weniger kann mehr sein · 1 flachkollektor 2,33 m2 nettofläche ... dvgw-arbeitsblatt w 551, dass...

3

Click here to load reader

Upload: vantu

Post on 17-Sep-2018

212 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Weniger kann mehr sein · 1 Flachkollektor 2,33 m2 Nettofläche ... DVGW-Arbeitsblatt W 551, dass in Großanlagen die Wassertemperatur auf 60 °C gehalten wird und bivalente

In der Vergangenheit wur-den thermische Solaranla-

gen zur Warmwasserberei-tung vor allem über die De-ckungsrate ausgelegt. Die nachfolgende Betrachtung nähert sich der Thematik aus einer anderen Blickrich-tung. Dazu soll zunächst ein-mal der Zusammenhang von Deckungsrate und Nutzungs-grad aufgezeigt werden.

Zur Wiederholung: Unter der Deckungsrate einer Solar-anlage versteht man den pro-zentualen Energieanteil, der zur Deckung der benötigten Wärmearbeit von der Sonne erbracht wird. Der Nutzungs-

grad hingegen kennzeichnet das Verhältnis der genutzten Solarenergie zur auf die in-stallierte Kollektorfläche ein-gestrahlten Energiemenge.

Die Konsequenz hieraus ist die Tatsache, dass mit zu-nehmender Deckungsrate, also mit größerer Kollektorflä-che, der Nutzungsgrad kleiner wird. Die simple Erklärung: Wenn im März und Oktober noch ausreichend Sonnen-energie zur Verfügung steht, herrscht von Mai bis August ein regelrechtes Überangebot an Sonneneinstrahlung, das nicht genutzt werden kann.

Bei der klassischen Solar-anlagenplanung zur Warm-

wasserbereitung geht man von einem täglichen Ver-brauch von 35–50 l Wasser pro Person bei einem Tem-peraturniveau von 40–45 °C aus. Weiterhin soll die Warm-wasserbereitung während der Sommermonate bzw. außer-halb der Heizperiode nach Möglichkeit ohne Nachhei-zung durch den Wärmeerzeu-ger der Heizung auskommen. In unseren Breiten ergibt sich aus diesen Bedingungen eine solare Deckungsrate von 60–70 %, in Abhängigkeit der ge-ografischen Lage, der Him-melsrichtung und der Anzahl und Ausführung der Kollek-toren.

Kleiner dimensionierte Anla-gen haben ihre Berechtigung

Die beschriebene Anlage nach Bild 1 besitzt laut Be-rechnung eine Deckungsrate von 75 %. Der Tatsache, dass der Nutzungsgrad lediglich 25 % beträgt, hat man bis-her keine besondere Bedeu-tung zugemessen, frei nach dem Buchtitel von Dr. Franz Alt „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“. Die An-lagentechnik jedoch ist sehr wohl mit Kosten verbunden. Die Planungsgrundlagen für thermische Solaranlagen zur Warmwasserbereitung ha-ben sich in den vergangenen 25 Jahren praktisch nicht ge-ändert, wohl aber die Anla-gentechnik. Diese bestand zu Beginn des Solarzeitalters, Ende der 1970er-Jahre, meist aus Konstantheizkesseln mit vom Kesselwasser umspülten Speichern. Ungesteuerte Zir-kulationssysteme und weitest-gehend ungedämmte Rohr-leitungen gehörten damals ebenfalls zum Standard. Die Folge: Die Anlagen arbeite-ten im Sommerbetrieb mit 15–20 % Nutzungsgrad. Heute dagegen erfolgt in modernen Anlagen die Warmwasserbe-reitung temperatur- und zeit-gesteuert, oftmals über Heiz-geräte mit Brennwertnut-

s o l A r t e c h n i K

48� IKZ-HaustecHnIK�·�Heft�20�/2006�

Jakob Köllisch*

Solaranlagen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Auf breiter Front so richtig durch-

setzen – im Sinne von einem selbstverständlichen Bestandteil eines Heizungs- und/oder

Warmwassersystems – konnten sich die im Markt befindlichen Systeme bisher aber noch

nicht. Nur etwa jeder 12. Kessel wird mit einer Solaranlage kombiniert. Ein Grund hierfür

ist wohl, dass thermische Solaranlagen bisher nur nahe an der Wirtschaftlichkeit arbei-

ten. Unterdimensionierte Solaranlagen zur Warmwasserbereitung, die zu keiner Zeit eine

Volldeckung ermöglichen, können dieses Dilemma beseitigen, denn sie arbeiten mit hohem

Nutzungsgrad und sind relativ preiswert.

Weniger kann mehr seinSolaranlagen einmal anders betrachtet

Jakob Köllisch, Gas- und Wasser-installateurmeister, Zentralhei-zungs- und Lüftungsbaumeister, Elektromeister, Klempner-meister, FV SHK Pfalz

∂ Bild 1: herkömmliche Auslegung eine solaranlage nach optimaler Deckungs-rate.

Solaranlage zur Warm-wasserbereitung 160 Liter Wasser von 45°C täglich (ca. 3 bis 4 Personen) Warmwasserspeicher 300 Liter 3 Flachkollektoren je 2,33 m2

Nettofläche

Page 2: Weniger kann mehr sein · 1 Flachkollektor 2,33 m2 Nettofläche ... DVGW-Arbeitsblatt W 551, dass in Großanlagen die Wassertemperatur auf 60 °C gehalten wird und bivalente

zung. Die Wärmeverluste im Verteilsystem werden durch Dämmung, hydraulischen Abgleich und zeitlicher Steu-erung auf ein Minimum be-grenzt.

Berücksichtigt man diese Umstände, so zeigt sich, dass kleiner dimensionierte An-lagen durchaus ihre Berech-tigung haben. Die Berech-nung einer Solaranlage mit

lediglich 2,5 m² Kollektorflä-che und entsprechend an-gepasster Speichergröße bei gleichen Verbrauchswerten bestätigt diese Aussage.

Wirkungsgradverbesserung des Gesamtsystems

Eine Deckungsrate von 40 % im Jahresmittel (Bild 2) lässt zwar zu keiner Zeit eine solare Volldeckung des Ener-giebedarfs für das warme Wasser zu. Der Nutzungsgrad und damit die energetische Ef-fizienz der Anlage verbessert sich dafür um mehr als das Doppelte auf etwa 60 %. Die geringere Deckungsrate wird durch den erheblich verbes-serten Nutzungsgrad kom-pensiert. Anschaulich zeigt dies der Vergleich der einge-sparten Energiemenge im Verhältnis zur installierten Kollektorfläche (Bild 3). Mit 33 % der Sammlerfläche ern-tet man über 80 % der jähr-

lichen Energiemenge. Ein we-sentlicher Faktor stellt hierbei auch die Anpassung der Spei-chergröße dar. Eine kleinere Speichergröße mit geringer Oberfläche trägt maßgeblich zur Wirkungsgradverbesse-rung des Gesamtsystems bei.

Der Investitionskosten-vergleich der beiden Anla-gen zeigt einen deutlichen Preisvorteil der unterdimensi-onierten Variante. Während der Aufwand für die Installa-tion der Solarleitungen und der Temperatursteuerung praktisch gleich ist, schlagen die geringere Kollektorflä-che, der kleinere Speicher und auch der reduzierte Montage-aufwand positiv zu Buche.

Zur Berechnung der zu er-wartenden Amortisationszeit wurde ein Gaspreis von 0,50 Euro/m³ angenommen. Auf die Berücksichtigung eines Zuschusses wurde bewusst verzichtet. Setzt man nun die

Heft�20�/2006�·�IKZ-HaustecHnIK� 49

s o l A r t e c h n i K

Solaranlage zur Warm-wasserbereitung 160 Liter Wasser von 45°C täglich (ca. 3 bis 4 Personen) Warmwasserspeicher 160 Liter 1 Flachkollektor 2,33 m2

Nettofläche

∂ Bild 2: nutzungsgrad-optimierte Auslegung einer solaranlage.

∂ Bild 3: Gegenüberstellung der Berechnungsergebnisse.

Normale Anlage: 100 % Kollektorfläche Brennstoffeinsparung = 330 m³ Erdgas

Kleine Anlage: 33 % Kollektorfläche 84 % Brennstoffeinsparung gegenüber der normalen Anlage = 277 m³ Erdgas

∂ Bild 4: setzt man die jährliche Betriebskosteneinsparung in das Verhältnis zu den Anlagekosten, zeigt sich, dass sich die kleinere Anlage schneller bezahlt macht. entscheidend sind hierbei nicht die absoluten Zahlenwerte, sondern das Größenverhältnis von 2 zu 3.

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung:

1 Kollektor 3 Kollektoren

Einsparung an Erdgas 277 m³ 330 m³

Einsparung in € bei einem Gaspreis von 0,50 €/m³ 124,65 € 148,50 €

Amortisationszeit in Jahren (Investition : Einsparung/a) 21,9 Jahre 33,8 Jahre

Größenverhältnis 2 : 3

Page 3: Weniger kann mehr sein · 1 Flachkollektor 2,33 m2 Nettofläche ... DVGW-Arbeitsblatt W 551, dass in Großanlagen die Wassertemperatur auf 60 °C gehalten wird und bivalente

jährlich zu erwartende Be-triebskosteneinsparung in das Verhältnis zu den jeweiligen Anlagekosten, so wird deut-lich, dass sich die kleinere An-lage schneller bezahlt macht. Entscheidend für die Wirt-schaftlichkeitsbetrachtung sind hierbei nicht die abso-luten Zahlenwerte, sondern vielmehr das Größenverhält-nis. Ohnehin kann davon ausgegangen werden, dass fossile Energieträger zukünf-tig weiter im Preis steigen, wo-durch sich die Amortisations-zeiten weiter verkürzen.

trinkwasserhygiene – ein wichtiger Aspekt

Ein weiterer wesentlicher Aspekt neben der Wirtschaft-lichkeit ist die Trinkwasserhy-giene. Der Trend zu Energie- und Trinkwassereinsparung, weit verzweigte Leitungsnetze in häuslichen Installationen sowie ein sich änderndes Nut-zerverhalten führen zuneh-mend zu hygienischen Proble-men in Trinkwasserinstallati-onen. Die technischen Regeln nehmen Rücksicht auf die-se Tatsachen. So fordert das DVGW-Arbeitsblatt W 551, dass in Großanlagen die Wassertemperatur auf 60 °C gehalten wird und bivalente Speicher mindestens einmal täglich auf 60 °C aufgeheizt werden. Ein- und Zweifamili-

enhäuser sind von dieser Re-gelung zwar ausgenommen, es wird aber eine Betriebstem-peratur von 60 °C empfohlen, keinesfalls sollte die Speicher-temperatur unter 50 °C lie-gen. Wesentlich gravierender können sich Nutzungsände-rungen auswirken: Ein heu-te für vier oder fünf Personen errichtetes Gebäude wird in 20 Jahren von zwei oder viel-leicht auch nur von einer Per-son genutzt, mit allen Konse-quenzen für die Verweildauer des erwärmten (Trink-)Was-sers im Speicher.

Zwar gibt es die soge-nannten Hygienespeicher mit kleinem Trinkwasser- und großem Pufferwasserin-halt. Diese technisch guten Lösungen haben allerdings auch einen deutlich höheren Preis. Auch in diesem Punkt zeigt sich die kleiner dimen-sionierte Solaranlage der grö-ßeren überlegen.

Viele Vorteile für die „Kleinen“

Zusammengefasst können folgende Aussagen getroffen werden: ∑ unterdimensionierte ther-mische Solaranlagen besitzen einen höheren Nutzungsgrad als normal dimensionierte,∑ sie erfordern geringere In-vestitionen,∑ kleinere Kollektorflächen benötigen weniger Platz auf dem Dach – die Montage ge-staltet sich flexibler,∑ die Amortisationszeit ist ge-ringer,∑ aufgrund kleinerer Wasser-speicher vermindern sich Sta-gnationszeiten.

Mittlerweile bieten fast alle führenden Heizgeräteherstel-ler Solar-Kompaktgeräte an. Diese Wärmezentralen sind ideal für die Wärme- und Warmwasserversorgung von Einfamilienhäusern. In einem Gehäuse sind beispielsweise ein Gas-Brennwertgerät und ein Kombispeicher unterge-bracht. Die Verrohrung zwi-schen Wärmeerzeuger und Speicher ist ebenso enthal-ten wie die Pumpe für den Solarkreislauf und die Diffe-renztemperaturregelung. Le-diglich Kollektor, Solar- und Fühlerleitungen und das So-lar-Ausdehnungsgefäß müs-sen noch installiert werden. Diese Anlagenkonzepte er-möglichen die Installation von preiswerten Solaranlagen und bieten allen am Markt Beteiligten die Möglichkeit – bei entsprechender Bewer-bung und Verbraucherauf-klärung – das Solargeschäft mit „Volks-Solaranlagen“ für (fast) jedermann auszubau-en. ∂

∂ Bild 5: Das abgebildete solar-Brennwertgerät vereint ein leistungsstarkes Gas-heizgerät und einen solaren schichtenspeicher in einem kompakten Gehäuse. stellfläche: 60 x 60 cm. Bild: Vaillant

s o l A r t e c h n i K

50� IKZ-HaustecHnIK�·�Heft�20�/2006�