Zielgruppe. Wilhelm Raiffei-sen legte seinen Fokus auf die bäuerliche Bevölkerung. Um 1850 gründete

Geld trieb die Menschen schon

immer an!

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er den Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Land-wirte. Hier konnten die Bauern Geld ansparen, aber auch günstig leihen, um sich Vieh und landwirtschaftliche Geräte kaufen zu können. Knapp fünfzehn Jahre später folgte der Heddesdorfer Darlehnskassenverein. Her-mann Schulze-Delitzsch hingegen rief eine Hilfsaktion für in Not geratene Handwerker ins Leben. Nach den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstver-waltung und Selbstverantwortung gründete er 1849 die erste Kranken- und Sterbekasse. Beide Initiativen waren die Vorbilder für viele genossenschaft-lich orientierte Banken. Aus der Idee von Hermann Schulze-Delitzsch ent-wickelten sich die Volksbanken, aus jener von Wilhelm Raiffeisen die nach ihm benannten Raiffeisenbanken.

Die erste Finanzkrise: der große TulpenwahnEin weniger positives Beispiel, wie Geld die Fantasie und das Verhalten von Menschen beeinflusst, lässt sich aus Holland erzählen. Im Jahre 1637 kam es dort zum ›großen Tulpenwahn‹, der als Prototyp für viele spätere Finanzkrisen gilt. Was war geschehen? Jan Friedmann schreibt dazu: »Bald avancierte die Tulpe zur Modeblume der Reichen und Schönen, sie verlieh den Gärten ihrer Besitzer eine Aura von Extravaganz und östlicher Exotik. Ein Statussymbol ganz nach dem Geschmack der Holländer, erlaubte sie doch aufstrebenden Bürgern und Kaufleuten, auf botanisch-bescheidene Art den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen« (Friedmann 2011: 80-85). Angetrieben von der allgemeinen Hysterie um die Möglichkeit, mit Tulpen das große Geld zu machen, vernachlässigten immer mehr Menschen ihre eigentlichen Berufe und stiegen ins Gärtner- beziehungsweise Tulpenge-schäft ein. In der ersten Hälfte der 1630er-Jahre entwickelte sich das Tul-pengeschäft rasant. Immer mehr Menschen wollten ein Stück vom großen Tulpenkuchen haben. Auf dem Höhepunkt des Tulpenwahns zahlte man für eine Zwiebel der Semper Augustus, der Allzeit Erhabenen, von der zu dieser Zeit nur circa zwölf Zwiebeln in ganz Holland zu haben waren, die stolze Summe von 10.000 Gulden. Ein Preis, der in etwa dem eines vorneh-men, großen Stadthauses am besten Platz Amsterdams entsprach.

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Im Februar 1637 kam dann für jene, die glaubten, die Preise würden ewig steigen und die Hausse würde so weitergehen, völlig überraschend die Katastrophe. Bei einer Auktion konnten die geforderten Preise nicht erzielt werden. Es mussten Abschläge in Kauf genommen werden. Diese sensa-tionelle Information gelangte in kürzester Zeit selbst in die entlegens-ten Gebiete des damaligen Hollands. Plötzlich wollten alle Tulpenzwiebeln verkaufen, der Markt wurde regelrecht mit Tulpen überschwemmt und die Preise fielen ins Bodenlose. Viele standen vor dem Nichts. Das Verhalten der Beteiligten an der Tulpenblase vor knapp vierhundert Jahren weist enorme Parallelen zum Verhalten der Betroffenen der Immobilienblase in Amerika von 2008/2009 auf. Die Aussicht auf das schnelle und leicht ver-diente Geld, leichtsinniges Handeln und das gruppendynamische Phäno-men des Herdentriebs lassen viele in einen Kollektivrausch verfallen und die Realität aus den Augen verlieren. Aus Angst vor Blamagen und davor, alleine dazustehen, findet kaum jemand den Mut, gegen die allgemeine Meinung aufzutreten.

Die Entstehung der KreditkartenWie Geld, in diesem Fall Geldmangel, motiviert und erfinderisch macht, zeigt das folgende Beispiel. Wir schreiben das Jahr 1950 und befinden uns in New York. Wie so oft speist Frank McNamara in einem Restaurant in Manhattan und wie so oft hat er seine Geldbörse zu Hause vergessen. Angeregt durch dieses peinliche Erlebnis kreiert er weiß-rote Pappkarten, die schon nach kurzer Zeit von siebenundzwanzig Restaurants in Manhat-tan als Kreditbon akzeptiert werden. Die erste Kreditkarte dieser Welt ist entstanden: Diners Club. Zunächst hat McNamara mit Problemen zu kämp-fen. Nur wenige Menschen vertrauen diesem neuen Geld. Erst als der Mil-lionär und Besitzer des gleichnamigen Kaufhauses, Alfred Bloomingdale, Diners Club beitritt, boomt die Kreditkarte.

Mit diesen ausgesuchten Beispielen möchte ich zeigen, dass die Motiva-tionskraft des Geldes kein Phänomen unserer modernen Zeit darstellt. Im Gegenteil, Geld regiert die Welt schon immer. Zunächst aus einem ganz

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praktischen Grund. Lange Zeit besaßen eben die Monarchen und Kirchen den Großteil des zur Verfügung stehenden Vermögens. Für den Rest der Menschen blieb wenig übrig. Peter L. Bernstein beschreibt dies folgender-maßen: »Bis zur Entwicklung der Goldmünzen, die das Metall in die Hände der Volksmasse legten und die Nachfrage stark erhöhten, war ein Großteil des verfügbaren Goldes Besitztum der Priester und Monarchen. Es wurde hauptsächlich zeremoniell verwendet, als Medium der Machtdarstellung, des Reichtums, des erhöhten Status und der Gottesnähe« (Bernstein 2005: 22).

Es ist selbst heute noch so, dass sich der Großteil des Vermögens in den Händen einer kleinen Gruppe von Reichen befindet. Ausgedrückt wird das mit dem Gini-Koeffizienten. Im Jahr 2000 betrug er weltweit 0,892. Demnach besaß das reichste Prozent der Weltbevölkerung 40 Prozent des Welt-vermögens. Den reichsten 10 Prozent gehörten zusammen 85 Prozent des Welt-reichtums. Im Gegensatz dazu besaßen die ärmeren 50 Prozent der Weltbevölkerung zusammen nur 1 Prozent des weltweiten Vermögens. Dieser Ungleichheitswert von 0,892 entspricht annähernd der Situa-tion, wenn von zehn Personen eine Person 99 Prozent besitzt, während die anderen neun Personen sich das übrige Prozent teilen (O.V. [1] 2013).

Der Zugang der Allgemeinheit zu Geld wurde jedoch möglich und erleich-tert. Der Wirkungskreis des Geldes hat sich sukzessive erweitert. Immer mehr Menschen hatten die Möglichkeit, Geld zu verdienen, sich mit dem Thema Geld zu beschäftigen. Die Anzahl der Beteiligten am mächtigen Thema Geld wurde immer größer. Dies zeigt eine berühmte Konferenz. Diese global bedeutsame Konferenz, an der mehr als vierzig Staaten teilnahmen, fand vom 1. bis 22. Juli 1944 in Bretton Woods, dem südöstlichsten Bezirk der Stadt Caroll im Bundesstaat New Hampshire, statt. Das nahe Ende des Zweiten Weltkrieges vor Augen, beriefen die USA diese internationale Kon-

Es ist heute noch so, dass sich der Großteil des Vermögens in den Händen einer kleinen Gruppe der Reichen

befindet.

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ferenz ein. Das Ziel bestand darin, die Wirtschaft im Sinne des Wieder-aufbaus Europas auf eine stabile Basis zu stellen, ein neues System fester Wechselkurse zu schaffen und, im Hintergrund, die Macht der USA welt-weit und dauerhaft über das Geldsystem zu etablieren. Der White Plan sah vor, dass die Währungen der über vierzig Staaten nun in einem definier-ten Wechselkurs zum Dollar standen. Der Dollar wiederum wurde an Gold gebunden, und das Wechselverhältnis wurde festgelegt. Eine Unze Feingold kostete demnach 35 Dollar. Um diesen Kurs garantieren zu können, ver-pflichtete sich die US-Zentralbank, die Federal Reserve Bank of New York, Käufe wie Verkäufe zum festgelegten Preis durchzuführen. Die Vereinba-rungen von Bretton Woods waren ein wichtiger Faktor für den fortwähren-den Einfluss der USA in Europa, für das europäische Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit und die Geburtsstunde des Internationalen Währungsfonds sowie der Weltbank.

Das System fester Wechselkurse hielt bis Anfang der 1970er-Jahre. Nicht zuletzt durch die horrenden Ausgaben für den Vietnamkrieg kam der Dol-lar immer stärker unter Druck. Am 15. August 1971 musste US-Präsident Richard Nixon eingestehen, dass die in Umlauf vorhandene Dollarmenge nicht mehr durch Goldreserven gedeckt werden konnte (Kessler 2011: 12). 1973 schließlich wurde das Bretton-Woods-System offiziell außer Kraft gesetzt. Seitdem werden Währungen mehr oder weniger frei an den Börsen gehandelt. Zumindest bis 2002, denn da löste die Einführung des Euros als Bargeld in siebzehn Staaten die nationalen Währungen ab, nachdem er bereits seit Beginn 1999 als Buchgeld geführt werden konnte.

Die Wirkung des Geldes wurde also zusehends größer, je ›kleiner‹ und glo-baler die Welt wurde. Das hängt damit zusammen, dass der Personenkreis, der unmittelbar auf Geld zugreift, es verdient und anlegt, es ausgibt und sich damit etwas anschaffen kann, stetig größer geworden ist. Geld ist heute im Gegensatz zu früher omnipräsent. Es gibt zwar nach wie vor die Klasse der sehr reichen Menschen. Das hat sich nicht geändert. Eine kleine Gruppe, der wesentlich größere Möglichkeiten offen stehen als den Men-

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schen, die nicht sehr reich sind, wie wir bei der Prozession des Reichtums gesehen haben. Diese sehr reichen Menschen hat es in früheren Zeiten schon gegeben, da war jedoch die Rechtsordnung auf diesen Unterschied ausgelegt. Es war Faktum, dass die Rechtsordnung von den Machtverhält-nissen und vom Reichtum vorgegeben wurde. Es gab unterschiedliche Gesetzesauslegungen für Besitzende und für Mittellose. Der gleiche Fall hatte grundsätzlich ungleiche Wirkung und Folgen. Für die Vermögenden galten andere Regeln und Gesetze, gab es andere Arten der Bestrafung als für die Armen. Das hat sich, zumindest prinzipiell, verändert.

Es fällt mir zwar schwer zu glauben, dass heute vor dem Gesetz tatsächlich alle Menschen gleich seien und unabhängig von Stand, Ansehen und Ver-mögen behandelt würden. Was sich jedoch wirklich verändert hat, ist die Vergleichbarkeit. Die verschiedenen Stände früherer Generationen haben sich per se nicht miteinander verglichen. Das war gesellschaftspolitisch gar nicht vorgesehen und mangels Transparenz oftmals gar nicht möglich. Das ist heute anders.

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Das Leben ist seit jeher stets ein Gewinnen und Verlieren: Besitz, Menschen, Ge-

sundheit, Leben, Zeit, Nerven, Geld … Bedingt durch die zunehmende Schnellig-

keit der heutigen Welt wird dieses Spiel mit Gewinn und Verlust immer schneller

und unberechenbarer. Das führt unser - immer noch steinzeitliches - Gehirn an

seine Grenzen. Wir fühlen uns getrieben, unzufrieden und ein nicht enden wollen-

des Gefühl des „Ich muss noch etwas machen“.

Zeit, Gelassenheit als neue Überschrift für Ihr Leben zu wählen und im Kopf für

angenehme Ruhe zu sorgen. Denn mit dem gezielten Verändern des Körperzu-

stands ändert sich auch das mentale Empfinden und Ihr Gehirn beginnt, immer

weniger auf ehemalige Stressreize zu reagieren. Ab jetzt reiten Sie den inneren

Affen!

Wie das gelingt, zeigt Top-Trainer Dr. Martin Christian Morgenstern. Die Zutaten

dafür heißen gesunder Körper, gekonnte Stresssteuerung und das Loslassen von

Ängsten. Dafür müssen Sie Ihr Leben keineswegs auf den „Kopf“ stellen, denn

Gelassenheit lässt sich handfest über ganz einfache Techniken entwickeln. So

werden Sie in wenigen Wochen zu einem gelassenen Gewinner Ihres Lebens!

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Erfolgreiche Menschen haben eine Eigenschaft, die sie von anderen unterscheidet

und doch sofort wahrnehmbar ist: Gelassenheit. Sie meistern schwierige Situatio-

nen scheinbar mit Leichtigkeit, persönliche Angriffe prallen an ihnen ab und selbst

unter hohem Druck büßen sie ihre Leistungsfähigkeit nicht ein.

Was machen diese Menschen anders? Sie beherrschen die Gelassenheit im

Umgang mit sich, mit ihren Mitmenschen und mit den Herausforderungen, die das

Leben und ihre tägliche Arbeit für sie bereithalten. Eine Eigenschaft, nach der sich

immer mehr Menschen sehnen und die in der heutigen Zeit immer bedeutender

wird. Resiliente Menschen verbinden diese Fähigkeit mit einer erstaunlichen Ziel-

orientierung, Konsequenz und Disziplin in ihrem Handeln und erreichen dadurch

etwas, was sie von vielen anderen unterscheidet: persönlichen Erfolg UND ein

sehr großes Wohlbefinden.

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Leben, bringt Ihnen Dr. Denis Mourlane das Konzept der Resilienz näher und zeigt

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